Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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butze, butz, m.

butze, butz, m.
gen. butzen, wieder in mehrfachem sinn,
1)
terriculamentum, larva, manducus. unsicher ist noch der schlusz auf ein ahd. puzio, puzo (Graff 3, 233. 356), da der ortsname Puziprunno M. B. 6, 60. 62. 9, 420 auf puzi puteus, Puzinwîlari aber auf jenes Puzo = Purchart zurückführbar wäre. keinen zweifel läszt mhd. butze:
si sehent mich niht mêr an in butzen wîs, als si wîlent tâten.
Walth. 28, 37;
den putzen niht unfruote er vorht gelîch den kinden.
Albr. Tit. 1275;
geloub ich daʒ, so bîʒ mich butze!
Hätzlerin s. 287, 136.
nhd. schriftsteller setzen es ganz für popanz. vogelscheuche, verlarvten, vermummten teufel (mythol. 956): mit irem meister dem butzen. altd. bl. 1, 55; der butz kumpt und löset dise pfant, wenn sie sint sin. Keisersb. bilg. 32ᵃ; einen butzen in acker stecken. 160ᵇ; so haben es aber die bösen menschen gespart bisz zuͦ der fastnacht, so sie unsinnig seint, in butzen kleidern laufen. omeis 48ᵃ; gott musz euch folgen, und sich lassen spöttlich einen putzen machen (einen popanz aus sich machen lassen), und ich meinet, ir soltet got folgen, und euch lassen seine kinder machen (seine kinder aus euch m. l.). Luther 1, 372ᵇ; die teufelslarven und putzen. 8, 208ᵇ; darumb ist gesang, reden, pfeifen, wenn das herzlich aufsteigen nicht ist, gleich ein gebet, als die butzen (vogelscheuchen) in der menschen garten sind. 1, 69ᵃ; sie fürchten all am ersten den butzen. Wirsung Cal. H 2ᵇ; ein zunsel gespenst (irrwisch), ein verbutzter teufel, der leibhaft butz. Garg. 231ᵃ; ich hab jetz ein edelen, lündischen wind (windhund) bekommen, ich sei des leibhaften butzen (will des teufels sein), wann ihm ein has entgeht. 244ᵃ; die leut, so der putzen (der popanze) wie die kinder nicht gewohnt, segnen sich. Lehmann 356; so gehets ihnen, wie den putzen, die man ins feld und garten stellet, die vögel zu schrecken; so sie sehen, dasz der putz weder schlegt noch straft. daselbst; butz, beisz mich nicht! 2, 30, wie bei der Hätzlerin, und auch der manducus hiesz a manducando; sie wartet, bis das kind schrie und damit sie es desto besser geschweigte, sagte sie zu ihrem mann, ach Peter, henk doch einen tuch über dich und geschweige das kind ein wenig, damit der bankert wieder schweige. der mann folgte und als er so verstellt daher zu brumlen kame, wu wu wu! sagte das weib zu ihm, gehe hinweg du häszlicher butz, das kind ist nicht dein, sondern mein! Simpl. 2, 248. dies wort war ganz volksmäszig und ebenso das erschrecken der kinder, das scheuchen der vögel mit dem butzen, das butzen gehen oder laufen zur fastnachtszeit. davon zeugen nicht nur die hernachfolgenden composita, deren erstes glied mit butzen, sondern auch die, deren zweites glied mit butze gebildet wird, wovon die wichtigsten schon hier zur erläuterung aufgeführt werden sollen:
was können solche fastnachtbutzen
den christen frummen oder nutzen?
Waldis päbstl. reich 2, 3;
wann ohn zweifel werden mich (die kinder) fürchten als einen fasznachtbutzen. Steinhöwels Es. (1555) 3; so hand sie mich für einen fasznachtbutzen gehabt. 4; da sprach Xantus, losa, du fasznachtbutz! 17; wanns zur prob kompt, so sicht man die fasznachtbutzen. Petr. 90ᵃ; erschrack und meint es weren etwan sinnverrückte fasznachtbutzen, die in der mommerei giengen. Garg. 151ᵃ; wer also wil under der nebelkappen under dem volk mit ehren umb gehen, wirt zu letst, so der butze herfür scheint, zu schanden drob. 81ᵃ; der butzi, fasznachtbutzi, vermummte person. Stalder 1, 251; im schif der penitenz 10ᶜ—13ᵈ handelt Keisersberg ausführlich von den hanfbutzen oder vogelscheuchen, die aus hanf oder werch gebildet ins feld gestellt werden; er sahe wie ein hanfbutz (sah aus wie ein vermummtes gespenst). Frey garteng. cap. 1; völlig dasselbe bedeutet kuderbutze, küderbutze von küder stupa. kuderbützi. Gotthelfs sagen 4, 47; mhd.
