Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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lecke, f.

lecke, f.
1)
ort wo das vieh salz leckt, vergl. salzlecke; schweiz. lecke, lecki, sulz- oder gamsläcki, höhle in den felsen oder hochgebirgen, wo sich die gemsen öfters aufhalten und das erd- oder steinsalz begierig lecken, besonders in den gebirgen der östlichen Schweiz. Stalder 2, 162; hin und wieder auf denen hohen alpen finden sich dergleichen sandichte felsen, die also von den gemszungen ausgeschaben sind, dasz man gewaltige schrammen oder höhlinen darin sieht; die Pündtner heiszen solche ort gläck; andere nennen sie sulzen, sulzgläckinen, läckinen. Scheuchzer 1, 38. bei den landwirten ist lecke der trog, aus dem rindvieh oder schafe salz lecken.
2)
lecke, ein gemeng von gepulverten heilkräutern und salz, den schafen gegen krankheiten zu lecken gegeben, auch schaflecke: man solle zu den lecken nehmen rheinfahren, osterlucey, wermuth, enzian u. s. w. öcon. lex. (1731) s. 2144; andere geben ihnen diese folgende lecke (folgt ein verzeichnis von kräutern). 2145. vgl. dazu das neutr. leck oben.
3)
lecke, eclegma, electuarium. Stieler 1105.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1879), Bd. VI (1885), Sp. 476, Z. 52.

lecke, f.

lecke, f.
nebenform zum subst. leck (oben), vgl. auch leche sp. 472: rima navis eine lecke. Chytraeus nomencl. cap. 36; im deichbau heiszen lecken die durchzüge des wassers durch die deiche, die entweder aus den gängen und löchern kleiner thiere, wie mäuse, ratten oder maulwürfe, oder auch aus den im körper des deiches durch trockenheit entstandenen ritzen, rissen und höhlungen hervorgehen. Jacobsson 6, 430ᵇ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1879), Bd. VI (1885), Sp. 476, Z. 70.

lecke, f.

lecke, f.
bearbeitung der haut mittels der in warmes wasser getauchten badequaste (vgl. unten lecken besprengen), ein schweisztreibendes mittel der alten bader; mhd. auch leche Seifr. Helbling 3, 63, vgl. dort die ausführliche schilderung eines bades, das aus dem kneten der glieder, entwickelung von dampf, peitschen mit dem wedel (v. 41, welches eben nachher leche genannt wird), reiben und begieszen besteht;
reich mir ein kost (quaste) und einen hot,
einer legk solt uns geweren.
Germania 5, 216;
(einer alten frau) der dann die haut seer raidig was,
dʒ sy besorgt sy künd nit basz
der kretz halb komen zu ainer leck.
H. Folz, Haupts zeitschr. 8, 540;
an (ohne) lecke mochten sie nit baden.
Lilienceon volksl. 1, no. 40, v. 2071.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1879), Bd. VI (1885), Sp. 476, Z. 77.

lecken, verb.

