Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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gespreizt, adj.

gespreizt, adj.
part. zu spreizen (s. d.), besonders in übertragener bedeutung von hochfahrendem wesen, sich breit machend: dieses gespreizte, hochtrabende, pomphafte wesen. Gervinus lit.-gesch. 5, 680; schwäb. gespreiszt, affectiert Birlinger augsb. wb. 194ᵃ. dazu die gespreiztheit: Armado, der soldatische prahler auf dem friedensfusze, erscheint in der lächerlichen gespreiztheit und geziertheit eines kindes der heiszen spanischen phantasie. Gervinus Shakesp. 1, 296.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 11 (1895), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 4167, Z. 51.

spreizen, verb.

spreizen, verb.
fulcire, suffulcire. ahd. spriuzan Graff 6, 400. mhd. spriuzen zu ahd. spriuza, mhd. spriuz, spriuze, nhd. spreize, f. (s. oben) gebildet, also 'mit einem strebebalken versehen, stützen', das wieder zu unten sprieszen, verb. mittelst j-suffixes gebildet ist. in älterer form noch spryssen, fulcire Dief. 250ᵇ, daneben jünger spreuszen Steinbach 2, 643: ich habe gespreuszt. ebenda, noch heute bair. spreuszen (neben spreuzen) Schm.² 2, 708 und spreiszen: spreissen, fulcire Dief. 250ᵇ, dem heutiges ostpreusz. sprêszen (auch sprêsen) entspricht. Frischbier 2, 356. neben der umwandlung des früheren iu entsprechenden stammvocals eu in ei ist auch die eines früheren inlautenden ʒ in z, ungewisz wann, erfolgt: spreizen für älteres spreiszen verhält sich wie beizen, heizen, reizen zu älterem beiszen, heiszen, reiszen, weize zu weisze. auf dem wege zum heutigen schriftdeutschen lautstande noch schwankend ist Stieler 2096: spreiszen alio dialecto etiam dicitur spreizen; vgl. auch Kramer unten I, 1; spreiszen neben spreizen Schmid schwäb. wb. 504. sonst auch in den oberd. mundarten spreizen: schbraiz'n Castelli 231; spreitzen idiot. austriac. 117. Schöpf 693. Unger-Khull 528ᵃ; spreiz'n Hügel 153ᵇ. ein part. gesprissen bei Weckherlin (s. den beleg unter II, 3) und Schm.² 2, 706.
I.
transitiv.
1)
einen gegenstand mit einer stütze versehen: spreitzen, spreissen, spreutzen, puntellare, appuntellare, folcire, soffolcire, soppoggiare. Kramer dict. 2 (1702), 886ᶜ; gespreitzet, puntellato, folcito, soffolcito, it. disteso, it. resisteso. 887ᵃ; eine mauer spreizen. Schm.² 2, 708; einen baum spreizen, einen mit früchten überladenen baum durch ein stangengerüst stützen. ebenda, vgl. Lexer kärnt. wb. 237. Schöpf 693; die bamer werden gespreizt, damit kein ast abbricht. quelle bei Mareta 58ᵃ. im bergbau baufällige gänge spreizen, sie durch strebebalken gegen hereinstürzen von gestein schützen. Veith 456. gern wird auch dafür unterspreizen gebraucht: ein haus unterspreizen, es stützen. vgl. Mareta 59ᵃ. vgl.:
klain in der mitt, ain dicken sitz,
keyff, rund verbelbt, schôn underspreutzt.
2)
der dem gebrauch von I, 1 mehr nebensächlich innewohnende begriff des emporreckens, ausstreckens entwickelt sich zu selbständiger bedeutung und nähert sich so dem gebrauch von spreiten, verb. etwas (wie durch eine dazwischengesetzte spreize) ausstrecken, auseinanderbreiten, aufsperren u. s. w. vgl.: ein gatter, eine thüre aufspreitzen. Höfer 3, 166; ein geschlachtetes kalb auseinanderspreizen, indem spreizen in die bauchhöhle hineingezwängt werden. Campe; die füsze auseinander spreitzen. Adelung, doch auch ohne solche zusätze (s. unter a).
