Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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gesperrt, adj.

gesperrt, adj.
part. zu sperren, s. d.
1)
abgesperrt: eine gesperrte stadt, città bloccata Krämer 550ᵃ; die see ist gesperrt, entweder von den feinden oder im winter durch das eis Jacobsson 2, 72ᵃ; im theater u. s. w. gesperrte und ungesperrte sitze; östr. gspirter tag, hoher feiertag, an dem die kaufläden geschlossen sind Hügel 73ᵇ; gesperrte handwerke, die das recht hatten, keine auswärtigen gesellen anzunehmen, und deren gesellen nicht auswandern durften, z. b. in Nürnberg die innung der flitterschläger Jacobsson 2, 72ᵇ.
2)
auseinanderstehend: im buchdruck gesperrte schrift, mit weiter auseinanderstehenden lettern oder zeilen, um die gesperrten wörter auffällig zu machen: eine bemerkung, welche wohl verdiente gesperrt gedruckt zu werden. Göthe 54, 253.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 11 (1895), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 4150, Z. 50.

sperren, verb.

sperren, verb.
abschlieszen, hemmen, auseinander thun oder halten.
I.
formales. das wort ist eine ja - bildung, die in engster etymologischer beziehung zu sparren, m. steht. gramm. 2, 61, nr. 609, wahrscheinlich eine ableitung davon. Wilmanns gramm. 2, § 39, s. 60.
1)
für das ahd. bezeugt Graff 6, 361, wo das wort nur in zusammensetzungen geboten wird, den inf. -sperran, präsensformen mit e, daneben -sparrit als 3. pers. sing. ind., das prät. -sparta, das part. prät. -sperrit, flectiert -sparter. die gewöhnlichen mhd. formen sind sperren (präsens durchweg mit e), prät. sparte, part. prät. gesperret, gespert, gespart (so im reim welsch. gast 12258, s. unten II, B, 1, a, α). Lexer mhd. handwb. 2, 1083. ein part. prät. gesparret erscheint bei Seifr. Helbling 15, 351 in besonderem sinne, jedenfalls mit erneuter anlehnung an sparren, m., ebenso eine präsensform sparrent in einer elsässischen quelle v. 1344 weisth. 5, 455. s. unten II, A, 2 und 1. gelegentlich begegnet tonerhöhung des stammvocals zu i: spirre, 2. pers. sing. imper. d. myst. 1, 393, 18 (David v. Augsburg, s. unten II, B, 1, a, α). vgl. dazu: uuidarspirun, recalcitraverunt. Graff 6, 359.
2)
aus frühnhd. zeit ist das prät. noch in unumgelauteter form bezeugt: da (1518 beim reichstage) wolten die wirt und ander leutt zuͦ Insprugk des kaisers volck nicht in die heuser lassen und sparten die heuser zuͦ vor in. d. städtechron. 25, 97, 8 (Augsburg); sein spitzige scharpfe zen er über einander sparrt. quelle v. 1562 bei Schm.² 2, 681. daneben kommt dann in dieser periode die umgelautete präteritalform auf: das hertz wolt nicht hin zusagen, spert sich. Luther 20, 246, 30 Weim. ausg.; im jar 1552 zog marggrave Albrecht von Brandenburg für dise statt, und nam sie ein, ausz ursach, das sich der bischoff mit dem von Würtzburg wider jn zuͦ der gegenwehr verbunden hat, und der schatzung sich sperten. Münster kosmogr. 972, später dem präs. entsprechend durchweg mit rr geschrieben. das unumgelautete part. prät. erscheint im 15. jahrh. noch in gewöhnlicher bedeutung von sperren: ein verspartew truchen. quelle v. 1420 bei Schm.² 2, 681. auffällig ist die folgende stelle: wie du ... des heil. reichs strasse, die zu ... unser stadt Nordh. gehört, sparrest. quelle v. 1455 bei Haltaus 1701. sparren mit durchgehendem a und regelmäsziger schwacher flexion begegnet später in nhd. schriftquellen nur in besonderen gebrauchsarten, zum theil wie mhd. mit offenbarer erneuter anlehnung an sparren, m., wo es sich bis heute erhält, jedenfalls in einer bestimmten anwendung (s. unten II, A, 2), zum theil in eigenartiger intransitiver bedeutung, die zu dem fehlen des umlauts in beziehung zu stehen scheint. s. II, C, 2. das bei David v. Augsburg bezeugte spirren ist für das 15. jahrh. aus einer Nürnberger quelle zu belegen: auch wasz die kirche allenthalben zu gespiret, dasz man nymant von burgern oder burgerin ein ir liesz. d. städtechron. 3, 365, 30 (v. 1442). ältere nhd. schriftquellen bieten eine form mit verdunkeltem stammvocal spörren: solis catholicis in Anglia negatur religionis libertas, allein den papisten wirdt in Engelland die freystellung gespörrt. Heilbrunner v. d. augsp. confession widerwert. censur (1598) 146;
sondern gleichwie ein felsz dem meer
ist sie zuwider meinen trewen;
und spörret (gnadlosz) jhr gehör,
ausz forcht sich jhres zorns zurewen.
Weckherlin 389, 4.
in der späteren nhd. schriftsprache steht die form sperren mit durchgehendem e innerhalb der gewöhnlichen gebrauchssphäre fest. neben der herrschenden schreibung mit e, wie sie Maaler 379ᵇ, Schottel 1418, Stieler 2072, Steinbach 2, 623, Frisch 2, 298ᵃ, Adelung und Campe bieten, verzeichnet Kramer deutsch - ital. dict. 2 (1702), 858ᵇ spärren. ob er dazu lediglich durch den von ihm richtig erkannten zusammenhang mit sparren, m. bestimmt wird oder wirklich einen andern klang des e - lauts bezeichnen will, musz hier unentschieden bleiben. die schreibung mit ä begegnet auch sonst in derselben zeit gelegentlich. Richey bei Weichmann poesie der Niedersachsen 1, 28 (s. unten II, B, 1, d).
3)
mundartlich ist aus neuerer zeit allerdings für dasselbe sprachgebiet, dem Kramer angehört, eine derartige differenzierung des stammvocals bezeugt, sperren (spé ͑n, spi ͑n, spiə ͑n). Schm.² 2, 681 neben spären, spärren (spárn). 680. das ä bezeichnet hier ein überoffenes e (= hohem a), den secundären umlautvocal, der sich von dem alten geschlossenen umlaut- e scharf unterscheidet und hier vielleicht auf angleichung an sparren, m. beruht. intransitives sparren, das seine vorstufe im älteren nhd. hat (s. oben 2), verzeichnet Schm.² 2, 681 für Koburg; damit darf wol bedeutungsverwandtes intransitives sporre, das in der gegend von Aachen üblich ist Müller - Weitz 232, zusammengestellt werden. vgl. auch schweiz. sporren, verwirren, treten, stoszen unter sperzen. die schon in mhd. zeit begegnende nebenform mit i, die sich im bair.-österr. hält Schm. a. a. o. Zwierzina in Haupts zeitschr. 44, 297 (Wien), geht natürlich von sperren mit geschlossenem e aus, ebenso die oben aus älteren nhd. schriftquellen bezeugte heute noch mundartlich erhaltene (Schatz mundart von Imst) form mit ö. vgl. Zwierzina a. a. o. im alem. zeigt sich längung des stammvocals: spēre. Hunziker 245. bemerkenswert ist das in der Pfalz übliche stark flectierte part. prät. gesporre. Autenrieth 134. es stimmt zu dem gramm. 2, 61 vorausgesetzten *spaírran, sparr, spaúrrun, musz aber bei diesem späten und vereinzelten auftreten als falsche analogiebildung erklärt werden.
