Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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gescheibt, part. adj.

gescheibt, part. adj.
gerundet, rund, mundartliche nebenform gescheubt, wie gescheubelt für gescheibelt, gescheubs für gescheibs (obliquus, geschewbt voc. von 1445): der trôn was gescheibet. Kurzmann speculum 205ᵃᵇ in Schönbachs mitth. aus altd. hdss. I (15. jahrh.); als die khugel lang, hoch und gescheibet ist. Schm.² 2, 358 (von 1591);
er hat ein hubschen stolzen leib,
die fusz sind preit und gescheipt.
fastn. sp. 515, 11;
von der jahresrunde: die lutrisch neu erzsect helt gar kain fasttag durch das gescheibte jar. J. Rasch fastenlob 1588; noch bair.-tirol.: gscheibte rüben, im gegensatz zu den langen Schm. a. a. o., der gscheibte oder scheibenthurm bei Bozen, wegen seiner runden form so genannt Schöpf 597, der geschäupte hügel bei Oberperfusz Zingerle sagen aus Tirol 248.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 9 (1892), Bd. IV,I,II (1897), Sp. 3846, Z. 27.

scheibe, f.

scheibe, f.
runde fläche, runder, flacher körper; die scheib, trochlea, discus Maaler 349ᵃ; daneben die schyben 368ᵇ; scheibe, f. discus, ronde boule Schottel 1395; mit verdunkeltem diphthong scheube; mhd. schîbe, fast durchgehends schwach flectierend (vergleiche noch den beleg aus Schiller unter 2, c, γ). mhd. wb. 2, 2, 95ᵇ. Lexer mhd. handwb. 2, 715; ahd. scîba Graff 6, 407; alts. scîƀa (speram, scivun glossen zu Prudentius in Haupts zeitschrift 15, 523, 322); mnd. schive Schiller-Lübben 4, 105ᵃ; ebenso neund. brem. wb. 4, 664. Dähnert 409ᵇ. Schambach 184ᵃ. Woeste 229ᵇ. ten Doornkaat Koolman 3, 119ᵇ; mnld. scive (Reinaert II, 1672); schijve Kilian; neunld. schijf, mittelengl. schyfe (Wright vocab.² 740, 4), neuengl. shive, isländ. skífa (nicht in älterer sprache, alt dagegen ist ein schwaches verb. skífa, skífađa, dissecare, das von dem deutschen schîben zu trennen ist, doch s. scheiben, verb. III); dän. skive, schwed. skifva. die etymologie des wortes ist dunkel, vermutungen s. bei Fick³ 2, 490. Kluge etym. wb.⁴ 297ᵇ. aus dem gebrauch der älteren sprache ergibt sich, dasz der begriff der rundung, des rollens, der drehung dem worte zu grunde zu liegen scheint, so dasz es neben der heutigen bedeutung auch im sinne von walze und kugel gebraucht wird, s. oben kugel II, 1, c, theil 5, sp. 2535 (ahd. scîba glossiert globus und pila, vgl. Graff 6, 407, mhd. hirnschîbe für die wölbung des gehirns und schädels mhd. wb. 2, 2, 96ᵇ); daher liegt es nahe scheibe als speciell deutsche ableitung zu dem alten starken verbum schîben, scheip, geschiben, rollen, kugeln aufzufassen. jünger ist die verwendung des wortes für ein flaches, rundes stück mit aufgabe des begriffs der bewegung.
1)
runder, flacher körper, der sich dreht oder rollt, ursprünglich nicht mit dieser einschränkung auf flaches, also auch von walze und kugel (s. oben und 1, b).
a)
in alter sprache im sinne von rad, entsprechend der ursprünglichen, ungegliederten gestalt (vgl. oben radscheibe): rota, scheyb, schybe, schyff, schyue Dief. 500ᶜ. mhd. wb. 2, 2, 95ᵇ. Lexer mhd. handwb. 2, 715;
dô hîʒ er starc gewerke
machen ûffe schîben
und zô der stat trîben.
Lamprecht Alex. 1207;
vier schîben liefen drunder (unter dem wunderbette),
von rubbîn lieht sinewel.
Parz. 566, 16;
ûf breiter schîben viere
wart eʒ gerihtet (das hölzerne pferd).
tr. krieg 47992;
swem in dem fiur und in den schîben
got sînen geist wil umbe trîben,
der lernet, des er niht enkan.
