Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

selten, ursprünglich adv., in neuerer sprache auch adj.

selten, ursprünglich adv., in neuerer sprache auch adj.,
raro, rarus. ahd. seltan, selten, raro Graff 6, 216, mhd. selten, bisweilen seltene, md. selden, seldene mhd. wb. 2, 2, 248ᵃ. Lexer mhd. handwb. 2, 872; mnd. selden, seldene Schiller - Lübben 4, 179ᵃ, nnd. selden brem. wb. 4, 746. ten Doornkaat Koolman 3, 171ᵇ, sellen Dähnert 421ᵇ. Schambach 190ᵃ; mndl. selden, zelden, nndl. zelden; altfries. sielden, saterl. selden Richthofen 1004ᵃ; ags. seldan, seldon, seldun, seldum Bosworth-Toller 858ᵇ, mittelengl. seldom, selden, selde Skeat² 539ᵃ, neuenglisch seldom; altnord. sjaldan Cleasby - Vigfusson 532ᶜ, schwed. sällan, dän. sjeldan. das wort ist eine erstarrte casusform eines nominalstammes, der hervortritt in got. sildaleiks, θαυμαστός (dazu sildaleik, n. θάμβος und die verben sildaleikjan, θαμβεῖσθαι, ἐκπλήττεσθαι, θαυμάζειν, sildaleiknan, θαυμασθῆναι), dem alts. seldlîk, seltsam, wunderbar, ags. seldlîc, sellîc, syllîc Bosworth - Toller 859ᵃ entspricht, der auch vorliegt in ahd. seltsâni, mhd. seltsæne, nhd. seltsam (s. dies unten). im älteren nhd. begegnet vereinzelt eine auffällige, adjectivisch gebrauchte form:
disz selte beyspiel steht vor alle.
sie ist wahrscheinlich nicht alt, denn entsprechungen in älteren sprachstufen fehlen, sondern neu entstanden im anschlusz an wörter, die zu jener zeit mit oder ohne n erscheinen, z. b. einzeln, einzel (besonders flectiert einzle); schüchtern, schüchter: aber es ist eine historisch durchaus berechtigte bildung, die einem vorauszusetzenden got. adj. *sild genau entspricht. der ursprung des stammes steht nicht fest. vermutet wird etymologische beziehung zu got. anasilan, κοπάζειν, still werden, lat. silere, schweigen Fick³ 3, 329. — frühnhd. begegnet die schreibung sälten Maaler 340ᵈ, sonst steht selten in der nhd. schriftsprache fest. mundartlich wird auch auf hd. sprachgebiet wie nd. bisweilen das t dem l assimiliert Frommanns zeitschr. 3, 48, 20 (rheinfränk.). 4, 237 (fränk. - hennebergisch). — die steigerung ist regelmäszig, seltener, seltner, seltenste. Adelung. schon ahd. ist der comparativ seltanor, seltenor (adverbial) bezeugt. Graff 6, 216. bedeutung und gebrauch. die bedeutung, in der das wort zufrühest erscheint und die bis heute im vordergrunde des gebrauchsgebiets bleibt, ist 'unhäufig'. die abzweigungen davon stehen meist in zusammenhang mit der ausdehnung des alten adverbs auf adjectivische anwendung. diese hat nicht in allen germanischen sprachen stattgefunden, nicht im ndl., engl. und schwedischen. im hd. und nd. deuten darauf zuerst glossen: seltener, rarus. mhd. wb. 2, 2, 218ᵃ, seldene, rarus Dief. nov. gl. 313ᵇ (15. jh.). Schiller-Lübben 4, 179ᵃ und verbindungen, in denen das wort adverbial oder prädicativ gefaszt werden kann (s. unten 3). in attributivem gebrauch ist das wort erst aus der zweiten hälfte des 17. jahrh. bezeugt (s. unten 4). dazu stimmt, dasz Maaler 340ᵈ (abgesehen von bestimmten prädicativ zu fassenden verbindungen, s. unten 3), Hulsius (1616) 296ᵃ und selbst Corvinus fons latinit. 1 (1660), 540ᵃ das wort lediglich als adv. bezeichnen, erst Schottel 1415. Stieler 2006 und die späteren lexicographen es daneben als adj. bieten.