lecken, verb.
lambere.
1)
ahd. lecchôn, lechôn, lekkôn, mhd. lecken; alts. altnfr. liccôn, leccon, niederl. likken, lekken; ags. liccian, engl. lick. im scandinavischen sprachgebiete fehlt das wort; das goth. bi-laigôn ἐπιλείχειν zeigt im verbalstamm diphthong und einfachen wurzelschlusz, während die eben angeführten formen kurzen vocal und den wurzelauslaut verstärkt haben, wodurch sie sich als intensivbildungen dem gothischen gegenüber kundgeben. theils den diphthongen theils den einfachen wurzelvocal finden wir auch bei den urverwandten bildungen, jenen im sanskr. lêhmi lecke, griech. λείχειν, litt. laizýti, diesen im kirchenslav. ližati, mit nasal im lat. lingere. vom deutschen worte haben die romanischen sprachen ihr ital. leccare, prov. liquar, lichar, lechar, franz. lecher, churw. lichiar, wal. lice̹ì entlehnt (Diez 1, 246).
2)
lecken gilt sowol von menschen als thieren: lambere lecken, licken Dief. 316ᵇ; lingere lecken, licken 331ᵃ, die letztere form ist noch jetzt niederdeutsch; lecken, lambere dic hominum, lingere vero dic canum. voc. inc. theut. m 2ᵇ; läcken, mit der zungen blosz anrüren, lingere, delingere, läcken wie ein hund, lambere Maaler 260ᵃ; mit accusativ, etwas lecken: ahd. huntâ quâmun inti leccôdun sîniu geswer. Tatian 107, 1; Plinius spricht, daʒ diu perinne dar nâch daʒ geporn flaisch lecke. Megenberg 162, 22; dô leckotend die hund sîn bluͦt an der statt daran er Naboth getött hett. histor.-bibel 454 Merzdorf;
si (die schafe) leckent salz, daʒ in ze gallen wirt.
minnes. 2, 11, 42 Hagen;
nû wart gewar
der arme in allen sînen nœten,
den man drîn enden wolde tœten,
daʒ ein honecseimlîn
hienc neben an einem zwîgelîn,
daʒ leckte er in den nœten doch.
Renner 23520;
nhd. die hefen des daumelkelchs hastu ausgetrunken, und die tropfen geleckt. Jes. 51, 17; darumb wird dein fus in der feinde blut geferbet werden, und deine hunde werdens lecken. ps. 68, 24; es ist viel von einer katz, wenn sie bei der milch sitzt und die nicht leckt. Lehmann 75;
neigt das haupt das sein kleiner bart
voll wassers als von perlen ward,
weil er jhn gar ins wasser steckt,
und dasselbig so geizig leckt
als wenns zucker und honig wer.
froschmeus. 1, 1, 2 (C 7ᵇ);
die schlange .. die mit sieben zungen
das eis des nordpols leckt.
Freiligrath dicht. 1, 101;
doch kamen die hunde, und lecketen jm seine schweren. Luc. 16, 21; ein verwundetes thier leckt seine wunde; die katze leckt ihr fell; Schillers
und leckt sich die zunge (der tiger)
im ersten entwurf des handschuhs erregte zweifel: bei ihrem handschuh hat man den zweifel erregt, ob man sagen könne: ein thier lecke sich die zunge; ich habe wirklich darauf nicht bestimmt zu antworten gewuszt. Göthe an Schiller 344; — der mann leckte sich den bart;
warum leckst du dein mäulchen, indem du mir eilig begegnest?
wohl, dein züngelchen sagt mir, wie gesprächig es sei.
Göthe 1, 356;
mit angabe der wirkung: geht bestien! ihr leckt, aber nicht Lazaruswunden heil, sondern geifernd wunden der wasserscheu an. J. Paul leben Fibels 157; — es steht auch lecken mit theilungsgenitiv oder der präp. von: und der herr sprach zu Gideon, welcher mit seiner zungen des wassers lecket, wie ein hund lecket, den stelle besonders. richt. 7, 5;
sie (die bremse) leckte von dem heiszen schaume,
der heeficht am gebisse flosz.
Gellert 1, 45;
