Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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selig, adj.

selig, adj.,
felix, beatus.
I.
formales. ahd. sâlig, sâlic (sâlich in quellen, die auch sonst für auslautendes g die schreibung ch bieten, so Notker ps. 94, 12. genes. und exod. 15, 29 Diemer). Graff 6, 179, mhd. sælec, sælic, vereinzelt seilg (14. jahrh.), md. sâlic, sêlec, sêlic. Lexer mhd. handwörterb. 2, 581: as. sâlig, mnd. salich, selich, flectirt salig-, selig- Schiller-Lübben 4, 15ᵇ. 183ᵃ, nnd. sal(i)g Schütze 4, 10 (im sinne von II, 2, b, β. γγ), sälig, selig ebenda (im sinne von II, 2, e). brem. wörterb. 4, 759. Dähnert 420ᵃ. Danneil 179ᵃ (in allgemeiner anwendung); anderfränk. sâlig ps. 1, 1. 64, 5, sêlig 2. 13, mndl. sâlich, sâlech, nndl. zalig: altfries. selich, silich, neufries. sillig, nordfries. salig Richthofen 1005ᵃ; ags. sæ̂lig Bosworth-Toller 811ᵃ, häufiger gesæ̂lig 434ᵃ, mittelenglisch sely, neuenglisch silly, mit eigenthümlicher bedeutungsentwicklung Sceat² 554ᵃ (doch wird das letztere auch als fortsetzung von ags. seldlîc, sellîc, syllîc, seltsam, wunderbar aufgefaszt. Franck et. woordenb. 1202ᵃ); altnord. sâligr, vereinzelt und nur in besondrer bedeutung bezeugt: arm, meist in gutem sinne, aber auch in schlechtem (: engl. wretched), nur in religiöser oder kirchlicher schreibart. Cleasby-Vigfusson 517ᵃ. schwed. dän. salig, in allgemeinerer anwendung. vielleicht ist das wort in die nord. sprachen erst aus dem westgerm. eingedrungen. es steht in naher etymologischer beziehung zu got. sêls, adj., gütig, tauglich, anord. sæll, schwed. säll, glücklich, selig, (anord. auch: arm); got. selei, f. güte, milde, rechtschaffenheit, ags. sæ̂l, f., daneben m. glück, lage gelegenheit; sowie dem oben erwähnten selde, glück, heil, dessen entsprechungen in den älteren dialecten dort aufgeführt sind. auszerhalb des german. vergleicht man dieser sippe, der das adj. sêls zu grunde zu liegen scheint, griech. οὗλος, ὅλος, lat. salvus, sollus, solidus, consolari, solistimus, kirchenslav. sulěj, besser. Fick⁴ 1, 564. — mundartlich bleibt das alte â bis heute bewahrt. Schöpf 578. Schm.² 2, 252. der umgelautete stammvocal wird im früheren nhd. wohl ä geschrieben. Maaler 340ᵈ. voc. von 1618 bei Schm. a. a. o. länger hält sich die schreibung seelig. Dasypodius. Hulsius 294ᵃ. Henisch 1655, 3. Steinbach 2, 576. Frisch 2, 254ᵃ (neben selig), zu der die falsche etymologische anlehnung an seele mitwirkt, wie sie bei Steinbach a. a. o. deutlich hervortritt. auch Kramer deutsch-ital. dict. 2 (1702), 764ᵇ leitet das wort von seele her, bezeichnet aber trotzdem die schreibung mit einfachem e als die bessere. diese begegnet schon in vornhd. zeit auf md. sprachgebiet (s. oben) und befestigt sich durch Luthers bibelübersetzung. von lexikographen des 17. jh. bieten sie Corvinus fons latinit. (1660), 88ᵇ und Stieler 1992. im 18. jh. tritt sie in den vordergrund und gilt heute allein. auffällig ist die mundartliche verkürzung des stammvocals. Hunziker 239. die aus dem 14. jh. bezeugte umbildung zu seilg setzt sich noch in nhd. zeit vereinzelt fort: und durch die tauffe deyns lieben kindes, unsers herren Jhesu Christi, (hast du, gott) den Jordan und alle wasser zur seyligen sindflutt, und reychlicher abwaschung der sunden geheiliget und eingesetzet. Luther 12, 43, 92 Weimar. ausg. (2 [Jena 1569], 250ᵇ: seligen). auslassung des g erwähnt Aventin: g. diser puechstaben von seiner herte und schwere wegen wird im gemain brauch auszgelassen: Segibold Seibold, Segifrid Seifrid, sälig säli, heilig heili, Sigmund Simund. 1, 25, 10 Lexer. sie ist bei diesem worte auch aus heutigen mundarten bezeugt. Schm.² 2, 252. Castelli 255.
II.
bedeutung und gebrauch. das wort wird verwendet in activer und in passiver bedeutung, die beide seit alter zeit bezeugt sind. die kirche stellt es früh in ihren dienst, und die kirchliche anwendung drängt die weltliche zurück. in neuerer zeit wird es von ihr aus dann wieder in verstärktem sinn auf anderes bezogen, meist in passiver bedeutung, die überhaupt die reichste entfaltung zeigt.
1)
in activem sinne.
a)
mit unpersönlichen ausdrücken verbunden, schutz und gedeihen bietend, heilsam, förderlich, günstig.
α)
in bezug auf äuszeres gedeihen, äuszere förderung:
eʒ was ein sæliger wint
der in tousent jâren sint
kein schif her getriben hât.
Heinrich v. Neustadt Apollon. 13981;
der wint was sælic unde guot,
sie kômen dar wol pehuot.
17503;
ich ess' (auf meinem väterlichen gut) ein selig brot, mit schweisz zwar eingeteiget,
doch dasz durch beckers-kunst und hefen hoch nicht steiget,
das zwar gesichte nicht, den magen aber füllt.
Logau 1, 51, 4;
nicht allein, das gott einen seligen regen und gut gewitter gebe, das die früchte wol geraten, sondern viel mehr, das sie nicht vergifftet werden, und wir mit dem viehe, dran essen und trinken die pestilentz. Luther 1, 173ᵇ; einen seligen und gesunden ort auswölen, loci salubritatem eligere. Vegetius von 1529 bei Schm.² 2, 252.
β)
in bezug auf das innere, seelische wohl: gedencken an das wort Jhesu, das er gesagt hat, geben ist seliger denn nemen. apostelgesch. 20, 35; ein seliges wort, verbum salvificum, salutiferum. Stieler 1992;
liebe ist ein alsô sælec dinc,
ein alsô sæleclîch gerinc,
daʒ nieman âne ir lêre
noch tugende hât noch êre.
zu Babel wurden schöne töchter auff freyem marckte feil gestellt;
die ungestalten aber namen zur mitgifft so gelöstes geld.
wann dieses heute noch bey tage solt ebenmässig auch geschehn,
so wer es gut für solche freyer die nur auff schnode müntze sehn.
ich aber, wann ich diesem brauche nach willen solte pflichten bey,
so meint ich, dasz allhier das geben viel seliger als nehmen sey.
Logau 3, 117, 92 (vgl. oben apostelgesch. 20, 35).
γ)
in bezug auf das ewige heil der seele:
sum man than mid-firi   mên farlâtit,
swâra sundîun,   fâhit im an sâlig thing,
beginnid imu thuru godes kraft   guodaro werko.
Heliand 3478 Heyne;
thô druhtîn Krist giboran ward,   thes mêra sagên nu ni tharf,
thaʒ blidi worolt wurti   theru sâligun giburti.
Otfrid 1, 17, 6;
dâ sol der sündige man
ein sælic bilde nemen an
swie vil er gesündet hât,
daʒ sîn doch wirt guot rât,
ob er die riuwe begât
und rehte buoʒe bestât.
Hartmann v. Aue Greg. 3812;
(das wir) warten auf die selige hoffnung und erscheinung der herrligkeit des grossen gottes, und unsers heilandes Jhesu Christi. Tit. 2, 13; ohne unnd ausser gottes wort und seliger erkendtnusz des ewigen sone gottes und seines todtes. Mathesius 130. ps. (1565) V 4ᵇ.