4)
das mnd. bietet speren. Schiller - Lübben 4, 318, das nnd. speren. brem. wb. 4, 944. ten Doornkaat Koolman 3, 273ᵃ. Bauer-Collitz waldeck. wb. 97ᵃ. Schambach 203ᵃ, speeren Richey 280. Schütze 4, 166. Strodtmann 379ᵇ. Woeste 249ᵇ, speirən Frommanns zeitschr. 5, 168, 145 (grafschaft Mark), in den letzten formen deutliche längung des stammvocals mit aufgabe der doppelconsonanz, daneben sparren. Mi 84ᵃ. Frommanns zeitschr. 5, 295 (Fallersleben). Schambach 203ᵃ, hier mit spontanem übergang des e in a. mndl. und nndl. lautet das wort wie hd. vgl. auch ags. gesparrian, schlieszen (nach der o-klasse). Bosworth-Toller 443ᵇ, sperran, spirran, spyrran, schlagen (zu spere, speer?), engl. spar, riegeln, verriegeln, sperren, versperren, auch: schlagen, kämpfen; anord. sperra, balken, sparren beim hausbau errichten, sperra fætr, die beine spreizen, refl. sich sträuben. Cleasby-Vigfusson 582ᵇ, schwed. spärra, dän. spærre, sperren.
II.
bedeutung und gebrauch. als grundbedeutung läszt sich der wahrscheinlichen etymologischen verwandtschaft gemäsz ansetzen: mit sparren, balken versehen.
A.
in den beiden folgenden gebrauchsarten bleibt die beziehung zu sparren, m. deutlich; deshalb bevorzugt das hd. hier die unumgelautete form.
1)
mit dachsparren versehen: so han die burger das recht, wan sie die kirchen neu sparrent, so soll sie mein frau decken. weisth. 5, 455 (Unterelsasz, v. 1344); der tempel zo Jerusalem enwas neit gewulft noch gespert noch gedeckt. köln. quelle des 15. jahrh. in Frommanns zeitschr. 2, 453ᵇ; 1500 haben die vormünder des hl. geistes das eine hausz am hl. geiste ... gesparret (gedeckt) [wol nach nd. quelle]. Grote gesch. v. Northeim 89. ebenso mnd. speren Schiller-Lübben 4, 318ᵇ (vgl. auszer den dort gegebenen belegen: des wolden de borger nieht don, mer se leten den torn wol buwen speren decken und reide maken. d. städtechr. 7, 258, 19 [Magdeburg, schöppenchronik]; also grepen de bumeister van stund to und lenden den domheren holt af unde koften holt van den vloten dar to und leten de kerken wedder speren und leiten dat vorbrant was mit scheversteinen decken. 402, 30), dem ein collectivisches n. sper, gespärre, sparrwerk Schiller-Lübben 4, 317 zur seite steht. vgl. dazu gesparre, gespärre oben theil 4, 1, 4136 und gesperre 1, g 4149. auch anord. sperra ist in solchem sinne bezeugt. s. oben I, 4.
2)
oben sp. 1951 ist aus neuerer zeit bezeugt sparren, in der sprache der heraldik ein wappen mit einem sparren versehen. vgl. dazu sparren 3 sp. 1950. dieselbe anwendung scheint in der folgenden stelle vorzuliegen:
ir banier gesparret,
wol diu bî vînden harret.
B.
der eigentliche gebrauchsumfang des hd. sperren entwickelt sich anscheinend im anschlusz an die bedeutung: durch sparren, balken festhalten oder abschränken. diese differenziert sich nach zwei richtungen mit mannigfachen verzweigungen.
1)
abschlieszen, verschlieszen, hemmen.
a)
in bezug auf dinge, die durch ein concretes hemmnis zum stillstand gebracht, in ihrer bewegung oder beweglichkeit gehemmt werden.
α)
zunächst im anschlusz an sparren, m. als bezeichnung eines zum hausbau gebrauchten balkens, länglichen holzstücks in einer verbindung, die die bedeutung abschlieszen, verschlieszen ergiebt, eine thür, ein thor sperren, eigentlich das vorlegen des zum verschlieszen dienenden querbalkens oder holzriegels bezeichnend, dann auch auf anderes abschlieszen übertragen, eine thür sperren, barrare, sbarrare, stangare, fermare una porta. Kramer deutschital. dict. 2 (1702), 858ᵇ, die thor sperren, chiudere, fermare, serrare le porte. ebenda, die thore sperren, claudere portas. Frisch 2, 298ᵇ, verschlieszen Adelung:
die tür er selbe sparte.
mit vlîʒe er daʒ bewarte,
daʒ in niemen irte dâ.
Mai u. Beaflor 91, 25;
dîn tor ist über tac gespart (: hart).
welsch. gast 12258;
an dem himel ist ninder want
noch ein tür, diu mit der hant
werd gespert noch ûf getân.
swenne dû betest sô ginc in dîne kamer und spirre die tür und bit den vater tougentlîchen. d. myst. 1, 393, 18 (Matth. 6, 6, Luther: schleus die thür zu). in neuerer sprache meist in deutlichem anschlusz an die grundbedeutung: das scheunenthor mit einem balken sperren; die stadtthore wurden abends zu bestimmter zeit gesperrt; von gewaltsamer oder auszergewöhnlicher art des verschlusses: ich habe die kleine hintertreppe schon in den ersten wochen verschlossen und die thür mit einer groszen schraube gesperrt. Freytag handschr. 3, 174; eine thür durch vorgesetzte tische sperren. mit dat. der person, schon mhd. Lexer mhd. handwb. 2, 1083:
alle sperrten sie die thür mir vor der nasen!
Werner 24. febr. 2. auftr.
häufiger so und ähnlich zusperren, versperren, s. diese. auch mit unpersönlichem subject: ein balken, riegel, schlosz sperrt eine thür.
β)
erst aus jüngerer zeit ist bezeugt ein rad sperren, sufflamine retinere, sufflaminare. Frisch 2, 298ᵃ. Adelung, eigentlich wol, wie Campe angiebt, durch einen dicken stock im umlaufe hemmen, auch nd. en rad speren. Schambach 203ᵃ, ebenso einen wagen sperren. Autenrieth 134: wenn er aber mit den andern holz herunter führte, da war es wunderbar zu sehen, wie man die andern wagen an dem jähen berge so mühselig sperren muszte, während der Frieder den seinen, der doch der schwerste war, ganz leicht herunter brachte, ohne einen radschuh einzulegen. Herm. Kurz 2, 91. entsprechend: ein hemmschuh sperrt ein rad, einen wagen.
γ)
in jüngerer zeit auch in beziehung auf bewegte massen, gleichfalls deutlich auf das absperren durch balken u. dgl. zurückgehend: wasser, einen flusz durch ein wehr, einen damm sperren, lieber absperren, das auch gern von der luft gebraucht wird. ebenso wird das licht betrachtet. daher als ausdruck der maler, das licht sperren: als ich nun einst ... so beschäftigt, bei gesperrtem lichte in meinem zimmer sasz, dem wenigstens der schein einer künstlerwerkstatt hierdurch verliehen war. Göthe 26, 317.
