Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

Es wurden mehrere Einträge zu Ihrer Abfrage gefunden:

fürschüben

fürschüben,
statt fürschieben. Nieremberger D dd 1ᵇ mit verweisung auf vorschüben. eben so hat derselbe fürschüszen statt fürschieszen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1871), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 804, Z. 1.

vorschub, m.

vorschub, m.,
älter fürschub th. 4, 1, 1, sp. 803; mhd. vürschup Lexer 3, 608; aura meton. ein trost, vorschub, behelff Corvinus fons lat. (1646) 97; vorschub, der, adjutorium, adminiculum, subsidium Stieler 1785; Kramer teutsch-ital. dict. 2 (1702) 515ᶜ; Spannutius (1720) 458; Steinbach 2, 485; Frisch 2, 230ᵇ; Adelung; Campe.
1)
die handlung des vorschiebens oder der vorgang des vorgeschoben werdens, so öfters in technischer sprache, vgl. vorschubnetz, -schlitten, -tisch, -walze: der automatische vorschub soll (beim tunnelbau) dann erfolgen, wenn die maschine die grenze des hubes erreicht hat Karmarsch-Heeren techn. wb. (1876) 9, 724; vgl. 4, 355; 1, 701. — beim spiel: (es kommt) auf den geschickten und kraftvollen wurf oder vorschub an Rosegger I 4, 201. — den vorschub haben, beim kegeln, das recht, vor einem andern zu kegeln Adelung.
2)
etwas, das bestimmt ist, vorgeschoben, besonders vor etwas geschoben oder angebracht zu werden, um zu sperren, zu verschlieszen: vorschub (vorschieber), chiavostello, stango da stangare Kramer teutsch-ital. dict. 2 (1702) 515ᶜ; vorschub, zapffen, stöpffel Rädlein (1711) 1015ᵇ; soll man die feuermäuer mit blechernen vorschüben und die ofenlöcher mit thüren verwahren Noel Chomel öcon. u. physical. lex. (1750) 3, 1578; vgl. vorschubthürlein.
3)
der aus rasen, lumpen u. ä. gebildete pfropfen, der in der älteren artillerie vor die ladung gesetzt wurde Adelung, s. vorschlag 7 g.
4)
bei schneidern und kürschnern der vorstosz an einem gewand Campe.
5)
etwas vorgeschobenes, vorspringendes: 'der auslauf des vorderstevens im schiffsbaue, d. i. dessen vorwärtsgehende richtung' Adelung.eigentümlich für felsvorsprung: die windungen und vorschübe, die den schlund (des kraters) verengen Gutzkow (1872) 11, 249.
6)
gewöhnlich aber in übertragener bedeutung, die einer anwendung von vorschieben in älterer sprache entspricht, s. vorschieben 9 und 10. vorschub bezeichnet die förderung durch beihelfende thätigkeit oder hergabe von mitteln. die ältere sprache bewegt sich in der anwendung des wortes freier als die heutige, die geneigt ist, das wort auf einige verbalverbindungen einzuschränken. auch scheint es, als ob das wort in der sprache der gegenwart gern einen ungünstigen sinn annimmt und mit vorliebe eine von irgend einem standpuncte aus nicht gebilligte förderung bezeichnet; vgl. vorschubleistung. — dieser ungünstige sinn kann auch in älterer sprache hervortreten (vgl. vorschieben 9): als dabey der calvinismus, atheismus, unterschleiff und vorschub gnugsam zum besten hat Prätorius winterflucht d. sommervögel (1678) 440. — in diesem sinn wird der plur. nicht gebraucht Braun dt. orthograph.-gramm. wb. (1793) 293ᵃ; Adelung bemerkt, dasz es 'in der ersten und vierten endung' am üblichsten sei, vgl. aber: wa wir deinen feinden etwas gonstes oder vorschubes beweisen Fischart geschichtklitt. 342 ndr.; endlich aber muste er sich ... an dem seinen abgebrennten massen verwilligtem vorschube begnügen Lohenstein Armin. (1689) 2, 1006ᵃ; bedarf darinn weiter keines auszerordentlichen vorschubs Lessing 13, 396 M.; des vorschubs guter gelegenheiten Gellert (1839) 6, 101; zum äuszeren vorschube gehört hauptsächlich die anschaffung der nöthigen bücher A. v. Haller tageb. u. beobacht. 1, 30.
a)