mit der präp. an und dem dativ: am honig, am zucker lecken; ungewöhnlich auch mit dem acc.: thörichte kinder lecken ans kalte eisen, stolidi pueri frigidum metallum lingua tangunt. Frisch 1, 592ᵇ; mit unterdrücktem object: da war die zal, dere die geleckt hatten aus der hand zum mund drei hundert man. richt. 7, 6; als scherzender ausdruck für kosten, wobei etwa an das eintauchen und ablecken des fingers gedacht ist:
ich bin, so bald sie mir die schüssel gleich nur weiset,
von dem geruche satt, und zeig ich mich erboszt,
dasz es der teller fühlt, so faszt sie gleich den trost,
und spricht, wie jener koch: versuche nur und lecke,
hat es das ansehn nicht, so hat es doch die schmecke.
ferner mit persönlichem object, einen lecken:
an henden unde an füeʒen
begunden si (leoparden und löwen) dô lecken
den herren âne flecken
und aller missewende blôʒ.
K. v. Würzburg Pantaleon 1465;
als der hund das blut sahe, leckte er den hasen. der haase aber sprach zum hunde, zuvor verfolgest und bissest du mich, als wenn ich dein feind wäre, jetzund aber leckestu mich, als wenn du mein freund wärest. Lokmans fab. 116 (30); spielend mit der nachher (no. 3) aufgeführten anwendung:
dein hündchen, Dorilis, ist zärtlich, tändelnd, rein!
dasz du es also leckst, soll mich das wundern? nein!
allein dein hündchen lecket dich:
und dieses wundert mich.
Lessing 1, 13;
sich lecken: lekke dich, kätzchen, die sonne scheint. es kommen gäste. ped. schulfuchs 124; es erging der menschheit nachmals mit jedem falschen propheten wie dem bären, den der ahnherr an die honigbeschmierte wagenstange lockte und der sich durch und durch auf selbige hinaufleckte ... so leckten sich die leute vor fünfzig bis sechzig jahren auf den eiszapfen der aufklärung hinauf, und als sie mit mühe und noth von diesem wieder heruntergeschroben waren, .. da kamen die Franzosen und hielten ihnen den freiheitsbaum vor, mit einer mischung von sirup und cognac bestrichen, und die narren leckten wieder so tapfer drauf los, dasz sie bald alle mit schmerzen an dem stachlichten stamme festsaszen. Immermann Münchh. 1, 4.
3)
lecken, von menschen gesagt, als niedriger ausdruck für küssen und zärtlich thun: dasz ein mann oft nicht recht achtung giebt auf sein weib, sondern .. lässet sie bei allerlei wollüsten und nachtdänzen herumb schweifen und sich mit jungen gesellen und andern fremden männern reiszen, und allerhand gaukelei, küssen und leckens untereinander treiben. Schuppius 511; der kerl leckt sich mit der menschin, hic juvenis familiarius conversatur cum ista puella. Stieler 1105; gelt, habt immer gekost und geleckt den knaben. Fr. Müller 1, 109;
sollt ich dafür in gallaröcken,
vor liebe krank,
des fräuleins gnädge hände lecken?
Hölty 133 Halm;
tausend junge fentchen
leckten ihm das händchen.
179;
was thut er an ihrer tochter lecken?
an fremden verbotnen speisen schlecken?
Göthe 13, 61;
die kerls sind vom teufel besessen,
schnoppern herum an allen essen,
lecken den weiblein die ellenbogen.
71;
oder auch für schmeicheln (vergl. unten speichel lecken no. 4):
wer bei hof ist worden alt, gibt zu merken an den tag,
dasz er zwar mit schmecken viel, doch mit lecken mehr vermag.
Logau 3, 8, 17.
4)
lecken in festen bildlichen formeln, sprichwörtern und redensarten. zeichen falscher freundlichkeit ist vornen lecken und hinten kratzen, vom gebahren der katze her genommen (vergl. unter katze theil 5, 282 und unter kratzen 2076): darum so hüt du dich vor den menschen, die da einen überzwerch ansehen, und vor denen die fornen lecken und hinden kratzen. Keisersberg brös. 2, 80ᵃ;
