Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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fürwage, f.

fürwage, f.
der ausschlag beim wiegen, d. h. die neigung des wagebalkens nach einer seite wegen des gröszeren gewichtes der wagschale oder des in der wagschale befindlichen auf dieser, das statthabende übergewicht beim zuwiegen. vgl. ausschlag 2). preponderationis jus, recht der furwage. Eychman q ijᵇ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1871), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 927, Z. 27.

vorwagen, m.

vorwagen, m.
1)
vorderteil des wagens Bauer-Collitz waldeck. wb. 37ᵇ (fürwagen); Damköhler Nordharz. wb. 218ᵃ (forwagen); Verwijs-Verdam 9, 1139: item so ainer laitergeschürr, ain vorwagen oder hinterwagen ... verkaufen wurde tirol. weist. 3, 100 (16. jh.).
2)
ein wagen in einem wagenzuge in seinem verhältnis zum folgenden: bei plötzlichen stockungen im zuge lief das pferd des nachwagens mit seiner nase am brette des vorwagens auf Ponten d. väter zogen aus (1934) 237.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 12 (1939), Bd. XII,II (1951), Sp. 1874, Z. 1.

vorwagen, verb.

vorwagen, verb.,
sich vorwagen, 'es wagen vorzugehen, vornhin zu gehen' Campe; das wort gehört durchaus der neueren sprache an.
1)
refl. im eigentlichen örtlichen sinne; so bei truppenbewegungen oder beim vorgehen einzelner im kampfe: Browne, der sich schon bis Schandau vorgewagt hatte Becker d. weltgeschichte (1801) 9, 471; die räuber haben sich zu unvorsichtig vorgewagt und sind auf die hauptmacht der soldaten gestoszen Immermann 19, 138 B.; als die truppen dann wieder unbeweglich blieben, wagte sich der pöbel nochmals vor Treitschke dt. gesch. im 19. jh. 4 (1897) 101; wagte sich jetzt eine der drei armeen unbesonnen vor Meinecke leben d. generalf. v. Boyen (1896) 1, 330;
hätte sich
der Suys etwa so weit vorgewagt?
Schiller Wallensteins tod 4, 4;
da fiel
mit andern ich den feinden in die hand,
weil wir zu ungestüm uns vorgewagt
Hebbel w. 1, 148 W.
dann in allgemeiner örtlicher anwendung: (Agnes) wagte sich weiter vor ins halbdunkel Holtei erz. schr. (1861) 2, 259. — von tieren: rothbrüstige gimpel wagten sich ... bis ans obstspalier des wohnhauses vor Holtei a. a. o. 5, 32. — freier: gleichwie sich in der steppe nur gewisses laubholz vorwagen kann Middendorff bei Nehring tundren u. steppen (1890) 8; den ganzen tag hatte sich keine sonne vorgewagt Cl. Viebig d. schlafende heer (1904) 1, 134.
2)
refl. übertragen, denkend, redend handelnd sich vorwagen, unter umständen auch mit der vorstellung einer dadurch entstehenden kritischen lage oder gefahr verbunden: würde sich vor einem jahr jemand mit einer solchen deutung vorgewagt haben? J. Grimm kl. schr. 1, 36; desto maasvoller hätte man auftreten müssen, desto weniger ... sich mit formulirten begehren vorwagen sollen Gervinus gesch. d. 19. jh. (1855) 1, 243; (der könig durfte sich) nicht so weit vorwagen, dasz er zwischen die feindseligkeiten der einen und der andern seite hätte gerathen können Ranke (1867) 16, 153; hätte mich wohl gewundert, dasz der jud in solchem handelsgeschäft sich so weit vorwagen wollt Rosegger I 2, 16. — in besonderer wendung: in die vergangenheit zurückschwelgend, in die zukunft mit heiszen gedanken sich vorwagend Steguweit d. stelldichein d. schelme (1937) 36.
3)
ungewöhnlich ohne refl. pron. mit innerem objekt: ich stehe hier an einem abgrunde, wo ich keinen schritt vorwagen darf Lavater physiogn. fragmente (1775) 4, 68.
4)
hierzu vorwager, m., einer, der sich vorwagt, gelegenheitsbildung: damit soll keinem vorwager hohn gesprochen werden Fr. L. Jahn 1, 346 E.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 12 (1939), Bd. XII,II (1951), Sp. 1874, Z. 11.

