Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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jagen, verb.

jagen, verb.
venari.
A.
Die form. ahd. jagôn, praet. jagôta; mhd. jagen, praet. jagete, jagte und jeite; mnl. nnl. jagen, praet. jaagde und joeg; dasz das wort im niederfränkischen sprachgebiete ein altes, nicht erst später eingedrungenes sei, wird durch altniederfr. jagera fenerator für venator gloss. Lips. 596 bezeugt; für das alts. und ags. ist das wort nicht nachzuweisen; dagegen fries. jagia; altnord. jaga in abweichendem sinne: to move to and fro, e. g. as a door on its hinges, metaphor. to harp on one string, und reflexiv jagast, to altercate, rixari, in dieser bedeutung mit dem subst. jag, a quarrel, squabble rixa; wogegen der begriff jagen nur der isländischen sprache zufällt, vgl. G. Vigfusson 322ᵇ, also wol aus dem hochdeutschen eingedrungen ist, wie auch schwed. jaga jagen, dän. jage, praet. jog, part. jaget, als deutsche lehnwörter angesehen werden müssen. Bei den formverhältnissen des verbums ist nicht sowol die hinneigung zu einer andern schwachen conjugationsklasse, die sich in einem obermoselschen denkmale zeigt: so sall man lassen die lemmer fur die steige jägen. weisth. 2, 263, hervorzuheben, als vielmehr das erscheinen starker formen, wie im niederländischen und dänischen. für das präsens nur spätere beispiele, norddeutscher schriftsteller:
bald jägt das heitre licht die schatten plötzlich fort.
Brockes 1, 231;
man zieht den hopfen auf, man fischet jetzt, und jägt
die schweine hin zur mast.
2, 524 (: legt);
verwüstung, die der sturm aus hohem dache jägt (: schlägt).
Withof acad. ged. 1 (1782) 258;
für das praet. und part. aber gehen die belege bis anfang des 16. jahrh. zurück, betreffen zwar hauptsächlich quellen niederdeutscher heimat, wo das praet. jög für jagte noch heute herscht, aber doch auch oberdeutsche:
handt in mit kunklen uszgeschlagen
und für den süwtrogk hingejagen.
Murner geuchmatt in Scheibles kloster 8, 1105;
ich jug sie alle zum hause heraus. Hamann 6, 174;
und wenn es stünd in jrm vermügn,
auch wol (die priester) zum land hinauszen jügn.
B. Ringwald laut. warh. 334;
jug die Deutschen vor sich her.
Platen 313.
die form gagen hat unechtes g für j (s. oben sp. 2186):
ir gagt den billich uʒ,
der dort gebunden stat.
Altswert 187, 29;
si liefen, als si der teufel gait
mit zogen schwerten zu dem haus.
fastn. sp. 464, 5.
Zu jagen ist schon von Buttmann (lexil. 1, 219) griech. διώκειν verfolgen gestellt worden, was auch jetzt noch beifall findet (vgl. Curtius 647), wiewol schwerlich mit recht. sicher dagegen erscheint vergleichung mit dem homerischen ἰωκή, ἴωξις in παλίωξις, προϊ͏́ωξις, ἰωχμός verfolgung, schlachtgetümmel, welches alles etymologisch von διώκειν zu trennen scheint, und dessen zusammenhang, so wie der von jagen, mit sanskr. yâć (auserweitert), heischen, begehren, angehen, bitten, flehen (Grassmann wörterb. zum Rigv. 1107) anzunehmen sein dürfte; lateinisch jacio gehört dazu.
B.
Bedeutung.
I.
jagen, intransitiv.
1)
es ist alter weidmännischer ausdruck für das kunstgerechte verfolgen des wildes: venabor jakôn Virgilglosse in Haupts zeitschrift 15, s. 9, 321; venabere jagôs s. 66, 955; agitant jagônt 66, 920;
du maht beiʒen unde jagen,
spilen unde schieʒen.
Hartmann 1. büchl. 682;
wellen wir uns scheiden, sprach dô Hagene,
ê daʒ wir beginnen   hie ze jagene?
Nib. 873, 2;
und solde rîten hiute
ich und ander liute
jagen ûf diseme walde alhie.
Trist. 69, 19;
item soll man jagen und hetzen on beschädigung des getreids und der früchte. Sebiz 560; jagstu, so fahstu. Schottel 1123;
jagen ist ouch on narrheit nit,
vil zit vertribt man on nutz mit.