die vornen leck und hinden kratz.
Brant narrensch. 39, 18 (vgl. dazu s. 375ᵇ, wo weitere beispiele);
zeichen der unterwürfigkeit ist in der bibelsprache den staub lecken: fur jm werden sich neigen die in der wüsten, und seine feinde werden staub lecken. ps. 72, 9; sie werden fur dir nider fallen zur erden aufs angesicht, und deiner füsze staub lecken. Jes. 49, 23; sie sollen staub lecken, wie die schlangen, und wie das gewürm auf erden erzittern in jren löchern. Micha 7, 17; zeichen der kriecherei: umgekehrt haben es die gemeinen naturen, für das edle haben sie keinen sinn, ists im glanze, kriechen sie vor ihm im staube und lecken ihm die füsze, ists im unglanz, werfen sie es mit koth, treten sie es mit füszen. J. Gotthelf Uli der pächter s. 338; namentlich auch speichel lecken (vergl. speichellecker): anderer leute speichel lecken, aliorum salivam lingere. Steinbach 2, 624;
dein mund wird lauter gall
und höllenwermuth schmecken,
des feindes speichel lecken.
Rist himl. lieder 5, 288;
weszwegen doch dem armen schmeicheln? nein,
die honigzunge lecke dumme pracht,
es beuge sich des knies gelenke angel,
wo kriecherei gewinn bringt.
Shakesp. Hamlet 3, 2;
why should the poor be flatter'd?
no; let the candied tongue lick absurd pomp,
and crook the pregnant hinges of the knee,
where thrift may follow fawning;
zeichen der lüsternheit nach etwas ist die finger lecken, das maul lecken: das maul lecken, gustum alicujus rei capere, delectari sapore cibi cujusdam. Stieler 1105; du leckst alle deine fünf finger darnach, dulcedinis hujus rei desiderio nunquam non capieris. ebenda; man findet ihr viel, wenn sie noch dienen, wollen sie keinen kofend von der neigen trinken, hernach aber, wenn sie gefreiet und zu hause sitzen, lecken sie die finger darnach. Mathes. Syrach 1, 65ᵇ;
ich weisz, das sie (mohrrüben) euch wurden lieben,
das ir die feust darnach wurdt lecken
und die pfann nach der podenschar schlecken.
fastn. sp. 212, 34;
sprichwörtlich: alt geis lecken auch gern salz. Frank sprichw. (1541) 1, 5ᵇ; alte ziegen lecken auch gern salz ... proverbialiter dicitur in senes amantes. Pistorius thes. par. 8, 69; den eigenen löffel lecken, eigenen haushalt führen: denn gar viel mägde haben es weit besser, wenn sie dienen, denn wenn sie ihren eigenen löffel lecken oder in ihr eigen salzmestlein greifen sollen. Mathes. Syrach 1, 15ᵇ; wer honig lecken will, musz der bienen stachel nicht scheuen. Simrock sprichw. s. 260; etwas ist nicht, wie honig lecken, keine angenehme sache; es ist alhier kein honig lecken, negotia ista molestiora sunt, quam ut inde jucunditas hauriri possit. Stieler 1105; auf der beobachtung, dasz thiere ihre wunde lecken, fuszt das westerwäldische: er wird noch lange an diesem schaden zu lecken haben. Schmidt west. id. 98; nach der fabel dasz die bären ihren jungen erst durch lecken form geben, heiszt es von einem nicht formgewandten menschen ein ungeleckter bär, ein bär der erst noch geleckt werden musz; der deutsche edelmann, dem sie (seine formen) in der bärenleckenden Lutetia mühsam eingeübt worden. H. Heine 1, 161; eine grobe aufforderung wird theil 1, 565. 566 angeführt und belegt, in rohen zeiten ist ihre ausführung auch erzwungen worden: hätten sie ihm nasen und ohren abgeschnitten, zuvor aber gezwungen, dasz er ihrer fünfen den hindern lecken müssen. Simpl. 1, 50 Kurz; als zeichen höchster demütigung: ich werde dich drüm nicht im arsche lecken, non supplicabo tibi, nec instar numinis te venerabor ob rem ejusmodi. Stieler 1105.