ob er mich ungeslagen lieʒ
und mich ein küderbutzen hieʒ.
Ls. 1, 617,
wo kiderbutzen steht, was Ben. 1, 287ᵃ falsch bessert in kinderbutze; sollten darum die Spartaner, weil sie trunkenbölz vorstelleten, trunkenbölz sein? der fürst, weil er einen hosenbutz aufstellt, ein hosenlump? Garg. 5, wenn eine vermummung der beinkleider gemeint ist; winterbutze ist ein faulpelz, der vermummt in der trägen haut steckt und einem popanz gleicht:
dann wird des vatters leit gemert,
und friszt sich selbst (verzehrt sich vor kummer), das er on nutz
erzogen hat ein winterbutz.
Brant narr. 6, 62;
ein träger mensch ist niemans nutz,
dann das er si ein winterbutz
und das man in losz schlofen gnuͦg.
97, 10.
öfter kehrt das sprichwort wieder 'eigennutz ein böser butz'. Garg. 261ᵃ;
ungehorsamkeit und eigner nutz,
das selbig ist ein böser butz,
wo es regiert im lande.
Soltau 212;
der gitz und der eigen nutz
machen manche seltzame fasznachtbutz.
252;
darzuo tribt in der eigennutz
der wuocheri, ein böser butz.
trag. Joh. C 3;
Eugenius oder eigennutz ist der butz. sanct Commodus heiszt der heilig. bienenk. 50ᵇ. man sagte butzen gehn, laufen, in butzen weis laufen, und da butze gleichviel mit bögge sp. 222 oder brögi sp. 396:
antlitt und lib sie ganz verbutzen
und loufen so in böucken wis.
Brant 110ᵇ, 7.
das fortleben der bedeutung larve für butze bezeugen Stalder 1, 251. Schmeller 1, 229. Schmid 111.
2)
mucus, d. i. quidquid emungitur, it. moccio, franz. mouche, wofür voc. 1482 z 8ᵇ die nach butz gemachten ausdrücke pucus, pucio anführt, wenn sie nicht pusio sind, s. bützel. Schmeller 1, 229 nimmt für botzen und 230 nochmals für butzen die bedeutung klümpchen weicher materie an und unterscheidet davon butz larve. folgende sich berührende vorstellungen kommen in betracht:
a)
rotz, putz in der nasen. voc. 1482 z 8ᵇ; butze der nasen. Dasyp. 311ᶜ; butz, rotz. Maaler 83ᶜ. Henisch 574, 51. Stieler 263; denn hat sie flixen in den augen, da butzen in der nasen. Keisersb. has im pf. aa 7ᵈ; heraus mit dem butzen, emunge nares; auf erbrechen angewandt:
oho das sind grob noten,
sie haben lang in euch gesotten.
heraus mit dem butzen!
halt den kopf dem Utzen.
Garg. 98ᵇ;
ich musz den butzen frei auszer sagen. Henisch 574, 55; hierüber weinte er rotz und butzen. Simpl. 1, 68; bei dem abt Fechino ist, salva venia, ein butzen aus der nasen eines aussätzigen zu gold worden. Abrah. a s. Clara 2, 11. wiederum aber drückt auch bögge gleich butze mucus (sp. 321) aus, wodurch sich deutlich ein zusammenhang dieser zweiten bedeutung mit der ersten ergibt. auszer rotzbotzen hat Schmeller leimbotzen, teigbotzen, mehlbotzen, vgl. batz und schnudelbutze.
