Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

gestüppe, gestüpp, n.

gestüppe, gestüpp, n.,
collectivum zum gleichbedeutenden mhd. stuppe, stüppe, ahd. stuppi (noch bair. die stubb, stupp, arzneipulver, gestoszenes gewürz Schm.), das sich zu mhd. stiuben, stieben, ahd. stiuban, stiupan stellt, vgl. auch das gleichbedeutende staub. mhd. gestüppe, md. gestuppe, mit ungerundeter aussprache gestippe liedersaal 3, 245, 173, gestip Schmid schwäb. wb. 510 (von 1477), gestupffe, gestupff Dief.-Wülcker 617; mnd. gestubbe, mnl. ghestubbe. vgl. gestoppe, gestübe, gestiebe, gestäube.
1)
in der grundbedeutung.
a)
rein sinnlich:
diu varwe ûʒ liehten schilten stoup
und flouc ir alsô vil dervon,
daʒ si den ougen tet gedon (beschwerlich fiel)
mit ir gestüppe manicvalt.
Konr. v. Würzburg troj. kr. 36937;
ich sal si minnern als das gestuppe vor dem antlicze des windes. Trebnitzer ps. 17, 43; das haubt besprenget mit gestuppe. 2 Sam. 1, 2 Straszburger bibel (Eggesteyn); alle die sünd in ainem augenblick zu vergeben, als ain gestüppe aus deiner hand zu blasen. Tauler (1508) 86ᵇ; unser sele ist gediemütiget in dem gestüp, unser leib ist zu der erden gelymet. cod. germ. Mon. 206, f. 173ᵃ u. öfter bei Birlinger augsb. wb. 194ᵇ.
b)
übertragen: mhd.
ich bin gestuppe und erde. kaiserchr. 12 486 Schroeder, variante der Heidelberger hdschr;
des nam ich sîn gebeine
und daʒ gestüppe sîner hût.
Konr. v. Würzburg troj. krieg 38711.
2)
aus der verengerung des bedeutungsgehaltes ergeben sich sonderbedeutungen.
a)
gestup, gestupp, kalkstaub Dief. 89ᶜ (15. 16. jahrh.).
b)
gestüpp, polvere Krämer 554ᵃ, sodann pulver von gewürz, wolriechenden arzneistoffen:
von würzen manec gestüppe
was ûf den kultern gesæt.
Parz. 790, 12;
in edelm gestüpp, wenn man eʒ dar zuo mischt. Megenberg 293, 21; ich wolt, daʒ si (glühwürmchen als mittel gegen unkeuschheit) all gaistleich läut æʒen für ander gestüpp. 297, 33;
sy machen usz kraut ain gestüpp.
Hätzlerin 2, 50, 9;
gestüpp, gepülvertes gewürz. kochbuch in Haupts zeitschr. 9, 367; die Lamechiten haben solcher süszer, gewürtzter .. getrenck gebrauchet, und Zilla hat jhr trisinetlein (gemisch von zucker und specerei) und gestüp auff jre essen gestrewet. Mathesius Sar. 10ᵃ; noch siebenbürg. gestäpp, gewürz Schuller 22. Frommann 6, 108, im ungr. berglande gestöpp Schröer 99ᵇ; bair. das gstupp, pulver zum einnehmen, zum einstreuen Delling 1, 218. endlich heftet sich noch der begriff der zauberei an diese bedeutungen:
si dunkit ein geluppe
iuwir lebin und ein gestuppe.
Martina 91, 58;
noch vint man mancherhand gestüp,
die ist alles nit wan gelüp (zaubergift),
das man nit glaben selle.
M. Behaim meistergesang, Wack. leseb. 1, 1010, 12.
3)
aus übertragungen der allgemeineren bedeutung erwachsen berührungen mit neuen synonymen.
a)
gestuppe, stipula. Trebnitzer ps. s. civ; gestupe, festuca, stuppa Dief. 232ᵃ. 558ᵃ; was sihestu ein ägel oder gestüpp in dem oug deines bruders und nimpst nit war oder sichst nit den trom, der do ist in deinem oug. Keisersberg postill 3, 91ᵇ. derselben anschauung gehört an: das gestüpp, güsel, quisquiliae Maaler 177ᵇ; wo der geist gottes ruchet, da verwejeten alles gstüpp und güsel der glychsnery und druckt andre bluͦst herfür. Zwingli 1, 193.
b)
atomus, gestuppe, gestupp in dem lufft, das gestuppe das da vert in der son ader in dem win. Dief. (15. 16. jh.) 57ᶜ; gstüp, ein unzerteilig ding, wie das, das man sieht in dem stromen oder glantz der sonnen, atomus Maaler 197ᵃ; das gestüpp in der sunnen. Keisersberg schiff d. pen. 114ᵃ; wenn der sunnen schein etwenn durch ein spalt in ein kammer einstrimet, so sicht man in dem selben schein gar unzalich vil gestüpp. seelenpar. 168ᵇ;
keret uʒ daʒ vil alde gestuppe
daʒ gar unvletige spinnewuppe,
durch daʒ uweres huses wonunge
si eine nuwe sprenunge.
Brun v. Schonebeck (litt. verein) 3276ᵇ,
obwol gestuppe für fermentum hier steht (vgl. expurgate vetus fermentum ut sitis etc. 1 Corinther 5, 7), gehört der beleg dem zusammenhange nach doch wol hierher. verwandt damit sind andere bildliche verwendungen: alliu diu freude, die disiu werlt ie gewan oder iemer mêr gewinnen mac, daz ist reht als ein gestüppe und ein üppikeit. Berthold v. R. 1, 224, 3; sie suln bekennen, daʒ ir gewalt und ir edilkeit ein gestuppe ist gewest wider sîner (gottes) edelkeit. myst. 1, 27, 27 Pf.;
wänt ir, das ditz gesank (nun bitten wir den h. geist) sei
ain gestüpp.
Kaufringer 16, 634.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 12 (1897), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 4267, Z. 11.

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Zitationshilfe
„gestupp“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/gest%C3%BCpp>.

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