Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

sklavisch, adj.

sklavisch, adj.
zu sklave, schlavisch, servilis. Stieler 1830 (in den belegen sklavisch, s. unten 1). Kramer deutsch-it. dict. 2, 562ᵃ. Steinbach 2, 439, sclavisch, servilis, tamquam mancipium serviens. Frisch 2, 252ᵃ, einem sklaven ähnlich, in dessen zustande gegründet. Adelung, sklavisch Campe, sclavisch Weigand⁴ 2, 764, in älterer zeit auch slavisch. Schiller 6, 345 (s. unten 2, b), wie andrerseits früher auch im sinne des heutigen slavisch die form sclavisch erscheint: sclavisch oder schlavonisch pferd, nemlich aus Schlavonien. Kramer deutsch-it. dict. 2 (1702), 562ᵃ und in diesem sinne schlavisch gleichfalls berechtigt war. vgl. auf schlavisch unter 1, a und sklave I, 6.
1)
einem sklaven zukommend, zu theil werdend.
a)
für die bedeutungsentwicklung von sklave interessant sind die folgenden älteren fügungen, die eine verbindung von auf mit dem unflectierten positiv des adj. zeigen, wie sie sonst nur bei adjectiven von volksnamen üblich ist (nur selten bei andern vorkommend. s. auf oben theil 1, 613, 25), aber das adj. in obigem sinne bieten: auf schlavisch erzogen, gehalten werden, esser' educato, trattato, tenuto da schiavo. Kramer deutsch - ital. dict. 2 (1702), 562ᵃ; einen auf schlavisch brügeln, bastonar' uno alla schiavo, da schiavo cioè alla turchesca: dorso, piedi e ventre. ebenda (auf türckisch. 1163ᵇ).
b)
sklavischer dienst, famulitium. Stieler 1839; das schlavisch joch, jugum servile. Steinbach 2, 439; sclavische arbeit verrichten. Adelung; sklavisches leben. Campe. sklavische gelübde, frei: unsere sklavischen gelübden sollten aufgehoben, unsere klöster zu heiligthümern der menschlichkeit, zu freystätten für unglückliche, für lebensmüde, für verlassene geweiht werden. Gotter 3, 65. adverbial: mit den unterthanen schlavisch umgehen, dominari in subditos ut in mancipia. Steinbach 2, 439; freier: sklavisch erzogen werden, servili vernilitate imbui. Stieler 1830.
2)
die art eines sklaven habend oder davon zeugend.
a)
in bezug auf einen wirklichen sklaven hinsichtlich seiner äuszern lebenslage, indem dieser einem gefangenen vogel verglichen wird: er (der prophet Muhamed) schweigt und billigt den entschlusz der ringeltaube (Melechsala), den sklavischen hänfling der kette, woran er kümmerlich wasser zieht, zu entledigen und mit ihm zu nisten. Musäus volksm. 1, 110. freier, in bezug auf benehmen und innere art, von personen: der hofmeister des edlen jungen herrn war ein sklavischer kerl, ein niedriger speichellecker. J. G. Müller Siegfr. v. Lindenberg 1, 50; sklavischer mensch. Campe; ähnlich:
verläumdung, stolz und sorgen,
was städte sklavisch macht,
das schwärzt nicht seinen (des landmanns) morgen,
das drückt nicht seine nacht.
Hagedorn 3, 71.
geistige abhängigkeit bezeichnend:
schande ladet auf sich der mann,
auf sein sklavisches volk, welcher den otterleib
seiner gözin, der Buhlerei,
hüllt in göttergewand, und die bezauberte
unschuld vor dem altar ihr würgt!
Hölty 97, 2 Halm;
sklavischer nachahmer, übersetzer.
b)
dann auch vom wesen, innerer art und ihrer äuszerung selbst: schlavisches gemüt, schlavischer sinn, animo, spirito, senso servile. Kramer deutsch-ital. dict. 2 (1702), 562ᵃ. sklavische furcht; sklavische unterwürfigkeit. sklavische handlung: eine sclavische handlung ist nicht immer die handlung eines sclaven (im eigentlichen sinne). Lichtenberg 1, 109. in bezug auf geistige abhängigkeit: sklavische nachahmung, sklavische übersetzung u. ähnl.: dieser fortströmende gang des gedichts muszte nun in der übersetzung unterbrochen .. werden, wenn anders die stanzenform ungezwungen scheinen, und das slavische gepräg einer übersetzung verwischt werden sollte. Schiller 6, 345.
c)
entsprechend adverbial: sich sclavisch fürchten. Adelung; sclavisch nachahmen. ebenda. bei unpersönlichem subject:
aus ihrer bahn, die sie hat sklavisch wandeln müssen
vom anbeginn, wird sie (die erde) durch seine (des kometen) kraft gerissen.
Freiligrath 1 (1886), 104.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1902), Bd. X,I (1905), Sp. 1324, Z. 7.

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Zitationshilfe
„sklavisch“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/sklavisch>.

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