Lampr. v. Regensburg tochter Syon 2727
(mit beziehung auf die vier räder, welche Ezechiel sieht (cap. 1), von Lamprecht abwechselnd als schîben oder reder bezeichnet).
b)
eine der beliebtesten vorstellungen des mittelalters ist das rad des glückes (mhd. des glückes rat, schîbe, letzteres kaum als kugel gedacht, wie man angenommen hat), das in beständiger drehung begriffen das, was eben hoch auf ihm schwebte, zu boden wirft und überrollt (s. die bildliche darstellung in carm. bur. 1); dann aber wird des glückes rad in laufender fortbewegung gedacht, die zum heil oder unheil ausschlägt, oder der vom glück begünstigte erscheint als ein auf dem laufenden rade stehender (s. über diese vorstellungen Wackernagel kl. schr. 1, 241. Grimm myth.⁴ 722, nachtr. 263. mhd. wb. 2, 2, 96ᵃ. Lexer mhd. handwb. 2, 716. Schiller-Lübben 4, 105ᵃ); jüngere beispiele für die scheibe des glückes sind selten: das glück ruht mit der scheibe länger oft an niedriger strohgedeckten hütte und läuft stolzen pallästen vorbey. Fr. Müller 3, 282;
wenn in glückes scheiben
gieng eben auf demselben plan,
das scholt er alters allain han.
fastn. sp. 780, 1.
c)
die wirbelnde scheibe im spiel, scheibenschlagen, -treiben. unter dieser bezeichnung hat sich in Oberdeutschland für bestimmte zeiten des jahres ein uralter volksbrauch erhalten: angezündete, durchlochte holzscheiben werden zur nachtzeit mit stecken in die luft fortgeschnellt, wobei auf personen hindeutende oder sonst angemessene sprüche, verse ausgerufen werden (diese scheibe will ich treiben dem und dem, zum guten anfang und ausgang u. ähnl.), s. nähere beschreibung bei Lexer kärnt. wb. 215. Schm. 2, 356. myth.⁴ 522; so lig der ain acker uf Lytinberg, dâ man die schîben schlach. urbar von 1494 bei Lexer mhd. handwb. 2, 715; dieses schleudern einer brennenden holzscheibe (hier bezeichnet als discus in extrema marginis ora, ut solet, accensus) erwähnen die Lorscher annalen schon z. j. 1090 (Schultz höf. leb.² 1, 542, anm. 6); in verblaszter anwendung: nach dem gemeynen reymen: für die lange weyle treiben wir die scheybe. Lindener Katziporus 15;
die auch die scheiben heymlich treiben
mit practiken und briefflin schreiben.
B. Waldis streitged. 36, 375 neudruck.
von den geistern, welche die sterne bewegen: obs nur in den stern wie ein schifman in dem schif sitzen, kain leben denselben geben, sunder nur herumb wie ein scheiben oder kugel triben. Aventin. chron. 1, 187, 16. mit der scheibe spielen, trochum verbere torquere. Stieler 1783; scheiben werfen:
wurfens den stain oder die scheiben.
St. Christophorus 194 (zeitschr. f. deutsches alterthum 17, 91).
mit beziehung auf das antike discuswerfen: runde scheibe von stein oder ertz, die man geworffen hat, discus. Dasypodius.
2)
mit aufgabe des begriffes der bewegung von runden, flachen körpern (z. th. tritt auch die vorstellung des runden ganz zurück, s. c, α. β. γ); andererseits geht scheibe vereinzelt auch in die bedeutung von kreis über, sodasz nur der begriff des rundgeschlossenen umrisses festgehalten wird.
