Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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sommerlatte, f.

sommerlatte, f.
junger, in éinem sommer entstandener zweig, schöszling, zusammensetzung mit dem oben theil 6, 280 erwähnten latte, eigentlich lote, das zu ahd. liotan, wachsen, sprossen gehört, s. dies oben theil 6, 1204, ahd. sumarlota, virgultum, palmes, daneben schon sumarlata, virgultum, viburnum, pampinus. Graff 2, 198, sumarlatta, vibex. 167 (sc. virga minuta. Dief. 617ᵇ), sumarlada. Steinmeyer-Sievers gloss. 2, 17, 50, mhd. sumerlate, sumerlatte. Lexer mhd. handwb. 2, 1299, in glossarien des späteren mittelalters (meist 15. jahrh.) summerlade, frutectum. Dief. 249ᶜ, summerlathe, summerlat, summerlatt, summerlade, sommerlatte (v. 1414 und 1470), sommerlad, frutex. ebenda, eyn dingk daʒ uʒ sleget vel somer lade, tir(o)sus. 585ᵇ, sumerlatt, virgulatum. 622ᵃ, sumer-, summer-, somerlade, -lode, virgultum. ebenda, sumerlatt, tirsus. nov. gloss. 365ᵇ, später sommerlad, femel, auszschlag, pampinus, capreolus. Alberus, sommerlütte (vgl. lutte für lotte oben theil 6, 1354): wie wir das gewechse, das ein pfroffreiszlein auff ein jar scheubet oder ausztreibet, ein rütlein oder summerlütten nennen. Mathesius 1 (1569), 64ᵇ, sommerlade, μόσχος, novellum germen. Frischlin nomencl. c. 17 bei Schmid schwäb. wb. 497 (nicht in der ausg. v. 1586), eine junge sommerlatte, germen novellum. Corvinus fons latinit. 1 (1660), 295ᵃ, sommerlatte, turio, surculus, germen novellum. Stieler 1121, sommerlatten, arbusculae procerae, progerminantes e radicibus arboris detruncatae. Frisch 1, 582ᶜ, von den lexicographen des 18. jahrh. durchweg in der form sommerlatte als forstmännischer ausdruck verzeichnet, 'das junge gewächs in den gehägen, so viel es in einem sommer treibt'. Jablonski lex. (1727) 727ᵇ. Eggers kriegslex. 2 (1757), 923, 'beym laub-holtz der junge wuchs, so nach abholzung eines gehauigs von stöcken und wurtzeln ausgeschlagen, und einen sommer lang in die höhe geschossen'. öcon. lex. (1744) 2733. Jacobsson 4, 186ᵇ, 'wenn in laubhölzern die abgehauene stöcke wiederum frisches holz treiben'. Heppe wohlred. jäg. 279ᵇ, 'junge spröszlinge an oder von bäumen, welche den sommer über in die höhe schlagen oder einen sommer alt sind'. Adelung, in solchem sinne vereinzelt als sommerleite bezeugt: die pfarrer sollen auch den gemeinen nicht gestatten, die pfarrhölzer mit dem viehe zu betreiben, auch selbst nicht darinn hüten lassen (dann das vieh den sommerleiten oder schlaigen schaden thut). corpus constitt. Brandenb. - Culmb. 1, 278 (vgl. schlag V, 1 oben theil 9, 332 mitte), von Nemnich als bezeichnung junger weiden vom ersten wuchse angeführt, nach Weigand⁴ 2, 735 gewöhnlich sommerlote, wofür aber keine belege aus neuerer zeit vorhanden sind, mundartlich bair. summerlatten. Schm.² 1, 1527; auch as. sumerlode, sumerladan (acc. plur.), virgultum. Wadstein kl. as. sprachdenkm. 226ᵃ, mnd. somer-, sommerlade, -late. Schiller-Lübben 4, 290: sy sullen auch sumerlatten in den wîngarten nicht abe brechen. quelle vom ende d. 14. jahrh. bei Lexer mhd. handwb. 3, 1299; (gebüszt wird) die gemeine zum Taphartz, das sie ihern hirtten daselbst das vieh in die somerlatten hat hutten lassen. quelle d. 16. jahrh. bei Dief.-Wülcker 856; auss derselben abgekürtzten reben wechst folgents im aprill eine newe sommerlatten. anmuth. weisheit lustg. 165; von einer sommer-latte eines zuvor abgetriebenen stammes lässet sich kein gutes ober - holtz oder bau-stamm ziehen. öcon. lex. (1744) 2733; das unter - holtz musz tief abgehauen, und der hieb schräge oder schief geführet, dasz das wasser ablauffe, auch musz scharff zeug darzu seyn, dasz es fein glatt und gantz durchgehauen werde, und nicht die splitter in und mit der schale oder rinde abreissen, welches das austreiben der sommer-latten verhindert. Döbel jägerpract. 3, 38ᵃ;
si (eine nonne, die liebessehnsucht fühlt) stîgt ûf wartend, als ein geiʒ,
die grüene sumerlatten weiʒ,
ûf hôhen dürren velsen.
Hugo v. Trimberg renn. 12757;
die boume unde ir este
heten sich wol veste
