Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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gelenk, n.

gelenk, n.
gleich gelünge, s. dort.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 5 (1883), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 3004, Z. 53.

gelenk, n.

gelenk, n.
artus, articulus, auch als subst. verb. zu lenken (s. 3), gelenke.
1)
zur geschichte und verwandtschaft des wortes.
a)
mhd. gelenke, ahd. noch nicht bezeugt, nur das einfache lancha, eigentlich hlancha, lende u. ä., wie noch bair. lanke f. (s. d.) in der metzgersprache, nd. die seite zwischen rippen und lende, die weiche, bei menschen und thieren Schambach 118ᵇ, vgl. Sch. u. L. 2, 618ᵃ, s. auch flanke. wie gelenke ursprünglich zu diesem lanke gehört als collectivbildung, ist mhd. recht deutlich z. b.:
si (die röcke der frauen) wâren gefischieret vil
mit zwein gürteln an der krenke,
ob der hüffe ame gelenke.
Parz. 232, 30;
irn gesâht nie âmeiʒen
diu beʒʒers gelenkes pflac,
dan si (die jungfrau) was dâ der gürtel lac.
410, 2,
also daʒ gelenke zuerst die lendengegend, zugleich die biegsamste stelle, die eine gelenke bewegung möglich macht, erst von da auf die ähnlichen andern stellen, glieder übertragen, doch schon mhd. (s. 2, a). eine mhd. nebenform gelanc m. (s. 2 a. e.) deutet vielleicht auf ein m. lanc neben dem f. lanke; md. geleng s. u. 2, a. auch nd. gelenke articulus Chytraeus cap. 19.
b)
dazu stellt sich aber ein altgerm. wort für das fremde, eigentlich römische kette (catena), das J. Grimm erkannte, siehe Dietrich bei Haupt 11, 424: ags. hlence, altn. hlekkr m., noch dän. länke, kette, fessel, schwed. aber länk m. glied oder gelenk der kette u. ä., norw. dagegen, was man für das ursprüngliche halten möchte, lekkja oder lenkja f. kette und lekk m. kettenglied, ring Aasen 438ᵇ, wie auch engl. link noch beides ist, kettenglied und kette. da erscheint die kette ursprünglich vorgestellt als thierischer körper, etwa schlangenartig, der sich in gelenken bewegt, s. gelenk 2, c von der kette.
c)
die lanke aber, ahd. hlancha scheint eigentlich gemeint als dünne stelle des leibes (wie mhd. krenke Parz. 232, 29 vorhin für 'taille', einschnitt), nach ags. hlanc dünn, mager, noch engl. lank, s. Dietrich a. a. o. 425 fg., mit einer willkommenen nhd. bestätigung, die zugleich die ursprüngliche ablautung zeigt, in eingelunken (von einem bauch) Froschm. 2, 71 Göd., s. unter einlinken. für den weiteren hintergrund, der in eine verwirrende fülle von verschlungenen beziehungen ausläuft, s. unter klank (schlinge, krümmung) a. e., der stamm zeigt alten tausch von kl- und hl- im anlaut, dazu tausch von -nk und -ng im auslaut, vergl. z. b. mit dem ags. hlanc mager ags. clingan, engl. cling, nd. inklingen einschrumpfen (s. unter klimmen III, 2, c); zu lenken aber, das vom bewegen des leibes (vergl. sich lenken, die glieder lenken dort unter 2, a. 3, d und schon Adelung) auf das des pferdes, wagens, schiffes angewandt sein wird, vergl. schon ags. hlencan drehen Dietrich a. a. o. 426, gehlenced tortus Ettm. 492, während ahd. (ih) irlencho luxo Graff 2, 225, also verrenken, auf die gelenke geht, aus dem gelenke bringen, gleichsam auslenken (vergl. einlenken 1 gleich einrichten, einrenken).
