Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

selbstwillig, adj.

selbstwillig, adj.
1)
aus eignem willen, freiwillig. Campe, spontaneo, volontario Kramer dict. 2, 764ᵇ, dafür im ältern nhd. selbswillig, guͦtwillig, spontalis, voluntarius Maaler 369ᵈ. Dentzler 2, 262ᵇ; er (Christus) hat auch selbs willig ... der sünder geissel und selbschuldiger bürge und pfand seyn wöllen. Luther tischreden 78ᵃ; etlich (Scyther) .. haben kein gsatz, sunder thuͦnd selbs willig was recht und billich ist, ausz leytung der natur. S. Franck weltb. 92ᵇ. — als adverb auch erweitert selbswilligklich, on zwungen unnd trungen, sponte, sua sponte, voluntate, ut fert natura, suapte natura. Maaler 369ᵈ; selbswilliglich, sponte Dentzler 2, 262ᵇ. — daneben selbwillig, vgl. got. silbawiljis (silbawiljos wesun, αἰθαίρετοι. 2 Cor. 8, 3), vgl. J. Grimm kl. schriften 5, 67 und ferner Weigand 2, 693; ahd. selbuuillich ubeli, voluntaria malitia. Notker ps. 36, 9, vgl. Graff 1, 829; mnd. sulfwillich Schiller-Lübben 4, 467ᵃ; nhd.: weydet die herd Christi, ... nicht genöttiget, sondern selbwillig. Luther 12, 386, 19 Weim. ausgabe; weil gott ein freywillig ungenödt hertz will haben, und die christen darumm die freyen und selb willigen heissen, dz jr ding ausz keinem nottzwang einichs gesatzes herfleüszt, sunder von einem freyen antrib des geysts. S. Franck chron. (1531) 454ᵃ; (das volk der Inder) suͤcht nit den wollust und überfluss der speisz .., sunder alleyn die dz erdtrich mit eisen unverletzt selbwillig gibt. weltb. 194ᵇ;
wer im selbwillig (dafür selber ein 5, 191ᵃ) schaden thut,
ist ein ertzböszwicht und nit gut.
H. Sachs 19, 333, 25 Keller-Götze.
2)
zuweilen in etwas stärkerem sinne, aus eigner initiative, seinen willen selbst durchführend, eigenmächtig u. ä., so von handlungen: darumb verbeut Christus nicht sonderliche, eigene, selbswillige, sondern offentliche, gemeine, und amptsrache. Luther tischred. 413 (l. 393)ᵃ. adverbial: zuletzt finden die schaaren der auswanderer ... eine neue heimat, welche sie durch vertrag erwerben oder selbstwillig in festen besitz nehmen. Freytag bilder 1, 112; der general, den sich die empörten regimenter aus ihren reihen selbstwillig erwählt hatten. ahnen 5, 8. — als eigenschaft eines menschen, der immer seinen willen durchsetzt, nach seinem eigenen kopfe handelt, eigenmächtig, eigensinnig: du en scalt nicht wesen eyn kregherer unde sulfwillich. quelle bei Schiller - Lübben 4, 467ᵃ; selbstwillig bei jeder gelegenheit, überwand der Germane die selbstsucht in dieser form (der hingabe an einen andern als dienstmann u. ähnl.). Freytag bilder 1, 79;
so oft auch that sich grimmig selbst gescholten,
bleibt doch das volk selbstwillig wie zuvor.
Göthe 41, 161 (Faust II, 2);
selbstwillig wie Ka'us sah ich doch
von groszen und kleinen keinen noch.
wahnsinnigen gleich ist er ohne sinn.
Rückert Firdosi 1, 406.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1900), Bd. X,I (1905), Sp. 504, Z. 57.

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Zitationshilfe
„selbstwillig“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/selbstwillig>.

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