Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

manch, adj.

manch, adj.
und pron. nonnullus.
1)
goth. manags πολύς; ahd. manac, mhd. manec, manc, manech, manch; alts. altnfr. maneg, mnd. mannich, mennich, mnl. menig; ags. manig, monig, engl. many; fries. monich, manech; altnord. entspricht margr, was sich im altschwed. marger fortsetzt, während im neuschwed. und dän., unter einflusz des deutschen, die formen schwed. maͦngen, dän. mange sich ergeben haben; urverwandt ist das kirchenslav. mnogŭ, poln. mnogi, serb. mlogi viel. von mehreren etymologischen deutungsversuchen des wortes scheint der, welcher das wort mit griech. μένος kraft, macht, stärke zusammenstellt (Kuhns zeitschr. 9, 259) das meiste für sich zu haben, in lautlicher beziehung sowol wie in der des begriffes, bei welchem letzteren zu erinnern ist, wie auch mächtig bisweilen in den sinn der fülle und menge hinübergreift (oben sp. 1408).
2)
der alten mhd. form manec, manig, mit umlaut auch menic, gegenüber, die noch jetzt in den zusammensetzungen mannigfach, mannigfalt u. s. w. dauert (s. d.), steht eine mitteldeutsche, die den g-laut, auslautend sowol als bei der flexion im inlaute, in ch umgesetzt hat:
dâ vil manich heiden saʒ.
livl. chron. 212;
dar undir lac vil mancher tôt.
sie brâchten manchen man in nôt.
293;
ouch sant er mit im, als ich las,
vîrzic brûdre ûʒirwelt
unde manchin rischin helt.
Jeroschin 5674;
sonst findet sich ch auslautend, nicht im inlaute, sowol mittelniederdeutsch (mannich, mennich, aber mennigen dach Schiller-Lübben 3, 28ᵃ), als auch im oberdeutschen:
ros unde rinder,
unde ander manich wunder.
genesis in den fundgr. 2, 12, 40;
er scowôt al bi sunter
die manegen wunter.
15, 36;
dringt aber seit dem 15. jahrh. auch hier in den inlaut vor: gar an vil und menichen enden. d. städtechron. 2, 226, anm. 1 (v. j. 1450);
das geschicht mir ietz an manchem ort.
N. Manuel 49, 459 Bächtold;
als leider geschicht an menchen orten.
59, 715;
und wird, nach Luthers vorgange, der allein solche formen braucht, im 16. jahrh. so allgemein, dasz formen, die das alte g noch zeigen, nur vereinzelt noch vorkommen, zum theil im vereine mit umlaut des stammhaften a:
vil meng guͦt biderman.
Uhland volksl. 405;
du hast mir hie verlaszen
gar mengen stolzen man.
407;
do huͦb sich ein groszer strit
dasz menger tot gelag.
409;
darumb huͤt euch vor diesem stral,
der manig mensch bringet zu sorgen.
H. Sachs fastn. sp. 1, 20, 191 Götze;
da ich han
vorhin gefuͤrt manigen man,
auch manch jungfraw und schöne frawen.
ebenda 200;
auch so begeit sich mengen zeiten,
das du verkriegest all dein gut.
31, 314;
so mengen sünder grosz.
Schade sat. u. pasqu. 1, 16, 135;
es möcht wol menger han gedacht:
hat mich der teufel ins kloster bracht.
18, 201;
wie er vor Ofen so mengen Turken hette umbbracht. Wickram rollw. 132, 11 Kurz; mundartlich dauern diese formen in Oberdeutschland: manig, mang, manich, manch, schwäb. menig, meng Schm. 1, 1604 Fromm.; alem. mänge Seiler 203ᵃ;
isch Basel nit e schöni tolli stadt?
s sin hüser drinn, s isch mengi chilche nit
so grosz, und chilche, s sin in mengem dorf
nit so viel hüser.
Hebel 1, 173.
seltene schreibung ist manich:
durch mich wird manich mensch erfrewt.