a)
von runden, flachen körpern: scheibe, eine flache ründe. Frisch 2, 168ᶜ; scheibe von holz, stein, elfenbein; in dem St. Georgs kirchlein zu Weiler an der Donau ist eine hölzerne scheibe gewesen: so etwan ain mentsch in der Tonow ertrunken und zu boden gefallen, das man den leib nit finden kinden, so hat man iez ernempte scheiben im Weiler gehollet und dieselbig an das ort, do der mentsch ertrunken, in die Tonow geworfen, so ist dann die scheiben, dem wasser nach geschwomen, bis an das ort, do der cörpel gelegen. alsdann ist sie nit fortgangen, sonder sich vilmals in aim würbel umbkert. Zimm. chron.² 2, 364, 21. von den in den kirchen zur erinnerung an verstorbene aufgehängten rundlichen holztafeln: es soll auch eynicher leychschylt oder scheyben hie inn dieser statt .. nit aufgehangen werden on sonnders wissen und gunst der kyrchenpfleger. Nürnb. polizeiordn. 113. sonne und mond erscheinen uns als scheiben: die sonnen-scheibe, als sie bey uns aussieht, discus solis. Frisch 2, 168ᶜ; würde der mond seine strahlende scheibe füllen, wenn er den mörder sähe, dessen pfad sie beleuchten soll? Schiller 6, 299; die scheibe der sonne, als wäre sie allein für dieses thal geschaffen, hing, zu ihrem untergange geneigt, gerade vor mir. Thümmel reise (1800) 7, 200;
diu mâninne welzet umbe,
die wir ê sâhen tunchel unde chrumbe,
unte wîchet von deme sunnen,
dannen ire des scînes was zerunnen,
alsam si die himele triben,
unze si wirt zeiner alben scîben.
ged. des 11. u. 12. jh. 342, 9 Diemer.
die vorstellung der bewegung ist hier noch lebendig (vergl. den beleg aus Aventinus, oben 1, c gegen ende). von münzen: sie (die schlange) ersah kaum die leuchtenden scheiben, als sie solche mit groszer begierde verschlang. Göthe 15, 212. in freier, dichterischer anwendung:
(die gefüllte rose spricht:) ich prang' im beet mit tausend gold'nen scheiben.
Platen 29ᵃ.
b)
besonders zur bezeichnung durch schneiden hergestellter dünner, runder stücke: nd. ene schiwe brood, schiwe fleesch, appelschiwe Dähnert 409ᵇ; röfen - schife ten Doornkaat Koolman 3, 119ᵇ; schiwen, prägnant von kartoffelscheiben Woeste 229ᵇ; wurst, semmel in scheiben schneiden; snît die (äpfel) breit an schîben, daʒ die kern ûʒ vallen. buch von guter speise 18, 51 (Stuttg. 1844); lista, porcio panis, scheib, scheibe vel schnite Dief. 333ᵇ;
he bat êne schîven van brôde.
van S. Marinen 169.
c)
übergehend in prägnante anwendung.
α)
in älterer sprache und mundartlich erscheint scheibe im sinne von tisch, speiseplatte, teller u. ä.: mensas que dicuntur schîben. Erfurter weisth. 2, 14 Kirchhoff; und legeʒ (das gericht) denne ûf ein schîben. buch von guter speise 28, 94 (Stuttg. 1844); scheib (die), runder tisch oder täller. Maaler 349ᵃ; nd. in der brudt huse schall ock (bei der verlobung) die brudegam mit mans, frowen und jungfrowen nicht baven 10 personen starck entfangen werden, also dat beide, brudegam und bruth, mit erer beiderseits freunden, wen en etent gegeven werden schole, an twe schiven konen gesettet werden ... baven berurte twe schiven (sollen) noch in kameren und anderen gemaken keine dische mehr angerichtet werden. quelle von 1570 bei Schiller-Lübben 4, 105ᵇ; nld. schijve, mensa rotunda Kilian; schive, ein rundes tischblatt, dann aber auch jeder tisch. brem. wb. 4, 664; (der wirt) fuert es umb sein scheiben vail. Tirol. weisth. 2, 211, 31. 217, 28 (hier wol im sinne von ladentisch, der vielleicht drehbar war, s. 4, d). schîwe im sinne von teller (der ursprünglich eine hölzerne scheibe ist, wie die norddeutschen schinkenteller) in Preuszen. Frischbier 2, 277ᵃ; ebenso im ungarischen berglande und Siebenbürgen Schröer 200ᵃ. scheibe bezeichnet auch den stein im brettspiel:
ghi biecht recht of ghi een scive
in die hant hilt achter mede aen te gaen.
Reinaert II, 1672 (vgl. die anm.);
schyve in den wortaiffel brede, bricke, cirtis. quelle bei Schiller-Lübben 4, 105ᵃ; hd. scheiblach, von den runden marken oder steinen im brettspiel. mhd. wb. 2, 2, 97ᵃ. Schm. 2, 357.
