Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

Es wurden mehrere Einträge zu Ihrer Abfrage gefunden:

geschwungen, adj.

geschwungen, adj.
part. zu schwingen (s. d.), in gestalt einer schwingungslinie, einer curve: ob sich gleich der fels in lager und bänke theilt. aber weil auch geschwungene lager vorkommen. Göthe 27, 23; sieht er ein nahes, sanft geschwungnes thal. 13, 179; sacht geschwungene berge. 16, 287; ihr blick haftete auf den wäldern und schön geschwungenen hügeln. Tieck j. tischl. 1, 81.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 10 (1893), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 4013, Z. 4.

schwingen, verb.

schwingen, verb.
vibrare.
I.
form und verwandtschaft.
1)
schwingen ist ein gemeingermanisches verbum, nur im got. und altnord. unbezeugt, doch ist ein got. *swiggwan mit ziemlicher sicherheit aus dem causativ (af-)swaggwjan, schwankend machen, zu erschlieszen. die formen der andern sprachen sind: dän. svinge, schwed. norw. svinga; ags. swingan, mittelengl. swinge(n), neuengl. swing; altfries. swinga, swenga, swanga Richthofen 1062ᵇ; alts. swingan, mnd. swingen, mnl. swinghen (holländ. dafür zwengen); ahd. suingan Graff 6, 886, mhd. swingen.
2)
zu schwingen gehören zahlreiche ableitungen und verwandte wörter, so schwang (s. das. sp. 2220 ff.), (das zweite) schwanger (sp. 2239) und altn. svangr (dünn, schlank), schwengel (sp. 2523 ff.), schwengen (sp. 2527), schwinge, schwung. neben den bildungen mit g stehen indessen andere, die an dessen stelle k aufweisen, mit einem auch sonst begegnenden, nicht genügend aufgeklärten wechsel, s. zu schwang sp. 2220, so schwank, m. und adj. (s. sp. 2243 ff. 2246 ff.), schwankel (sp. 2250) und ags. swancor, schwanken (sp. 2250 ff.), schwenkel (sp. 2528 f.) und schwenken (sp. 2529 ff.). die erklärung ist hier um so schwieriger, als einerseits sichere verwandte in den andern indogermanischen sprachstämmen fast ganz fehlen,nur ir. seng, schlank, aus urkeltischem svengos Fick⁴ 2, 323, gehört unzweifelhaft hierher, vgl. zu schwenken sp. 2529, entscheidet aber weder für germanisches g noch für k — und andrerseits im germanischen selbst neben den lautverschiedenheiten starke durchgehende abweichungen der bedeutung hergehen, die der annahme ursprünglich verschiedener wörter raum lassen. so scheint jedenfalls ein starkes verbum swinkan fernzuhalten, das sich im nord. und engl. in der bedeutung 'sich mühen, arbeiten' findet, vgl. altn. svinka; ags. swincan, neuengl. swink, vgl. Skeat 618ᵃ, dazu swinc, n., und das causativ swencan, swenc, m. die neuern nordischen sprachen zeigen hier ausweichungen der bedeutung: schwed. svinka arbeiten, unzuverlässig sein; dän. svinke schlendern, blinzeln. von einem andern swinkan, das als nebenform zu swingan durch das causativ schwenken gefordert wird, scheinen im ältern deutsch versprengte spuren zu begegnen, so vielleicht ahd. anasuanh, invergit (vina fronti sacerdos) Graff 6, 886, vergl. zu schwenken sp. 2529; ferner mhd. swinken, s. mhd. wb. 2, 2, 805ᵇ, auch hier sind die belege unsicher:
daʒ die ringe swunken drîn
als in ein wahs daʒ ingesigel.
troj. krieg 31188,
doch lesen andre handschr. sunken und snytten, und ersteres ist vielleicht in den text aufzunehmen, s. Bartsch anm. s. 302. das schwache swinken in der seltsamen verbindung wîn swinken, s. Schiller - Lübben 4, 500ᵇ, vergleicht sich den altfries. wendungen: suingt mitta bier, swenght myth tha byare Richthofen 1062ᵇ, und stellt wol eine besondre bedeutungsentwicklung des causativs vor.über ähnliche bedeutungsdifferenzen bei schwingen selbst s. II, 1. vergleiche zum ganzen Kluge⁵ 343ᵃ. Weigand 2, 671 f. Grimm gramm. 1², 890 f. 1030. 2, 36 f. Noreen urgerm. lautl. 184.
3)
sonst bietet die form im hochd. zu bemerkungen keinen anlasz. die flexion ist überall die starke. die flexionsformen zeigen im nhd. die bei allen starken verben durchgehenden schwankungen und verschiebungen infolge der ausgleichung des vocalwechsels innerhalb des präteritums. im allgemeinen herrscht im ältern nhd. folgende flexionsweise: ich schwinge — du schwingest — er schwinget, prät. ich schwang — du schwungest — er schwang — wir schwungen, conj. ich schwünge, part. geschwungen, s. z. b. Clajus s. 101, 4 neudruck. so noch angegeben bei Schottel 596. dagegen gibt Frisch 2, 251ᵃ bereits die heutigen formen: ich schwang, conj. schwänge. im einzelnen ist zu bemerken:
a)
im präs. ändert sich nichts, als dasz das e in der endung der 2. 3. sing. allmählich immer entschiedener syncopiert wirdnoch Schottel 596 hat die zweisilbigen formen, s. oben, dagegen Gottsched 340 schon: du schwingst, er schwingt — und dasz im imperativ umgekehrt die schwache form mit angehängtem e die oberhand gewinnt (doch noch bei Gottsched a. a. o. schwing).
b)
der ind. prät. lautet ursprünglich schwang, ebenso jetzt wieder ausschlieszlich. daneben stellt sich im 16. jh. eine nach dem plur. gebildete nebenform schwung ein. Shumway das ablautende verb. bei H. Sachs s. 82 belegt aus seinem autor schwang und schwung je dreimal. auch das 17. jahrh. bietet einzelne belege (Chr. Gryphius 1, 355. A. Gryphius 1, 75, s. u.). namentlich aber ist schwung im 18. jahrh. überaus häufig. zahlreiche belege aus Haller, Rabener, Lichtwer, Kant, Klopstock, Dusch, Wieland, Bräker, Sturz, Herder, Siegfr. v. Lindenberg, Göthe, Stolberg, dem wunderhorn, und selbst noch Tieck, s. unten. daneben findet sich indessen auch schwang, s. z. b. Lessing 1, 64. Gotter 2, 395. nicht selten gebraucht derselbe schriftsteller beide formen neben einander, so steht schwang bei Bürger 53ᵇ (unmittelbar darauf schlung), dagegen schwung 151ᵃ. 248ᵃ u. öfter. ebenso schwang Schiller 1, 249, schwung 1, 346. auch die wörterbücher nehmen von dieser nebenform notiz. Stieler 1983 kennt sogar nur ich schwung, dagegen Steinbach 2, 556 beides: ich schwung, schwang; Gottsched 340: einige sagen auch, er schwung. — an beide formen kann auch ein anorganisches e antreten: er schwange sich auf seinen rappen. Kramer dict. 2, 725ᵇ; schwunge z. b. bei Ettner hebamme s. 9, s. unten II, 6, k. eine ganz unregelmäszige form erscheint im mnd. (schichtspeel v. 205) als swengk (im reim auf entfenck, s. unten II, 4, e).
c)
im plur. hält sich schwungen in der ältern sprache durchaus, so bei Luther (z. b. Hos. 11, 22), H. Sachs (s. Shumway a. a. o.), Rist (Parn. 260), und noch bei Ulr. Bräker (arme mann s. 66 Reclam) und Herder (26, 166. 28, 150 Suphan), siehe unten. ebenso bei Schottel 1983 (bei den spätern fehlen directe angaben, doch ist bei Steinbach wol mit sicherheit noch schwungen, bei Frisch und Gottsched schwangen anzunehmen). doch kommt die heutige form schwangen, die auf angleichung an den sing. beruht, ganz vereinzelt schon im 16. jh. vor: (sie) sprungen, sungen, huncken, reyeten, schreyeten, schwangen, rangen. Garg. 82ᵇ. allgemein üblich wird sie erst seit der mitte des 18. jahrh. (z. b. Höltv 53 Halm).
d)
mit dem plural steht die bildung des conj. in genauem zusammenhange. die ältere sprache sagt auch hier schwünge, s. z. b. Schottel 546. Stieler 1983 und in der litt. Meyfart das himml. Jerusalem (1630) 1, 118 (s. unter II, 3, b). dagegen gibt Frisch 2, 251ᵃ bereits ich schwänge an; belegt z. b. Brentano 3, 325 (s. unter II, 6, l).
e)
das part. lautet zu allen zeiten ausschlieszlich geschwungen. das umschriebene perfect wird eben so consequent mit haben gebildet.
4)
lebende mundarten weisen folgende formen auf: schweiz. schwingen Stalder 2, 364, schwinge (schwung — g'schwunge) Hunziker 236. Seiler 267ᵃ, schwinga Tobler 404ᵇ; bairisch schwingen (prät. cond. schwinget, schwung, schwáng, part. geschwungen) Schmeller 2, 638, tirol. schwingen Schöpf 662; ebenso im mitteldeutschen, s. Kehrein 1, 373. Schmidt 216. Reinwald 1, 151. Spiesz 231. Hertel 43 und sprachsch. 225, nd. swingen Strodtmann 238. brem. wb. 4, 1124. ten Doornkaat Koolman 3, 382ᵇ (swung, swungen). Schambach 222ᵇ (danach flectiert: swinge, swingest, swinget, pl. swinget, prät. swung, conj. swünge, part. eswungen, imp. swinge). Woeste 266ᵇ (swang, swungen). Schütze 4, 234 und Mi 90ᵇ geben swengen, leider ohne angabe der flexion, sodasz man nicht erkennen kann, ob hier nur eine lautliche ausweichung vorliegt (wie bei swemmen, s. schwimmen I, 1. 7, sp. 2625 ff.) oder ob übergang in die schwache conjugation oder mit andern worten verdrängung des stammverbs durch das causativ stattgefunden hat (wie bei holl. zwengen, vgl. auch das friesische, oben 1 und 2, jetzt wang. sweng).
II.
bedeutung.
