Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

sorgfalt, f.

sorgfalt, f.
cura, curatura, solicitudo. Stieler 28ᵃ, sollecitudine, cura, diligenza. Kramer deutsch-ital. dict. 2 (1702), 843ᵃ, sollicitudo Frisch 2, 288ᵇ. Adelung. der bildung nach erinnert das wort an einfalt, f., dem ein gleichlautendes adj. zu grunde liegt. gramm. 2, 545. ein entsprechendes adj. sor(i)chvolt begegnet im mnd. um 1400:
darumme was he sorichvolt
unde gink darbi in enen wolt
dor vragen, wur he ein helve (stiel) neme,
dat siner exen even queme.
Gerhard v. Minden 33, 7 Seelmann.
das subst. sorgfalt könnte von diesem adj., vielleicht zuerst auf nd. sprachgebiete, gebildet sein; doch läszt sich bei seinem späten auftreten (im 17. jahrh.) und dem vereinzelten vorkommen des nicht sicher erklärbaren adj. die möglichkeit nicht abweisen, dasz es spätere analogiebildung nach einfalt auf grund des älteren, oft bezeugten sorgfältig, mhd. sorcveltic ist. sorgfalt verdrängt das früher bezeugte sorgfältigkeit. vgl. unten sorgfältig, sorgfältigkeit. sorgfalt schlieszt sich der bedeutung sorge II, 2 an. es steht im sinne von bemühung, fürsorge, als eine art verstärkung gegenüber dem einfachen sorge, in der folgenden stelle mit anklang an sorge II, 1: wir streben nach grosser ehre und hoheit, offtermals mit grossem verdrusz, mit schimpfflicher unterwerffung, mit hertzquälender sorgfalt, die doch nur übernächtig und unbeständig. Schuppius 560, allgemeiner: obgleich vernunft und religion einig sind, dasz wir mehr sorgfalt auf unsre seelen, als auf unsre leiber wenden sollen. quelle v. 1725 bei Reichel kl. Gottschedwb. 91; er trug aber auch besondere sorgfalt, dasz immer die tapfersten zu diesen expeditionen ausgeschickt wurden. denkwürdigkeiten a. d. leben des marsch. Vieilleville in der einbändigen Schillerausg. 1093 (nach Gödeke einleitung z. 9. bande von Schillers schriften xvii nicht von Sch.); in gefolg von diesem hegte mein vater eine neue sorgfalt, dasz auch das englische hübsch in der reihe der übrigen sprachbeschäftigungen bliebe. Göthe 24, 195;
indes sei stets, mein heil, gepriesen
für alle sorgfalt, die du mir
noch eh ich war, schon hast erwiesen.
Henr. Kath. v. Gersdorf 'befiehl dem herren deine wege';
wohlan! vernichte denn durch deinen unverstand
die sorgfalt, die ich angewandt,
dein glück nach wunsch zu gründen.
Gellert 3 (1775), 115.
wie genauigkeit im besorgen, im handeln: er hat nemlich eine bibliothec, von der man saget, dasz mit einer klugen sorgfalt auserlesen seyn soll. hamb. patriot bei Reichel kl. Gottschedwb. 91; Ernesti, in dem geiste des Cicero, bestimmt, beweiset, schränket ein, macht die edle nachläszigkeit die er empfiehlt, liebenswürdig; und da er zu eben der zeit mit der abgemessensten sorgfalt spricht: so kommt er dem misbrauche seiner lehre zuvor. Herder 3, 269 Suphan; etwas mit vieler sorgfalt betrachten, untersuchen, verrichten. Adelung; sorgfalt bei etwas anwenden. Campe;
auf belaubten hügeln mag Lyäus
durch die ältsten, klügsten seiner faunen
ausgesuchte trauben keltern lassen,
selbst geheimniszvoller gährung vorstehn:
solchen trank verschafft ihm keine sorgfalt.
Göthe 2, 111.
mit dem gen. eines verbalsubst.: so verfehlen das lied, die epistel, die erzählung u. s. w. ihres zwecks in eben dem verhältnisse, als sie sich von sorgfalt des versbaues, von bestimmtheit des sinnes, und von ... geschmeidigkeit und grazie der dikzion entfernen. Gotter 1, vii.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 10 (1903), Bd. X,I (1905), Sp. 1791, Z. 58.

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Zitationshilfe
„sorgfalt“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/sorgfalt>.

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