Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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sonnicht, adj.

sonnicht, adj.
viel sonne oder sonnenschein habend, von der sonne erfüllt, beschienen, den sonnenstrahlen ausgesetzt, vgl. sonnig. beide bildungen sind erst im nhd. nachweisbar, und zwar ist in der ältern sprache sonnicht üblich, während wir jetzt sonnig gebrauchen: apricus, adj. soli expositus, der an der sonnen leit, sonnacht (l. sonnecht, so im reg.). Corvinus fons lat. 57ᵇ; sonnicht, sönnig, adj. esposto al sole, aprico. ein sonnichter ort. Kramer dict. 2, 841ᵃ; sonnicht, adj. apricus, solaris. Stieler nachsch. 28ᵃ; Adelung hat nur sonnicht, adj. et adv.: sonnichter, sonnichste, nur im gemeinen leben, für sonnenreich. indessen hat doch Zachariä es in die dichterische schreibart aufgenommen; vgl. dazu Kinderling 427. seinen gebrauch bei Bodmer (s. unten) bemängelt Schönaich ästh. in einer nusz s. 332, 27 Köster. Campe setzt sonnig an und will sonnicht nur in der uneigentlichen bedeutung (sonnenähnlich) daneben zulassen, obwol er selbst belege für den gewöhnlichen gebrauch beibringt. mundartlich nirgends bezeugt.
1)
von orten, apricus:
in dem sonnichten vorholz lauscht der schimmernde rothschwanz.
und die hüpfenden lämmer grasen
lustig um ihn auf dem sonnigten rasen.
Schiller 14, 48 (braut 1, 7).
vom luftraum u. ähnl.: siehst du nicht wie rein und sonnicht alles von obenher ist, und wie ruhig ... das meer. Wieland Luc. 5, 266;
da dem schimmer
immer höherer schimmer entfloss, bis die sonnichte mitte
deines bruders verklärte unsterbliche jugend hervorgab.
suppl. 2, 339 (br. v. verstorbenen 5, 17);
in sonnichter höh
läszt wachtel und lerche sich hören!
Miller ged. 120;
hernieder, hernieder! ...
zur grausenden kluft
aus sonnichter luft.
Körner knospen 31 (werke 1, 225 Fischer steht sonniger).
freier:
hinunter! die felsenkluft schleudre euch
aus des lebens sonnichtem blüthenreich.
43 (sonnigem werke 1, 230).
2)
von der sonne herrührend; so einen gen. oder eine zusammensetzung vertretend, sonnichter glanz = sonnenglanz; oder auch ein glanz wie der der sonne, sonnenähnlicher glanz, vgl.:
Lamech stand bey den sonnebewohnern im sonnichten glanze,
sichtbar, er hatte den glanz der olympischen stralen gedämpfet,
welcher das scharfe gesicht der sonnegebohrnen besieget,
ob die gleich lichtkörper, von sonnenstralen gebaut, sind.
Bodmer Noah 10, 395;
du befiehlst dem sanften zefyr, mit sanft webenden flügeln die sonnichte gluth auf meinen wangen zu kühlen. Wieland 33, 239. freier vom blick:
aus jedem tropfen an laub und gras
glänzt ihm ihr sonnichter blick entgegen.
21, 28.
frühnhd. dafür die weiterbildung sonnechtig, sonnen lang, dz sich der sonnen frewet, apricus. Dasypodius; sonnächtig, apricus. ein sonnächtig gländ. sonnächtig ort, das allwäg sonnen hat, oder gegen der sonnen ligt. an einem gar sonnächtigen oder schönen tag. sonnächtiger tag daran die sonn scheynt. Maaler 376ᵈ; sunnechtig, sonnechtig. voc. v. 1618 bei Schm. 2, 302; wiltu aber lattich im herbst säyen, so erwehl eyn sonnechtig und warm land oder platz. Sebiz feldb. 178. so auch nl. sonachtighe plaetse, locus apricus. Kilian (jetzt holl. zonnig).
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 10 (1903), Bd. X,I (1905), Sp. 1707, Z. 55.

sonnig, adj.