Brant narrensch. 74, 1;
zu fronen schickt eüch wenn ich jag.
wen guͦte ärbet schwechen thuͦt,
mag wol mit jagen suͦchen muͦt.
138ᵈ;
da man dir in höflichen sachen
soll alle freud und kurzweil machen
mit stechen, danzen und mit jagen.
H. Sachs 1, 117ᶜ;
hastu auch lust zu jagen und hetzen,
nach jägers lust mit zu ergötzen?
und bist du auch desz jagens bricht?
J. Ayrer 326ᵃ (1630, 14 Keller);
die königin jagt in dieser gegend.
Schiller Maria Stuart 3, 2;
da ging ich jagen durch die wilden gründe
des Schächenthals auf menschenleerer spur.
Tell 3, 1;
und oft, von wenig wache nur begleitet,
kommt er hieher, sich jagend zu ergötzen.
Shakesp. Heinrich VI, 3, 4, 5;
der (kaiser) zog mit hellen haufen
einsmals zu jagen aus.
Uhland ged. 371;
einer jagt auf hasen, auf hirsche; auch nach einem wilde jagen: was hat das schicksal weiter mit mir vor? .. bin ich nur das wild, nach dem es jagt? Klinger 4, 226. In weidmännischer sprache heiszt es in das horn, über die hunde jagen, wenn das jagen mit blasen in das horn und lautem zuruf an die hunde begleitet ist: darauf (wenn der hirsch flieht) jagt der jäger in das horn, und jagt darnach uber die hund, auf dem lauf. Sebiz 566; letzlich zeucht der jäger zuͦ seim (des hirsches) bruch, da er in verbrochen oder bestättiget, suͦcht oder jagt ine mit dem leithund auf, hetzt und jagt inns horn, schreiet ju, ju. 568. — Auch der hund jagt, wie der jäger selbst: für einen jagenden hunt einen als guoten und sehs schillinge (busze). Schwabensp. art. 282, 5; das den hunden, wann sie alsdann durch die hursten und das dicke gereiser jagen, die oren voll wassers tropfen. Sebiz 575.
2)
in weiterem sinne von der verfolgung eines fliehenden, wie ja dieselbe unter dem bilde einer jagd gefaszt wird (s. oben), und hier vielfach mit dem gegensatze fliehen mehr oder weniger eng verbunden (vgl. dazu unten II, 2):
er was der vîende hagel,
an jagen ein houbt, an fluht ein zagel.
Greg. 1825;
dar an si nimmer des verzagent,
beidiu si vliehent unde jagent,
si entwîchent unde kêrent.
Parz. 2, 10;
swer verzagt
sô daʒ er fliuhet ê man jagt,
dês sîme prîse gar ze fruo.
340, 9;
de van Colne mogen wail saigen,
ich si gevluwen sunder jagen.
Gotfr. Hagen, d. städtechron. 12, 137, 4026;
ich such und meide, flieh und jag, es schlägt mein herz,
mein herz mit seinem schlagen ist ein widerspruch.
Rückert ges. ged. 3, 462.
vergl. dazu einem nachjagen: am dritten tage wards Laban angesagt, das Jacob flöhe, und er nam seine brüder zu sich und jaget im nach. 1 Mos. 31, 23; es heiszt auch nach einem jagen:
alle folgten schnell
dem vater, der nach deinen räubern jagt.
Göthe 10, 275.
3)
daher vorwärts hasten, eilen, wie ein verfolger oder ein verfolgter: properare jagen Dief. 465ᵇ; Saul lehnet sich auf seinen spies und die wagen und reuter jagten hinder im her. 2 Sam. 1, 6; jagen dasz die schu entfallen. Schottel 1116ᵇ; der hohenflieszische infant jagte aus Italien .. stäubend und keuchend nach Deutschland zurück. J. Paul Tit. 1, 19; den ganzen morgen sieht man das expedierende seminarium hinaus und hinein jagen, holz spalten und wasser tragen. unsichtb. loge 3, 145; als redensart: ihn beinahe mit gewalt in die kutsche packt, und fort mit ihm, jagst du nicht, so gilts nicht, nach Straszburg! Schiller neffe als onkel 3, 4;
do hebt sich ein rennen und jagen.
fastn. sp. 387, 22;
ich musz reiten, ich musz jagen.
