Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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gesprengt, adj.

gesprengt, adj.
part. zu sprengen (s. d.), z. b.
1)
getüpfelt, gesprenkelt:
ir gesprengt farb gelb, graw, braun und rüszig (ruszig).
B. Waldis Es. 4, 99, 68;
weisz gesprengter rubin. Lessing 8, 174; gesprengtes oder granitpapier Röhrig techn. wb. 286ᵃ; gesprengter marmor, mit flecken und adern verschiedener farbe durchsetzt Jacobsson 2, 73ᵃ. vgl. gesprenkt und gespreckelt.
2)
vermischt:
so ist des menschen lust mit bitterkeit gesprenget.
Rachel sat. ged. 2, 2.
3)
besprengt: gesprengt fleisch, carnes sale aspersae, salsugine conditae Henisch 1568, aus mnl. ghesprenght vleesch Kil.
4)
in der baukunst, aus gekrümmten tragbalken oder gewölbeartigem bogen mit tiefer liegendem widerlager ohne pfeilerstützung aufgebaut, vgl. gesprenge 8: gesprengte flache decke. Schübler zimmermannskunst (1749) § 244; gesprengte brücke. Ehrenberg baulex. 266; gesprengte wand, hölzerne wand, die auf einen frei liegenden balken, z. b. einer saaldecke, so gestellt ist, dasz sie diesen nicht belastet, sondern, als hängewerk construiert, ihn noch tragen hilft. ebenda; gesprengte hölzer oder träger, convex gekrümmte tragbalken. ebd.; im bergwerk, gesprengte arme, die drei krummgewachsenen arme in der welle des rades an einem paternosterwerk, welche die kränze des rades stützen und ihnen zur haltung dienen Jacobsson 2, 72ᵇ.
5)
bei den goldschmieden älterer zeit: das gesprengt werck, kleine gezierden an guldinen und silbernen gschirren, als bildle, blümle, spengle, besteckt oder zugesetzt, emblemata Maaler 175ᵈ; gesprengte arbeit, die mit lahn oder silber- und goldfaden belegt erhobene stickerarbeit Jacobsson 2, 72ᵇ. 5, 658ᵇ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 11 (1895), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 4168, Z. 59.

sprengen, verb.

sprengen, verb.,
causativbildung zu springen; ahd. sprengan Graff 6, 399; mhd. sprengen. zu belegen noch als ags. sprengan Bosworth-Toller 905ᵇ; altnord. sprengja Fritzner 3, 499ᵃ (dän. spränge, schwed. spränga). über weitere verwandtschaft auszerhalb des germanischen vgl. die wortgeschichte von springen, verb. nhd. schreibt man noch ich spränge, spargo, conspergo, dirumpo und ich habe gesprängt Steinbach 2, 645, doch gewöhnlich dafür sprengen.
I.
transitiv.
1)
sprengen, bewirken, dasz etwas springt, mit beziehung auf lebende wesen als object: sprengen, machen dasz etwas springt, faire saillir ou sauter. far saltare qualche cosa. Hulsius (1616) 304ᵇ; sprengen, saltare, faire sailler. Schottel 1419; sprengen, facere salire. Stieler 2106.
a)
reitthiere als object: ein pferd sprengen, faire sauter un cheval. Hulsius (1616) 304ᵇ; ein pferd sprengen, far correre il suo cavallo. Kramer dict. 2 (1702), 888ᵇ. vgl.: sprengen, ein pferd schnell laufen machen, equum ad cursum incitare. Frisch 2, 308ᵃ. die durch auslassung des objects hervorgerufene, jedoch nur scheinbare intransitive verwendung vgl. unter III. im mhd. ist die hervorhebung des objectes noch ganz gewöhnlich, vgl.:
er sprancte dar durch liebe   der mære helt guot.
Kudrun 472, 2,
in der handschr. jedoch:
er sprangkte daʒ rosz durch liebe;
diu sper sie under sluogen,   dô sprengten sie diu ros.
Wolfdietrich DV 209;
diu ros si dô sprancten,
vil ritterlîch si sancten
diu sper über schildes rant.
Walberan 1009;
diu twerge sprangten auch ir bök
und stiessens nider sam die stök.
Heinr. v. Wittenweiler ring 52ᵈ, 17.
ebenso vereinzelt auch noch im nhd. bis auf unsere zeit: gynner der brucht das pferd, er ritet es, er sprengt es und schlecht es und thuͦt im wee, aber diser thuͦt im nüt, aber er verachtet es und danckt gott, das er im krafft hat geben, dasz er gon mag. Keisersberg bilgerschaft 126ᵃ; das ross ist schön vor dem mann, der dencket nicht, dann wie ers reitten, sprengen und zu seim lust nutzen wöll. Franck sprichw. 2 (1541), 71ᵃ, danach Fischart ehezuchtb. K 2ᵃ; item, ein hengst zu sprengen und musterhafftig zu reiten hett er (der abt) keinen meister. Kirchhof wendunm. 1, 490 Österley; do war ainer under des bischofs diener, der hett ain flucken gaul und wolt auch vorm frawenzimmer sehen lassen, was er konte. der sprangt und domlet im vorhoff das pferdt nach vortheil. Zimm. chron. 1², 501, 15; schon stand ich auf dem scheideweg, wollt eben mein pferd über die grenzen sprengen, mit verwünschung diesen boden auf ewig verlassen. Klinger 1, 83; er verstand aber das zaubern und zumal so hatt' er ein röszlein, das konnte wohl reiten und traben, damit setzte er in hohen sprüngen über felsen und risse und sprengte es über den flusz Wiesent, ohne das wasser zu rühren. brüder Grimm sagen 130;
ich selbst, bewaffnet mit geschosz,
besteige mein arabisch rosz, ...
und als ich seinen zorn entflammet,
rasch auf den drachen spreng ich's los.
Schiller 11, 277;
ihm brannte das haupt von rach' und mut,
er sprengte das rotrosz in die flut.
Rückert Firdosi 1, 52;
er löste vom halfter das ringelgeflecht
und legt' es vor sich auf dem sattel zurecht,
sprengte das rosz, und getön erklang.
2, 505;
auch weiter mit äuszerem object verbunden: (er) sprenget das pferdt ein höflichen sprung vor dem keiser, grüsset jn demütiglich. Fierrabras G 4.
b)
mit beziehung auf personen als object.
α)
einen sprengen, ihn eilends wohin schicken, fortschicken. Hertel 232; dabei ist gleichgültig, ob von reitern oder fuszgängern die rede ist: einen jungen hin und her sprengen, strabalzare un ragazzo, facerlo trottare, galoppare, posteggiar, in volta, e correre quà e là. Kramer dict. 2 (1702), 888ᵇ; sie hat die arme magd bin und her gesprengt, ella fece trottare la povera fante quà e là. ebenda; Radirobanes hat jhm, ... mich mit boszhafftiger that zu entführen fürgesetzet, unnd den vater sampt mir unter der beschönung, als ob er etliche auffzüge an dem ufer halten wolte, dahin gesprenget. Opitz Barclajus teutsch 1, 480; ich will sie nicht eher herübersprengen als nöthig ist, denn es ist noch nicht einmal wahrscheinlich, dasz wir mittwoch spielen. Göthe an Schiller 512ᵃ; Gonzalo. ich will einen nach Sarossa sprengen. Camille. all eure leute und pferde sind mit Sebastianen. 57, 193; aber ich werde den Lormeuil nicht von Toulon nach Paris gesprengt haben, dasz er als ein junggesell zurückkehren soll. Schiller der neffe als onkel 3, 9; bestellt ein gutes abendessen, sprengt einen burschen für doppeltes trinkgeld nach der stadt, um uns champagner zu verschaffen. Immermann Münchh. 3, 194; die Maitlene auf's feld hinaus sprenge. Seiler Basler mundart 275ᵇ. oft mit deutlicher charakterisierung des nutzlosen: einen sprengen, ihn unnötig wohin schicken, vgl. ebenda; einen sprengen, ihn in den april schicken, zum besten haben. Hunziker 248; dafür auch: in abrille spränge. Seiler Basler mundart 275ᵇ; die pferde wollte ich ifg. gern schicken, eines aber wär mir auf der vergebenen reisen nach Krossen, dahin ifg. mich und andere gesprenget, gestorben, die andern zwei wären nicht des futters werth. Schweinichen denkwürdigkeiten 150 Österley; auch melden die gerichtsleut, daz man kainen gesessen gerichtsman ausz dem gericht vordern und sprengen oder in vergeben zerung und unkost laiten soll. österr. weisth. 1, 206, 17; es sollen auch dorfmaister, fünfer und die saltner gwalt haben, und nit albegen ain ganze gemain umb ain schlechte sach von irer arbait zusamen sprengen. tirol. weisth. 2, 328, 22; er ist ein schurk, ... dasz er uns so unnütz ins schlosz sprengt, und nicht einmal mitkommt, wie er es doch versprochen. Pestalozzi Lienh. und Gertrud 1, 204; herr untervogt, es murreten da etliche, dasz ihr sie also ins schlosz gesprengt, und da noch wider euer versprechen allein gelassen. 205; also hätt ich wohl können daheim bleiben, und klagte, dasz ihn die vögtin so eilfertig über den berg gesprengt, und dann noch bey einem so schlechten wetter. 3, 56; einem so unfreundlichen und unerwarteten bescheide fügten sie noch allerlei spöttereien hinzu, und lachten sich untereinander aus, dasz sie durch diesen irrthum in den regen gesprengt worden. Göthe 18, 253; der kardinal von Lothringen ... war so fein, den könig zu bitten, sich im rath einzufinden ... der könig fragte darauf den kardinal von Lothringen, ob er keinen andern grund gehabt, ihn in den rath zu sprengen, als diesen? Schiller (1834) 1129ᵇ; ich bin nur deshalb fortgesprengt worden, um geschwätz über seinen besuch zu hören. Freytag 6, 176. vielleicht schon zu der verwendung unter I, 1, b, η führt folgendes: dadurch (durch diese versäumnis des angesetzten gerichts) ihre gegenparteien vergebentlich umb die weeg gesprengt und in mehrern uncosten eingefiert werden. österr. weisth. 1, 105, 20, wo umb die weg wol den gegenstand der schädigung ausdrückt.