mit sinnverwandten oder unterstützenden wörtern verbunden: an geneigtem willen und allem vorschube P. Fleming dt. ged. 1, 73 L.; mit hülf und vorschub Reinicke fuchs (1650) 133; an contribution und anderm vorschub Chemnitz schwed. krieg 2 (1653) 304; hülff, befördernusz und vorschub Lehman floril. polit. (1662) 1, 408; durch rath, einleitung, lenkung, vorschub und glücklichen abschlusz Göthe IV 40, 321 W.;
die zu der missethat
des fürsten je gedient mit vorschub, muth und rath
A. Gryphius trauersp. 577 Palm;
er sucht der allgemeinen noth
mit rath und vorschub zu begegnen
Günther ged. (1735) 140.
b)
mit angabe dessen, der den vorschub leistet, im genit., sehr häufig im älteren nhd.: dem potentaten gunst und vorschub Sleidanus reden 60 Böhmer; durch hülff und vorschub desz teuffels Prätorius Blockesberges verrichtung (1668) 283; durch vorschub etlicher ihm daselbst bekannt gewordenen hohen Zinzendorf in: ztschr. f. brüdergesch. 6, 96; durch vorschub seines landesherren allg. dt. bibl. 51, 221; auf des redlichen predigers vorschub Holston u. Augusta (1780) 114; ohne vorschub einer partei G. Forster (1843) 9, 83; durch vorschub seiner landsleute Göthe IV 8, 137 W.; durch vorschub des oheims E. Th. A. Hoffmann 10, 94 Gr.;
(ein könig hat) mit vorschub des pabsts verwanten
all seine macht gethan zusammen
Fischart dicht. 3, 368 Kurz.
freier, unpersönliches im genit.: durch vorschub der waffen Birken Teutonie (1652) 6; ohne einigen vorschub der hände auf die pferde springen Happel hist. modernae Europae (1692) 135ᵃ;
damit niemand von dem kreuz einen körper stehlen möchte
und, durch vorschub dunkler nacht, heimlich zu der erde brächte
Triller poet. betr. (1750) 2, 228.
c)
herkunftart der förderung durch andere mittel ausgedrückt: nach göttlichem rath und nicht durch menschlichen vorschub Arnold kirchen- u. ketzerhist. (1699) 136ᵇ; durch fremden vorschub Besser (1732) 1, 97; durch ihren (der fürsten) mildthätigen vorschub Gottsched beytr. z. crit. hist. (1732) 2, 426; durch milden vorschub die sache befördern d. neueste aus d. anm. gelehrs. (1751) 9, 469; wenn ich auf ihren freundschaftlichen vorschub, das merkwürdigste daselbst mit musze sehen zu können, rechnung machen dürfte Lessing 17, 278 M.; eure nachsicht musz ihn in seinen liederlichkeiten bevestigen, euer vorschub ihnen rechtmäszigkeit geben Schiller räuber 1, 1;
und gleichwohl wird der held gestehn,
dein (der gelegenheit) vorschub hab ihm glanz gegeben
Günther ged. 2, 244 Kr.
d)
durch den abhängigen genitiv kann auch bezeichnet werden, was gefördert wird, solche verbindungen sind selten: vorschub der laster, vitiorum alimenta Steinbach 2, 485; mehr und mehr empfand ich ... diese schaustellungen als einen vorschub der langeweile L. v. François d. letzte Reckenburgerin (1871) 2, 171;
was forderst du von mir den vorschub deiner thaten?
J. E. Schlegel (1761) 1, 187;
dasz ihr bey uns hier eine weile zubringt,
zu unsrer hoffnung vorschub und gewinn
(for the supply and profit of our hope)
Shakespeare Hamlet 2, 2.
e)
andere wendungen, besonders solche, die eine gröszere beweglichkeit der älteren sprache zeigen: da ist weder vetter noch bäsel, weder vorzug noch vorschub Moscherosch ges. 1 (1650) 19; da sich dennoch wenig vorschub für ihm ... fand Er. Francisci d. hohe traursaal (1665) 1, 1011; vorschub gegen Rom und dessen heerführer ... zur erlangung ihrer pannonischen siege Lohenstein Armin. (1689) 2, 5; (das fohlen kann) also den ersten antritt seines wachstums mit mehrerm vorschub ausführen allg. haushaltlex. (1749) 1, 200ᵃ; damit ich also meinen kollegen ... manches kopfbrechen über meinen helden erspare, musz ich ihnen hier zum vorschub sagen, dasz ... Lenz 3, 94 Tieck;
mitwissenschaft ist vorschub, hehlen that