1)
eine besondere gebrauchsweise kennt die ältere sprache, indem sie schwingen im sinne von 'schlagen, mit ruten schlagen, geiszeln, züchtigen' verwendet. dies liesze sich gut als specieller fall der allgemeinen bedeutung auffassen. vgl. unten 5, a. bedenken erweckt nur die verbreitung und geschichte dieser verwendung, wonach es fast den anschein hat, als ob hier ein ursprünglich selbstständiges wort vorliege, das später mit dem gewöhnlichen schwingen zusammengefallen sei. sie ist nämlich in den ältern sprachperioden ausschlieszlich bezeugt, um später hinter der allgemeinen verwendung fast ganz zu verschwinden (dasselbe verhältnis findet auch bei dem subst. schwinge statt, s. daselbst 1, a). so bedeutet das häufige ags. swingan ausschlieszlich schlagen (doch auch 'mit den flügeln schlagen', vgl. unten 7, b), s. Bosworth-Toller 958ᵃ, ebenso die ableitungen swinge, f., swingel(le), f. (schlag, streich, züchtigung), swengan, sweng, m. neuenglisch ist dagegen diese bedeutung auf das schwache swinge (aus dem causativ swengan) beschränkt, während swing in dem allgemeinen sinne des deutschen wortes gesagt wird. ob auch das ahd. swingan diesen sinn hat, geht aus den belegen nicht klar hervor: svingan, suuinkan flagellis Graff 6, 886 (subst. oder verb.? letzteres ist nach dem zusammenhange wahrscheinlicher, vgl.: flagris flagellis vel verberibus suingan fillen edo pislahan. Steinmeyer-Sievers gloss. 1, 138, 26—28. sonst nur gesuúngenen, concitatis, suscitatis, s. unten II, 3, b). sicher läszt sich dagegen diese verwendung im mhd. nachweisen:
daʒ sach ein esel, unde wânde, im solte alsam gelingen,
dâ von er lüegend ûf den herren ouch begunde springen:
des hieʒ er in swingen;
von slegen wart im sîn rügge wunt.
Konrad v. Würzburg lieder 32, 172.
ebenso das compositum beswingen:
doch, sold' ich iuch lêren,
ich beswunge iuch sô mit mîner ruoten ber.
minnes. 1, 297ᵇ Hagen.
vgl. beschwingen theil 1, 1607. — ebenso im ältern nhd.: einen schwingen, librata manu caedere, libratis ictibus afficere. voc. von 1618 bei Schm. 2, 639; schwingen mit den ruhten, faerulis caedere, virgis castigare. Dentzler 2, 260ᵃ; gleycherweisz als eyn knecht der oft geschwungen wirt, nit one schatten sein mag. Züricher bibel 1530 640ᵃ (sicut enim servus interrogatus assidue, a livore non minuitur. ecclesiastic. 23, 11); ich bin drey mal mit ruten geschwungen, ein mal gesteyniget. 2 Cor. 11, 25 (ter virgis caesus sum); lieber was hah ich urtails, dann das ich wie billich mit zwiffacher rhuͦt geschwungen wurde, weil ich wissend und doppel sündige. Franck moriae encom. 101ᵇ; der Lacedemonier knaben .., welche offentlich mit ruͦten geschwungen werden. Frölich Stob. 140; das wurde gleich angezeigt und darauf der unschuldige, als genugsam überzeugt, erbärmlich herumgeschwungen. Simpl. 1, 427, 8 Kurz.dafür auch zusammensetzungen, besonders aus-, durchschwingen:
darumb so müst er jn mit guten
weichen und hartvölligen ruthen
den seinen leib gar wol durchschwingen.
H. Sachs 2, 4, 66ᵇ;
nach dem führtens den narren unden
in keller, und mit stricken bunden
jhn mutternacket an ein seul ...
sein leib mit ruten jm durchschwungen
das jm die striemen rot auff sprungen.
124ᶜ.
in neuern mundarten ist diese bedeutung in weitem umfange erhalten, so in der Schweiz, s. Stalder 2, 364 f. (ein kind mit ruten streichen, einen verbrecher ausstäupen, gewöhnlich ausschwingen). Hunziker 236 f. (eine-n usschwinge). Tobler 405, am Rhein, s. Klein 2, 150 (Coblenz, Elsasz). Schmidt 216 (Westerwald, Elsasz, Henneberg; einen aus rock und kamisol schwingen). Kehrein 1, 373 (besonders durchschwingen), thür. ausschwingen, s. Hertel sprachsch. 225 (dên hàn ich àwer emâ uisgeschwonge!).
2)
schwingen in der gewöhnlichen transitiven bedeutung, etwas mit kraft und schwung durch die luft bewegen: schwingen, erschütten, vibrare, effligere. Maaler 367ᵈ; bransler, crosler. Hulsius 294ᵃ; vibrare, torquere brachio et lacertis. Corvinus fons lat. 728ᵃ. vgl. auch: ventilo, wehen, erluften, luft machen, schwingen. Dentzler 1, 847ᵃ.
a)
den stock, stab schwingen:
rüstig schwung er den stab.
Bürger 248ᵃ (Dido 274);
der junge grav voll löwengrimm
schwung seinen heldenstab.
Schiller 1, 346.
ein reis: daʒ hübsche kint Tantrîsel
... huob ûf daʒ rîsel,
daʒ von grüenem loube gar
Tristan het geworfen dar;
umb sîn houbet eʒ daʒ swanc (schwenkte).
Heinrich v. Freiberg Tristan 4559.
zepter: als einstens er auf unsern bühnen
das zepter sichrer hand geschwungen.
Anzengruber³ 5, 320.
die geiszel:
der frohe knecht die geiszel schwingt
am erntevollen wagen.
Lenau 1, 26 Koch.
im bilde:
schwing deine geiszel, sänger der tugend! schwing
die feuergeiszel, welche dir Braga gab!
Hölty 86 Halm;
und wie kräftig schwang der satiriker (Platen) seine geiszel. Treitschke d. gesch. 3, 694.
b)
waffen schwingen: vibrare hastam, die picque oder lantze schwingen. Corvinus fons latinit. 728ᵃ; die picke schwingen, brandire, lanciare la picca, it. giocare della picca. die lantze schwingen. Kramer dict. 2, 725ᵇ; den spiesz schwingen, hastam vibrare. Steinbach 2, 556; schwingen, wie ehmal die piquenier die piquen, vibrare hastam, protendendo et colligendo sive retrahendo movere. Frisch 2, 251ᵃ; dann er bedorfft noch nicht des Achillis Peliasspiesz, den niemand als er schwingen kont. Garg. 117ᵇ; im kriege schwung der Deutsche mit mächtiger faust seine kurze lanze. Sturz 2, 181; kein student, der irgend die waffen schwingen konnte, blieb daheim. Treitschke d. gesch. 1, 431; dasz die kriegskeule und das skalpirmesser auf seinem boden nicht geschwungen werden dürften. Freiligrath⁵ 6, 180;
Îrinc der vil küene   den schilt über [houbet] swanc.
Nibel. 1990, 1;
die schilde si swungen   hinder sich zehant.
Alpharts tod 432, 3;
er .. schwung sein mordschwerdt auf, das auf den fürsten kam.
drohend schwang er (der tod) seine hippe.
Lessing 1, 64;
weiter schaue. du siehst, ferne in osten steht
dir ein riese; du selbst lehretest ihn, sein schwert,
seine keule zu schwingen.
Herder 29, 211 Suphan (Germanien);
ach! Trudchen, wie voll angst und noth,
sah hoch die säbel schwingen.
Bürger 54ᵃ;
jede faust
schwung einen arf, mit eisen scharf bespitzt.
151ᵃ (δοῦρε δύω .. πάλλων. Il. 3, 18 f.);
sind wir denn wehrlos? wozu lernten wir
die armbrust spannen und die schwere wucht
der streitaxt schwingen?
Schiller Tell 1, 4;
und wenn, von einem männerarm geschwungen,
ein Türkenstahl mir durch das hirn gedrungen.
Seume ged. (1826) 247;
der jüngling sprichts, ihn kraft durchdringt:
das schwert er hoch in lüften schwingt.
Uhland ged. (1864) 331;
jener hub sich in den bügeln,
wuthvoll seine lanze schwingend.
277;
er schwinget so schneidig sein blitzendes schwerdt.
Arndt ged. 280 (das lied vom feldmarschall);
der mann ist er gewesen, als alles versank,
der muthig auf gen himmel den degen noch schwang.
ebenda;
denn wo er seiner keule kraft geschwungen,
da hilft kein starker helm, kein doppelschild.
Gries Tassos befr. Jerusalem 19, 46;
das blanke eisen in der rechten schwingend.
Grillparzer⁴ 3, 226 (Sappho 5, 2);
Golo. o Genoveva, weihe du mein schwert!
Genoveva. am liebsten dazu, dasz es immerdar
in seiner scheide bleibe. doch, es will
geschwungen sein.
Hebbel (1891) 1, 102 (Genoveva 2, 4).
c)
die fahne schwingen ò schwencken, brandolare, dimenare, spiegare la bandiera, it. giocar di bandiera. Kramer dict. 2, 725ᵇ; man hat die fahne geschwungen. 725ᶜ; die fane schwingen, vexilla vibrare. Stieler 1983; schwingen, einen fahnen, vexillo vario motu ludere. Frisch 2, 251ᵃ; er (der adjutant) schwung dann die fahne über unsre köpfe und entliesz uns. Ulr. Bräker der arme mann im Tockenb. s. 88 Reclam,
der könig in Schweden der kühne held,
liesz seine blutfahnen schwingen.
Soltau hist. volksl. 1, s. 499 (vom j. 1632);
Johanna.     ich vor ihm herziehn! ich die fahne tragen!
Dünois. .. du schwangst sie im gefechte, trage sie
zur zierde nun auf diesem weg der freude.
Schiller jungfrau von Orleans 4, 3.
im bilde:
der schnelle tag ist hin, die nacht schwingt ihre fahn.
A. Gryphius 2, 328 (sonett. 2, 3).
d)
den hut, das hütlein schwingen, vibrare il, brandolare col cappello. Kramer dict. 2, 725ᵇ;
nur schlecht gesindel läszt sich sehn und schwingt
uns zum verdriesze die zerlumpten mützen.
Schiller Tell 3, 3;
jetzt schwingen wir den hut.
der wein der war so gut.
Hebel 1, 241;
wohl jauchzen die andern und schwingen die hüt'.