geladen mit den sumerlaten.
Marienlegenden 21, 241;
an halmen, blättern, sommerlatten
wird's still und stiller allgemach.
von jungen abgeschnittenen reisern, die zum schlagen oder zu andern zwecken gebraucht werden: es sol ein kilcherre dien gnossen han ein scheln, und ein meiger ein pharren und ein ebern, und söllen die gan untz gen Esche an daʒ türlin. si sol ouch nieman ungewonlich usser sinem schaden triben wont mit einem rokes ermel ald mit einer sumerlatten. weisth. 4, 372 (Lucern, v. 1303?); slecht ein man seinen chnecht oder sein diern mit ruͦten oder mit einer sumerlatten, di in einem jar gewachsen ist (weiter unten: mit einem schuszling, der in einem jar gewachsen ist). quelle v. 1332 bei Schm.² 1, 1527; (der gerichtsherr soll finden) ein disch, gedeckt mit wissen onbefleckten duchern, dar uff ein halb achtel broits, halb weissen und halb rucken, zwei halb firtel wins, eins frensch, das ander hunesch, in zweyen orenkannen, ein kan gelidt, die ander ongelidt, und zwen und drissig spisshultzer, junge heseln sommerladen, in eynem ein brade als gudt als dri Mentzer pfenge. weisth. 1, 527 (gegend v. Höchst, v. 1483); (ein pferd) dat eynen knoken gheslocken heft, dat bynt yn eynen noetstal unde nym eyne haszelen somerloden ... und steck dem perde yn den halsz. quelle bei Schiller-Lübben 4, 290ᵇ; etliche nehmen (damit ein fasz bier frisch bleibe) eine starke sommerlatte von hollunder, und stecken solche zum spund hinein in das fasz, und den spund zu gemacht mit frischem laimen. Hohberg 3, 2, 66ᵇ;
sol ich in ir dienste werden alt,
die wîle junget si niht vil.
sô ist mîn hâr vil lîhte alsô gestalt,
dasʒs einen jungen danne wil.
sô helfe iu got, hêr junger man,
sô rechet mich und gêt ir alten hût mit sumerlaten an.
Walther 73, 22;
so bitt ich dich, du junger man,
rich mich an der alten braut
und schlach mit summerlatten an!
Uhland volksl.² 609 (nr. 298), 30, 7.
gnomisch:
daʒ ist der sumerlaten tugent:
swar si sich neiget in der jugent,
swie grôʒ si immer werden kan,
ir schînet daʒ êrste nîgen an;
stêt si des êrsten ûfreht,
swie grôʒ si wirt, sist immer sleht.
daʒ sî den kinden vor gesaget.
altd. blätter 1, 14.
in vergleichen:
die stangen swanc der sarjant
umbʒ houbet als ein sumerlatn.
Wolfram Witleh. 311, 29;
ûfreht alsam ein sumerlate
was sîn lîp ze mâʒen lanc.
bildlich, von personen: ik byn de wynstock unde ghy synt de sommerlaten. quelle v. 1484 bei Schiller-Lübben 4, 290ᵇ;
wis gegrüeʒet, sumerlate!
Mariengrüsze 193;
von abstracten begriffen: ouch sal widder ûʒ sprieʒe di sumerlate der ediln kûscheit schemde unde reinekeit. leben d. hl. Ludw. 76, 2; dar wassen ud de edelen somerloden kuscheit, reynicheit etc. quelle bei Schiller-Lübben 4, 290ᵇ;
wand dich hât der gotes sun,
aller kûscheite boum ...
... an sich gezwîet,
sô daʒ du bist ein edel zelch
darûffe und an nichte swelch
in dînes lebens sumerlaten.
pass. 667, 13 Köpke.
Hoffmann v. Fallersleben veröffentlichte 1834 eine sammlung mhd. glossen aus den handschriften der k. k. hofbibliothek zu Wien unter dem titel sumerlaten. in der vorrede gebraucht er die form sommerlatten: ich muss nun noch einiges über die quellen meiner sommerlatten sagen. VI, ebenso in der widmung an St. Endlicher:
sind es auch nur sommerlatten,
endlich wird ein baum daraus.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 9 (1902), Bd. X,I (1905), Sp. 1540, Z. 7.

sommerlatten, adj.

sommerlatten, adj.
zum vorigen, gebildet wie birken, buchen, eichen u. s. w.: der centgräff ... soll gehen vor den herrn, der des macht hat ... und soll ihn pitten, das er ihme das ampt leyhen und ihn bestätigen wolle, als von alters wegen gewohnheit und recht ist, und soll dem herrn geben zween weisse von schöpsenleder gemachte handschuhe an einem weissen sommerladen hesseln stabe. weisth. 3, 411 (Wetterau).
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 9 (1902), Bd. X,I (1905), Sp. 1541, Z. 68.

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Zitationshilfe
„sommerlatten“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/sommerlatten>.

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