δ)
von der vorstellung des festhaltens, fesselns scheint die in älterer zeit oft begegnende bildlich gebrauchte wendung auszugehen einem die hand sperren, alicuius facultatem agendi cohibere. Haltaus 1701: und hat keyserlicher majestat in keynen wegk die handt sperren lassen. quelle v. 1524 bei Dief.-Wülcker 858; sonst seye jme die hand gar nicht gesperret (scil. in alienatione feudi). quelle bei Haltaus 1701; dass jhnen den klägeren bürgern, mit ihren eignen zehenden, nach der besten gelegenheit, nutzen und gefallen, zu gebahren unnd denselbigen zuverleihen oder zu verpachten, die handt gesperret ... seyn solte. quelle v. 1591 ebenda; freier: wie wiedrigen falls ihro k. m. der justiz die hand nicht gesperret sehen könten; als würden sie auch andere in rechten zuläszige mittel vor die hand zunehmen verursachet werden. quelle v. 1644 ebenda. statt des sing. hand erscheint auch der plur.: er verflucht sich endlich, dasz er seines sohns præceptori so hart gewesen, jhm die hände gesperret und zu ruck gehalten wan er straffen wollen. Philander 1 (1650), 624. mit unpersönlichem subject: ein solcher befelch sperret dem richter die händ. Ayrer proc. 2, 2.
b)
wol mit secundärer entwicklung von a aus auf lebewesen bezogen, die durch ein concretes hemmnis in einen raum verschlossen (durch eine verschlossene thür zurückgehalten), auf einen ort beschränkt, in ihrer fortbewegung gehindert werden, mit dem nebensinne des gewaltsamen:
swer si (seine frau) sperret sunderbære,
der sparte si mit dienste baʒ (in diesem verse anders. vgl. f).
nu sage mir, waʒ hilfet daʒ,
ob ich ir lîp sperre wol,
ist dann ir will niht als er sol?
dehein slôʒ verhabt den muot.
welsch. gast 1204;
in bair. gegenden werden brautleute von den armen gspárt, d. h. es wird ihnen der weg vertreten, den sie sich durch eine gabe wieder zu öffnen haben. Schm.² 2, 680. meist mit localen zusätzen: wenn wir ihm nun das geld abgenommen haben, will ich dem grafen oder baron heimlich stecken, des marquis vater sey hier, und woll' ihn arretiren lassen ... und ins zuchthaus sperren. Klinger 1, 131;
stracks wird von dannen geschleppt, und gesperrt, der Tyrrhener
Acötes,
in ein gediegnes verschloss.
Voss Ovids verwandl. 1, 198;
wollten ihn (Wallenstein) drauf die Nürnberger herren
mir nichts, dir nichts, in's carcer sperren.
Schiller Wallensteins lager 7;
reflexiv gewendet:
mein freund der sprach: ich musz dir lassen
dein sinn, so sperr dich in dein hausz
wie ein einsiedel in sein klausz.
H. Sachs 15, 27, 9.
bei passivischem gebrauch auch, obwol ungewöhnlich, mit in und dat.:
war't ihr nicht lange genug in euren mauern gesperret?
Stolberg 12, 216 (Il. 18, 287).
entsprechend: thiere in einen stall, einen vogel in einen käfig sperren; vgl. das vögelvieh zusammen sperren, volatilia concludere. Steinbach 2, 623. an die beziehung auf personen schlieszen sich wendungen gleich den folgenden: liebe schwester, lass' es ja nicht zu, dasz sie meinen staub in ein erbbegräbnisz sperren. J. Paul Hesp. 2, 176; genius der träume! der du durch den neblichen schlaf der sterblichen trittst und vor der einsamen in einen leichnam gesperrten seele die glücklichen inseln der kindheit herauf ziehest. 4, 58;
wie unser geist, gesperrt in enge schranken,
nicht platz genug enthält zugleich für zwei gedanken.
Haller 128, 93 Hirzel.
freien bildlichen gebrauch entwickelt die in der beziehung auf lebewesen wurzelnde fügung unter ein dach sperren, eodem tecto claudere et coercere. Haltaus 1701: dardurch man uns e. key. mayt. und dem reiche ... hülff zu leisten, gantz und gar die hende binden, und respectu s. f. g. zu leibeignen leuten machen, und neben andern landstenden dieses fürstenthumbs, auch so viel die reichs-hülffen belanget, gerne unter ein dach sperren wolte. quelle v. 1595 ebenda; in bezug auf sächliches: nachdem die verlegte Türckensteur mit der frewlin ehesteur sampt derselben beyden posten verzinsung unter ein dach gesperret, darbey sol es vor diszmal bleiben. quelle v. 1586 ebenda. selten auszerhalb dieser grenzen mit localen zusätzen so, im sinne von einschlieszen:
nu merke mîn leste wort
und sperre eʒ in daʒ herze dîn.
Heinr. v. Neustadt Apoll. 15323;
freier, an 2 anklingend: ich sperr den rigel für die thür. Terentius (1499) 65ᵃ; sonst ists wahrlich bald geschehen, dasz uns der teufel ein gespenst für die augen sperret, dasz wir wohl drauf schwüren, es wäre der rechte heilig geist selber. Luther br. 5, 147. vgl. einsperren und aussperren.
c)
früh schon in bezug auf räume, orte, die durch concrete hemmnisse abgeschlossen werden:
der chamerære ne hiete oͮch des nieht vergeʒʒen,
er ne hiete gesperret die chemnâten.
Diemer ged. des 11. u. 12. jahrh. 170, 12;
vor im (einem diebe) sô spart er sîn zimmer,
daʒ er sicher vor im wær.
auf befehl des kaisers wurde die kirche zu Klostergrab niedergerissen, die zu Braunau gewaltsam gesperrt, und die unruhigsten köpfe unter den bürgern ins gefängnisz geworfen. Schiller 8, 68. der nebenbegriff des gewaltsamen, der hier besonders hervorgehoben wird, tritt in neuerer sprache auch ohne das oft scharf hervor. die stadt sperren, urbem claudere. Steinbach 2, 623, die thore schlieszen; aber auch: bloccare Kramer 2 (1702), 858ᵇ, also durch belagerung; vgl. weiter:
wohl! wir bewohnen ein glückliches land,
das die himmelumwandelnde sonne
ansieht mit immer freundlicher helle.
und wir können es fröhlich genieszen,
aber es läszt sich nicht sperren und schlieszen.
Schiller braut v. Mess. 216.
hierher gehört auch: einen flusz sperren, 'die überfahrt über denselben, ingleichen die schifffahrt auf demselben durch ein hindernisz hemmen'. Adelung; einen hafen sperren. ebenda. mit instrumentalen zusätzen: einen ort, eine gasse mit bäumen, ketten sperren, barrare, sbarricare un luogo, una strada con alberi, catene. Kramer deutsch-ital. dict. 2 (1702), 858ᵇ; mit einem sperrbaum sperren, chiudere, serrare con barra. 858ᶜ; sperren, den port, oder die strassen einer stadt mit ketten, catenis claudere. Frisch 2, 298ᵃ; die gassen mit ketten sperren. Adelung; da es auf diesem wege nicht gelingen wollte, die schiffahrt auf der Schelde zu hindern, wovon doch der ganze erfolg der belagerung abhieng, so beschlosz er den strom durch eine brücke gänzlich zu sperren. Schiller 9, 35;
jagt durch die straszen, sperret sie
mit ketten, laszt die thore schlieszen.
Grabbe 1, 109.
auch personen können ein solches hemmnis bilden:
die knechte können nicht hindurch, o herr,
der hohlweg ist gesperrt durch eine hochzeit.
Schiller Tell 4, 3.
die bezeichnung der person, der der zugang zu einem orte verwehrt wird, kann im dativ stehen: wir gingen deshalb zu seinem zelt, welches durch einen kreis von wachenden barbaren der menge gesperrt war. Freytag ges. werke 17, 151; freier:
und sperr' ich bösen zungen
die ohren und das haus,
will ich den stein auch werfen
zum fenster gleich hinaus.
W. Müller ged. 1 (1868), 97.
entsprechend auch mit unpersönlichem subject: ein balken, schlagbaum, eine kette sperrt eine strasze; eine brücke sperrt einen strom, macht ihn für grosze schiffe unpassierbar; freier: eine festung sperrt ein thal, ist ein hindernis für einen feindlichen durchbruch.
d)
den weg sperren ist oft ganz im sinne von c gemeint (vgl. die dort angeführte stelle Schiller Tell 4, 3), doch kann das subst. in dieser verbindung auch verbale bedeutung haben. den bedeutungsübergang veranschaulicht die folgende stelle: der lehenmann weiset einen gemeinen wegh durch den hoff, daran solle ein gader stehen; und so der hoffman ihnen den weg sperren (durch verschlieszen des gatters) wolte, so mögen sie durch den Dhen fahren; ist der hoffman gedultig, so sollen sie (auch dann) den wegh halten durch den hoff, und den gader nach ihnen zu thun. weisth. 2, 396 (Untermosel). einem den weeg sperren, alicui iter intercludere. Steinbach 2, 623. der alte sinn der abschlieszung durch ein concretes hemmnis kann auch dabei noch gewahrt bleiben:
und munter fördert er die schritte,
und sieht sich in des waldes mitte,
da sperren, auf gedrangem steg,
zwey mörder plötzlich seinen weg.