H. Sachs fastn. sp. 1, 94, 421 Götze.
3)
die bedeutung von manch ist im gegensatz zu dem zusammenfassenden viel eine trennende, es hebt den einzelnen oder unbestimmte einzelne, deren auch eine gröszere anzahl sein kann (vgl. unten 4, a. b, α und b, γ), aus einer masse heraus (daher das wort auch als adjectiv im nhd. keine steigerungsformen mehr entwickelt); wie aber diese bedeutung erst nach und nach sich ausgebildet hat (in den alten deutschen dialekten, ebenso im englischen, schwedischen, dänischen, ist sie nur zum theil vorhanden, in unserm subst. menge nicht), so gibt es auch in der spätern sprache berührungen mit dem begriff viel:
zu Rottenburg hat es sich angespunnen,
ist mancher bawr zuamen komen,
mit yren klugen sinnen.
Hildebrand volksl. 107, 4 (von 1525);
schweiz. wie menga? wie viel? Tobler 315ᵃ; der wie mengste? der wie vielte? die wie mengste stund hets gschlage? wie viel uhr? Seiler 203ᵃ; vergl. das fragende wie mancher, unten nr. 7.
4)
diese vereinzelnde bedeutung zeigt sich namentlich in dem häufigen singularen gebrauch von manch.
a)
substantivisch, als mancher, manche, manches:
maneger lobt ein fremedeʒ swert,
het erʒ dâ heime, eʒ wære unwert.
Freidank 61, 11;
mancher karget und sparet, und wird da durch reich. Sir. 11, 18; mancher dienet dem andern zu unrechten sachen. 20, 25; mancher ist arm bei groszem gut, und mancher ist reich bei seim armut. spr. Sal. 13, 7; es gefellet manchem ein weg wol, aber endlich bringet er jn zum tode. 14, 12; es glückt manchem in bösen sachen, aber es gedeiet jm zum verderben. Sir. 20, 9; schöne weiber haben manchen bethöret. 9, 9; mancher wil lieber betteln gehen, als andern dienen und unterthan sein. Schuppius 338;
reichthumb und gwalt hat manchen ebn
bracht umb ehr, gut, seel, leib und lebn.
H. Sachs fastn. sp. 1, 93, 359 Götze;
du manchem hast in puesen blasen,
das ime ausdrang der angstschwais.
2, 8, 262;
propsteien pfründen auch da bei
hat mancher under seiner hant
dem die geschrift ist unbekant.
Schade sat. u. pasqu. 1, 9, 64;
dasz er die heiligen an liegen thuͦt
und verfuͤrt maniges fromen muͦt!
29, 70;
was hat doch mancher mehr als armer leute schweisz?
was iszt und trinket er?
P. Gerhard 4, 41;
des weltlichts vollen glanz kann mancher nicht ertragen,
der seinen schimmer liebt, wenn er in wassern scheint.
Hagedorn 1, 83;
mancher, dessen keimende talente
nie zur reife kamen,
ruht vielleicht hier unter diesen kreuzen.
Hölty 51 Halm;
manchen hält man für fett,
er ist nur geschwollen.
Göthe 3, 253;
in den verbindungen gar mancher, mhd. vil maneger, wie mancher, so mancher, die den begriff heben:
vil maneger hât der ougen niht,
des herze doch vil wol gesiht.
Freidank 55, 5;
die eine (von den frauen) fluͦcht, die ander schilt
wenn sie die held anschawen;
gar mancher dann ir maul verschwilt
wenn sie die held verhawen.
Uhland volksl. 613;
du hast gar manchen fälschlich im verdacht.
Göthe 9, 197;
wie mancher stürzet seine seel
durch klugheit, wie Achitophel.
P. Gerhard 260, 29;
so mancher schwimmt im überflusz,
hat haus und hof und geld.