Uhland ged. (1864) 211.
in Nassau auch schwingen für den hut abziehen: wie ich an en vorbei geh un schwing, s. Kehrein 1, 373.
e)
eine fackel schwingen u. ähnl.:
ein geisterschwarm
faszt uns beim arm,
und schwinget im tanzen die brände!
Hölty 195 Halm.
meist im bilde:
wie lange schwingt die rasende megäre
die fackel?
Ramler 1, 38;
die Erinnyen schwungen ihre fackeln in die herzen der menschen. Herder 28, 150 Suphan; auf dem lande wie in den städten, in den provinzen wie in Paris wurde die fackel der empörung geschwungen. Schiller 9, 337.
f)
von allerlei gerätschaften, sie bei der arbeit handhaben:
schwinget rasch den langen rechen,
wendet flink die vollen zechen.
Seume ged. (1826) 206;
Michel schwingt die grosze gabel,
hebet schwitzend, wie zu Babel,
mächtig seinen riesenbau (den heuschober).
208;
wie schwingt sie die sense, wie streckt sie die mahden danieder!
Uhland ged. (1864) 238 (die mähderin);
stets läszt sie die sense, die kräftig geschwungene, rauschen.
239;
Siegfried den hammer wohl schwingen kunnt:
er schlug den ambosz in den grund.
332.
bei den bergleuten als technischer ausdruck fäustel, schlägel, keilhaue schwingen, handhaben, damit arbeiten, überhaupt bergarbeit verrichten. Veith 439; den fäustel schwingen, damit bohren; der mann hat noch keinen fäustel geschwungen, noch keine häuerarbeit verrichtet. Scheuchenstuel 222.
g)
daher auch weniger sinnlich die feder schwingen: Karoline Pichler, Johanna Schopenhauer .. schwangen die feder statt der nadel. Treitschke d. gesch. 3, 683. sogar die leier (rühren):
der vater schwingt die leyer,
der sohn der schwingt das schwerdt.
Arndt ged. 303.
h)
von andern dingen: wie man ein glühend rauchfasz schwingt. Hölderlin 2, 57 Köstlin; der landmann selbst aber war verpflichtet, bei den jagden seiner herrschaft hinter den netzen herzugehen und als treiber die klapper zu schwingen. Freytag neue bilder (1862) 41;
rosenwangen liegen hier im arme
der verwesung, hände,
die so schön den fächer schwungen.
Hölty 53 Halm;
ungewöhnlich würfel schwingen: den niemand bezwingen kann, der um Genua eiserne würfel schwingt, ist das Lavagna? Schiller Fiesko 5, 5.
i)
gläser schwingen beim gelage:
so laszt uns noch einmal vereint
die vollen gläser schwingen.
Platen 17ᵇ;
dort lassen lustge zecher
sich auf der felsbank nieder,
sie schwingen volle becher
und singen trunkne lieder.
Uhland ged. (1864) 397.
daher auch ausschwingen, austrinken, leeren:
wo funfzehn par schlinge den becher ausschwingen,
und volle zwey bakken den nachgusz verbringen.
Scherffer ged. 577
(anders ist schwingen für trinken, s. unten 4, b).
k)
getreide schwingen, es in der schwinge (s. daselbst 1, d) in die höhe werfen oder durch die luft schwenken, um es von spreu und unreinigkeit zu säubern: vannare, hochd. wannen, schwingen mit der wannen, wannen die frucht vel trustern vel swingen das futer. Dief. gloss. 606ᵇ; wienten, swingen. nov. gloss. 376ᵇ; getreide schwingen, ventilare frumentum. Stieler 1983; schwingen, mit der wanne, als das getraid, vannere, vanno purgare. Frisch 2, 251ᵃ; absolut: es kompt ein dürrer wind uber dem gebirge her, ... nicht zu worffen noch zu schwingen. Jerem. 4, 11; die hofmäler an der herren höfen liesz er den haberlachenden pferden, die jhn wol hören schwingen, aber nicht sehen bringen. Garg. 46ᵃ; wollen beym dreschen schon schwingen und worfeln, dasz der staub in die lüfte fliegt. Fr. Müller 2, 17. — weizen: denn diese (leibesübungen) sind dem menschlichen körper was das schwingen dem weitzen ist, alle acheln und spreuer fliegen davon, und das reine korn drängt sich dicht in einen hauffen zusammen. Wieland Luc. 4, 354; besonders haber (als pferdefutter): habern schwingen, das futter schwingen, vannare, svannare, vagliare, sventolare l' avena, crivellare, purgare la biada (per le bestie). Kramer dict. 2, 725ᵇ; hafer schwingen, immistam paleis avenam ventô separare, sive vannô expurgare avenam. Stieler 1983; mit der futter-wanne den pferden den haber schwingen, vanno ventilare avenam. Frisch 2, 251ᵃ; mit dem habern (welchen er mit einer wannen schwinget, so dasz die sprew und staubelsse an der lufft ausgesaubert werden) füttert (er) es (das pferd). Comenius sprachenth. 450;
der Lindenschmid der het einen son,
der solt den rossen das futter tun,
den habern tet er schwingen.
Uhland volksl.² 272 (139 A, 8).
daher auch das futter schwingen (zugleich um es durch einander zu mengen), vgl. oben die glosse: anderswo heben die bankgenossen eines herrn nur die garben in den bansen, sie schneiden und schwingen das futter. Freytag ahnen 1, 111;
swing im vuoter, mach eʒ rein.
so bin ich deins vaters gedingter knecht
und schwing dem röszlein sein futter!
Herder 25, 122 Suphan.
so auch ausschwingen:
swer helwen gar ûʒ swunge,
der sâme wurde guot.
minnes. 2, 388ᵃ Hagen.
bildlich: Claudine ist nun in der arbeit, wird, so zu sagen ganz neu ausgeführt, und die alte spreu meiner existenz herausgeschwungen. Göthe 29, 142. — ähnlich den gewaschenen salat etc. schwingen, scotere l' insalata lavata, sciacquarla. Kramer dict. 2, 725ᵇ.
l)
glocken schwingen, durch ziehen am strang in schwung versetzen:
die glocke tönet, wenn man sie geschwungen.
Uhland ged. (1864) 146;
ich liesz ir das kupfer schwingen
recht wie man den toten tuͦt.
volksl.² 586 (292, 9).
m)
sonst etwas hin und her bewegen:
wenn schlanke lilien wandelten, vom weste leis geschwungen,
wär' doch ein gang, wie deiner ist, nicht gleicherweis' gelungen!
Keller 10, 12.
n)
vgl. noch: schwingen, als wäsche, linteamentorum sinus movendo explicare. Frisch 2, 251ᵃ.
o)
an stelle von etwas schwingen sagt man zuweilen mit intransitiver fügung (vgl. 7) mit etwas schwingen:
Ludmoer metter langher nese
droech enen loodwapper an een pese,
ende ghincker met al omme swinghen.
Reinaert 795.
3)
so mit bezug auf lebende wesen.
a)
vom vogel, die flügel schwingen: das schwingen der flüglen, pennarum iactatus Maaler 367ᵈ; die federn schwingen im fliegen, scotere, battere, sbattere, dimenare le ali ò li vanni nel volare. Kramer diction. 2, 725ᵇ; die flügel schwingen, alas jactare; der hahn schwingt die flügel, gallus alas quatit. Steinbach 2, 556;
do swang das störkelin sin gevider
und machte sich balde zuo lande herwider.
schnell schwung der adler sein gefider.
H. Sachs 1, 419ᶜ;
langhalsige gänse
verjagen von ihrer zucht mit hochgeschwungenen flügeln
den zottichten hund.
itzt schwingen sie lachend die flügel und säuseln über den garten.
15;
so wie der sommervögel chor,
wenn sie der herbst vom felde scheucht,
die flügel schwinget, und entweicht.
Kretschman 1, 176 (klage Rhingulfs 3);
den wagen zogen
schöne schnelle spatzen, sie schwungen ihre
schwarze flügelchen.
Herder 26, 166 Suphan.
oft geht die flügel schwingen vollständig in den begriff des fliegens über, sodasz sogar richtungsangaben hinzutreten können:
mein gfider will ich schwingen
gen holz in grünen walt.
Uhland volksl.² 37 (14 C, 2);
bald das hörtn die waldvögelein,
schwungens jr gfider allgemein
auff in die lufft, darmit empflogen.
H. Sachs 4, 3, 103ᵈ;
vgl. auch Uz 85, s. unten.von andern thieren, z. b. insecten, vgl. die flügelschwingende mücke. Herder 15, 418 Suphan.von geflügelten fabelwesen, so von einem ungeheuer, das den krieg versinnbildlicht:
es schwung sein flügel auff und flug
durch berg und thal und finstre welder.
H. Sachs 1, 326ᵇ.
b)
von engeln: da schwungen die cherubim jre flügel, und erhuben sich von der erden. Hes. 10, 19 (vgl. 16. 11, 22); ich bilde mir nicht anders ein, als ob ein grosse schaar der engel den vorzug hätten, ... wie sie vor jnniglicher wonne die flügel daher schwüngen, und das ganze siegsheer zur höchsten frewde anmahneten. J. M. Meyfart d. himml. Jerusalem (1630) 1, 118. von den antiken göttern und ähnlichem: temo flúgescuhe ióh tiên súftelaren gesuúngenen. floûg fúre mercurius (petaso autem ac talaribus concitatis. coepit preire mercurius). Notker 1, 720, 23 Piper (Marc. Capella 1, 21); dáʒ sî (die philologia) in nôtte (irrig für urgeatur) erbúretên únde gesuúngenen féttachen die uuîtina eruuállon. die ûʒerhálb tes hímeles sínt. 730, 7 (1, 27);
den sternen schwingest du (Uranie)
dein brausendes gefieder zu.
Uz s. 85 Sauer.
von Dädalus:
kunsterîche er sie (die fittiche) bouc,
daʒ sich die luft dar în smuoc
und er sie swunge deste baʒ.
von personificierten abstracten:
die nacht schwang ihre feuchten flügel
schon über die bethauten hügel,
und schlummerte den erdkreis ein.
Lichtwer 119 (fabeln 4, 1);
der schlaf stand auf der flucht, und schwung schon sein gefieder.
Dusch verm. werke 130;
die winde schwangen leise flügel,
umsaus'ten schauerlich mein ohr.
Göthe 1, 75.
so auch:
lasz die begeisterung die kühnen flügel schwingen.
