Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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sänfte, f.

sänfte, f.
lenitas, lectica.
Formales. das wort ist abgeleitet vom adj. sanft und lautet ahd. samfti Graff 6, 225, mhd. semfte, senfte. im älteren nhd. begegnet neben der umgelauteten form auch eine umlautlose, die durch angleichung an die um diese zeit häufiger auftretende unumgelautete adjectivform entstanden ist (vgl. sanft I): in inen ist kein sanfte, es ist alles sammen ruch, da ist kein süsze aber allein bitterkeit. Keisersberg irrig schaf D 3ᵃ; das sie (die kinder) zeitlich ding lernen verachten, unglück mit sanffte und gedult tragen, und den tod nicht fürchten. Luther 4, 519ᵇ. in quellen der gleichen sprachperiode findet sich sänftin, das seiner form nach abstractbildung vom verbum sänften wäre, bei seinem seltenen auftreten jedoch wol eher als spätere analogiebildung aufgefaszt werden musz: der weisz man spricht, die sterbenden fliegen verderben die sänftin der salben. Keisersberg predigten (1510) 123ᵃ.
Bedeutung und gebrauch.
I.
abstract, das sanftsein, der zustand des sanften, mehr der älteren sprache angehörig.
1)
nach sanft II, 1. mit bezug auf das gehör: in lefftzen und allen deszgleichen wörtern von allerley buchstaben, wo sie nit composita sein, höre man auf die senffte und wohllaut der stymmen. V. Ickelsamer gramm. d 4.
2)
nach sanft II, 2.
a)
von mäsziger krümmung (vgl. sanft 2, a am ende): an hohen und stickern gebirgen legt sich niemand gerne ein, wenn aber die gebirg jr danlag und geheng, und ein feine senffte haben und vil sonne, da versucht mancher sein heil. Mathesius Sar. 37ᵃ.
b)
bequemlichkeit, annehmlichkeit, ruhe, gemach (vgl. sanft II, 2, b): ein mensch der gesund ist, der befindet einer sanfte in aller seiner natur, die speis schmackt im wol, er schlaft leichtiglich, er ist wacker und tetig ze thun, was er tun sol, aber dieweil einer siech ist, so befindet er keiner sanfte. Keisersberg seelenp. 52ᵃ;
die wegmüeden vrouwen   die heten semfte und ouch gemach.
Nibel. 1317, 4;
ich bin ûʒ senfte in swære komen.
Hartmann v. Aue büchlein 2, 42;
süeʒer senft für sûre nôt
er mit werder helfe pflac.
W. v. Eschenbach Parz. 644, 3;
eʒ sî tac oder naht,
der man slâfe oder wache
mit senfte, mit ungemache
wehset ie des alters zît.
R. v. Ems Baarl. u. Jos. 33, 2.
mit objectivem genitiv:
unser trôst (Gawein) hât im erkorn
sîner ougen senfte, 's herzen dorn.
W. v. Eschenbach Parz. 600, 9.
c)
leichtigkeit (vgl. sanft II, 2, b, β am ende): samfti, possibilitas. glosse bei Graff 6, 225.
d)
sanftmut, sanftes wesen (vgl. sanft II, 2, c).
α)
vom menschen: ein wort mac mir niht an dem lîbe geschaden, .. noch an dem guote, noch an den êren gên den liuten; wan vertrage ichʒ mit senfte, ich bin in dar nâch lieber unde werder denne dâ vor. d. mystiker 1, 316, 20; der teufel .. walte der gedult und senffte, die den glauben stürtzt. Luther 3, 285ᵇ; sie können recht wüten (sehe ich wol) wenn sie recht troffen werden, die sonst jederman, gedult, sittigkeit und senffte leren und auffrücken. 332ᵇ; zwar gegen menschen gebt jr grosse demut, senffte, und gedult für, aber gegen gott und sein wort seid jr gleich toll und thöricht. 365ᵃ; wie das fürstliche geblüt, so auch der fürstliche muth zuvor in gnädiger sänfte und gutwilligkeit gleich und eins sey. briefe 1, 435; sie sind gleich den verstockten pharisäern, die alle güte und sänfte unsers herrn Christi lieszen fahren. 2, 212; ihre gesetze zeichnen sich durch sänfte und menschlichkeit aus. Schlözer weltgesch. (1792) 178.
β)
vom gemüt, herzen: alsô hilfet wîslichiu betrachtunge ze gedult unde ze senfte des herzen unde ze allen tugenden. d. mystiker 1, 330, 4.
γ)
vom thier: Plutarchus sagte: es sey kein thier so wild, dasz man nit zur sänffte gewehnen köndte. Lehmann 2, 153.
II.
concret, bequemer tragstuhl, tragbett. Alberus dict. pp 4ᵃ. Schottel 1391: der könig Salomo lies jm eine senffte machen von holtz aus Libanon. hohel. 3, 9; und werden alle ewre brüder aus allen heiden erzu bringen, dem herrn zum speisopffer, auf rossen und wagen, auff senfften, auff meulern und leuffern. Jes. 66, 20; da muste der (so zuvor sich fur grosser hoffart düncken lies, er wolte dem meer gebieten, und die berge auff einander setzen) von einem einigen fall, sich in einer senfften tragen lassen. 2 Macc. 9, 8; wie es neune schlägt, kommt eine sänfte und trägt ihn nach hause. Fr. Müller 2, 115; die sänfte, die man in der eile aufgerafft hatte, geht entzwei, und der prinz sieht sich genöthigt, den rest des weges zu fusze zu machen. Schiller 4, 276; wo zwei sänften auf sie gewartet hätten, in die sie gestiegen seien. 325; auch della Valle führt seine schöne Maani und ihre frauen, zu pferd und sänfte, dem heer und hofe nach. Göthe 6, 199;
die frau ...,
die helden niederwirfft, und in der senfften liegt,
wirst du erfreu't Angiers, in tieffem kummer schauen!
A. Gryphius (1698) 2, 335,
und was zu fusz ist, flieht durchs chaos der carossen,
vor eseln an der sänft, und ungeduldgen rossen.
Zachariä scherzh. ged. (1761) 173;
als des königs liebste kebsin
solche harte rede hörte,
stürzte sie aus ihrer sänfte
und umhalste den gebieter.
H. Heine 1, 361 Elster.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 10 (1892), Bd. VIII (1893), Sp. 1782, Z. 42.

senften, verb.

senften, verb.,
für sänften theil 8, 1783 in älterer sprache geschrieben: ir wütende tyranney senfften. Luther 2, 65ᵇ; dieselbigen zu lindern, senfften und stillen. 5, 93ᵇ; mit solchem glauben müssen die christen jr leiden senfften, und stillen. 6, 228ᵃ; den speisen die schärfe benehmen: das uberig dʒ nicht durch das tuch geet das magstu myt gutem czucker senfften. kuchenmeisterey D 5.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1900), Bd. X,I (1905), Sp. 583, Z. 60.

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Zitationshilfe
„senften“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/senften>.

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