b)
butze in den augen, gramiae. Dasyp. 311ᶜ; butzen der augen, augenziger, augenkotzen, gramiae. Serranus k 5ᵃ; gramiosus, der butzen in augen hat. Alberus.
c)
propf, scirrhus, tumor in geschwüren, die nicht eher heilen, bis der butze heraus ist: wan der butz usz dem eiszen (ulcere) kumt. Keisersb. omeis 50ᶜ; es steckt ein butz im geschwer (geschwür). bilger 61ᵃ; aber wenn einer ein eiszen hat, solang der butz darin ist, so lang eitert er immermeder, züchst du aber den butzen heraus, so höret er uf eitern. s. d. m. 29ᵇ; wan die butzen herauskummen, so eitert der eisz nümme und schwert nit heraus. 43ᵃ; das ist der butz, das ist der recht grund und butz. post. 3, 19; ist ein andrer butz oder maus darhinder. sch. der pen. 14ᵃ;
ich förcht es steck darhinder frei
ein andrer putz.
Wolfh. Spangenberg fangbr. H 7ᵇ;
er hat einen butzen im leib, ein verborgnes übel; wann nun der butz vom brand herauszen, so nimb reinen ungeleschten kalch wol gebeutelt und wirf den in die wunden. Seuter 68; wann man ein eisz zuͦ heilt, so bricht es an einem andern ort auf, der butz und franzos muͦsz heraus. Frank baum des wissens 128; es hilft nit, das man auszen ein franzosen zuͦheil, das sie an einem andern ort ausbreche, der putz muͦsz heraus. paradoxa 89ᵃ; were das herz geändert, gewendt, der butz und wurzel heraus, so were es alles heil. 168ᵃ; mit arznei den butzen, ursprung und grundsuppen derselben aus dem leib purgiert. kriegsb. des fr. 158; die materia peccans musz mit butz und stiel ausgerottet werden. Lehmann 59; weil ich mir nicht einbildete, dasz ein solcher butzen in ihm steckte. Perus 316. bei Schmeller 1, 229 erscheint aeterbotzen d. i. eiterbutze, wobei man sich an auterbutz 1, 1044 erinnern wird, welchem leicht dieselbe bedeutung zusteht, mehr unter diesem wort und unter grindbutze. bergmännisch ist butze ein klumpe zusammengesinterten, unzerflossenen erzes. figürlich, zuckt den butzen der trurigkeit. Keisersb. bilger 61ᵃ; alleweil der butz hochfart, begird, uppiger ere in dir stecket, .. zuck den butzen dannen. siben schw. cc 5ᵇ; da kam man erst hernach auf den rechten butzen. Garg. 174ᵃ, traf den rechten fleck der sache;
die weil wir warn am wünschen eben,
wünscht ich so mehr den rechten butz,
weil mir eins wie das ander nutzt.
groszmutter 143.
es hiesz auch 'bei einem butzen', auf einmal: verklagt die bawren alle mit einander bei éinem butzen. Katziporus J 8ᵃ. gehört hierher auch eine unsichere bedeutung von butz, noch bei Göthe: verlogene leute stecken dahinter, misgönner, mit butz, neid und practica. 42, 333, mit bösem vorsatz, bosheit? Schm. 1, 303 hat putz für anbringer, delator.
d)
butze des lichts, lucernarum mucus, fungus candelae, schnuppe: butzen abbrechen, emungere. Dasyp. 311ᶜ, vgl. abbreche, lichtputze; so ist fleisch und blut faul und lasz und leszt das liecht einen butzen und kolbe kriegen. Luther 4, 264ᵇ;
brich an dem licht, vertilg den butzen.
altd. bl. 1, 112;
und wann man nun ein liecht aufzünd,
acht nit, ob es schon finster brint,
noch ob der butz zu lang möcht sein,
dasz von dem liecht nit geh vil schein,
so brich der kerzen nimmer ab,
bis mans zwei, dreimal gheiszen hab.
Scheit grob. G 2ᵇ;
und dasz ich die abbrech brauch, der butzen wird mir schier zu lang. Fischart groszm. 68; ein liecht voller butzen. Abr. a s. Cl. 1, 309;
vom docht den rothen butzen streifet.
Mörike ged. vom alten thurmhahn.