Schiller 1, 27.
c)
von andern thieren, ein glied schwingen, z. b.:
zwô schære eʒ (das meerwunder, ein krebs) vor im swanc.
Heinr. v. Neustadt Apollon. 10025;
sogar von pflanzen:
und die traurigöden fichten
schwangen über seinem haupte
ihre dunkelgrünen fächer,
schwangen ihre purpurzapfen,
seufzend mit ihm, ihn zu trösten.
Freiligrath⁵ 6, 123 (Hiaw. 15).
vom menschen: ist auch darumben gut, weilln ich mein træctætel kurtzn grad nach Franckreich schick, so kunens die hochgschnupfften nigln, die ausz hochffart alleweil den arsch so schwingen, sechn, dasz in Tyrol auch kaine heu ochssen wohnen. tintenfäszl 70;
und (wenn) in der wellen silbernem gewälze
ein mädchen sammetglieder schwang.
Schiller 1, 249;
wo die becher des nektars erklangen
auf des Pelion wolkichtem kranz,
kamen die zierlich gelockten (kamönen) und schwangen
goldene solen im flüchtigen tanz.
6, 205 (Iphig. in Aulis 1299).
d)
einen menschen schwingen, besonders ein mädchen im tanze: ein mägdlein im tantzen schwingen, dimenare, scrollare una donzella nel ballo. Kramer dict. 2, 725ᵇ; eine jungfer im tanze schwingen, circulares, sive puellares choros palmis inter se nexis inire, variosque flexus exprimere. Stieler 1984; die burschen sollen ihre mädel schwingen, dasz ihre röcke dem mond seine verschlafnen augen auswischen sollen. Ludwig 2, 486;
dann schwing ich liebchen im tanz.
Hölty 163 Halm;
und als er sie schwingt nun im luftigen reigen,
da flüstert sie leise.
Uhland ged. (1864) 327.
daher auch den reyhen schwingen, menare la ridda. gall. mener le branle. Kramer dict. 2, 725ᵇ; einen reigen schwingen, saltatorium versare orbem. Stieler 1984.
e)
in anderm sinne: an dem seile schwingen, oscillare Steinbach 2, 556 (häufiger reflexiv, s. 6, a). gewaltsam fassen und reiszen:
Parzivâl in nider swanc.
Parz. 197, 28.
ferner mit unpersönlichem subject:
jenen schwang wie den kräusel der wurf, und er taumelte ringsum.
Voss Il. 14, 413;
wir spielten mit dem schicksal, und es that mit uns ein gleiches. vom bettelstabe bis zur krone warf es uns auf und ab. es schwang uns, wie man ein glühend rauchfasz schwingt. Hölderlin 2, 57 Köstlin.mit bezug auf einen bären:
und (der bär) sicht jm in
sin nasen glegt ein ysin ring,
vor jm ein, der jn zieht und schwing.
Zwingli 3, 248.
häufiger ist überall die reflexive fügung, s. unten 6. auch intransitiv steht schwingen in der bedeutung ringen, s. 7, h.
4)
während schwingen in den bisher behandelten gebrauchsweisen auf eine kreisförmige oder hin und her gehende bewegung hindeutet, entwickelt es in andern, eben so häufigen anwendungen den begriff der fortbewegung ('mit schwung fortschleudern', vielfach abgeblaszter) und nimmt angaben der richtung (ortsadverbien und präpositionelle ausdrücke) zu sich. hierher gehören auch die meisten der sogenannten trennbaren composita, wie dahin-, empor-, fort-, hin-, hinauf-, hinweg-, nieder-, zurückschwingen u. a., s. daselbst.
a)
mhd. vom schleudern der steine:
den stein huop vil hôhe   diu edel maget guot:
sie swanc in krefteclîche   verre von der hant.
Nibel. 435, 3;
manigen herten stein er swanc
ûʒ der slingen den vînden.
Ludwigs kreuzf. 3279.
sonst mit sächlichem object:
den scherm er von der hende   gar zebrochen swanc.
Nib. 465, 1.
b)
unsinnlicher von flüssigkeiten:
genc her, swing in dich den wîn.
andre verbindungen nähern sich der bedeutung 5:
er sol tou von bluomen swingen.
minnes. frühl. 261, 11;
von solhen itewîʒen   mit sînen handen wîʒen
swanger alsô tougen   die zaher von den ougen.
fundgr. 2, 152, 31;
die göttin, welche war trieffnasser,
die schwang ausz jrem haar das wasser.
H. Sachs 2, 2, 98ᶜ;
ähnlich:
ende Reinaert mocht beter an ende of,
die hem pisse, sant, mul ende stof
dicwijl in sijn oghen swanc.
Reinaert 7085.
c)
von winden (als subject):
auf zerstückten brettern kommen kriegesheere angeflogen,
die der sturm, nebst steur und segeln, zu der wolken höhe schwingt.
E. v. Kleist 1, 127;
(wir) stehen morgen im wetterstrahl,
wo die stürme die wolken schwingen.
Keller 9, 194.
sonst mit sächlichem subject (in kühner construction, indem das attributiv stehende particip das object im genitiv zu sich nimmt):
heiliger äther, ich bete dich an, du aller gestirne
schwingende kraft, die sie hält und bezähmt, und mit lebendem feuer
anhaucht.
Herder 26, 180, 4 Suphan.
d)
den mantel, ein tuch um sich schwingen, so besonders in der ältern sprache:
ouch swanc diu frouwe umb ir lîp
von samît einen mantel lanc.
Parz. 192, 18;
umb sich siʒ deckelachen swanc.
801, 1;
einen mantel er umb sich swanc.
Heinr. v. Neustadt Apollon. 4046;
darmit sein mantel umb sich schwüng.
H. Sachs fab. u. schwänke nr. 309, 106;
(im bilde:)
mein Geszner! die natur erwacht,
sie schwingt die holde frühlings-tracht
um die nun lang entblöszten glieder.
Haller ged. 115;
sonst von kleidern und ähnlichem in andern verbindungen:
vil manegen gürtel spæhe   rîch unde lanc
über liehtiu kleider   manic hant dô swanc.
Nibel. 535, 2;
ein failen tuoches von Sûrîn ...
die swang er über diu bluotes mâl.
Parz. 301, 30;
zu letzt gieng er hinzu,
thet auff ein baum vil blick
und zog herausz ein strick,
thet umb ein ast den schwingen.
H. Sachs 2, 2, 56ᵃ;
der pfaff ...
sein korock von dem halse schwang.
fab. u. schwänke nr. 80, 22 neudr.
e)
einen menschen wohin schwingen:
er swanc in ûʒ dem scheffe.
Nibel. 1516, 1;
als ein garbe häberîn
vastern under de arme swanc.
Parz. 265, 15;
Gâwân in bîme hâre dô
begreif und swang in underʒ pfert.
521, 8;
Gâwân ûf daʒ pfärt si swanc.
522, 25;
alse he (der heilige geist) de apostel entfenck
unde over de werlde swengk (zerstreute).
schichtspeel 205 (d. städtechron. 16, 108);
er nahm sie bei ihrem seidenen schopf
und schwung sie hinter sich auf sein rosz.
wunderhorn 1, 80 Boxberger;
das er heint zu der mettenzeit
ge auf der parfüsr kirchhof nab,
und ziehe aus dem doten grab
Stanadio, den doten mon,
und schwing in auf sein achsel schon
und trage in her in mein haüs.
H. Sachs fastn. sp. 7, 131 neudruck;
er nahm sein lieb, mit einem schwung,
und schwang's auf den polacken.
Bürger 53ᵇ;
doch Frithiof auf das schild-rund schwung
das kind sogleich.
quelle bei Göthe 46, 303;
und jenseits er das kindlein fand,
das sah so wunderlieblich aus,
dasz er es flugs mit starker hand
schwang auf die schultern hoch hinaus.
Arndt ged. 309;
nun wollten sie's anstatt mit ringen und mit dringen
mit schwingen in die luft vollbringen und erzwingen.
los lieszen vater sich und sohn, und seine hand
ausstreckte jeder nach des andern gürtelband.
und Rostem schwang den sohn empor mit einem schwunge
am gürtel.
Rückert (1882) 12, 228 (Rostem u. Suhrab 100).
f)
glieder schwingen, so mhd. die arme um einen (wofür jetzt schlingen):
daʒ er umb iuch sîn arme swanc.
Ulr. v. Liechtenstein bei Lexer hdwb. 2, 1378.
anders: swenne dû die arme nâch der unkiusche geworfen hâst unde hôhverteclîche geswungen unde gestellet hâst zuo tanzen unde zuo helsen. Berthold v. Regensburg 1, 516, 2;
sîn zeswer arm von schellen klanc,
swar ern bôt oder swanc.
Parz. 122, 8.
das haar aus dem gesichte schwingen, streichen, u. ähnl.:
daʒ hâr er von den ougen swanc.
Heinr. v. Neustadt Apollon. 16205.
das haupt empor schwingen, richten:
doch er alleine schwung sein kluges haupt empor.
seine füsze wohin schwingen, richten, lenken:
da hin ich mein fuͤʒʒe swank
und ging dem selben steige nach.
Suchenwirt 11, 4.
so auch den leib, von thieren:
schau, wie voran in weiten sprüngen
den starken leib die hunde schwingen.
sonst sind die meisten dieser verbindungen jetzt kaum noch üblich.
g)
unsinnlicher die augen wohin schwingen, die blicke richten, so mhd.:
swing im liebe gerndes sinnes ougen.
minnes. 1, 208ᵃ Hagen;
die ougens in den himel swanc.
Lamprecht v. Regensburg tohter v. Syon 3257.
h)
den geist, sinn u. a. wohin schwingen:
mensch wo du deinen geist schwingst über ort und zeit,
so kanstu jeden blik seyn in der ewigkeit.
Scheffler cherub. wandersm. s. 15 neudr. (1, 12);
doch wer den edlern sinn, den kunst und weiszheit schärfen,
durchs weite reich der welt, empor zur wahrheit schwingt.
Haller ged. 38;
das bild durch einen vergleich erläutert:
d'rauf hast du deinen feur'gen muth,
gleich wie ein schneller adler thut,
durch das gewölk geschwungen.
Scheffler 1, 211 Rosenthal.
mit sächlichem subject:
sie (die liebe zu sich selbst) schwingt den geist empor, sie lernt die ehre kennen.
