Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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gesteinicht, adj.

gesteinicht, adj.
wie steinicht, petrosus, substantivisch: etlichs (gesäme) fiel in das gesteynichte. Marc. 4, 5 var.; die auffs gesteynichte geseet sind. 16 var.; schweiz. gsteinig Hunziker 116.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 11 (1895), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 4220, Z. 78.

steinigen, vb.

steinigen, vb.,
denominativum wie steinen, sp. 2064, doch jünger und weit weniger entwickelt als dieses; vgl. einen und einigen, reinen und reinigen; die ersten belege im 15. jh.: lapidare steynigen (md.) Diefenbach 318ᵇ; steynighen v. d. Schueren 376 Verdam; gesteiniget d. summerteil d. heiligen leben (1472) 90; der Frankfurter druck des renner v. j. 1549 hat steynigen anstelle von steinen in den hss., vgl. P. Warlies 70. durch Luthers bibelübersetzung wird es in der geläufigen bedeutung an die stelle von steinen gesetzt, hat jedoch dessen andere positionen nicht erobern können.
1)
eigentlich.
a)
steinigen als art der hinrichtung für lästerer und ehebrecher nach dem mosaischen gesetz; auch zu tode oder tot steinigen: welcher des herrn namen lestert, der sol des todes sterben, die gantze gemeine sol in steinigen 3. Mose 24, 16; das urtheil ist nach ihrem recht gefellet und gesprochen, das man sie (die ehebrecherin) soll todt steinigen Luther 33, 505 W.; da steinigten si den Naboth S. Franck chron. zeytb. (1531) 51ᵃ;
solt man nach dem alten gesetz
die ehbrecher stayning, zuletz
wurden die birg Tauros kaum klecken
H. Sachs 4, 26 K.;
dieser mensch auch gebrochen hat
vilveltiglichen den sabat.
wer den bricht, wie Mose gebot,
den soll man steinigen zu todt
11, 28;
der wider seinen vatter stot,
den soll das gantz volck steingen tod!
Wickram 5, 245 lit. ver.;
als martyrium: bei den Johanniten an einem silberin kettlin ein stein, darmit s. Steffan gesteiniget ward Fischart bienenkorb (1588) 63ᵇ; alle diese ketzer (christl. sekte d. Messalier) wurden verbrannt, und ihr anführer Lycopetrus ... ward gesteinigt Zimmermann einsamkeit 2, 482;
viel sind verbrant,
zuhackt, gesteinigt, ertrenckt, getödt unbescheiden
(böhm., 1566) bei Wackernagel kirchenlied 4, 374;
er werde doch nicht todt geröstet und gesteinigt!
man wind ihm seine därmer aus dem bauche
Lohenstein Cleopatra (1689) 67.
steinigen im klass. altertum: der einzige, den Thrasillus zum tode verurtheilte, der einzige, den er würklich steinigen liesz A. G. Meiszner Alcibiades (1781) 4, 94; wie steinigen noch im peloponnesischen krieg in Argos vorkommt Welcker alte denkm. 4, 62. auch von tieren: die schrift sagt (2. Mose 19, 13), der mensch oder das thier, so den berg (gottes) anrührt, soll gesteinigt werden Lehman flor. polit. (1662) 2, 815; wenn ein ochs einen mann oder weib stöszet, dasz er stirbt, so sol man den ochsen steinigen Heyden Plinius (1565) 237; die Juden sich berechtigt hielten, die stoszenden ochsen zu steinigen Lohenstein Arminius 2, 207ᵇ.
b)
