Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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erbe, n.

erbe, n.
heredium, hereditas, gen. erbes, pl. ungebräuchlich; manche, wie Maaler 107ᶜ schreiben blosz erb, mit apocope des e; goth. arbi, gen. arbjis, pl. arbja; ahd. erpi, gen. erpies, erpes, pl. erpiu; mhd. erbe, gen. erbes, pl. erbe; alts. erbi, nnl. erf, gen. erfs, pl. erven; ags. erfe neben yrfe, wovon sogleich mehr, engl. ganz erloschen; altn. ohne auslautendes i, folglich ohne umlaut arfr m., schw. arf n., dän. arv. beachtenswerth das entsprechende lapp. arbe, arbbe, wozu finn. arpa, gen. arvan mit der bedeutung sors stimmt, ganz wie κλῆρος zugleich grundstück und erbe bezeichnet.
1)
ags. steht erfe, ierfe, yrfe, ohne unterschied, letzteres überwiegend, gesetzstellen sind gesammelt bei Schmid 680, die bedeutung aber ist sowol erbe als vieh, z. b. Schmid 126 findet sich in einem texte þäs libbendes yrfes, wo der andere on cvicum ceápe hat. nun geht yrfe sichtbar zurück auf orf, welches auch sonst vieh, niemals erbe bedeutet. man möchte auch einen ags. ursprünglichen unterschied zwischen erfe grundeigenthum und yrfe fahrender habe ansetzen, wie ihn merkwürdig der sprachgebrauch altschwedischer gesetze (weder der gothländischen noch norwegischen und isländischen) bewährt, taka arf ok orf ist heres ex asse sein, liegendes und fahrendes nehmen, wie also wenn weiter auf goth. arbi und aurbi, ahd. erpi und orpi fortzuschlieszen wäre? formel schienen sich arbi und aurbi fast wie ahd. adal und uodil zu verhalten. jenes altschw. orf, urf drückt jedoch nicht vieh, pecus aus, sondern bis auf heute in allen nord. dialecten manubrium falcis foenariae, sensengrif, den gegensatz arf und urf versteht Ihre 2, 1012 entweder von acker und vieh oder von ererbtem und sonst erworbnem gut (s. hernach 3), hält also orf, ala falcis 2, 293 ganz davon getrennt. zwischen beiden bedeutungen blickt gleichwol zusammenhang vor, weil das vieh gegriffen, gefangen wird, faihu zu fahan fangen, ags. ceáp, vieh zu ceápian, goth. kaupôn gehört und altn. gripr sowol captura, capulus (= manubrium) als pecus ausdrückt. nicht zu übersehen, dasz ahd. worp (Graff 4, 1238) und bis auf heute noch bair. worb (Schm. 4, 139. 151), schwäb. warb (Schmid), in der schriftsprache sensenworb manubrium falcis bezeichnen; freilich würde worp ein goth. vaurbi statt des vermuteten aurbi fordern, bekanntlich fällt altn. anlautendes v weg vor o, u, y, doch erscheint auch ags. nur orf, yrfe, kein vorf, vyrfe. wie dem nun sei, diese spracherscheinungen waren der angabe werth, weil sie uralte benennungen der fahrenden habe aufhellen können und fernere aufmerksamkeit verdienen, vgl. das folgende erbe, heres.
2)
dasz erbe, wie heute noch vorzugsweise, in der älteren sprache überall von ererbtem grund und boden galt, bezeugen die denkmäler, es gleicht dem lat. heredium, hortus, parvum praedium oder dem sp. heredad, eredad, fr. heritage. den Griechen war κλῆρος losz, sors, goth. hlauts, und dann das durch losz zugetheilte erbe, wozu, wie wir vorhin sahen, finn. arpa stimmt. in keiner deutschen sprache taucht diese bedeutung von losz auf. bei Ulfilas verdeutscht es κληρονομία ganz in diesem sinn: sa ist sa arbinumja, hirjiþ usqimam imma jah unsar vairþiþ þata arbi (d. i. der weinberg). Marc. 12, 7; afslaham ina, ei uns vairþai þata arbi. Luc. 20, 14; ni habaiþ arbi in þiudangardjai Xr. Eph. 5, 5. in der ahd. urkunde über die Würzburger mark bezieht sich frîerô Franchonô erbi sichtbar auf ihr erbgut, wie O. I. 22, 54 in mînes fater erbe nichts anders meint als den ort. vgl. freies erb. weisth. 2, 251. mhd. stehn ausdrücklich
erbe und varnde guot.