1)
in adverbialem gebrauch als gegensatz zu 'häufig': selten gescah, raro. quelle des 10.—11. jh. bei Graff 6, 216; seltenor vindet man. ebenda; seltene wirdit concupiscentia in guote gesprochen. quelle des 12. jh. im mhd. wb. 2, 2, 248ᵃ; sälten thuͦn, nit allwäg, rarius facere Maaler 340ᵈ; der sälten trinckt, der nit allwägen trinckt, rarus in potu. ebenda; es geschicht sälten, rarum est. ebenda; die tragedie ist an der maiestet dem heroischen getichte gemesze, ohne das sie selten leidet, das man geringen standes personen und schlechte sachen einführe. Opitz poeterei 22 neudruck; doch diese liebe wärte nicht lange, wie denn solches feuer selten so beständig als häftig ist. Hoffmannswaldau bei Steinbach 2, 580; du kommst ziemlich selten in die kirchen, in templum paucies venire soles. Stieler 2006; er komt selten zu uns, egli viene da noi, ci visita raramente. Kramer deutsch - ital. dict. 2 (1702), 766ᶜ; ich esse, trincke selten zu frühe, io mangio, bevo raramente di mattina. ebenda; etwas selten gebrauchen, servirsi, valersi d'una cosa raramente, cioè con risparmio. ebenda; ich lege dieses kleid selten an, io metto di rado questo vestito. ebenda; dieser fisch wird selten gefangen, iste piscis raro capitur. Steinbach 2, 580; selten in die stadt kommen, paucies in urbem venire. ebenda; edelsteine werden selten gefunden, gemmae raro magnumque aetatum intervallis inveniuntur. ebenda; man siehet selten einen wohlgesinnten bürger, quasi albam avem videmus bene sentientem civem. ebenda; in dem schosze des glückes ist noch selten ein mann erzogen worden. Dusch bei Adelung; selten sahe man ihn lachen. Adelung; seine (des französischen dramatikers) menschen sind .. selten mehr als eiszkalte zuschauer ihrer wuth, oder altkluge professore ihrer leidenschafft. Schiller räuber schausp. 1. vorr.; zwey pistolen fehlen selten. 4, 5; die aloe blühet bei uns selten. Campe;
eʒ ist selten wîbe mêr geschehen
in slâfe kumber dem gelîch.
Wolfram Parz. 104, 18;
gedenk waʒ ich (frau Welt) dir êren bôt,
waʒ ich dir dînes willen lie,
als dû mich dicke sêre bæte.
mir was vil inneclîche leit daʒ du daʒ ie sô selten tæte.
Walther 101, 1;
eines tages was eʒ alsô komen
(daʒ doch selten dâ geschach)
daʒ man niht aventiure sach
unze wol nâch mittem tage.
under stunden daʒ ergienc,
daʒ ich dar umbe lôn enpfienc,
aleine geschach daʒ selden.
ich wel mit witzen
ziehen in Galitzen
und in Hispanien darzu:
durch goitt wel ich selden ruwe.
Alsfeld. pass. 8039 Grein;
iedoch sie (liebende) selten frewd gewinnen.
H. Sachs fastn. sp. 1, 7, 228 neudruck;
dw gern hast gspilt und selten gwunnen.
2, 8, 255;
mit unrecht klagest du, treuherziger Aemil,
dasz man so selten nur auf deine worte bauen,
mit gleichem gleiches dir gar nicht vergelten will:
wer allen alles traut, dem kann man wenig trauen.
Lessing 1, 9;
selten habt ihr mich verstanden,
selten auch verstand ich euch,
nur wenn wir im kot uns fanden,
so verstanden wir uns gleich.
H. Heine 1, 130 Elster.
sprichwörtlich:
drum hent wir ein gwüssen pscheit,
dasz selten fröut kumpt an (ohne) leit.
fastn. sp. 849, 20 Keller;
wer was will gelten,
der komme selten.