3)
umbilicus pomorum, der griebs, was am obst von der blüte dürr zurückgeblieben ist, auch kerngehäus und mittelpunct des obstes, fruchtknote: butz am obst, darauf die blühe gestanden. Henisch 574, 46; putz an obsz, pucio. voc. 1482 z 8ᵇ; anthera ist ein ieglicher butz, der inwendig stehet in der blumen. Paracelsus 1, 447ᵃ; granatbutzen und magsamenköpf. Garg. 219ᵇ; würdest ihne nicht einer lorischen zwibelschelf oder knoblauchsbutzen werd gehalten haben. 19ᵇ; sihe, hagenbutz, du machst dich disen morgen mechtig batzig. 198ᵃ; wiltu die äpfel lang gut behalten, soltu sie auf den käumen (keimen) oder putzen und nit auf die stile legen. Sebiz 378; die äpfel bleiben lang, wann man sie auf den butzen und nicht auf den stengel legt. Hohberg 1, 444ᵇ; die äpfel schälen, in vier stücke schneiden und die butzen oder grübs herauszer thun. Pols jahrb. 4, 64. an granaten und hiefen (der frucht des weiszdorns) ist ein solcher butz besonders sichtbar, hagenbutz klingt hochdeutscher, als das eingeführte hagenbutte, hainbutte, hambutte. man sagt einen apfel, eine birne mit butzen und stiel verzehren, völlig aufessen, überträgt es aber nachher auf andere speisen oder selbst uneszbare sachen und braucht es wie haut und haar, kopf und schwanz allgemein: der herr wird von Israel ausreuten häupt und schwänz, butzen und stil. Reiszner Jerus. 2, 123; butzen und stiel getödtet. Paracelsus chir. schr. 66ᶜ; zeigt dem könig stil und butzen (die ganze sache) an. Garg. 208ᵃ; aber demnach er sich verloren und weder butz noch stil (nicht das geringste) von im zu erfahren. 269ᵇ; hat solche auf butzen und stil hinein gefressen. Messerschmid des esels adel. Straszb. 1617 s. 56; nichts desto minder aber hat Würzburg beede dörfer mit butzen und stil ganz hinweg genommen. Reinhard werth. ded. summ. inhalt 5ᵃ; damit dem grausamen feind begegnet werde, sonst gehe butz und stil in seinen rachen. Phil. lugd. 3, 31; dasz dem vatter die statt mit butz und stil in die hände kam. 3, 37; du wirst derhalben die ganze welt mit butzen und stiel ausrotten müssen. Simpl. 1, 261. Tieck 15, 344. einem nicht einen butzen machen, nicht das geringste anthun, machen können: gott treugt niemand und wird nicht betrogen, es hat noch kein witz und spitz gott einen butzen gemacht, wiewol das gottlos wesen sich des vilfeltig understehet. Frank spr. 2, 54ᵃ. vgl. unter butze 1 die stelle aus Luther 1, 372ᵇ.
4)
hieran grenzt unmittelbar die bedeutung von iulus, amentum, kätzchen, lämmchen, auch knospen der sträuche und bäume: im anfang des glenzen tregt er (der wallnuszbaum) lange zaslechte butzen, welche, wann die bletter herfur kriechen, abfallen, alsdann so kreucht anstatt des abgefallenen butzen ein aug oder blume herfür, aus welcher die nusz wächst. Ad. Lonicerus kreuterb. 45ᵇ; die frucht ist anzusehen wie ein wurm oder wie ein butzen an den haselstauden. Tabernaem. 1320; die blumen (der syrischen pappel) haben inwendig gelbe zäserlein mit weiszen putzen. Hohberg 1, 599ᵃ. in dieser bedeutung mahnt butze an das franz. bouton, sp. boton, it. bottone, knospe, die sich aber sonst unserm brosz (sp. 399), mit ausgefallnem R, vergleichen.
5)
butze, fasciculus kann leicht aus busch (sp. 559) oder bosze (sp. 268) entsprungen sein: ein butze haar, ein büschel haare, vgl. bützel.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1855), Bd. II (1860), Sp. 588, Z. 40.

butze, putze, f.

