Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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dapfer

dapfer,
s. tapfer.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1856), Bd. II (1860), Sp. 750, Z. 21.

tapfer, adj. und adv.

tapfer, adj. und adv.
das im goth., alts. und ags. nicht nachweisbare wort lautet ahd. taphar taphir tapher, mhd. und md. tapfer und dapfer (alem. auch tapfel : apfel liedersaal 3, 102, 27), mnd. nd. engl. dapper, altn. dapr; es zeigt ähnliche begriffsübergänge wie lat. fortis und gravis, deutsch fest und hart, die in der älteren sprache auch zum begriffe unseres 'tapfer' vorgedrungen sind, während umgekehrt das altn. dapr die aus gravis (belastet, beschwert) hervorgegangene bedeutung 'betrübt, traurig' angenommen hat. J. Grimm hat in der gesch. der deutschen spr. 406 nach Frischs (1, 185ᵇ) vorgang zusammenhang vermutet mit altslav. doblĭ stark, tüchtig, debelŭ dick (Miklosich 164ᵃ. 157ᵇ), slav. dobru schön, gut, so dasz also eine grundform dhabras anzunehmen wäre (Schade² 923ᵃ). die bis ins 18. jahrh. noch vorkommende schreibung dapfer verwirft Stieler 2354 aus dem grunde, weil er das wort aus tahtfertig entstehen läszt.
Bedeutung und gebrauch.
I.
adjectiv.
1)
in ahd. glossen wird taphar wiedergegeben durch lat. gravis, gravidus (Graff 5, 394), im vocab. predicatorum durch maturus (Dief. 352ᵃ), mhd. wird tapfer besonders von der gedrungenheit und fülle der körpertheile gebraucht (vgl. 2, c und fest 4, c): diu prüstel ... schüllent an den juncfrawen klein sein und tapfer. Megenberg 25, 5;
ir füeʒe in rehter mâʒe
stuonden ir geschepfet wol,
sî wâren tapfer unde hol
enmitten ein vil kleine.
Konrad troj. krieg 20014;
ir arm hübsch und tapfel (: apfel).
lieders. 3, 102, 127.
2)
nhd. gewichtig, gewaltig, fest, stark, kräftig, tüchtig, bedeutend, bedeutsam, trefflich, wichtig, ansehnlich, stattlich, würdig, schön u. dergl., wie sich aus dem zusammenhange leicht ergibt; die folgenden belege für diese nun veralteten bedeutungen sind chronologisch geordnet.
a)
von sachen und abstractionen: nachdem der hochwirdig fürst ... undter andern vil stattlichen und tapfern stattuten und gesetzen ... ain statut der gaistlichen hochzeit halb gesetzt und ausgeen lassen hat. Nürnb. poliz.-ordn. 84 (15. jh.);
von in wurt selten dapfer wort
glych wie von einem kindt gehort.
S. Brant 13, 7;
den gesworn befelen, dapfere stein zu bestellen .. und kein klein stein. Dief.-Wülcker 872 (vom j. 1502, Frankfurt); das er (der menknecht) aber nit gewachsen sonder schwach und klein und also zu tapfrer arbeit nit zu geprauchen. landpot in Ober- u. Niederbaiern (1516) 67ᵃ; solichs (burgermaister-)ampt .. das ansehenlichst und dapferst ist. städtechron. 11, 795, 25; eine tapfere landsteuer, summe, botschaft, ursach u. s. w. Schm.² 1, 614 (16. jahrh.); es ist nichts tapfers (festes, beständiges) da in allen dingen. Keisersberg siben sch. ee d 6ᵃ; er hab dann etwas tapfers (groszes, bedeutsames) auf im gehabt. schiff der pen. 47ᶜ; die knecht werden mit groszen tapfern kosten erhalten. Dief.-Wülcker 872 (vom j. 1524); in diser tapfern und wichtigen sachen zu rathen. ebenda (1523); es was auch tapfers gelt, getrenk u. s. w. Widmann Regensburger chron. 88, 15; die horas vleiszig und wol singen u. s. w. wie in einem tapfern stift. 117, 3; sihe nu, wie einen dapfern schlappen gibt dis gebet disem vergenglichen leben. Luther 1, 75ᵇ; aber ich hielt fest und zeigt an, das in solcher dapfer sach mit aller bedechtigkeit gehandelt ... solt werden. 148ᵇ; so wir Christus gebot halten wolten in den ersten dreien graden, solt der zinskauf nicht so gemein oder not sein, es were denn in groszen merklichen summen und tapfern gütern. 197ᵃ; in dieser tapfersten und wichtigsten sachen. 5, 32ᵇ; mit zeitigem dapfern raht berathschlaget. 