2)
nhd. bedeutung und anwendung.
a)
die gelenke, in denen die glieder sich bewegen (sich lenken, vgl. gelenken), armgelenk, fuszgelenk, handgelenk, fingergelenk, kniegelenk u. a., auch hüftgelenk, vom dem es ausgieng (1, a, s. noch Luther nachher), aber auch schon mhd. von den andern gelenken, z. b. in der beschreibung von meisterhaftem gewande:
diu wât zuo den gelenken
stuont wol nâch im geschræmet (genau angepaszt).
troj. kr. 2980;
und mit gesteinten borten
an den gelenken umbenât.
7485.
nhd.: gelenk oder gleichle, articulus. Maaler 165ᵈ, artus glidmasz oder gelenk, articulus klein gleich oder gelenk Dasyp. 13ᵈ; da rang ein man mit im (Jacob) ... und da er sahe das er in nicht übermocht, rüret er das gelenk seiner hüft an, und das gelenk seiner hüft ward über dem ringen mit im verrenkt. 1 Mos. 32, 25; meine gelenke beben mir über dem gesicht (vision) und ich habe keine kraft mehr. Dan. 10, 16, vulg. dissolutae sunt compages meae; (Christus als haupt) aus welchem der ganze leib zusamen gefüget und ein glied am andern hanget durch alle gelenke. Eph. 4, 16; aus welchem (dem haupte) der ganze leib durch gelenk und fugen handreichung empfehet. Col. 2, 19 (var. geleng, vergl. md. lengen für lenken mhd. wb. 1, 934ᵇ, 44); gelenk und mark var. zu Hebr. 4, 12 für mark und bein, jenes nach dem griech.;
meines leibs gelenk kaum an einander hangen.
Weckherlin 90 (ps. 22, 15);
doch alle diese ränke (des vom bär verfolgten, der in krümmungen läuft)
sind hier umsonst, warum? der bär hat auch gelenke.
Lessing 1, 124,
mit bewusztem anklang an gelenkig. ein recht gelenkiger hat lauter gelenke u. ä. (wie es von einem ungelenken menschen heiszt er hat keine gelenke Campe): ohngeacht in meinem 12ten jahre die künste schon am ganzen leibe dergestalt auszubrechen begunten, dasz es schien, als ob ich lauter gelenke und in jedem gelenke doppelte und dreifache curage hätte .. Felsenburg 2, 425;
wie, von der künstlichen hand geschnitzt, das liebe figürchen,
weich und ohne gebein, wie die molusca nur schwimmt!
alles ist glied, und alles gelenk, und alles gefällig ..
Göthe 1, 359 (ven. epigr. 37).
glied ist übrigens selbst von der bed. gelenk ausgegangen, und auch gelenk zeigt seinerseits den ansatz zu der bed. glied z. b. bei Weckherlin, wo Luther in der psalmstelle hat alle meine gebeine haben sich zurtrennet (s. auch an pflanzen unter e); ein drittes wort ist oberd. vor gelenk bevorzugt, gleich, geleich (s. d.).
b)
bildlich von mancherlei anderm gefüge das dem lebendigen leibe ähnlich vorgestellt wird, bei dichtern wie im leben, geistig und sinnlich, z. b.: mein verstelltes lob würde alle annehmlichkeit verloren haben und meine satyre (damit) ein ungesalzenes gewäsche geworden und ganz aus dem gelenke gekommen sein. Liscow vorr. 52, lahm oder hinkend geworden, wie ein arm oder bein aus dem gelenke kommt, sich verrenkt und lahm wird; in scherzhafter umkehrung von tisch und bänken, die lebendig werdend gedacht damit eigentlich gelenke bekommen:
im schlosz sind tisch und bänke,
die werden wach,
sie kommen aus dem gelenke (aus den fugen)
und tanzen nach.