Schiller 11, 241;
bildlich:
durch helden wird der weg zur güte nicht gespärret.
Richey bei Weichmann poesie der Niedersachsen 1, 28.
dasselbe gilt für wendungen wie dem feinde den pasz sperren, hosti aditum praecludere. Steinbach 2, 623, den eingang, ausgang, zugang sperren, bei unpersönlichem subject: da wo der steile reitweg vom thale durch den ringwall zur burg führte, sperrte ein thor und ein holzthurm für den wächter den zugang. Freytag ges. werke 8, 161. so erscheinen denn bei sperren in gleicher syntactischer fügung auch substantiva durchaus verbalen characters mit der bedeutung einer bewegung, deren hemmung, zunächst durch ein concretes hindernis, bezeichnet werden soll, meist mit sächlichem subject: der sperrkegel sperrt den rücklauf des maschinenrades; freier: die Dardanellen sperren die fahrt in das Schwarze meer. Adelung, sind ein hindernis für einen feindlichen durchbruch; in bildlichen wendungen: mein begangener mord lag hinter mir aufgethürmt wie ein fels, und sperrte meine rükkehr auf ewig. Schiller 4, 77;
oft haben stürmende affekte
den weichen zwirn (des lebensfadens) herumgezerrt,
oft riesenmäszige projekte
des fadens freien schwung gesperrt.
1, 235.
vgl. auch:
die noth treibt unser paar aus ihrer stillen bucht
nun höher ins gebirg. doch, wo sie sich hin wenden,
umringet sie von allen enden
des dürren hungers bild, und sperret ihre flucht.
Wieland 23, 57 (Ob. 7, 89).
e)
in der sprache der verwaltung und des rechts entwickelt das wort einen freieren gebrauch.
α)
die grenzen, ein land sperren kann noch ganz unter c fallen: wälle und thore, wachen und thorschreiber reichen hier nicht zu; mit welcher wahrscheinlichkeit dürfen sie denn hoffen, dasz man eine linie von hundert meilen (die grenze) bey tage und nachte sperren könnte? Möser patr. phant. 2 (1776), 45; gesetzt aber auch, ein land von hundert meilen im umkreise liesze sich glücklicher sperren, als der enge schoos der Danae, welcher sich aller riegel und wachen ungeachtet, für Jupiters güldnen regen öffnete. 46; der müller, der das korn im gesperreten lande wohlfeil aufkauft. 50. ebenso kann die zufuhr, einfuhr, ausfuhr sperren unter c gehören: eine jede regierung ist verbunden, im falle der noth die ausfuhr zu sperren, so wie zur pestzeit die zufuhr. Möser patr. phant. 2 (1776), 42; die aristokraten wollen Paris untergraben, es mit pulver von Vincennes in die luft sprengen, wollen die Seine ableiten und die zufuhr sperren. Grabbe 3, 111;
die zufuhr sperr' ich dir (dem volke der Wiener)
aus Klosterneuburg, meiner starken veste!
Grillparzer 5 (1887), 96.
solche verbindungen werden dann aber auch im sinne eines einfachen verbietens, verhinderns mit überwachung gefaszt. so ferner: die handlung sperren, barricare, impedire il commercio. Kramer deutsch-ital. dict. 2 (1702), 858ᵇ; den handel sperren, commercium impedire, interdicere. Frisch 2, 298ᵃ. Adelung.
β)
die behörde läszt vor einer strasze, die gepflastert wird oder die aus bestimmten gründen nicht passiert werden soll, ein holzgestell oder dgl. mit der inschrift: gesperrt aufstellen, das in seiner heutigen form oft kein wirkliches hemmnis mehr bildet, und auch ohne das kann sie durch einfache bekanntmachung, eine inschrift auf einer tafel u. dgl. verfügen: die strasze ist von morgen ab bis auf weiteres gesperrt, für den wagenverkehr gesperrt. gesperrter sitz, der andern, als einem, der dafür bezahlt hat, verboten ist, durch schranken oder auf andere art kenntlich gemacht. bergmännisch ein feld sperren, andere als den rechtmäszigen besitzer vom bergbau in einem grubenfelde ausschlieszen. Veith 181.
γ)
mhd. begegnet einem (sein gut oder dgl.) sperren, ihm etwas mit beschlag belegen. Lexer mhd. handwb. 2, 1083, so auch, mit bloszem acc. der sache: thut er aber das nit, so soll mein herr das lehngut, so er hatt, sperren auff ungnadt, also langh, biss er ess mit willen meinem herren büessen, allen schaden und unkosten abtragen wirdt. weisth. 2, 394 (Untermosel, v. 1506). dasz auch hier eine ähnliche entwicklung vorliegt, veranschaulicht die folgende stelle: die verlassenschaft sperren, bollare (versiegeln) le porte, casse ed armari. Kramer deutsch - ital. dict. 2 (1702), 858ᶜ. auch später noch: die erbschaft sperren. Adelung. vgl. auch: einen [mit gericht] sperren, arrestare, sequestrare, stagginare uno e gli effetti d'uno per decreto. Kramer a. a. o.
δ)
sperren, bey den handwerken, cogere socios opificii in eodem loco manere nec alios artis secreta docere. Frisch 2, 298ᵃ: ein gesperrtes handwerk, dessen gesellen nicht wandern dörfen, damit es nicht gemein werde ... als in Nürnberg die schellenmacher dergleichen sind. ebenda. Adelung.
ε)
sperren heiszt dann überhaupt: gebrauch, nutznieszung, ausübung verbieten, verhindern: damit den leuten ihr gesperrtes freies exercitium religionis möchte eröffnet werden. verhandlungen d. schles. fürsten u. stände i. j. 1618 s. 81. mit dat. der person und acc. der sache: der gemain bawersmann, dieweyll er des dan ganczlichenn uberredt ist, das man inen das ewangelium sperren und nehmenn wölle. quelle v. 1526 bei Dief.-Wülcker 858; (da erwiesen ist) dass der pfarrherr zu e. e. kirchen zu s. Niclas mit seiner seelsorge unnserer ahngestellten religion ex directo unnd wie man sagen mochte schnurrecht entgegen haben wier uff empfangenen churfl. befehl obgemelte kirche schliessen, unnd e. ehrw. pfarrherrn sein gottes recht und in gantzer wahrheit sehr ungern sperren müssen. quelle v. 1540 bei Haltaus 1701; einem sein gehalt sperren;
uns aber es an leuten felt,
so sperren sie euch zinsz und gült.
Ayrer 439, 1 Keller
vgl.: der vatter kan dir dein gemüt nit sperren, das du es nit brauchest. Frölich Stob. 404.
f)
allgemein im freieren sinne von hemmen, hindern. mit a vermitteln fügungen gleich der folgenden: diese imponderable materie wird vielleicht auch als incoercibel (unsperrbar) angenommen werden müssen; das ist, als eine solche, die von andern materien nicht anders, als dadurch, dasz sie mit ihnen in chemischer verwandtschaft steht ... gesperrt werden kann, durch alle übrigen aber frei hindurchwirkt. Kant 9, 128. freier:
von mengerslahte criege
die sich an im rechint
und sîne froude brechint ...
die hôhgemuote sperrent
und allen trôst werrent.
Hugo v. Langenstein Mart. 128, 57;
slapet, gy wachter an deme grave!
oft got syn werf hir have,
dat gy des nicht ensperen.
Redent. ostersp. 231 Schröder;
wan jhres ahtems gang und jhres lebens trumb
gespörret auff dein wort und abgebrochen werden,
so fallen sie dahin.