β)
in die höhe springen machen: ein kindt sprengen, danser un enfant. far ballare un bambino. Hulsius (1616) 304ᵇ; einen hoch auf sprengen, bewirken, dasz er vor entrüstung von seinem sitze aufspringt oder in die höhe fährt: manchmal am nachmittag sei noch kein bett gemacht und abends um neun uhr wisse man noch nicht, was man zu nacht essen wolle. es hätte sie hoch auf gesprengt, als sie das gesehen. Uli der knecht 375.
γ)
heraus springen machen: dein toben hat ihn aus dem bett gesprengt. Göthe 11, 174; bildlich: einen sprengen, einem durch ränke sein amt nehmen. Hunziker 248, eigentlich, bewirken, dasz er aus seinem amte heraussprengt, doch bleibt eine beeinflussung von I, 3 her zweifelhaft. vgl. unter springen, verb. wendungen wie einen springen lassen, ihn beseitigen, aufgeben u. s. w.
δ)
einen ins gefängnis sprengen, ihm zu einer gefängnisstrafe verhelfen. dementsprechend mit unsinnlicherer localer beziehung einen ins unglück sprengen anstatt des gewöhnlicheren einen ins unglück stürzen: wenn er einmal sein elend vergessen wolle und sich lustig machen, so käme alles auf ihn los und suche ihn zu unterdrücken. wer ihn ins unglück sprengen könne, der thue es. Uli der knecht 28. einen in mühe und unkosten sprengen: will auch schier ein jeder so etwa ein handl vor gericht hat seinen fürgesezten richter für partelisch halten, vor ime nit antwort geben und dadurch seinen gegentail in mühe und uncosten sprengen. österr. weisth. 6, 503, 41. wendungen wie einen in einen handel sprengen liegen wol im folgenden zu grunde: indessen wenn ich dir gut zu rate bin, so lasz dich nicht ein; man will dich hineinsprengen, und die andern wollen sich hinter dir draus machen. Uli der knecht 75.
ε)
als strafe für einen betrügerischen bäcker: einen becken sprengen, ihn zur strafe ins wasser werfen. Schm.² 2, 702. einen ins feuer sprengen, ihn ins feuer werfen und verbrennen lassen: die lieb printzes von Wallis schreibt mir, dasz sie den Bullinbruck mitt einer figur von einer non mitt einem kindt in seinen armen durch einen teüffel haben in feüer gesprengt. Elisabeth Charlotte 3, 672 Holland. auch sonst: Stini fluchte, dasz er es habe ins (mist-)loch sprengen helfen. Uli der knecht 120.
ζ)
allgemein einen zu tode sprengen, ihn von einem erhöhten punkte herabstürzen, dasz er zerschellt: sie fürten in bisz zu dem grot des bergs, uff daʒ sie jn überal zu tod sprengten oder stürtzten. Keisersberg postille 2, 58; das hausz und schlosz, da denn der graff vom Forst innen gesessen war, den da Goffroy zu todt sprenget. buch der liebe 284ᵈ. anders ist wol aufzufassen: dann die wittib, deren keysers Trajans son das kind zu tod hat gesprengt, wolt dem keyser den rechtspruch darüber zu geben nicht so lang sparen, bisz er auss seim vorhabenden zug wieder käm. Garg. 226ᵇ, wo das aus sprengen I, 1, a abgeleitete sprengen III, auf dem rosz daher jagen, wol zu grunde liegt. vgl. auch noch unter I, 1, c.
η)
einen um ein ding sprengen, ihn darum bringen, betrügen. Kehrein nassau. volksspr. 2, 51; was will er machen? steckt dem in den klauen ganz und gar, musz zu allem jetzt ja sagen, am end ist aber doch meine schwägerin allein drum (um die hinterlegte geldsumme) gesprengt. Fr. Müller 1, 275. wol zu erklären aus I, 1, b, α, wo die nebenbedeutung des zum narren habens (vgl. dort wendungen wie in den april sprengen) sich zu der des betrügens weiter entwickelte. den übergang veranschaulicht der letzte beleg unter I, 1, b, α.
c)
scheuchen, aufscheuchen, verjagen, verfolgen; wol ursprünglich jäger- und fischerausdruck: indessen wurde der Kohlwald von den immer zunehmenden geiszen übertrieben, die rosse die man auf den fettern graszplätzen weiden liesz, bisweilen von den geiszbuben verfolgt oder gesprengt. der arme mann im Tockenburg 33;
vom nahen lärm empor gescheucht,
feld ein und aus, berg ab und an
gesprengt, verfolgt, doch unerreicht,
ereilt das wild des angers plan.
Bürger 70ᵇ.
bildlich auch von personen: hast du nicht diesen edlen verwundet; seine liebste, seine braut aus den armen ihres vaters gesprengt, der ihr diesen schritt nie verzeihen wird? Göthe 57, 211. von einem verfolgten pascher: als ich wie ein halb zu tode gesprengter niederfiel. Felder reich und arm 293 (vgl. oben zu tode sprengen unter I, 1, b, ζ, von dem dieses zu unterscheiden ist). ins garn sprengen: das ist recht wüst, und ich will von der ganzen sache nichts mehr hören; ich lasse mich nicht so hinein sprengen, wie man die fische ins garn sprengt. Uli der knecht 398. auch als bildliche wendung: dich so bethören zu lassen! siehst du nicht, dasz das ein einfältig angelegter plan ist, um dich ins garn zu sprengen? Göthe 10, 82.
d)
die stute sprengen, die kuh sprengen wird von hengsten und stieren gesagt, wenn sie vor dem eigentlichen sprunge das weibliche thier zunächst aufscheuchen und verfolgen; dann auch ganz wie springen, verb. (s. unten) bezeichnung des begattungsvorgangs selbst. vgl. Kehrein volksspr. in Nassau 1, 385: unnd ist eben als sünd, als wenn ein stier die gantze herd sprengt und tragend macht, dann wie der farr kein wehrend oder verbietend gesatz hat darwider er sündiget, also auch gott. S. Franck chronica (1531) 442ᵇ. ganz entsprechend bezeichnet sprengen in der weidmannssprache jenen vorgang, 'wenn der hirsch das thier, welches er beschlagen will, mit dem geweihe einige zeit getrieben hat und es dann flüchtig macht, um zum beschlag aufzufallen.' Train 1, 285.