wie ein arm ist aus dem gelenke und musz wieder eingerichtet (ins gelenke gebracht) werden, so bildlich: die zeit ist aus dem gelenke, wehe mir dasz ich geboren ward sie wieder einzurichten. Göthe 19, 75 (lehrj. 4, 13 am ende), d. h. Hamlets worte the time is out of joint, bei Schlegel aus den fugen Haml. I, 5 a. e. von einem sog. querkopf (dem der kopf 'der quere steht'): es ist keine so leichte sache, ihnen den kopf in ein anderes gelenke zu setzen. Bodmer bei Mörikofer schweiz. lit. 126. auch gelenke und glieder einer nation, als lebendiges ganze, als éin leib gedacht:
denn wie sich enthüllt jemaliger zeit volksthum in den epischen liedern,
so spiegelt es auch in komödien sich, sammt allen gelenken und gliedern.
Platen 4, 73 (verh. gabel a. e.).
von Kants kritischer philosophie: seht, diese philosophie hat viel gelenke und ist fein in einander gefügt, und es gehört talent dazu, zu folgen und sich durchzuarbeiten. Claudius 6, 109, doch mehr als kunstgefüge, maschine gedacht, vgl. u. d.
c)
auch die kette hat, wie glieder, so auch gelenke: catena ein keten, annulus ein gelenk. Trochus Q 5ᵃ;
s'leit was unner der bänk,
hat vier und zwanzig glenk.
Mones anz. 7, 263,
unter volksrätseln aus der Wertheimer gegend; bildlich: wir wissen vielleicht, dasz er von verhältnissen abhängt, aber wir entdecken nicht alle gelenke der kette vom hofe herab durch departementer und familien. Sturz 2, 108. für hohes alter dieser vorstellung und benennung zeugt ags. hlence kette u. s. w. (1, b).
d)
auch sonst von vorrichtungen, welche die theile eines künstlichen ganzen in oder an einander beweglich machen wie die gelenke die glieder des leibes, z. b. die gelenke eines charniers Krünitz 17, 113. 8, 35, einer rüstung: gelenke am helm, geniculum Weber 338ᵃ, am panzer, hamus Aler 886ᵃ, wie im folg. bildlich: unsere ganze (geistliche) rüstung ist überhaupt noch nicht so vollkommen angethan, dasz alle fugen und gelenke genau in einander schlieszen, und da findet der listige widersacher noch immer ein plätzchen wo .. ein subtiler stachel eindringen kann. Sus. v. Klettenberg bei Lappenb. reliqu. 65, vgl. fugen und gelenke aus Col. 2, 19 unter a. an einem rade in der wasserkunst: man hat auch eine wasserkunst, die nennet sich die kastenkunst, da sind ohngefehr 24 oder 36 lange kästen mit gelenken an einander gemacht und gehen über einen wellbaum. Becher 189. holzflösze haben gelenke, glieder in denen sie sich bewegen und lenken lassen: ich stehe wieder auf meiner zinne (in Jena) über dem rauschenden brückenbogen, die tüchtigen holzflösze, stamm an stamm, in zwei gelenken, fahren mit besonnenheit durch und glücklich hinab. Göthe an Zelter 2, 454, aus der sprache der flöszer auf der Saale. im bergbau: gelenke ist an den kübeln oben der bogen, daran man das seyl schlägt. Veith 228, auch quensel m., ein eiserner halbring in dem der kübel am seil sich bewegt. schwäb. glenk n. ein weidenband Schmid 353, vgl. gelenken 2 und die lanke beim faszbinder. bei den schuhmachern der biegsame ort der sohle am absatze (s. gelenkstück) Adelung, bei den kupferschmieden eine scharfe oder stumpfe kante, die sie dem bleche geben Campe. bei Rheinschiffern ein 'schlupf im seil' Kehrein Nassau 1, 157, eine schleife oder ähnl. vom gelenk an einem kunstvollen werkstück stammt wol auch henneb. ein besonderes gelenk, besonderes geheimes verhältnis Reinwald 2, 49, ein geheimer drücker o. ähnl., den nicht jeder zu handhaben weisz.