109ᵃ; summa, wer etwas groszes thar wagen und leiden, der mus gewislich etwas tapfers wissen und warten, umb welchs willen er solchs thut. 6, 247ᵃ; solche tapfere, klare sprüche der heiligen schrift. 383ᵃ; so bitten wir keiserlich majestat, wollen von dieser groszen, dapfern, hochwichtigen sachen ... gnediglich uns hören. 385ᵇ; nu ist wol zu gedenken, das es dennoch etwas tapfers und hohes getragen hat. 8, 293ᵃ; wiewohl das wichtige, tapfere sachen wären, seel, ehre und gut belangend. Kress in Melanchthons op. 2, 290; so einer einen kelch, paten oder andere gefäsze und dergleichen tapfere dinge aus den kirchen stiehlt. corp. constit. Brandenb.-Culmbac. 2, 2, 266 (vgl. Carolina art. 166. 174);
so bistu auch geschickt und klug,
zu füren einen tapfern krieg.
H. Sachs 7, 178, 26;
wo er etwas tapferer geburt oder standes were, er würde anderst gewapnet sein. buch der liebe 18ᶜ; der könig grosz verwundern ... genommen an seiner herrlichen und dapfern grösze. Galmy 215; sein vatter, der einen sehr tapfern meierhof und viel andere dazu gehörige güter besasz. Kirchhof wendunm. (1602) 1, 256; er wolle, weil er tapferer stärke wäre, ihnen .. beispringen. pers. rosenth. 3, 27;
die ihres geistes hoch zusammen hat gesellet
zu treffen einen bund (die fruchtbringende gesellschaft), zu würken tapfre frucht.
Logau 2, 3, 13;
dein tapferer verstand hielt dises für gering.
wasz in schreibung eines tapfern werks wol- oder übelständig sei. s. 17 der vorrede; der schönsten knaben, mit .. dapfern angesichtern und haaren. Schuppius 772; fehler, welche die menschen von dem rechten weg dieser tapfern tugend (der menschenliebe) pflegen umbzuwenden. 755.
b)
von (ansehnlichen, tüchtigen, ehrenfesten, tugendsamen, rechtschaffenen, würdigen und ernsten) personen:
(die bischöfe) soltents nit zuͦm orden lan
und zuͦ selsorgen vor usz nüt,
es werent dann ganz dapfer lüt.
S. Brant 73, 26;
das darnach die gemainen empter under dieselben dapfern gottesfürchtigen männer .. auszgethailt mogen werden. städtechron. 11, 786, 15 (vom jahre 1516), vgl. 787, 12. 15. 801, 29; wo ein ersame, tapfer person ist, wann dieselbe etwan von geschicht kompt, da junge mutwillige leut schimpf oder spiel treibend, zu hand, alsbald sie ir gewar werden, so fleugt jederman hin weg. Keisersberg seelenp. 160ᵇ; einem tapfern menschen stat nit zu, das er trag ein bübisch, leichtfertig oder stolz hoffertig kleid. 181ᵇ; denn die gantz statt meines volkes weisz, das du ein tapfer fromm weib bist (mulierem te esse virtutis). Züricher bibel (1530) 132ᵇ, das du ein tugentsam weib bist. Ruth 3, 11; nun aber viel tapferer leut achtend, er sei zu der sachen erkauft. Luther br. 1, 237; ein dapferer gelehrter man. Fischart bienenk. (1580) 11ᵃ;
ein ruhm, der geht
durch tapfrer leute mund in alle welt, besteht.
Logau 1, 8, 73;
ein gutter ehrlicher tapferer mann. Butschky kanzl. 478; ein tapferer, aufrichtiger theologus. Schuppius 267; es ist zwar nicht ohn, dasz etliche tapfere männer zimlich verstanden, wie im hochteutschen der tichtkunst zu helfen wäre. Rompler s. 10 der vorrede.
c)
noch kärnt. tapfer stark, wacker, gesund, frisch (besonders von kindern) Lexer 52; tirolisch ein tapferer (starker) körper Schm.² 1, 614, vgl. 1.
3)
fest und furchtlos ausdauernd, anhaltend und mit nachdruck streitbar (tapfer ist der, dessen muth in gefahren anhaltend ist. Kant 10, 282), ein begriff der sich schon im 14. jh. aus 1 entwickelt hat:
sîn mannlich dapfer sterben
was den vier waltstetten gut.
Halbsuter 29, 6;
so werden durch die gantze welt ihre (der Athenienser) thaten für die tapfersten gehalten. Polychorius Salust. 13ᵃ;
ist denn also ein tapfer held
zu einem könig wol erwehlt.
Rollenhagen froschm. II, 3, 6 (Ff 7ᵇ);
tapfre männer sollen haben was vom fuchse, was vom löwen.
Logau 3, 3, 20;
Planus ist ein tapfrer kunde gegen abend in dem schatten,
dann daselbst wird seiner grösze um ein groszes eingerathen.
3, 3, 72;