butze, putze, f.
emunctorium, lichtputze, lichtschere, vgl. regenputze, beim feuerwerk, sternputze.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1855), Bd. II (1860), Sp. 591, Z. 41.

butze, f.

butze, f.
auf bauerhöfen des nördlichen Deutschlands schrankähnlicher bretterverschlag, fensterlose nebenkammer, worin knechte und mägde schlafen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1855), Bd. II (1860), Sp. 591, Z. 43.

bütze, f.

bütze, f.
pomarium, was bitze, bötze sp. 58: de vinea dicta bitze, sita apud Unkelstein. Lacomblet arch. 2, 56 (sec. 13); der Hundsrücker nennt den gras- und obstgarten bitze, der selten einem hause fehlt und an den sich der pflanzgarten anlehnt. W. O. von Horn rhein. dorfgesch. 1854. 1, 54. in der gemarkung des dorfes Unterflorstadt in der Wetterau kommen neben der beune (1, 1747) auch anstoszende gärten, beunegärten und bitzgärten vor.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1855), Bd. II (1860), Sp. 591, Z. 46.

fastnachtbutz, butze, m.

fastnachtbutz, butze, m.
larva, morio larvatus, vgl. 2, 588. Maaler 132ᵇ setzt fasznachtböck und butz. Stieler 206, 264. wan on zwifel, si (die kinder) werden mich fürchten als einen fasznachtbutzen. Steinhöwel Esop 1555, 3ᵇ; wan sobald mich die kinder ersehen haben, so haben sie mich für einen fastnachtbutzen gehabt. 4ᵃ; da sprach Xanthus 'losa, du fasznachtbutz!' 17ᵃ; darnach erdichten sie neuwe fasznachtbutzen und larven, damit sie die groben fülzen (filze) der welt geäffet halten. der verzucket pasquinus 1543. D 7;
der geiz und unser eigner nutz
macht manigen seltsam fasznachtbutz.
Schade sat. u. pasq. 1, 28;
etlich wie fasznachtbutzen
sich gleich theten vermutzen.
H. Sachs I, 79ᶜ;
wer weisz was ich dir noch möcht nutzen,
setzest mich für ein fasznachtputzen.
Wolgemuts Esopus 15;
wenn ein Esopus oder dergleichen larva oder fastnachtsputz fürgestellet wird. Luther 5, 269ᵃ; schem dich du alter fasznachtbutz! Thurneisser archid. 41; manduci waren erschreckliche fasznachtbutzen mit larven und groszen köpfen. Reiszner Jerus. 2, 147ᵃ; ja zu diesen authentischen beschriebenen fasznachtbutzen suchen sie noch rumörtschere ladengezierd, die eim allen confect erleiden sollten. Garg. 18ᵇ; die absonderlinge und menschenscheue werden nur für albere fantasten, fastnachtbutzen und narren gehalten, wann sie auch gleich noch so klug und gescheid wären. Simpl. K. 120.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6 (1861), Bd. III (1862), Sp. 1356, Z. 1.

butzen, putzen

butzen, putzen,
purgare, mundare, reinigen, säubern.
1)
wie purgare ein rein (purum), lauter machen, mundare ein hell, schmuck (mundum) machen, ist auch putzen ein comere, schmücken, zieren, glänzend machen und putz, gleich dem lat. mundus, gr. κόσμος, schmuck und zier der kleidung, des gewandes. wie weib und kind gebutzt weren. Matthesius 26ᵃ; das kind putzt seine puppe, die mutter putzt ihr kind, die frau putzt sich gern, das mädchen putzt sich schön, versteht sich zu putzen, ist nett geputzt; du bist hübsch butzt, ein schöne tanztochter. Petr. 2ᵃ; nit merken, wie wol butzet du seiest, sonder auf das achten, was dir noch felt und mangelt. 7ᵇ; sie hatte sich recht schön, sehr schön geputzt. Gellert 3, 353; mit edelsteinen zieren und butzen. bienenk. 134ᵇ; mit einem wol gebutzten zeug. Frank weltb. 50ᵃ; sie butzte sich hinlässig. Simpl. 2, 385; sie erschien von jetzt an nachlässiger geputzt;
ich geh und putze mich. komm, Lamon, geh mit mir!