e)
auch von anderen concreten gegenständen wird sprengen in dem unter I, 1 aufgewiesenen sinne gesagt. heraus springen machen: sie theten mit jren schwerdtern das feur ausz helm und schilten sprengen. Fierrabras B 6; zu kilt (zum nächtlichen besuch der geliebten) läuft man nicht in den holzboden (holzschuhen), und wann sprengt man mehr schuhnägel aus, des tages oder des nachts, wo man keinen stein sieht, kein loch, keinen graben. Uli der knecht 47. hinunter springen machen: demnach zog er sin schwert usz und schluog ein rytter damit uff sin helm, daʒ er inn untz uff die zenn zerspielt, demnach ein andren, also daʒ er im den kopff uff die erden sprangt. Haimonskinder 231, 24. in einem dem oben unter c aufgewiesenen gebrauche ähnlichem sinne: diesem gleich erhandelten unsere jünglinge eines der auf den trödel gesprengten kirchenbilder um den geringsten preis. Göthe 43, 396. hierher noch der handwerksausdruck: der zimmermann sprengt die schnur, wenn das zu zersägende holz krumm ist und der den schnitt vorzeichnende schnurschlag der krümmung entsprechend geworfen wird. Jacobsson 4, 234ᵇ, wo eigentlich der sinn des versprengens zu grunde liegt.
f)
selten wird sprengen bildlich auf abstractes bezogen (entsprechend I, 1, a):
Hafis insbesondre schaffet ärgernisse,
Mirza sprengt den geist i'ns ungewisse,
saget, was man thun und lassen müsse.
Göthe 5, 33.
entsprechend I, 1, b: eine rede unter die leute sprängen, sermones spargere. Steinbach 2, 645.
2)
sprengen, spargere Maaler 382ᵃ; sprengen, aspergere Schottel 1419; strewen, sprengen, spargere Corvinus 619ᵃ; sprengen, spargere Stieler 2096. Wachter 1517. part. gesprengt (besprengt), sparsus, aspersus. Henisch 1568, 38.
a)
flüssigkeiten mehr zerstäubend spritzen: sprengen, gieszen, arrouser, asperger, addacquare. Hulsius (1616) 304ᵇ; sprengen, fundere, madidare, madefacere. Stieler 2096. gewöhnlich mit angabe des objectes (über seine seltener vorkommende auslassung vgl. unter III, 2, sp. 40): wasser sprengen, wegen des staubs, ehe man auskehret, spargere aquam et vertere. Frisch 2, 308ᵃ. mit weiterer localer angabe: die hirten versuochent, welhiu schaf geleben mügen über den winter, und sprengent eiskalteʒ waʒʒer auf ir aller sterʒ, welheʒ dann daʒ waʒʒer vast von im schütt, daʒ ist stark. Megenberg 154, 19; das sehzehend ist, daʒ der frawen milich dick ist und zæh, alsô der si sprengt auf ein glas, sô stênt die tropfen dar auf als die arwaiʒ und flieʒent niht. 41, 8; ein schneider der nimt daʒ mul voll wasser, er trinckt es aber nit, ... und daʒ wasser speutzet und sprengt er uff das tuͦch. Keisersberg emeis 24ᵇ;
und nach der ordnung
setzten sich alle gereiht auf stattliche sessel und throne.
diesen auch sprengeten wasser die herold' über die hände.
Odyssee 1, 146;
vgl.:
ein fiur, daʒ êrst entzündet wirt,
daʒ ist zehant zergenget.
swer drûfe ein lützel sprenget
von waʒʒer, eʒ erlischet wol.
troj. krieg 22120.
geweihtes wasser sprengen als bedeutsame cultushandlung, nicht nur bei den heiden, sondern auch in der christlichen kirche. vgl. Pfannenschmid das weihwasser im heidnischen u. christlichen cultus (Hannover 1869). die durch wasser bewirkte rein körperliche reinigung des menschen wird symbolisch umgedeutet für entsprechende unsinnliche vorgänge in seinem innern. vgl. die substantivische wendung: do baten wir pfenner und die gekornen, das der rath uff morgen sonntagk nach dem sprengen den rath und meister besenden wolde. Spittendorff denkwürdigkeiten 358, wo die reinigende wirkung des kirchganges symbolisch dadurch ausgedrückt wird, dasz der priester auf die gemeinde beim verlassen der kirche wasser sprengt. vgl. Pfannenschmid 177 f. und 185. weiterhin hat sich der wirkungskreis dieser heiligen handlung mannigfach erweitert, wie besonders der beleg bei Eberlin v. Günzburg und bei Rosegger zeigt. vgl. auch oben sprengel, m. 1 und unten weihwasser, n.: denn ich wil euch aus den heiden holen, und euch aus allen landen versamlen ... und wil rein wasser uber euch sprengen, das jr rein werdet von alle ewr unreinigkeit. Hesek. 36, 25; also soltu aber mit jnen thun, das du sie reinigest, du solt sündwasser auff sie sprengen, und sollen alle jre hare rein abscheren. 4 Mos. 8, 7; wenn aber jemand jrgend einen todten menschen anrüret, und sich nicht entsündigen wolt, der verunreiniget die wonunge des herrn, und solche seele sol ausgerottet werden aus Israel, darumb das sprengwasser nicht uber jn gesprenget ist. 19, 13; ich glaub wol, der teuffel erwecke etwan ain ungewitter unnd lasse davon ab, so man glocken leüt unnd weychwasser sprengt. Joh. Eberlin v. Günzburg 2, 9 neudr.; das gesicht gegen morgen gerichtet, stellte sich der magier jezt auf den teppich, sprengte weihwasser nach allen vier weltgegenden, und neigte sich dreimal gegen die bibel. Schiller 4, 215; ich wuszte wohl, er hatte noch den haussegen zu beten; ... auch sprengte er weihwasser an thür und fenster, um somit zum schutze des eigenthums alles gethan zu haben, was ein guter christ zu thun vermag. Rosegger waldheimat 2, 15; vgl. als jedoch nicht ganz entsprechend:
die trophen die nider fluʒʒen,
dâ im entwuoc der êwarte,
die hulfen die siechen harte,
wurden die dâ mit gesprenget.
Servatius 737 Haupt.
ganz entsprechend im hebräischen cultus das blut des opferthieres sprengen. vgl.: sich und mit dem (blute) sprengende so wart daʒ volk von Israel von aller ieren sünden gesüberet und gerainet. Grieshaber predigten 2, 119; und stunden in jrer ordnung wie sichs gebürt, nach dem gesetz Mose des mans gottes. und die priester sprengeten das blut von der hand der Leviten, denn jr waren viel in der gemeine, die sich nicht geheiliget hatten. 2 chron. 30, 16; und (der kuchen) sol des priesters sein, der das blut des danckopffers sprenget. 3 Mos. 7, 14; mit deutlicher angabe der örtlichkeit: wan da (in levitico) lesen wir, daʒ der bischof in daʒ tabernacel gie und in dem der böche bluͦt ze sieben malon sprancte. Grieshaber predigten 2, 115; das blut auf den altar sprengen: Mose nam die helffte des bluts, und thets in ein becken, die ander helfft sprenget er auff den altar. 2 Mos. 24, 6; da schlachten sie die rinder, und die priester namen das blut und sprengeten es auff den altar, und schlachten die widder und sprengeten das blut auff den altar; und schlachten die lemmer, und sprengeten das blut auf den altar. 2 chron. 19, 22; und lies das blut der danckopffer, die er opffert, auff den altar sprengen. 2 kön. 16, 13; dis sollen die sitten des altars sein, des tages da er gemacht ist, das man brandopffer drauff lege, und das blut drauff sprenge. Hesek. 43, 18; auch in weiterer verdeutlichung des sprengen zu grunde liegenden begriffes das blut auf dem altar umher sprengen: und die priester, Aarons söne, sollen das blut auff dem altar umb her sprengen. 3 Mos. 3, 2. auch als altgermanische sitte gedacht:
dreimal heulten sie, sprengten sie blut,
schlugen dreymal auf ein hohngelach.
Klopstock 2, 147.
ebenfalls als weihende handlung öl sprengen: darnach sol er des öles aus dem log nemen, und in seine lincke hand giessen, und mit seinem rechten finger in das öle tuncken, das in seiner lincken hand ist, und sprengen mit seinem finger das öle sieben mal fur dem herrn. 3 Mos. 14, 16. wein auf etwas sprängen, vino aliquid conspergere. Steinbach 2, 645; besonders von der libation des weines bei den Griechen:
trat in die mitte des hofs und betete, sprengte den wein dann,
schauend gen himmel empor.
Voss Ilias 16, 232;
das object in einen partitiven genitiv eingeschlossen:
als sie des tranks nun gesprengt und nach herzenswunsche getrunken.
