Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

empfindung, f.

empfindung, f.
sensus, steht zwar schon bei Stieler 484, nicht bei Henisch, ist aber doch erst in der zweiten hälfte des vorigen jh. recht in gang gekommen und von gefühl wie empfinden von fühlen zu unterscheiden, in empfindung liegt etwas geistiges, was dem sinnlichen gefühl abgeht, die empfindung ist subjectiver, das gefühl objectiver; oft aber sind beide wörter gleichviel. er liegt da ohne empfindung, hat keine empfindung mehr; die empfindung des lichts, des schmerzes; eine stärkere empfindung verdunkelt die geringere; er ist voll lebhafter empfindungen, kann seine empfindungen nicht verbergen; es ist eine angenehme, unangenehme empfindung; er spricht, liest mit empfindung;
mir gab die natur empfindung zur tugend,
aber mächtiger war, die sie zur liebe mir gab.
Klopstock 1, 26;
das homerische κατὰ φρένα καὶ κατὰ θυμόν hat Voss verdeutscht
in des herzens geist und empfindung.
Il. 1, 193. 4, 163. 5, 677 u. s. w.;
alle thorheiten dieser abgeschmackten gecken auszustehen, welche die sprache der empfindung reden wollen und nichts fühlen. Wieland 1, 183; unsre heiligen empfindungen. Göthe 14, 18; die zärtlichste empfindung in einer laube. 14, 19; der mann, dessen liebe ganz in geistigen empfindungen schwebt. 14, 63; von der feinsten empfindung, dem schärfsten witze. 16, 13; ich sasz ganz in mahlerische empfindung vertieft. 16, 19; noch nie war meine empfindung an der natur voller und inniger. 16, 57; die empfindungen die mein herz bestürmen. 16, 81; welch eine himmlische empfindung ist es seinem herzen zu folgen. 20, 99; sie sprach gut und wuste dem was sie sagte durch empfindung immer bedeutung zu geben. 26, 185; diese empfindung läszt sich nicht beschreiben. Stillings wanderschaft 74; er versank ganz von empfindung. s. 125; vater, ihre gnade entflammt meine ganze empfindung. Schiller 187ᵇ; welche sprache wirst du jetzt führen, empfindung? auch coquetten sinken in ohnmacht. 201ᵃ; das fräulein war schön und zur empfindung geschaffen. 701ᵇ; die härte, womit man jetzt und immer gegen die protestanten verfahren, habe schon längst seine empfindung empört. 848ᵃ; die wirkung eines gegenstandes auf die vorstellungsfähigkeit, sofern wir von demselben afficiert werden, ist empfindung. Kant 2, 59; wenn eine bestimmung des gefühls der lust oder unlust empfindung genannt wird, so bedeutet dieser ausdruck etwas ganz anderes als wenn ich die vorstellung einer sache (durch die sinne) nenne. denn im letzteren falle wird die vorstellung auf das object, im ersteren aber lediglich auf das subject bezogen und dient zu gar keinem erkenntnisse. 7, 47; die empfindung der eigenen unwürdigkeit. 8, 222; die abgeleitete beziehung heiszt empfindung, gleichsam insichfindung. nur das fremdartige wird gefunden, das ursprünglich im ich gesetzte ist immer da. Fichte grundlinien 349; keine leute sind eingebildeter als die beschreiber ihrer empfindungen. Lichtenberg 1, 164; unsere höchsten empfindungen sind gleich den paradiesvögeln, die sich selten mehr vom boden erheben, so bald sie auf ihn gesunken sind. J. P. jubels. 28.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1859), Bd. III (1862), Sp. 432, Z. 46.

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Zitationshilfe
„empfindung“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/empfindung>.

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