δ)
in prädicativer stellung auch mit dat. der person verbunden: warumb ist der heil. Paulus nicht erhört worden? weil es jme nicht selig war. Albertin Guevara bei Schm.² 2, 252;
es kan mir nichts geschehen,
als was er (gott) hat versehen,
und was mir seelig ist.
Fleming 287;
der grosse menschen-freund schenk' euch zu jeder frist,
dasz, was an leib und seel' eüch nütz und selig ist.
Rist Parnasz 638.
ε)
von der anwendung im sinne von γ aus, die sich mit dem fortwirken der bibelübersetzung Luthers erhält und verstärkt, in neuerer gehobener sprache wieder zu auszerreligiösem gebrauch entwickelt, mit der intensiven bedeutung 'hochbeglückend'. die erste der angeführten stellen veranschaulicht die entwicklung:
ach, war ichs auch würdig,
dasz du so himmlisch mich liebst, wars deine Cidli auch würdig?
lange schon wünsch' ich die deine zu seyn, und von dir zu lernen,
wie sie so schön ist, die selige tugend! dich innig zu lieben,
wie zu der väter zeit die töchter Jerusalems liebten.
Klopstock 3, 202 (Mess. 4, 752);
es entwickelt sich gut,
heut einen sich selige sterne.
Göthe 3, 6;
denn vieles wirkte, hielt am sel'gen fleisz,
wovon die welt noch keine sylbe weisz.
139;
kein seligerer traum! Bettine tageb. 68. prädicativ mit dat. der person verbunden:
hat er süszes zu erwarten?
wird die nacht ihm selig sein?
Uhland (1864) 193.
doch vgl. dazu unten 2, c.
ζ)
manche verbindungen leiten nach der folgenden anwendung über: du (gott) .. wollest dir auch alle zeit eine ewige kirchen unter uns versamlen, und uns selige regiment nahrung und haushaltung geben. Melanchthon corpus doctr. christ. (1560) 587ᵃ;
und wart ir kurzlîche kunt
ir vil sæliger vunt,
wan si in (Iwein) bî dem brunnen vant.
Hartmann v. Aue Iwein 7948;
er (Christus) ist das hell und selig licht
fur die heyden.
Luther bei Wackernagel kirchenl. 3, nr. 25, 4.
b)
als lobendes beiwort für personen.
α)
allgemein andern schutz und förderung bietend, andere beglückend, dazu geeignet, tüchtig. gütig, herrlich: he (Caligula) was en selich man, êr he keiser wurde, sider ne mochte sine bosheit neman vollen seggen. d. chron. 2, 92, 19 Weiland; kunich Hainrich was ein auzerwelter man und ein saliger guter herre an allen sinen geschæften. 332, 15; dirre Nerva ... was ein nützer seliger keyser die wile er lebete. d. städtechron. 8, 347, 22 (Straszburg, Königshofen);
(Herodes) gihôrda seggan thô,
that he thâr obar-hôbdion   êgan skoldi,
kraftagoron kuning   kunies gôdes,
sâligoron undar them gisîđea.
Heliand 611 Heyne;
dô hade der hêre Ênêas,
der sâlige Troiân,
over die porte gedân
twêne ridder, die her plâgen.
Heinrich v. Veldeke En. 6535 Behaghel;
(die tochter sagt zur mutter:)
nu gedenkent, sæligeʒ wip,
müeterlîcher triuwe
und senftent iuwer riuwe
die ir dâ habent umbe mich.
Hartmann v. Aue arm. Heinrich 736;
herzo vil balde ein selich man
luder stimmen antworden began:
'laist uns bizide in wederstain,
of si soilen dat kint in der weigen slain'.
d. städtechron. 12, 184, 5722 (Köln, Hagen);
in der mittelalterlichen poesie als beiwort für den geliebten:
diu in iemer weinet, daʒ bin ich;
wan, er vil sælic man, jo trôste er wol ze lebene mich:
der ist nu hin: waʒ töhte ich hie?
minnes. 1, 182ᵃ Hagen:
häufiger für die geliebte und überhaupt für eine frau, die den vorstellungen des ritters von rechter weiblicher art entspricht:
daʒ si hât alselhen nît
den ze rehte ein sælic wip
niemer rehte vollebringet,
daʒ si dem ungelônet lât
der si vor al der werlte hât.
minnes. frühl. 45, 24;
si sælic wîp enspreche: sinc! niemer mê gesinge ich liet.
minnes. 1, 180ᵃ Hagen;
si sælic wîp, si zürnet wider mich ze sêre,
daʒ ich (mich) friunde an manege stat.
Walther 71, 1;
daʒ wende, sælic frouwe mîn,
daʒ ich der valschen ungetriuwen spot
von mîner stæte iht müeʒe sîn.
97, 9;
doch solt dû gedenken, sælic wîp,
daʒ ich nu lange kumber hân.
21;
swenn ich si solte sehen,
so muoʒ ich si mîden, si vil sælic wîp.
98, 21;
si vil sælec wîp,
ich wil gerne daʒ mîn lîp
immer ir gevangen sî,
und daʒ herze dâ bi.
Hartmann v. Aue Iwein 2241;
swie ir gebietet, sælec wîp.
2294.
β)
in religiösem sinne:
αα)
von Christus, der den menschen das ewige heil bietet:
nu ist Krist giboran,
an theseru selƀun naht   sâlig barn godes,
an thera Dâvides burg,   drohtin the gôdo.
Heliand 400 Heyne.
ββ)
dann von menschen, die auf ihr ewiges heil bedacht sind, fromm:
that (Zacharias) was so sâlig man,
hwand hie simblon gerno   gode thionôda,
warahta aftar is willeon.
Heliand 76 Heyne;
ik selbo (Christus) bium that thâr sâiu,   endi sind thesa sâliga man (die jünger)
that hluttra hrên korni,   thea mi her hôread wel,
wirkiad minan willeon.
2583;
thô quam ther sâligo man (Simeon),   in sînen dagon was iʒ fram,
in hûs, thaʒ ich nu sagêta,   thar er emmizigon betôta.
Otfrid 1, 15, 9;
daʒ ich von sinnen mich verstân,
von wem ich lîp und sêle hân.
daʒ ich mich des versinnen kan,
daʒ lêrte mich ein sælic man,
Rudolf v. Ems Barlaam 211, 12;
er was ein sâlich man begeben.
Ludwigs kreuzfahrt 6891;
na ime ward Heinric bischop, en salich man. d. chron. 2, 212, 9 Weiland; hen zogin si zu lande in sulchir wis (mit den gebeinen des hl. Ludwig), wo si bleben obir nacht, so bestaltin si daʒ daʒ edele gebeine in di kirchen wart bracht unde bewacht unde daʒ gute selige innige menschin da bi bettin sungin unde lasin. leben d. hl. Ludwig 63, 3; do meinten vel gutir seligir christiner lute, alse wir auch genzlich glouben, daʒ her (der hl. Ludwig) groʒ bi gote erarnet hette. 69, 23; die sæligen geistlichen frowen von sand Pernhart. quelle des 14. jahrh. bei Lexer mhd. handwb. 2, 581; darumb gedenket und schaft mir komen ein guͦten seligenn weisen man wo ir den gehaben mügt dem last mich peichten. Bocc. 22, 13 Keller; in dem selbigen wald wonet ein seliger klauszner. Wickram goldf. S 3ᵃ. mit genitiv verbunden, der eine nähere bestimmung enthält:
mit den sînen dem nâ
der bischof von Lubecke dâ
Rudolf sich leite, ein selic man
sines lebens er was.
Ludwigs kreuzfahrt 1178.
altfries. begegnet die allitterierende verbindung: di sondiga ende di silligha. Richthofen 415ᵃ, 37.