Weller lieder 197;
bemerkst du, wie in weitem schneckenkreise
er (der pudel) um uns her und immer näher jagt?
Göthe 12, 62;
schon reitet Karl von Eichenhorst,
und jagt mit ihr durch feld und forst.
Bürger 53ᵇ.
auch in bezug auf ein thun: ich habe von seinem vortrage nicht viel verstanden, er jagte zu sehr; mit dem tempo in einem musikstücke jagen; ferner von dingen gesagt: in einer finstern laube, in welche ein einziger verdorrter zweig das licht des mondes und seiner jagenden wolken einliesz. J. Paul Hesp. 2, 97; was sich ablösen konnte, das nahmen die jagenden winde unaufhaltsam mit sich. Bettine tageb. 117;
was hilft mir das, wenn also stark
die wind und wellen jagen?
Uhland ged. 347;
auf die berge will ich steigen,
wo die dunkeln tannen ragen,
bäche rauschen, vögel singen,
und die stolzen wolken jagen.
H. Heine 15, 201;
jagende augen, die hin und her rollen: was diese verzweifelung, .. dieser grimm in deinen jagenden augen? Klinger theat. 2, 299; grosze, jagende augen. 4, 141. Im niederdeutschen heiszt jagen sowol im schlafe mit offenem munde ausatmen, als, von hunden, träumen, im schlafe knurren oder bellen. Schambach 93ᵃ; das erstere namentlich wol von dem lauten atmen eines hastenden hergenommen.
4)
vom hastigen oder eifrigen streben nach einem glück oder gut, nach etwas jagen: jage aber nach der gerechtigkeit, der gottseligkeit, dem glauben, der liebe, der gedult, der sanftmut. 1 Tim. 6, 11 (δίωκε δὲ δικαλοσύνην..); nach ruͦw jagen, aucupari tranquillitates, nach schlächtem lob jagen, aucupari inanem rumorem Maaler 234ᵇ; ihre (der menschen) wünsche, ihre mühe und ihr geld jagen rastlos, und wonach? Göthe 18, 128; jeder jagt nach genusz, ruhm. Klinger 6, 36;
wer jagt nach lust mit armer laid,
sölchs ist von art des teüfels fraid.
unbekannt mit handelstücke
jagen wir nicht nach gewinn.
Gotter 3, ⅬⅩⅤⅠⅠ;
nimmer, nimmer wollt ich dann
noch nach andern freuden jagen.
Bürger 5ᵇ;
die erde dampft erquickenden geruch
und ladet mich auf ihren flächen ein
nach lebensfreud und groszer that zu jagen.
Göthe 9, 61;
dich siehet man
abtrünnig von den deinen auf der seite
des landesfeindes stehen, unsrer noth
hohnsprechend nach der leichten freude jagen.
Schiller Tell 2, 1;
auch auf etwas jagen:
so will ich unverwand auch auf mein liebstes jagen.
5)
die bildung des umschriebenen praeteritums erfolgt in den bedeutungen, in denen eine handlung vortritt, mit haben, in denen die eine blosze bewegung anzeigen, mit sein; daher bei 1, 2, 4 ich habe gejagt; er hat nach geld und gut gejagt, ohne glück zu erringen; dagegen bei 3: ich bin hieher gejagt, um möglicher weise noch etwas zu retten.
II.
jagen, transitiv.
1)
ein wild behufs seiner erlegung, weidmännisch verfolgen; es rührt oft dem sinne nach an erjagen theil 3, 861, da verfolgung und erlegung bei kunstmäsziger sicherheit auf einander zu folgen pflegen:
Gunther und Hagne,   die reken vil balt,
lobeten mit untriuwen   ein pirsen in den walt.
mit ir scharpfen gêren   si wolden jagen swîn
beren und wisende:   waʒ kunde küeners gesîn?
Nib. 859;
Esau gieng hin aufs feld, das er ein wildbret jaget und heim brechte. 1 Mos. 27, 5; wie man ein rephun jagt auf den bergen. 1 Sam. 26, 20; von der hinden die früe gejagt wird. ps. 22, 1; das gwild treiben oder jagen, mit laufen müd machen, agitare feras Maaler 234ᵃ; das wild oder die vierfüszige thier, alz hirz, wild schwein, gämsen und hasen hetzen oder jagen. Sebiz 577;
so schreit mein frau, magd und gesell,
als ob man die wölf jagen wöll.