a)
vom ausstrecken, auseinandersperren u. s. w. der glieder des menschlichen oder thierischen körpers: die füsze spreitzen, weit voneinandersetzen. Höfer 3, 165; gewöhnlicher die beine spreizen: die gespreizten beine sollen ihn (den genius) entweder im fortschreiten begriffen, oder in derjenigen stellung zeigen, die der körper natürlicher weise nimmt, wenn er den einen arm mit nachdruck zurück schleidern will. Lessing 8, 234; viele hören ihn (den geist) seufzen und jammern, noch andere haben ihn gesehen sitzend auf einem baumstock, die langen spindeldürren beine über den weg gespreizt. Leoprechting aus dem Lechrain 127; vgl.: er wickelte sich auf die einladung hin wollüstig in die ganze decke oder spreizte die beine weit auseinander, legte sich quer über das bett und schlug in harmloser lust purzelbäume darin. Keller 4, 223 und oben I, 2 einl. die finger spreizen; mit gespreizten fingern: er masz die hohe schädelstirn mit den gespreizten fingern. Sohnrey im grünen klee, im weiszen schnee 130. entsprechend bei thieren die flügel spreizen: bey dem fusze (der ehrenpforte) spreuszte ein phönix die flügel und drehete den gestirnten thierkreysz mit einem fusze herum. Lohenstein Armin. 1, 355ᵃ; der phönix flog mit melodischem geräusch zu ihren füszen, spreizte seine fittiche vor ihr aus, auf die sie sich setzte, und schwebte mit ihr über den thron. Novalis 2, 203;
der königsvogel (der adler)
spreizt seine ew'gen schwingen, wetzt den schnabel,
als wär' sein gott vergnügt.
Shakespeare Cymbeline 5, 4;
ein blitz! — ein krach! — die stille luft erzittert, ...
ein wasserdrache, der den raub gewittert,
so naht es pfeilschnell mit gespreiztem flügel.
Keller 9, 25;
(bildlich:) die gleichsam nunmehr gefesselten Dacier, Pannonier und Dalmatier waren so ungewohnt auser der freyheit als ein fisch ausser wasser zu leben; daher spreiszten sie abermals ihre federn und schärften ihre sebeln wider die römischen landvögte. Lohenstein Armin. 2, 75ᵃ. vgl. dazu unten II, 3, b sp. 22.
b)
mit geringer bedeutungsfärbung auch die augen spreizen, sie weit aufreiszen, grosze augen machen. Höfer 3, 165; die augen waren weit aufgesprissen. quelle bei Schm.² 2, 706. ebenso den mund spreizen (von einem überraschten, erstaunten menschen):
den mund er spreutzt
und macht ain kreutz.
hierher auch das bild: und dieweil dann (im frühling) das frech erdreich seinen rachen wider der sonnen gegenschein wird auffreissen und von dem warmen regen geschwängert spreissen. Fischart groszm. (kloster 8, 564); vgl.: gaben ihme durch aufgesprissenen mund einen schwedischen trunk. quelle bei Schm.² 2, 706; sie haben ihme sinen ... mund mit einem holz aufgesprissen. quelle des 17. jahrh. bei Schöpf 693.
c)
auch vom ganzen körper, mit gewalt ausrecken, auf die folter spannen. vgl. auch den entsprechenden gebrauch von spreiten, verb. I, 2, c (sp. 17): und darmit thor stund my armen unschuldigen man schwerlich tho pine gestalt und myne ledemathe gesprizet und uth ein geretten und darnach myn liff mit water upgevullet. quelle von 1532 bei Schiller-Lübben 4, 347ᵃ (gesprizet für gesprüzet).
d)
selten wird spreizen in dem sinne von spreiten, verb. I, 2, b gebraucht:
da legten ihre stecken
die wandrer aus den händen,
und spreizten weiche decken.
Freiligrath 1, 122;
vgl.:
(ein baum,) der so ein helles laubdach wölbend spreizte,
als ob vom himmelsaug' er jeden strahl
in grünen spiegeln aufzufangen geizte.
Rückert 3, 166.
e)
in der sprache des bergbaus eine strecke spreizen, sie wegen gefährlichkeit durch kreuzweise gestellte hölzer absperren. Veith 456, dafür auch gern verspreizen. 538.
II.
reflexiv.
1)
im eigentlichen sinne.
a)
entsprechend I, 1 sich mit einer spreize versehen, sich spreizenartig ausrecken: sich spreizen, sich stemmen. Mareta 58ᵇ; sich gegen die wand stemmen. Campe. häufiger mit localem zusatze:
ist man den lang zu tisch gesessen,
das du vol bist mit trincken, essen,
so leg dich auff mit beydn elbogen ...
und spreitz dich hinden an dîe wend.