γ)
die sâligen fräulein, die sâligen, die freundlichen elbinnen des tirolischen volksglaubens. Schöpf 578 heiszen wol eigentlich als gütige wesen so. vgl. selege baiblen (weiblein), bergfräulein. cimbr. wb. 230ᵇ.
2)
in passivem sinne.
a)
in älterem allgemeinen gebrauch.
α)
der activen bedeutung 'schützend' gemäsz, 'geschützt, gesichert, unverletzt'. von einer person vielleicht in der folgenden stelle:
eʒ (das fallthor) sluoc, als ich vernomen habe,
daʒ roʒ ze mittem satel abe,
und schriet die swertscheide
und die sporn beide
hinter der versenen dan:
er (Iwein) genas als ein sælec man.
Hartmann v. Aue Iwein 1118.
deutlicher, mit genitivischem zusatz:
Haveneit, du wirst's ein selich man.
as lange as wir ummer geleven,
wir ensullen dich nummer begeven.
d. städtechron. 12, 175, 5403 (Köln, Hagen).
von unpersönlichem:
dat wy mögen kamen
an eine seker salige stadt.
quelle bei Schiller-Lübben 4, 15ᵇ.
in allitterierender verbindung mnd. salig und seker, sund (gesund): dat schall in desser eindracht keyn macht hebben, men dem praweste und sinen nachkomelingen gans unnd mit alle salich unnd seker bliven anhe geverde. quelle von 1467 bei Schiller-Lübben 4, 16ᵃ; dar sall em siin recht salig und sund an bliven. quelle bei Dähnert 395ᵇ. zur folgenden anwendung überleitend: einen sälig sprechen, quittieren. Schm.² 2, 251, wo es also den sinn hat: befreit, los von einer zwangslage.
β)
häufiger der activen bedeutung 'fördernd, beglückend' gemäsz, 'vom erfolg begünstigt, beglückt', sowol in bezug auf äuszeres als inneres glück.
αα)
von personen: ahtôt siê (die reichen thoren) iêman anderro sâlige, demo uuirt iʒ ouh ze scandalo. Notker ps. 48, 14; iniquos maxime felices esse, die unrehtin hartost sâlige sîn (glosse). 72, 15; beatum dixerunt populum cui he̜c (reichthümer) sunt, sie hiêʒʒen sâligen den liût, der solih habet. 143, 15; unde myd Saul weren wol twyntichdusent man unde de here makede syn volk salich in deme daghe (gab ihm den sieg). bücher der könige 26 Merzdorf; sich selig sein dauchtenn die sein (eines vermeintlichen heiligen) gewante anrüren .. mochten. Bocc. 28, 6 Keller; selig sind deine (Salomos) leute und deine knechte, die allzeit fur dir stehen, und deine weisheit hören. 1 kön. 10, 8; es wird die zeit komen, in welcher man sagen wird, selig sind die unfruchtbaren. Luc. 23, 29; seelig machen, rendre heureux. Hulsius (1616) 295ᵃ; seelig seyn, glück haben, estre heureux. ebenda;
thea liudi wurđun alle
sade, sâlig folk.
Heliand 2863 Heyne;
thaʒ sâlig sî in giuuissi,   thiu kindes umbera sî.
Otfrid 4, 26, 37 (Luc. 23, 29);
aller werdekeit ein füegerinne,
daʒ sît ir zewâre, frowe Mâʒe.
er sælic man, der iuwer lêre hât!
Walther 46, 34;
ungelücke mir verkêret
daʒ ein sælic man volenden mac.
92, 6;
swelch sælic man daʒ (ein schönes keusches weib) hât erstriten,
ob er daʒ vor den frömden lobet,
sô wiʒʒent daʒ er niht entobet.
93, 4;
sus stuont er ûf und gie dan
mit vreuden als ein sælec man.
Hartmann v. Aue Iwein 2246,
sînes (des rings) steines kraft ist guot:
er gît gelücke und senften muot:
er ist sælec der in treit.
2955;
man spricht der sey ain sälger man,
der artzeney geraten kan.
darumb ich in der warheit sag,
schlecht leut haben die besten tag, ...
ja wann er (der bauer) nur sölchs kündt erkennen,
so möcht man jn wol selig nennen.
Alberus Esop (1590) 29ᵃ;
seelig wir dich zu begrüssen!
der ist seelig zu begrüszen,
der ein treues hertze weisz.
Fleming 532.
selig preisen: da sprach Lea, wol mir, denn mich werden selig preisen die töchter. 1 Mos. 30, 13; welches ohre mich hörete, der preiset mich selig. Hiob 29, 11; ire söne komen auff und preisen sie (die mutter) selig. spr. Sal. 31, 28; da sie (Sulamith) die töchter sahen, preiseten sie dieselbige selig. hohel. 6, 8. selig erscheint in solcher anwendung häufiger mit reich verbunden: zue zeiten .. samlet und tet sich zam ein ganze rot mit weib und kinden, suechten fruchtpere reiche land, wolten guet und gelt gewinnen, sälig und reich werden. Aventin 1, 115, 18 Lexer; so haben die alten Teutschen lang vor Christi gepurt imer ausz ir landschaft ein anzal volks, ie zue zeiten dreimalhundert tausend man und frauen, weib und kind ausgeschikt zue suechen andre wonung und guet zue gewinnen, sêlig und reich zu werden. 267, 13: da die Baiern sahen, das es disen Teutschen so glücklich gieng, in eim gueten land sieh undertan hetten, reich und sälig wärn worden. 537, 16;
sich beʒʒerte vaste
ir dinc aller tægleich.
si wurden sælic unde reich.
kindheit Jesu 94, 26 Hahn;
ist sach, das du darin fleiszig
bist (Teuerdank durch eine lawine zu tödten), bei glauben ich dir versprich,
dich reich und selig zu machen.
Teuerdank 36, 27 Gödeke;
auch unmittelbar, ohne und, damit zusammengestellt: darumb veracht si (die feinde) künig Brenner, ermant die Teutschen, zaigt, wie der feind gar wenig wärn, und groszmächtig guet, damits alle reich, sälig wolten werden, vor augen wär. Aventin 1, 393, 29 Lexer. gnomisch: selig ist der ohn sorg lebt. Petri 2 (1605), Rr 7ᵃ; selig ist der hauszwirt der sein eigen töpfflin und saltzmeszlin lecket. ebenda;
selig ist den sein hand nert,
noch seliger der seins wol verzert.
der seligst des mund nit lestert,
und der all ding zum besten kert.
Franck sprichw. 1, 88ᵃ;
selig ist der man,
der sich für weiberlist hüten kan.
Petri 2 (1605), Rr 7ᵃ;
selig ist der mann,
der herrn gunst entraten kan.
ebenda;
selig ist der mann,
dem gott ein tugendsam weib gan.
Rr 7ᵇ;
selig ist, der sich kan.
am geringen gnügen lan.
ebenda.
in gegensatz zu Matth. 5, 3 (s. unten b, α, αα).
selig seyndt die reichen,
recht und warheit muss jhnen weichen.
Lehmann bei Wander 4, 537.
mit genitiv des grundes oder der näheren erklärung: dû bist mîn got. uuanda mînes cuôtes nebist dû durftig. mînero guôti neuuirdest dû sâlig. Notker ps. 15, 2; sêlig gûts und êren. quelle des 15. jahrh. bei Lexer mhd. handwb. 2, 581;
ich bin aller dinge ein sælic man,
wan des einen, dâ man lônen sol.
minnes. 1, 185ᵇ Hagen;
swer êren sælic welle sîn
und rîche an hôhem muote,
der sol mit triuwen guotiu wîp
reht minnen als sîn selbes lîp.
mit einem wort desselben stammes im gen. (sælde) verbunden:
swen diu (eine edle trau) siht zeimâl an,
der ist ein sælden sælic man.
565, 16.
ββ)
bei unpersönlichen ausdrücken. meist natürlich in verbindungen, wo als eigentlicher träger des glücks doch eine person erscheint. so bei mhd. herze, lîp:
immer sî dir sælic   dîn herze und och din lîp.