e)
auch die glieder eines pflanzenstengels u. ähnl. von einem knoten zum andern oder von einer biegung zur andern Campe, also wie glied, eigentlich aber der knoten oder das 'knie' selber, wie bei Aler 886ᵃ gelenk am halm, geniculum, bei Henisch 1457 internodium, das zwischen zweien gelenken ist am rohr (s. auch gelenklein); vergl. unter a a. e. im eigentlichen sinne gelenk in die bedeutung glied überschwankend. ähnlich schon mhd. von barthaar das so starr ist, dasz es keinen gelanc (glanc) hat, wie eine ahle Heinrich krone 9345. 19686, obwol da die biegsamkeit gemeint ist, zugleich zum folgenden gehörend.
3)
auch als subst. verb. zu lenken oder als subst. zum adj. gelenk, gelenkigkeit.
a)
schon mhd. für gewandtheit, selbst schon bildlich, s. bei Jeroschin 24098 von einem redner, der so mit gelenkis bunt zu sprechen wuszte, so gewandt und bündig (s. u. kraft 10, b), dasz auch seine widersacher ihn gern anhörten, beim Rumelant MSH. 3, 53ᵇ von einem dichter, der die Maria schône mit gelenke pries; vergl. im 15. jh. sich mit rede gelenken (s. d.); es war wol ursprünglich die gewandtheit, mit der sich einer in den hüften u. s. w. bewegte, sich lenkete. noch jetzt, z. b.: so ist hingegen (nun im alter) die leichtigkeit und das gelenke weg, mit welchem die jugend ihre begriffe ausarbeitet. Haller ged. 1768 vorr. (s. 265 Hirz.).
b)
zu lenken stellt sich wol auch folgendes da ist kein gelenk im 16. jh., offenbar aus der volksrede, von unbeugsam starren geistern: da ist kein hören, kein gelenk, da hilft kein sagen, kein raten, kein bitten, kein dreuen. Luther 1, 491ᵃ (ausl. des magnif.), vermutlich aus der sprache der fuhrleute die mit einem störrigen pferde zu thun haben, das zu lenken unmöglich ist; Campe gibt gelenke als subst. verb. zu lenken.
c)
vom lenken des wagens aber stammt eine z. b. in Sachsen, Thüringen beliebte wendung ich kann nicht ins gelenke kommen, nicht ins geschick mit einer arbeit, sie sträubt sich gleichsam, auch ich kanns nicht ins gelenke bringen, wo denn freilich das aus dem gelenke kommen unter 2, b sich einmischt; auch noch ausdrücklich vom wagen oder kahn o. ä. ich kanns gelenke nicht rauskriegen Albrecht Leipz. mundart 120ᵇ. ebenso ich kanns gelenke nicht treffen, wie die kahre treffen, die richtige wendung bei einer wegbiegung, auch bildlich z. b. beim transchieren J. G. Haas 2, 231ᵇ; daher bei Weise von einem trinker, der beim trinken nicht absetzt:
Merten (als könig). ich trinke sonst mehr biers als weins,
doch auf gesundheit eures söhneleins.
(säuft den krug ganz aus). Acute. der könig musz in einem bierlande geboren sein, denn er kan in biere kein gelenke treffen. Zittauisches theatrum 325, eigentlich die eingeschlagene richtung nicht ändern, weisz nicht aufzuhören. ähnlich von einer treppe, thüringisch: die gerade, ohne gelenke emporführende treppe. O. Ludwig Heiterethei 407, die keine biegung macht und beim gehen zu machen nötigt.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 5 (1883), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 3004, Z. 54.

gelenk, gelenke

gelenk, gelenke,
adj., mhd. gelenke (s. die beispiele), im 15. jahrh. oberd. glenke agilis voc. inc. teut. i 8ᵃ, glenker, behender, subtilis voc. 1482 l 1ᵃ. 2ᵃ. h 6ᵃ. vergl. übrigens das oberd. geleich gelenkig neben geleich n. gelenk, auch gelenkig.
