Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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düster, adj. und adv.

düster, adj. und adv.
dunkel, finster, trüb, nächtlich. mittelniederd. duster Marienlieder in Haupts zeitschrift 10. 55, 15. 88, 9. 90, 27. 100, 30, neuniederd. düster (das ü lang) Brem. wb. 1, 277. Schambach 52ᵃ, niederl. duister, ags. þŷstre þeostre. duster ohne umlaut Diefenbach Gloss. lat. germ. 389ᵃ. Henisch 780, mnd. duuster Diefenbach 90ᵇ, tuster Mathesius, und noch heute bei einzelnen. es gehört zu dus, dust, und ist aus dem niederdeutschen aufgenommen, erscheint aber schon im 16ten jahrhundert. das gleichbedeutende ahd. dinstar, mhd. dinster Ben. 1, 361 wird (Gramm. 2, 184) einem verlornen verbum diman tenebrescere zugetheilt und dem altsächs. thimm obscurus, opacus (Gesch. der sprache 327). in düster ist n weggefallen; vergl. dust und dunst. unorganisch ist das vielleicht nach lüstern gebildete düstern, das aber häufiger in düsternheit sich zeigt: ist er nicht so düstern, so verdrieszlich! Hamb. theater 1, 29 bei Heynatz antib. 1, 318, der es Lessing zuschreibt. ohne grund weist Adelung das wort zurück, es war schon zu seiner zeit bei guten schriftstellern im gebrauch.
1.
eigentlich. düster caliginosus Schottel 1307. es fängt an düster zu werden die nacht bricht an. die dinster kempnate Joh. Rothe Düring. chronik von Liliencron cap. 421.
leuchte mir durch düstre höhlen
ein düsteres gewölbe. es ist ganz düster in dem hause Stieler 352. düstere luft, nacht Frisch 1, 212ᶜ.
die düstre nacht ist hin,
die sonne kehret wieder.
ermuntre dich, mein sinn,
und dichte freudenlieder
Uz Werke 1, 17
die düstern eichenwälder
ders.
wie bei der lampen düstrem brand
uns jedes glas scheint ein demant,
sehn wir beim feuer der begierden
Haller an Geszner str. 10.
ich will in meinen düstern schatten süsze früchte dir auftischen Geszner.
zwar den jäger erfreuet der morgen mit düsteren nebeln,
denn ihn merkt nicht so leicht am anstand das sichere wildpret
Zachariä Tageszeiten 18.
unter den hohen linden die den alten dom verstecken, wo so viele leichen der vorwelt in ihren düsternen gewölbern schlummern Weisze Briefwechsel der familie des kinderfreundes 9, 201.
das düstre schattenreich
Gotter 1, 266.
sieh, wenn ich dich so betrachte, Romeo, glaub ich einen todten zu sehen, den sie in das grab legen. sind meine augen düster oder bist du wirklich so bleich? ders. Romeo und Julie (Leipz. 1779) 19.
düsteres augs verläszt sie die angefangenen faden
Voss Ovid nr. 26, 30.
schwarz dem fernen betrachter, wie düstere schwärze des peches,
scheint sie (die wolke) das meer durchschwebend, und führt unermeszlichen sturmwind
ders. Ilias 4, 277.
er zog sie zur laube so düster und still,
von blühenden bohnen umdüftet
Bürger 61ᵃ.
hoch über dem steine vom rade
blickt hohl und düster ein schädel herab
62ᵇ.
sieh, naher felsen düstre zinn entglüht
der rose gleich, die über trümmern blüht
o das entwölket den düstersten tag
14.
dich (gott) loben flocken die das grüne haar
des dustern tannenhains
versilbern
Hölty Lob der gottheit (ged. 1858 s. 208).
die schule dumpf und düster,
umrankt vom wintergrün,
wo uns der ernste küster
ein weltgebieter schien
wie in todtenhallen düster
wirds im pappelweidenhain
ders.
als in sein düstres musäum der freudige Niklas herein trat Thümmel Wilhelmine 12.
dort steht die donnerwolke
wie düster düster sie droht!
die lampe warf ihr bleiches licht auf ihn
und düster flosz das blut aus seiner wunde
Göthe 7, 220 im Mahomet, ein zusatz, bei Voltaire kommt es nicht vor.
flüchtend sah ich durch rauch und glut
und der züngelnden flamme lohe
gräszlich zürnender götter nahn,
schreitend wundergestalten,
riesengrosz, durch düsteren
feuerumleuchteten qualm hin
41, 188.
nun zaudert sie (die seele) und will den düstern ort,
des schlechten leichnams ekles haus nicht lassen
41, 323
das ist mächtig anzuschauen,
doch zu düster ist der ort (eine wilde gegend),
schüttelt uns mit schreck und grauen;
edler, guter lasz uns fort!
41, 336.
wer wird nach dem düstern strande (der unterwelt)
meines grames bote sein?
Schiller 54ᵃ.
auf der donnerwolke duftgem thau
schimmert durch der wehmut düstern schleier