a. Heinr. 247
einander gegenüber, und das verbum liegen weist unmittelbar auf liegendes eigen:
nu ligit uns unbitherbi thaʒ unsar adalerbi.
O. I. 18, 29;
dîn erbe und ouch daʒ mîne sulen gelîche ligen.
Nib. 113, 1,
wo CD lant für erbe lesen; bidermans erbe in allen landen lît. nhd. der auf dem erbe pleibet sitzen. weisth. 3, 138; der so auf dem erbe geboren erbet das erbe. 3, 105; ob einer verarmt, das er sinen bew nicht gehalten kan, sol er einen schilt stürzen uf sein erb oder gut. 3, 386; wir haben doch kein teil noch erbe mehr in unsers vaters hause. 1 Mos. 31, 19; denn ich wil euch ein land zum erbe geben, darin milch und honig fleuszt. 3 Mos. 20, 24; diesen soltu das land austeilen zum erbe nach der zal der namen. 4 Mos. 26, 53; nach den namen der stemme irer veter sollen sie erbe nemen. 26, 55; unser erbe sol uns disseit des Jordans gefallen sein. 32, 19; denn er sol Israel das erbe austeilen. 5 Mos. 1, 38; das liebe land, das schöne erbe. Jer. 3, 19; dis ist der erbe, kompt laszt uns in tödten, so wird das erbe unser sein. Marc. 12, 7; lasset uns in tödten, das das erbe unser sei. Luc. 20, 14; sage meinem bruder, das er mit mir das erbe teile. 12, 13; denn das solt ir wissen, das kein hurer .... erbe hat an dem reich Christi. Eph. 5, 5; es ist besser ze liden und ze tragen schweren hunger dan verkoufung vaterliches erbs. Wyle tütschungen (haushalten);
ein teil des erbes geben dar.
ring 32ᵇ, 20;
manchem ein erb wirt über nacht.
Brant 94, 25;
das best erb ist im vatterland.
94, 33;
Chariclea hatte wol gemerkt, das Cnemon allweg ein aug auf Nausicli tochter geworfen, merkte an Nausicli auch, wo Cnemon mit gut und erbe gefaszt were, so wer die glock schon gossen. buch der liebe 205, 1; wie die waldstromer ihnen gewalt und unrecht eines erbs halben theten. lebensb. Götz von B. 92; niemand sol ein erbe verkaufen on wissen und willen seines erbherrn, bei verlust des erbes. Waisselius chronica. Königsb. 1584. 107;
wut, kein erbe zu haben im reich der freien, kein erbe
dort, wo die nacht nicht mehr und die ungewisheit umwölke.
Messias 17, 113;
er ist ihr vater. 'ihr gemahl'. der ihnen
das gröszte reich der welt zum erbe gibt.
Schiller 250ᵇ.
3)
wo sich eigen und erbe verknüpfen, gehen beide auf liegende habe, letzteres auf die ererbte, ersteres auf die sonst erworbene:
quam in eigan joh erbi.
O. II. 2, 21;
êgan endi erbi al farlêtun,
hobôs endi hîwiski.
Hel. 101, 22;
erbe und eigen breit.
cod. kolocz. 260;
beide ir erbe unde ir eigen
und dar zuo alle ir varnden habe,
der tet si sich durch got abe.