Weckherlin 228 (ps. 104, 37);
der kaiser bracht bei den kurfürsten zuͦwegen, dasz sie sollten den künig Karel von Hispagnia, sein eenicklin, zuͦ ainem römischen kunig machen. darwider was der bischoff von Trier und hertzog Fridrich von Saxen, die sperten es lang, aber sie muͦsten es nachgeben.
d. städtechron. 25, 89, 1 (Augsburg, v. 1518);
mich hat auch in diszen und andern seinem vornem nichts als hart beweget, sunder das er mich dermassen, wie e. l. vermarkt, in Brabant hat lassen reiten und unser aller wolfart selbs mir in rucken so ausz rechtem boszem neid gesperret.
Heinrich v. Braunschweig an Joachim v. Brandenburg, himmelfahrt 1519 (Weim., E. g.-a.);
dann die Römer bisz auff diese zeit nicht allein die wasser und erd, sondern auch gleichsam himmel und lufft verschlossen hielten, unser gemeinschaft und correspondentz zu sperren.
Zinkgref apophth. 1 (1639), 395;
verflucht sey die thorheit unserer ammen und wärterinnen, die unsere phantasie mit schröklichen mährgen verderben, und gräszliche bilder von strafgerichten in unser weiches gehirnmark drücken, dasz unwillkührliche schauder die glieder des mannes noch in frostige angst rütteln, unsere kühnste entschlossenheit sperren.
Schiller räuber schausp. 4, 2;
es ist eine gemeine einwendung sogenannter gefühlvoller junger herzen, dasz dergleichen verhandlungen die liebe sehr sperren oder gar sprengen.
J. Paul Titan 2, 174.
vgl. auch sein gehör sperren. Weckherlin 389 (s. oben I, 2). mit spannen verbunden (vgl. 2): verfluchte schlafsucht! ... die bisher meine kräffte in ketten schlug, meine aussichten sperrte und spannte. Schiller räuber schausp. 1, 2. mit dat. der person: men dat sperede ene pawes Leo mit alle dem dat he konde. quelle bei Schiller-Lübben 4, 318ᵃ; wie vorenthalten:
sprechend' also, dær sich gantz uͦf den herren,
waltzet uͦnt lest, dæn kan er aus not zerren:
ær re̊tt' yn nuͦn, tuͦ' ym sein' hilf nit sperren,
so'r ym gefélt.
Melissus ps. H 8ᵃ (nr. 22, 9);
hier der, spricht er, verläst sich auff den herren;
hat er ihn lieb so wird er ihm nicht sperren
was ihm gefellt.
Opitz ps. 43, 4 (nr. 22, 9).
2)
auseinander thun oder halten, dehnen, spannen.
a)
in allgemeiner transitiver anwendung.
α)
mit unpersönlichem concreten object, in der heute allein üblichen hierher gehörigen anwendung, meist von einer bewegung oder haltung in der art eines [[undefined:gesperre]] Wachter 1558. wie sich auch das anschlieszt an die oben unter B vor 1 aufgestellte grundbedeutung, veranschaulicht der folgende beleg: (wir) namen derwegen grosse balcken und seulen, und sperreten jhm (einem walfisch) den rachen in die höhe. Gebr. Rollenhagen ind. reisen 109. ein sperren durch holzstücke ist vielleicht auch in der nächsten stelle gemeint:
die wildenær hânt einen site,
dâ si doch eteswenne   bejagent guotiu mursel mite:
swâ si die aren vindent,   dâ bindent si diu jungen ûf daʒ nest
unt sperrent in den snabel ouch:
swie vil der alte in vür geleit,   sô gint der junge gouch:
sô nimt er im daʒ beste,   daʒ treit er alleʒ hein in sînen test.
Reinmar v. Zweter 171, 4 Roethe.
dann allgemein in obiger art, auch so gern auf gliedmaszen bezogen, das maul sperren, aufreiszen. Kramer deutsch-ital. dict. 2 (1702), 858ᵃ (nach Adelung lediglich obd., während man sonst im gemeinen leben hier aufsperren gebrauche. aufsperren ist in dieser und verwandten fügungen häufiger [vgl. dies oben theil 1, 741], doch begegnet das simplex hier auch in andern als obd. quellen, allerdings in den folgenden belegen mit adverbialen zusätzen), vor erwartung, bildlich: wenn gott vorrad gegeben hat, des man brauchen kan, und man lesset das faren und sperret das maul gen hymel, wil ein sonderlich zeichen haben. Luther 24, 560, 25 Weim. ausg. den rachen sperren, bildlich: wir wollen nicht reden ... von den Holländern die, obgleich sie auf dem schlamme sitzen, den die teutschen flüsse über ihren meeresboden hergeführt, doch gegen ihr stammvolk den rachen sperren. J. Görres hl. allianz 152. den schnabel sperren, den mund öffnen, zum reden, verächtlich:
doch sperrt ein schalk den schnabel
zu pfaffentrug und fabel.
Voss 4 (1802), 136.
mit auslassung des gleichen objects: kyke mâl, de vöggel sparret al! von jungen vögeln gesagt, die so grosz sind, dasz sie von den alten gefüttert werden können. Frommanns zeitschr. 5, 295 (Fallersleben). vgl.: die augen aufsperren, mit scherzhafter übertragung: die ohren aufsperren (wie: aufknöpfen), rein bildlich auch schon mhd. daʒ herze ûf sperren:
daʒ deweders herze wart
vor dem andern ûf gespart.
quelle im mhd. wb. 2, 2, 487ᵃ.
über den kreis der anwendung von aufsperren hinaus geht die arme sperren, so mnd. deutlich wie ausbreiten, spreizen, im bilde: o god kum uns to hulpe mit sperden armen. quelle bei Schiller-Lübben 4, 318ᵃ; hangen myt spereden armen in einer andern ebenda angeführten stelle geht wol auf das hangen am kreuze und tritt so wieder in eigenartige beziehung zur grundbedeutung; etwas anders erscheint die fügung im folgenden beleg:
umb di stang an der panıͤr
sluͦg er dy arm wol gespart.
Suchenwirt 14, 77.
den begriff des winkelartigen öffnens zeigt wieder deutlicher die verbindung die beine sperren in beziehung auf menschen, spreizen: der auff steltzen gehet, thut mit gesperreten beinen sehr weite schritte, grallator grallis gressus spaciosos divaricat. Comenius sprachenth. übers. v. Docemius (1657) 944. mit adverbialer bestimmung: die beine von einander sperren, varicare, divaricare. Steinbach 2, 623. ebenso: die füsze von einander sperren. Adelung; vgl. anord.: hrossit sýktisk ok sperrđi frá sér fætr. quelle des 12. jahrh. bei Cleasby-Vigfusson 582ᵇ. sperren ähnlich auf andere theile von thierkörpern bezogen:
aber zum könig und herren,
unsers reiches allerhöchsten ehren,
weisz ich nicht ob jhr dienen werd,
wie sehr jhr (der pfau) auch die federn sperrt.
Rollenhagen froschm. T 6ᵃ;
dann kam, wie lebend (als schmuck für den weihnachtsbaum), allerlei geziefer; hornissen und hummeln ... und jetzt ein groszer hirschkäfer, von chocolade, mit gesperrten zangen und ausgebreiteten flügeldecken. Storm sämtl. werke 1, 194. so auch in allgemeiner beziehung auf gegenstände:
ehrenwürdigste der Parzen, weiseste Sibylle du,
halte gesperrt die goldne scheere.