(J. M. Miller) mildheim. liederb. nr. 160, 2;
manche dünkt sich schön, ist es aber nicht;
ich hab es oft versucht, und manche schön genannt,
so häszlich sie auch war.
Gellert 1, 55;
manches ist nicht zu billigen, was er gethan hat; wozu noch manches durch boten aus der nachbarschaft geholt werden sollte. Göthe 18, 156;
anstatt zu forschen, ob des hörers geist
nicht schon für sich auf guten spuren wandle,
belehrt er dich von manchem, das du besser
und tiefer fühltest.
9, 197;
dünkt mir gleich, in frischer luft
hätt ich manches noch zu schaffen.
Uhland ged. 34;
es hat mir ja dein fleisz so manches vorgelesen,
das an vernunft und kunst weit über andre geht.
das neutr. manches kann sich aber auch auf unbestimmter hingestellte personen beziehen (vergl. denselben gebrauch von alles, th. 1, 212, nr. 5): wan mangeʒ spricht: ach, wie ain guot predig der herr heut tet. Megenberg 118, 24; die götter lassen manches in kummer, leiden, marter und gefenknusz kommen. b. d. liebe 217ᵃ.
b)
adjectivisch, unmittelbar vor einem substantive.
α)
in der gewöhnlichen flexion des starken adjectivs: und ist mancher freund, der wird balde feind. Sir. 6, 9; solchs that sie manchen tag. ap. gesch. 16, 18; manches bidermans weib und kinder. Schade sat. u. pasqu. 3, 208, 22; der niemand thut mir in meiner hauszhaltung allhier mehr schaden, als mancher soldat seinem bauren, bei dem er in quartier liegt. Schuppius 337; nicht jede absicht ist offenbar, und manches mannes absicht ist zu miszdeuten. Göthe 8, 260;
dasz weiszt iez maniger biederman,
der anders wenig lesen kan.
Schade sat. u. pasqu. 1, 29, 77;
und netze diese schwelle
mit manchem threnenbach.
Zinkgref bei Opitz (1624) 209;
des friedens angesicht,
das mancher mensch noch nie einmal
geschaut in diesem jammerthal.
P. Gerhard 10, 69;
da mancher mann   nicht wieder kann
zur sühn erweichet werden.
225, 31;
ein junger mensch, der sich vermählen wollte,
und dem man manchen vorschlag that.
Gellert 1, 118;
auf tod und leben wird gekämpft, und herrlich
wird mancher pasz durch blutige entscheidung.
Schiller Tell 4, 2;
auch manchen mann, auch manchen held,
im frieden gut und stark im feld,
gebar das Schwabenland.
graf Eberhard der greiner;
dasz manche magd ihrer frauen nicht ein gut wort gibt. Schuppius 337; arbeiten, bei denen .. die nätherinnen manche nadel zerbrachen. Göthe 18, 32;
haben uns die warheit verschwigen
und manche zauberei getriben.
Schade sat. u. pasqu. 1, 18, 182;
wir weren alle mancher not
uberhaben.
81, 54;
grosz seufzen manche stunde
ohn aufhörlich er trieb.
J. Gebhard bei Opitz (1624) 208;
ich bin ja auch mit mancher frau bekannt.
Gellert 1, 55;
so ward doch mancher mutter kind
von einem herrn oft klug geschlagen.
245;
und so sasz das trauliche paar, sich, unter dem thorweg,
über das wandernde volk mit mancher bemerkung ergötzend.
Göthe 40, 236;
und manche schlacht wird kühn und wild geschlagen.
Körner 2, 95;
manches korn wird in die erde gesät, aber nicht jedes geht auf;
wie manches mahls es sich begibt.
Melissus bei Opitz (1624) 169;
den ahnherrn der Narcissen,
der manches jungfernherzchen stahl.
Hölty 5 Halm;
dem gotte mit der binde
ward noch manches lied geweiht.
Uhland ged. 79;
doch sah ich manches auge flammen
und klopfen hört ich manches herz.
