Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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soldat, m.

soldat, m.
ursprünglich der sold empfangende, geworbne krieger im gegensatze zu dem, der nach land- oder lehnrecht zum waffendienste verpflichtet ist, nach ital. soldato, franz. soldat; das wort ist in dem eigentlichen mhd. noch ungebräuchlich, an seiner stelle werden andre bildungen verwandt, vgl. söldner; soldât kommt aber im sinne von sold vor. mnd. soldât Schiller-Lübben 4, 287ᶜ; nld. soldaat, dän. und schwed. soldat. im engl. aber soldier, vgl. söldner; soldat, kriegsmann. Hulsius dict. (1616) 299ᵇ; soldat zu fusz, zu land, zu wasser. ebenda; soldat, miles, der sold hat. Schottel 1417; Kramer deutsch-ital. dict. (1702) 2, 832ᵃ meint, das wort sei durch die spanischen und ital. söldner am ende des 16. jahrh. über Flandern nach Deutschland gekommen; dem liegt eine richtige beobachtung zu grunde, soldat wird zunächst auf die gemeinen bezogen, diese werden aber im 16. jahrh. noch als knechte (infanterie) und reisige (kavallerie) bezeichnet:
vorzeiten warn die soldner werth,
die wurden in landtsknecht verkehrt,
denen bleib lang die meinste stimm.
ietzund gilt solcher nam auch nim,
dann soldat kompt und ihn verdringt,
und was sonst nach dem welschen klingt.
Kirchhof wendunm. 3, s. 108 Österley.
bei Schütze (beschr. d. lande Preuszen 1599) steht im register soldaten, im text s. 238 soldener; Campe bezeichnet soldat als ein 'niedriges, aber deswegen noch nicht verwerfliches' wort und fürchtet im ergänzungswb., dasz soldat nicht werde aus der sprache ausgetilgt werden können. soldat flectiert schwach; genitiv des soldaten; starker genitiv:
der pumpernickel des soldats
wird mandelkuchen.
Heine 1, 313 Elster;
plur. soldaten; derb, lustig soldatens: soldatens spielen. J. Paul Siebenk. 2, 130; Steinbach 2, 601 hat den nom. der soldate, eine mundartliche form saldat (alem.) ist in der zeitschr. f. d. philol. 18, 472 belegt.
1)
die bedeutungsgeschichte des wortes schlieszt sich der entwickelung der heereseinrichtungen an, was hier im einzelnen nicht verfolgt werden kann. in der zeit der allgemeinen wehrpflicht wird das wort weitergeführt, und die besondere beziehung zu sold entschwindet dem sprachgefühl; alles gehässige und verächtliche, was sich früher wol mit soldat verband, wird auf das wort söldner abgewälzt. in der neuen heeressprache bezeichnet soldat einmal jeden angehörigen des heeres (im gegensatz zum 'civilisten'), dann die gemeinen im gegensatz zu offizieren und unteroffizieren; ferner dient es als berufsbezeichnung für die offiziere und unteroffiziere, insofern sie über das staatsbürgerliche masz hinaus dienste thun. im dienstverkehr werden die gemeinen nicht als soldaten, sondern nach ihrer waffe bezeichnet (kanonier, musketier, dragoner N.; aber in zusammensetzung: trainsoldat N.) (soldaten werden) angenommen (geworben), bewehret und auffm musterplatz gemustert. Comenius sprachenthür übers. von Docemius 695; beurlaubet (abgedanket). 723; barritus, das geschrey und zusprechen der soldaten, wenn sie in gestelter schlachtordnung einander zusprechen, und zur tapfferkeit ermahnen. Corvinus fons lat. (1660) 87ᵇ; versuchter soldat, veteranus; ausgedienter, freywilliger soldat; stadtsoldat, praesidiarius; schiffsoldat. Stieler 2055; soldaten exerciren, trillare soldati; einlegen, in die quartier legen, einquartieren; in rotten, glieder, compagnien, regimenter, bataillons, esquadrons austheilen; garnison-, besatzungsoldat (im gegensatz zum feldsoldaten); gemeiner soldat; ausgemusterter soldat. Kramer deutsch-ital. dict. (1702) 2, 832ᵇ; fluchen, schweren wie ein soldat. ebenda; ein soldate werden; grentzsoldate. Steinbach 2, 602; ein ausgehärteter soldat; soldaten auf den beinen haben. Apin gloss. (1728) 499; stadt-soldaten, die eine stadt, als eine reichs-stadt zum reich giebt, als ihr contingent. Frisch 2, 285ᵇ; im engern verstande werden die gemeinen zu fusze zum unterscheide der reuter und dragoner, soldaten genennet. Eggers kriegsl. 