1)
a)
vom menschen, ihm selbst wie seinen gliedern:
dô wart sîn arm gelenke als ê.
pass. H. 367, 19;
sô daʒ im ungelenke ..
armen und hende wâren.
132, 90;
wil ir der man heimlich sîn ..
si (die gute frau) ist klâr und gelenke.
Helbl. 1, 1252;
wie diejenigen, welche sich von jugend auf im springen und danzen üben, leichte und gelenke leute werden. Harsdörfer lust- u. lehrr. gesch. 2, 109; ihr wiszt och, dasz ich a jung, frisch, stark, hurtig, gelenke unde rächtschoffen karle bin. A. Gryphius Dornrose 75, 18 P.; inmaszen dann die gliedmaszen (des todten) gegen einander noch so gelenke (waren) wie eines schlafenden. polit. stockf. 180, sich so leicht biegen lieszen;
ach! und die gelenken glieder
sie versagen allen dienst.
Göthe 1, 253 (gott u. bajad.);
sämmtliche glieder scheinen gelenker zu werden (beim eislauf). 22, 102. auch eine puppe ist gelenke, mit gelenken versehen (Leipzig), vergl. gelenkpuppe.
b)
natürlich auch von thieren:
daʒ ich gevriesch nie kunder
sô starc noch sô gelenke.
schretel u. wasserbär 107, Haupt 6, 177;
die geschwindigkeit seiner gelenken pferde. Lohenstein Arm. 2, 1415; bei warmen tägen musz man sie (die kühe) auch dann und wann aus den ställen lassen, dasz sie sich ergötzen, auslüftigen, die glieder erstrecken, gelenk bleiben und nicht krumpficht werden. Hohberg 3, 2, 244ᵃ; wie ein reh so flink und gelenk. Kotzebue dr. sp. 1, 303. als adv.: das pferd ... das den hals sanft und gelenk bog. Bettine br. 1, 233.
c)
auch auf die äuszerungen der gelenkigkeit übergehend:
wer .. auf gott vertraut und die gelenke kraft,
der ringt sich leicht aus jeder fahr und noth.
Schiller Tell III, 1;
die anmeldung der prinzessin setzte den hauptmann in eine reizende gelenke freude. J. Paul Tit. 2, 148. oberpfälzisch auch geschwind, flink, auch im adv. kum glenk wider, gleich, schnell Schmeller 2, 484, vgl. 93.
2)
auf dinge übertragen (vgl. das subst. 2, b ff.): ein gelenker handschuh, s. Lehman unter 3, a, gelenk wie die finger selber, vgl. gelenke puppe vorhin; die gelenken beinschienen. Musäus märchen 3, 138; oft schon früh (auf dem flusse) eine thätige schiffahrt von flöszen und gelenken marktschiffen und kähnen. Göthe 48, 45 (aus m. l. 17);
dasz er (der lebensfaden) euch gelenk und weich sei,
wuszt ich feinsten flachs zu sichten.
41, 34 (Faust II, 697).
3)
auch geistig angewandt, vgl. das subst. 3, a für gewandtheit, schon mhd.
a)
ein gelenker mann, der sich zu fügen weisz, nachzugeben u. dergl.: man predigt wol öffentlich jederman, aber gott weisz welche er rüren wil und new geboren machen, das sind die nicht an werken gebunden sind, sondern fein gelenk, nicht stolz noch frech, können alles leiden, verdammen niemands .. Luther 4, 98ᵃ, zugleich wol im geiste gewandt und frei; ein christen aber sol gelenke sein in solchen sachen und gerne weichen. bei Dietz 2, 64ᵃ; (der gottesfürchtige) bleibt demütig und gelenk in alle seinem wandel. post. 1528 139ᵃ; wer sich will bequem machen (bei den leuten), der musz so gelenk sein wie ein handschuch. Lehman flor. 1, 89.