Odyssee 3, 342;
und er fand der Phaiaken erhabene fürsten und pfleger,
sprengend des tranks aus dem becher dem spähenden Argoswürger,
dem sie zuletzt noch sprengten, des schlafs und der ruhe gedenkend.
7, 137;
und nachdem er gesprengt des herzerfreuenden weines,
trank er und reichte den becher zurück dem völkergebieter.
18, 151;
viel auch sprengt' er des weins aus goldnem becher und flehte.
Ilias 23, 196;
und ein solches trankopfer ist auch in der folgenden wendung den göttern opfer sprengen gemeint:
und dazu noch
schenk' ich ein schönes gefäsz, damit du den ewigen göttern
opfer sprengst und meiner an jeglichem tage gedenkest.
Odyssee 4, 592.
in bezug auf eine zauberwirkende flüssigkeit:
Circe sprengt ihr grauses gemisch, und die säfte des giftes.
Ovid 2, 350.
in stark poetischer übertreibung thränen sprengen:
der helle tag wird mir zur nacht,
ja dasz ich heisze tränen
jetzt sprengen musz mit sehnen,
ach scheiden das hastu gemacht!
Rist Parnassus 412.
b)
selten, und eigentlich nur der älteren sprache geläufig, mit beziehung auf trockene gegenstände als object. auf das haupt erde sprengen als zeichen der trauer: und huben auff jre stimme, und weineten, und ein jglicher zureis sein kleid, und sprengeten erden auff jr heubt gen himel. Hiob 2, 12; erde sprengen, erdstücke werfen (gegen einen feind): aber Simei gieng und fluchet gegen im durch die höh des berges von der seiten und warf die stein gegen im und sprenget die erde. bibel von 1483. 150ᵃ (2 Sam. 16, 13) (vgl.: mittens lapides adversum eum, terramque spargens. vulgata). die deutliche zugehörigkeit zu dieser bedeutungsgruppe zeigt folgende dem intransitiven gebrauch sich nähernde stelle: aber Simei gieng an des berges seiten neben jm her, und flucht und warff mit steinen zu jm, und sprenget mit erdenklössen. 2 Sam. 16, 13. ofenrusz sprengen: da sprach der herr zu Mose und Aaron, nemet ewre feuste vol russ aus dem ofen, und Mose sprenge jn gegen himel für Pharao. 2 Mos. 9, 8; und sie namen russ aus dem ofen, und tratten fur Pharao, und Mose sprenget jn gen himel: da furen auff böse schwartze blattern, beide an menschen und an vieh. 10. ebenso asche sprengen:
die aschen si nâmen,
fur den chunich chômen,
si sprancten si sâ ze stunt
vor in allen in den luft.
exodus 142, 25 Diemer;
wenne man den schern (maulwurf) prennet ze pulver und sprenget in mit aim weiʒen ains ais auf des siechen antlütz, daʒ ist guot für den auʒsetzel. Megenberg 160, 29, hier in naher berührung mit dem gebrauche unter a; denn so der ochsen und böcke blut, und die aschen von der kue gesprenget heiliget die unreinen, zu der leiblichen unreinigkeit, wie viel mehr wird das blut Christi ... unser gewissen reinigen von den todten wercken. Hebr. 9, 14; noch heute in Eisleben asche sprengen beim eintreten von glatteis. saltz auf etwas sprengen, sale superspergere quid. Frisch 2, 308ᵃ; saltz auf etwas sprängen, aliquid sale inspergere. Steinbach 2, 645; er sprängt über das fleisch saltz, carnem sale superspergit. ebenda; substantivisch mit obscönem beisinn:
die (die jungfrau) wil ich nit also laszen verderben,
sünder ich wils mit salzsprengen wol bewarn.
fastn. sp. 641, 9 Keller.
in dichterischer sprache perlen sprengen:
all perlen und safran sprengten sie,
all muskus mit weine mengten sie,
muskus und wein von den mähnen flosz,
und goldstücke trat mit dem hufe das rosz.
Rückert Firdosi 1, 80.
noch die in heutiger mundart lebende wendung: somen inn e g'länd spränge, ihn ganz dünn aussäen. Seiler Basler mundart 275ᵇ.
c)
mit einem wechsel des objects. den übergang zeigt der folgende gebrauch (vgl. auch unten III, 2): mit wasser sprengen, spargere, spruzzare, sbroffare, spargolare con acqua. Kramer dict. 2 (1702), 887ᵃ; und der auch, der mit dem sprengwasser gesprenget hat, sol seine kleider waschen. 4 Mos. 19, 21; und (der priester) sol seinen finger in das blut tuncken und damit sieben mal sprengen fur dem herrn, fur dem furhang im heiligen. 3 Mos. 4, 6; und Mose nam das salböle, und salbet die wonung, und alles was drinnen war, und weihet es, und sprenget damit sieben mal auff den altar, und salbet den altar. 8, 10; der (der priester) sol die erste (turteltaube) zum sündopffer machen, und jr den kopff abkneipen hinder dem genick, und nicht abbrechen, und sprenge mit dem blut des sündopffers an die seite des altars. 5, 9. gewöhnlicher dafür besprengen (s. theil 1, 1642). mit deutlicher angabe des erweiterten objects, im übrigen noch in naher berührung mit dem vorhergehenden: da nam Mose das blut und sprenget das volck damit und sprach, sehet, das ist blut des bundes, den der herr mit euch macht. 2 Mos. 24, 8; damit aber das gras nicht dürr werde, so sprengen sie es, wann es nicht regenwetter wil sein, mit wasser. Fronsperger kriegsbuch 3, 146ᵃ;
man sol nemen gut flächsin tuch
mit klein flächsin garren strengen
und die mit weichwasser sprengen
und dieses loch (in der hölle) mit zudammen.
narrenbuch 129, 1278 Bobertag;
aber des mahls sei wieder gedacht, und die hände mit wasser
sprenge man uns.
Voss Odyssee 4, 214;
sprach's; und Asphalion sprengte die händ' itzt allen mit wasser.
216;
etwas mit thränen sprengen, aliquid lacrymis spargere. Steinbach 2, 645; mit nektar sprengen:
aber dieweil das geschick ihm wehrt ein so kühnes verlangen (den toten wieder aufzuwecken),
sprengt er den leib und den ort mit balsamduftendem nektar.
Voss Ovid 1, 223;
passivisch gewandt: und dar nâch so nam er den bock und die kalbellon, mit der bluͦt daʒ tabernacel ... waʒ gesprenget. Grieshaber predigten 2, 119; das brunnenwasser ward rott wie bluot und flosz so vast, das der gantz platz darvon gesprängt was. Morgant der riese 295, 21 Bachmann;
rings auch troffen die kräuter gesprengt mit blutigen tropfen;
und es erhub das gestein, so schiens, dumpfbrüllende laute.
Voss Ovid 2, 350;
vgl. die bildliche verwendung:
gleich wie ein reiffes obst mit süsz und saur vermenget,
so ist des menschen lust mit bitterkeit gesprenget.
Rachel sat. ged. 19.
zuletzt auch ohne diesen instrumentalen zusatz: so nam er des bluͦtes und sprangete mit sinem vinger daʒ propitiatorium gegen der sunnon ûfgange ze süben mâlon, und sprangte den esterich och ze süben mâlon. Grieshaber predigten 2, 119; leinwad sprengen, irrigare linteum crudum. Stieler 2096; das getüche auf der bleiche sprengen, spargere, bagnare, sbruffare, rigare il bucato ò le tele per biancarle. Kramer dict. 2 (1702), 887ᵇ; den boden sprengen zum auskehren, spargere, sbruffare il suolo di acqua prima di spazzarlo. 887ᵃ; den garten sprengen, affiare, adacquare, rigare, irrigare il giardino, le piante. 887ᵃ; (zur kühlung:) 'doch wer mein haus am hellen mittag sprengt?' — 'du dankst ihm, dasz die glut dich weniger sengt.' Rückert 11, 427;
auch an weine gebrachs, die brennenden opfer zu sprengen.