Nibel. 2291, 2.
von unternehmungen, lebensumständen: (der götzendiener) bittet den todten (seinen götzen) umbs leben, flehet dem untüchtigen umb hülffe, und dem, so nicht gehen kan, umb selige reise. weish. Sal. 13, 19;
seelig alle zugenüessen
einer so seeligen eh.
seliges leben: gott hat die menschen erschaffen zur weltlichen gemeinschafft .., dasz sie sich zusamen halten, und bey einander wohnen, stätt und flecken bawen sollen. warumb? ey nicht der meinung, das sie hie auff erden ein sanfft und seligs leben führen. Gretter erkl. der epistel Pauli a. d. Römer (1566) 8. von zeitabschnitten mit bezug auf die menschen, die sie verleben:
vil sælic sîn ir jâr und al ir zît.
Walther 96, 3;
got geb euch ein seligen abendt.
H. Sachs fastn. sp. 1, 1, 3 neudruck;
ein seligen tag entbeut euch der.
ged. 5 (1579), 225ᵇ;
alsbald sy der probest der ir stätz wartet ersehen het ir engegen kam und einen säligen morgen wünscht. Bocc. 483, 5 Keller; sobald die in das gemach kummen, und Angliana ein seligen tag gewünscht. Wickram goldf. E 4ᵇ; ein selig jar, fuchs! (spricht der wolf zum fuchs, der ihm begegnet). Schade sat. u. pasqu. 2, 61, 4 (ebenso beim abschied 72, 16); und hept der zunftmaister an und wünscht der gemain ein seligs neus jar. quelle bei Birlinger 385ᵇ. freier, von einer landschaft (vgl. Arabia felix): die sälig Reichenaw. quelle bei Schm.² 2, 252; blasser:
ich var mit iuwern hulden, herren unde mâge:
liut unde land diu müeʒen sælic sîn.
mianes. frühl. 218, 6.
γγ)
eigenthümlich gestaltet sich mhd. die verwendung des worts zum ausdruck des dankes. man wünscht dem, an den man den dank richtet, er möge selig sein:
'.. ze zweinzic tûsent marken   hânt si iu gegeben sicherliche'.
der wirt der sprach 'die geste   müeʒen sælic sîn ..'
Kudrun 309, 1.
ähnlich in der oben unter ββ angeführten stelle Nib. 2291, 2. man überträgt es aber auch bei höflicher ablehnung auf eine gabe, etwas angebotenes. zunächst so, dasz das wort noch den sinn 'beglückt' haben kann:
'wir suln ouch mit iu (Siegfried) teilen',   sprach Gîselher daʒ kint,
'lant unde bürge   die unser eigen sint ..'
sun der Sigmundes   zuo den fürsten sprach,
dô er der hêrren willen   gehôrte unde gesach,
'got lâʒiu iwer erbe   immer sælec sin:
jâ tuon ich ir ze râte   mit der lieben vrouwen mîn'.
Nibel. 640, 3:
er (der könig) wolde im (Ernst) sînen gwalt lân
und gerne wesen undertân.
dô sprach der tiurlîche degen
'herre, ich mac sîn niht gephlegen.
got lâʒe iu iuwer lant sælic sîn'.
herzog Ernst 4991 Bartsch.
dann aber auch freier, wo es dann wieder an die bedeutung 2, a, α oder 1, a rührt:
'got lâʒe iu iuwer bouge   beiden sælic sîn.
wir nemen von iu niht miete'. sprach daʒ magedin.
Kudrun 1225, 1;
dô sprach diu Hilden tochter   'got lâʒe iu sælic sîn
iuwer beider mentel.   an dem lîbe mîn
suln nimmer iemens ougen   gesehen mannes kleider'.
1233, 1;
sælic muoʒ dîn gâbe sîn,
ich wil niht mêr als daʒ gezelt.
Heinrich v. Neustadt Apollon. (glossar).
Walther entgegnet ironisch dem herzog Leopold, der ihn in den wald gewünscht hat:
vil sælic sî der walt, dar zuo diu heide!
diu müeʒe dîr vil wol gezemen!
35, 22.
δδ)
auch sonst erscheint das wort freier, wo es gilt, etwas unpersönliches zu preisen. es steht da manchmal im sinne von 'gepriesen':
sælic sî diu heide,
sælic sî diu ouwe,
sælic sî der kleinen vogellîne süeʒer sanc.
minnes. 1, 42ᵇ Hagen;
wol der muoter diu mich truoc!
sælic si si künneginne!
sælic si diu süeʒiu minne
unt diu wîle dô si mich erranc!
weinschwelg 256;
selig sey tag und stunde
darinne das götlich wort
dir widerumb ist kunde.
bergreihen 52, 29 (nr. 26, 8) neudruck.
b)
in religiöser anwendung, des ewigen heils theilhaftig. die beiden begriffe des sicheren und beglückten vermischen sich hier, doch überwiegt der zweite.
α)
allgemein, mit einschlusz des irdischen lebens oder alleiniger beziehung darauf.
αα)
von personen. bei seligpreisungen, biblisch meist dem gr. μακάριος oder dem lat. beatus entsprechend: sâlige sint, thie thâr arme sint in geiste, uuanta thero ist gotes rîhhi. Tat. 22, 8 (Matth. 5, 3); giuuesso sô sâlige sint thie gihôrent gotes uuort inti thaʒ gihaltent. 58, 2 (Luc. 11, 28); beatus vir qui sperat in eo (deo). sâligo, der an in gedinget. Notker ps. 33, 9; beatus vir cuius est nomen domini spes eius. sâligo des trôst mînes truhtenes namo ist. 39, 5; beatus vir cuius est auxilium abs te (deo). sâligo der dîna helfa habet darazechomenne (in domum tuam). 83, 6; beatus populus cuius dominus deus eius. der liût ist sâlig, der got ze hêrren habet. ube got sîn hêrro ist, sô ist er sâlig. 143, 15; sælich ist der, der die sunde vermîdet. spec. ecl. 42; sælich sind die, sprichet unser herre, die nu wainent, die werdent in mînem rîche gefroͮt. 43; selig sint die armen mit dem geist, wan das reich der himel ist ir. codex Teplensis Matth. 5, 3; selig sint di rains herczen, wan si gesechen got. selig sint di gefriedsam, wan si werdent gehaissen di sun gotz. selig sint di daʒ durechten leident um daʒ recht, wan daʒ reich der himel ist ir. 9. 10; selig sind, die da geistlich arm sind, denn das himelreich ist ir. Luther Matth. 5, 3; selig sind die friedfertigen, denn sie werden gottes kinder heissen. selig sind, die umb gerechtigkeit willen verfolget werden, denn das himelreich ist jr. 9. 10; selig sind, die das wort gottes hören, und bewaren. Luc. 11, 28; selig sind, die nicht sehen, und doch gleuben. Joh. 20, 29; selig ist der man, welchem gott keine sünde zurechnet. Röm. 4, 8; selig ist der man, der die anfechtung erduldet, denn nach dem er beweret ist, wird er die krone des lebens empfahen. Jac. 1, 12; selig ist, der da lieset, und die da hören die wort der weissagung. offenb. 1, 3; selig sind die zum abendmal des lambs beruffen sind. 19, 9; selig sind die seine (gottes) gebot halten. 22, 14;
(Christus) quad that thie sâlige wârin
man an thesoro middil-gard,   thie her an iro môde wârin
arme thurch ôd-môdi.   thêm is that êwiga riki
swiđo hêlaglîk   an heƀan-wange
sin-lîf fargeban.
Heliand 1300 Heyne;
sâlige sind ôk undar thesaro managon thiodu
thie hebbiad iro herta gihrênod;   thie môtun thana heƀanes waldand
sehan an sinum rikea.
1314;
sâlig birut ir arme.   in thiu thaʒ muat iʒ wolle,
in thiu ir thie armuati   githultet io mit guati,
wanta iuer ist, ih sagen iu thaʒ   thaʒ himilrîchi hôhaʒ,
thiu wunna joh ouh manag guat.