H. Sachs 1, 479ᵇ;
o spräng es (mein lieb) wie ein reh dahin,
dasz ich es könnte jagen!
Uhland ged. 32;
es jagt ein jäger früh am tag
ein reh durch wälder und auen.
303.
weidmännische sprache unterscheidet zwischen jagen und hetzen, vgl. unter hetzen 1, sp. 1272.
2)
einen zur flucht treiben, einen fliehenden feindlich verfolgen, was ausdrücklich mit dem jagen eines wildes verglichen wird (vgl. auch oben I, 2): ich wil mein netz über dich auswerfen durch einen groszen haufen volks, die dich sollen in mein garn jagen. Hes. 32, 3; den andern tag rissen sie unversehens aus wie die flüchtige haasen, hinter denen die windhund herstreichen, also dasz ich mir nichts anders einbilden konnte, als dasz sie der Tilly jagte, wiewohl sie nur flohen aus forcht gejagt zu werden. Simpl. 3, 59 Kurz;
reht als der füchs und hasen jagt
so fluhen si die widervart.
Suchenwirt 4, 366;
ir solt eur feinde jagen, euer fünf sollen hundert jagen und eur hundert sollen zehen tausent jagen. 3 Mos. 26, 7. 8; die menner Israel jagten die Philister und schlugen sie bis unter Bethlar. 1 Sam. 7, 11; die mich jagen, legen sich nicht schlafen. Hiob 30, 17; ein jglicher jagt den andern, das er in verderbe. Micha 7, 2; erblickte er den hofkaplan von einem katechumen (sowol des schneiderhandwerks als des christenthums) gejagt. vergeblich suchte er und der junge schneider den vorausgehetzten seelenhirten zu erlaufen. J. Paul Hesp. 3, 43;
der kan mit wenig jagen
ein grosz und mächtig heer.
Weller lieder des 30 jähr. kriegs 202;
als wir den Mansfelder thäten jagen.
Schiller Wallenst. lager, 5. auftr.
verbunden ist jagen und fangen, namentlich oft aber fliehen und jagen (vgl. oben I, 2): persequatur inimicus animam meam. et comprehendat eam. sô jageie diabolus mîna sêla. unde gefâhe sîa. Notker bei Hattemer 2, 36ᵇ; reiter. wir haben gejagt! wir haben gefangen! .. Elisabeth. habt ihr den Weislingen? Göthe 8, 22; wann ich aber je zulassen wolte, dasz die weiber sie (die flöhe) in ihren bann jagen, fangen und nach waldmanns recht metzeln dörften. Simpl. 1, 268 Kurz; fluhen mit schanden darvon une niemant was do, der sie jaget. d. städtechron. 10, 161, 13; AbiMelech jaget in, das er flohe fur im. richt. 9, 40; der gottlose fleucht und niemand jaget in. spr. Sal. 28, 1;
si gerte des der von ir zôch,
und was den jagende, der si vlôch.
Trist. 487, 2;
swer fliuhet ê daʒ man in jaget,
entriuwen, der ist niht ein man.
Engelh. 3434;
(er ist) ein herzeloser zage,
swer fliuhet, ê daʒ man in jage.
troj. krieg 14493;
wir fliehen nit man werd uns denn jagen.
fastn. sp. 299, 9;
wer selber fleucht,
den jagt man leicht.
Lehmann bei Lessing 11, 674.
3)
mehrfach, hieran anlehnend, in freierem sinne; vom hastigen vorwärtstreiben: der wind jagt die wolken;
des thurmes fahne jagt der wind.
Schiller Wallensteins tod 5, 3;
in bezug auf die stachelnde sorge oder unruhe: einer mag sich vom meier zum heuermann prozessen, sein hofgewehr vertrinken oder verspielen, und noch so sehr gedrückt, geschoren, geplagt und gejagt werden. Möser patr. phant. 2, 65;
und die angst beflügelt den eilenden fusz,
ihn jagen der sorgen qualen.