H. Sachs 17, 419, 4 Keller-Götze:
dafür auch sich anspreizen (theil 1, 470): darauf er sich an zwo wurzlen, so aus dem felsen giengen, eingehengt, mit den knien angesprissen und in anrueffung gottes drey stund daran gehongen. quelle bei Schm.² 2, 706. mit weiterem instrumentalen zusatze: sich mit den füszen an die wand spreitzen ò anspreitzen, poggiarsi contro con i piedi. appuntar' i piedi al muro. lat. obniti pedibus, met. resistere. Kramer dict. 2 (1702), 886ᶜ; sich mit den füszen an die wand spreitzen. Adelung. hierher gehört noch: ruckt und spreizt sich auf beid' ellbög'n. quelle bei Mareta 58ᵇ. weiterhin auch: sich einspreuzen, die arme in die hüften stemmen. Schm.² 2, 708. vgl. die transitive wendung: die hände in die seiten spreizen, sich in positur stellen. vgl. Mareta 58ᵇ.
b)
sich ausstrecken, ausbreiten, entsprechend I, 2, a:
die steifen federn spreizten sich
aus allen ihren falten;
sein flügel rauschte fürchterlich
und risz ins erdreich spalten.
Ramler fabellese 2, 431.
mehr entsprechend I, 2, d: seine blätter seyn wie binszen oder rohr, spreiszen sich ausz also, dasz sie biszweilen in der länge eine, in der breite ein halbe elen erreichen. Tabernaemont. 1175 K; alantwurtz ist gut im anfang des hornungs zu pflantzen; man solls aber trei schuh weit von einander setzen, dann es macht grose breite plettir und die wurtzel spreuszt sich weit von einander. Sebiz feldbau 208.
2)
in vergleichenden wendungen, die schon hinüberführen zu dem gebrauch unter 3: sich spreuzen wie der haspel im sack. Schm.² 2, 708;
er sprüsst sich wie ein katz im wetschger (mantelsack),
zablet wie ein holzbetschger (holzhauer).
N. Manuel 212 Bächtold;
in einer personification vom lichtdocht:
wie in der kerze wildflatterndem leuchten
der klumpen sich widerlich spreizend quält;
lüstern leckt er die lippen die feuchten.
Immermann 1, 2, 79 Koch.
3)
übertragen.
a)
das sich in die höhe recken wie ein strebebalken, die hände in die hüften stemmen und die beine spreizend auseinandersetzen bilden das charakteristische benehmen des prahlers, groszthuers und geldprotzen und veranlaszten die folgenden übertragungen. dasz die rein sinnlich wahrnehmbare erscheinung dem gebrauch zu grunde liegt, mögen die folgenden belege zeigen: sobald du zu einem ämptlein kommest, dich sehen lassen, dich herfür thun, dich spreutzen: die wort und den gang nach dem griff und schlag richten: dich nicht zu gemein machen. Philander 1, 515; das macht unser volk gesetzt, bescheiden und stille, während hier jeder sich spreizt, die arme schlenkert und die glieder wirft. Hausrath pater Maternus 50; daher sich spreizen, grosz thun, vornehm thun (als besonders in Baiern gebräuchlich). Campe, vgl. Lexer 237; sich spreitzen, groszthuerisch auftreten. Schöpf 693. Unger-Khull 528ᵃ, vgl. Klein 2, 164 und die wendung ich spreusze mich aus, me extendo. Steinbach 2, 644; der kerl spreuszt sich, homunculus arroganter incedit. 643; nun fort du schelm, wie spreutzt du dich! Schmelzl David u. Goliath (1545) 13ᵇ; dann kompt ein mann mit aim gesprenkelten fätzen an ain stange gemacht, ... der spraitzt sich wie der teufel, ich mein er spraizt sich, mein Lindel (Leonhard) wie spraizt er sich. Kirchhof wendunm. (1602) 145;
Hans Wirt spreist sich und spricht:
ich wil mein taler haben kurtz,
es sag der pfaff gleych, was er wöl.
H. Sachs 14, 302, 19 Keller-Götze;
der gotlosz mit gekrümbtem mund,
mit spötlich auffgerümpfter nasen,
sich spreissend, trittet auff den grund,
gantz trutzig, unwürsch, auffgeblasen.