Otfrid 2, 16, 1;
seligk sînt die armen,
want got wel sich erbarmen
uber sie und wel en geben
das himmelrich und das ewige leben.
Alsf. passionssp. 1952 Grein.
in sonstigem gebrauch, wo selig machen, sein, werden meist dem griech. σώζειν, σωθῆναι, dem lat. salvare, salvari entspricht. es ist bemerkenswert, dasz der codex Teplensis hier durchweg behalten, behalten werden hat. in dieser verwendung des worts klingt der begriff des gesicherten stärker an (vgl. 2, a, α), ohne dasz der begriff des beglückten völlig zurückzutreten brauchte (vgl. 2, a, β): wendet euch zu mir (gott), so werdet jr selig. Jes. 45, 22; gott hat seinen son nicht gesand in die welt, das er die welt richte, sondern das die welt durch jn selig werde. Joh. 3, 17; der herr aber that hinzu teglich, die da selig wurden, zu der gemeine. ap. gesch. 2, 47; es (das evangelium) ist eine krafft gottes, die da selig machet, alle, die daran gleuben. Röm. 1, 16; ob ich möchte die, so mein fleisch sind, zu eivern reitzen, und jrer etliche selig machen. 11, 14; ich bin jederman allerley worden, auff das ich allenthalben ja etliche selig mache. 1 Cor. 9, 22; aus gnade seid jr selig worden. Eph. 2, 5; nach der krafft gottes, der uns hat selig gemacht, und beruffen mit einem heiligen ruff. 2 Timoth. 1, 9; nicht umb der werck willen der gerechtigkeit, die wir gethan hatten, sondern nach seiner barmhertzigkeit, machet er (gott) uns selig, durch das bad der widergeburt, und ernewerung des heiligen geistes. Tit. 3, 5; durchs wasser, welchs nu auch uns selig macht, in der tauffe. 1 Petr. 3, 21;
du wist der ware goddes son,
der uns seligk machen mag.
Alsf. pass. 1239 Grein.
bisweilen tritt die bedeutung 'gesichert, gerettet, befreit' aber scharf hervor: er (Christus) wird sein volck selig machen von jren sünden. Matth. 1, 21. die religiöse seligkeit dieses lebens wird in der folgenden stelle beschränkend bestimmt: wir sind wol selig, doch in der hoffnung. Röm. 8, 24. besonders bei attributiver oder substantivischer anwendung mischt sich diese bedeutung des worts mit der unter 1, a, β erwähnten. der in der gemeinschaft mit gott sichere und beglückte ist eben der fromme. mit einiger bestimmtheit läszt sich hierher die folgende stelle ziehen: iro fasel scheîdest du (gott) fone mennischon chinden. fone diên sâligen, diê daʒ êuuiga erba besizzen suln. Notker ps. 20, 11. ebenso gehört es wol hierher, wenn in alter zeit der prediger seine zuhörer so bezeichnet: sich saliger mensch, wie dier got selbst nennet die stat, wa du in solt suͦchen. deutsche predigten des 13. jh. 2, 11 Grieshaber; saligen chind. quelle bei Schmeller² 2, 252. substantiviert: ir säligen, sprecht mir nach ewr offenew schuld. quelle ebenda; ir lieben und säligen, als ihr euch heut her gesammelt habt. quelle ebenda.
ββ)
bei unpersönlichen ausdrücken, vgl. 2, a, β, ββ:
seit, hyr schencken wy ju (die geistlichen dem bischof) krut und wyn,
dat got ju mote gelucke geven
und uns mit ju ein selich leven.
Theophilus 267 Hoffmann (1853).
sâlig tôd Graff 6, 179, seliger tod Kramer deutsch-ital. dict. 2 (1702), 764ᶜ, seliger hintritt, euthanasia Stieler 2337, seliges ende:
dô starb der herre, daʒ ist wâr,
unde nam ein sêlic ende.
livl. reimchron. 485;
bescher uns auch ein seligs end.
Luther bei Wackernagel d. kirchenl. 3, 24ᵇ;
sie hat an ihm viel lieb's und treu's gethan,
dasz er's bis an sein selig ende spürte.
Göthe 12, 154;
ich ... erwarte izt ein ruhig seeliges ende. Schiller räuber schauspiel 4, 2; in gleichem sinne seliges stündlein: gott helffe und gebe mir ein seliges gnediges stündlein, ich begere nimmer zu leben. Luther tischr. 355ᵃ. ähnlich, doch activer bedeutung genähert:
stärke mich durch deine todeswunden,
gottmensch, wann die seligste der stunden,
welche kronen auf der wage hat,
meinem sterbebette naht!
Hölty 138, 1 Halm.
adverbial, selig sterben:
gott der vater won uns bey
und las uns nicht verterben,
mach uns aller sunden frey
und helff uns selig sterben.
Luther bei Wackernagel d. kirchenl. 3, 16ᵃ;
so musz man selig sterben.
Heune bei demselben 4, 179ᵇ.
sprichwörtlich:
gut gelebt und selig gestorben,
ist dem teufel die rechnung verdorben.
wunderhorn 2, 256 Boxberger.
auch hier nähert sich das wort wieder activer bedeutung. allgemeiner:
de sâlig wil starfen,
fermâk' sîn gôd an de rechte arfen.
β)
mit besonderm bezug auf das leben nach dem tode, das ewige leben.
αα)
in seligpreisungen, biblisch, dem griech. μακάριος, lat. beatus entsprechend: selig ist, der das brot isset im reich gottes. Luc. 14, 15; selig sind die todten, die in dem herrn sterben von nu an. offenb. 14, 13;
selig alle, die im herrn entschliefen.
Hölty 63, 1 Halm.
selig werden, biblisch dem griech. σώζεσθαι, σωθῆναι, lat. salvari entsprechend, im codex Teplensis behalten werden, aber schon vor Luther so, wol unterstützt durch lat. beatus fieri:
thiʒ scal sîn io thes githig,   der wilit werdan sâlig.
Otfrid 5, 23, 24;
wer aber bis an das ende beharret, der wird selig. Matth. 10, 22; Jhesus aber sprach zu seinen jüngern, warlich, ich sage euch, ein reicher wird schwerlich ins himelreich komen ... da das seine jünger höreten, entsatzten sie sich seer, und sprachen, je, wer kan denn selig werden? 19, 25; wer da gleubet und getaufft wird, der wird selig werden, wer aber nicht gleubet, der wird verdampt werden. Marc. 16, 16; es sprach aber einer zu jm, herr, meinstu, das wenig selig werden? Luc. 13, 23; die heiden, die da selig werden, wandeln in dem selbigen liecht (im himmlischen Jerusalem). offenb. 21, 24: also mögen sie durch den glauben an desselben verdienst und leiden seyn selig worden. Luther tischred. 354ᵇ; eine religion, da man innen kan selig werden. Kramer deutschital. dict. 2 (1702), 765ᵃ; der jenige, so da vermeinet, er könne in allen dreyen religionen selig werden, und in diesen gedancken die jenige ergreifft, da er sein zeitliches glück besser zu machen verhoffet, der hat wahrhaftig keine. ebenda; die religionen müsen alle tolleriret werden und mus der fiscal mehr das auge darauf haben, das keine der andern abrug tuhe, den hier mus jeder nach seiner fasson selich werden. Friedrich II. von Preuszen (randbemerkung als antwort auf einen bericht. umgeprägt zu dem geflügelten wort: in meinem staate kann jeder nach seiner façon selig werden), s. Büchmann gefl. worte (1880) 412. ebenso selig sein:
ir sêle müeʒe sælic sîn.
Hartmann Erec 9907.
selig machen, ahd. tuon: et beatum faciat eum in terra (anders gewendet:) unde sâligen tûe er in in patria sanctorum (glosse: in der heiligon heîmode). Notker ps. 40, 3;
das hohe kind ...
das uns alle selig macht.