Schiller bürgschaft v. 100;
in bezug auf schnelles hinterdreinfolgen: eine bange vermuthung jagt die andre. Gotter 3, 115; das ist noch nicht alles. ein malheur jagt heut das andere! Schiller kab. u. liebe 1, 6. auch sonst in bildern, die von der bedeutung 1 oder 2 hergenommen sind: die theologi fliehen oftmals für der ehr. allein sie haben nichts liebers, als dasz man sie mit der ehr jage. Schuppius 241; jage nicht was dich flieht, — und klage nicht um was dir gott entzieht. Rückert Hariri 2 (1844) 8;
swer minne fliuht, den fliuhet sî,
und swer si jaget, dem ist si bî.
Freidank 100, 8;
jagt das vergnügen, das euch fleucht
dem hirsche gleich.
Gotter 1, 448.
eigenthümlich den kürzern jagen siegen, bei Opitz 3, 316, vgl. die ausgehobene stelle theil 5, 2833.
4)
das verbum (in den bedeutungen 1—3) mit näher bestimmenden zusätzen.
a)
mit angabe der wirkung: einen müde, einen todt jagen, durch jagen müde, todt machen; sich matt und hungrig jagen, durch jagen matt und hungrig werden; der reiter hat sein pferd zu tode gejagt; weil solchenfalls (bei widrigem winde) kein thier vom jagen hinaus auf den lauft will, sondern sich öfters darinnen ehe wird zu tode jagen lassen. öcon. lex. (1731) 1114.
b)
mit örtlichen bestimmungen: der störer, damit man die fisch in hamen jaget. Luther tischr. 330ᵇ; schnee, der die vögel in die schlingen jagt. Göthe 43, 198; einen in den harnisch jagen, eigentlich zur anlegung der rüstung treiben, dann in zorn versetzen, vgl. sp. 489; kann man euch hundsfötter so ins bockshorn jagen? Lessing 1, 416; sollte ich einem andern wirthe so einen verdienst muthwillig in den rachen jagen? 512; alles, was man da sieht, musz einem ja die galle ins geblüt jagen. 12, 213; wehe, wehe! mein fluch ihn gejagt in den tod! Schiller räuber 2, 2;
bald jagt er (Zeus), lieberhitzt,
Cytheren selbst die ungewöhnte röthe
der scham ins antlitz.
Gotter 1, 62;
ich will den sun auf das väld jagen, abigam hunc rus. Maaler 234ᵇ; einen vor im anhin jagen oder treiben, prae se agere aliquem. ebenda; ihr habt mir ja immer das liebe gebet über alle häuser hinausgeworfen, habt mir so manche postill und bibelbuch an den kopf gejagt. Schiller räuber 5, 1;
die schnellen hund und mäuler traf er (Phöbus) erst,
jagt aber bald den mörderischen pfeil
auch auf sie selbst.
Bürger 142ᵇ;
einer aus den kindern Joiada hatte sich befreundet mit Saneballat, aber ich jaget in von mir. Neh. 13, 28; so wil ich dich von mir jagen und vor aller wält zu schanden bringen. Wickram rollw. 45, 9 Kurz; von haus und hof jagen, exturbare aliquem domo et e bonis suis. Frisch 1, 482ᵇ; ausz dem näst jagen, sedibus excitare. Maaler 234ᵃ; mein herr jagte mich zum teufel. Lessing 2, 479;
du (wein) hast mich oft von groszem durst erlost
und jagst mir alle meine sorge hinwegk.
Rosenblüt in den altd. blättern 1, 402;
weil dich dein weib aus deinem haus
nun jaget mit eim prügel aus.
H. Sachs 1, 481ᵃ;
erschrack er mehr, als wann ihm einer einen degen durch die ribben gejaget hätte. polit. maulaffe 40; entschlossen, dem ersten der sich seinem zimmer und dem kasten genähert hätte, eine kugel durch den leib zu jagen. Göthe 43, 92; der alles beste ohne rechten genusz auf einmal durch die gurgel jagte. J. Paul leb. Fibels 193; du hättest die Oestreicher durch ein knopfloch gejagt. Schiller räuber 1, 2; sieht er nicht gerade so drein, als wollt er den marschall von Sachsen mit einem rührlöffel über den Ganges jagen? 3, 2; durch die spieszruten jagen, castigare militem virgis, pellere per seriem virgis verberantium. Frisch 1, 482ᵇ;
rastlos durch entlegne sterne
jagt er seines traumes bild.