Weckherlin (1648) 35;
dann dehnt sich ihr busen aus, dann liebäugeln ihre blicke:
wie ein schönes mädchen thut, das sich vor dem spiegel spreizet.
Götz ged. 2, 73;
die tugend ist ganz, wie ein andrer staat,
in den der eitle mensch sich spreizend hüllt.
Hebbel (1891) 1, 117.
substantivisch: on alleyn in dem sich spreissen was wider gott ist, das nimpt sich allweg selbs ausz, da sollen die knecht jhr freiheyt behalten, sich darwider setzen, doch dasz ein guͦter eifer darbei sei! Petrarcha trostbücher 116ᵃ. auch von abstractem: gallonirte nichtigkeit die ... sich spreizt. Heyse 4, 243;
nicht ins gewühl der rauschenden redouten,
wo stuzerwiz sich wunderherrlich spreiszt.
Schiller 1, 234, 4;
ich, der ich ehedem, an jugend wärmer,
herunterstieg in spröde wirklichkeiten,
und mit dem unverstand begann zu turnen,
der stelzenhaft gespreizt sich auf cothurnen.
Platen 321ᵃ;
wenn hier (beim alter) die rechte minne fehlt,
soll sich die hochzeit dennoch spreizen
in festlichkeiten auserwählt.
Immermann 13, 180 Hempel.
mit angabe der ursache: sich spreitzen mit etwas, aggrandirsi, farsi grande, pompeggiare, bravare ... sparnazzare ... con qualche cosa. Kramer dict. 2 (1702), 886ᶜ; er spreitzet sich gewaltig mit seinem etc. egli pompeggia etc. fà, mena tanta puzza, fà tanto strepito. 887ᵃ; sich mit etwas spreizen, grosz machen, sich dessen rühmen, sich damit brüsten. Adelung; alle übernatürlichen wissenschaften spreizen sich mit der poesie. Bode Montaigne deutsch 3 (1793), 501;
so sich vor mir mit allen reizen spreizend,
versuchten eifernd sie an mir ihr bestes,
wettbuhlerisch um mein gefallen geizend.
Rückert ged. 1 (1840), 158.
auch sonst in entsprechenden wendungen:
wan es zeit, pflegest du die, so sich spörrend spreissen,
und sehen überzwerch in jhrem pracht und trutz,
schnell in das grab zu schmeissen.
Weckherlin (1648) 67;
da sah man sie, die sich in gold mit pracht zuvor
gesprissen, sich nu mehr mit rew und layd bedöcken.
71;
gedenckend, dasz unlangst ich (glickreich) mich gesprissen,
und dasz hingegen mich dein rawe faust nu mehr
erhaben, mit mehr macht und spot zu grund geschmissen.
207;
wol redt man auch von einer — e — gewissen —
die sich als frau nun spreiszt.
Schiller 1, 354, 38;
und wenn sie sich auch noch so spreizen in ihren goldgestickten flipsen, mit tressen, bändern und federn, schon aus dem knarren ihrer stiefeln höre ich heraus, wo sie her sind. Alexis Isegrimm 242.
b)
sich sperren, widerstand leisten, sich zieren u. s. w., mit rücksicht auf das durch auseinanderstellen und gegen den boden stemmen der beine charakterisierte gebahren eines widerwilligen. vgl. den mehr sinnlichen gebrauch:
er steigt vom Frontin ab, als jenes sich so spreusset,
(Frontino dieses rosz des edlen ritters heiszet)
und steiget nauff auff das, das so wol fliegen kan.
D. v. d. Werder Ariosts rasender Roland 4, 46, 1;
der vogel fleugt umbher, und macht wol hundert runden,
mit seinen klawen jhn ins antlitz zu verwunden,
und gegen Rabican sich fladdernd also spreust,
dasz er gehorsam nicht mehr hand und sporen leist.
8, 8, 7;
es (das kätzlein) läszt sich auch nicht beiszen,
gar schnell sich widersetzt,
thut brüsten sich und spreiszen,
bleibt immer unverletzt.
des knaben wunderhorn 2, 536 Boxberger;
er (der geier) hat sie lang gereizet
durch seinen übermuth,
bis dasz sie sich gespreizet,
zu wehren seiner wuth.