kein dapfrer kriegsmann stirbt.
Fleming 133;
ein dapfrer geist erkiest
ihm stets ein höhers aus, mit dem er möge ringen.
110;
so lange du im hausz, auf deines vaters erden
wirst sitzen, wird aus dir kein tapfrer mann nicht werden.
pers. rosenth. 3, 27;
ein tapfrer mut (vgl. tapfermut) kan siegen.
Rist Parnasz 459;
der tapfre siegt, der tapfre! der
trinkt seines feindes wein.
Gleim 4, 93;
dasz er tapfer ist, räumt man ihm ein; aber so, wie es der wolf oder der bär ist, blind zu, ohne plan und vorsicht. Lessing 7, 258;
dem tapfern bleibt die braut!
Wieland Klelia u. Sinib. 3, 427;
tapferer sinn Göthe 32, 67; ein tapfres herz Schulze Cäcilia 17, 33; diese männer sind tapfer und gut. Schiller 3, 36 (Fiesko 1, 11);
nur in entwürfen bist du tapfer, feig
in thaten.
12, 228 (Wallensteins tod 1, 7);
übertragen auf arm, faust, brust und waffe: tapfere faust J. Paul Hesp. 3, 56, brust Voss Ovids metam. 49, 52;
und als ich jetzt um seine starken glieder
den tapfern arm, es zu erwürgen, schlang.
Schulze Cäcilia 7, 57;
(es wird) ausgeziert ihr tapfres schwert
mit goldnem wehrgehenk.
7, 29;
der hat sein tapfres schwerdt
gar oft für mich gebraucht.
J. Kurz prinzessin Pumphia v. 592;
auf zunge und wort:
die kraft, der helden trefflichkeiten
mit tapfern worten auszubreiten.
Hagedorn 3, 23;
o eile! eile her!
damit ich durch meine tapfre zunge diese zweifel
und furchtgespenster aus dem felde schlage.
Schiller 13, 27 (Macbeth 1, 9).
II.
das adverb entspricht den bedeutungen des adjectivs 2 und 3, dient aber oft nur zur verstärkung des begriffs (tüchtig, sehr):
das (herz) si tapfer kartend
ietz gegen der ritterschaft.
Halbsuter 21, 6;
die helden wunderbalde ...
.. schlugend tapfer drin.
41, 5;
nimms dapfer an, ergib dich dryn!
fastn. sp. 879, 5;
du solt auch mit hin laufn
oder ich wurd dich gar tapfer raufn.
Raber Sterzinger spiele 4, 315;
erst wag ich dapfer meinen leib.
H. Sachs 23, 20, 12;
du solt es dapfer mit uns wagen.
trag. Joh. D 6;
sag dapfer her und scheuhe nit.
Murner schelmenz. 5ᵃ;
so wolt ich mich dapfer mit dem dägen werren. Th. Platter 78 B.; solt ich nit eh dar kommen, so ich dapfer (hurtig, schnell) fahr? Pauli 107ᵇ; (die hausfrau) ist rüstig und geschäftig, .. greift die sach selbst tapfer an. Kirchhof wendunm. (1602) 5, 96; derhalben sol man sich befleiszigen, das man sich im reden tapfer, ernstlich, gewaltiglich ... erzeige. Mathesius Syr. 1, 142;
denn sein thun stund ihm tapfer an.
Rollenhagen froschm. II, 3, 1 (Ee 1ᵃ);
wann sie sehen, dasz man fleucht, so hengen sie dapfer nach. buch der liebe 218ᵃ; das ist jägerrecht; die füchs nur dapfer gestreift! Fischart Garg. 99ᵇ;
truck tapfer nur, ich trag dich gern.
ehz. 58;
sie trinken dapfer herumb. Ayrer 1846, 26; sich tapfer herumbbeiszen. Lokmans fabeln 36; viele junge studenten lassens tapfer (hoch) hergehen, borgen frei wacker in das gelack. Schuppius 530; einen tapfer ablauffen lassen. Hahn hist. 3, 240;
saufst du dich dapfer voll, so schwindt dir dein verstand.
Rompler 213;
es lebe wer sich tapfer hält!
Göthe 12, 176 (Faust 3370 Weim.);
wie konnt' ich sonst so tapfer schmählen,
wenn thät ein armes mägdlein fehlen!
188 (3577);
ich hielt mich tapfer an die arbeit. 23, 103; die gemeinen Irländer .. schelten den verstorbenen tapfer aus. J. Paul teuf. pap. 2, 232; hernach musz ich tapfer machen, dasz ich wieder heim' komm. Auerbach ges. schriften 1, 452; schlesisch topper schein, sehr schön Weinhold 97ᵃ; nd. he kan dapper gan, er kann gut zu fusze gehn; sik dapper weren, sich tapfer wehren, aber auch gut und hurtig in der arbeit sein. brem. wb. 1, 184.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1890), Bd. XI,I,I (1935), Sp. 134, Z. 69.

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Zitationshilfe
„dapfer“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/dapfer>.

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