Schiller würde der frauen
Abram jaget sie bis gegen Hoba. 1 Mos. 14, 15;
so jagen wir ihn (den mörder) ohn ermatten,
versöhnen kann uns keine reu,
ihn fort und fort bis zu den schatten,
und geben ihn auch dort nicht frei.
Schiller kraniche des Ibykus v. 133.
5)
sich jagen, einander jagen, von mehreren, sich jagend umhertreiben, sich verfolgen: was für wunderdinge! sie haben meine seele so empört, dasz sich alles darin durch einander jagt, wie in einem hause, vor welchem sich unvermuthet ein vornehmer gast meldet. Bürger 291ᵇ;
jagt euch um die leckerbissen!
selig wer den frasz verschlingt!
Göthe 14, 96.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 11 (1877), Bd. IV,II (1877), Sp. 2213, Z. 18.

jagen, n.

jagen, n.
1)
der infinitiv des verbums, wird auszer in den aufgezählten bedeutungen gern, und vorzüglich in der technischen sprache des weidwerks, für die einzelne jagd und die kunstgerechte ausübung des jägergewerbes genommen: es begreifet auch das wort jagen insbesondere die eigene anstalt das wild zu fangen, wie sie an groszer herren höfen gebräuchlich ist. öcon. lex. (1731) 1114; für allen dingen aber soll ein jeder jägermeister sehen, auf was weidwerk und zuͦ was jagen er seine hund wölle anfüren und geprauchen. Sebiz 581; es ist das schlagen des weidemessers ein, bei denen jagen von alter zeit her eingeführter gebrauch. Göchhausen not. ven. 258; als er nun zu ihm kam, meinte dieser sein saufbruder, er .. wäre auf dem jagen gewesen, und bringe einen guten braten. Schuppius 224; ich hörte, dasz die gesellschaft junger freunde mit Lothario wieder ein jagen angestellt hatte. Göthe 20, 58; vor dem dejeuner findet ein lapptreiben, und nach demselben eingestelltes jagen statt. deutscher reichsanz. 1874 no. 263; composita ab-, bestätigungs-, sau-, sommer-, winter-jagen;
hiet ich der hunde nicht bî mînem jagen,
so möcht ich und mîn herze
in langem widerloufe wol verzagen.
es wurd der schlusz gemacht, zu richten an ein jagen.
Opel u. Cohn 278, 43;
er sah doch ganz wie ihr, der gute herr,
als er vor jahren hier beim jagen war.
Uhland ged. 159.
2)
jagen wird auch ein mit zeuge eingestellter platz in einem walde genannt, worinnen das wild zusammen und nach dem lauft zugetrieben wird. öcon. lex. 1114; (der jäger musz) dahin trachten, damit das jagen nicht rückwärts, sondern nach dem lauft zu abhängig oder bergunter, oder doch wenigstens fein eben liege, und dasz es gnugsam dickig, sonderlich aber vor dem jagen (wenns zu haben) mit laubigten stauden .. bewachsen sei. Göchhausen not. ven. 354; wann alles vorgejaget worden, und das jagen leer. 258.
3)
jagen nennt der förster theile einer forst, welche durch die intersection der hauptgestelle von den feuergestellen entstehen. Jacobsson 6, 139ᵃ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 11 (1877), Bd. IV,II (1877), Sp. 2217, Z. 56.

zerjagen, verb.

zerjagen, verb.,
auseinander jagen, zerstreuen: zerjagent die tierlin, die under dem baum sint Haupts zs. 7, 153; das die fürsten zu Ninive sollen zujagt und zuscheucht werden wie die Arbe Luther 19, 612; 30, 2, 45 W.; für verjagen: zerjagte die (Sorben) von der Salah in die Lausitz Ammersbach churbrandenb. chron. 68; matt hetzen: ein zerjagtes schwein histor. volksl. 4, 273 Liliencron; durch jagen zu grunde richten:
zur strafe wird dem schelm sein brotkornfeld zerjagt
J. H. Vosz s. ged. 6, 176;
mit moren hatt er sich zerjagt (sich müde gejagt) die ganze nacht
D. v. d. Werder ras. Rol. ges. 18 str. 176;
auch: seine gesundheit z. Stieler.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 5 (1932), Bd. XV (1956), Sp. 699, Z. 10.

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„jagen“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/jagen>.

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