Arndt 398.
sprichwörtlich, wol mit anlehnung an Marc. 16, 16 (s. oben): glaube, glauben macht selig, oft ironisch in bezug auf irdisches gebraucht. die allein selig machende kirche, vgl. seligmachend. als wunsch, von einem verstorbenen: gott habe ihn selig. Adelung ('im gemeinen leben'). selige seele, seliger geist: he hevet my openbaret .. de schickinge unde de denste der selver saligen geiste (der engel) unde de salicheiden der saligen seilen. quelle bei Schiller-Lübben 4, 15ᵇ;
thaʒ ih ...
fon jâre zi jâre   ih iamer frawo thâre,
fon êwon unz in êwon   mit then sâligen sêlon!
Otfrid 1, 2, 58;
und du, seliger geist (des Michaelis), reisze dich lächelnd aus
Jähns umarmungen los, schwinge, du seraph, dich
erdhernieder, wo schlachzend
Gleim die laute der trauer schlägt.
Hölty 58, 13 Halm.
die selige, coelites, sancti. Stieler 1992, seligen (im himmel). Kramer deutsch - italien. dict. 2 (1702), 764ᶜ: sie (die gottlosen) neuuerdent niêht kesaminot zuô diên sâligen. Notker ps. 91, 10; verweile märtyrer wenn du noch nicht in den wohnungen der seligen bist. Leisewitz Jul. von Tarent 108 (5, 8);
Lilla hüpfet heran, leitet mich an der hand
unter chöre der seligen.
engel stehen umher, werfen mir kronen zu,
winden palmen mir um den schlaf.
Hölty 74, 47 Halm.
vom ewigen leben selbst:
sô gefragn ik that Johannes thô   gumono gihwilîkun
lobôda thêm liudiun   lêra Kristes,
hêrron sînes.   endi heƀan-rîki
te gewinnanne,   welôno thana mêston,
sâlig sin-lîf.
Heliand 1024.
eine aussicht in eine selige zukunft haben; denn dieses ist der ausdruck, dessen sich die vernunft bedient, um ein von allen zufälligen ursachen der welt unabhängiges vollständiges wohl zu bezeichnen, welches eben so, wie heiligkeit, eine idee ist, welche nur in einem unendlichen progressus und dessen totalität enthalten sein kann, mithin vom geschöpfe niemals völlig erreicht wird (sondern erst in der ewigkeit). Kant 4, 245.
ββ)
selig erscheint in bezug auf verstorbene zuweilen, wo sonst heilig üblich ist: hilf selige mutter gottes! Schiller räuber schauspiel 4, 2; dem subst. nachgestellt:
lieber, hast daselben (im paradies) nit gsehen
dort oben bey den lieben heiligen
Franciscum, unsern vatter seligen?
Waldis Esop 4, 4, 40 Kurz.
so auch wol: eine person nach seinem tod selig sprechen, canonizarla beata. Kramer deutsch-ital. dict. 2 (1702), 765ᵃ. in der katholischen kirche gilt sonst selig als eine art vorstufe zu heilig, von denjenigen, 'welche im geruche der heiligkeit gestorben sind, welche die kirche zur canonisation bestimmt hat, und ihre verehrung zum voraus billiget, ob sie gleich noch nicht canonisiret worden'. Adelung. ähnlich erscheinen die beiden wörter in folgender stelle: das ehrwürdige ansehn, das sie (Ottilie) in ihrem leben genosz, verwandelte sich nach ihrem tode schnell in den gedanken, dasz man sie sogleich für selig, ja für heilig halten müsse. Göthe 20, 279.
γγ)
man bezieht das wort im allgemeinen auf alle verstorbenen, von denen man hofft, dasz sie das ewige leben haben; so wird es zu einem freundlichen beiwort für liebe verstorbene und dient dazu, sie als solche zu bezeichnen:
mîn sælege muoter Pyramôt.
Heinrich v. Neustadt Apollon. 9060;
da wo ihr den enkel des seligen herrn,
den heute vermählten, beschmauset.
Göthe 1, 195;
mein seliger vater, mio padre che Dio habbia (che sia) in gloria. Kramer deutsch - ital. dict. 2 (1702), 764ᶜ; ihr seeliger mann, defunctus maritus. Frisch 2, 254ᵃ; wir, die wir den tod so gut schauen als andere, thun gleichwol so: als ob wir den verstorbenen glücklich preisen; daher unser seliger Johann. Bode Montaigne 1, 125; Röse. das wird wieder eine lust auf dem schlosse werden! Görge. als wie zu lebzeiten ihrer seligen frau mama. Göthe 14, 257; der selige (E. T. A.) Hoffmann würde die wolken buntscheckig bemalt haben. Heine 3, 25. in älterer sprache wie andere adj. zwischen artikel und substantiv wol unflectiert:
daher der seelig Luther spricht.
W. Spangenberg anbind oder fang brieffe (1623) R 5ᵃ.
nd. so ohne artikel in verkürzter form erscheinend: salg' vader, moder; as salg' vader nog leev! Schütze 4, 10. auch dem subst. nachgestellt, volksmäszig bis in neuere zeit; unflectiert:
sîn vater sælec was wol in sô edelen muot
daʒ er gein vriunden triuwe kunde vâren.
Lohengrin 1385;
als Hans Snîder sælig unser hindersæʒe âne gericht und âne urteil mit gedâchtem muot ûsser der vesti Valkenstein mortlîch geworfen wart das er ze tôde viel. quelle des 14. jahrh. bei Wackernagel altd. leseb.² 941, 15; nach dem dreissigisten kamen deren vil, die fürgaben, der alt herr sellig wer inen schuldig bliben. Zimm. chr.² 3, 622, 39; wie das weilunt sein herr vatter sällig, herr Johannes Wernher der elter, angesehen und verordnet .. hat. 4, 176, 34; könte sie akkompagniren, wie mein vater selig (Martano, der 'kleine secretär' des grafen Karl spricht). Klinger 1, 455; der herr seelig weinete umsonst (der hausknecht Daniel spricht). Schiller räuber schauspiel 4, 3; mein vader, mein mueder seli. Schmeller² 2, 252. Castelli 255; mi brueder selig. Hunziker 239. ebenso dann im obliquen casus: in all stet und in all märkt im oberland, die herzog Ludweigs sälig gebesen warn. d. chron. 2, 376, 9 Weiland; euer bruder war des herrn selig einziger erbe (Daniel spricht). Schiller räuber schausp. 4, 3; er hatte es (ein kleinod) unter seiner frau selig vor sieben jahren versetzen müssen. Pestalozzi Lienh. u. Gertrud 3 (1792), 52; ein armer junger mann .. dachte während der arbeit unter andern an den könig Hiskias, hernach an vater und mutter, deren ihr lebensfaden auch schon von der spuhle abgelaufen war, hernach an den groszvater selig. Hebel 3, 12; über mi fatter selig. Seiler 267ᵇ. dem subst. in starker flexion nachgestellt: do wart eine zweytracht zwuschen lantgraven Frederiche von Doryngen und marggrave zu Myssen unde seiner muter frawen Elsebethin umbe ir metegabe und leipgedinge das ir seyn vater seliger bescheiden hatte und gemacht. Rothe dür. chron. 657: mein vatter seliger. Kramer deutsch-ital. dict. 2 (1702), 764ᶜ; sogleich steht er vor mir, wie er leibte und lebte — mein vater seeliger. Lessing 11, 746; mein mann seliger war bei jahren und nicht leicht zu rühren. Göthe 10, 134; hab so manch guts und liebs in dir (mutterhaus) genoszen, da der herr seeliger noch lebete (Daniel spricht). Schiller räuber schausp. 5, 1; da liesz meines Götz frau mutter selige sie (die hosen) zum letzten mal waschen. Alexis hosen¹² 16; so hat's meine mutter selige gesagt. 87 (in archaisierender sprache); mein vader seliger. Schm.