b)
ausdrücklich auch vom sinn und geist: item er (Carlstad) schreibet in die land ... und urteilet das arme Wittemberg als lauter nichts gegen im, und itzt aufs new müssen wir papisten heiszen und des endechrists vettern ... der stücklin seines gelenken sinnes sind viel mehr. Luther 3, 46ᵃ, hier in tadelndem sinne, bald so bald so, unzuverlässig gewandt; die weisheit aber von oben her ist .. fridsam, gelinde, gelenke. var. zu Jac. 3, 17 für leszt ir sagen (sich zureden).
c)
auch rede, worte u. ähnl.: man machet neue .. wörter .. aber niemand betrachtet zuvor, ob sie geschickt und bequem, ob sie tonreich, biegsam, kurz sein .. was nicht gelenke, tönend, kurz ist, das ist zum gebrauche nichts nütze. Bodmer mahler d. sitten 2, 615; er hatte den muth, durch gewisse gelenke wortformeln das angeschaute zu vermitteln. Göthe 58, 129; auch da entdeckte ich manche stelle, die mir gelenker aus dem munde ging als sie auf dem papier stand. 27, 267; vgl. schon mhd. vom redner unter dem subst. 3, a.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 5 (1883), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 3007, Z. 41.

gelenk, gelenke

gelenk, gelenke,
adj., mhd. gelenke (s. die beispiele), im 15. jahrh. oberd. glenke agilis voc. inc. teut. i 8ᵃ, glenker, behender, subtilis voc. 1482 l 1ᵃ. 2ᵃ. h 6ᵃ. vergl. übrigens das oberd. geleich gelenkig neben geleich n. gelenk, auch gelenkig.
1)
a)
vom menschen, ihm selbst wie seinen gliedern:
dô wart sîn arm gelenke als ê.
pass. H. 367, 19;
sô daʒ im ungelenke ..
armen und hende wâren.
132, 90;
wil ir der man heimlich sîn ..
si (die gute frau) ist klâr und gelenke.
Helbl. 1, 1252;
wie diejenigen, welche sich von jugend auf im springen und danzen üben, leichte und gelenke leute werden. Harsdörfer lust- u. lehrr. gesch. 2, 109; ihr wiszt och, dasz ich a jung, frisch, stark, hurtig, gelenke unde rächtschoffen karle bin. A. Gryphius Dornrose 75, 18 P.; inmaszen dann die gliedmaszen (des todten) gegen einander noch so gelenke (waren) wie eines schlafenden. polit. stockf. 180, sich so leicht biegen lieszen;
ach! und die gelenken glieder
sie versagen allen dienst.
Göthe 1, 253 (gott u. bajad.);
sämmtliche glieder scheinen gelenker zu werden (beim eislauf). 22, 102. auch eine puppe ist gelenke, mit gelenken versehen (Leipzig), vergl. gelenkpuppe.
b)
natürlich auch von thieren:
daʒ ich gevriesch nie kunder
sô starc noch sô gelenke.
schretel u. wasserbär 107, Haupt 6, 177;
die geschwindigkeit seiner gelenken pferde. Lohenstein Arm. 2, 1415; bei warmen tägen musz man sie (die kühe) auch dann und wann aus den ställen lassen, dasz sie sich ergötzen, auslüftigen, die glieder erstrecken, gelenk bleiben und nicht krumpficht werden. Hohberg 3, 2, 244ᵃ; wie ein reh so flink und gelenk. Kotzebue dr. sp. 1, 303. als adv.: das pferd ... das den hals sanft und gelenk bog. Bettine br. 1, 233.
c)
auch auf die äuszerungen der gelenkigkeit übergehend:
wer .. auf gott vertraut und die gelenke kraft,
der ringt sich leicht aus jeder fahr und noth.