steinigen als pöbelgericht: und David war seer geengstet, denn das volck wolt in steinigen, denn des gantzen volcks seele war unwillig 1. Sam. 30, 6; darauff fieng das volck an zu rufen und zu schreien mit bedrohung, den hencker zu steinigen Prätorius glückstopf (1669) 470; wie würde das volk zu Athen den possenreiszer gesteiniget haben, der ... es versucht hätte, ihren zorn gegen den herrschsüchtigen Philippus durch zoten zu besänftigen? Sturz schr. (1779) 2, 174; die soldaten schrieen über verrath und steinigten ihren ... feldherrn Mommsen röm. gesch. (1874) 2, 330; zu tode steinigen: (es) entstand unversehens ein aufruhr, und der schwedische graf Felsen wurde zu tode gesteinigt Hebel w. (1853) 2, 199. häufig irreal: eine obrigkeit die nicht straffet, solt man steinigen Friedrich Wilhelm sprichw.-reg. (1577) o 1ᶜ; ich glaube, dasz, wen sie zu Paris geblieben were, würden der duchesse de Berry bedienten sie gesteinigt haben Elis. Charl. v. Orleans briefe 415 Menzel; der pöbel hätte mich fast gesteinigt, wie er hörte, ich sei ein jurist Göthe 8, 37 W.; papa! wenn sie nicht des alten Karls kleider ausmustern, so werden wir gesteinigt, wenn wir in die stadt kommen Iffland theatr. w. 8, 189; bei uns würde man ihn steinigen, wollte er öffentlich aussprechen, was ich heute habe hören müssen Hauff werke 3, 2, 390 Bobertag. anders:
he, wie der satan bellt! noch einmal sag ich es, wächter:
steinigen thu ich dich gleich, wo du ehrliche reisende anpackst!
J. H. Voss sämtl. ged. (1802) 2, 171.
ein grab, ein haus steinigen: sie möchten doch des verstorbenen geiste nicht fluchen, noch sein grab steinigen, oder ohne segen und wunsch verächtlich vorüber gehen Lohenstein Arminius 2, 972ᵇ, vgl. u. bei steinigung;
was that er, als sein haus gesteinigt werden sollte?
als ein studentenheer die fenster stürmen wollte?
Rost verm. ged. (1769) 58.
2)
bildlich; jemanden durch kritik vernichten: mögen auch seine (Kants) anhänger und furchtsamen nachbeter jeden anders denkenden steinigen wollen K. L. v. Haller restaur. d. staatswiss. (1816) 1, 69;
(sie) steinigen den als egoisten,
der tiefre lust und qual empfand
Platen 1, 372 R.;
die einheimischen kritiker wollten den fremden sofort steinigen Ebner-Eschenbach ges. schr. 1, 153; das blatt fing mit einem aufsatze an, 'die runensteine' überschrieben, die bestimmt waren mich zu steinigen Steffens was ich erlebte 9, 48.
3)
uneigentlich und übertragen für 'bewerfen, überschütten' mit etwas: überdies standen drei frauen ..., welche ... die angebundene liebe mit rosenballen steinigten Lohenstein Arminius 1, 165ᵃ, s. auch 2, 435ᵃ;
die edelste natur, gepeinigt,
erläge dem verwünschten schwarm
vom leiden und dem ewgen harm,
womit uns eigensinn und wuth der thorheit steinigt
Lenz ged. 251 Weinhold;
da sitzt man dann und wird erdrückt von fremder eigenthümlichkeit, die einen einmauert und steinigt mit geschenken Brentano ges. schr. 9, 101.
4)
in der bedeutung 'hageln' (s. steinen 5): dem 13. julii (1573) hat es ein gewaltig grosz wetter gehabt und gesteiniget wie die haszelnus grosz chron. d. stadt Eger 114 Gradl.
5)
als handwerkswort: steinigen in salzwerken, die pfanne steinigen oder ... brennen, geschieht wenn die pfanne voll salzstein ist Frisch 2, 329ᵇ; das aussteinen (steinigen) der pfanne Muspratt 6, 615; vgl. auch steinigung 2 u. oben sp. 2037 steinkruken, vb.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 13 (1934), Bd. X,II,II (1941), Sp. 2103, Z. 43.

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Zitationshilfe
„gesteinicht“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/gesteinicht>.

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