β)
der glaseinsatz des fensters (vergl. fensterscheibe theil 3, sp. 1525): scheibe in einem fenster, orbis vitreus fenestrae Steinbach 2, 395; ursprünglich von runder gestalt, ältere belege sind selten: dem glasser .. fur sein plei und arbeit vier pfunt alt von einem hundert scheiben. Tucher baumeisterb. 106, 14; fenestras cum rotundis (id est schyben) et picturis ad tria latera ambitus monasterii fieri iussit. Tritheim zu 1491 bei Lessing 9, 237; es fliegen steine und feuerbrände. die scheiben fallen. Schiller räuber 5, 1 schauspiel; ich stand am fenster und beschäftigte mich, die scheiben in der prokuratie zu zählen. 4, 284 (die scheiben zählen, ausdruck verdrieszlicher langeweile);
verfluchtes dumpfes mauerloch!
wo selbst das liebe himmelslicht
trüb' durch gemahlte scheiben bricht.
Göthe 12, 31;
gekauert sitzen in verjährtem wust,
wo kaum das licht durch blinde scheiben dringt.
eine scheibe einsetzen; bildlich: eine scheibe einsetzen bei jemandem, ihm etwas zu gefallen thun. Schm. 2, 356 (vgl. Wander 4, 117); sprichwörtlich: es ist eine zerbrochene scheibe in der stube, warnung für solche, die in gegenwart von kindern geheimnisse oder unanständigkeiten zu sagen im begriffe sind. Schmid 624.
γ)
die ursprünglich nur runde, flache vorrichtung, nach welcher geschossen wird, schieszscheibe; die vorstellung der rundung wird aufgegeben: viereckige scheibe, figurscheibe; nach der scheibe schieszen Stieler 1783; nd. nâ der schîwe schaiten Woeste 229ᵇ;
zu Straszburg schosz er dann
sehr vortrefflich nach der scheiben.
d. knaben wunderhorn 1, 245 Boxberger;
drum zur festlust eine scheibe
liesz aufrichten der infant
also hoch auf einer stange,
dasz sie bis zum himmel ragt;
doch wie viel die mohren schossen,
keiner brachte sie zu fall.
Geibel 8, 135;
freier:
(Zeus) schieszt, ich hör's ja am geheul,
mit wettern nach der scheiben.
Schiller 1, 255.
besondere wendungen: die scheibe, die ganze scheibe verfehlen, sich irren, einen miszgriff thun. Schm. 2, 356; ja, scheibe! ruft man, wenn etwas fehlgegangen ist, zunächst wenn die kugel des schützen nur in der scheibe sitzt, ohne ringe oder spiegel zu treffen. Wander 4, 117.
d)
scheibe im sinne von kreis: dimin. das scheibel, zirkel. quelle von 1333 bei Schm. 2, 356; zur bezeichnung eines von menschen gebildeten ringes:
alli meini liabn ritter, reits zsamm in d' scheiben.
Hartmann volksschauspiele (Leipzig 1880) 17 (aus der umgebung von Ofen).
der ring um den mond heiszt im bair. die kotscheiben (s. Schm. 1, 1311). diese bedeutung von scheibe tritt besonders in einer reihe adverbialer bildungen hervor, welche in älterer sprache begegnen; scheibs, kreisförmig: es wer dann sach das es scheibs gestochen wer. Braunschweig chir. 65ᵈ; scheibs um: in den ersten siben tagen gehn sy alltag in einer procession scheibs umb den almenor. Franck weltb. 150ᵃ; und ein weib wirt scheibs umbgehen ein mann. 152ᵇ; scheib um: (die stadt) hat scheib umb sich siben meil, drei gemauret zirckel und umbkreisz. Franck weltb. 197ᵃ; scheibherum: nach dem brach aus, kam der gewaltig haufen der Franken, umbgaben ganz gerings, scheibherumb die Römer. Aventin. 1, 1089, 8; weitere zum theil mundartlich erhaltene bildungen s. bei Schm. 2, 358. Schmid 455.