Schiller Tell III, 1;
die anmeldung der prinzessin setzte den hauptmann in eine reizende gelenke freude. J. Paul Tit. 2, 148. oberpfälzisch auch geschwind, flink, auch im adv. kum glenk wider, gleich, schnell Schmeller 2, 484, vgl. 93.
2)
auf dinge übertragen (vgl. das subst. 2, b ff.): ein gelenker handschuh, s. Lehman unter 3, a, gelenk wie die finger selber, vgl. gelenke puppe vorhin; die gelenken beinschienen. Musäus märchen 3, 138; oft schon früh (auf dem flusse) eine thätige schiffahrt von flöszen und gelenken marktschiffen und kähnen. Göthe 48, 45 (aus m. l. 17);
dasz er (der lebensfaden) euch gelenk und weich sei,
wuszt ich feinsten flachs zu sichten.
41, 34 (Faust II, 697).
3)
auch geistig angewandt, vgl. das subst. 3, a für gewandtheit, schon mhd.
a)
ein gelenker mann, der sich zu fügen weisz, nachzugeben u. dergl.: man predigt wol öffentlich jederman, aber gott weisz welche er rüren wil und new geboren machen, das sind die nicht an werken gebunden sind, sondern fein gelenk, nicht stolz noch frech, können alles leiden, verdammen niemands .. Luther 4, 98ᵃ, zugleich wol im geiste gewandt und frei; ein christen aber sol gelenke sein in solchen sachen und gerne weichen. bei Dietz 2, 64ᵃ; (der gottesfürchtige) bleibt demütig und gelenk in alle seinem wandel. post. 1528 139ᵃ; wer sich will bequem machen (bei den leuten), der musz so gelenk sein wie ein handschuch. Lehman flor. 1, 89.
b)
ausdrücklich auch vom sinn und geist: item er (Carlstad) schreibet in die land ... und urteilet das arme Wittemberg als lauter nichts gegen im, und itzt aufs new müssen wir papisten heiszen und des endechrists vettern ... der stücklin seines gelenken sinnes sind viel mehr. Luther 3, 46ᵃ, hier in tadelndem sinne, bald so bald so, unzuverlässig gewandt; die weisheit aber von oben her ist .. fridsam, gelinde, gelenke. var. zu Jac. 3, 17 für leszt ir sagen (sich zureden).
c)
auch rede, worte u. ähnl.: man machet neue .. wörter .. aber niemand betrachtet zuvor, ob sie geschickt und bequem, ob sie tonreich, biegsam, kurz sein .. was nicht gelenke, tönend, kurz ist, das ist zum gebrauche nichts nütze. Bodmer mahler d. sitten 2, 615; er hatte den muth, durch gewisse gelenke wortformeln das angeschaute zu vermitteln. Göthe 58, 129; auch da entdeckte ich manche stelle, die mir gelenker aus dem munde ging als sie auf dem papier stand. 27, 267; vgl. schon mhd. vom redner unter dem subst. 3, a.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 5 (1883), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 3007, Z. 41.

gelenken

gelenken,
1)
verstärktes lenken (das ge- von mag herbeigeführt), sich mit rede gelenken, gewandt reden:
nu kan ich doch keins sins gedenken,
wie ich mit red mich mug gelenken,
zu sagen, das mans klar verste
und nit zu grob red darausz ge.
fastn. sp. 387, 10,
d. h. sich lenken mit den gliedern (s. u. gelenk n. 1. 2) auf die bewegung der rede übertragen, wie schon mhd. gelenke n. von gewandter rede, s. gelenk n. 3, a, einen rat mit worten ûʒ gelenken MSH. 3, 58ᵇ.
2)
als zeitwort zu gelenk, schwäb. g'lenken, gelenk machen, z. b. weidengerten Schmid 353.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 5 (1883), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 3008, Z. 48.

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gelaich geläuftigkeit
Zitationshilfe
„gelenk“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/gelenk>.

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