Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

fürwurf, m.

fürwurf, m.,
s. vorwurf.
1)
etwas das zu einer betrachtung oder behandlung vornhin geworfen, d. h. vor augen oder vor den geist gebracht ist, ein gegenstand geistiger behandlung. mhd. vürwurf, fürwurf, mitteld. fürwurf und vorwurf, hier wie dort nur bei den mystikern, die das wort in dieser bedeutung gebildet zu haben scheinen. s. Ben. 3, 741ᵃ. gleicher weise bildeten dieselben auch gegenwurf, das wörtliche übertragung des mittellat. objectum ist. s. gegenwurf. davon
2)
ein vorgesungenes lied als directe oder indirecte aufforderung zum gesang. dies scheint hervorzugehn, wenn es in den Kolmarer meisterliedern s. 266 nr. 18 (vgl. s. 12, 64) in der überschrift heiszt diz ist ein fürwurf, daʒ ist, ein reizunge ûf gesanc. sonst findet sich als überschrift zur bezeichnung von liedern in denselben fürwurf noch mehrfach: s. 14, 101. 15, 113. 16, 131. 132. 293 nr. 31. 297 nr. 33. 319 nr. 47. 369 nr. 66. 392 nr. 76. 460 nr. 109. 480 nr. 119. 504 nr. 133. daneben aber erscheint auch einmal vorwurf s. 16, 133. s. auch fürwort 11).
3)
etwas das mit heftigkeit oder überhaupt vornhin bewegt wird zum sperren oder zum verschlusse. s. unter fürschub 1) die stelle von Frisius, nach welcher „fürwurff (der), obex“, bei Maaler 151ᶜ.
4)
das was zu einem entgegenstehn, abhalten, schutz u. s. w. vornhin gebracht ist. objectus, ein fürwurff, fürschlussz, wenn eim etwas fürgeworffen oder fürgestelt wird. Frisius 891ᵇ. Maaler 151ᶜ. objectus, ein fürwurff, entgegensatz. Reyher 1, 1736.
5)
einwurf, einwand, besonders in einer gerichtlichen sache:
wenn ich auch nit künd list und renck,
auffzüg, auszzüg, fürwürff, einklenck,
darmit ein böse sach zu schmücken,
die gegenparthey (vor gericht) zuverdrücken.
H. Sachs II (1591). 4, 79ᵃ.
noch Rädlein 1019 setzt neben vorwurff erklärend einrede, aber s. 314ᵇ auch fürwurff in diesem sinne.
6)
eine in der absicht, wehe zu thun oder wenigstens empfindlich zu berühren, gemachte vergegenwärtigung von etwas, das zu misbilligen oder verwerflich ist, objectatio, opprobrium. s. fürwerfen 4). bei Stieler 2552, trotzdem dasz er beides für- und vorwerfen hat, doch nur, wie heute, vorwurf, das allein auch bei Aler und Ludwig sich findet. dagegen nimmt Kirsch fürwurff und vorwurff auf, jedoch dieses nur mit verweisung auf jenes, worin ihm sein nachtreter Matthiä in der ersten ausgabe seines lex. (1748) folgt, aber in der dritten (die zweite fehlt mir) vorwurf schon einmal voraus gleich dem worte fürwurf beifügt. Steinbach 2, 1036 setzt „für- et vorwurff“, aber Frisch 2, 460ᵇ bringt wiederum blosz vorwurf, auf welches auch Hederich und Nieremberger bei fürwurf verweisen. die späteren, wie Moerbeek, Weber (deutschlat. universalwb.), Adelung u. s. w. nehmen nur noch vorwurf auf, und fürwurf lebt blosz mundartlich fort.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1871), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 950, Z. 7.

Im ¹DWB stöbern

a b c d e f g h i
j k l m n o p q r
s t u v w x y z -
fürnehmen
Zitationshilfe
„furwurf“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/f%C3%BCrwurf>.

Weitere Informationen …


Weitere Informationen zum Deutschen Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)