Simrock 448, 9504;
de selden to bade kumt, de vorbernt gerne den ers. Tunnicius 827; was selten kompt, das acht man hoch. Petri 2 (1605) Zz 3ᵃ; was selten kompt, das kompt wol. ebenda; der gescheide komt selten, aber wol, il saggio viene di raro, mà bene. Kramer deutsch-it. dict. 2 (1702), 766ᶜ; vortreffliche sachen findet man selten, omnia praeclara rara. Frisch 2, 263ᶜ; es kommt selten was besseres nach. Wander 4, 538; ein unglück kommt selten allein.
2)
selten erscheint in älterer sprache häufig, in neuerer bisweilen, wo 'nie' gemeint ist, eine eigentlich euphemistische oder ironische anwendung, vgl. J. Grimm kl. schriften 6, 221. mhd. wb. 2, 2, 248. verstärkt durch vil, harte, gar:
vil selten âne huote   man rîten lie daʒ kint.
Nib. 26, 1;
ine trouwiu, schœne vrouwe,   nimmer an gesigen,
und sol ouch harte selten   iu sô nâhen bî geligen.
589, 4;
ich wæn vil selten in daʒ gerou.
Ottocar 398 Seemüller.
gnomisch:
vil selten ieman missegât,
swer sîniu dinc an got verlât.
Vridanc 2, 14;
ja geniuʒet man vil selten
der bœsen gesellen.
Wirnt v. Gravenberg Wigalois 2337;
eʒ wirt vil selten hirʒ erjeit
mit slâfendem hunde.
2883;
ein wolf sieht man vil selten tragen
ein schâfes sweif.
Boner 54, 49;
wolf und gensz auf einer peunt:
die werden gar selten gut freunt.
priam. 42, 6 Euling.
aber auch alleinstehend:
bæte ieman reine vrouwen guot,
daʒ niht ir êren zæme,
dem trüege ich selten holden muot.
minnes. 1, 73ᵇ Hagen;
ich wæn mich iemen küssens wene
an ein sus wol gelobten munt:
daʒ ist mir selten worden kunt.
Wolfram Parz. 130, 16;
daʒ mich got erlâʒe   in minem hûs eins solhen ingesindes,
daʒ ich alsô tiure müese gelten!
die wîle ich hân die sinne,   so wirt es von mir gewünschet selten.
Tit. 18, 4;
vertragen, daʒ doch vil manic man
in michelme gewalte kan,
dar an gedâhte er selten.
und du, mein alta, bist zu hefftig,
wiewol du es selten thust geniessen.
H. Sachs fastn. sp. 1, 44, 216 neudruck;
gnomisch:
unwirde selten wirde hât gemêret.
minnes. 1, 343ᵃ Hagen;
daʒ anegenge ist selten guot,
daʒ bœseʒ ende hât.
Walther 89, 39:
der guote wîn wirt selten guot, wan in dem guoten waʒʒe.
106, 17;
swâ adel und ellen entsament sîn,
dâ tuot daʒ adel selden schîn
mit ruomworten sîne tât.
meineidige und logenêre
erkrîgent selden vrume und êre,
man sît si des selden beginnen,
dâ si êre mit gewinnen.
d. städtechron. 12, 4505 (Köln, Hagen);
an untriuwe, wâ diu vür gât,
ein guoteʒ ende selten stât.
Boner 6, 36;
übermuth
thut selten gut.
Simrock 503, 10599;
en theertunne wart zelden schone. Lüb. chron. 2, 431 (korrespondenzbl. d. vereins für nd. sprachf. 3, 66). mhd. wird selten sogar mit nie, niht zusammengestellt:
guoter gebite noch nie gebrast
mit schœnen zühten selten.
minnes. frühl. 245, 36;
in ir dienste, des sî nie
selten mich genieʒen lie.
Haupts Neidhart XII, 2;
sîniu jâr diu giengen hin
alsô lobelîchen
daʒ man nie alsô rîchen
sô senftes willen selten vant.
Bit. u. Dietl. 100;
andere belege s. mhd. wb. 2, 2, 248.