Göthe 41, 200;
mit adverbialer bestimmung: ihre ganze bildergallerie steckte in dem gesangbuch, dessen lieder sie mit goldnen rothen heiligen auseinander sperrte. J. Paul Titan 2, 208 (es ist doch wol gemeint, dasz sie die bilder zwischen die blätter legt). vgl.: eine thür aufsperren; den deckel eines kastens aufsperren u. dgl. das berührt sich mit der folgenden freieren verwendung von sperren: sperren, als der schlüssel, obserare, reserare, auf- oder zumachen das schlosz. Frisch 2, 298ᵃ. der begriff der winkelartigen bewegung kann auch sonst in solcher anwendung völlig zurücktreten, so wenn es heiszt die zeilen sperren, sie von einander entfernen. Adelung, ebenso in bezug auf einzelne wörter und buchstaben, spatiinieren, bei den buckdruckern. Klenz druckerspr. 99ᵃ, gesperrter druck, gesperrte (druck-)schrift: mit gesperrter schrift gedruckt. Freytag handschr. 1, 404, gesperrt drucken: wir mögen hierbei eine bemerkung äuszern, welche wohl verdiente gesperrt gedruckt zu werden. Göthe 54, 253.
β)
mit persönlichem object in älterer sprache, vom gekreuzigten Christus:
umme iren herren Jhesum Crist,
ir brudegamen, iren frunt,
der nacket dâ gesperret stunt.
Elis. 1978 Rieger;
wî der ist erhangen
an daʒ krûze und gesperret,
gar durchstochen und durchzerret
vur dînen ougen blûtvar!
Joh. v. Frankenstein kreuziger 9709;
mit ausdrücklicher betonung des schmerzhaften spannens:
jâ sô der herre heilant
an daʒ crûze sâ zuhant
gezwicket und geslagen wart
gespannen und sêre gespart,
geslagen dar und aber dar.
erlösung 5231.
in deutlicher unmittelbarer verbindung mit einem localen zusatz:
ach! wostu (das kreuz) an disser stad,
wen man an dich gesperret hat,
du tedest din arme zusamen sint
und liszest ruwen min liebes kint.
Alsf. passionssp. 6129 Grein.
vgl.:
seht, dô lieʒ er disen man
an ein holz ûfsperren
und von einander zerren
im zu leitlîchen klagen.
pass. 299, 65 Köpke.
b)
in reflexiver anwendung.
α)
sich auseinander dehnen, strecken, spannen, von gliedmaszen:
o die heiligen gelit (Christi),
die sich an dir (dem kreuze) zerren
wolden und durch uns sperren,
daʒ in entgienc des lîbes doum!
pass. 265 (nr. 28), 12 Köpke.
mhd. auch in verbindung mit ûf wie sich öffnen:
diu greber sich ûf (hs. ouf) sparten.
Hahn ged. des 12. u. 13. jahrh. (urstende) 112, 22.
in neuerer sprache in bezug auf sächliche concreta wie sich spannen, mit dem nebenbegriff des widerstrebens: es sperret sich und will nicht heraus. Campe. mit gleichartigem subject auch durchaus im sinne von widerstreben, in deutlicher beziehung zu β:
die winde legten sich, erkandten ihren herren.
das tode wasser stund. liesz nach sich so zu sperren.
sich sperren mochten die urew'gen quadern,
anstemmen sich in zuckungen und krämpfen,
und die verborgnen wasser mochten hadern.
Rückert 3 (1882), 149.
von einem baum: ein palmbaum nider getruckt, sperrt sich, und steht ie fester auff. Franck sprichw. 1 (1541), 120ᵃ. unsinnlich frühnhd. es sperrt sich, hapert, stockt u. ähnl.: dasz euch magister Gabriel gefällt, höre ich gerne; dasz sichs aber noch sperret, ist kein bös zeichen. Luther br. 2, 191; nun sperrt sichs, dasz ihm solch geld nicht wird. 3, 112; si omnes essemus unanimes, tunc esset summa pax, sed deus cogitur aliter facere, da sichs dort unnd da sperr, ut suspiremus futuram patriam, und wir des lebens uberdrissig werden. tischred. n. Schlaginhausen 136 Preger.
β)
von thieren und menschen, widerstreben. Kramer deutschital. dict. 2 (1702), 858ᶜ, repugno, reluctor, renitor. Steinbach 2, 623, reniti, repugnare, resistere, reluctari. Wachter 1559, divaricatis cruribus resistere, distendere pedes, progredi nolle, sich weigern, repugnare. Frisch 2, 298ᵃ, sich heftig widersetzen, wol zunächst mit anstemmung der hände und füsze, dann sich widersetzen überhaupt. Adelung. von thieren, hier meist auf sinnliche bedeutung beschränkt: (im bilde:)
der stier fieng an sich sperren,
dem löwen gab er ein stosz.
Liliencron hist. volksl. nr. 34, 31 (Halbsuter schlacht bei Sempach. vgl. C, 1);
ein hund, den menschen-händ an einen wagen schnüren,
sofern er willig folgt und gehet; geht spatziren:
wo er sich aber wehrt, sich spreisset, streubt und spärrt;
so wird er, halb gewürgt, doch fort gezärrt.
Brockes 1 (1739), 323;
das schwein (das zu markt geführt wurde) wolte nimmer stille seyn, schrie, wütete, tobete und sperrete sich so sehr es kunte. Lokmanns fabeln 20. in vergleichen: hai spêrt sik as ne hucke (kröte) opper mistgaffel, as ne katte im knappsacke. Woeste 249ᵇ. freier vom thier in der fabel:
(der hahn spricht zur henne, die der fuchs erwischt hat:)
du woltest dich je speren
und nit volgen mir.
Laszberg lieders. 1, 260, 62.
von personen häufig in freierer anwendung. der ursprüngliche sinn der gebrauchsart tritt hier deutlich hervor in der fügung sich mit händen und füszen gegen etwas sperren, die in der folgenden stelle freier gebraucht erscheint: wenn ich das hätte voraussehen können, was mir jetzt begegnet, ich hätte mich mit händ' und füszen dagegen gesperrt. Pestalozzi 4, 203. in allgemeiner anwendung, ohne diesen oder derartige zusätze: wan sich das capittel zuͦ sant Moritzen sperren wellten, so sollten sie umb all ir pfrienden komen. d. städtechron. 25, 94, 7 (Augsburg, v. 1518); sperr dich nit so häfftig, bisz nit so eigenrichtig oder so widerspennig, ne tam obfirma te. Maaler 379ᵇ; als er sich gleich etwas sperret, drucket die falsch Maria ihm einen scharpffen nagel durch sein hand ausz. Kirchhof wendunm. 1, 502 Österley; ob sie wol wissen, dasz sie, vermög der rechten, und gerechtigkeit, den todt wol verschuldet haben, jedoch sperren sie sich für und für, und wöllen sich nicht bereden lassen, dasz sie willig in den verdienten todt giengen. Gretter erkl. d. ep. Pauli a. d. Römer 298; der doctor wollte sich etwas sperren. Philander 1 (1650), 962; was sperrestu dich? quid repugnas et moras nectis? Stieler 2072; er sperret sich nicht, wenn man ihn bittet, nullum convivium renuit, dectrectat, fastidit. ebenda; er sperret sich nicht viel, wenn man ihn zu gast bittet, egli non si oppone, non contrasta molto, quando viene convitato. Kramer deutsch-ital. dict. 2 (1702), 858ᶜ; sich ein wenig sperren, stehet wol, stà bene di contrastare così un poco. ebenda; ich will mich nicht lang sperren, non voglio già contrastare. ebenda; er sperret sich gern, quandoque obluctatur. Steinbach 2, 623; sperre dich nicht, noli resistere. ebenda; das fräulein ... lieber Tellheim, waren wir nicht vorhin kinder? v. Tellheim. ja wohl kinder, gnädiges fräulein; kinder, die sich sperren, wo sie gelassen folgen sollten. Lessing 1, 573 (Minna 4, 6); nach dem er sich lange gesperrt hat und am ende seiner ausflüchte ist. Wieland 35 (1858), 155; dieser sperrte sich zwar, wie immer. Pestalozzi 2, 107; während so nun der eine zerrte — und der andere sich sperrte. Rückert 11 (1882), 393; so sperren sie sich denn nicht länger, damit wir sie nach ihrem wunsche am sichersten und aufs bäldeste wieder los werden! Keller 3 (1899), 141;
der pfarher sagt (zu einem, der bedenken trägt, seine einladung
anzunehmen) dürfft euch nitt sperren.