3)
scheibe in mannigfaltigster anwendung in der sprache der gewerbe und des verkehrs.
a)
die scheibe mit befestigter axe, von einem seile umgetrieben, das in dem gehöhlten rand der scheibe umläuft, in verschiedenster verwendung: scheibe daran man das seyl zeucht, trochlea Dasypodius. Jacobsson 7, 195ᵃ; auf den schiffen dient die scheibe, welche auf einem blocke befestigt ist, und in deren randrille das tau läuft, zum heben und ziehen (blockscheibe): radscheibe auf den schiffen, in dem sogenannten block eingefaszt. eine werbel so von den seilen umgetrieben wird. Frisch 2, 169ᵃ; schive, blokschive, eine blockrolle, trochlea brem. wb. 4, 664. Bobrik naut. wb. 116ᵃ; daher sprichwörtlich: t' geid afer föle schifen, es geht durch viele hände. ten Doornkaat Koolman 3, 119ᵇ; scheibe im sinne von jungfer 8, g (theil 4, 2, sp. 2383) bei Jacobsson 3, 567ᵇ. in den schachten: scheiben, die runden hölzer über dem schacht der bergwercke, worauf das seil laufft. Frisch 2, 169ᵃ. Jacobsson 3, 567ᵃ.
b)
die uralte vorrichtung der töpfer, auf welcher sie die geschirre bilden und abdrehen (scheibe, töpferscheibe, drehscheibe): scheibe der töpfer, rota figularis Steinbach 2, 395. Jacobsson 3, 567ᵇ; der havenære leit die erde ûf die schîben .. der havenære kêrt die schîben umbe mit den vüeʒen. Leyser pred. 15, 35; und ich gieng hin ab in des töpffers haus, und sihe, er erbeitet eben auff der scheiben. Jerem. 18, 3; also ein töpffer, der mus bey seiner erbeit sein, und die scheiben mit seinen füszen umbtreiben. Sir. 38, 32;
einem hafner, dem sollich kunst kont werden,
der hefen konde machen ausz roher erden,
und auf der schewben sie konde bereiten,
das er sie weder prennen bedorft noch eiten.
priamel (Germ. 2, 372).
c)
runder, flacher oder walzenförmiger körper, auf dem der draht gerollt und fein gezogen wird: dratzieherscheibe, cylindrus brevis opificum, qui aenea fila extendunt. Frisch 2, 168ᶜ. Scheuchenstuel 206; vgl. leier 4, e, theil 6, sp. 684.
d)
knäuel von faden, garn: schîbe garns, s. oben theil 5, sp. 2539 (kugel 5, d); scheibe eines aufgeschossenen taus, schneckenförmig gelegtes tau. Bobrik 585ᵇ.
e)
scheibe, eine vorrichtung der steinschneider zum schleifen der edelsteine. Jacobsson 3, 621ᵃ.
f)
runde lederstücke, welche den kolben eines saugwerkes umschlieszen, heiszen scheiben. Jacobsson 3, 568ᵃ.
g)
zwei scheiben durch stöcke verbunden bilden den kumpf oder das getriebe in einer mühle. Jacobsson 3, 567ᵃ (s. kumpf theil 5, sp. 2614).
h)
scheibe zur bezeichnung eines durchlöcherten schiebers am ausflusz des löcherbaumes, wodurch das wasser von den gestampften lumpen abläuft. Jacobsson 3, 567ᵇ.
i)
scheibe der tuchbereiter, ein werkzeug, womit nach dem pressen das haar der tücher niedergedrückt wird. Jacobsson 3, 567ᵇ.
k)
scheibe, convexes mittelstück geblasenen fensterglases. Jacobsson 3, 340ᵇ.
l)
scheibe heiszt in den kupferhütten die erstarrende oberfläche des schmelzenden kupfers, die abgehoben wird (scheiben reiszen). Jacobsson 3, 567ᵃ.
m)
scheibe, das dünne, glatte, runde stück an der spule eines spinnrades, welches bewirkt, dasz sich das gesponnene garn auf der spule in streifen neben einander legt. Jacobsson 3, 568ᵃ.
n)
scheibe salz, eine masse salz, welche in eine flache cylindrische holzeinfassung eingestoszen und so verschickt wird, dann auch von dieser einfassung gebraucht (daher scheibenmacher). Schm. 2, 357; ein schyben saltz, strues salinarum Maaler 368ᶜ; salzscheiben hängt man auf, damit das vieh daran lecken soll (s. oben salzscheibe sp. 1721).
o)
scheibe, tafel aus zellen bestehend im gewirk der bienen; daher scheibenhonig, der honig, der noch in diesen tafeln befindlich ist.
p)
das wachs wird in scheibenform gepreszt:
aber ich selbst nahm jetzo die mächtige scheibe des wachses.