Göthe 7, 20.
häufig steht nun anputzen, aufputzen, ausputzen, herausputzen, erputzen, z. b. madam, ich will sie anputzen wie einen engel. Gellert 3, 252; kommen sie, ich will sie wie eine princessin anputzen. 3, 369; als sich nun der armselige bub so köstlich anfieng heraus zu butzen. Galmy 228;
ein mansbild sol sich nicht aufbutzen.
Scheit grob. A 3.
die ältere sprache pflegte butzen mit mutzen, aufbutzen mit aufmutzen zu verbinden: man thuͦt die altär auf, butzt und mutzt die heiligen auf. Frank weltb. 133ᵃ;
als sich die göttin hett gebutzt
und, wie gemeld, schön aufgemutzt.
Spreng Il. 315ᵇ;
kleinot und gezierd, damit alle die kirchen der heiligen uberreichlich gestaffiert, geschmuckt, aufgemutzt und gebutzt werden. bienenk. 4ᵃ; ehe sie sichs versahe, war die jungfer gebutzt und gemutzt. Simpl. 2, 235. auch zieren steht neben butzen: do ist angst und not, wie es allessament reinlich geordnet werd, fin geziert und gebutzt. Keisersb. post. 3, 80.
2)
an putzen, kleiden reiht sich unmittelbar die vorstellung des hüllens, einhüllens, verhüllens, mummens, vermummens, verlarvens, folglich wird butzen ein verbutzen, verkleiden, verstellen, personam induere, zum scherz und zur lust bei aufzügen, tänzen, festen wie zum schrecken und scheuchen. davon ist butze eine larve, schreckbild, vogelscheuche und wird gleichbedeutig mit dem aus brogen, schrecken abgeleiteten brög und bögge. butzen gehen hiesz verlarvt, in maske ausgehen und laufen:
morgens vor fastnacht, e man butzen gieng.
Jac. Köbels tischzucht, altd. bl. 1, 281;
ein teil die tuͦnt sich vast berutzen,
antlitz und leib sie ganz verbutzen
und loufen so in böucken wis.
Brant 110ᵇ, 6;
viel fasznachtspiel bring ich herbei
und an zal gar viel mummerei,
die sich vermummen und verbutzen,
eins teils wie weiber sich aufmutzen,
eins teils wie münch, eins teils wie morn.
H. Sachs I, 534ᵉ;
butzen, mutzen und larfieren. Garg. 50ᵇ. später erlischt das verbum butzen in diesem sinn.
3)
man sagt von thieren, die sich sauber lecken und glatt streichen, dasz sie sich butzen, namentlich von der katze, dem hasen, aber auch von vögeln, wenn sie ihre federn mit dem schnabel zausen und schniegeln: sasz ein has in der sonnen, sich mit den fordern laufen umb den kopf butzende. Kirchhof wendunm. 257ᵃ; putze dich, liebes kätzlein, du darfsts wol. Luther 5, 82ᵃ;
es hüpfen die sänger des waldes
fröhlich empor und putzen die schwingen.
4)
putzen von sachen, polire, rein, sauber machen, glätten, waschen: die schnallen, sporn, schlösser, riemen, leder, gewehre, die klinke, das glas, fenster putzen; seubern, aus warmen wasser schon putzen. küchenmeist. a 7ᵇ; kohl, rüben putzen, geschlachtete thiere butzen, in der küche reinigen, zurichten, z. b. das huhn rupfen, den fisch schuppen, der hasen ausnehmen. Henisch 575, 20; schnecken aus dem hauslein nemen und butzen. 575, 24; die schuhe putzen, calceos mundare: ja sie (die frau) butzt ihm (dem mann) die schuch, fegt die kleider aus. Garg. 73ᵇ;
will ihm abziehen die stiffel sein
und die ausbutzen wol und fein.
H. Sachs V, 363ᵈ;
die stiefel sehen als ob sie vor vier wochen gebutzt sein. Schuppius 107; schuster putzen die absätze durch glätten:
er putzt ein jedes mahl (naevum), er schmünket alle flecken.
Logau 3, s. 217.