3)
zu adjectivischer verwendung, zunächst im sinne von 'unhäufig', leiten fälle über, wo das wort adverbial oder prädicativ gefaszt werden kann: iedoch sol man die spise selten haben. quelle des 12. jahrh. im mhd. wörterb. 2, 2, 248ᵃ; sälten zefinden, rarum inventum (sc. etwas ist s. z. f.). Maaler 340ᵈ; sälten zesagen, rarum dictu (sc. wie dergleichen verläuft, ist s. z. s.). ebenda. daran schlieszt sich wol eine prädicative verbindung mit dem verb. substantivum: die wahren freund seynd selten, i veri amici sono rari. Kramer deutsch-it. dict. 2 (1702), 766ᶜ; die sich am wenigsten auf diese fläche (die milchstrasze) beziehenden (fixsterne) werden zur seite gesehen, sie sind aber ebendeswegen weniger gehäuft, weit zerstreuter und seltener. Kant 8, 255; die nordlichter sind in unsern gegenden selten. Adelung; das grose ist so selten. Göthe briefe 5, 87 Weim. ausgabe; in gegensatz gestellt zu seltsam, befremdlich, sonderbar: dasz andere zu vermögen glauben was sie nie vermochten, ist wohl seltsam aber nicht selten. werke 49, 74. mit auslassung des verbs, sprichwörtlich:
was selten
musz gelten.
Simrock 448, 9503.
4)
ebenso dann auch attributiv: ein seltener gast, un visitante ben raro. Kramer deutsch-it. dict. 2 (1702), 766ᶜ; seltene bücher, rare (die man nicht häufig findet). Adelung;
denn niemals kehrt er heim, er bracht' euch etwas,
wars eine schöne alpenblume, wars
ein seltner vogel oder ammonshorn,
wie es der wandrer findet auf den bergen.
Schiller Tell 4, 3.
mit dativischem zusatz: dadurch gewannen sie eine jenen gegenden seltenere ausbildung. Göthe 43, 396. mit hervorhebung des begriffs der eigenartigkeit, der sich naturgemäsz mit dem der unhäufigkeit, ungewöhnlichkeit verknüpft: gleichwol aber gerieth ich zu einer gesellschafft mittelmässigen standes, weil sie von einer seltenen sache, nemlich von dem Mummel - see, discurirten, welcher unergründlich und in der nachbarschafft auff einem von den höchsten bergen gelegen sey. Simplic. 2, 45, 19 Kurz; es war nicht die art dieses seltenen mannes (Serlos), vertraulich zu seyn. Göthe 19, 144; dadurch ward mir ein theil des aufenthalts dieser seltenen frau (von Staël) historisch. 31, 170;
es endigt sich dein seltnes abenteuer.
Hagedorn 2, 118.
so wird denn selten wol mit seltsam zusammengestellt: die dame .. erzählte manches vortheilhafte von diesem seltenen und seltsamen manne. Göthe 28, 246; Lavater war eigentlich ganz real gesinnt und kannte nichts ideelles als unter der moralischen form; wenn man diesen begriff festhält, wird man sich über einen seltenen und seltsamen mann am ersten aufklären. 48, 142. aber auch so wird es in gegensatz dazu gestellt: vorliebe fürs paradoxe ist zwar logischer eigensinn, nicht nachahmer von anderen sein zu wollen, sondern als seltener mensch zu erscheinen, statt dessen ein solcher oft nur den seltsamen macht. Kant 10, 124.
5)
häufig dient das wort zur bezeichnung des hervorragenden in gutem sinne (vergl. was gut und schön ist, das ist auch seltsam, ciò ch' è caro, è raro. Kramer deutsch-it. dict. 2 (1702), 766, lat. omnia praeclara rara, sc. sunt): ein seltener geist, verstand, spirito, ingegno raro e pellegrino. ebenda; ein seltenes glück, una fortuna strana. ebenda; der mensch hat seltene gaben, costui hà rare, eccellenti qualità. 767ᵃ; ein seltenes kleinod, rara gioia. ebenda; eine seltene klugheit, schönheit, una prudenza, bellezza pellegrina nuova e non veduta mai. ebenda; eine seltene keuschheit, seltene tugend, una castità, virtù insigne. ebenda; dieser sammler hat ein seltenes stück, wie man es nicht häufig findet, dann auch: ein schönes, vortreffliches. Jacobsson 4, 138ᵇ;
mit seltner kunst flichtst du der götter rath
und deine wünsche klug in eins zusammen.
