Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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christ, m.

christ, m.
Christus, goth. Christus, gen. Christaus, dat. Christau, acc. Christu, wie alle ähnlichen fremden namen Paitrus, Teitus behandelt werden. ahd. Christ, Christes, Christe, Christ, neben welchem acc. aber auch Christan, wie von kot kotan, von truhtîn truhtînan gebildet wird. einzelne namentlich O. schreiben Krist. alts. Crist, Cristes, Criste, Crist und Cristan. ags. Crist, Cristes, Criste, Crist. mhd. Krist, Kristes, Kriste, Krist, der adjectivische acc. Kristen wird sich wol auch darbieten. bei Keisersberg steht Cristus, Christus, z. b. der gelittene Christus. bilg. 16ᵈ. 17ᵃ; das unschuldig lemlin und bluͦt Christi. s. d. m. 15ᵃ. auch Luther hat in der bibel die lat. flexion beibehalten: Christus, Christi, Christo, Christum, eben wie für Petrus, Pilatus, Johannes u. s. w., worin ihm die kirchensprache gefolgt ist, die gewöhnliche rede setzt Christus im nom. und im obliquen casus unverändert: Christus lehre, Christus bild, auf Christus vertrauen, von Christus abhängen; doch begegnet apost. gesch. 9, 22 und bewährets, dasz dieser ist der Christ; in kirchenliedern steht oft das gekürzte Christ, Jesu Christ:
ein blümlein steht im garten,
heiszt Christ vergisz nicht mein.
Hoffm. gesellsch. s. 136.
Christ ist erstanden.
Göthe 12, 44;
sich fromm bekreuzend vor dem Christe.
Schiller 68ᵇ.
der früheren sprache gemäszer gewesen wäre Christus, Christuses, Christuse, Christusen. Matth. 24, 24 und Marc. 13, 22 kommt der pl. ψευδόχριστοι, vulg. pseudochristi vor, Ulfilas hat dafür in der zweiten stelle (die erste fehlt) galiugachristjeis, behandelt also Christus wie aggilus, apaustaulus, deren pl. überschwankt in aggileis, apaustauleis statt aggiljus, apaustauljus. richtiger, scheint es, hätte er diese lat. namen auf us zur ersten goth. decl. gewiesen, Christs pl. Christôs flectiert, ganz wie pseudochristi, ahd. luggê Cristâ (T. 145, 24), ags. leáse Cristas lautet. Luther hat natürlich falsche Christi. Zu weihnachten beschert den kindern der heilige Christ, und gleich der festlichen zeit pflegen wir das geschenk selbst den heiligen Christ, ein Christkindchen zu nennen:
vielleicht hat, dankbar für den heilgen Christ
mein liebchen hier, mit vollen kinderwangen
dem ahnherrn fromm die welke hand geküst.
Göthe 12, 139;
dasz sie allen personen ihres nächsten kreises zu weihnachten einen heiligen Christ bescheren lieszen. 13, 43; das verwünschte puppenspiel, das ich euch vor zwölf jahren zum heilgen Christ gab. 18, 8; von engeln, vom knechte Ruprecht, vom heiligen Christe, die zu gewissen zeiten in person erscheinen, gute kinder beschenken und unartige bestrafen sollten. 20, 157.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1855), Bd. II (1860), Sp. 619, Z. 16.

christ, m.