5)
den baum, strauch, die hecke putzen, putare, die wilden, schädlichen zweige und ranken abschneiden, stutzen, zustutzen; den garten ausputzen.
6)
den bart putzen, barbam radere, scheren, abnehmen: den leuten den bart zu putzen, ihnen diese barthaare hinweg zu nehmen. Göthe 15, 59;
so müszt ihr werden wie unser einer,
geputzt, gestutzt, glatt, sgilt sonst keiner.
13, 111;
alle leute über einen kamm zu butzen gewohnet. maulaffe 202. uneigentlich braucht man, zumal in Niederdeutschland, dies putzen, wie etwa auch reine arbeit machen, für rein aufessen, die schüssel leeren, rein machen: er kann gut putzen, stark essen; er putzte alles weg, asz alles auf, wurde damit fertig. ja man sagt, einen kopf mit dem säbel wegputzen, abschneiden, abhauen, mit dem blaserohr sperlinge wegputzen.
7)
einen putzen, ausputzen, conficere, mitnehmen, übel behandeln kann eine figur der vorigen bedeutung sein, aber auch schon der ersten und vierten; ein heer wird geputzt, wenn es eine niederlage erleidet: der feind ist rechtschaffen geputzt;
die Franzosen, so den teufel
fast bishero selbst getrutzt,
sind nunmehr ohn allen zweifel
dergestalt und so geputzt (zur see geschlagen worden),
dasz sie werden dran gedenken
weil die see wird fische tränken.
Soltau 319 a. 1692;
ich will dich butzen, das wird eben laug für deinen kopf sein. Garg. 102ᵃ; aber dieses alles ... ist etwas zu scharf gebutzt. Weise erzn. 322; er verdienet, dasz ein eben so strenges gericht über ihn ergienge, als über diesen phrygischen könig (Midas). und ich meine, er ist geputzet. Liscov 14 (119);
sie wird dich putzen.
Logau 2, 6, 34;
der trödelkrämer Mercurius (der wielandische) wird alle tage gegen seine mitarbeiter schulmeisterlich impertinenter, putzt sie wie buben in noten und nachreden. Göthe 60, 224. früher aber hiesz es einem den buben butzen:
mein fraw wird mir den buben butzen.
Haupt 3, 262;
dan er wuste wol, dasz Moyses ein alter melancholischer mann war und ime den buben in dieser sache weidlich geputzt hett. Ayrer proc. 2, 3. auch einem die platte putzen, weichen, räumen: putze mir die platte, entferne dich! in diesem sinn heiszt sich putzen, fortwischen, sich wegmachen: pfuch an den galgen mit dir, mach dich bald hinweg und butz dich! Keisersb. christl. kungin 48.
8)
die nase putzen, emungere nares, sich schneuzen, schnüpfen: die nas butzen. Henisch 574, 64. Maaler 83ᶜ;
wer hören wil
der butz die nas und schweig fein still.
Scheit grob. A 2.
man sagt auch von den sternen, dasz sie sich putzen, schneuzen, schnüpfen, mhd. fürben, franz. fourbir, östr. reuspern, die trajectio stellarum heiszt sternbutze, sternschnupfe (nd. schnuppe), sternfürwe (Mones anz. 8, 497), östr. sternreuspe. ebenso das licht putzen, emungere, abbrechen und lichtputze, abbreche. voc. 1482 aa 1ᵃ. lichter mit pistolen putzen. ehe eines weibes 79.
9)
abstract für zieren, ornare: ietzt wöllen sich euwer gelehrten putzen, und ziehen alle canones und vetersprüche herfür, das die messe ein opfer bei ihnen genennet sei. Luther 5, 82ᵃ; wo ihr solche greuwel vergessen wöllet, darzu euch noch schmücken und putzen. 5, 83ᵇ; wie ir euch bessern oder euch putzen und weisz brennen wöllet. 5, 84ᵃ; denn die papisten wolten sich wol gern putzen und solche greuwel unter die bank stecken. 5, 282ᵇ; weil die bösewichter nicht wollen büszen, sondern dazu das evangelium verdammen, gottes wort lestern und schenden und sich putzen. 5, 283ᵃ; und putzen sich doch daher, der glaube macht gerecht, wenn die werke dabei sind, sonst ist er nichts. 6, 105ᵇ; du habest es eben wol gebutzt und ausgericht. Ayrer proc. 1, 12; hingegen wie die welt die manieren und die lebensart eines menschen ausarbeitet, so putzet die belesenheit den verstand desselben. J. E. Schlegel 5, 124; geputzte seichtigkeit. Kant 10, 135; niemand habe wol die wahrheit mehr geliebt, geputzt und überhaupt seltener belogen. J. P. teuf. pap. 2, 25.