134;
so auch:
die lieb der gerechtigkhait   tuet im furdrung bringen,
sein mild und warhait   wird in hoeher schwingen.
Wagner archiv 1, s. 164, 14 (lied auf die schlacht von Pavia).
ohne richtungsangabe, treiben: du scheinst mir wegen der fremden übermäszig besorgt. wer sind sie? denn nicht gemeines verlangen, sie zu retten, schwingt deine seele. Göthe 57, 89.
i)
dichterisch auch die stimme, klänge schwingen:
wohl dem, der frei kann singen
wie du, du volk der luft,
mag seine stimme schwingen
zu der, auf die er hofft!
wunderh. 1, 331 Boxberger;
also dacht ich, da in dämmerungen
mich die lieben bilder rings umgeben,
und da ist ein saitenspiel erklungen,
goldne töne ernsthaft mich umschweben.
wer hat also kühn den klang geschwungen?
wer mag also frei die töne weben?
Brentano 2, 498;
mit dem kreuz vorüberziehen
erst die priester traurig singend,
und das volk liegt auf den knien,
chöre durch die lüfte schwingend.
3, 442.
so auch:
alszdan entsetzend sich ab gottes schwerem grim,
durchdringen sie zugleich die mawren und die schmertzen,
und schwingen bald für got jhr leyd durch jhre stim,
durch seufzen jhre hertzen.
Weckherlin 243 (ps. 107, 14).
hierher auch die burschikose redensart eine rede schwingen.
k)
zuweilen wird schwingen auch in andrer richtung vergeistigt, indem es bedeutet 'in einen zustand versetzen':
bis auf diesen leichenvollen hügeln
die allmächtige posaune klingt
und nach aufgerisznen todesriegeln
gottes sturmwind diese leichen in bewegung schwingt.
Schiller 1, 182;
wenn der schöpfrische fürstenstab auch die träume des fürstlichen fiebers ins leben schwingt. 3, 85 (hier in anlehnung an die bedeutung 1, a bez. 7, a: durch das schwingen des stabes werden sie ins leben gerufen). — aus einem zustande reiszen, heben:
so wurtz und chraut sein riechen geit
dem sueʒʒen luft tzu stewre;
und alle createwre
von ungemuet swinget.
(oder intransitiv, zu 7, b).
5)
wie schlagen sowol bedeutet 'einen schlag worauf führen' als auch 'etwas schlagend, zum schlage bewegen', so entwickelt auch schwingen neben der bisher behandelten bedeutung 'etwas mit schwung bewegen' die verschobene 'eine schwingende bewegung bez. einen geschwungenen gegenstand worauf richten', so dasz es nahezu gleichbedeutend mit schlagen gebraucht wird.
a)
hierher gehört zunächst die unter 1 angeführte redeweise (sofern nicht dafür ein besonderes wort anzunehmen ist).
b)
ferner gewisse besonders im mhd. und im ältesten nhd. übliche wendungen, wie einem das haupt, das bein ab, hinweg schwingen (durch schwung des schwertes wegschlagen):
ein bein hin ab er im swanc.
Parz. 571, 29;
Achille wolt er hân daʒ bein
geschrôten und geswungen hin.
troj. krieg 34915;
er zuckt sin swert unmassen lang,
dem winde er das houpt dannen swang.
Hans v. Bühel Dyoclet. leben 1408;
Reynhart ... gab eynem Persier mit dem namen Orrent ... eyn solchen streych auff seinen helm, das er jm das haupt wol spieszlangk hinwegk schwangk. Aimon. C 2ᵃ. — dieselbe verschiebung liegt auch vor in der wendung:
dâ si mit swerten hôrten schal
und fiwer ûʒ helmen swingen.
Parz. 705, 17.
c)
sonst wird schwingen für schlagen besonders als technischer ausdruck für gewisse landwirtschaftliche oder gewerbliche thätigkeiten gebraucht, so besonders flachs schwingen, ihn nach dem brechen an einem gestell (s. schwingeblock) mit einem dünnen, breiten brett oder auch einem ähnlich geformten eisen (s. schwinge 1, b, schwingbrett, -messer, -stock) schlagen, um ihn von den 'schäben', den resten der zerbrochenen hülse, zu befreien, s. Jacobsson 4, 109ᵃ. Karmarsch-Heeren³ 3, 517; flachs, hanf etc. schwingen, scotolare, gramolare, battere, maciullare, fare il lino, il canape etc. Kramer dict. 2, 725ᵇ; geschwungener flachs, ungeschwungener flachs. 725ᶜ; flachs schwingen, cortices lini decutere. Stieler 1983; ebenso hanf schwingen, s. Bobrik 620ᵇ. — diese verwendung ist im deutschen zu allen zeiten und in allen gegenden allgemein verbreitet. sie findet sich im mnd.: ouch nymant sall swingen noch braken noch bocken noch derschen by kersen, den men scholde den besten hennep sswyngen. quelle s. bei Schiller-Lübben 4, 500ᵇ. wie hier, so ist auch in den neund. mundarten dies die einzige oder doch die vorherrschende bedeutung von swingen, s. die unter I, 4 angezogenen idiotiken.im mhd.:
die begreif ich dâ si flahs ir meisterinne swanc.
absolut:
bî dem muost dû niuwen
dehsen swingen bliuwen.
meier Helmbrecht 1360;
si kan beidiu, dehsen unde swingen.
minnes. 1, 41ᵇ Hagen;
dô hôrte ich eine swingen;
wan si dahs.
59ᵇ.
nhd.: item von rangseilen, eselseilen, lein, zugseilen, alles von newen geschwungen seinem zeug. Tucher baumeisterb. 109, 16 Lexer; item, wer ungeschwungen werch oder hannff in die stuben zetheren thuot. Grimm weisth. 1, 216 (canton St. Gallen, vom jahre 1495); an letzterm ort kamen wir bei einem schopf vorbei, wo etliche mädchen beim licht flachs schwungen. Ulr. Bräker d. arme mann im Tockenb. 66 Reclam.ebenso in den lebenden hd. mundarten, s. Hunziker 237. Schm. 2, 639. Schöpf 663. Reinwald 1, 151. Spiesz 231. Schmidt 216. Hertel 43. sprachsch. 225.
d)
einen baum schwingen, per esempio nuszbaum, dimenare, crollare, scotere un' albero, per es. nogaro etc. per coglierne i frutti. Kramer dict. 2, 725ᵇ; nüsse schwingen, mit einer langen stange vom baum herunterschlagen. Stalder 2, 364. Seiler 267ᵃ. Kehrein 1, 373. besonders im ältern nhd. oft belegt: ouch mag ein swein alle tag lesen ein fierling eicheln in sinen sag, und nit me, den swinen nach, und sol ouch nit schütten noch swingen. Grimm weisth. 4, 510, 32 (Sasbach, vom j. 1432); item es sol auch keiner eycheln in dem walde swingen. 520, 14 (eckerichsordn. des Luszhartwaldes um 1434, s. auch zeitschrift f. d. gesch. des Oberrheins 3, 409); were esz sach, dasz ein man het eckeren uf seinen oder schaftgultigen güeteren, solchs eckeren hat derselb man zu geniszen, dasz zu reiszen und zu lassen oder schwingen. 5, 707, 29 (Mittelbexbach, vom j. 1482); ein nuszbaum, der sol auch nüt (tragen) er werde dann wol geschwungen. Keisersberg brösaml. 2, 19ᵃ; die nüsse soltu schwingen lasen, wann sie anfahen sich auszzuschälfen. Sebiz feldb. 358; oder dasz einer, weil der ander die eycheln unnd nusz schwung, dieselben inn des tapffer in sich frasz. Garg. 195ᵃ; umb die zeit, wann man die nusz schwinget. 197ᵃ; under des lieffen die taglöner, welche daselbs herumb nusz schwungen, mit jhren langen stangen, nuszschwingern unnd nuszbengeln herzu, schmissen so unbarmhertzig auff die arme fladenbecken, als ob sie noch wolten nusz schwingen. 198ᵇ; man musz die nüsz mit stangen schwingen so sie fallen sollen. Lehmann 29; mhd. abe swingen:
der gelust si des bedwanch   daʒ si (Eva) eineʒ (ein obst) her abe swanch.
genes. 14, 9 Diemer;
sô rehte drâte nie gerisen
die nüʒʒe, die man abe swanc,
sô balde tôt dâ nider sanc
der ritter manicfaltekeit.
troj. krieg 32475.
e)
schwingen oder schlahen wie die kürsiner die fäl schlahend. Maaler 367ᵈ.
f)
schweizerisch nidle schwinge, den rahm mit einer ruthe peitschen; g'schwungni nidle Hunziker 236.
g)
hier sei auch erwähnt schweizerisch eier schwingen (aijer schwinga), quirlen, rühren. Stalder 2, 364. Tobler 405ᵃ. Seiler 267ᵃ.
h)
andere vereinzelte wendungen zeigen eine weitere entwicklung der bedeutung, so schwingen mit innerm object:
ich swinge im alsô swinden widerswanc.
mangen ritterlîchen swanc
swanc sîn ellenhaftiu hant.
i)
durch schwingen (eines dinges etwas anderes) herstellen, so linien schwingen, mit schwung der feder ziehen: es freut, die bunten striche zu betrachten, durch welche der fleiszige mönch in der Sachsen- und Frankenzeit die anfangsbuchstaben seiner kapitel umrankt. denn man sieht, wie grosz sein behagen war, als er die linien schwang. Freytag bilder 1, 406.
6)
sehr zahlreich und gewöhnlich sind reflexive gebrauchsweisen.
a)
zunächst von einer oscillierenden bewegung, so von menschen, sich schaukeln: sich auf einem schlappseil künstlich schwingen, dimenarsi, crollarsi, cioè brandolarsi, strapparsi in sulla corda, farvi delle strappate. Kramer dict. 2, 725ᵇ; sich schwingen an einem seil, oscillare. Frisch 2, 251ᵃ, vgl. Adelung; doch wurde die unbequemlichkeit von der jugend weniger empfunden, weil ihr etwas mehr spielraum als bisher, und manche gelegenheit sich auf balken zu schaukeln und auf bretern zu schwingen, gelassen ward. Göthe 24, 21;
scherzte sie mit ihren frauen,
schwang sich in der rebenschaukel.