Voss Odyss. 12, 173.
q)
als pflanzentheil die flache unterlage, auf welche die blütenblätter aufgesetzt sind: scheibe oder bett (discus, torus) Oken 2, 53.
r)
die patella, welche schenkelbein und schienbein verbindet, heiszt scheibe, gewöhnlich kniescheibe, s. theil 5, sp. 1432. im knochenbau des pferdes: von dem bein, so die roll genennet wirt, und eines theils hinden an den knien der hinderschenkeln hinausz und in die höhe raget — die roll oder scheyb. Uffenbach neues roszb. (1603) 1, 207. scheibe vereinzelt auch pfanne des hüftbeins. Hyrtl 134 (aus der übersetzung des Vesal, Basel 1543).
s)
weidmännisch der flache, das weidloch umgebende, theil am hirsch. Nemnich; nach Behlen 468 am reh; s. auch scheibchen, scheibel.
t)
scheibe, bey dem bergwerk, der cirkel vom compasz, auf welchem die stunden abgezeichnet. Frisch 2, 168ᶜ. Jacobsson 3, 567ᵃ. Bobrik naut. wb. 417ᵇ; auch vom zifferblatt in der uhr. Dähnert 309ᵇ.
u)
als bezeichnung eines fisches, chaetodon orbis, scheibe. Nemnich.
4)
besonderes.
a)
scheibe am handgriffe des speeres:
durch Lifrenîsen er stach
sîn sper unz an sîn schîben.
H. v. Freiberg Tristan 6229.
b)
andersfarbige kleine scheiben werden auf den waffenrock genäht:
gel sam ein ringelbluome
fuort er ein wâpenkleit gebriten,
dâ wâren schîben ûf gesniten
ûʒ purper grüener denne ein gras.
in iegelicher schîben was
ein silberwîʒer sterne.
Konr. v. Würzburg troj. krieg 32443.
s. scheiblein.
c)
scheibe als marterinstrument wie rad (s. oben 1, a. b):
si sprâchen, herre, lâʒ ein rat
und eine schîben machen
von künstebæren sachen
und heiʒ in dar în binden.
Pantaleon 1537 (zeitschr. f. d. alterth. 6, 237);
wan swie diu schîbe sinewel
beginnet walzen hin ze tal,
sô wirt zerteilet über al
sîn lîp in kleiniu stückelîn.
1552;
bring uns unsern herrgott, oder du muͦst gen Costenz uf di schiben. N. Manuel 227 Bächtold. vgl. Schmid 455.
d)
in klöstern ist eine umtreibende scheibe im sprechzimmer, auf der gegenstände des bedarfs in die clausur befördert werden: diese (männer) sein in der jugendt kindtsweis in der umbtreibenden scheuben ins closter gezogen worden. Zimm. chron.² 2, 641, 30; quemen vor de schyve. quelle bei Schiller-Lübben 4, 105ᵃ.
e)
landschaftlich erscheint scheibe in verschiedenen anwendungen mit der gemeinsamen bedeutung von bündel, knäuel, haufe, wobei meist der begriff von rolle zu grunde liegt: die scheiben heu, haufe, der zum aufladen zusammengeschlagen ist. Schm. 2, 357 (ist hier scheibe gleich schäube, schaube zu nehmen und zu schaub zu stellen, s. schaub sp. 2294?); in Östreich eine scheibe haar, 3 pfund ungehächelten, zusammengerollten flachses. Höfer 3, 74; eine schîbe stockvisch. Miltenberger stadtbuch bei Lexer mhd. handwb. 2, 716; nach Jacobsson 3, 568ᵃ werden die haufen des geweichten und aufgeschütteten malzgetreides von den brauern scheiben genannt.
f)
scheibe schlesisch als bezeichnung eines besonderen ackerstückes, meist in der nähe des herrenhofes. Weinhold 81ᵃ.
g)
scheiben nennen die maurer nach Jacobsson 3, 567ᵃ die gerundeten untermauern, auf denen die schmalseiten eines muldengewölbes ruhen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 13 (1893), Bd. VIII (1893), Sp. 2385, Z. 31.

scheiben, verb.

scheiben, verb.