2, 920; ein gemeiner soldat, welcher oft nur soldat schlechthin genannt wird. Adelung; unter die soldaten gehen, einen unter die soldaten stecken. Campe; soldaten einziehen, vereidigen u. s. w.; die nicht seemännisch, nur für den waffendienst ausgebildete besatzung auf kriegsschiffen nennt man seesoldaten. Bobrik naut. wb. 625ᵇ; einen artilleristen scherzhaft kanonensoldat. Schütze 4, 155; ebenda sladod, scherzhafte verdrehung von soldat; berufssoldat im gegensatze zu dem, der nur seiner heerespflicht genügt. erstlich hat sich einer ausz den soldaten so voll gesoffen im gebränten wein, dasz ihm derselb das hertz hat abgestoszen. Kirchhof wendunmut 2, 439 Österley; und wie ich anderwert gesagt, dasz soldthaten heutigs tags für den sold gar wenig thaten thun, ist ursach, weil sie eben gar wenig sold für jhre thaten bekommen. Philander 2, 543; wie leicht könten die gemeinen soldaten einen neuen gefährlichen auffruhr oder lärmen in Teutschland anrichten. Rist friedej. Teutschland (1653) 108; dahero muesz es (das dorf) ... so wol kaiserlich als lantfürstlich soldaten rasttag, nachtlöger, einkehrens und durchzigen vill ungemach erleiden. tir. weisth. 1, 71, 20; kais. völker und soldaten. 80, 39; zigeiner, vaganten oder ausgerissne soldaten. 46, 3; arme oder andere vagirende leit, soldaten oder herrnloses gesindl. 92, 35; durchstreichenden soldaten. 4, 1, 269, 21; auch solle mit einquartierung der soldaten ein gleichheit und moderation gebraucht werden. steir. taid. 528, 37; ein soldat verkaufft sein leben umb geld; gib ihnen viel kopfstücke, so gibt er dir seinen kopf wiedrumb. ein tapfferer soldat, wenn er wohl auszgefuttert ist, greifft den feind hurtig an, wann er aber mit leerem bauch fechten soll, wird er sich hurtig mit der flucht wehren. Olearius pers. rosenth. 1, 17; gleich wie die soldaten, so im felde tapffere leute; im quartier aber stänker, mauser und böse früchte seyn. Butschky Pathmos 532; es ist ein gewisser soldat gewest, der eines lustigen kopffs ware, diser tragte immerzu einen rothen hut. Abraham a S. Clara Judas 2, 361 (1690); der erste soldat ist der ertz-engel Michael gewest. etwas für alle (1699) 52; man findt zuweilen einen soldaten, der den bloszen nahmen führet; im übrigen ligt er die meiste zeit zu Wien beym haasen-wirth im quartier, und musz ihn der nechste flecksieder mit hertz versehen, wenigist umb 3. kreutzer. ein mancher prangt mehrer mit der plumaͤschi, als mit der courage: ein mancher verstehet sich besser auf die pastetten, als auf die pasteyen: ein mancher tracht mehrer nach der parocken, als nach den paraquen: ein mancher befleist sich mehrer auf das haar-pulver, als auf das schiesz-pulver; ein mancher steckt öffter in der schlaff-hauben, als beckel-hauben; ein mancher hört lieber die fletten und flautten, als er sicht die flinten; ein mancher liebt mehrer die Sabindel, als den säbel. 56; man kans zwar nit laugnen, dasz bey den soldaten die heiligkeit zimblich schitter wachse, und finde man mehrer federbusch als schein auff den chaszkett und peckelhauben. reimb dich 97 (1693). (von einem soldaten wird gefordert) dasz er drey stuck an sich habe, etwas von dem garten, etwas von der karten, etwas von der schwarten. von der schwarten disz, dasz er bey infallender noth könne hunger auszstehen, dasz ihm die schwarten krachen. von den karten musz er haben hertzbub, von dem garten musz er haben das blümel ritterspohren, wo diese drey ding seynd beysammen, verdient man erst eines soldaten nahmen. 96; mit der tapferkeit des soldaten verband er den kalten und ruhigen blick des feldherrn. Schiller 8, 380; ihren soldaten, statt ehrenvollen soldes, ein bettelhaftes almosen kümmerlich zu spenden. Göthe 43, 398;
ein schön soldat hinderm glasthurm.
was hastu bey nacht für ein sturm.
Sommer Cornel. releg. F 7ᵇ;
frisch auff, jhr dapfere soldaten,
ihr, die jhr noch mit teutschem blut,
ihr, die jhr noch mit frischem muht,
belebet, suchet grosze thaten.
Weckherlin ged. (1648) 522;
der soldat ist nicht gut
der nicht fest trawt auf gott
der nicht mannfest in noth
und singt das re sol ut.
Philander 2, 714;
dein (des kriegsgottes) volck auch die soldaten
verträget mit gedult ausz lust zu guten thaten
des sommers heiszen schein, des kalten winters noth,
schöpfft wasser mit der hand, iszt liebes schwartzes brodt,
drückt in der nacht das land, geht nackend und zerrissen,
trägt eysen in der faust, und bastschue an den füssen,