5)
nicht sowol nach jenem formgebenden lecken des bären, als vielmehr nach dem lecken der katze, die damit ihr fell schön glättet, hat sich lecken für das herausarbeiten einer überzierlichen form ergeben:
lecke, so will man, die form nur schönlich; ihr wäszrichter inhalt
mache nicht wohl und nicht weh, schmecke nicht sauer noch süsz!
Bürger 95ᵃ;
namentlich im part. geleckt: ein gelecktes junges herrchen; die Nürnberger geleckten kindergärtchen. J. Paul Tit. 1, 119; von gemälden: die geleckte manier einiger von Raphaels landesleuten unserer zeit. Winckelmann 1, 39; die behandlung ist zwar fleiszig, doch weder geleckt noch peinlich. Meyer bei Göthe 44, 233.
6)
lecken, bildlich, von gegenständen, deren bewegungen dem lecken verglichen werden.
a)
vom feuer, dem blitze, von denen man sonst auch züngeln braucht: am fusze des gewölbes leckten durchsichtige blitze. J. Paul Hesp. 2, 248; er schweifte immer weiter (hinweg von der muntern gesellschaft), ihn peinigte das nachleckende freudenfeuer der töne unsäglich. Tit. 3, 111;
zauderer gruben den brand
lässiges armes ab, lehnten sich oft auf den spaden,
drangen nicht tief: und so kams denn, und hinüber
leckt es über den kindergraben,
lodert in andres gebüsch.
Klopstock 2, 73;
feuer, feuer! ...
jetzt leckt es am saum meines mantels!
Gotter 2, 514;
schon geht der wald in flammen auf,
sie züngeln leckend spitz hinauf.
Göthe 41, 60;
bis höher, immer höher die flamme leckt und schweift.
Uhland ged. 362;
flammen lecken,
und unter mir gespenstisch gähnt
das ewge nichts!
Freiligrath dicht. 1, 141;
transitiv:
einer, der vom schrecken
des bängsten traums erweckt, sich ringsum eingehüllt
in flammen sieht, die seine haare lecken.
Wieland 10, 269;
des himmels flamme leck euch weg wie mücken.
von der sonne: die sonne leckt den schnee; beschwernusz und unglück leckt alle freud hinweg wie die sonn den schnee. Lehmann 94.
b)
von der flut:
als die entfärbte fluth
des Ibers grausamkeit mit ihrem schleim bedeckte,
und meiner väter blut von beiden ufern leckte.
A. Gryphius 1698 1, 303;
es ist ein schimmern, wie des meers, das sich an Algiers küste bricht!
es blitzt und brandet wie ein strom; es leckt herüber feucht und kühl!
Freiligrath dicht. 1, 164;
von der erde, dem boden: der boden meiner zimmer lecke cyprischen nektar. Schiller Fiesko 1, 4.
c)
von anderem, was einer zunge verglichen wird: häszlich leckten seine vielfarbigen panter-augen gleich rothen, scharfen tigerzungen über das süsze, weiche antlitz. J. Paul Tit. 3, 149;
dann schwelgst im blute du (schwert), geführt von der geballten
kalifenfaust, und dampfst, und züngelst aus den falten
des ärmels, der die hand des mächtigen bedeckt,
wie in Arabien und auf den öden, flachen
sandstrecken Soristans aus eines schakals rachen
die blutgetränkte zunge leckt.
Freiligrath dicht. 1, 92;
geschaukelt stieszen sich die boote,
und tausend wimpel, scharlachrothe
mastzungen, leckten hoch im blau.
2, 183.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1879), Bd. VI (1885), Sp. 477, Z. 14.