Karl 10422,
wo zur bestätigung des ausgeführten nach dem liegenden auch das fahrende eigen genannt ist. man bemerke wie die älteste sprache eigen, die spätere erbe voranstellt: grund und poden, erb und eigen. weisth. 3, 670; so noch in den gangbaren formeln zu erb und eigenen rechten verkaufen. Schweinichen 2, 47. 165; unser gut erb und eigen zu machen. 2, 167. 170; auch das buch Kabus widme ich dir erb und eigenthümlich. Göthe an Knebel 524, was blosz zur stärkung des ausdrucks gesagt ist. s. auch oben sp. 96.
4)
dem lehen steht sowol eigen als erbe gegenüber und bezeichnen vererbbares allod. man sagte gut aus dem lehn ins erbe setzen. Schweinichen 2, 171.
5)
allmälich gilt erbe auch von anderm als grund und boden, von personen und sachen: das du unser missethat und sünden gnedig seiest und lassest uns dein erbe sein (vulg. nosque possideas). 2 Mos. 34, 9; im kirchenlied 'wenn wir in höchsten nöthen sein' v. 8:
hilf uns, die wir dein erbe sein,
du bist ja unser gott allein;
wir armen auf erde, denen ihr erbe
thränen sind, wir knien in dem staube.
Messias 15, 77;
das buch
gehört ja ohne dem nicht mir, gehört
ja ohnedem der tochter, ist ja so
der tochter ganzes väterliches erbe.
Lessing 2, 335.
es ist uns ganz unbedenklich zu sagen: zwei kühe waren ihr erbe; diese kleider sind mein erbe; dein erbe beträgt hundert thaler; Gellert 3, 139. 140 sagt: das dritte [gebetbuch hat sie] aus dem väterlichen erbe bekommen; was alles früherhin unstatthaft gewesen wäre. nicht anders galt lat. hereditas von jeder art von habe: hereditate relictum quippiam.
6)
neben verba setzen wir statt des einfachen erbe heutzutage das schleppendere erbschaft, es heiszt nicht mehr arbi niman, erpi nëman, altn. arf taka sondern die erbschaft antreten, nicht mehr erbe lâʒen, sondern erbschaft hinterlassen. noch bei Schweinichen 3, 324 was vor erbe i. f. gn. gelassen, wie hoch solches anlaufen möchte. in das erb stan, cernere hereditates. Maaler 107ᶜ; das erb nieszen oder nutzen, tenere hereditatem. ebenda.
7)
in vielen zusammensetzungen hat aber erb die ursprüngliche bedeutung des grundstücks festgehalten, wie der augenschein lehrt.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1859), Bd. III (1862), Sp. 708, Z. 65.

erbe, m.

erbe, m.
heres, gen. erben, goth. arbja, arbjins (und daneben arbjô, arbjôns für erbin), ahd. aripeo, eribo, erpeo, später erbo, mhd. erbe, altn. arfi, gen. arfa. allen übrigen mundarten fehlend und durch andre bildungen oder zusammensetzungen vertreten. lapp. arbolats. theil 1 sp. 539 unter dem worte arbeit wurde nun schon unser erbe zu dem allen slavischen sprachen gemeinen ausdruck rab oder rob gehalten und das zutreffen beider nach dem für das deutsche und das slavische organ gültigen gesetz der consonantumstellung ist unverkennbar. nur die verschiedenheit der bedeutungen scheint anstand zu machen, rab bezeichnet einen knecht oder hörigen, niemals einen erben, umgedreht unser erbe keinen knecht. vermittelnd wird jedoch schon das altn. arfi, das neben heres zugleich den sinn von filius hat, wie wir sagen er hinterläszt keine erben = kinder; die benennungen des sohnes in vatergewalt und des dienenden in herrngewalt treten aber oft in einander über, man erwäge þëgn, dëgan