93;
vor zahlwörtern: er hat hier manches hundert thaler zugesetzt;
(wer da) kennt zuvor die see und ihren tiefen schlund,
wie sie so manches schiff versenket in den grund,
so manchen anker frist, so manchen mast verschlinget,
so mannig tausend mann um leib und leben bringet.
Rachel sat. (1677) 41.
in der mehrzahl der hierher gehörigen fälle hebt sich manch dadurch heraus, dasz es mehr als das folgende substantiv betont wird, wodurch es den sinn nicht sowol einer anzahl schlechthin, sondern einer beachtenswerten anzahl empfängt; seltener ist manch unbetont und dann auch ohne die verstärkte bedeutung: in mancher stadt ist nicht gut zehren, sunt urbes, in quibus caro vivitur. Stieler 1224;
sag nur, warum du in manchem falle
so ganz untröstlich bist?
Göthe 3, 278;
es ist aber jedem einzelnen satze abzufühlen, ob das wort mit oder ohne die angegebene betonung steht (vergl. auch unten γ).
β)
der unflectierte nom. (beziehentlich acc.), der im mhd. in allen drei geschlechtern waltet (vgl. auch mhd. wb. 2, 1, 58ᵇ);
manc tôre sprichet wîsiu wort.
Freidank 80, 18;
eʒ was leit den recken, eʒ weinte ouch manec meit.
Nib. 71, 1;
manc lop dem kriuze erschillet.
Walther 77, 22;
ist später hier gewöhnlich nur noch dem neutrum eigen (vergl. dazu unten 4, c, δ): durch manch mittel und subtile geschwindlistige behendigkeit. Schade sat. u. pasqu. 3, 75, 13; manch weib ist keusch und fromm. Stieler 1224;
manch laster und schand bliebe verhüt,
wenn man des weins nicht so vil einschüt.
Schade sat. u. pasqu. 1, 163, 304;
manch trostlosz wort sie saget,
manch seufzen sie da führt.
Zinkgref bei Opitz (1624) 173;
manch ries papier wird voll geschrieben.
Gellert 1, 42;
Kunz borgt manch capital.
43;
darüber klagt manch spottgedicht.
297;
manch nixchen wurde roth,
manch nixchen wurde lüstern.
Bürger 24ᵃ;
selten dem masculinum: in einem wasser daʒ manig wint treibt hin und her. Ortolf arzneipuch 12ᵇ;
manch mensch tregt darnach gros verlangen.
Schade sat. u. pasqu. 1, 54, 12;
manch ander mehr auf sein als deinen nutzen lugt.
Zinkgref bei Opitz (1624) 181;
manch hofschranz suchte zwar sofort
das kniffchen zu vereiteln.
26ᵃ;
traut, mädchen, leichten rittern nicht!
manch ritter ist ein bösewicht.
29ᵇ;
und dem femininum:
beseht die flache handt, inwendig der jhr finden
werd manch verborgne kunst nit jedem zu ergründen.
Zingref bei Opitz (1624) 217;
γ)
verstärkter begriff von manch tritt nicht nur in den verbindungen gar manch, so manch, wie manch hervor (vgl. dazu oben 4, a und b, α): gar manches leid hat er erfahren müssen;
es spricht iez vil menger man ...
Schade sat. u. pasqu. 1, 17, 161;
und haben so manche sect und rott.
1, 120, 348;
wie läszst du mich so manchen schmerz
und grosze angst erfahren!
P. Gerhard 214, 75;
(gott) der so überflüssig labt
und mit so manchem gut begabt
das menschliche gemüthe.
240, 41;
wie manches leid, wie manche not,
wie manches jammerheer
brächt uns in angst, thät uns den tod,
wo gott nicht bei uns wär.
248, 13;
so manches bein,
das ich mir verscharren müssen.
Gellert 1, 78;
nur in den frühsten jugendjahren
erschienst du mir so manches jahr.