Immermann 15, 334 B.
f)
schon oben wurde bemerkt, dasz in der sprache der gegenwart eine neigung hervortritt, die mit vorschub gebildeten verbalverbindungen, in denen vorschub das object ist, zu beschränken. die häufigste verbindung ist jetzt wohl vorschub leisten, die aber bei Adelung und Campe fehlt, obgleich sie seit dem 17. jh. zu belegen ist: hingegen aber allen vorschub zu löblichen tugenden euszersten vermögens zu leisten Harsdörffer frauenz.-gesprächspiele (1641) 1, n 6ᵃ; (hatte) ihm versprochen allen möglichen vorschub zu leisten M. I. Schmidt gesch. d. Deutschen (1778) 1, 485; einem so ehrlosen gewerbe vorschub zu leisten Nicolai reise (1783) 11, 171; ich bin nicht willens, der schauspielereitelkeit vorschub zu leisten Göthe IV 13, 292 W.; klöster schienen ... zu den wissenschaften vielen vorschub zu leisten K. L. v. Haller restaur. d. staatswiss. (1816) 4, xi; leichtigkeit der form und sprache, die dem nachahmen und nachsingen allen vorschub leistete J. Grimm kl. schr. 3, 38; wie erklecklich durch solche schenkung dem heil der seele vorschub geleistet sei Scheffel (1907) 2, 42; (staatsform,) die seinen (Deutschlands) schlimmsten eigenschaften geradezu vorschub leistet Dwinger wir rufen Deutschland 515.
g)
in der sprache der gegenwart seltener, um so häufiger früher gebraucht ist vorschub thun, als einzige wendung dieser art bei Adelung und Campe angeführt: einem allen vorschub thun Kramer teutsch-ital. dict. 2 (1702) 515ᶜ; einem im kriege groszen vorschub thun Steinbach 2, 485.
α)
personen oder collectiva als subject: (dasz) keiner des andern find adder beschediger henfurder meher hawssen, herbringen, nach keinen vorschop thuen sellten lehns- u. besitzurkunden Schlesiens 1, 238 (von 1482); seinen kinden zu ewigen tagen kein hülff, vorschub noch steure zuthun Aymon (1535) d 3ᵃ; (die stadt Nürnberg) that zu der belagerung allen vorschub an schweren stücken, munition und proviant Chemnitz schwed. krieg 2 (1653) 157; alle so sich wieder ihn verbunden und vorschub gethan, seynd gestrafft worden Schupp (1663) 386; weswegen auch Tiberius ... den Marcus Atetus in Asien schickte, denen beschädigten zur wiederaufbauung vorschub zu thun Lohenstein Armin. (1689) 2, 1161ᵇ; (dasz) witzige köpfe unter uns ihre federn nicht so erniedrigt hätten, der unfläterey vorschub zu thun Gottsched crit. dichtk. (1751) 445; dasz ihr inskünftige meinen feinden weder öffentlich noch heimlich vorschub thun wollt Göthe 8, 44 W., vgl. 39, 387; IV 13, 361; 38, 28; ich habe ihm vorschub in allen wissenschaften gethan Tieck (1828) 10, 123; hätten alle andern dem wörterbuch solchen vorschub gethan wie sie J. Grimm in: Germania 26, 127; der graf ... tat ihr hierin allen möglichen vorschub Mörike 3, 27 Göschen;
deszgleichen auch die andern all,
die im thun vorschub und beyfall
Dedekind papista conversus (1596) c 8ᵇ;
auff dasz man sehen soll, dasz er (gott) uns vorschub thu,
wo menschen rettung fehlt
Opitz (1690) 3, 278;
darum erwartet sie von den drey landen,
dasz sie den mördern nimmer vorschub thun
Schiller Tell 5, 1.
in besonderer wendung: er that sich, glaub ich, wieder vorschub bei der kaplanin und noch mehr schaden bei Klotilden Jean Paul 7/10, 201 H.
β)
freier mit unpersönlichem subject: so ihr (der kirche) die decreten ein vorschub thun Fischart bienenkorb (1588) 51ᵃ; ein schlechter vorthel, den man nit meistert, der kan zu groszen sachen vorschub thun Lehman floril. polit. (1662) 2, 869; verarmung thut, wie dem einzelwesen, so noch mehr den völkern so viel abbruch, als armuth vorschub Jean Paul 34, 21 H.; meiner vermutung ... thun auch einige hierher gehörige eigennamen vorschub J. Grimm kl. schr. 7, 145; tuts ihm keinen vorschub in deinem herzchen? Bauernfeld (1871) 2, 169;