hier der ruhe heitres blau
73ᵃ.
es ward mir wunderbar zu muth, als ich
aus vollem tageslichte schnell herein trat,
denn eine düstre nacht umgab mich plötzlich,
von seltsamer beleuchtung schwach erhellt
317ᵇ.
treten wir in tempelhallen,
wo in düstrer einsamkeit
dumpf die tritte widerschallen
Uhland Ged. 13.
es zieht sich (die schwarze schar) herunter in düsteren reihn,
und gellende hörner schallen darein
und erfüllen die seele mit grausen
Körner Leier und schwert 66.
diese grosze düstere kirche Bettine Briefe 1, 182.
düstern rosmarin zu tragen
flechte sich mein braunes haar,
denn er fiel im kampf erschlagen,
der mein anverlobter war
Platen 2ᵃ.
da gieng ich einmal bei düsterm weichlichen winterwetter durch die stadt v. Holtei Vierzig jahre 5, 268. s. nebeldüster. tannendüster.
2.
uneigentlich.
a.
traurig, bedrückt, trübselig, schwermütig, unbelebt. der blinden und tustern welt Mathesius 129ᵃ. ein düsternes wesen Lohenstein Arminius 1, 169. 255. durch den umgang mit büchern wird sie todt und düster Gellert.
kurz was die eule spricht sind düstre vorurtheile
J. A. Schlegel Fabeln 251.
die wilde zunge quillt aus einem düstern grunde,
verfinstert den verstand und haucht mit heiszem munde
der seel ein dunkles bild des bös und guten ein,
dadurch wir, unbedacht, uns kränken oder freun
Lichtwer Recht der vernunft 46.
Wilib. der sol dein mann werden! Char. wer? der steife düstre Florian? Lessing 2, 459. ist der Deutsche, wenn er ein gründlicher kopf ist, so gar düster und allen grazien so gar fremd? 5, 61.
nie zieht, wie bei manchem alten,
klag und unzufriedenheit
deine (ein alter ist angeredet) stirn in düstre falten,
diesen sitz der fröhlichkeit
Chr. Fel. Weisze Briefwechsel der familie des kinderfreundes 8, 6.
welch trauriges gewölk verfinstert meine blicke!
ein tiefer düstrer gram
ders. Trauersp. 1, 111.
düster lodert mein geist wie das tannenfeuer
um der legionentödter grab
Klamer Schmidt Elegie an Minna 55.
ein düstrer traum der einem heitern folgt
Wieland 28, 85.
der düstre jammer des volks Klinger 2, 103. das düstere schicksal 2, 109. der düstere schauder und düstere bilder 2, 112. wenn das denken in einem staate nicht mehr erlaubt ist, so fühlt man nur, und das endlich so gewaltig, dasz man vor lauter düsterm starken fühlen wirklich nicht mehr denkt 11, 333. welch ein stoff zum düstern nachsinnen über das menschengeschlecht! 12, 157. das düstere gemählde voriger erfahrung an der welt und ihren bewohnern 12, 168. ein düsterer sinn Fr. Müller 1, 22.
zu düster und einsiedlerisch
entschwebt das wort der zelle,
erheiterts nicht am frohen tisch
der unterredung helle
nicht heitere lust, du (mond) weckest
düstere schwermuth
ders.
wie so düster, mein freund! rings um dich lächelt die freude,
aber ihr lächelnder grusz rühret den düsteren nicht
hab oft einen dumpfen düstern sinn,
ein gar so schweres blut
Göthe 1, 19.
so düster es oft und so dunkel es war
in drängenden nöthen, in naher gefahr,
auf einmal ists lichter geworden
1, 137.
und ich über mein ich, des unbefriedigten geistes
düstere wege zu spähn, still in betrachtung versank
1, 269.
wie ist mir doch heut zu muthe!
so vergnüglich und so klar!
da bei frischem knabenblute
mir so wild, so düster war
22, 79.
bei der dritten zeile (des liedes) ward der gesang dumpfer und düsterer 18, 234. Vitruv liest sich nicht so leicht: das buch ist an sich schon düster (unklar) geschrieben und fordert ein kritisches studium 27, 153. ich habe behaupten hören man werde sich aus einem schmerzlichen selbstquälerischen düstern seelenzustande nur durch naturbeschauung und herzliche theilnahme an der äuszern welt retten und befreien 30, 228. denn wie oft hatte ich erfahren müssen dasz der mensch den werth einer klaren wirklichkeit gegen ein trübes phantom seiner düstern einbildungskraft von sich ablehnt 30, 230. seine gesichtszüge hatten nichts anlockendes aber auch nichts eigentlich abstoszendes, sein düsteres wesen erschien nicht unhöflich 30, 231.
das Griechenvolk es taugte nie recht viel!
doch blendets euch mit freiem sinnenspiel,
verlockt des menschen brust zu heitern sünden:
die unsern wird man immer düster finden
41, 110.
denn ruf und schicksal bestimmten fürwahr die unsterblichen