² 2, 252; miin vader seliger. Dähnert 420ᵃ. im obliquen casus dem subst. nachstehend gleichfalls flectiert, aber dann meist schwach, wie es der stellung zwischen possessiv und subst. entspricht: die sloʒ, die der genädigen frauen Margareten, herzog Ludweigs des jüngern säligen witib, verschriben warn für ir morgengab. deutsche chron. 2, 376, 12 Weiland; in dem selben jare do starp frawe Mechthilt lantgrafynne zu Doryngen und marggrafynne zu Myssen, keiser Lodewiges seligen tochtir unde lantgraven Frederichs Balthasars Wilhelmes und Lodewiges seligen muthir. Rothe dür. chron. 685; dâ wissent daʒ Wernher von Valkenstein, her Cuonen von Valkenstein sæligen eins ritters sun, sich des selben krieges wider die stätt an nam. quelle des 14. jh. bei Wackernagel altd. leseb.² 937, 11; mit hertogen Otten zelegen. quelle von 1395 bei Schiller - Lübben 4, 183ᵃ; nam ich urlob von mim vatter seligen. Ehingen 12; nach abgang seines vaters seligen. quelle von 1491 bei Frisch 2, 254ᵃ; do hatt miner muͦtter säligen schwester ein man, der hiesz Thoman an Riedyn, der sasz uff eim hoff, hiesz Imboden. Platter 7 Boos; under andren mins vatters säligen schwestren, was eini, die hatt kein man. 9; ein schilt und ein sper, die wărend irs herrn selligen gsin, den Geryon ertödt hat. Morgant d. riese (1530) 270, 32 Bachmann; so wend wir minem sun Lohar selligen (seinem leichnam) entgegen rytten. Haimonskinder (1531) 12, 30 Bachmann; mich schicket zuͦ eüwer gnaden, Galmy der ritter, so vor jaren meinem herren seligen gedienet hatt. Galmy (1540) 137ᵃ; nim von mir zu einem zeichen disen ring, welcher mir seer angenem, und von meiner lieben fraw muͦter seligen an jrem todtbet zur letze gelassen. Wickram goldf. E 3ᵇ; so war ir doch von irem herren und gemahl säligen, deren sie zwen vorhin gehapt, und von dem sie auch kain kindt, nit wenig zugefallen und anererbt. Zimm. chron.² 4, 268, 16; der frauen seeligen weiszgeräthe. Schweinichen 3, 263; von solchem miszglauben und superstition vernim ein kurtze historien, welche warhafftig in beyseyn meines vatters seligen geschehen ist. Kirchhof wendunm. 1, 295 Österley; was er noch dem alten castner selligen schuldig sei, sollen seine erben eigentlich beschreiben. steir. und kärnt. taidinge 518, 11 (17. jahrh.). es wird nun aber auch die form seliger einem subst. im obliquen casus nachgestellt. im folgenden falle läszt sie sich als starker dat. sing. fem. auffassen, ist sie grammatisch berechtigt: das amulet, was ich von der groszmutter seliger habe. Alexis hosen¹² 87. aber es begegnet auch ohne solche berechtigung: mit dem forsten F. hertoghen to Br. hertogen Ernstes sone seliger. quelle von 1395 bei Schiller-Lübben 4, 183ᵃ; zu meiner zeit, bey meinem vater seliger muszten wir alle vor tage aus dem neste. Weisze kom. op. 3 (1771), 241; ich will euch nur veroffenbaren .. dasz ich eine sache von meinem vater seliger ererbt habe, die, wenn man sie gehörig braucht, jemandem den mund schlieszt über jegliches ding, worüber man will. Immermann 4, 65 (Münchh. 7, 9) Boxberger; er hat meinen vater seliger schlecht geredet. Alexis¹² 54;
auch stand einmal im marstall meiner launen
ein steckenpferd, das man die liebe nennt ...
es war ein allerliebstes thier,
aus herr Petrarca's seelger, stalle.
Göckingk 1 (1780), 113.
bei Schiller-Lübben 4, 183ᵃ wird vermutet, es sei in solcher anwendung vielleicht 'gedächtnis' hinzuzudenken, sodasz seliger eigentlich gen. sing. fem. wäre. die verbindung begegnet allerdings wie nd. (vgl. Schiller-Lübben a. a. o.) auch hd.: säliger gedächtnuss, felicis memoriae. voc. von 1618 bei Schm.² 2, 252. sie zeigt selig wol eigentlich in activem sinne, vgl. 1, a. aber seliger hinter einem subst. im obliquen casus scheint eher ein formelhaft erstarrter nom. zu sein. in attributiver beziehung auf verstorbene, die auf erden einen hohen rang hatten, verstärkt man selig durch wol, hoch, höchst: der wolselige graf, der höchstselige könig. Adelung.
γ)
zu höchster bedeutungsintensität gesteigert in der beziehung auf gott, die in den folgenden stellen dem μακάριος des originals gemäsz wol passiv ist: nach dem herrlichen evangelio des seligen gottes, welches mir vertrawet ist. 1 Timoth. 1, 11; bis auff die erscheinung unsers herrn Jhesu Christi, welche wird zeigen zu seiner zeit, der selige und allein gewaltiger, der könig aller könige, und herr aller herrn. 6, 15.
δ)
auf ewiges beglücktes leben nach heidnischen vorstellungen übertragen, besonders nach griechischer: die gefilde der seligen. die seligen götter, in gleichem sinne auch in folgenden stellen:
nur was Jovis haus bewohnet,
nahet nicht dem dunkeln strand,
nur die seligen verschonet
Parzen, eure strenge hand.
Schiller 11, 200;
fühlt kein gott mit ihm (dem menschen) erbarmen,
keiner aus der selgen chor
hebet ihn mit wunderarmen
aus der tiefen schmach empor?
293.
freier:
in des himmels selgen höhen
rühret sie (die götter) nicht fremder schmerz.
ebenda.
c)
von der anwendung im sinne von b, β aus in neuerer gehobener sprache auch wieder zu auszerreligiösem gebrauch entwickelt, mit der intensiven bedeutung 'hochbeglückt' (vgl. 1, a, ε), in unmittelbarer beziehung auf personen:
o dreymal seliges volk, das keine sorge beschweret.
E. Kleist 2, 19;
war ich guter junge nicht so selig
in der öden nacht?
Göthe 1, 79;
ich will leiten seine (des vaters) schritte,
theilen seine dürft'ge hütte, ...
will, wenn späte sterne blinken,
auf den nackten boden sinken
und mich reich und selig dünken.
Grillparzer (1887) 3, 119;
mit leichter ironie: eine ungeschickte behauptung, in welcher sich jedoch die Newtonianer bis auf den heutigen tag selig fühlen. Göthe 54, 89. freier: wer ihn von weitem sah, hielt ihn für wahnsinnig; vielleicht jetzt mancher noch, der es nie selber erfahren hat, dasz durch die ausgehellte selige brust, wie durch den heitersten himmel, sturmwinde ziehen können, die in beiden in regen zerflieszen. J. Paul Hesp. 1, 169;
hier trieft das thal, durch selige jahre,
reich und unerschöpflich, vom überflusse des segens.
Klopstock 3, 145 (Mess. 3, 600);
wo blieb die zeit, die selige.
Gotter 1, 16;
so leben sie (die alten Germanen) ein selig leben.
Kretschmann gesang Rhingulphs 2, 96;
sei gegrüszt, du heil'ge frühe,
ew'ge sonne, sel'ges heut!
Grillparzer (1887) 6, 225.
persönlicher auffassung poetisch genähert: drauszen auszerhalb dem theater der beängstigung ruhete ein seliger abend auf den rothübersonnten fluren unter freudigen, flatternden, singenden, trunknen wesen. J. Paul Hesp. 4, 73. adverbial:
wie selig aber flieszt das leben
des freyen enkels Teut,
dem es groszmüthig gnügt, was gute götter geben,
ja den die gnüg' erfreut!
