Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

bürde, f.

bürde, f.
onus, sarcina, tracht, last, goth. baurþei, gen. baurþeins, ahd. purdî, gen. purdîn (Graff 3, 162), mhd. bürde (Ben. 1, 154ᵃ), ags. byrđen, engl. burden für burthen, mnl. borde, nnl. fehlend, altn. byrđi, dän. byrde, schw. börda. Dasyp. 311ᵃ setzt bürd, bürde, Maaler 82ᵈ burde, pl. burdinen, vocab. 1482 e 2ᵇ burde, aa 1ᵃ purde, aa 1ᵇ purden, aa 2ᵃ purdin. Bürde stammt aus bëran wie φόρτος aus φέρειν, tracht aus tragan, last aus ladan, bezeichnet also
1)
zunächst das von der mutter getragen, geboren werdende kind, vgl. barm, den tragenden, gebärenden schosz, barn das kind. die frau ist von ihrer bürde, weiblichen bürde, leibesbürde entbunden, erledigt, erlöst worden; derowegen, weil mein liebes weib nicht lange mehr zeit ihrer weiblichen bürde zu entbinden hatte. Schweinichen 2, 140; eine andere, so allererst vor sechs tagen ihrer weiblichen bürde entbunden. Reinhard Werth. gegenschr. 1, 255; der bürde sich in geheim entschütten. Leipz. avant. 1, 185. dann steht es auch von der nachgeburt: wie das kind von der mutter und iren fellin umbfasset sei. dises erst fellin nennet man secundinam und zu teutsch das büschlin, bürde und nachgeburt. Euch. Röszlin 8ᵃ.ᵇ; bekommt der kindbetterin wol und treibt aus, was von übriger bürden vorhanden ist. Tabernaem. 1363; zu austreibung des büschelins, der bürden oder nachgeburt. Sebiz 87. siehe afterbürde.
2)
schweiz. bürdi, die vom thier geworfnen jungen, so wie die nachgeburt, vorzüglich vom rindvieh. Stalder 1, 244. s. tracht und wurf.
3)
was vom menschen auf arm, schulter, hals, kopf und rücken getragen wird, vgl. Tobler 70ᵃ. bündel fascis kann mit bürde onus zusammen fallen, insofern die bürde zusammen gebunden ist: do hatten wir unser blünderlin und kleider in ein burdin zamen gebunden. Tho. Plater 68; bindts in ein weisz lümplin, gibts dem studenten mit sampt der bürdi. Wickram rollw. s. 22; der Malchus, wann er des vihs huͦt, so sahe er als wie die omeiszen ein wesen hetten, wie eine der andern half ir bürdi tragen. Keisersb. omeis 7ᵇ; eine bürde dorn hauwen. bilg. 105ᵇ; do hiesz er im ein bürden ruͦten bringen. Steinhöwel Es. 116ᵇ; eine bürde gras; so einer sonder des meyers erlaubnus so vil als ein burde mehet. weisth. 2, 257; und solle ieglicher huber alle jahr liefern eine bürd holz mit stro, das solle machen fewr sonder rauch. 3, 762; eine bürde geträdig. Harnisch 60; eine bürde gras mähen. bauernst. lasterpr. 177; zwei fuder und vier burden reife. bürde und tracht können einigemal zusammenfallen, z. b. eine bürde oder tracht gras, holz, doch ist tracht freier und leichter, es heiszt eine tracht wasser, speise, nicht bürde; auch eine neue tracht von kleidern, nicht bürde. man sagt, die bürde aufnehmen, an oder um sich hängen, aufhalsen, fortbringen, fortschleppen, ablegen, niederlegen, einem der bürde abhelfen.
4)
was von thieren, zumal eseln und pferden, auf dem rücken getragen wird: sprach der esel zum pferd, wiltu mich gesund machen, so entheb mich ein teil der bürden. Steinhöwel Es. 138;
ein groszer esel billich führt
zu aller zeit die gröszten bürd.
Kirchhof wendunm. 449ᵇ;
darum heiszt er sacktregel. Bon. 51, 20; so bleibt das lastbare thier in unserer gesellschaft, um eine oder die andere bürde fortzubringen. Göthe 21, 36.
5)
insofern die bürde menschen oder thieren aufgeladen wird, kann sie auch last heiszen, was aber vom wagen oder karrn aufgenommen und fortgebracht wird, ist keine bürde, nur eine last. doch läszt sich dichterisch das schif eine bürde der wogen oder wellen, der ring eine bürde des fingers nennen, wie die weidenden lämmer eine bürde der grünen hügel sind:
der hügel weisze bürde,
der schafe zucht,
drängt sich aus stall und hürde
mit froher flucht.
Hagedorn 3, 109.
6)
bürde (niemals aber tracht) steht wie last sehr oft figürlich: auf das sein joch von inen genomen werde und seine bürde von irem halse kome. Es. 14, 25; diese ewer trewe wollen wir vergelten und euch viel bürden erlassen. 1 Macc. 10, 28; sie binden aber schwere und unträgliche bürden und legen sie den menschen auf den hals (ahd. sie bintent suâra burdîn inti ungitraganlîcha inti sezzent sia in manno scultirûn). Matth. 23, 4;
und wünsch im ungelück ein grosze pürd.
fastn. 770, 19;
und welcher knab in groszen sorgen leit,
und er ein schwäre burdin auf im treit,
der soll sich frewen gen der liechten sumerzeit,
dasz im sein burdin geringeret werd.
Uhland 52;
da auch der arm meint, das im würd
von geraubtem guͦt ein zimlich bürd.
Murner luth. narr 757;
da die züchtig erbar fraw vernam, dasz der ritter nicht nachliesz, sie nach irer meinung ir die bürden ab dem hals zu nemen einen neuwen sinn erdachte. Bocc. 2, 183ᵃ; armuͦt ist auch ein schwere bürde. Steinhöwel Es. 8; lieszen mir die bürde auf dem hals. Schweinichen 3, 132; einer nit geringen bürden entladen. Kirchhof mil. disc. 265;
der centnerschweren bürde
von hoheit und von würde
wird emsig nachgetrachtet.
Logau 3, 6, 74;
so raft von jeder eiteln bürde,
wenn des gesanges ruf erschallt,
der mensch sich auf zur geisterwürde,
und tritt in heilige gewalt.
Schiller 80ᵇ;
ein neues volk, voll leben, mut und kraft
des menschenlebens schwere bürden trägt.
Göthe 9, 67;
dasz ich mir eine neue bürde auflade, an der ich nachher zu tragen und zu schleppen habe. 21, 38.
7)
andern sinn hat das nd. borde, börde (sp. 239).
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1855), Bd. II (1860), Sp. 532, Z. 25.
Zitationshilfe
„burde“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/b%C3%BCrde>.

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