Rückert ged. (1841) 161.
hieraus ergeben sich weiter verschiedene bedeutungsfärbungen: sich spreitzen, sich weigern, sich wehren, sich zieren, das frauenzimmer spreizet sich offt, nur desto besser das, was es verlanget, zu erhalten. Rädlein (1711) 830ᵇ; das frauenzimmer spreitzet sich gemeiniglich, da es ihm nicht ums hertze ist. ebenda; sich spreizen, sich widersetzen. Campe, ganz wie sich sperren, verb. II, B, 2, b, β, theil 10, 1, 2180 (doch nur in alltäglicher rede gebräuchlich. Adelung); sich weigern etwas zu thun, stutzig sein. Lexer kärnt. wb. 237; sich zurückhaltend benehmen. Unger-Khull 528ᵃ. Hügel 153ᵇ, vgl. Klein 2, 164; spröde thun, sich zieren. Castelli 231; sich spreitzen von einem gaste, der sich zum essen allzusehr nötigen läszt. Höfer 3, 165; die sich aber im einzelnen nicht genau sondern lassen: Thomas stehet und spreutzt sich, sein hertz streubt sich, will bey seinem gott zehen zeugen nicht glauben: ir sagt mir vil, so hör ich viel. Mathesius histor. von Jesu Christo 2, 81ᵃ;
was sie thut, musz er im lan gfallen;
spreitzt er sich, so ligt im nachmals
ir freundschafft mit neid ob dem hals.
H. Sachs 20, 527, 4 Keller-Götze;
vgl.:
dô kom der kunic gekrœnet
unde vorderte daʒ kriuze.
ob sich der bischolf iht spriuze?
Ottokar 9637.
auch die sache, die arbeit spreuzt sich (spreuzt sich ein), kostet anstrengung, will nicht von statten. Schm.² 2, 708. mehr in der bedeutung 'sich zieren, spröde thun': jaͦ, ich werd' naͦcher so dumm sein, und werd' mich spreizen, waͦnn mir der herr vetter drei zwanziger aͦntraͦgt. quelle bei Mareta 59ᵃ;
du herzenlenkende göttinn!
heute bring' ich nur bluhmen,
weil noch das mädchen sich spreizet;
aber machst du es freundlich, ...
so weih ich dir die geliebte
des arkadischen gottes (die fichte).
Götz ged. 3, 50.
mit einer weiteren bestimmung der zeit, des maszes: er hat sich lang gespreitzet, egli ha fatto lunga resistenza, egli ripugnò, resistette, contrastò un pezzo. Kramer dict. 2 (1702), 887ᵃ; er wird sich nicht lange spreitzen. Adelung; die braut hat sich eine weile gespreitzet, bis sie das jawort hören liesz. Höfer 3, 165; geh, spreitz di nöt lang. idiot. Austriac. 117, vgl. Hügel 153ᵇ;
wolauff, das bad ist schon geheitzt!
was hilfft es, dasz ir euch lang spreitzt?
H. Sachs 21, 9, 16 Keller-Götze;
er wird sich nicht viel spreitzen, egli non farà già gran resistenza. Kramer dict. 2 (1702), 887ᵃ. mit angabe des gegenstandes, wider den man sich spreizt: sich wider jemand spreitzen, spreissen, spreutzen, resistere, ripugnare, contrastare, far resistenza, far testa ad uno ... intestarsi, ostinarsi, arborarsi contro alcuno. ebenda; sich wider jemand spreitzen. Adelung; so sich gegen einen centurio gesprissen. Fronsperger 3, 285ᵇ; herzog Wilhelm Vischart von Apulien spreust sich wider die schlangenart. bienenk. 138ᵇ randbemerkung;
ob er sich gleich wolt gen uns spreussen
mit samt den andern pfaffenknechten,
nit lang wird wern ir gegenfechten.
H. Sachs 21, 5, 18 Keller-Götze;
(neben sperren, verb.:)
ich wolt mir ee in die zungen beissen,
das ich mich wider sie wolt spreissen,
und wolt mich gegen inen sperren.