Wickram irr reit. bilger 52ᵇ;
du spörrest dich umbsunst, wir kommen her zu dir,
antwortet Hermes jhm (Paris), dich (wie dan dein gebihr)
des höchsten gots befelch gehorchend zu bequemen.
man lasse klammern dann und sprengen fertig machen,
und spann' ihn, sperrt er sich, bey so bewandten sachen,
mit fesseln an das klotz.
A. Gryphius 1 (1698), 268, 293;
viele jungfern sperren sich, ehe sie ihr ja! verliehren.
Picander 3, 337;
sperre dich, so viel du willst!
des himmels wege sind des himmels wege.
Lessing 2, 261 (Nath. 3, 1);
seht, wie sie bis zum letzten augenblick
noch zaudert! doch sie sperret sich umsonst,
gemessene befehle sind gegeben,
dasz sie durchaus im divan musz erscheinen,
und ist's mit güte nicht, so ist's mit zwang.
Schiller Tur. 5, 1.
sich gewantsweise sperren, callida cunctatione suspendere, simulare detrectationem. Stieler 2072; sich nur schein- ò gewantsweise sperren, contrastare, resistere per creanza ò per politica, hipocrisia, vergogna. Kramer deutsch-ital. dict. 2 (1702), 858ᶜ; heute: sich zum schein sperren. früher bezeugt ist sich sperren wider jemand. Kramer deutschital. dict. 2 (1702), 758ᶜ, einen Frisch 2, 298ᵃ, etwas, da(r)wider:
dô dî Venediêre wârn
gezuchtigit mit plâgin hert,
darumme daʒ si sich gespert
hattin erclîch widir daʒ rîche.
als sich dan etwan hat begeben,
dasz küng und keiser sich hand gspert
wider den bapst und sein gefert.
Schade sat. u. pasqu. 2, 211, 548;
drumb wollt euch wider uns nicht sperren
und gebt euch gfangen also balde.
Tittmann schausp. a. d. 16. jahrh. 1, 86, 176 (Rebhun Sus. 5, 2);
heute, heute da ists zeit,
dass wir freud' üm freude geben,
wer sich will darwieder sperren,
der such' ihm ein ander hausz.
bist du geneigt zuͦ hochfart, üppig er, ruͦm, lob ergyt [[undefined:etc]]. und entpfindest das du allermeist damit angefochten würst. so sperr dich hefftiklich dar wider. Keisersberg irrig schaf C 2ᵃ; bücke deine schultern und trage sie (meine lehre), und sperre dich wider jre bande nicht. Jes. Syr. 6, 26; da wir nu vernamen, das sich ein einiges volck, wider alle welt sperrete, und jr eigen weise hielte, und unsern geboten ungehorsam were. stücke in Esther 1, 4; wiewol hie wider sich die (schwarm-) geister gerne wolten sperren, und sagen, Christus rede nicht von kindlin, sondern von den demütigen. Luther 4, 325ᵃ; darauff ist auch das buch Hiob gemacht, denn darüber zancken, und sperren sich seine freunde wider jn. 5, 348ᵇ; denn der gute frome man ... hat wol mit augen gesehen, und mit henden gegriffen, und erfaren, wie gar schendlich sich der teufel sperret in der welt, wider den christlichen glauben, und leben. 6, 44ᵇ; weil man siehet, dass, die gott und nicht dem mammon trauen, kummer und not leiden und der teufel sich wider sie sperret. gr. katech. 51 Bertheau; darwider sich dann die münche und pfaffen häszlich sperreten. Spangenberg henneberg. chronik (1755) 527; so sehr sie sich auch dawider sperren würden. Jucund. 192. freier (vgl.α): nachdem aber das evangelium von Christo jetzund für die gründliche warheit angenomen, wartet die hoffnung auff die gutthaten, so im evangelio versprochen werden, und versihet sich deren gentzlich und gar, unangesehen, ob gleich alle trübsal, angst und not, sich darwider sperreten. Gretter erkl. d. ep. Pauli a. d. Römer (1566) 291; also (sollte Abraham den Isaak opfern), dasz sein hertz in dem geringsten sich nicht darwider sperrete. 405; das (die opferung Isaaks) ist ein solches werck, an dem gott selbs ein wolgefallen getragen, noch dannoch ist es kein volkomene gerechtigkeit gewesen, angesehen dieses, dasz des Abrahams fleisch wider den geist sich gesperret, und diesem köstlichen werck eine schellen angehencket, dasz es auch nicht volkomen hat sein können. 416. ebenso früh wie sich sperren wider begegnet sich sperren gegen mit acc., in älterer sprache mit dat., da(r)gegen.
ei, sêt ir nicht,
wî in gar menlîchir pflicht
dî brûdre unse hêrrin
sich mit strîte sperrin
aldort kegn den heidin?
dann so sehr sich meine tochter gegen der liebe sperrete. Jucund. 45; es wolten zwar die Portugiesen hierein erstlich gantz und gar nicht willigen, sondern sperreten sich heftig dargegen. Felsenb. 4, 150; madam Traut. liebst du deine kinder? herr Traut. drum sperre ich mich gegen die stadt (will ich nicht in die stadt reisen). Iffland reise nach der stadt 1, 2; als der prinz Antiochus Kantemir in seinem zwanzigsten jahre seine erste satyre — wider den russischen pöbel, der sich gegen die neue helle (aufklärung) sperrte — ausgearbeitet hatte. J. Paul biogr. belust. 1, 118. sich sperren darab:
dorumb solt du dich nit dorab sperren.
Kohlrosz spiel von fünferlei betrachtungen C 2ᵃ;
er wird sich drab nicht sperren (alt. bauernsp.). Schöpf 687. darob: seytemal dasz es desz königs gefallen ist, dasz ich ein ritter werden sol, so bitte ich euch, dasz jhr euch darob nicht wöllet sperren, sondern lasset euchs wolgefallen. buch d. liebe 19ᵃ (Octavian cap. 29. es ist wol umbildung aus darab. so steht im alten volksb. v. Octavian O 3). sich sperren für (vor) etwas:
gunst.
für körben, bey den jungfern; für ungunst, bey den herren,
weil sie sich vielmals ändern, soll niemand sehr sich sperren.
Logau 3, 175, 11.