Göthe 9, 34;
gieb mir (o vorsicht)
den seltnen mann mit reinem, offnem herzen,
mit hellem geist und unbefangnen augen,
der mir sie (wahrheit) finden helfen kann.
Schiller don Karlos 3, 5;
der seltne mann will seltenes vertrauen.
Piccol. 1, 4.
auch entsprechend adverbial, als begleitwort von adjectiven, die eine gute eigenschaft bezeichnen, ihre bedeutung steigernd: ein selten gutes kind, ein sehr gutes, dergleichen man selten findet, als wendung der umgangssprache bezeichnet Adelung; ebenso: selten klug, gelehrt, schön, ausnehmend Sallmann 84ᵇ; bis heute in besserer schreibart gemieden. das adj. wird daneben, aber weniger häufig, auf das in bösem sinne hervorragende bezogen: das unglück verfolgt ihn mit seltner härte. Adelung. ein entsprechender adverbialer gebrauch ist aber selbst nicht in der umgangssprache ausgebildet.
6)
bisweilen verschärft sich die bedeutung des eigenartigen (s. 4 am ende) zu der des befremdlichen, sodasz selten den gewöhnlichen sinn von seltsam annimmt: über dies werk ... ist viel seltner und halbwahrer tadel vorgebracht worden, durch den weder dem künstler noch weisen gnüge geschiehet. Herder 8, 78 Suphan;
und er schlummert fast,
als ein seltner gast (die tote geliebte)
sich zur offnen thür herein bewegt.
Göthe 1, 243;
wunderlich irrte darauf der eingeführte (bei den eleus. mysterien) durch kreise
seltner gestalten.
275;
du irrst gewisz, und wie du sonst zur freude
von andern dichtest, leider dichtest du
in diesem fall ein seltenes gewebe,
dich selbst zu kränken.
9, 204.
prädicativ: das seltsame urteil des seel. Christs ist nur dem ersten anblick nach selten: die deutsche sprache habe seit dem 16ten jahrhundert viel von ihrer vortrefflichkeit verloren. Herder 1, 372 Suphan. mit dativ der person: eure briefe seynd uns selten, le vostre lettre ci paiono prodigi, mostri d'Africa. Kramer deutsch-ital. dict. 2 (1702), 767ᵃ. adverbial: ein seltner satz, der im ersten abschnitt (des Laokoon), auch eben so selten, mit einer armee von weinenden helden, die ich im Homer nicht kenne, bewiesen wird. Herder 3, 22 Suphan.
7)
das seltene, seltenes, im sinne von 4, mit hervortreten des begriffs der eigenartigkeit: weil er bereits an seinen kleidern gesehen, dasz etwas seltenes an der person selbst seyn müste. Simpl. 2, 48, 4 Kurz. dem seltsamen gegenüber gestellt: man konnte Schillern nicht in der praxis gleichen, und suchte ihn daher zu übertreffen in der theorie, wobei denn manchem begegnete, statt des seltenen das seltsame zu sagen, und unsinn für gedankentiefe zu halten. Wieland 35 (1858), 93; am neuen sehen wir nur das seltsame; aber im seltenen jedoch alsobald das bedeutende zu erblicken dazu gehört schon mehr. Göthe 23, 35. mit betonung des überraschenden das seltene, das ungehoffte zusammengestellt:
ist's denn das erstemal, dasz er das seltne,
das ungehoffte thut?
Schiller Piccol. 3, 5.
ähnlich neues und seltenes, doch so, dasz der begriff des unhäufigen völlig hinter dem des überraschenden verschwindet (vgl. 6):
steiget, freunde, nun aus und geht, damit ihr erfahret.
ob das mädchen auch werth der hand sey, die ich ihr biete.
zwar ich glaub' es, und mir erzählt ihr nichts neues und seltnes.
Göthe 40, 284.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1900), Bd. X,I (1905), Sp. 542, Z. 3.

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Zitationshilfe
„selten“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/selten>.

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