Murner luth. narr 810 Kurz.
das zu grunde liegende bild wird deutlich durch eine fügung wie: aber sowahr ich lebe, sie spreitzte sich gegen mich, wie eine katze im sack. Jucundi lebensbeschreibung 15 (vgl. auch oben II, 2). abgeschwächter, in dem sinne von 'sich sträuben': da sich nun diese auch dagegen gespreusset (die leichen der eltern zu kochen und zu verzehren), als vor einer sache, davor sie einen abscheu hätten, erwiese Darius, dasz des poeten Pindari meinung wahr sey, dasz nehmlich der brauch und gewohnheit über alle dinge herrsche. Wiedemann poet. gefangensch. 1, 45; darwider (den abbruch der vorstädte von Breslau) sich aber die katholische geistlichkeit hefftigst spreuszte. Steinberger tageb. bei Grünhagen Friedrich der grosze u. die Breslauer 69, anm. 3;
mir scheinet wiederumb die sun,
das glück thut sich nit gen mir sprewsen.
H. Sachs 14, 95, 18 Keller-Götze.
auch sich vor einem dinge spreizen: ich spreiz' mich vor ein'n dukaͦten auch nöt. quelle bei Mareta 59ᵃ;
ich sprach, leg mir vor klerlich ausz
warumb du auff eym esel reytst?
er sprach, das ich mich allmal spreist
vor aller arbeyt grob und schwer,
als obs mir schand und schedlich wer.
H. Sachs 1 (1558), 331ᵃ.
III.
auf das reflexivum geht auch ein nur scheinbarer intransitiver gebrauch zurück. entsprechend oben II, 3, a: spreutzen, magnifice et fluctuatim incedere, einherprangen, sich ausbreiten und allenthalben mit den kleidern anstossen. Schottel 1419; spreizen, tumere, superbire, efferri, subnixum ambulare, magnum spirare. Stieler 2096; spreuzend, groszthuend Schm.² 708; auch machet die närrische moda tracht und das possirliche vorstellen und spreissen ebensowenig einen wackeren und tapfferen mann oder soldaten, als der absurde und lächerliche einsidler-habit einen grossen heiligen. Simpl. 1 (1685), 70;
sind einheimische, gebohrne Böhmen,
von des Terschkas karabinieren, ...
unter allen die schlimmsten just,
spreitzen, werfen sich in die brust.
Schiller Wallensteins lager 1, 1;
(leben ist nur) ein armer komödiant, der spreizt und knirscht
sein stündchen auf der bühn', und dann nicht mehr
vernommen wird.
Shakespeare Macbeth 5, 5.
entsprechend oben II, 3, b: spreitzen, widerstreben Schmid schwäb. wb. 504;
sie wollten gern in freiheit reissen,
wider oberkeiten spreissen.
Murner luth. narr 2453 Kurz;
aber da half jetzt kein spreitzen und kein bitten, der herr gouverneur wollte absolut die schrannen weg haben. Steinberger tagebuch bei Grünhagen Friedrich der grosze und die Breslauer 191. auch die folgenden adjectivisch gewordenen participien gehen wol auf den reflexiven gebrauch zurück: gespreitzt 'groszthuerisch, aufgeblasen, geziert', g'spreizt, steif, geziert. Mareta 58ᵇ. Schöpf 693; gespreuzt Schm.² 2, 708; gschbraizt, gedehnt, aufgeblasen. Castelli 154; ein gespreizter kerl. Höfer 3, 166; eine gespreizte almkuh, bezeichnung eines hoffärtigen mädchens. Unger-Khull 528ᵃ. gewöhnlich aber gespreizte worte, gespreizte reden, d. h. mit floskeln überladene, lang ausgedehnte u. s. w.: eine gespreizte manier, hochtrabende art. vgl. Mareta 59ᵃ; dieses gespreizte, hochtrabende, pomphafte wesen, dieser forcirte teutonismus ist in diesen lebensäuszerungen ... um nichts lächerlicher als die ganze romantische richtung und zeit überhaupt. Gervinus litteraturgesch. 5, 680; der angehende witwer begleitete sie bis auf die strasze, und es fand ein gespreizter und ansehnlicher abschied statt. Keller 5, 137. adverb: ich rede nicht so gespreizt, ich rede nicht in hochmütigem tone, vgl. Mareta 59ᵃ; gespreitzt tuon, grosz thun. Lexer 237. vgl. noch:
und das duckt sich noch scheinheilig
oder bläht sich, stolz gespreizet.
Heine 1, 222 Elster.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1905), Bd. X,II,I (1919), Sp. 19, Z. 30.

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„gespreizt“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/gespreizt>.

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