Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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getagt, participiales adj.

getagt, participiales adj.
nur der älteren periode unserer neuhochdeutschen sprache angehörend und schon im 16. jh. durch betagt (vgl. th. 1, 1694) zurückgedrängt. die mittelhochdeutsche zeit hatte das verbum tagen (Lexer 2, 1392) in der bedeutung von die tage hinbringen mehrfach verwendet, vgl. auch mittelniederländ. gedaget Verwijs und Verdam 2, 1035. das hiervon abgeleitete particip hat sich nun erhalten auch in einer zeit, die das verbum selbst untergehen liesz:
do gesach er zuo von verre gân
zwên' alte wallære,
die wâren gote gebære:
getaget unde gejâret
gebartet und gehâret.
Gottfried Trist. 2623;
aber Hannibal .. kundt seinen vortheil ersehen und sie anzuweisen, als ob er ein getagter hauptmann und den krieg viel jar getrieben hett. Livius deutsch (Schöffer 1533) 105ᵇ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 12 (1897), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 4355, Z. 51.

tagen, verb.

tagen, verb.
1)
intransitiv.
a)
unpersönlich, ahd. tagên, mhd. tagen, nd. dagen, tag werden (s. tag A, 3, e, β—δ), gegensatz zu nachten: sô ... iʒ hina tagên peginnet. Notker ps. 48, 15 Wiener handschr.;
des morgens doʒ begunde tagen.
Veldeke En. 247, 36;
morgen, dô eʒ tagte.
Iwein 2076;
diu naht was ergangen:   man seite eʒ wolde tagen.
Nibel. 980, 1;
do er dannen schiet, do begundeʒ tagn.
Parz. 733, 30;
nhd. (besonders in dichterischer und gehobener rede): es taget, warum som ich mich zu klopfen an die tür des nachpuren? Terent. (1499) 78ᵃ; er schlief bisz es taget. Aimon F 2;
es ist nit tag, es taget schier.
Uhland volksl. 169. 181;
auf sein, eh es wirt tagen.
H. Sachs 10, 226, 32;
morgen frü, als bald es thut tagen.
Ayrer 870, 32;
es tagt bald. Klopstock 9, 287; so schwazten wir zusammen tief in die nacht, und ich war schon wieder munter als es tagte. Göthe 25, 349;
am himmel, wenn es tagt und graut,
steht hell der morgenstern.
Wackernagel ged., ausw. 234;
mit dativ der person: des morgens taget es im gantz früe (ward es früh für ihn tag, stand er früh auf). Eulensp. 130 (84) neudruck; mein Hans liesz ihm (sich) gleich nach mitternacht tagen. Simpl. 1, 209, 10 Kurz; in solchen gedanken liesz ich mir früh tagen. 339, 6; vom lebenstag, leben (s. tag D, 2, a):
da du gewisz, wie du mir zugesagt,
nach meinem scheiden feiern willst mein leben;
so lasz mich dir, da es noch beiden tagt,
ein freundlich wort zu deinem tage geben.
Göthe 47, 175.
der morgen, der tag tagt, bricht an: mhd.
biʒ der jüngste tac taget.
M. v. Craun 88;
dô in der næhste morgen fruo
was getaget in daʒ lant.
Biterolf 1015;
nhd. wenn dieser tag dir tagte.
Klopstock 12, 185;
wo lenze blühn und morgenröthen tagen.
Gotter 1, 200;
so bald der erste morgen tagt.
Schiller 6, 390;
bis endlich der verhängte morgen tagt.
Chamisso (1872) 2, 153.
übertragen und bildlich:
sô tagt eʒ in dem herzen mîn.
minnes. frühl. 130, 8;
und hell in deiner nacht soll es dir tagen.
Schiller 14, 306 (Tell 1, 4);
es hat nicht vergebens blutig getagt.
Körner leier u. schwert 48;
o blut'ges morgenroth, wer hiesz so grimm dich tagen?
Schulze Cäcilia 13, 70;
wenn auch mein stundenglas zum ende rennt,
die ewigkeit vor meinen blicken tagt.
Gotter 1, 431;
ich fühle schon sein lächeln mir in der seele tagen.
Rückert 2, 1183;
mit jedem tagen
tagt neu der liebe glut.
Geibel-Heyse span. liederb. 256.
b)
den tag (B, 1) bringen, tag machen, leuchten wie wenn es tagt, überhaupt leuchten, scheinen: mhd.
ich sich in (den tag) grâwen
tägelîch als er wil tagen.
Wolfram lied. 4, 12;
wî lange die sunne dage.
Hartmann rede vom glauben 387;
sunne, diu sô wünneclîchen taget.
minnes. frühl. 136, 35;
diu sunne uns mit irme schîne
noch hôhe taget.
Lohengr. 2172;
ir blic wol selbe kunde tagen.
Parz. 638, 19;
nhd. die Luna liegt zur rhu,
und hat ihr auge zu,
läst ihren bruder tagen.
Tscherning (1642) 225;
und die gebilde der nacht weichen dem tagenden licht.