I.
stark flectierend, sich wälzen, fortrollen, dann transitiv, rollend bewegen, treiben, schleudern, drehen, wenden; mit starker flexion im mhd.: schîbe, scheip, schiben, geschiben, die flexion ist mundartlich erhalten: scheiben, kugelförmig fortbewegen, über die axe drehen, ich habe geschiben Höfer 3, 75; ich bin geschiben Schm. 2, 355. schon früh begegnet übertritt in die schwache flexion: ahd. beskîbet sint, dispositi sunt Graff 6, 407 (geschiben sind in gleichem sinne, s. unten 2, b, β);
sît daʒ ich wart geschîbet
in schuld von kleinem guote.
Reinfrid v. Braunschweig 12754;
dô vaht ich ein zerbrochen sip,
daʒ hefte ich zuo mit einer nat
und scheipte eʒ von mir ûf ein wis.
(vgl. weiter unten II). das wort ist der neueren schriftsprache fremd (Campe bezeichnet es als landschaftlich), in Oberdeutschland aber lebendig geblieben, vor allem zur bezeichnung des kegelspieles. im md. fielen die präsentischen formen von schîben mit denen von schieben zusammen, sodasz bei der bedeutungsähnlichkeit zwischen beiden verben der untergang von schîben in diesem sprachgebiet sich leicht erklärt. Gebrauch.
1)
intransitiv, sich wälzend, rollend, fortbewegen, dann freier.
a)
im eigentlichen sinne von gerundeten, kugel- oder scheibenförmigen körpern:
Gâwein nam die barten an sich
und stalte in mitten in den sal
und sluoc in, daʒ sam ein bal
daʒ houbet in dem sale scheip.
H. v. d. Türlin krone 13128;
von gerichteten, die in räder geflochten sind:
etlich vlacht man in ein rat
und lie si schîben hin ze tal
ab hôhen bergen in diu tal.
quelle bei Schmeller 2, 355.
von der kugel des glückes (s. scheibe 1, b) in verblasztem bilde:
die hêre gluckes schîbe
Marîen durch ir ôren scheip.
erlösung 2677.
b)
freier von anderer art der bewegung:
daʒ dirre waltswende
hinder dem satel dâ bleib
und nider zuo der erde scheip.
H. v. d. Türlin krone 18500,
dar an sich denn die lêrer
wol bekennen werden,
wie es darnach ûf erden
schîben oder gân sol.
schausp. des mittelalters 1, 313.
2)
transitiv, rollend, drehend fortbewegen.
a)
gerundete körper, scheiben, kugeln fortbewegen, rollen, schleudern.
α)
vom kegelspiel (s. kegel 3, a, theil 5, sp. 384). schîben erscheint in dieser anwendung gewöhnlich ohne object: rotare, scheiben, kugeln Dief. 500ᶜ; volutum, volvo, vi, walgen, schieben, scheiben Aventin. werke 1, 426, 29 Lexer; man schol auch alle dise gesetzte übere spil versten umbe aller hande spil, mit poʒen, mit scheiben, mit würfeln oder wie man spilt. Nürnb. polizeiordn. 63; schîbegelt, einsatz beim kegeln Lexer mhd. handwörterbuch 2, 717;
die man siht spiln, scheiben, bôʒen.
Hugo v. Trimberg renner 6641
(vgl. die lebendige schilderung des spiels v. 11364—88); scheiben, kegel, kugel scheiben, in die kegel scheiben; sprichwörtlich: wer kegel scheiben will, musz aufsetzen auch. Schm. 2, 355; kegel scheiben Höfer 3, 75; hat sich ang'stellt, scheibt ein loch, gar war's! Raimund 1, 285 Glossy-Sauer.
β)
in allgemeinerer anwendung: man sall ein radt dar schyvenn. quelle bei Schiller-Lübben 4, 106ᵃ; von einem drachen:
sîn wedel er ze samene scheip.
H. v. d. Türlin krone 13453;
scheib du mir disen (trunk) mit beiden henden unnd allen zänen zu: huy scheib, schalt, wie eins kerchelziehers fraw, die den arsz verrenckt. Fischart Garg. 97ᵇ.
γ)
die vorstellung von der vom glück gerollten kugel scheint in mancherlei wendungen noch durch; zum theil zeigt daneben die vorstellung des spiels ihre einwirkung:
das glücksrad wirds wol scheiben,
dasz es wird alles gut.
quelle bei Schmeller 2, 355;
weniger deutlich in folgenden stellen:
ich wil im guot und êre
zuo schîben, al die wîle ich lebe.