Uhland ged. 43;
sondern haftet auch bisweilen am einfachen manch mehr oder weniger deutlich (vergl. dazu oben α am ende): manches jahr noch werde ich an dieser arbeit zubringen müssen (eine gröszere reihe von jahren); er hat manchen brief geschrieben ehe er zu seinem gelde kam;
zween wächter, die schon manche nacht
die liebe stadt getreu bewacht.
Gellert 1, 137;
manch jährlein hab ich gesungen und feuer geschürt,
manch jährlein gesungen und schwert und lanze gerührt.
Uhland ged. 350;
und als das Rolandslied wie ein sturm erscholl,
da wallete manch panier, manch herze schwoll,
da brannten ritter und mannen von hohem muth.
351.
c)
dem manch folgt ein weiteres adjectiv.
α)
in schwacher form, wenn manch flectiert ist, was mhd. in den obliquen casus vorkommt (gramm. 4, 555):
dô sach man sî dî brûdre intpfân
mit manchem scharfin pfîle.
Jeroschin 26176;
nhd. mancher tapfre held, manches schöne kind;
haucht auf ihre sonnenhüte
manches weisze blüthenblatt.
Hölty 132 Halm;
(als) manches matte schiefe lied
sich mit dem reinen schmerz vereinte.
Göthe 2, 153;
in genetiven und dativen:
(Venus) wirt mehren jr hofgesindt
mit manchem scharpfen pfeil geschwindt.
H. Sachs fastn. sp. 1, 14, 24;
wie manches schweren unglücks lauf
hat er zurück gekehrt!
P. Gerhard 119, 63;
du hast mein herz erhöhet
aus mancher tiefen not.
180, 10;
sie bringt ihm manch geschenk, und schmückt sein kleines haus
mit mancher bunten haut, mit bunten federn aus.
Gellert 1, 25;
(Thyrsis) klagt mit manchem bangen schalle
sein leid dem nahen wiederhalle.
321;
(wo) dein geselliger scherz flügel des augenblicks
mancher seligen stunde gab.
Hölty 73 Halm;
mit manchem jungen paare.
Göthe 3, 45;
doch die befreiten lande tragen
noch manches vorgen dranges spur.
Uhland ged. 83;
hierher werden auch die fälle zu ziehen sein, in denen die schwache form von der starken nicht mehr formell verschieden ist: wie manche arme hure sitzet wol itzo in der hölle bei dem reichen schlemmer. Schuppius 336; wann manche faule magd der haber sticht, und sie die guten tage, welche sie bei herrn und frauen hat, nicht länger ertragen kan, so hänget sie sich an einen tügenichts. 341; ich dachte damals nicht, dasz es mir so manche verdrieszliche stunde machen sollte. Göthe 18, 11; es finde sich ja so manche leere zeit. 127;
und mit entzücken blick ich auf
so manchen lieben tag.
1, 97;
in einer sprachlich kühnen anrede:
gehab dich wol, du manche süsze nacht,
die ich mit ihr in liebe durchgebracht.
Fleming 534.
β)
bisweilen auch in starker form, namentlich im nom. masc. und neutr.: mancher loser sack (eine magd ist gemeint) ist so muthwillig, dasz, wenn sie ihr mühtlein anders nicht kühlen kan, so kühlet sie es an den kindern. Schuppius 349;
vor freuden sprang auf mancher grober paurtrülle,
wol über benk und über tisch.
Uhland volksl. 647;
oft manches mattes herze
erquickt disz warme bad.
anonymus bei Opitz (1624) 176;
so fängt auch mancher weiser mann
ein gutes werk zwar frölich an.
P. Gerhard 217, 16;
wie mancher böser schwarzer geist.
248, 13;
wie manches junges frommes blut
wird jämmerlich verführet.