Kretschmann gesang Rhingulphs 2, 169.
auf Lilars stauden - pfad wandelten die spaziergänger seliglangsam heim. J. Paul Titan 3, 80. besonders deutlich tritt der zusammenhang mit b, β hervor in verbindungen, die ein glück in stiller weltabgeschiedenheit bezeichnen: wie dieses möglich sey zu untersuchen, überlassen wir den weisen und tiefsinnigen leuten, die, in stolzer musse und seliger abgeschiedenheit von dem getümmel dieser sublunarischen welt, mit der nützlichen spekulazion sich beschäftigen, uns zu belehren, wie alles was wirklich ist, ohne nachtheil ihrer meinungen und lehrgebäude, möglich seyn könne. Wieland 1, 322 (Ag. 5, 9);
als, an der besten mutter seite,
wir, wie die guten frommen leute
der alten goldnen schäferzeit,
in sel'ger abgeschiedenheit
von hof und welt, gleich Gessners hirten,
im schatten junger pappeln irrten.
Wieland 9, 195 (erste liebe).
adverbial: die dörfer lagen selig verschneit. Eichendorff 2, 185; Siglhupfer aber blieb fortan in den wäldern selig verschollen. 3, 430.
d)
es heiszt vom schlaf, er: macht könig und eigen leut, frölich und traurig, gleich selig. Wirsung arzneibuch (1597) 665 C. so wird denn auch ein schläfer selig genannt: ich muszte lächeln, wenn ich auf den seligen schläfer blickte. Hauff mem. d. sat. 1, cap. 16; und schweiz. heiszt er isch selig, er schläft süsz. Seiler 267ᵇ. entsprechend adverbial: es war der sechste wagen und unter demselben im stroh schlief selig der fuhrmann. Gotthelf käserei 260. erinnert das wort in diesen wendungen an die vorstellung weltfernen glücks, wie sie die unter c am schlusz erwähnten fügungen zeigen, so tritt andrerseits in solcher anwendung auch der begriff des gesicherten hervor. vgl. 2, a, α:
gott lasz euch selig schlafen,
stell euch die güldne waffen
ums bett und seiner engel schaar.
Gerhardt 61, 52 Gödeke.
e)
in engem zusammenhang mit der vorigen anwendung steht selig im sinne von 'betrunken'. die schläfer, um die es sich in den dort angeführten stellen Hauff mem. d. sat. 1, cap 16 und Gotthelf käserei 260 handelt, haben stark getrunken und schweiz. wird es auch vom betrunkenen gebraucht, der süsz schläft. Seiler 267ᵇ. so heiszt denn auch der betrunkene volksmäszig hd. und nd. überhaupt selig. Adelung. Lichtenberg 3, 74. Stalder 2, 369. Hunziker 239. Schmid 491. Schröer 206ᵃ. Spiesz 233. Albrecht 211ᵇ. Hupel 216. Frischbier 2, 337ᵇ. brem. wb. 4, 749. Schütze 4, 10. Dähnert 420ᵃ. Danneil 179ᵃ. Frommanns zeitschr. 5, 68, 25 (Westfalen). in Ostfriesland vom leicht berauschten. ten Doornkaat Koolman 3, 83ᵃ. einen selig machen, berauscht. westfäl. Robinson 43. man sagt in Holstein von einem vollständig betrunkenen: he is so seelig, he kennt sinen gott nig. Schütze 4, 90. man hat das wort in dieser anwendung als in übertragenem sinne gebrauchtes nd. sölig, schmutzig. brem. wb. 4, 915, sälig Mi 73ᵇ auffassen wollen, was gestützt wird durch sik besölen, sich vollsaufen. brem. wb. a. a. o., besälen Frischbier 2, 245ᵃ und ein im brem. wb. a. a. o. angeführtes sölig, betrunken, das aber heute in Bremen unbekannt ist. doch spricht das häufige vorkommen von selig, betrunken auf hd. sprachgebiet gegen diese ansicht, bei der die abneigung gegen solche übertragung eines vorwiegend kirchlichen worts mitzuwirken scheint.
f)
bisweilen schlägt die bedeutung des worts in das gegentheil von 'glücklich' um, im wesentlichen wol auf dem wege der ironie:
daʒ ich ir gediente ie tac,
des wil si mir gelouben niht, o wê! ..
seht, wie sælig ich ze lône bin!
minnes. 1, 185ᵃ Hagen;
ich mac wol von wârheit jehen
daʒ ich unsælden sælic bin.
Fleck Flore 1753 (zu dem genitivischen zusatz vgl. 1, a, δ);
er ist sælic dem des geslehts iht wirt,
daʒ sîn kint sô schier gebirt (3 monate nach der hochzeit).
Hugo von Trimberg renner 1708;
ich bin unze her gewesen
hie smæhe und sælic ie.
altd. wälder 3, 189.
g)
euphemistisch dient das wort zur bezeichnung einer krankheit: er (der jaspis) ist ôch goͮt wider die saligensuht, ob er den wîn trinchet dâ der stein inliget. quelle des 11. 12. jahrh. Germ. 8, 302. es ist wol die apoplexie gemeint, die in frühnhd. quellen das selige, selig heiszt. vgl. bair. (ältere sprache) das guot, ital. il benedetto in solcher bedeutung. Schm.² 2, 252: Lucium den ainen kaiser traf der gewalt gotts, schlueg in der tropf und das sälig und starp. Aventin 1, 876, 2 Lexer; fiel er urbaring dahin und starb ...; das sêlig het in geschlagen. 1074, 1; als man zelet nach Christi gepurt achthundert und neunundsibenzig jar, traf das sälig künig Karlman in Baiern und Italien zu Ötting dermassen, das im die sprach verlag. 2, 234, 2; es schlueg in (kaiser Arnulph) das sälig. 249, 6; die bürger verfälschten den landwein auf eine so unleidentliche weise, dasz mehrere leute das selige berührt hätte. quelle bei Schm.² 2, 252; des Fraunbergers hausfraw Benigna ist a. 1572 zu München durch das selig, gott behüt uns alle, unfürsehen hingenommen. quelle ebenda; wie hrn. canzler auf dem linksen arm dʒ seelig, darvor uns gott gnedig behüet, berüert. quelle von 1609 ebenda.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1900), Bd. X,I (1905), Sp. 514, Z. 60.

selig, adj.

selig, adj.
animatus, zu seele gehörig, vom vorigen zu trennen, s. seelig oben sp. 48, vgl. auch I des vorigen. an die unter seelig als rheinisch erwähnte verbindung kein seliger mensch für 'gar keiner' kann sich die folgende fügung schlieszen, wo sich selig allerdings auch nach II, 1, a des vorigen als 'tauglich, ordentlich' fassen läszt: er kann keinen seligen stich nähen. Heine 3, 25 Elster.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1900), Bd. X,I (1905), Sp. 526, Z. 78.

selig

selig
als zweites compositionsglied ist zum theil nicht selig, beatus, felix. armselig, mühselig, saumselig, trübselig sind ableitungen von substantiven auf -sal, -seli. nach solchen vorbildern werden andere wörter auf -selig geschaffen, denen kein substantiv auf -sal, -seli zur seite steht, so feindselig. bildungen mit selig, beatus, felix sind mhd. guotsælec, lobesælec, sigesælec, wîpsælec, wünnesælec, ebenso leutselig, mhd. liutsælec, arbeitselig, mhd. arbeitsælec. jüngere zusammensetzungen derselben art sind gottselig, holdselig, redselig. Wilmanns gramm. 2, 352. glückselig wird durch glücksal Brant narrenschiff 23, 5 als andersartige bildung gekennzeichnet, aber als zusammensetzung mit selig empfunden. Weigand⁴ 1, 712.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 3 (1900), Bd. X,I (1905), Sp. 527, Z. 5.

selling, f.

selling, f.,
nebenform zu seeling (vgl. dies oben sp. 48). Bobrik 637ᵃ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1900), Bd. X,I (1905), Sp. 540, Z. 66.

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Zitationshilfe
„selling“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/selling>.

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