christ, m.
verwenden wir nhd. sehr ungeschickt auch für christianus, einen bekenner des christenthums, unser 'ich bin ein Christ' soll aussagen sum christianus, klingt aber, den buchstaben nach, wie 'sum Christus', und erst der gen. christen christiani scheidet sich von Christes, Christi. Luther schreibt: du überredest mich, dasz ich ein christ würde, μὲ πείθεις χριστιανὸν γενέσθαι. apost. gesch. 26, 28; niemand aber unter euch leide als ein mörder, leidet er aber als ein christ, εἰ δὲ ὡς χριστιανός. 1 Petr. 4, 16; er befreite einen christ aus der gefangenschaft der heiden. der pl. christen ist untadelhaft: daher die jünger zu Antiochia christen genennet werden. apost. gesch. 11, 26. wahrscheinlich verleitete dieser (wie wagen, raben, boden gebildete) pl. zur annahme erst eines schwachen nom. christe (wie rabe), dann zu dessen abstumpfung in christ (wie brunne, falke in brunn, falk), den gen. dat. setzte man christen (wie brunnen, falken). der organische nom. sg. lautete aber christen, gen. christens und war noch im 16 jh., selbst bei Luther, gebräuchlich. während alle übrigen völker Christus und christianus sauber sondern: it. Cristo, cristiano: sp. Christo, christiano; franz. Christ, chrêtien; engl. Christ, christian; nnl. Christ, christen; dän. Christ, christen; mengen wir heute in Christ und christ unumgänglich abstehende formen, die auch in unsrer älteren sprache von einander abstanden. s. christen.
laszt lächelnd wenigstens ihr einen wahn,
in dem sich jud und christ und muselmann
vereinigen, so einen süszen wahn.
Lessing 2, 197;
du kennst die christen nicht, willst sie nicht kennen,
ihr stolz ist christen sein, nicht menschen.
2, 230;
die christen glauben mehr armseligkeiten,
als dasz sie die nicht auch noch glauben könnten.
das.;
sei ruhig, christ! — was? ruhig christ? wenn jud
und muselmann auf jud und muselmann
bestehen, soll allein der christ den christen
nicht machen dürfen?
2, 313;
und keines christen andacht hat ihn mehr
als dieses freigeists lästerung gepriesen.
Schiller 279ᵇ.
Man sagt, ein christ sein, ein christ werden, als christ getauft sein, sich einen christ bekennen; ein glaubiger christ. Henisch 597; ein rechter, ein wahrer christ im gegensatz zu namenchrist, maulchrist. ein wunderlicher christ meint einen sonderling, einen wunderlichen kauz: ich sehe hieraus, junger herr, dasz ihr ein wunderlicher christ seid. Göthe 25, 166. juristen böse christen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1855), Bd. II (1860), Sp. 619, Z. 63.

christen

christen,
christianus, ahd. christani, cristani (Graff 4, 618), nnl. christen, pl. christenen.
1)
ursprünglich ein adj. z. b. ahd. christanun namun intfâhan; christaneru gidâhti, christianae devotionis; christanaʒ diot, populus christianus. so noch oft bei Keisersberg: und ist ein heszlich ding, das da funden sol werden in dem mund eines cristnen menschen lügin. s. d. m. 25ᵃ; ein christener mensch, der sich wil geben in ein recht leben. bilg. 1ᵃ; was sind dise knöpf, deren ein sölcher christener mensch sol war nemen. 121ᵃ; vil billicher sol das thuͦn ein christener mensch. 123ᶜ; hab acht o christner bilger. 153ᵃ; ein warer kristener mensch. parad. der selen 42ᵃ; ein christener gerechter mensche. irr. schaf, vorr. dies adj. haftet noch in vielen zusammensetzungen christenheit, christenmensch, christenthum u. s. w.
2)
es steht aber häufig substantivisch, mit auslassung von mensch, für homo christianus: ich bin ein guͦter christen. Keisersb. bilg. 36ᶜ; aber er (Constantin) wolt nit schuldig werden an demselben bluͦt, sunder ward dardurch christen und getaufet. s. d. m. 15ᵃ; gleichwie ein christen der taufe, des worts und sacraments nicht darf als ein christen. Luther 3, 277ᵇ; oder ob ein christen müsse der werk keines thun. 3, 316; sol man sich nur in diesem stücke als ein christen stellen. 3, 330; Pilatus möcht christen werden, darumb muste Pilatus christen werden. 3, 358; es were gewis alle welt mahometisch oder epicurisch worden und kein christen mehr blieben. 5, 1ᵇ; uber das das er christen und priester ist, musz er auch ein ampt und ein befolhen kirchspiel haben. 5, 157ᵃ; eine frome ehefraw, wenn sie christen ist, und gottes wort weisz und gleubt. 5, 512ᵃ; leidet er aber als ein christen. 6, 12ᵃ; solch herz sol ein christen auch haben. 6, 50ᵇ; solchen rhum musz ein iglicher christen auch haben. 6, 53ᵇ; darumb sol ein christen nicht anders wissen, gott zu suchen noch zu finden, denn in der jungfrawen schosz 6, 187ᵇ; weil ich ein christen bin. 7, 47ᵃ (doch 48ᵃ wer da wil ein christ sein); von dem er den edeln, königlichen und himelischen namen hat, das er ein christen heiszt. Alberus wider Witzel B 4ᵇ; habt ihr nicht namens gnug, dasz ihr nach Christo ein christen genent werdt. J. 4ᵇ; kein guͦter christen. Eulensp. c. 34; wir christen wissens gewis. Friderich saufteufel B 4ᵇ; da behüte gott alle fromen christen fur. E 4ᵃ. dieser pl. kann zwar aus christenen gekürzt sein, doch hat dieser schriftsteller auch im nom. sg. schon christ. G 3ᵇ. auf ähnliche weise wurde das alte heiden paganus entstellt in heide.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1855), Bd. II (1860), Sp. 620, Z. 49.

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Zitationshilfe
„christen“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/christen>.

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