Voss Odyssee 12, 362.
vgl. noch das fleisch (mit saltz) sprengen, spargere la carne di sale cioè salarla leggiermente. Kramer dict. 2 (1702), 887ᵇ. passivisch gewandt: gesprenget, irrigatus, ungesprenget, non rigatus, siccus, aridus. Stieler 2096; gesprengt fleisch, carnes sale aspersae, salsugine, muria conditae. Henisch 1568, 39; gesprengt fleisch, carne sparsa leggiermente con sale. Kramer dict. 2 (1702), 887ᵇ. vgl. auch einsprengen theil 3, 304.
d)
einen gegenstand sprengen mit dem beisinn des andersfarbigen, anstatt des gewöhnlicheren sprenkeln, verb. 1 (s. unten): ein buch sprengen, in der sprache des buchbinders den schnitt eines buches mit gespritzten farben verzieren. Jacobsson 4, 234ᵇ; sie sinkt, blut färbt ihr flächsernes haar und sprengt wie frühe mayröschen ihr blasz gewand. Fr. Müller 1, 190;
wann die kühlen früchte reifen,
die nicht hat die glut versengt,
hat der herbst mit kalten reifen
auch die blätter fahl gesprengt.
Rückert ged. (1841) 242;
gewöhnlicher in passivischer wendung: daʒ weiʒ ist gevar sam ob sein pleter gesprengt sein mit melb, aber daʒ swarz ist praun und hât der sprinkel niht. Megenberg 409, 3; wan si (die ölbäume) habent daʒ mêrer tail neur zwai plätel und sint weiʒ und gesprängt mit ainer gelben varb. 335, 15;
swaʒ si wæte solden haben,
daʒ was sîde unt golt gemenget
mit porten gesprenget.
Servatius 468 Haupt;
bluͦmen, gras, loub, rôsen,
von ferre man ir farw erkennen kunde,
hie grüen, wîʒ, rôt, blâ, gel und swarz gemenget:
mit solcher temperîe
was wald, heide, anger, ouwe und feld gesprenget.
vgl.:
si (die goldtropfen) stuonden hie, dort unde dâ
nâch wunsche drin gesprenget;
sus hete sich gemenget
zuo blâwer sîden rôteʒ golt.
troj. krieg 7471.
das part. in mehr adjectivischen functionen: gesprengt, gescheckicht, von vielerley farben, versicolor, varii coloris. Henisch 1568, 46; das gesprengt werck, kleine gezierden an guldinen und silbernen geschirren, so man darvon oder daran zu thun mag, als bildle, blümle, spengle, emblemata. 41;
und was fehlte dem schinken, der gänsebrust und dem hering?
was dem gebratenen lamm, und dem kühlenden röthlichgesprengten
kopfsalat?
Voss 1, 15 (Luise 1);
(ein kleines kind) haschte schmetterlinge,
die um die rosen buhlten,
und strich die goldnen stäubchen
von den gesprengten flügeln.
E. v. Kleist ged. 1 (1760), 38;
in prädicativer stellung: dar nebend was ein schönne zält uff geschlagen von grüenem und brunnem sattin, mit gold gesprängt. Morgant der riese 305, 21 Bachmann;
dâ stuont ein hövescher zobel vor,
der mâʒe als in diu mâʒe sneit, ...
gesprenget, swarz unde grâ.
Tristan 10931;
hier roggen, der gelblich über die scheitel
wallete; dort buchweizen mit blumen gesprengt.
Voss 144, 42 Sauer.
hierher wol auch folgendes: dâ wider (gegen den schmerz in den gliedern) ist in (den elephanten) gesunt, daʒ si trinkent kalt waʒʒer und eʒʒen gras mit honig gesprängt. Megenberg 136, 16; darczu gehort auch gesotten wein mit honig gesprengt. kuchenmeisterey c 6 (die ausg. von 1530 hat besprengt), wo jedoch zugehörigkeit zu I, 2, c zweifelhaft bleibt.
e)
in der müllersprache das wasser sprengen, durch künstlich hergestellten fall seine kraft mehren: wenn man wassermühlen haben will auf den flüssen mit unterschlächtigem wasser und solches langsam laufft, so musz man einen damm oder währ schlagen, das wasser zu sprengen, dasz es schneller gewalt thuet. Becher hausvater 26.
3)
sprengen, rumpere, frangere; einen gegenstand sprengen, bewirken, dasz er auseinander springt, zumeist mit starkem beisinn des zerstörenden.
a)
in einem weiteren bedeutungskreise.
α)
ein band, eine fessel sprengen, durch starkes auseinanderdehnen sie zerreiszen: die saiten auf einem musikinstrumente sprengen, durch allzu heftiges spannen. Krünitz encycl. 161, 695; und bald fühlte sie, wie es (das in einen packen eingeschnürte) von innen heraus sich dehnte und die immer schwächer werdenden bande zu sprengen strebte. Storm 1, 192;
liebe sprengt die kett entzwey,
bricht durch stahl und stein.
A. Gryphius 1 (1698), 162;
die möven bringen kunde von Kreta's heim'schen strand,
er hört die möven, schüttelt und sprengt sein sklavenband.
Chamisso 3, 337.
in poetischer sprache, die fesseln des eises sprengen, vom personificiert gedachten flusz gesagt (vgl. unten unter δ das eis sprengen):
in dieser düstern, bangen zeit,
wo hochanschwellend, donnernd der geschichte strom
die starren langgehegten eisesfesseln sprengt.
3, 365;
vgl.:
die sonne sprenget des winters bande,
zu rieselndem wasser wird das eisz.
vollständig als bild:
auf! sprenge dieses schlummers bande,
der deinen geist gefesselt hält.
Gotter 1 (1787), 223.
β)
die ader sprengen, beim aderlasz: so sie (die schafe) das feber haben, so spränge man jnen die ader am knoden oder zwischen den zweyen hornen an füsen oder man lasz jnen blut ausz den oren. Sebiz feldbau 141;
wiltu dann lustig sein ein woch,
spreng die ader, auff beyrisch doch:
nemlich hindern umhang gelegen,
dasz dir kein lufft nicht gang entgegen.
Garg. 48ᵇ.
eine flechse sprengen:
und der rauhe stein zerschmetterte diesem die pfanne (an der hüfte),
sprengte die beiden flechsen darüber, und schrammt' ihm die haut ab.
Bürger 224ᵇ (Ilias 5, 307).
γ)
eine thür, ein thor sprengen u. ä., sie gewaltsam öffnen: wenn ein kühner geist, voller vertrauen auf eigene stärke, in den tempel des geschmacks durch einen neuen eingang dringet, so sind hundert nachahmende geister hinter ihm her, ... doch umsonst; mit eben der stärke, mit welcher er das thor gesprengt, schlägt er es hinter sich zu. Lessing 3, 209; die thüre geht nicht auf; das fehlte noch, so sollen doch alle elftausend jungfrauen den nichtswürdigen schlüssel; ... ich musz die thüre sprengen. Geibel 7, 119. mit angabe des werkzeuges: in rasendem ritte durch das schlafende land und die finstere föhnwarme nacht brausend, seien sie im morgengrauen wie gespenster vor Riedberg aufgetaucht, haben das thor mit axthieben gesprengt. C. F. Meyer Jenatsch 93. dafür auch einsprengen (s. theil 3, 304): ich gehe zurück, sprenge die thüren ein. Schiller 2, 126 (räuber 3, 2 schausp.). hierher auch mehr oder weniger bildliche wendungen wie gräber sprengen, entsprechend den vorstellungen über die vorgänge am jüngsten tage: ich kann gräber sprengen und todte auferstehen heissen. 290;
hier in freier erde haben meinen leib sie eingesenkt:
gib, mein gott, dasz frei sie bleibe, bis mein leib sie wieder sprengt!
W. Müller ged. 2, 119.
den kerker sprengen: dies blutige (schwert) bringst du meiner braut. ihr kerker ist gesprengt. Schiller Fiesko 5, 3.
δ)
der strom sprengt das eis im frühjahr: endlich sprengte auch der strom die eisdecke und ergosz seine flut herrschlustig über das junge grün der wiesen. Freytag 9, 135. vgl. auch oben unter α: ein deich wird von zu starkem eis- und wassergang gesprengt. Jacobsson 7, 414ᵃ; das feuer sprängt die mauern, incendium muros interrumpit. Steinbach 2, 645. hierher auch: der nicht ausgegorene wein sprengt sein fasz; (im bilde:) die thorheit musz wenigstens einmal im jahre ausgähren, damit sie das fasz nicht sprenge. Möser patr. phant. 4, 33; vgl.:
es nahe keiner seiner kammer.
wenn er sich ungeduldig drängt
und jedes band und jede klammer
mit jugendlichen kräften sprengt.