lecken, verb.

lecken, verb.
mit den füszen ausschlagen, hüpfen, springen; mhd. lecken (Lexer 1, 1850). es ist intensivbildung zu der wurzel lih, die in leichen, hüpfen, foppen waltet (s. das weitere dort): ich leck subsilio Alberus s 4ᵃ; vitulari lecken und springen wie ein kalb Corvinus (1660) 1, 740ᵇ, ein nicht häufiges, einst vorzugsweise auf das mitteldeutsche sprachgebiet eingeschränktes (vergl. indes no. 6), seit dem vorigen jahrh. mit ausnahme von no. 4 ganz veraltetes wort.
1)
vom springen junger und mutwilliger thiere: und machet sie lecken wie ein kalb. ps. 29, 6 mit der randglosse: lecken, das ist springen, hüpfen; und giengen wie die rosse an der weide, und lecketen wie die lemmer. weish. Sal. 19, 9; meinstu aber nicht, das ich deinem leichtfertigen dreuen antworten möchte, und sagen, lieber esel lecke nicht. Luther 1, 360ᵃ;
swelh pfert die lenge müeʒec gêt,
und bî vollem fuoter stêt,
daʒ lecket, scherzet unde beiʒet.
Renner 4259;
darauf der rambock frölich bleckt,
in voller weid springet und leckt.
froschmeus. A iiijᵃ.
2)
von ähnlichem gebahren der menschen, welches ausdrücklich dem der thiere verglichen wird: als denn werden die lamen lecken wie ein hirs. Jes. 35, 6; und lecket, wie die geilen kelber. Jer. 50, 11; des werden wir uns so frewen, das wir lecken und springen werden, wie die hirssen. Luther 3, 259ᵃ; alsdenn werden die lamen lecken, wie ein hirssch. 8, 109ᵇ; die tochter zeucht junge gesellen selber am tanze auf mit ihr zu tanzen und lecket wie ein ziegenbock. Mathes. Syrach 1, 175ᵇ; ohne solchen vergleich: jre (der gottlosen) jungen kinder gehen aus, wie eine herd, und jre kinder lecken. Hiob 21, 11; weil denn das junge volk mus lecken und springen, oder je was zu schaffen haben, da es lust innen hat. Luther 2, 477ᵇ; kützeln sich selbs mit feinen gedanken, das sie gleich lecken und springen. 4, 233ᵃ; die christen wil er mit solchem unglück im zaume halten, das sie nicht von gott weichen, nicht lecken und zu geil werden. 504ᵇ;
die lahmen werden leckn auf erden.
Fromm. 4, 175 (beitr. zu e. schles. wörterb., v. 1588);
und noch vereinzelt im 18. jahrh.: läcken, laufen oder springen mit ausschlagen der füsze. Frisch 1, 562ᵇ;
es (das leben) rauscht im felsenhaine,
woget thal und wies entlang,
leckt im widder auf dem raine,
schauert durch das mark der beine.
Bürger 27ᵇ.
der (von Christus geheilte) lahme tritt auf die schenkel und leckz.
Schubart (1787) 1, 342.
3)
bildlich wider den stachel lecken: es wird dir schwer werden wider den stachel lecken. apostelgesch. 9, 5 (26, 14), σκληρόν σοι πρὸς κέντρα λακτίζειν; hergenommen 'von ochsen, welche mit einem auf dem pflug liegenden stachel angetrieben werden, und wider denselben ausschlagen, wodurch sie den stachel erst recht empfinden'. Frisch 1, 562ᶜ; vgl. lat. ne contra acumina calcitraret. Ammian. Marcell. 18, 19;
namque inscitiast,
advorsum stimulum calces.
Terent. Phorm. 1, 2, 28.
in freierer anwendung: warumb leckestu denn wider meine opfer und speisopfer, die ich geboten hab in der wonung. 1 Sam. 2, 29 mit der glosse: gleich wie act. 9 s. Paulus wider den stachel lecket, das ist, frech und mutwillig.
4)
der gebrauch dieses biblischen bildes hat sich bis heute erhalten, man wollte das verständnis des verbums schützen, indem man es auch läcken oder löcken schrieb (letztere schreibung in den bibelausgaben seit dem 17. jh.), und so von lecken lambere abhob: sehen sie, herr pastor, es wird mir unmöglich sein, nicht gegen ihren stachel zu läcken. Lessing 10, 131; darum ertheilte man ihm (Cicero) verzeihung für sein kurzes gelüsten wider den stachel zu löcken. Mommsen röm. gesch. 3 (1856), 297;
und lecke wider das, was dein gewissen sticht.
indes blieben misverständnisse nicht aus, die sich schon seit dem 17. jahrh. durch transitive fügung des verbums kund thun:
der so der menschen herz eh als man meint verwendt,
hat oft der feinde zorn und ungestümes pochen
und das schon blosze schwerdt, in einem nu, zubrochen.
wer seine stachel leckt, nimmt ein erschrecklich end.
A. Gryphius 1698 2, 433;
leckt den stachel unverhohlen,
beiszt euch ein mit kindscher rache:
aber schüttl ich meine sohlen,
liegt ihr in der nächsten lache!
Platen 59.
5)
ein lecken = reizen, prickeln gehört vielleicht hierher: die wachteln bekamen jnen auch wie dem hund das grasz, und lecketen sie in der nasz, und kramen sie im bauch. Mathesius hochzeitpredigten 61ᵃ. vgl. indes dazu unten leckern 4, sp. 487.
6)
ebenso schweizerisches ablecken vom fehlschlagen des gewehrs (eine andere erklärung th. 1, sp. 69): ablecken wird gesagt, wenn nur das pulver auf der zündpfanne abbrennt, ohne dasz der schusz losgeht, es hat mir abgeleckt. Stalder 2, 162; das ablecken des pulvers von der pfanne. J. Gotthelf geld u. geist (1866) 349.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1879), Bd. VI (1885), Sp. 480, Z. 35.