Freiligrath⁵ 6, 27 (Hiaw. 3).
b)
ebenso von dingen, so von den periodischen schwingungen eines pendels, auch der luft, des äthers in den schall-, lichtwellen u. ähnlichem: so schwingt sich das pendul einer uhr von einer seite zur andern. Adelung; weil die tonkünstler so wenig ein text abschreckt, dasz sie nicht nur gedankenleere desselben, was verzeihlich ist, sondern sogar philosophische fülle tönen, und statt des luft-elementes das äther- und lichtelement schwingen lassen. J. Paul vorsch. der ästhetik 3, 87. in diesem sinne auch intransitiv, s. unten.von unregelmäszigen, vereinzelten bewegungen, schwanken:
der steg under jhn thet sich schwingen,
schwengt jhr etlich hinein in bach.
Ayrer 2143, 14 Keller.
vgl. auch sich herumschwingen: da ein verbreiteter stoff zu bildung verschiedener himmelskörper .. um die sonne sich herumschwung. Kant 6, 109.
c)
meist bezeichnet sich schwingen eine bewegung in bestimmter richtung von einem orte zum andern (s. 4). in diesem sinne gern von lebenden wesen, so vom vogel, sich schwingen, fliegen, oft absolut:
ich soll und musz ein buhlen erringen,
schwinge dich, falke, schwing dich!
du sollst mir ihn aus den lüften bringen,
schwinge dich, falke, schwing dich!
wunderhorn 1, 121 Boxberger;
ein vogel hat sich geschwungen,
laszt sehen, wo er sich setzt!
Uhland ged. 230;
wenn ein krystall der gletscher schien
und adler sich geschwungen.
vergl.:
ein holdes wunder schienst du mir zu sein,
das, wie ein vogel wohl die flügel netzt,
nur gaukelnd sich in fleisch und blut versenkt,
und das, in unverlornen adels kraft,
mit allem ernst der zeitlichkeit nur spielt,
weil es sich schwingen kann, sobald es mag.
Hebbel (1891) 1, 82 (Genov. 1, 2).
selten sagt man sich schwingen nur in dem sinne 'mit den flügeln schlagen', vgl.: sich schwingen wie die hanen, wann sie wollen krähen, sbattersi; battere le ali; gallucciarsi, ingallucciarsi prima di cantare. Kramer dict. 2, 725ᵇ.
d)
gewöhnlich mit angabe der richtung: sich in die lüfte schwingen wie der adler, scagliarsi, sciorinarsi in aria, à guisa di aquila. ebenda; der adler schwingt sich in die luft, aquila pennis sublime effertur. Stieler 1983; der vogel schwingt sich in die höhe, avis alta petit. Steinbach 2, 556; sich schwingen, in die lufft mit den flügeln, alis attollere se in auras; pennis in sublime efferri, evolare. Frisch 2, 251ᵃ; wenne er (der falke) den raup siht, den er vâhen wil, sô swingt er sich auʒ. Megenberg 186, 7; die nachtigaln und andere sangvögelein .. schwingen sich mit einem frölichen gesang uber sie, und strewen die blümlein auff der geste heupter. Rollenhahen ind. reise (1603) 119;
embor die fogel sich swungen.
erlösung 143;
nach dem er (der schwan) sich auch schwung zu mir.
H. Sachs 3, 2, 205ᵈ;
von fledermäusen:
so wie die fledermäus' im geklüft der schaudrichten höhle
schwîrrend umher sich schwingen.
Voss Odyssee 24, 7.
e)
von menschen und andern wesen, häufig von einer bewegung aufwärts: sich in die höhe schwingen, inclarescere, tendere ad altiora. Stieler 1983; sich hoch schwingen, in altum tolli. Steinbach 2, 556; von Dädalus und Icarus (mit künstlichen flügeln):
Daidalos sprach es, und hub sich; der junker
fühlte sich nicht vor entzücken! kühn schwung er
nah sich dem vater, hoch über ihn hin!
Stolberg im Hamburger musenalm. 1788 85.
von göttern, phantasiewesen, personificationen, schweben oder fliegen: hier schwieg sie (die fee) .. und schwung sich auf einer blauen wolke in die höhe. Rabener 5, 68;
schwinge dich wolkenan!
Hölty 73 Halm (an die phantasie).
vom sterbenden (vgl. m):
lasz gleich den tod mit groszem grimm
hergehn aus allen ecken; ...
indessen schwing   ich mich und spring
ins paradies mit freuden.
P. Gerhardt nr. 59, 55 Gödeke.
von menschen, in eigentlichem sinne: mit einem festen rucke schwang er sich auf die spitze des felsens u. ähnl.; Traudel hatte sich auf eine herdecke geschwungen. Anzengruber³ 5, 205;
diu künegîn sich ûf swanc
und kam ob ûf den stein.
so auch:
der jüngling schwieg
und det zw nacht sich nit lang saümen,
im garten an gemeltem paümen
hinaüf stig, sich ins fenster schwang.
H. Sachs fab. u. schwänke nr. 107, 57 neudr.
springen:
sî swanc sich ûf reht als ein vogel.
vom versinkenden, sich emporarbeiten, auftauchen:
da der schöne jüngling sank! er schwung sich herauf, sein blut
färbte den strom, dann sank er wieder, und starb!
Klopstock 1, 235.
(hypothetisch:)
wenn sie zum himmel auf sich schwingen wollte, ..
der Perser könnte, ihren wünschen fröhnend,
geflügelter sich in die luft nicht heben!
H. v. Kleist Penthesilea 7.
f)
sehr häufig sich auf ein pferd schwingen, scagliarsi etc. sul cavallo, volteggiarsi, auventarsi, lanciarsi in sella. Kramer dict. 2, 725ᵇ; sich aufs pferde schwingen, in equum insilire. Stieler 1984. Steinbach 2, 556; er schwang sich auf sein pfert. Wilh. v. Österreich 27ᵇ; so schwung er (der mensch) sich aufs rosz, dasz es ihn trage. Herder 13, 367 Suphan (ideen 9, 3); in dem augenblick liesz er die gabel fahren, und schwung sich auf das wüthende thier (den ochsen). Siegfr. v. Lindenberg⁴ 2, 346; nachdem ich meine physik der armen krankverdrieszlichen küchmagd übergeben .., schwang ich mich aufs pferd. Göthe 30, 108; und hiermit schwang er sich schnell auf sein pferd. Eichendorff² 3, 122;
ebenstarc und ebenhôch
was eʒ (das rosz) zu mâʒe wol dem man;
dar ûf sich swanc her Tristan.
Heinr. v. Freiberg Tristan 1646;
ûf diu ors sie sich swungen.
krone 11461;
der reutter zwangh sich auff sein pferdt,
er reidt wol uber bergh und tieffe dael.
Mittler volksl. 316, 3,
komm, schürze, spring' und schwinge dich
auf meinen rappen hinter mich!
Bürger 14ᵇ;
ach, auf das muthige rosz mich zu schwingen,
an den fröhlichen zug mich zu reihn!
Schiller M. Stuart 3, 1.
dafür auch sich zu pferde schwingen: beide schwangen sich darauf zu pferde. Göthe 18, 313; ich schwang mich, mit einigen guten gesellen, zu pferde und so begaben wir uns auf den marsch. 30, 51;
einsmals schwang er sich zu pferde.
Uhland ged. (1864) 276.
in den sattel:
als kriegsruf erklang,
hei! wie der weisze jüngling in'n sattel sich schwang!
Arndt ged. 280.
[anders dagegen sich im sattel schwingen:
im sattel jeder sich gleich einem feuer schwang
und setzte seinen hengst wie einen berg in gang.
Rückert (1882) 12, 150 (Rostem 23).]
auch blosz sich aufschwingen: (sie) schwung sich in ihrem reitkleid auf, und wie der blitz nach dem wäldchen. Klinger theater 2, 203 (d. neue Arria 3, 1).
g)
sich hernieder schwingen, von Christus:
als er sich nun herniederschwung
und näher die weite erde sah.
Göthe 56, 23;
vom menschen, eigentlich:
in den abgrund, der schwindelsteil
sich unten verlor, behend am seil
mit der kerze, die jeder trug,
schwangen wir uns hinunter im flug.
A. F. v. Schack s. deutsche dichtung 6, 117ᵃ.
vom pferd oder wagen: sich vom pferde abschwingen, scite ab equo desilire. Stieler 1984;
könig Esthmer schwung sich ab vom rosz.
Herder 25, 239 Suphan;
so freut' auch Menelaos sich ...
und schwung, der rach' am falschen schon gewisz,
vom wagen vollgerüstet sich herab.
Bürger 151ᵃ (Il. 3, 39).
h)
einfach im sinne der bloszen ortsbewegung, verschieden nuanciert: und wenn er sein (des leviathans) ansichtig wird, schwinget er sich dahin. Hiob 40, 28; sie .. fragte, ob er noch etwas zu befehlen habe, und schwang sich zur thüre hinaus. Göthe 18, 183;
dasz ich dich, lieb, musz meiden,
tut meinem herzen we;
so schwing ich mich über die heiden
und seh dich nimmer me.
Gödeke-Tittmann liederb. s. 60;
ich wolt, das ich het mein dienstgelt,
ich wolt mich schwingen ubers feldt.
H. Sachs fastn. sp. 4, 143 neudruck.
vergl. auch: sich über das waszer schwingen, aquam volatu transmittere, vel transgredi. Stieler 1984. bildlich:
swinge dich niht in allen wint,
bis virwitz niht als ein kint,
swer allenthalben wesen wil,
des hertz hat niergen steteʒ zil.
renner 23574.
i)
so auch von thieren:
der trache sich von im swanc.
Heinr. v. Neustadt Apollon. 8428;
der trache sich wider her swanc.
8436;
fur freuden schwang er (das einhorn) sich
Maria der iungfrau wol ynn die schos.
bergreihen s. 31, 19 neudruck.
k)
in folgender stelle scheint sich schwingen für das gewöhnlichere sich schwenken (eine schwenkung machen) zu stehen (oder sich in bewegung, in gang setzen?): als sie nun vor das thor kamen, hielte der andere officier mit 50. reutern, welcher nach gemachten reverentz sich mit seinen leuten schwunge, und voraus ritte. Ettner hebamme s. 9. vergl. auch: (papst Julius II.) reiht lieber under den kriegsgurgeln umb, sich so ringfertig reuterischer art auff- und abschwingende, das er nit vil zaum greiffens leiden mochte. Kirchhof wendunm. 1, 458 Österley (1, 2, 13).
l)
von gegenständen, zunächst von concreten körpern, durch die luft fliegen:
wâ sich die spæne ûʒ helmen swungen.