101, 49;
mein scheitel graut vor noth, viel hofnung ist beschnitten,
und mancher schöner tag ohn eine lust dahin.
und noch im späteren 18. jahrh.: wie mancher christlicher bauer würde seinem gutsherrn gern diese oder jene gefälligkeit erweisen; wie mancher freier mann würde mit vergnügen zu dieser oder jener gemeinen unternehmung einen beitrag thun. Möser patr. phant. 1, 167; wie viel falsche eide sind nicht darüber geschworen, und wie mancher ehrlicher kerl ist darüber nicht an eine schlechte frau gefesselt worden? 2, 121.
γ)
adjective in substantiver stellung folgen in schwacher form:
wer weisz, ob mancher grosze nicht
im herzen, wie der schulze spricht?
Gellert 1, 134;
da spricht sie manches schmerzliche, das meiste
verschlieszt sie bitter in des busens grunde.
Uhland ged. 147;
selten in starker: mancher reicher lacht, wann die armen weinen. Frisch 1, 638ᵇ.
δ)
nach unflectiertem manch (vgl. dazu oben b, β) steht das adjectiv in starker form; jenes hat statt im nom. aller drei geschlechter und im acc. des neutrums: ich habe manch böses wort vertragen, plurimas concoxi contumelias. Stieler 1224; wie manch liebliches gemählde würd uns nicht ein poetischer Watteau aus diesen ohne ordnung hingeworfnen bildern zusammen setzen? Wieland 10, 17;
mich hat auf meinen wegen
manch harter sturm erschreckt.
P. Gerhard 284, 18;
ein held, der sich durch manche schlacht,
durch manch verheertes land des lorbeers werth gemacht.
Gellert 1, 260;
es flatterte, voll schaums,
manch knotigte perücke
im wipfel eines baums.
Hölty 10 Halm;
(er) blies manch blaues wölkchen
zufrieden in die luft.
12;
als Gellert, der geliebte, schied,
manch gutes herz im stillen weinte ...
Göthe 2, 153;
auch das manch folgende adjectiv kann ohne flexion sein:
des (darum) manch arm mensch nackend gat.
N. Manuel 57, 660 Bächtold;
was in der neuern poetischen sprache dauert, freilich nur am neutrum:
manch blutig treffen wird um nichts gefochten.
Schiller Piccol. 2, 7;
so ist manch heilig recht zu retten.
Uhland ged. 83;
nur in nicht gefeilter rede wird manch auch in andern casus unflectiert gesetzt: manch armem manne, manch armer frau wäre mit diesem gelde geholfen (sorgfältiger manchem armen manne, mancher armen frau); es gibt manch tapfern kerl, der das unternähme.
5)
pluraler gebrauch von manch, nhd. im ganzen weniger häufig als der singulare; auch er hält den begriff der vereinzelung fest. die fügungen sind dieselben wie oben 4; substantivisch:
ein erröthen
zurückzunehmen, haben manche schon
der schande sich geopfert.
Schiller don Carlos 2, 15;
manche schweigen wol auch, weil die zeit das schweigen gebiete.
Körner 1, 114;
adjectivisch: manche leute sind wunderlich, nonnulli homines obstinati et morosi sunt. Stieler 1224; so würdest du dich überzeugen, dasz manche fähigkeiten des geistes auch dabei ihr freies spiel haben können. Göthe 18, 52; manche schuldner baten um aufschub, manche waren unhöflich, manche läugneten. 140; seine schriften, ... die manche zehn scudi werth wären. 34, 298;
schon seit manchen schönen jahren
seh ich meine schiffe fahren.
1, 101;
so sind wir scheinfrei denn nach manchen jahren
nur enger dran als wir am anfang waren.
3, 102;
und die thaten mancher jahre
gehn dir in dem nachbar auf.
121;
solch ein fest ist uns bescheeret,
mancher gaben schmuck verehret.
4, 90;
im nom. acc. hat ein darauf folgendes adj. starke form: manche wol unterrichtete leute. gramm. 4, 556; in andern casus aber kann die schwache eintreten: im besitz so mancher majestätischen kleider, rüstungen und waffen. Göthe 18, 87, obschon auch hier mancher majestätischer kleider nicht sprachwidrig wäre; vor substantivisch gebrauchten adjectiven:
nein, prinz, ich schliesze nicht, wie manche spröden schlieszen.