Novalis 2, 136 (weinlied) Meiszner.
ε)
das küchlein sprengt die schale des eies; vgl. die folgende bildliche verwendung: er brütet schon eine geraume zeit darüber (über dieser entschlieszung), und der heutige vorgang hat nur die schale gesprengt, die über kurz oder lang doch hätte brechen müssen. Wieland 20, 118 (Abderiten 4, 11). die puppe des schmetterlinges sprengt ihre hülle; mit bezug auf den schöneren neubau eines schauspielhauses als bild gebraucht:
gesprengt ist jene raupenhülle, neu belebt
erscheinen wir in dieses weiten tempels raum.
Göthe 11, 303.
ζ)
bildlich das herz sprengen, einen tötlichen schmerz erregen: nein, lieber im dunkel seufzen, still verschwiegen, als von deiner muse an's helle tageslicht geführt, beschämt, bekränzt; das sprengt mir das herz. Bettine briefe 1, 222. anders gewandt:
wie der sonne strahl im lenze gleich der goldnen heldenlanze
eines flusses panzer sprengt und die wogen wärmt mit glanze:
also sprengt dein augenstrahl meines herzens starre rinde.
W. Müller ged. 1 (1868), 155.
b)
im besonderen geht sprengen, verb. auf die zerstörung eines gegenstandes, einer ganzen anlage u. s. w. durch anwendung irgend eines sprengstoffes wie pulver, dynamit u. a.: sprengen, pulvere, pyrio evertere. Wachter 1570.
α)
mit instrumentaler angabe: einen felsen mit pulver sprengen, spezzare una rocca con polvere di cannone. Kramer dict. 2 (1702), 888ᵃ; ein thor mit einer petarde sprengen, chiantare, far saltare, spezzare una porta con una petarda; petardare una porta. ebenda; ein bund stroh aufzuheben, musz man keine maschinen in bewegung setzen; was ich mit dem fusze umstoszen kann, musz ich nicht mit einer mine sprengen wollen. Lessing 7, 358. die sprengladung als subject:
der städte thore gehen auf, von selbst,
nicht die petarde braucht sie mehr zu sprengen.
Schiller Piccol. 1, 4.
β)
mit einer richtungsangabe: eine festung, einen thurm, ein schiff in die luft sprengen, mandare in aria una fortezza, un torrione, un vascello. Kramer dict. 2 (1702), 888ᵃ; der feuerfunke, der in ein pulvermagazin fällt, einen thurm in die luft sprengt und hundert häuser verschüttet, hat darum doch nur ein einziges körnchen gezündet. Schiller 4, 298; ihr seid geschickter, tyrannen zu verfluchen, als sie in die luft zu sprengen. Fiesko 2, 18;
der Türk mit feurigen kugeln schosz, ...
er grub wohl unter dem boden durch;
he, in die luft wollt er sie (die stadt Stuhl-Weiszenburg) sprengen.
wunderhorn 2, 9 Boxberger.
Moor. ladet alle gewehre! es fehlt doch an pulver nicht? Schweizer springt auf. pulver genug, die erde gegen den mond zu sprengen. Schiller 2, 99 (räuber 2, 3 schausp.).
γ)
heute gewöhnlicher ohne diese angabe: einen turm sprengen, ictu turrim discludere. Stieler 2106; eine vestung, einen thurm, ein schiff sprengen, far saltare una fortezza, un torrione, un vascello. Kramer dict. 2 (1702), 888ᵃ; einen felsen sprängen, rupem dirumpere. Steinbach 2, 645; gestein sprengen beim tunnelbau. Karmarsch-Heeren³ 9, 719; im bergwerk Jacobsson 4, 234ᵇ, Scheuchenstuel 229; wie ... sich begeben, dass vielmahl unnötiger weise geschossen und an den örtheren eine wand gesprenget wird, der wol mit gezeu abbruch geschehen können. köln. bergordn. von 1669 bei Veith 456; kohlengewinnung ... sie erfolgt durch hereinreissen oder sprengen des über dem schram anstehenden kohls. quelle bei Veith 456.
was für gewölbe sind zu sprengen,
in welchen klüften, welchen gängen
musz sich der schatzbewuszte drängen
zur nachbarschaft der unterwelt.
Göthe 41, 20.
eine brücke sprengen, als wortspiel mit der bedeutung unter I, 2, c: indem er (Moltke) elastischen schrittes den salon meiner frau verliesz, wandte er sich an der thüre noch einmal um und richtete in ernsthaftem tone die frage an mich: 'wissen sie dasz die Sachsen die Dresdner brücke gesprengt haben?' auf meinen ausdruck des erstaunens und bedauerns erwiderte er: 'aber mit wasser, wegen staub.' Bismarck erinnerungen 2, 92.
δ)
selten in heutiger sprache das die sprengung bewirkende als object: eine bombe sprengen, far crepare una pompa. Kramer dict. 2 (1702), 888ᵃ; gewöhnlicher noch eine mine sprengen; in bildlicher verwendung: wehren sie sich so gut sie können. — ich lasz alle minen sprengen. Schiller kabale u. liebe 2, 3; passivisch gewandt:
und wenn nach manchen fehlgesprengten minen
ihr eignes blut, von wilder lust geglüht,
die stolze tugend deiner schönen
zuletzt an deiner brust verrieth?
1, 249.
ganz anders aufzufassen sind natürlich wendungen wie: der feuermörsel ist gesprenget, mortarium pulvere pyrio displosum est. Stieler 2106; ein stück durch überladung sprengen, far crepare un pezzo di cannone per haverlo sorcaricato. Kramer dict. 2 (1702), 888ᵃ.
c)
auf b beruhender übertragener, bez. bildlicher gebrauch.
α)
eine spielbank sprengen, wenn ein glücklicher spieler durch stäten gewinn zuletzt eine weitere bankhaltung unmöglich macht: dann erschallt auf einmal ein ruf gränzenloser bewunderung: die bank sey gesprengt! es geschah dieszmal in roth und schwarz. der vorsichtige gewinner setzte sich alsbald in eine postchaise, seinen unerwartet erworbenen schatz bei nahen freunden und verwandten in sicherheit zu bringen. Göthe 31, 105; ich selbst werde auf den abend alles berichtigt haben, und noch überdiesz, wenn das glück will, die bank im pharao sprengen. Schiller Fiesko 3, 5, wo die wendungen die bank im pharao, in rot und schwarz sprengen ganz entsprechen: einen gegenstand in einer mine sprengen (vgl. den beleg unten unter γ).
β)
die spielende person als object: könnten wir mit dem grafen Balluzzo, dem groszmüthigsten spieler, in einer hübschen gesellschaft moitié machen, so wär's ein leichtes, den marquis zu sprengen. man müszte aber eine summe wagen. Klinger 1, 121; vgl.: die baronin. ohne witz! wenn ich bitten darf. v. Trümmer. mein witz hat bankerott gemacht, und sie sind's, die ihn gesprengt hat. Gotter 3 (1802), 296.
γ)
den zusammenhang des gebrauchten bildes mit b machen die folgenden wendungen deutlich: und nun, da sie ihre miene, mich zu sprengen, so wohl angelegt hätten, sollten sie durch ein einziges wort können bewogen werden, sie nicht springen zu lassen? Lessing 1, 425; Franz Moor, ein heuchlerischer, heimtückischer schleicher — entlarvt, und gesprengt in seinen eigenen minen. Schiller räuber (ankündigung); dieser Selicour ist in die luft gesprengt! in die luft, sag ich. — rein verloren! — in seinem ehrgeitz soll ihn der vater, in seiner liebe der sohn aus dem sattel heben. der parasit 1, 2; in kurzem trat auch wirklich ein ganz vertrackter zufall ein, völlig dazu gemacht, mich mit einem schlag in die lüfte zu sprengen. Mörike 2, 89.