Tirol u. Friedebr. 107.
sich in bestimmter richtung bewegen:
du himelslôʒ, ân slüʒʒel swanc sich vür der rigel.
Frauenlob 286, 5.
vom wuchse der pflanzen: gleichwie der palmenbaum, je mehr er belästiget wird, je mehr derselbe sich empor und in die höhe schwinget. Schuppius 524; vgl. dazu:
einer palme aufwärts dringend
gleichet meines leibes länge,
wie der wein hinan sich schlinget:
o, wer sich hinan so schwänge!
Brentano 3, 325.
vom wasser: da schwang sich ungestüm um Adelbert der quell des lebendigen wassers und umkreiste ihn in wilder, wirbelnder strömung. Chamisso 2, 268 Koch. von der luft:
die külen lüfftlein sich her schwungen.
H. Sachs 1, 404ᶜ.
vom feuer:
denn nicht selten entsank unachtsamen hirten ein feuer:
welches geheim anfangs, von der öligen rinde gehehlet,
glomm, und das holz angrif, dann hoch in die äste sich schwingend,
himmelan mit getös' aufprasselte.
Voss Virgils ländl. ged. 3, 241 (Georg. 2, 305).
von klängen: jetzt hatten sich die nonnen zur hora versammelt und ihr feiner wohlklingender gesang schwung sich wundersam hinüber. Tieck Sternbalds wanderungen 2, 2, 2. abstracter:
wie sich der tag im osten schwingt,
so glüht mein mut im kampfgebote.
Lenau 2, 220 Koch (Savon. 3).
in andrer übertragung:
als mit dem unding noch das neue wesen rung
und, kaum noch reif, die welt sich aus den abgrund schwung.
Haller 152, 52 Hirzel;
kaum, dasz die erde neu sich aus dem chaos schwung,
so deckte sie der wahn mit tempeln und altären.
Wieland suppl. 1, 410.
m)
auf geistiges bezogen, vgl.: sich und seine gedancken gen himmel schwingen, scagliare, alzare, inalzare, levare, elevare se ed i suoi pensieri al cielo (nell' empireo). v. emporschwingen. Kramer dict. 2, 725ᵇ; zuweilen im ausgeführteren bilde: eben so, däucht michs, schwingt sich ein durch die klangfüsze der dichtkunst beflügelter gedanke schneller in meine seele und reiszt sie mit sich fort. Bode Montaigne 1, 280; sie (die vernunft) erkennt keine andern grenzen an, als des gedankens, und von diesem wissen wir, dasz er sich über alle grenzen der zeit und des raumes schwingt. Schiller 10, 508;
zu der wahrheit lichtem sonnenhügel
schwang sich unser flügel.
1, 281;
schwere bande fesseln sie (die jungfrau),
doch frei aus ihrem kerker schwingt die seele
sich auf den flügeln eures kriegsgesangs.
jungfrau von Orleans 5, 11;
die seele schwingt sich in die höh',
der leib bleibt auf dem canapee.
Böhme volksthüml. lieder s. 533 (text v. 1750);
wem geiz und ruhmbegier auch Herculs werke rathen,
der heiszt vergebens grosz:
er schwingt sich nie vom staub des pöbels los,
Uz s. 104 Sauer;
eigentlicher von der abscheidenden seele des sterbenden (vergl. unter e):
freuen solltet
ihr euch mit mir, dasz meiner leiden ziel
nun endlich naht, dasz meine bande fallen,
mein kerker aufgeht, und die frohe seele sich
auf engelsflügeln schwingt zur ew'gen freiheit.
Schiller M. Stuart 5, 6.
n)
sich (hinauf, empor) schwingen wird auch noch in anderer übertragung von erhöhung des ranges oder wertes gesagt: sich schwingen an einen ort, levarsi, alzarsi in qualche luogo, cioè orosperarvi, arricchirvisi, avanzarvisi. Kramer dict. 2, 725ᶜ; auch erschwingen: wie der christ in diesem leben sich zur höchsten stelle erschwingen könne. Tieck ges. nov. 9, 31. so freier und allgemeiner:
in alten zeiten hat man die herfür gezogen,
die nur durch tapferkeit zum thron der tugend flogen,
ja schwungen sich hinauf und klummen himmel an,
von solchen ward gesagt: der ist ein edelman.
Rist Parnasz 260;
doch höher stets, zu immer höhern höhen
schwang sich der schaffende genie.
Schiller 6, 272.
ähnlich mit abstractem subject: wan wiʒʒ, daʒ reht käusch sich gar hôch swinget über leipleich nâtûr. Megenberg 363, 4; vgl. auch:
wohl soll in der geister walten
lieb' und groszmuth mächtig schalten,
und ihr wesen hoher art,
wo sich kraft mit freiheit paart,
soll, befreit von ird'schem band,
schwingen sich an äthers rand.
Raimund 2, 214.
o)
äuszerlicher und bestimmter, avancieren. in diesem sinne gebraucht die ältere sprache zuweilen sich schwingen allein ohne weitern zusatz: sich schwingen, zu ehren kommen, adscendere ad altiorem honoris gradum. arme leute können sich nicht schwingen. Frisch 2, 251ᵃ; der mann hat sich hier in kurtzer zeit geschwungen, costui s' è innalzato, elevato, cioè s' è arricchito etc. qui in poco tempo. Kramer dict. 2, 725ᶜ; so hatte er sich geschwungen, so hatte er der feldherrnstelle im range sich genähert. Dya Na Sore 5, 157. — sich zu einem range schwingen:
er kennt den rang noch nicht, zu dem an diesem tage
... sich deine tugend schwang.
Gotter 2, 395.
sich auf den thron, zu ehren schwingen. Adelung. zu hoher gunst u. ähnl.: Sinan der leiermann und liedermacher, glaubte sich schon ziemlich hoch in ihrer gunst geschwungen zu haben. Wieland 8, 430 (Danischm. 47);
so hat nun Reineke billig
sich zu groszen gunsten geschwungen.
Göthe 40, 226 (Rein. fuchs 12)
p)
sich zu etwas schwingen, es werden: Prokulus, der sich, durch einen unternehmenden geist und eine körperliche stärke von der seltensten art, von einem gebornen räuber .. zum anführer einiger römischen legionen in Gallien .. geschwungen hatte. Wieland 24, 141;
o himmel, welch ein traurig los,
das schicksal eines dummen jungen,
der zum copisten sich geschwungen,
und auf den schreiber steuert los!
anders sich in etwas schwingen, verwandeln (ganz vereinzelt im ältern nhd.): sy seind in all jrem leben .. so eins guͦten exempels, dz man sy für engel helt, und muͦsz der teüfel sich doch bei jnen schmucken, und in ein engel des liechts schwingen, soll er sy betriegen. S. Franck weltbuch 109ᵃ. vergl. noch:
als jetzt werdend der himmlische leib um die seele Maria's
noch arbeitete, ganz noch nicht zu lichte gereift war,
als er unter der mächtigen hand der bildenden schöpfung
zittert', und schwebt', und sank, und sich schwung, ganz himmlisch
zu werden.
Klopstock 5, 147 (Mess. 12, 692).
q)
endlich sagt man sich schwingen auch von festliegenden, ruhenden gegenständen.
α)
sich in einer richtung ausdehnen, oder bis wohin erstrecken, reichen (vgl. 7, f):
und wilder, immer wilder
schwingt sich der pfad empor.
Matthisson 1, 211.
zugleich mit bezug auf die bogenförmige gestalt: aber er kam bald aus dem buschwerke vor eine grüne brücke, die sich in den bogen der riesenschlange über den graben, aber nicht auf die erde, sondern in die gipfel schwang. J. Paul Tit. 2, 50.
β)
nur von der gestalt, vgl. unten 8: die umrisse der waldigen hügel schwangen sich in kräftigen linien. Freytag handschrift 1, 57.
7)
den transitiven und reflexiven constructionen schlieszen sich intransitive an. diese sind in der ältern sprache, besonders mhd., viel häufiger als im heutigen nhd. es ist möglich, dasz schwingen ursprünglich intransitiven sinn hatte, und die transitive bedeutung dem causativ (s. schwenken, schwengen) zukam; das gotische afswaggwjan (vgl. oben) sowie das adj. schwank (dazu gleichbedeutendes altn. svangr und ir. seng) sprechen dafür, dagegen nur die bedeutung 1, wenn sie wirklich aus demselben verbalbegriff erwachsen ist. übrigens ist es nicht ausgeschlossen, dasz einzelne intransitive gebrauchsweisen erst aus der transitiven bedeutung abgezweigt sind, indem ein stehendes object als selbstverständlich allmählich ausgelassen wurde, vgl. besonders b.
a)
zunächst von regelmäszig hin und her gehenden bewegungen, wie pendelschwingungen: das pendul schwingt in einer minute sechzig mahl. Adelung. so gerade im nhd. üblich (seltener intransitiv, s. 6, b): augenblicklich verstummte das geläut .. er stieg zum gartenhaus hinauf und sah die unsichern umrisse seiner glocken, welche noch unter dem nachthimmel schwangen. Freytag handschr. 1, 173; die pfeife begann zu schwingen .. als er immer nachdrücklicher mit dem kopfe schüttelte. Anzengruber³ 4, 52; (er) hält vor einem kleinen mädchen stille, das an der erde sasz und in dem kleinen händchen einen gegenstand spielend hin und her schlenkerte. zwischen den winzigen fingerchen schwang ein schmales lederstreifchen. 5, 174. von unregelmäszigen bewegungen, flattern, von fahnen u. ähnl., so in der ältern sprache:
ein pfelle ... breit unde lanc
hôhe ob im durch schate swanc.
Parz. 683, 22;
do her sicht so scone svinghen
sinen vanen.
Braunschweiger reimchron. 3379;
so auch:
we manich ritter gar vormeʒʒen
undher dher banir herwart dhranc,
dhar dhe geteylde lewe inne svanc.
3148;
auf den wellen schaukeln, so unbestimmter im bilde:
aber der krieg auch hat seine ehre,
der beweger des menschengeschicks,
mir gefällt ein lebendiges leben,
mir ein ewiges schwanken und schwingen und schweben
auf der steigenden, fallenden welle des glücks.