sonnig, adj.,
vgl. sonnicht. erst nhd. (doch sunneclich schon mhd., s. Lexer handwb. 2, 1315). bei Kramer mit umlaut sönnig, neben sonnicht, s. dieses. sonst erst in neuerer zeit üblich geworden (seit Göthe etwa), jetzt jedoch überwiegend. in den wörterbüchern seit Campe. auch mundartlich: schweiz. sùnnìg Hunziker 267, bair. sunnig Schm. 2, 302, nd. sunnig Schambach 219ᵃ. formen mit umlaut finden sich in einer besondern verwendung, s. 3.
1)
von der sonnenbeschienenen landschaft u. ähnl.: sönnige weinberge etc., vigne etc. apriche. Kramer dict. 2, 841ᵃ; ich weisz nicht, wie lange es so gedauert haben mochte, als ich mich auf einer sonnigen heide beim ärmel anhalten fühlte. Chamisso 2, 308 Koch (Pet. Schlem. 5); über sie hinweg öffnete sich eine weite, sonnige landschaft. Storm 1, 24; wie oft zur sommerzeit, ... bin ich in der stille des sonntagmorgens zögernd auf dem sonnigen hofe stehen geblieben. 2, 4; die schwäbische landschaft mit ihren rebenhügeln und sonnigen flüssen. Treitschke d. gesch. 2, 31;
aber in Ithaka wohn' ich, der sonnigen.
Voss Od. 9, 21;
wo in den sonnigen, belebten gau'n
allwärts geerntet wird.
Uhland herzog Ernst 4, 3;
sie sind nun in dem sonn'gen frei'n.
Immermann 13, 189 Hempel;
ich geh auf den sonnigen hügel
und schau' in die grüne welt.
vgl.: die Rheingegenden hatte er (der landschaftmaler Schütz) ganz in seiner gewalt, so wie den sonnigen ton, der sie in der schönen jahreszeit belebt. Göthe 24, 138. so auch: sie gingen suchend durch den sonnigen raum. Storm 1, 11;
vor unsrer hütte lagen sonn'ge räume.
Chamisso 2, 100 Koch.
ferner: diese sonnigen pfade sie schlingen sich durcheinander. Bettina tageb. 29. danach auch: ich habe heut einen recht sonnigen gang gemacht, von 12 bis 2. Bismarck br. an s. gattin s. 522. — ferner vom wetter: in Genua wurde uns zwar das sonnige herbstlich schöne wetter untreu. B. Rogge aus sieben jahrzehnten 2, 496;
blauer himmel, sonnig wetter!
im einzelnen:
führ mich in einen sonnigen herbst hinein,
wo winzer trauben lesen und singen.
41;
es war ein schöner frühling sonnig und warm. Bettina briefw. 2, 255; ein sonniger strahlender tag. Kosegarten bei Campe; an einem schönen sonnigen morgen. Göthe 32, 125 (tag- u. jahresh. 1817). sogar:
den allersonnigsten sonnenschein
läszt uns der himmel kosten.
Scheffel gaudeamus 54.
sonniger strahl für sonnenstrahl:
hier (setzt) den stuhl der gewandte barbier, und er schabt, nachdem
erst entgegen dem sonnigen stral er ein tuch gespannt.
Platen 120ᵇ.
2)
mannigfach übertragen. im bilde: die vermessenheit, sich auf den wachsflügeln der schwärmerey in die sonnigen höhen des hofes und der fürstengunst zu wagen. Wieland 3, 167 (Agathon 12, 10); seine (Göthes) mannesjahre, die er selbst nicht mehr geschildert hat, scheinen neben dem sonnigen glanze dieser jugendgeschichte wie im schatten zu liegen. Treitschke d. gesch. 2, 35;
der neigung zu folgen steht bei dir,
da beginnt des wollens sonniges reich.
Grillparzer⁴ 4, 87 (Argon. 3).
von der erscheinung und dem gesichtsausdrucke eines menschen: ein ganzer heller sternenhimmel fuhr Vulten durch die brust .. auch der wirth wurde sternig und sonnig. J. Paul flegelj. 1, 96; auf der sonnigen stirn des hausherrn lagerte sich eine dunkle wolke. Freytag handschr. 3, 58; das schien unmittelbar auszugehen von der sonnig heiteren, liebenswürdigen und gewinnenden persönlichkeit des königs. Prutz preusz. gesch. 3, 255. besonders vom blick: indem sie einen ganz seltsam sonnigen blick hinüber schosz. Keller 5, 117. abstracter: vereinigte er (Friedrich d. Gr.) in sich eine fülle selten verbundener eigenschaften zu glücklicher harmonie, die ... in ihrer gleichsam sonnigen einheitlichkeit merkwürdig kontrastierte mit der vielgeschäftigen rastlosigkeit. Prutz preusz. gesch. 3, 41;
der einst er seine junge
sonnige liebe gebracht,
die hat ihn gehen heiszen,
nicht weiter sein gedacht.
Storm 8, 201.
3)
in oberd. mundarten finden sich umgelautete formen in besonderer bedeutung. sönnig (gewachsen) von holz, dessen längsfasern und risse in der rinde mit leichter drehung nach oben von osten über süden nach westen verlaufen, also in der richtung des sonnenlaufes; es läszt sich leicht und glatt spalten. das gegentheil heiszt widersönnig. s. C. v. Fischbach, Alem. 28, 171 f. im Chiemgau heiszt ein waldbaum in diesen fällen nachsünnig bezw. widersünnig, s. Schm. 2, 302, im bair. wald sinnig, dazu à-, üwersinni, der sonne abgewendet. Bayerns mundarten 2, 257.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 10 (1903), Bd. X,I (1905), Sp. 1708, Z. 39.

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Zitationshilfe
„sonnicht“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/sonnicht>.

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