nennet kein vergnügen eitel,
dem wein und liebe vorschub thut
Hagedorn (1769) 3, 17;
gelehrtheit ist stets schön, nicht immer gut;
gut ist sie, wenn sie gutem vorschub thut
Herder 23, 97 S.
h)
veraltet ist auch vorschub geben, früher häufig: darzuͦ sie gedachten die gefänknis Reguli nicht wenig vorschub geben würde Kirchhof wendunm. 1, 34 Ö.; die gelegend des landes gabe meinem vornehmen nicht geringen vorschub Zend. a Zendoriis teutsche winternächte (1682) 194; ihnen oder den ihrigen einigen vorschub oder unterschleif geben v. Fleming t. soldat (1726) 91; so würdet ihr diesem unfeinen lebenswandel keinen vorschub geben (you would not give means for this uncivil rule) Shakespeare was ihr wollt 2, 3;
und ein herz, das alles liebet,
was der tugend vorschub giebet
Gottsched ged. (1751) 181;
wer von den meinen nahrung, unterstützung
und irgend vorschub diesem knaben giebt
Immermann 16, 326 B.
i)
ebenso ist die verbindung mit haben oder mit geschehen auszer gebrauch gekommen: das der feind ... mit proviant und ander hulf mehr vorschub gehabt verh. d. schles. fürsten u. stände 2, 19 Palm.; überall, wo unermeszliche länderstrecken vom wink eines einzigen abhängen, hat die revolution leichtern vorschub Gutzkow (1872) 9, 94. — denen in der besatzung vorschub und förderung geschehe Kirchhof milit. discipl. (1602) 37; geschieht mir nur halb so viel freundlicher hilfreicher vorschub als voriges jahr bei ihnen Jac. Grimm an Benecke (1889) 31; wenn ihnen dadurch ein gefallen und ein vorschub geschieht Stifter 17 (1916) 142.
k)
natürlich sind auch in der sprache der gegenwart die mannigfaltigsten verbindungen mit verben möglich, doch ist die ältere sprache beweglicher:
Nerons reiche hand
umb vorschub anzuflehn
Lohenstein Epicharis (1685) 25.
(hopfenkulturen,) welche der vertheidigung groszen vorschub boten Moltke (1892) 3, 15;
da dir der himmel doch itzt rath und vorschub beut
J. E. Schlegel (1761) 1, 44.
durch dieses erhält jenes nicht den geringsten vorschub Lessing 8, 27 M. — wenn er hierin guter patronen vorschub erlanget Leibniz dt. schr. (1838) 2, 390.
das bewohnt und öde land
will euch allen vorschub schaffen
P. Fleming dt. ged. 1, 360 L.;
das heiszt, ihr wollet selbst den lastern vorschub schenken
Gottsched dt. schaubühne 4, 385.
sie waren so gütig, ... mir in meinen literarischen bedürfnissen vorschub zu versprechen Schiller br. 1, 85 J. — jene hingegen hätten sich auch in den eusersten unglücksfällen von dem landvolcke alles vorschubs zu verstehen Lohenstein Armin. (1689) 2, 728ᵃ. — (habe) mich derwegen bey vielen vornemen gelehrten leuten ... umb vorschub zubelanget Binhardus thüring. chron. (1613) vorrede.
7)
einzelnes.
a)
wie aufschub: ohne vorschub, statim Frisch 2, 230ᵇ; für verschub, s. dieses th. 12, sp. 1169.
b)
im sinne von vorwand: durch den vorschub kirchlicher pönitenz Avé-Lallemant d. dt. gaunerthum 2, 16; vgl. vorschusz 9.
c)
mit verengung der unter 6 behandelten bedeutung, darlehen, vorschusz: maszen wir denn auch bey zukommenden besten glück ihm den vorschub wiederumb gut zu machen ehrlich verhieszen Riemer d. polit. maulaffe (1679) 328; vgl.: fürschub an geld, auxilium argentarium Aler dict. (1727) 1, 816ᵇ; diese bedeutung fehlt th. 4, 1, 1, sp. 803.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 10 (1938), Bd. XII,II (1951), Sp. 1517, Z. 66.

Im ¹DWB stöbern

a b c d e f g h i
j k l m n o p q r
s t u v w x y z -
fürnehmen
Zitationshilfe
„fürschüben“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/f%C3%BCrsch%C3%BCben>.

Weitere Informationen …


Weitere Informationen zum Deutschen Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)