Schiller 11, 88;
(insel,) wo schon der tagenden Eos (der dämmernden frühe 1781)
wohnung und tänze sind, und Helios leuchtender aufgang.
Voss Od. (1793) 12, 3;
oft, vom tagenden strahl gerührt,
tönst du (die laute) selbst an der wand.
ged. 3, 176;
laszt die schönste sonne tagen.
Göthe 13, 250;
wo die glänzenden zinnen ragen,
über denen die sonnen tagen.
Rückert 2, 502;
die sonn' an jedem tage tagend.
brahm. 1, 11;
also stieg, da sie giengen, der glanz von dem blinkenden eisen
hoch in die luft und sandte tagendes licht in die felder.
Bodmer Homer 1, 34;
eh die vernunft in diesen köpfen tagt.
Gökingk 2, 204;
der tagende schimmer des groszen geistes. Stolberg 10, 127;
die tage (C, 4) tagen noch (leben noch hell im gedächtnis).
Scultetus bei Lessing 8, 276.
c)
mhd. zu tage (B, 3) kommen, sich zeigen, vgl. 2, a:
ganzlîchiu schœne ertagete nie
ze Kriechenlant, si taget hie.
Trist. 8280;
diu sælde mit im tagete.
Dietr. flucht 2374.
d)
mhd. die tage (D, 1) hinbringen, vertreiben:
alsus muoz er bî ir tagen
unz gegen eime jâre.
Lanzelot 5564;
das im mhd. wb. 3, 9ᵃ aus den minnes. von Bodmer 1 (nicht 2), 256ᵇ angeführte beispiel ist zu tilgen, denn da ist tagen fehler für klagen, s. Haupt zum Winsbeke 69, 8.
e)
mhd. getaget, zu seinen tagen, in ein gewisses alter gekommen, s. Lexer 1, 942. 2, 1392 (vgl. betagt), vereinzelt noch im 16. jahrh.:
losend, was dises knäblein (Daniel) sagt,
das noch von alter nit ist tagt.
S. Birck Susanna eᵃ.
f)
tagen und tägen, einen tag (C, 5, a) halten, auf einen bestimmten tag zusammen kommen und sich beraten, verhandeln, unterhandeln (vgl. teidingen): die drei schideman sullen tagen (richten, vermitteln) umbe alle auflauf und zweiung. monum. Zoller. 4, 61 (14. jahrh.); wir haben diesmal nicht länger zeit zu tagen (den gerichtstag zu halten). Kirchhof wendunm. (1602) 7, 63;
ihr sollt für mich sprechen und tagen;
ich will euch zum kanzler des reichs erwählen.
Simrock volksb. 1, 375;
man sol nit da (in der kirche) sich samlen und tagen. Keisersberg narrenschiff 97ᵇ;
die inn einr ieden sach went tagen (processieren).
S. Brant 71, 2;
nun wöllen wir nit lange tagen (verhandeln).
H. Sachs 5, 272, 3;
hier tagen sie gern. Dahlmann dän. gesch. 1, 33; ort, wo die misvergnügten für sich tagten. 324;
so laszt uns tagen nach den alten bräuchen.
Schiller 14, 322 (Tell 2, 2);
Hedwig zu Tell. auf dem Rütli ward
getagt, ich weisz, und du bist auch im bunde.
339 (3, 1);
tagen mit einem: dieweil er und die andern von frids wegen mit den Behamen tagten. Aventin. 5, 202, 9; unsere rät tägten mit ihrer baider kuntschaften. östr. weisth. 6, 62, 47 (16. jh.); auch transitiv: was man mit den feinden und freunden zu tagen und thedingen haben mag. Fronsperger kriegsb. 1, 109ᵃ. — nd. dagen, eine tagfahrt, einen landtag anstellen brem. wb. 1, 179, weitläufig verhandeln, viel worte machen, auch klagen, jammern Schambach 38ᵃ.
2)
transitiv.
a)
mhd. an den tag (B, 3), zum vorschein bringen, sichtbar machen, vgl. 1, c:
(sein anblick) in ir herzen freude tagt.
Lohengr. 892.
b)
einen tägen, ihm einen tag geben (C, 5, b), einen erscheinungs-, stellungstermin setzen: wer die vier rechttag versambt (versäumt) und nit kumbt, den tägt man wider. östr. weisth. 6, 510, 8 (15. jahrh.); die gefangen teget man in die herberg zu den wirten tegen. städtechron. 2, 263, 13; da tegt man sie und sie musten sich altag stelln. 11, 564, 1; er lies in doch ledig, tägt in. Aventin. 5, 436, 3.
c)
einen tagen, vorladen, citieren: einen an das gericht tagen (s. tag C, 5, a) Segesser die eidgen. abschiede (1421—77) 131; tagen aus:
welch vorwitz tagt mich aus der bangen nacht?
Lohenstein Sophon. 3, 437;
die ungeheure that ...
mich aus der gruft hieher getaget hat.
Agripp. 4, 46.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1890), Bd. XI,I,I (1935), Sp. 62, Z. 18.

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Zitationshilfe
„getagt“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/getagt>.

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