ist bauch und seckelleer.
Opitz 1, 108 (1690);
ein theil, der sich soldaten nennt,
versammlet sich in weiten auen,
mit langen messern in der hand,
womit sie sich, von wut entbrannt,
bey tausenden zerhauen.
Gellert 3, 123 (1775);
ich bin ein preuszischer soldat,
der in der schlacht bei Kunersdorf
das bein verlor.
Hölty 38 Halm;
mein seel! ich werde kein soldat,
und wandre lieber hinterm pflug.
39;
sein sold
musz dem soldaten werden, darnach heiszt er.
Schiller Picc. 2, 7;
der saus und braus
macht denn der den soldaten aus?
Wall. lager 6;
der dem tod in's angesicht schauen kann,
der soldat allein, ist der freye mann.
11;
ich gehe durch den todesschlaf
zu gott als ein soldat und brav.
Göthe 12, 198;
krieger nicht, soldaten kaum,
banditen, gauner, feige mörder sind's.
Baggesen poet. werke 2, 44 (1836);
das ist dem könig seine gröszte freud,
soldaten und die bauersleut.
der soldat der streit für's vaterland,
der bauersmann schafft uns brod ins land.
Leoprechting aus dem Lechrain 263;
ein guter soldat hinder dem ofen, ferox extra periculum. Dentzler 2, 266ᵃ; ein junger soldat, ein alter bettler, Martis praemium paupertas. ebenda; de hunger drift 't d'r henin, sä' de soldât, do êt hê spek up sîn botterbrôd; 't is 'n slump, dat'n soldât in d'hemmel kumd. ten Doornkaat Koolman 3, 255ᵇ; vgl. zum letzten: damitt wirdt er eher in den himmel kommen alsz mitt betten. wo soldatten ordinari hinkommen, geht es nicht woll her. Elis. Charl. v. Orl. briefe s. 64 Holland (Tüb. 1871), nr. 399;
sobald ein soldat wird geboren,
seyn ihm drey bauren auserkohren,
der erste, der ihn ernährt,
der ander, der ihm ein schönes weib beschert,
und der dritt, der vor ihn zur höllen fährt.
Simpl. 3, 220, 1 Kurz;
nach dem bekannten alten sprüchwort ...:
wo die soldaten sieden und braten,
und pfaffen zu weltlichen dingen rathen
und weiber führen das regiment,
da nimmts gar selten ein gutes end.
1, 48 Keller;
vom tollen soldaten gebissen, übereifrig im dienst. Horn soldatenspr. 76. im bilde und übertragen: ich hatte eine so hübsche anrede einstudirt, als nur eine sein kann; — als er aber seine groszen hellen augen auf uns herabsenkte, waren meine worte schlechte soldaten, sie wollten nicht marschiren. J. Mosen 7, 303 (1863); ich bin gottes soldat, und wo er mich hinschickt, da musz ich gehen. Bismarck briefe an seine braut, nr. 172. soldaten spielen wird zunächst vom kinderspiel gesagt, wenn sie selbst die soldaten vorstellen. Campe; mit soldaten (zinn-, bleisoldaten) spielen, wenn sie sich nachgemachter figuren bedienen. dann aber braucht man soldaten spielen spöttisch von fürsten, die ihre truppen nur zum schauspiel, nicht für den ernstfall halten und ausbilden; besonders soldatenspielerei wird so verwandt; vgl. J. Paul Siebenk. 2, 130 ff.
2)
soldat wird in neuer sprache oft als allgemeine berufsbezeichnung gebraucht, wenn es sich um offiziere handelt: er wird soldat, im gegensatz zum juristen, theologen, philologen u. s. w. in bezug auf militärische eigenschaften auch vom höhergestellten: der könig, der fürst ist ein guter soldat. Kramer deutsch-ital. dict. (1702) 2, 832ᶜ; ein ansehnlicher soldat ware Judas Machabaeus bey den Hebräern, ein tapfferer soldat ware Pausanias bey den Lacedemoniern, ein unüberwindlicher soldat war Cyrus bey den Persiern u. s. w. Abraham a S. Clara reimb dich 97 (1693).
3)
besonderes:
a)
vom bauern im schachspiel: man siehet immerdar beym schachspiel, dasz ein soldat in einem augenblick könig wird. Olearius baumgarten 2, 9. vgl. soldätchen.
b)
soldaten heiszen im kindermund die blütenkolben von plantago (major?). Frischbier 2, 343ᵇ.
c)
blaue soldaten (salvia pratensis) Pritzel-Jessen.
d)
turbo pica, eine meerschnecke, nld. soldaat; ebenso als name des bernhardskrebses (cancer bernhardus) Nemnich.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1902), Bd. X,I (1905), Sp. 1436, Z. 33.

soldat

soldat,
im mhd. im sinne von sold, s. mhd. wb. 2, 2, 468. Lexer mhd. handwb. 2, 1051.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1902), Bd. X,I (1905), Sp. 1439, Z. 14.

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Zitationshilfe
„soldat“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/soldat>.

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