δ)
eine verfassung, einen vertrag, eine freundschaft u. ä. sprengen (mit gröszerer deutlichkeit des bildes): um die beschwerden (der jetzigen verfassung) aus dem grunde zu heben, musz das ganze zusammengeflickte gebäude in die luft gesprengt, und ein ganz neues dafür aufgeführt werden. Möser patr. phant. 3, 317; es ist eine gemeine einwendung sogenannter gefühlvoller herzen, dasz dergleichen (mehr kaufmännische) verhandlungen die liebe sehr sperren oder gar sprengen. J. Paul Titan 2, 174; sobald aber die preuszisch-östreichische freundschaft gesprengt worden wäre, würde auch damals das eingreifen des europäischen seniorenconvents in der dänischen frage unter englischer führung erfolgt sein. Bismarck erinnerungen 2, 335; dasz wir aber das preuszische zollgebiet mit ausnahme von Ermeland, Westpreussen und Posen nicht zerreiszen, ... nicht den zollverein der convention wegen sprengen können, liegt auf der hand. reden 3, 76; die pression der dämpfe im innern musz ziemlich hoch gespannt sein, sonst ist es gar nicht verständlich, wie das öffentliche leben bei uns von lappalien ... so aufgeregt werden konnte, und im auslande wird man nicht begreifen, wie die huldigungsfrage das cabinet sprengen konnte. erinnerungen 1, 243; wenn irgendwo in der nachbarschaft es galt, gewaltsam ein widerstehendes regiment zu sprengen, eine schwache mehrheit einzuschüchtern, ... so zog jedesmal ... von Seldwyla ein trupp bewaffneter leute aus. Keller 4, 187.
ε)
in der landsknechtsprache eine sprengen, ein modell sprengen, ein mädchen verführen. Horn soldatenspr. 129: und hierbei rottieren sich 3, 4, 5, 6 oder mehr zusammen, da freyet einer dem andern. so sie nun in einer gesellschaft und rotte also eine oder zwei gesprenget (dann das ist solcher idioma, ein modell sprengen, auf rotwelsch). Wallhausen defens. patr. 163, ebenda anm. vgl. auch eine haartruhe (vulva) sprengen. ebenda.
ζ)
studentisch: einen mit sechs, sieben u. s. f. ganzen in die luft sprengen, wenn einem von vielen auf einmal je ein ganzes glas zugetrunken wird, wol weil das bescheidthun ihn betrunken machen soll.
d)
mit einem finalen object. eine spalte sprengen: wetterstürme sind über ihn (den felsblock mit dem daraufstehenden kreuzbilde) hingezogen und haben die rinde gelöst von dem holze. sie sind dem kreuzbilde nicht weiter gefährlich worden. aber die milden sonnentage haben spalten gesprengt an den balken. Rosegger waldschulmeister 181. eine bahn (wie durch felsen hin) sprengen: seitdem schriften gedruckt und aller enden gelesen werden, sind wörterbücher entsprungen und der sprachwissenschaft ganz neue bahnen gesprengt worden. J. Grimm vorrede zum deutschen wörterbuch x.
e)
einen gegenstand durch sprengen bearbeiten: sie (die sägenschläger) wissen ein stück feuerstein durch wenige geschickte schläge zuerst in längliche splitter zu theilen und dann den rand eines splitters so zu sprengen, dasz seine zacken ungefähr den dienst der zähne einer metallenen sägenklinge verrichten können. Vischer auch einer 1, 143; einen balken sprengen, ihn mit absicht krumm sägen. brem. wb. 973; wol entwickelt aus der wendung einen faden sprengen (oben unter 1, e).
4)
sich entwickelnd aus 1 und 3 zugleich. etwas sprengen, bewirken, dasz eine als einheit zusammengefaszte vielheit wieder auseinander springt, läuft u. s. w.: gesprengt suchen die reiter schutz hinter den cohorten. Freytag 17, 97;
ihm wurde nur wohl, wenn von feinden bedrängt,
er schilde zerklüftet und reihen gesprengt,
wenn schreckenverhüllt
die alles austilgende schlacht ihn umbrüllt.
Leuthold ged.⁴ 315;
in der jägersprache: ein rudel wild sprengen, um das zur jagd bestimmte thier davon zu sondern. Behlen 5, 661; eine kette hühner sprengen, sie durch schüsse auseinander treiben, dasz die thiere zerstreut wieder anfallen. hierher auch wol: ich ward daher zuerst genöthiget, bis zu der epoche des mit herzog Heinrich dem löwen gesprengten groszherzogthums Sachsen zurückzugehen. Möser osnabr. gesch. 1, s. vi, wozu zu vergleichen:
daʒ got wil verhengen
den heiden daʒ sie sprengen
bêdiu liute unde lant.
Servatius 1016 Haupt.
gern wird dafür auseinander sprengen gebraucht: in der bestimmten nacht nämlich, indem das volk, der ausgelassensten freude preisgegeben, jauchzend in den straszen der stadt umherschwärmte, — ward der haufen auf einmal vor schrecken auseinander gesprengt. Wackenroder herzenserg. 148; 'warum bist denn jetzt anders?' 'weil du jetzt alles wieder auseinander sprengst, weil du in feindschaft davon gehen willst.' Auerbach dorfgesch. 2, 220;
wir haben's heft noch in der hand,
lassen wir uns auseinander sprengen,
werden sie uns den brotkorb höher hängen.
Schiller Wallensteins lager 11.
II.
reflexiv.
1)
entsprechend I, 1, b, ε. sich wohinein sprengen, sich irgendwohinein stürzen: durch disse bullen, ynn wilcher er die schaff Christi alszo weidet, das sie yhr sund, sich selb und gottis gericht nit erkennen, ... szondernn mit auffgesetzten hornernn der hoffart gegen got lauffen und ynn abgrund der hellen sich sprengen sollen. Luther 7, 439, 13 Weim. ausg.; ich hab deren gewehrt und erhalten, die sich selbs hat wöllen ins feuer sprengen. Bolz Terentius (1544) 10ᵃ; dann auf solche weise haben unsere voreltern vor alten zeiten etliche Cananeer, die dem schwerd Josuä entronnen und sich aus desperation in den see gesprenget, in Americam geführet. Simpl. 2, 67, 19 Kurz;
sie (die mordwirtin) hat sich in den brunnen gesprengt,
er hat sich in der scheuer gehängt.
wunderhorn 2, 61 Boxberger;
von einem, der sich zum fenster hinausstürzt, sich zu tode sprengen, entsprechend I, 1, b, ζ: wie der graff, sein vetter, in solcher flucht umb das leben kam und sich selbst zu todt sprengt. buch der liebe 280ᵃ.
2)
entsprechend I, 4: das volk hat sich gesprengt, wenn eine aufgescheuchte kette hühner zerstreut wieder einfällt. Kehrein weidmannsspr. 278.
III.
intransitiv. doch ist dieser gebrauch nur ein scheinbarer, durch die fortlassung des als selbstverständlich scheinenden objectes in den transitiven wendungen hervorgerufener.
1)
entsprechend I, 1, a.
a)
den übergang von dem transitiven gebrauche zu dem intransitiven machen die folgenden wendungen deutlich: mit dem pferde sprengen, incitare cursum equi, calcaribus quadrupedem agitare. Stieler 2106; mit einem pferde sprengen. Kramer dict. 2 (1702), 888ᵇ; er kam gesprengt mit seinem gaul, venne correndo à tutta briglia, à speroni battuti. ebenda; zu pferde, auf dem pferde sprengen:
ellenthafte sprengen
müeʒet ir z'orse alsus
über Li gweiʒ prelljûs.
Parz. 602, 4;
ein knab auf schnellem rosz
sprengt auf der kaisrin schlosz.
wunderhorn 1, 55 Boxberger.
vgl.:
durch ungebahnte bergesengen,
wo rechts und links der abgrund gähnt,
dort hab' ich oft dahinzusprengen
auf wildem renner mich gesehnt.
Strachwitz ged. 78 Weinhold.
b)
dann mit vollständiger auslassung des objectes, welches gesprengt wird. ein schon mhd. gebrauch:
doe sprancte he vor sînre skaren.
Veldeke Eneit 7342;
do sprancte der künec Erec
vil sêre lachende ûf den wec.
Erec 8028;
mit dem zügel er hancte,
er hiu unde sprancte
und lie hin gân punieren.
Trist. 9166;
er vorht, der vremde wancte,
der im doch engegen sprancte.
Lanzelet 2910;
si sprangten beide in den bach.
5150;
er sprancte vor in an den wâc.
7597;
der heiden was ein teil mê
doch sprankten die getouften ê.