Wieland 17, 243 (Idris 4, 59);
vor Agamemnon lebten manche braven,
so wie nachher, von sinn und hoher kraft.
Göthe 46, 212.
6)
singularer und pluraler gebrauch neben einander:
und doch ist dies der alte schauplatz noch,
die wiege mancher jugendlichen kräfte,
die laufbahn manches wachsenden talents.
Schiller hist.-krit. ausg. 12, 6;
lebhaft wurden die gassen; denn wohl war bevölkert das städtchen,
mancher fabriken beflisz man sich da, und manches gewerbes.
Göthe 40, 236;
wobei manch auch im plural unflectiert:
manch bunte blumen sind an dem strand!
meine mutter hat manch gülden gewand.
1, 183.
7)
einem fragenden wie mancher? quotus quisque? Maaler 282ᶜ; und Jhesus sprach zuͦ en: wî manig brôt habit ir? und sî sprâchin: sibene. Behaims evang. buch, Matth. 15, 34;
er war nicht minder gelehrt in alter und neuer geschichte,
zumahl in der die nie geschah;
wie mancher Herkules war, wie viel an masz und gewichte
der becher gehalten, zu welchem die keusche Helena
das muster lieh, das alter der pyramiden,
... und tausend andre dergleichen
probleme ins reine zu bringen, muszt ihm Salmasius weichen.
Wieland 4, 60 (n. Amadis 3, 6),
antwortet so mancher:
dann nimm so manchen dreifusz, als du nöthig glaubst.
Göthe 41, 182;
welches auch correlativ steht: so manch heubt, so mancher seckel. 2 Mos. 38, 26; denn so manche stad, so manche götter hastu Juda, und so manche gassen zu Jerusalem sind, so manchen schandenaltar habt jr aufgericht. Jer. 11, 13;
so manche lini sich allda entwerfen thut,
so manche tugent helt in sich jhr keuscher muth.
Zinkgref bei Opitz (1624) 217;
in der form als mancher: als mancher kopf, als mancher sinn, als vil der leüten, so vil der meinungen, als mancher bauwr, als manche juppen, quot homines, tot sententiae. Maaler 282ᶜ.
8)
über die verbindung ein mancher, die noch jetzt im oberdeutschen häufig gehört wird, vgl. th. 3, 138; sie ist bei heutigen süddeutschen schriftstellern gelegentlich anzutreffen: und ein mancher blieb haften. Scheffel Ekkeh. 11; sonst nur in älteren quellen:
ein mancher weltmann baut, ...
ein mancher pflanzet bäum und machet schöne gärten.
ein mancher, wan er nur den ärmel gleichsam rüttelt,
so gibt es hurtig vers.
79;
ist nicht ein mancher nun in hoher ehrenstell,
der blos ein schlechter knecht, ein ringer spieszgesell
vor disem bei ihm war?
134;
ein mancher führt ein härz mit Venuspfeil durchschossen;
ein mancher kränz und zweig ausz Daphnes har entsprossen;
auf vilen wafen steht der Mars in grimmer wuth.
150;
ein mancher meint er hab ein schatz,
so ists ein garstig wüste katz.
Simpl. 1 (1713), 366;
er hielt ein manches glas bis oben angefüllet.
und wol auch bei Luther: denn es ist ein einiges wörtlin, das gott mechtig sei, aber es hat ein gros und manch geschrei. 3, 300ᵇ. heute ist gebräuchlich manch ein, manch einer, vgl. th. 3, 138, wobei manch in allen fällen unflectiert steht: manch eines ganzes vermögen gieng dabei verloren; er hat manch einem geholfen, aber auch manch einen verderben lassen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1881), Bd. VI (1885), Sp. 1524, Z. 80.

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„manch“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/manch>.

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