Schiller braut von Messina 1, 7.
auffällig und unklar ist folgende stelle:
(Megära) dir sendet die schwester
aus nächtlichen schatten
der schwingenden tiefe
freundlichen grusz!
Stolberg 5, 129.
vom dieb am galgen, baumeln:
man zôch die leitern hindan
und lieʒ den dieb swingen.
Marienleg. 6, 29;
der vater sich besiten nam ...
sô hin dâ sîn sun swanc
an eime starken seile.
pass. 224, 91 Hahn.
von einer einmaligen schwankenden bewegung, so überschwingen = kippen: eine mächtige steintafel, vielleicht unlängst heruntergebrochen, die stand so, dasz ich mich nur anzustemmen brauchte, um sie fallen zu machen, sie schwang über. Anzengruber³ 5, 189.
b)
sehr häufig vom vogel für fliegen. man kann diese bedeutung sowol parallel mit sich schwingen (6, c. d) setzen als auch aus 3, a herleiten, wobei das object die fittiche zu ergänzen wäre. zu letzterer erklärung vergl. folgende stelle, wo swingen überhaupt nicht 'fliegen', sondern 'die flügel bewegen, mit den flügeln schlagen' meint:
do der falk sach die not,
den wint er dort slaffen sach,
er swange und swange mit grym und ach,
recht glich als ob er spreche also:
wache, wint, hilff dem kinde do! ...
in disen selben dingen
erwachte der wint von dem swingen.
Hans v. Bühel Dyocl. leben 1298—1306.
so wol auch:
man darff nit fragen, wer die sygen
by den die hund jnn kylchen schrygen,
so man mesz hat, predigt und singt,
oder by den der habich schwyngt
und duͦt syn schellen so erklyngen
das man nit betten kan noch syngen.
Brant narrenschiff 44, 4.
swingen für fliegen ist im mhd. sehr häufig:
dô warf der fürste mære
ein mûʒerspärwære
von der hende. in die burc er swanc.
Parz. 163, 9;
ein tûb von himel swinget.
470, 3;
wær ich vür vederspil erkant,
ich swunge al gernde von der hant.
487, 8;
die lerche in die lüfte swanc.
erlösung 147;
unz ein sparwære dar swanc.
zeitschrift für d. alterthum 7, 331, 7;
der falck dem ritter liep wasz
sunderlich umb das,
das ime alle zeyt gelang,
wann er noch einem reger schwang.
Keller altd. ged. 53, 18.
geswungen komen:
dô kam geswungen ein ar
zuo z'in dar in daʒ bethûs.
troj. krieg 47501.
mnd.:
wan du sûst echt de arne swingen,
so gink du weder in dîn hol.
auch nhd. nicht ganz selten, vgl.:
die federn, zum exempel, sind zu kurz gerathen.
... du muszt stärkre einsetzen,
sonst ziert's nicht, schwinget nicht.
Göthe 2, 216.
s. auch unter c.
c)
so auch von göttern und andern wesen, die man sich als geflügelt und schwebefähig denkt:
Mercurius swanc zutal
in der juncvrouwen sal.
do er (Dädalus) daʒ werc volbrâchte,
in die luft er gâchte
und swanc hin unde her.
19, 23;
unze er (Phöbus) schouwen began
von der luft, dâ er swanc,
wie Lâomedon bî dem mere lanc ..
Troye begunde bûwe.
24, 76;
vergl.:
in einer tûben wîse
kam er zuo dir geswungen.
gold. schmiede 1973;
so auch:
es wachsen flügel mir an beiden schultern,
durch stille ätherräume schwingt mein geist.
Heinr. v. Kleist prinz v. Homburg 5, 10.
d)
von menschen, verschieden nuanciert, gehen, laufen, reiten (mit schwenkung) u. a.:
wol geordnet was ir ganc,
idoch vor in allen swanc
ein juncvrowe alsô lustsam.
Marienleg. s. 11, 78 (pass. 138, 4 Hahn);
dar nâch ir ieglîcher sach
sie vrôlich, sunder leide,
swingen uber die heide.
163, 306;
der herre alsô gezieret
ze velde konde swingen.
Konrad v. Würzburg turnei von Nantheiz 607;
er kam geswungen ûf daʒ wal
geswinde alsam ein adelar.
troj. krieg 36196.
zu schiffe fahren:
dô kam ein her geswungen
ûf dem waʒʒer aber sît.
25428.
so nhd.:
(er) von dannen schwang,
hub an und sang.
bergreihen s. 61, 13 neudruck.
(von Melusina, als geist, zu c?):
wenn man mich umb das schlosz sicht schwingen,
so ists ein anzeigung fürwahr,
es krig ein andern herrn disz jar.
Ayrer 1691, 6 Keller.
e)
von allerlei gegenständen, nur in der ältern sprache; fliegen, vom pfeil:
sîn louf, der muoste dringen
vür der strâlen swingen
und für der gæhen bolze fluc.
troj. krieg 6124;
anderes:
suang gisuerc an gimang.
Hel. 2243;
eyn guldin crone von himele svanc.
Braunschweiger reimchron. 2421;
vom winde, wehen:
dhes muste her gar ân sinen dhanc,
wen dhe wint so sere svanc,
zo Denemarken widher
dher vurste kerren sidher.
7877;
vom wasser, sich ergieszen, flieszen:
die liechten brunnen klungen,
die dâ beneben swungen.
pass. 240, 7 Köpke (vgl. 1, 49);
von gerüchen:
in deme sumpfe uberal
was vil grûlich ein stanc,
der ûf ûʒer pfutzen swanc.
238, 54;
von der zeit, hingehen, verflieszen:
swaʒ wir versûmet hân
in des iâres swingen.
579, 43.
f)
mit aufgabe des begriffs der bewegung, sich ausdehnen, reichen (vgl. 6, r, α), doch klingt der begriff des hin und her schlenkerns (s. oben a) durch:
unz ûf den huof swanc im diu man.
Parz. 256, 22;
über den huot ein zopf ir swanc
unz ûf den mûl.
313, 17 (vgl. 517, 26);
er fuort zwên zöpf, die wâren val,
grôʒ und volleclîchen lanc:
ir lenge für den satel swanc.
g)
auf geistiges bezogen, mhd. häufig; die augen wohin schwingen lassen, gleichbedeutend mit schwingen, s. 4, g:
swenn er sîn ougenblicke
lie swingen an ein ander wîp.
troj. krieg 17247;
nû lân dîn ougen swingen
dur die fenster an daʒ felt.
26663;
von den gedanken u. ähnl., meist mit nâch oder gegen:
nâch der mîn gedanc
sêre ranc
unde swanc.
minnes. frühl. 139, 25;
hôhiu minne reizet unde machet
daʒ der muot nâch werder liebe ûf swinget.
swes gedenken gegen ir swinget.
minnes. 1, 205ᵇ Hagen;
wen ir sin und ir gedanc
al nach groʒeme love swanc.
Braunschweiger reimchron. 467;
ze kêrubin und sêraphin
ist ûf geswungen mîn herz mîn sin.
der minne spiegel 958 (s. erlösung s. 274);
so noch ganz vereinzelt im nhd.: sondern man mus vil höher seine gedanken swingen lassen. Butschky hochd. kanz. s. 677.
h)
endlich entwickelt schwingen von 3, e aus eine besondere bedeutung, indem es im sinne von 'ringen' (luctari, ringkampf) steht. so besonders in der Schweiz, s. Stalder 2, 365 (dazu auch schwinger, schwung ringart, s. daselbst). doch findet sich die bedeutung auch in der litteratursprache, wenn sie gleich nicht allgemein üblich ist: neulich auf dem jahrmarkte warf er den fremden, der sich mit schwingen grosz machte, rechtschaffen an den boden. Göthe 11, 6 (Jery u. Bätely); als Uli hinaus kam, war lärm im tenn; zwei paare schwangen auf dem stroh der letzten tenneten. Gotthelf Uli d. knecht s. 183 Vetter; sie hätten Uli zu schanden machen wollen; er hätte mit ihnen schwingen müssen, aber er hätte sie alle mögen. 184. transitive und reflexive fügungen erwachsen in gewohnter weise aus der intransitiven: sie ringen und schwingen sich herum, endlich wirft Thomas den Jery zu boden. Göthe 11, 26.
i)
ganz ungewöhnlich ist dagegen schwingen als turnerwort für 'springen': jetzt heiszt das schwingpferd 'springpferd' und statt 'schwingen' sagt man 'springen am pferd' oder 'pferdspringen'. Jahn werke 2, 1, 18 Euler.
8)
das part. geschwungen steht nicht selten adjectivisch und entfaltet dann bedeutungen, die bei dem verb. weniger ausgebildet sind. wie man nämlich sagt eine linie schwingen (s. 5, i), mit schwung ziehen, so steht geschwungene linie in der prägnanten bedeutung einer linie, die mit kraftvollem, kühnem schwunge der feder gezogen ist und daher die gestalt einer curve hat, und von da aus bezeichnet geschwungen alles, was in gestalt eines bogens, einer curve verläuft, s. th. 4, 1, 4013. weitere belege: sie durfte nur die eine felsenecke .. wegbrechen; so erlangte sie eine schön geschwungene wendung zum aufstieg. Göthe 17, 34; wer hätte aber in der langen gurke, welche die mitte des breiten erdenkloszes bezeichnete, die feine zierlich geschwungene nase der schönen Bella erkannt. Arnim 1, 165;
da seh ich bald im wandel der gestalt
vor mir die jugend alt,
und jede schöngeschwungne form verschwand.
Platen 24ᵃ.
nach einer ganz andern seite hin hat sich ungeschwungen entwickelt, s. daselbst.
9)
ein anderes schwingen, denominativ von schwinge, also 'mit schwingen versehen' ist nur üblich in dem compositum beschwingen, s. das. 3, th. 1, 1607, sowie in dem part. geschwingt mit adverbien, s. th. 4, 1, 4002 (Herder 25, 516 Suphan; so auch: die braungeschwingte cikade. Voss Virgils ländl. ged. 1, 273).
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 15 (1899), Bd. IX (1899), Sp. 2689, Z. 75.

Im ¹DWB stöbern

a b c d e f g h i
j k l m n o p q r
s t u v w x y z -
geschlag gesellschaftsblick
Zitationshilfe
„geschwungen“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/geschwungen>.

Weitere Informationen …


Weitere Informationen zum Deutschen Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)