Mai u. Beaflor 114, 36;
do diʒ her in maniger rote
sprengete in Vrancriche.
passional 94, 59 Köpke.
man sol die burc bûwen unde beruͤsten, die wîle eʒ noch vride ist, ... und sol sich vor wâfenen, ê daʒ die vînde zuo sprengen. mystiker 1, 316, 11 Pfeiffer; Cyrus unde de sine volgeden ere na unde braken ere scare, do sprengeden hinder in de twe lage. d. chron. 277, 24. zuͦ letst in dem dritten (rennen) sprengten sye inn solchen krefften zu samen, so trifft Galmy den Ruͦpert mit einem solchen harten stich, das er sich von stund an seines sattels schemen muͦst. Galmy 51ᵇ; mitten unter das volck sprengen, scagliarsi à cavallo frà'l popolo. Kramer dict. 2 (1702), 888ᵇ; er sprengte über die gassen, als wäre er rasend, egli scorseggiava à cavallo per le strade da forsennato. ebenda. in neuerer sprache ein den transitiven durchaus überwiegender gebrauch; gleich schnell, eilig reiten: Angelo. da kam ja der alte Galotti so ganz allein in die stadt gesprengt. was will der? Pirro. nichts will er: ein bloszer spazierritt. Lessing 2, 131; der alte amtmann kam auf die nachricht herein gesprengt. Göthe 16, 191; es ist ein aufruhr. sprengt unter sie. nenn meinen namen. Schiller Fiesko 2, 4; jetzt tönt die losung, die reiterey sprengt gegen den feind und das fuszvolk ist in anmarsch gegen die gräben. 8, 288; viele tausend husaren, dragoner und jäger sprengen um die anhöhe und halten die luftlöcher besetzt. 2, 97 (räuber 2, 3 schausp.); da sprengte ein reitertrupp aus dem thor und trieb die auf der heiszen strasze ziehenden massen auseinander. C. F. Meyer Jürg Jenatsch 274; fremdes gesindel wurde oft auf den landstraszen gesehen, trompeter sprengten mit schlimmen nachrichten nach den städten. Freytag 20, 107; sogleich bestieg er sein rosz und sprengte zu dem zelt des Attila. 17, 151; die reiter sprengten in den hofraum der burg, an allen thüren drängten sich bewaffnete männer. 8, 116; schon war das rosz des königs gesattelt, da sprengte ein bote in den hof. 9, 136; ein reisiger mann sprengte den wanderern entgegen und wirbelte schon von weitem grüszend seinen speer in der luft. 158; da sprengte aus dem finstern walde, der hinter dem holzring ragte, eine schaar reiter dem burgwall zu. 167; boten der dorfleute rannten in den hof, reisige männer sprengten ab und zu. 188; gingen die brandenburgischen dragoner ... gegen den feind vor, sprengten durch dessen erste linie hindurch. Häusser d. gesch. 4, 327;
acht nur nit ser der jungen knaben,
die uber das pflaster do sprengen.
den soltu nicht zu vil nachhengen.
fastn. sp. 104, 12 Keller;
fort sprengt der knab bergan,
liesz in der kais'rin hand
das horn, so weltbekannt.
wunderhorn 1, 57 Boxberger;
der junge held, bedeckt mit seinem schild,
sprengt unter sie (die feinde).
Wieland 22, 58 (Oberon 2, 4);
mit eingelegter lanze sprengt
der alte gegen ihn.
Stolberg 1, 72;
nun kommen sie (die liebenden) zum schlosz gesprengt,
in himmelswonn' entzückt.
71;
wie die glöcklein klingen, die reiger ziehn,
viel ritter sprengen durchs haidegrün.
Strachwitz ged. 106 Weinhold;
den speer gesenkt, die zügel verhängt,
das haupt auf die faust gebogen,
so kommt er durch die schranken gesprengt.
203;
da hob er die maid in sattel vorn
und sprengte von dannen wie wetterzorn.
105.
freier, von einem centauren (vgl. c):
von Chiron könntest du's erfragen;
der sprengt herum in dieser geisternacht,
wenn er dir steht, so hast du's weit gebracht.
Göthe 41, 122;
hierher wol auch die folgende wendung: wenn der geist nur antwortet, so treffe ers zumal fein, aber wo er sprenget, da ist er feindselig. Luther 3, 481ᵃ; vgl. den geist ins ungewisse sprengen unter I, 1, f.
c)
dieser intransitive gebrauch liesz insofern eine erweiterung zu, als nun auch von dem reitthiere als subject sprengen für das eigentlich hier in betracht kommende springen gesagt werden konnte:
und hinab in das meer mit wagen und trosz!
doch vornen sprengte des todes rosz,
und als in die gasse ritt mann für mann,
aufbrüllten die wogen und schlossen sich dann
hoch über ihr altes bette.
Strachwitz ged. 272 Weinhold;
vgl.:
es war ein jenisch pferd, es flog mehr, als es lief.
ihm war kein berg zu hoch, kein graben war zu tief,
es sprengt ihn muthig durch.
Zachariä 1 (1722), 6 (der renommist 1);
zweifelhaft bleiben in bezug auf das (psychologische) subject (ob reiter oder reitthier) die beiden folgenden stellen: sie hielten an und suchten, endlich fanden sie die hufspur zweier rosse, welcher sie folgten, bis Ingram eine stelle traf, wo der boden weicher wurde. 'in gestrecktem lauf sind die thiere gesprengt, wer von der schaar kann gefahren sein wie der wind'. Freytag 8, 296;
wild stampfte der hengst und tanzte keck,
zum graben sprengt' er herum.
Strachwitz ged. 102 Weinhold.
2)
entsprechend oben I, 2 sprengen, spargere.
a)
das object scheint aus einer vorhergehenden coordinierten wendung noch heraus und seine ergänzung zwingt sich deshalb noch auf: denn soltu jn (den widder) schlachten, und seines bluts nemen, und auff den altar sprengen rings rumb. 2 Mos. 29, 16; und sol des bluts vom farren nemen, und mit seinem finger gegen dem gnadenstuel sprengen fornen an, sieben mal sol er also fur dem gnadenstuel mit seinem finger vom blut sprengen. 3 Mos. 16, 14; und Eleasar der priester sol jrs (der kuh) bluts mit seinem finger nemen, und stracks gegen die hütten des stiffts sieben mal sprengen. 4 Mos. 19, 4; und Mose nam des salböles, und des bluts auff dem altar, und sprenget auff Aaron und seine kleider. 3 Mos. 8, 30; und sie schlachteten das passah, und die priester namen von jren henden und sprengeten. 2 chron. 35, 11.
b)
diese erinnerung an das object ist in höherm masze geschwunden:
wir stehn und sprengen dir (dem geist der quelle), und denken
an freiheit und natur, und schwenken
den laubbekränzten hut!
Voss 4, 233;
aber nachdem du gesprengt und gefleht hast, wie der gebrauch
ist,
dann gieb diesem den becher des herzerfreuenden weines,
dasz er spreng'; auch dieser, vermuth' ich ja, werde die götter
gern anflehn.
Odyssee 3, 45. 47.
im garten sprengen, irrigare herbas in hortis. Stieler 209ᵇ; im garten sprengen, affiare, innaffiare, adacquare, rigare, irrigare il giardino. Kramer dict. 2 (1702), 887ᵇ; im garten sprengen, irrorare herbas conspergere plantas et flores. Frisch 2, 308ᵃ; ein anderer lief mit wasser und sprengwedel umher und sprengte, dasz es kühl sei. Brentano 5, 205; hierher auch die unpersönliche wendung: es hat nur gesprengt, non pluit, sed modo roravit, terram paucis guttis madefecit. Frisch 2, 308ᵃ; es hat drauszen nur ein wenig gesprengt, pluvia minutatim destillavit, terra pluvia tenui imbuta est. Stieler 2096; es sprengt ein wenig draussen, spruzzare cioè piovere, piovignare un poco in tempo di seccaggine e di polvere: egli spruzza un poco. Kramer dict. 2 (1702), 887ᵇ. auch in folgender art:
bis zur ermattung
kehrt' ich das heu auf der wies', und ein regenschauer vertrieb
mich.
sonderbar, wie es dort platzregnete; doch von der brücke
bis zu dem dorf hat kaum ein einziger tropfen gesprenget.
Voss 2, 239 (kirschenpflückerin 30).
c)
mit dem leuchter sprengen, d. h. funken fliegen lassen und feuersgefahr verursachen:
als werdet ihr die weil vertreiben,
für vielem unfall sicher bleiben,
und bey euch han der engel viel
mehr, als wol bey dem kartenspiel,
darein sich gern der teuffel mengt,
und mit dem leuchter umb sich sprengt.
Ringwaldt lauter warheit 88.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1905), Bd. X,II,I (1919), Sp. 28, Z. 23.

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Zitationshilfe
„gesprengt“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/gesprengt>.

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