darin: es gebürt eim gast sich nach desz wirts hauszordnung zuͦ richten; sintemal es euch nun so gfelt, wil ich mich nit darin sperren. Kirchhof wendunm. 1, 230 Österley. sich sperren etwas zu thun. Kramer deutsch-ital. dict. 2 (1702), 858ᶜ. Adelung: sich sperren, bede zu geben. quelle v. 1502 bei Dief.-Wülcker 858; ich wolt mich ungern in zuͦ bezalen sperren, da (wenn) er mir guͦt thuch verkaufft hette. Kirchhof wendunm. 1, 283 Österley; nachdem ich mich gestern so sehr gesperrt hatte die letzte arbeit zu übernehmen. Göthe 38, 126. so auch in einigen der belege, in denen sperren mit sinnverwandten ausdrücken verbunden erscheint. sich sperren mit gen. der sache, neben sich widern, weigern (wegern), s. unten, aber auch auszerhalb dieser verbindungen: (sie) hetten auch alsdann nit ursach, sich dessen weiter zu sperren. Zimm. chron.² 1, 126, 29; wa er (der meier) sich aber des (brennholz zu liefern) gespert oder kains gehapt, habend die gest guet fueg und recht gehapt, ain sparren von dem haus zu nemen und die visch mit süeden. 2, 610, 34; s. auch Münster kosm. 972 unter I, 2. mit sinnverwandten ausdrücken verbunden, so mit sich widern: die also ... erwelt werden, der oder die sollent sich desz nit sperren noch widern. quelle v. 1434 bei Haltaus 1702; wenn aber ein jar hinkompt, so mag man in denn aber zu einem amptmann erkeyssen, und in darzu nöttigen unnd trenngen, ob er sich des widren unnd sperren welle. weisth. 1, 39 (Zürich, v. 1468); ob sich auch ir einer oder mer derselben hilf sperren oder widern würde. quelle v. 1493 bei Haltaus 1702; die sich irer kundschafft oder gezwegknisz zu geben oder zu sagen sperren oder wiedern würden. quelle v. 1498 ebenda; ob auch iemants, wer der oder die weren, solhen zoll auf ander strafsen oder weg zu verfuren und damit denselben zoll nit zu bezalen unterstunden oder sich den sunst zu geben sperren oder widern wolten. urk. Maximilians I. für Kurpfalz v. 3. sept. 1518 (Karlsruhe, g. h.-a.); hat es ein ursach, das ir euch mocht sperrhen und wideren mir zcw glauben. Luther 9, 616, 37 Weim. ausg.; gott foddert und berufft in (Moses) fast zum sechsten mal, noch sperret und widdert er sich imerdar. 16, 31, 21. mit sich weigern (wegern): sie (die beschlafene) musz thun als eine gefangene bey dem Türcken, ... und ob sie hernach mit der zeit von jren eltern oder freunden einem andern gegeben würde, solchs leiden, folgen und annemen, als die bey den Türcken jre freiheit verloren hette, sich zu sperren und wegern. 5, 245ᵃ; Moses hat sich gesperret und gewegert, solch ampt .. anzunemen. 16, 55, 25 Weim. ausg.; wo man sich seines geitzens und schatzens hat gewegert und gesperret. 19, 410, 13; das sich Christus und Johannes also sperren und sich wegern. 20, 224, 5; drumb habt jr euch mit fug, und neben der billigkeit nicht zu wegern oder sperren, den zinsz ewerm herren keiser, willig, unterthenig und gehorsamlich zu reichen. Mathesius Sar. 164ᵃ. mit sich wehren: noch sperret und wehret er sich. Luther 16, 36, 7 Weim. ausg.; das sie mich auch wider meinen willen, wann ich mich auch schon fast sperr und wehr, zu jnen einladen. Fischart podagr. trostbüchl. (1577) H 6ᵃ; wenn man den narren einredet, so kan ers nicht leiden, sperret und wehret sich. Mathesius Syrach 1, 139ᵇ; neben sich zerren (reimwörter): so ist es vergeblich, das sich der teufel also sperret, zerret und weret und also feindlich helt. Luther 16, 97, 30 Weim. ausg. vgl. auch: erkenne doch, das, wo sich das (die unterhaltung der schule) weret, beschweret, sperret und zerret, das gewislich der teuffel da sey, der sich nicht so sperret, da mans (das geld) zu klöstern und messen gab. 15, 31, 3 Weim. ausg. mit sich setzen wider und acc.: man hat erfaren, dasz bis auf den heutigen tag sich kein gelerter und frumer man wider den Luther gesetzt und gespert hat, sonder alein grobe unverstendige verkertmütige und freche menschen, der end gleich iren werken sein wirt. Schade sat. u. pasqu. 2, 191, 36; weil gott solchs thun wil in aller welt, und bey jüden und heiden wonen allenthalben, so schweige jederman, das ist, gebe raum, lasse gott walten, und machen, setze sich niemand dawider, sperre sich niemand. Luther 4, 253ᵇ. mit andern ausdrücken: darumb ist auch weltlich gewalt gar ein gering ding für gott, und viel zu gering von jm geacht, das man umb jrer willen, sie thue recht oder unrecht, sich solt sperren, ungehorsam und uneinig werden. 1, 249ᵃ; (der papst) der do sich widder Christum sperret und ihm widderstand thut. 14, 352, 15;
führt mich in's feuer frisch hinein,
über den reiszenden, tiefen Rhein,
der dritte mann soll verlohren seyn;
werde mich nicht lang sperren und zieren.
Schiller Wallensteins lager 6.
auch wie sich breit machen, grosz thun:
wan es zeit, pflegest du (gott) die, so sich spörrend spreissen,
und sehen überzwerch in jhrem pracht und trutz,
schnell in das grab zu schmeissen.
Weckherlin 67 (ps. 18), 46;
er sperrt, er brüstet sich und macht sich eben grosz,
wenns aber klappens gilt, ist er ein armer klohs.
reime dich oder ich fresse dich 184;
du sperrest dich trefflich, nimis insolens, ventosus, inflatus es, pompam agitas. Stieler 2072. heute noch mundartlich, so westfäl.: hä spêrt sik, as wann kaisers katte sine nichte wær. Woeste 249ᵇ. vgl. auch aarg.: er fers̹pért si, er macht sich breit. Hunziker 245.
C.
intransitiv.
1)
zunächst mit deutlichem anschlusz an den reflexiven gebrauch in gleichem sinne, am leichtesten sich im inf. ergebend: (im bilde:)
der stier tett vintlich sperren,
dem löwen gab er ein stosz.
Liliencron hist. volksl. nr. 34, 31 (vgl. die andre fassung unter B, 2, b, β);
der eine geht auch hin, bewaffnet mit pistolen,
sich einen sack voll geld, vielleicht den tod zu holen,
und spricht: 'den beutel her, her ohne viel zu sperr'n!'
mit so gelass'nem blut, als spräch' er: 'pros't, ihr herr'n!'
Göthe 7, 62;
mit artikel oder pronomen nur so: ohn alles äusseren und sperren, wiedersetzen, eintrag und verhindern, oder wiederfechten. quelle v. 1589 bei Haltaus 1702; was soll denn das sperren seyn, quorsum haec mora et tergiversatio? Stieler 2072;
der weiche stoff ist fertig und bereit,
des grossen schöpfers weisen willen,
ohn allen widerstand und sperren, zu erfüllen.
Brockes 6 (1739), 78;
was hilft das ewige sperren und zieren?
Körner 3, 229;
schwer zinste fürsten er und herren,
die sein bedurft; da half kein sperren,
sie haben, wie er wollt', gemuszt.
Immermann 13, 150 Boxberger.
auch in andern formen begegnend: das wir hinweg zuͦ schiffen sperten. Franck sprichw. 1, 228;
sein (gottes) wort hast auch verachtet du,
gar wunder seltn kommen darzu,
vatter und mutter nit geert,
wider dein obrigkeit gesperrt.
Tittmann schausp. a. d. 16. jahrh. 1, 275, 582 (Meckel).
heute nicht mehr in solcher anwendung, aber noch: die thür, der fensterladen sperrt, läszt sich schlecht schlieszen.
2)
in älteren medicinischen schriften erscheint eine form mit a im sinne von: schmerzhaft angespannt sein, die wie die unter A erwähnte auf bewuszter rückangleichung an sparren, m. beruht (vgl. sparrader oben sp. 1946) oder nach analogie von fällen gebildet ist, in denen ein transitives verb mit e, ä ein altes intransitives mit a zur seite hat (z. b. hängen, hangen): solch sparren, schrimpffen und schrinden der augen, rupturae, scissurae, fissurae genant, befindet sich offte. Bartisch augendienst (1583) 107; wo auff den augenlieden viel blawe, braune adern zu sehen sein, sonderlich so sie sparren und donen, so hat man sich einer grossen gefahr zu besorgen. 157; wann ein rosz vom harten reiten uber die knie hengt, das ist ein gewisses zaichen, dasz jhm das geäder sparret oder angezogen worden. Seuter roszarzn. 280; wann dem pferd nach auffbindung desz gesundes fuesz der verruckt kegel noch fast sparret, und nit darauff treten wolt. 328. aus der gegend von Koburg verzeichnet Schm.² 2, 681 noch sparren, angespannt sein, offen stehen. vgl. auch das aus der gegend von Aachen bezeugte sporre, sich sträuben: die katze sporrt, wenn sie gereizt wird. Müller-Weitz 232.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 12 (1903), Bd. X,I (1905), Sp. 2172, Z. 26.

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Zitationshilfe
„gesperrt“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/gesperrt>.

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