minister, subditus neben τέκνον oder παῖς und puer, welche neben kind auch servus ausdrücken, ebenso knabe, und das böhm. rob, robenec stehn ganz üblich für knabe. wie urverwandte sprachen nach ihrer trennung in verschiedne formen ausschlagen, theilen sie oft auch unter einander die bedeutungen. Hierzu tritt etwas anderes. wir sahen vorhin, dasz dem finnischen arpa die sächliche vorstellung eines loszes, einer ruthe, dem lappischen arbo die des erbes einwohnt und diese beiden sprachen stellen ihre consonanten der deutschen gemäsz, nicht der slavischen, vgl. finn. armo mit goth. armaiô, unser arm mit sl. ramo. licht auf arpa warf das gr. κλῆρος, ein zweig zum messen und verloszen des erbes, hernach das erbe selbst, wie das lat. sors in den sinn von patrimonium, d. i. erbe von grund und boden übergeht. nun heiszt auch den Slaven böhm. rabuše, serb. rabosch soviel als talus, talea, freilich ohne bezug auf erbschaft oder besitzergreifung eines grundstücks und heute auf den begrif eines kerbholzes eingeschränkt. man darf aber stark vermuten, dasz auch goth. arbi anfänglich zweig und losz ausdrückte und arbi niman die symbolische handlung war, durch welche der erbe eingeführt wurde, wonach er bezeichnend arbinumja, ahd. erpinomo hiesz, was völlig dem κληρονόμος entspricht, ohne dasz eins dieser wörter aus dem andern geleitet werden dürfte, sie waren der sitte vieler völker gemeinschaftlich. arbja ist demnach zurückzuleiten auf arbi und gleichviel mit dem lebendigeren ausdruck arbinumja. da unser erbe den freien mann, das sl. rab den hörigen meint, wird glaublich, dasz von den Slaven das losz auf die übergabe und vererbung von grundstücken an dienende knechte eingeschränkt wurde. ob es neben dem arbinumja einen aurbinumja gab, der bei der theilung das vieh oder die fahrende habe davon trug, ist nur zu rathen, nicht mehr zu wissen gestattet, es wäre die schönste ergänzung des sprachgebrauchs im alten recht. arbja auf das skr. arbha knabe, proles, propago ziehen möchte ich nur, wenn auch da der begrif von sprosz und zweig waltete, den ich jedoch bei Böhtlingk Roth 1, 447 nicht angemerkt finde. Das lit. valdonas drückt den herrn und unterthan, das preusz. valduns den erben aus, welcher lit. paveldetojis heiszt, alles von der wurzel valdyti, herschen, besitzen, goth. valdan, so dasz auch hier freier und höriger eigner oder erbe zusammen erschienen. ob sich auch lat. herus, erus herr und heres, eres erbe nahe stehn, liegt hier auszerhalb der untersuchung. Zu den heutigen bedeutungen übergehend bemerke ich, dasz
1)
ganz wie sächliches erbe das grundstück so auch persönliches erbe dessen erblichen eigner und besitzer ausdrückt. in den weisthümern, namentlich den wetterauischen, westfälischen, niedersächsischen heiszen überall erben so viel als erbgenossen, markgenossen die in gemeinschaftlicher mark gesessenen und berechtigten: gemeine erben. 3, 58; die erben zu Münder. 3, 297. 300; die erben und holzgreben, d. i. die einzelnen holzinge und ihre vorsteher. 3, 301; weres sache, das ein hobestat verdeilet wurde, als manche erben dan darzu quemen, als manche recht musten sie davon geben. 3, 498; erben und landmann erkennen für recht. Grotens gesch. von Northeim s. 37. 38. vgl. ganerbe, erbgenosz, erbexe.