zweideutig mir, der schöngestalt bedenkliche
begleiter die an dieser schwelle mir sogar
mit düster drohender gegenwart zur seite stehn
41, 181.
den sinn der rede konnt ich nicht verstehn.
es klang so nach als hiesz es 'noth',
ein düstres reimwort folgte 'tod'.
es tönte hohl, gespensterhaft gedämpft
41, 313.
eigentlich ist es nicht mein bestreben in den düstern regionen der geschichte bis auf einen gewissen grad deutlicher und klarer zu sehen ders. an Zelter 769.
schwesterliche wollust mildert
düstrer schwermuth schauernacht
Schiller 2ᵇ.
düstrer zukunft nebelferne
goldet sich in deinem sterne
4ᵃ.
öffnen den düster gebundenen sinn,
und empfangen die göttliche lehre
aus dem munde der königin
56ᵇ.
die mutter ewig ernst und düster,
der vater fröhlich immerdar
74ᵃ.
noch einmal laszt des dichters phantasie
die düstre zeit (Wallensteins) an euch vorüber führen
318ᵇ.
da danket ihrs (der kunst) dasz sie das düstre bild
der wahrheit in das heitre reich der kunst
hinüber spielt
319ᵇ.
der düstre räuber und der heitre spielmann
544ᵇ.
und will dich düstrer ernst umwallen,
so denk an künftgen festestag
Uhland 113.
den brautkranz den der düstre schnitter (der tod) mähte
ersetz ein todter kranz im üppgen haare
Rückert Ged. 93.
er stand in düstern gedanken. er schaute düster umher.
düstre harmonien hör ich klingen
Körner Leier und schwert 20.
in der zwietracht
düsteren tagen
A. Grün Ged. 230
b.
betäubt. als wir geträumt werden sollten, wurde ein engel düster und entschlief und träumte J. Paul Hesperus 2, 219. von dem nicht völlig ausgeschlafenen rausche war ihm der kopf düster 19, 215.
c.
schrecklich, furchtbar. indem ich mit ihnen (den kranken geistlichen) rede, so hören wir einen grausamen düstern knall und poldern. meine begleitenden herrn fratres erschraken und giengen, weil ihnen ein staub entgegen kam, des klosters lang bisz an die kirchthür mit, da sahen wir dasz das haus von dem einfallenden dache durchschlagen und verwüstet war Ettner Hebamme 738. s. düsterlich 3.
3.
substantivisch finsternis in eigentlicher und uneigentlicher bedeutung. in dem dinstern Joh. Rothe Düring. chronik 664. wir stoszen uns am mittage als in der demmerunge, wir sind im düstern wie die todten Jesaia 59, 10.
du aus Norden,
im nebelalter jung geworden
im wust vom ritterthum und pfäfferei,
wo wäre da dein auge frei!
im düstern bist du nur zu hause
Göthe 41, 408.
ins düstre röthet sich sein feuer
41, 152.
stünd ich, natur! vor dir ein mann allein,
da wärs der mühe werth ein mensch zu sein.
das war ich sonst, eh ichs im düstern suchte,
mit frevelwort mich und die welt verfluchte
41, 314.
ewiges düstre steigt herunter,
sonne geht nicht auf noch unter,
bei vollkommnen äuszern sinnen
wohnen finsternisse drinnen
41, 316
du blinde welt, wo grubbelst du im düstern! sagt man um mitleid bei irrthum oder unverstand an den tag zu legen Brem. wb. 1, 277.
im dustern ist gut schmustern
Simrock Sprichw. 1742.
im düstern ist gut flüstern aber nicht gut flöhe fangen 1743. im düstern maust die katz am besten 1744.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1858), Bd. II (1860), Sp. 1761, Z. 72.

düster, n.

düster, n.
dunkelheit, finsternis. s. düstere. düsterheit Aachner mundart düstert W. Weitz 30.
nicht herscht durch fremder formeln düster
hinfort gerichtsherr oder priester;
das volksgesetz wägt grad und gleich
gerechtigkeit für arm und reich
Voss 4, 222.
noch waltet statt religion
der alten satzung düster.
noch trotzen dir, o gottes sohn,
gebotnes glaubens priester
5, 42.
der kabbala geweihter priester,
hat aus der pyramiden düster,
durch der beschwornen geister macht
den kundigen längst ein geflüster
geheimniss' er hervor gebracht
die, mir entdeckt, im busen lodern,
jedoch verschwiegenheit erfodern
Boie Der pilger 312 in Schillers Horen 1796 st. 12. s. 32.
waldesdüster Tieck Nov. 1, 108. ein seltsames graues düster König Waldenser 2, 274.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1858), Bd. II (1860), Sp. 1764, Z. 81.

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durchwirbeln
Zitationshilfe
„duster“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/d%C3%BCster>.

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