vorwägen, verb.

vorwägen, verb.,
vgl. fürwägen teil 4, 1, 1, sp. 927; über die form- und bedeutungsgeschichte von wägen und sein verhältnis zu wiegen s. die ausführliche darstellung teil 13, 1, sp. 422-427.
1)
trans., etwas nach seinem gewicht durch die wage bestimmen: vor- et fürwägen, in praesentia emtoris trutinare, seu ponderare merces vendibilia, praeponderare Stieler 2524; darwägen, vorwägen in gleicher bedeutung Kramer t.-ital. dict. 2 (1702) 1234ᶜ; vorwägen, vorwiegen, in jemandes gegenwart wägen Schwan nouv. dict. (1783) 2, 980ᵃ; Krünitz öcon. encycl. 231, 494; einem etwas vorwägen, 'im gemeinen leben vorwiegen' Adelung; ebenso Campe.Maaler 477ᵃ glossiert vorwägen mit pendere, nimmt es also auch in transitivem sinne.Adelung bezeichnet vorwägen als 'verb. reg. act.', bestimmt also schwache flexion (vgl. hierzu teil 13, 1, sp. 427). in der jetzigen sprache werden aber schwache präteritalformen gemieden, starke als zulässig empfunden, wobei aber zu beachten ist, dasz auch vorwiegen transitiv gebraucht wird; vorgewogen für vorgewägt belegt Campe aus Jean Paul, vgl. auch Fischer schwäb. wb. 2, 1688; das alte part. prät.: damit nicht von der gantzen schicht mehr oder weniger stück kommen, als darzu vorgewegen worden Ercker beschr. aller mineral. ertzt (1580) 106ᵃ.
a)
in eigentlichem sinne, vor- räumlich: rechenhexer, die jedem menschen das tägliche brot und kein krümchen mehr vorwägen wollen Fr. L. Jahn 1, 317 E.; vor- zeitlich: um beim wägen sich nicht zu verschieszen, wird zumeist ein vorwägen vorgenommen Jer. Gotthelf (1855) 20, 256.
b)
im bilde und übertragen: (die alte tragödie ging darauf aus,) das poco piu und poco meno der leidenschaften, der furcht und des mitleids, dem zuschauer auf ächter wage vorzuwägen Herder 17, 184 S.; mit dem dativ: (der ruhigen beredsamkeit) zweck ist, die sache von allen seiten darzustellen, dem entschlusz gründe und gegengründe vorzuwägen ders. 22, 164; (wenn er versuchte,) sich die dreiszig jahre vorzuwägen, die hinter ihm lagen Alverdes Reinhold (1931) 152;
also wägt er sich selbst jede der thaten vor,
die sein leben bezeichnen soll
Klopstock oden 1, 87 M.-P.;
ebenso mnld.: te voorpeinsen ende te voorweghen bei Verwijs-Verdam 9, 1140.
2)
intrans. vorwägen, älter fürwägen, -wegen, das übergewicht haben ist durch vorwiegen verdrängt: deprimere mer wägen, fürwägen Frisius dict. (1556) 394ᵇ; praegravo fürwägen ... auff einer seyten schwerer seyn dann auff der anderen 1040ᵃ; praerogativus den vorzug habende und fürwägende 1043ᵇ; praepondero fürwägen, mehr wägen Calepinus dict. XI ling. (1596) 1137ᵇ; vgl. mhd. wb. 3, 627ᵇ; Lexer 3, 589; Verwijs-Verdam 9, 589. übertragen: ja er darff schreiben, wenn schon die bösen wercke weit fürwegen, das solchen auch darnach mag durch gute wercke ... geholffen werden Sarcerius hausbuch (1553) 234ᵇ; so war er zu weise, zu verlangen, dasz das vergnügen der wenigen jahre eines sterbenden greises gegen das glück einer blühenden tochter vorwägen sollte A. v. Haller Usong (1771) 142; s. weiteres unter vorwiegen, das älteres fürwegen fortsetzt.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 12 (1939), Bd. XII,II (1951), Sp. 1874, Z. 63.

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Zitationshilfe
„fürwage“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/f%C3%BCrwage>.

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