Konr. v. Würzburg troj. krieg 3283;
das sy kuusch by im belib,
und das ims got zum besten schib.
quelle bei Schmeller 2, 356;
ich han grosz wunn und fröd gesehen
von mannen und von wiben,
und ist in kurtzer zit beschehen:
der tot tets anders schiben.
H. v. Montfort 144, 60 Wackernell;
chomm, aller glück gelücke,
und mir gelück zu scheib'.
Cl. Hätzlerin 1, 94, 35;
(ich will) luͦgen, wie ich's schibe.
N. Manuel 403, 379 Bächtold.
b)
in freierer anwendung verschwindet allmählich die vorstellung der rollenden fortbewegung.
α)
wenden, drehen (s. oben scheibeln 2): man sol dem kind (im mutterleib) die füsz zu dem haupt scheiben .. so das kind geschiben sei oder nit. quelle bei Schm. 2, 355; den mantel nach dem winde scheiben. ebenda;
als er die juden us dem tempel traib
und inan benk und scragen umb schaib.
teufels netz 9794;
einen wagen scheiben, ihn umwenden. Schmid 455.
β)
in verblaszter anwendung: scheiben, kommlich und sittlich an ein ort verrucken, permovere. Maaler 349ᵃ. übertragen:
mînes herzen künegin,
sorge von mir schîbe.
minnes. 2, 370ᵇ Hagen;
die aftersprâche ûf in triben
und sîn êre hin schiben.
pass. 458, 66 Köpke;
davon so gunn mir eren
an sel und och an lib,
und lasz dirs nieman weren:
all din hoffnung zuo got schib!
H. v. Montfort 42, 31 Wackernell;
nit trag dein trauren lange,
scheib dir ain leichten muot.
Cl. Hätzlerin 1, 118, 2.
ordnen, bestimmen zu etwas: und sunderlich sind etlich dar zuo geschiben und geordent die sölich sachen für sich nemen und dar ûf râtschlagen. eidgen. abschiede herausg. v. Segesser 150 (s. oben unter formalem).
3)
reflexiv, im eigentlichen sinne sich rollend fortbewegen, sich wälzen, dann freier: das schwein das sich im kot umscheibt. quelle bei Schm. 2, 355; sich zuͦ einem schyben unnd mit jm gemeinschafft haben, ad aliquem se conferre. Maaler 368ᶜ;
sît eʒ sich hât alsô geschiben,
sô wil ich unerkant belîben.
Alexius 142, 183 Maszmann;
als gunder sich dannen schiben
unt kom gen Laodiciam.
176;
er sach sô vil der wunder,
wie sich die himel hânt geschiben,
wie sie gânt obe und under,
plânêten sterre sunne und mân.
meisterl. d. Kolmar. handschr. 123, 21;
dein dink daʒ ist gestalt also,
daʒ du jo reuwich muost beleiben,
welhen weg du dich wilt scheiben.
ring 17ᵈ, 32;
ich hab gedacht,
der slangen haubt, davon Johannes schreibet,
wie in der werlt kain pöser frucht
sich auff der erden scheibet.
O. v. Wolkenstein 110, 1, 10;
gesell, dich schier herwider zu mir scheib!
Cl. Hätzlerin 1, 1, 84;
liebe diern, schmuck dich nan
und scheib dich nach dem besten.
narrenb. s. 172 Bobertag;
wilt du (Hagar) weiter bey mir bleiben,
so thu dich basz in handel scheiben.
Haberer Abrah. (1592) B 7ᵃ.
II.
scheiben, in scheibenähnliche form bringen, runden (schwach flectierend): da sahe si das Servio Tulio dem kind also genannt, das im hof lag und schlief ein groszer flamm sich um das haupt erschin und scheibte. H. v. Mügeln Valerius Maximus 9ᵇ; so bald sichs (das salz) aber scheibet, und wirfft kleine weisze scheiblein auff. Mathesius Sar. 127ᵃ; als die khugel hoch, lang und gescheibet ist. quelle von 1591 bei Schm. 2, 358; gescheibte rüben, rundliche. ebenda.
III.
bair. scheiben, spalten, vergleicht Schmeller a. a. o. mit altnord. skífa, skífađa.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 13 (1893), Bd. VIII (1893), Sp. 2391, Z. 29.

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Zitationshilfe
„scheiben“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/scheiben>.

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