lecken, verb.

lecken, verb.
triefen, rinnen, tröpfeln; das dem oberdeutschen lechen sp. 472 entsprechende, schwach biegende niederdeutsche wort, engl. leak, von schiffen und gefäszen gebraucht; nd. dat vat lekket, das fasz ist undicht, dat schipp lekket, das schiff läszt wasser ein, auch dat water lekket, das wasser träufelt aus. brem. wb. 3, 50; de tunne lecket. Schambach 121ᵇ; und danach, wie das adj. und subst. leck auch hochdeutsch: lekken stillare Schottel 1356; das fasz leckt. das schiff hat geleckt. Adelung; auch: aller wein ist aus dem fasse geleckt. ebenda; vgl. unter auslecken theil 1, sp. 906. in freierer anwendung: die lichter lecken (laufen, rinnen), wenn sie den geschmolzenen talg am lichte herab rinnen lassen; lippus, der leckende ogen hefft. Chytraeus bei Frisch 1, 562ᵃ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1879), Bd. VI (1885), Sp. 481, Z. 40.

lecken, verb.

lecken, verb.
1)
netzen, besprengen, eigentlich rinnen oder tropfen machen, bewirkungswort zu dem spalte 472 aufgeführten lechen; ahd. leckan, prät. lacta: ingieng ih in thîn hûs, uuaʒʒar ni gâbi thû mînên fuoʒon; thisiu abur mit irâ zaharin lacta inti mit irâ fahsu suarb (lacrimis rigavit). Tatian 138, 11; mhd. lecken Lexer 1, 1850; nhd. spargo ich leck Alberus s 4ᵇ (mit verweisung auf das gleichbedeutende gies giesze); jetzt nur noch in den mundarten: hess. lecken, besprengen, begieszen, das tuch lecken, die zum bleichen ausgespannte leinwand begieszen, die wäsche einlecken, die getrocknete wäsche leicht besprengen und hiermit zum bügeln vorbereiten. Vilmar 246; niederd. lecken, netzen, sprengen, besprengen, beim bleichen der leinwand, beim löschen brennender balken u. s. w. Schambach 121ᵇ; auch das lecken, das die spinnerinnen vom befeuchten des fadens brauchen (Jacobsson 6, 431ᵃ), gehört wol hierher und nicht zum ersten lecken sp. 477;
sie (die frauen) solten an der kunkel läcken
und nit im spiel byn mannen stäcken.
Brant narrensch. 77, 37.
2)
lecken war ein altes baderwort, die lecke (bearbeitung der haut mittels des nassen badequasts, sp. 476) geben oder nehmen:
und sô diu lîp in (den unmäszigen) werden sat,
sô gênt si leckent (lies lecken) in ein pat.
Renner 9651,
nehmen das schweisztreibende mittel der lecke;
wol auf gen pad!
ir herrn, mit lecken, paden und kramen
kan ich versehen wol die frauen.
fastn. sp. 377, 14. 794, 20;
die badeknecht begundens (sie) strichen,
dasz sie gewunnen einen sweisz,
sie lekten, dasz in ward ze heisz.
Liliencron volksl. 1, no. 40, 2076;
strel, badhut, kosten (quast), das man leck.
Folz vom hausrat, bei Göz H. Sachs 4, 156.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1879), Bd. VI (1885), Sp. 481, Z. 53.

verlecken, verb.

verlecken, verb.
hinweglecken, abligurire Dief. 3. für verleckern scheint es zu stehen in: unser bauwersvolck, das etwas verleckter ist, sieden den fench mit milch zu einem brey. Tabernaemont. kräuterb. 815 (1588).
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1891), Bd. XII,I (1956), Sp. 755, Z. 22.

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Zitationshilfe
„lecke“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/lecke>.

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