2)
in solchem sinn steht auch sonst erbe, gleich dem lat. heres: mir hastu keinen samen gegeben und sihe, der son meines gesinds sol mein erbe sein (d. i. in meinem land nachfolgen). 1 Mos. 15, 3; der man gehöret uns zu und ist unser erbe. Ruth 2, 20; Boas gieng hinauf ins thor und satzt sich daselbs, und sihe da der erbe fur in gieng, redet Boas mit im. 4, 1; ich wil dir Maresa, den rechten erben bringen. Micha 1, 15; da aber die weingartner den son sahen, sprachen sie unternander, das ist der erbe, kompt, laszt uns in tödten und sein erbgut an uns bringen. Matth. 21, 38. Niebuhr gebraucht freier erbe von dem freien, ansäszigen bürger: sonst gliche es einem versuche stämme von hörigen unter den freien erben zu bilden. 1, 622; nur mochte der freie erbe sich gegen die verfolgung eines standesgenossen schützen können, wenn er sich in die clientel eines patriciers begab. 1, 637. man sagt der erbe in das land, in das gut, wie der nachfolger.
3)
allmälich wurde erbe von dem nachfolger überhaupt, auch wenn fahrende habe oder beiderlei habe zusammen gemeint ist, verstanden, doch steht dann die sache im gen. z. b. der erbe des rings, des pferdes, des buchs; auch der erbe des reichs, des throns, thronerbe. o wie manich grosz geschlecht ist on erben vergangen. Bocc. 1, 4ᵃ. hinfellig erb, hereditas caduca. Maaler 107ᶜ.
4)
erbe kann, wie vorhin vom altn. arfi angemerkt wurde, einfach die vorstellung von sohn und kind enthalten: er hinterläszt keine erben, er ist ohne einen erben gestorben;
wir beiden mütter
versprachen zugleich den brüdern einen erben.
Göthe 10, 17;
doch hatt ich einen theuern erben,
den nahm mir gott, ich sah ihn sterben.
Schiller 57ᵃ,
und weil der sohn den vater rächen musz, ist auch vom erben der rache die rede: ihr hinterlaszt einen erben eurer rache! Klinger 1, 354.
brüder, éines blutes erben, künnen schwerlich einig sein,
sollen brüder sich vertragen, die geboren hat der wein?
Logau 2, 200, 29.
der erbe vom blute Herkules. Gotter 2, 315. man könnte blutserbe wie blutsfreund sagen, die ältere sprache unterschied busenerben und brusterben. RA. 470. fernere erben scheiden sich nach dem grad oder span: erben vom neunten span; unrecht gut gelangt nicht an den dritten span;
was aber also wirt erbeut,
das dauret selten lange zeit,
kombt nicht an (l. ann) dritten erben.
Soltau 477
5)
lachende erben, die der zugefallenen erbschaft froh alle trauer nur äuszerlich tragen: freu dich, liebes mütlein, traure, schwarzes hütlein, heiszts bei lachenden erben. Otho krankentr. 1034; sein vermögen kommt einmal an lachende erben.
6)
erbe kann, wie andere männliche wörter, auch von frauen gebraucht werden: die tochter ist der rechte erbe, statt erbin, goth. arbjô, vgl. freund, feind, nachbar, koch u. a. m. ebenso gilt das lat. männliche heres von einer frau: die frau ist der zweite erbe, heres secundus.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1859), Bd. III (1862), Sp. 710, Z. 64.

erben

erben,
heredare, hereditare, nicht im guten, erst im mittelalterlichen latein, und dann it. eredare, fr. hériter; ebensowenig begegnet ein goth. arbjan, noch ags. yrfan, ahd. aber erpan, arpta, ich weisz nicht ob daneben erpên, erbêta. mhd. ist aber tr. erben, arpte (Lanz. 9376) von intr. erben, erbete zu scheiden (mhd. wb. 1, 340). nnl. erven, erfde, isl. erfa, schw. ärfva, dän. arve.
A)
transitivbedeutungen, in der ersten und zweiten erbt der erbe, in der dritten und fünften der erblasser.
1)
leute erben, beerben: der sohn erbt seinen vater, der bruder seinen bruder; und dein same wird die heiden erben (vulg. semen tuum gentes hereditabit). Es. 54, 3; ein vatter der zehen kinder hat, den erben sie alle gleich. Paracelsus 2, 205ᶜ; o dasz mein oheim stürbe und ich ihn erben möchte. Philand. 1, 475;
sein eltern sein nun auch fast alt,
wann sie sterben, erbt er sie bald.