10)
unsichrer bedeutung ist butzen in einem kartenspiel:
treib auch ein spil, heiszt man das butzen,
wenn ich das gwinn, mag ich wol schmutzen.
H. Sachs V, 537ᵇ, auch I, 518ᵇ.
11)
gar nicht zu dem bisher verhandelten butzen ornare gehört ein butzen turgere, das Henisch 575, 3 unter butzend, 'starzend, aufgeblähet, geschwollen vor völle, gesteckt voll' angibt, wie auch im voc. 1482 c 4ᵃ butzender, turgius (so, für turgidus) vorkommt. dies butzen entspringt aus burzen, borzen, barzen turgere, mit ausgestosznem R, wie mutzen aus murzen. noch ein andres butzen, bützen, suere, sarcire, nähen, flicken: butzen oder häften die wunden zu. Forer fischb. 175ᵇ; Henisch 575, 26 ist verderbt aus büszen (sp. 572), aber schon Dasyp. 236ᵈ hat es und die Schweizersprache für diese bedeutung überall. Stald. 1, 252.
12)
fragt es sich nun endlich nach der abkunft und wurzel unseres von 1—9 dargestellten butzen, putzen, so leuchtet ein, dasz alle bedeutungen von mundare, induere, polire, putare, mungere aus dem begriffe des reinigens und säuberens flieszen, also zusammen gehören. auffallend ist die abwesenheit dieses verbums im ahd. und mhd., zwar steht Helbl. 1, 988
ich lâʒ in waʒʒer bützen (: nützen),
was doch, schreibe man bützen oder pützen, heiszt aus dem brunnen (ahd. puzi) schöpfen, nnl. putten und mit unserm butzen nichts zu schaffen hat. wol aber verbürgt das vorkommen eines mhd. butze (larva, diabolus) auch das verbum. sonst kennt nur die nnd. sprache putzen (d. i. putsen mit ts, wie in gants), die schw. putsa, die dän. pudse, und alle entlehnen aus dem nhd.; selbst nnl. fehlt es. jenes butze (larva) suchte ich früher mit bôʒen, stoszen zu verbinden, und nahm zu diesem ende ein bieʒen bôʒ buʒʒen an (mythol. 475, ausg. von 1835 s. 289), welche annahme ich oben sp. 268 umsoweniger Lachmann hätte zur last legen sollen, als der verhalt von butzen: bôʒen durch den analogen von stutzen: stôʒen bestärkt zu werden scheint. ist nun stutzen ein abstoszen, so darf auch butzen ursprünglich ein abboszen gewesen sein und butze ein stoszender, boszender, bochender geist. der vorstellung des reinigens, schmückens und kleidens träte man dadurch wieder nah, dasz auch dem reinigen ein abstoszen des unrats zum grunde liegt und sehr auffallend heiszt stutzen in kleidern prangen, stutzer ein sich putzender, zierender. freilich die starken verba bieszen bosz, stieszen stosz werden sich niemals aufzeigen lassen und sind durch die reduplicationen boszen biesz, stoszen stiesz längst verdrängt. der analogie von butzen und stutzen kommt zu statten, dasz auch im identischen mutzen, mutilare ein stutzen zu erkennen war (1, 88. 692. 694) und wenn es für murzen steht, das unter 11 erwähnte butzen = burzen doch herangezogen werden darf. verwandtschaft zwischen butzen und dem lat. putare, amputare wird sich nicht leugnen lassen, dahin gestellt bleiben musz eine mit posse, nnl. poets (sp. 261). altn. bûta truncare.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1855), Bd. II (1860), Sp. 592, Z. 31.

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Zitationshilfe
„butze“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/butze>.

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