Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

lästerlich, lasterlich, adj. und adv.

lästerlich, lasterlich, adj. und adv.
in verschiedener bedeutung.
1)
nach laster 1, schmähend, ehrenrühriger, beschimpfender art:
die tumben sint unwîse
und gar an rehten witzen blint,
die iu des jehent, daʒ der wint
got heiʒe oder wese got:
daʒ ist ein lasterlîcher spot.
Barl. 240, 8;
lesterlich red, obtractatio, detractio, improperium, contumelia. voc. inc. theut. m 2ᵃ; lesterlich reden oder kosen, obtractare, improperare. ebenda; lesterlicher redner, obtractator, oblocutor. ebenda; lesterlich, calumniose, criminose, blaspheme Maaler 268ᵈ (bei ihm unterschieden von lasterlich, vgl. unten no. 4); die alt erber fraw, ir mutter, on masz unmuͦtig, ihr seer übel sprach, lesterlich mit worten, als sie dann wol würdig was, übel ausricht. Bocc. (1535) 120ᵃ; das jederman sagt, kein lesterlicher schreiben sei denn das deine. Luther 1, 361ᵃ; denn sie reden von dir lesterlich (variante: nicht recht). ps. 139, 20; und lies viel leute tödten, und lesterliche gebot ausrufen. 1 Macc. 1, 25; allermeist aber die, so da wandeln nach dem fleisch, in der unreinen lust, und die herrschaften verachten, thürstig, eigensinnig, nicht erzittern die maiesteten zu lestern, so doch die engel, die gröszer sterke und macht haben, nicht ertragen das lesterliche gericht wider sich vom herrn (οὐ φέρουσιν κατ' αὐτῶν παρὰ κυρίω βλάσφημον κρίσιν). 2 Petr. 2, 11; eines fürnehmen beamten sohn hat lästerlich wider meine mutter geredet. pers. rosenth. 1, 36; der ist wahrhaftig für einen mann zu halten, der, wenn er erzürnt ist, auch nicht lästerlich redet. ebenda; auch in der neuern sprache, obschon hier laster in dieser bedeutung verschollen ist; das adjectiv und adverb aber wird durch das verbum lästern gehalten, an das es sich begrifflich anlehnt: er blieb dabei, ich sei sein verfolger, und sprach in allen gesellschaften lästerlich von mir. Liscov vorrede 9; schweig! ich mag dein lästerliches geschwätze nicht anhören. Lessing 1, 401; lästerlich, gotteslästerlich: kaum aber hatte er (Basedow) .. die gemüther wo nicht sich zugewendet, doch zum guten willen vorbereitet, als ihn der böse antitrinitarische geist ergriff, und er, ohne das mindeste gefühl wo er sich befinde, in die wunderlichsten reden ausbrach, in seinem sinne höchst religiös, nach überzeugung der gesellschaft höchst lästerlich. Göthe 26, 281.
2)
nach laster 2, schimpflich, schändlich, schmählich:
der vierde sprach: deist ein geschiht
uns allen harte lasterlîch.
Biterolf u. Dietleib 2555;
erkünden, ob er mich als lesterlichen todts wölle ersterben lassen. Aimon bog. A; wie jtzt die welt vol lesterlicher grewlicher sünd ist. Luther 6, 232ᵃ;
es starb keiner kein rechten tod,
wurden alle lästerlich erstochen.
Liliencron volksl. 2, 528, 5;
in der formel lästerlich und schändlich: das ist lästerlich und schändlich. Luther br. 4, 143; man sehe doch nur an den groszen uberschwenklichen muthwillen und unkosten der schantlichen und lasterlichen ploderhosen. Wickram rollw. 173, 29 Kurz.
3)
in abgeblaszter bedeutung, wie unser schmählich, arg, nur einen hohen grad von etwas widrigem bezeichnend: und do das David was verkündet, er sandt in entgegen, denn die mann waren vast lesterlich geschendet. bibel v. 1483 146ᵃ (bei Luther: die menner waren seer geschendet. 2 Sam. 10, 5);
der mantel stet dir lesterlich,
des musz ich allzeit schemen mich.
fastn. sp. 668, 17;
die nase, das rechte auge und die rechte backe wurden mir lästerlich zugerichtet! Lessing 13, 425; ach! herr hofmedikus, ich schwinde lästerlich ein. ich sehe ja offenbar aus wie ein ecce homo und fieberhafter. J. Paul Hesp. 4, 151.
4)
lästerlich (nach laster 4 und 5) frevelhaft, sündlich, nicht immer genau von der bedeutung 2 zu trennen: lesterlich, viciosus, criminosus, sceleratus .. lesterlicher schalk oder sunder, ferox .i. criminosus peccator. voc. inc. theut. m 2ᵃ; lasterlich, probrosus, lasterhaft. Maaler 264ᵇ (bei ihm unterschieden von lesterlich, vgl. oben no. 2); ein lästerliches leben, vita probrosa Steinbach 1, 989; es rewet sie nicht, sie büszens nicht, die lesterlichen verzweivelten buben, sondern lachens noch dazu, und haben wolgefallen dran, als sei es wol gethan. Luther 8, 208ᵃ; dasz ... er sich genzlich zu des teufels dienst ergeben, in dem er alle frauwen und jungfrauwen, so vor seinem schlosz hinzogen, zwange da hinein zu gehen, nachgehends lästerlich seines mutwillens pfleget. Amadis 72; darumb schlag ausz deinem gemüht solche lästerliche gedanken. Galmy 169; durch lasterlich leben seinen guten leumund unehren. Lehmann 2, 110; weil unter Christus gesäzze nimand befreiet ist (freiheit hat), böse und lästerlich zu sein. Butschky kanzl. 312; dies glücksgeld ... das in treuen händen dauert, aber in lästerlicher hand wie wasser vergeht. Arnim 1, 308;
umb diese lästerliche sünd (die entehrung der Lucretia),
dy hy von Sexto ist verkünt,
sen alle küng ausz Rom verjagt.
voll grewel ist jhr herz, haupt, hand,
und lästerlich jhr leben.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1878), Bd. VI (1885), Sp. 257, Z. 61.

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Zitationshilfe
„lästerlich“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/l%C3%A4sterlich>.

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