Link spiel von Julianus D 3;
mein sollen sein dein beide sün,
mich erben wie mein leiblich kind
Thiebolt Joseph J 7;
herzliches mitleids
würdige, die nicht gattin umarmt, noch schmeichelnder anwachs,
die nicht erbet ein sohn, kein töchterchen liebet noch eidam.
Luise 3, 2, 141;
ich habe oft leute, die zu leben hatten und zu leben wusten, auf eine jämmerliche tröpfin niederschieszen sehen, damit die tröpfin ihre erben erbe. J. P. Hesp. 2, 29; aber ihr erbt sie doch (die base). Horn Schmiedjacob 2, 65.
2)
sachen erben: das land, das gut, den garten, das pferd erben;
desgleich verfüret (Eva) iren man,
sünd, angst und not erb wir zu lon.
von Adam erb wir todes lon,
durch Christum werden wir erston.
127, 2. 148, 2,
und gewan die blater auf der zungen, die wir alle von ir (Eva) geerbt haben. Keisersberg s. d. m. 11ᵇ; darumb hond wir es von inen geerbt. 12ᵇ; denn die bösen werden ausgerottet, die aber des herrn harren, werden das land erben. ps. 37, 9; aber die elenden werden das land erben. 37, 11; Abraham war ein einiger man und erbete dis land. Ez. 33, 24; auch wird das verwesliche nicht erben das unverwesliche. 1 Cor. 15, 50 (goth. nih riurei unriureins arbjô vairþiþ); die solches thun, werden das reich gottes nicht erben (þiudangardjôs guþs arbjans ni vairþand). Gal. 5, 21; es klagt manch frommer Lazarus, wenn die ganze welt aussterben solte, so wüste ich doch nicht einen zaunstecken zu erben. getrost, das himmelreich ist dein. Otho krankentr. 1083;
die meisten hüten nur die sätze, die sie erben,
wie einen todten schatz, den niemand gröszer macht.
Hagedorn 2, 154;
ich weisz doch auch nicht, wie du Ottilien so hoch stellen kannst! nur dadurch erkläre ich mirs, dasz sie deine neigung zu ihrer mutter geerbt hat. Göthe 17, 20; er hat alle tugenden seiner eltern geerbt.
3)
man sagt etwas auf einen erben, vererben, mhd. an in, ûf in: wie wir denn unser eigen seele und gewissen ja nicht gern wolten für gott, mit misbrauch göttliches namens oder worts, in die höchste fahr setzen, oder auf unser kinder und nachkomen ein ander lere, denn so dem reinen göttlichen wort und christlicher warheit gemesz, fellen oder erben. Augsb. conf. bei Luther 6, 368ᵃ; dasz er trost an im erleben möcht und den schatz, so er samlet, samt allem das er hat, auf in erbe. tischr. 2, 85; darumb sind alle zeit von anfang der welt bei der kirchen gottes schulen und studia gewesen, disen edlen schatz zu erhalten und uf die nachkomen zu erben. Melanchthon anr. der lat. schul. Bonn 1543 a 3ᵇ; das darf sich niemand einbilden, dasz der krieg den augenblick sein ende haben werde. ich sorge vielmehr wir dürften denselben noch auf unsere kinder erben. Heilmans Thuc. 97; die mutter hat ihre tugenden auf die jüngste tochter geerbt; warum musz nun der alte mann sein ganzes vermögen auf einen fernen verwandten erben, den er im grunde nicht liebt?
4)
sich erben, forterben, verpflanzen: viele krankheiten erben sich auf die nachkommen; der aussatz risz unter ihnen ein und erbte sich durch viele generationen hinunter. Schiller 1014ᵃ; der glückliche finder dieser seelenerhebenden idee suchte sich nun unter denen, die um ihn waren, fähige subjecte aus, denen er sie als einen heiligen schatz übergab und so erbte sie sich von einem denker zum andern durch. 1015ᵇ;
es erben sich gesetz und rechte
wie eine ewge krankheit fort.
Göthe 12, 97.
5)
einen erben hiesz früher auch zum erben einsetzen, mit einer erbschaft ausstatten, bedenken: das Metze Flessern uf dem berge vor mir und den scheffen stuͦnt an gerichte und gab uf eindrechtecliche, rehtliche und redeliche den geistlichen frauwen des clostirs von dem throne nach irme tode, und hat sie geerbit mit zehen morgen wingarten. urk. von 1341 ausgestellt von Fridrich von Hutten landvogt zu Wetterau und schultheisz zu Frankfurt. mhd.
der alte hete gerbet
sîne süne mit sölhen urborn.
Wh. 383, 20;
al dâ mite Tankanîs
Îsenharten gerbet hât.
Parz. 51, 11
heute nicht mehr im gebrauch.
B)
intransitivbedeutungen.
1)
wenn der gegenstand der erbschaft unausgedrückt ist: denn dieser magd son sol nicht erben mit meinem son Isaac (vulg. non erit heres). 1 Mos. 21, 10; denn wir wöllen nicht mit inen erben jenseit des Jordans (vulg. nec quicquam quaeremus trans Jordanem). 4 Mos. 32, 19; darumb erbeten die kinder Simeon unter irem erbteil (vulg. possederunt). Jos. 19, 9; du solt nicht erben in unsers vaters land (vulg. heres esse in domo patris nostri non poteris). richt. 11, 12; stosz die magd hinaus mit irem son, denn der magd son sol nicht erben mit dem son der freien (vulg. non enim heres erit, goth. ni nimiþ arbi). Gal. 4, 30. denkt man sich aber einen ausgelassenen acc. hinzu, so wird das verbum transitiv, wie in der letzten stelle Ulfilas erben durch arbi niman ausdrückt.
2)
man sagt in die stämme erben, statt nach den stämmen; in die häupter und stämme erben, was den juristen succedere in capita, in stirpes heiszt. in die stämme erben hat schon der reichsabschied von 1521 §. 18. erben in den dritten theil, zum dritten theil.
3)
jenem transitiven erben auf einen entspricht ein intransitives, hereditate transire, transfundi: der gute wird erben auf kinds kind. spr. Sal. 13, 22; sein teil sol allein auf seine söne erben. Ez. 46, 17; der erste Bourbon, auf welchen deine krone erbte. Wieland 25, 173;
welches gesetz längst
von urahninnen erbt auf ahninnen.
Luise a. l. h. 156;
so sollte ich dem willen meiner eltern gemäsz, welche wünschten, dasz künftig diese gute pfründe auf mich erben möchte, ein handwerk lernen. Göthe 21, 21; der muth, der von seinen voreltern auf ihn erbte. Klinger 1, 267; eine grafschaft erbte von meinem vater auf mich. 1, 344. auch kommt der dativ vor: also ist ein viehische vernunft im menschen auch und erbt vom viehe dem menschen. Paracelsus 2, 326ᶜ. casus und praep. können ganz unterbleiben:
es erbt der eltern segen, nicht ihr fluch.
Göthe 9, 33.
s. anerben, auferben, auserben, beerben, enterben, ererben, forterben, vererben.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1859), Bd. III (1862), Sp. 715, Z. 65.

erbes, f.

erbes, f.
pisum, was erbeis, erbeisz: das heiszt freilich einen mit der dürren blasen und mit dreien erbesen jagen. Luther 3, 249ᵇ; ein hoflich essen von erbesen. küchenm. b 3; wie man erbes und schneckenheuser findet, die rechter, natürlicher kalch sein. Mathesius 56ᵇ;
so wil ich in die erbes gahn,
auf das ich nit dürf bonen essen.
H. Sachs III. 3, 79ᵈ.
vgl. oben sp. 713.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1859), Bd. III (1862), Sp. 717, Z. 59.

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„erbe“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/erbe>.

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