Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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trächtig1, adj.

¹trächtig, adj.,
zu ¹tracht 'last'. erst mhd. bezeugt (s. die lex. unter trehtec); mnd. drachtig. ins schwed. entlehnt dräktig Hellquist 103. wie im holl. (Plantijn thes. (1573) m 2ᵇ; wb. d. ned. taal 3, 2, 3223) fehlt der umlaut des a im nd.: Schiller-Lübben 4, 562; Doornkaat-Koolman 1, 326ᵃ; Mensing 1, 832; Dähnert 85; neben umlaut Berghaus 1, 354; auch im obd. s. idiot. Austriac. 62; Schöpf 748 und Martin-Lienhart 2, 741. d im anlaut haben das holl. und nd. (s. o. die wbb. und Bauer-Collitz 22ᵃ); auszerdem drechdich obhess. (Crecelius 1, 285) und drähdich lothr. (Follmann 98). mit abschleifung der endsilbe trachti idiot. Austriac. 62; dräch Follmann lothr. 98ᵃ.
I.
'tragend'.
A.
allgemein, in verschiedenartiger verwendung, nur selten:
weil du (alter wagen) bist alt und abgetriben ...
und dennoch solcher last bist trechtig
B. Waldis Esopus 1, 405 Kurz;
der saft (von Noahs rebe) wol trehtic (gehaltvoll, schwer) unde
begund den wîsen (Noah) dunken. süez
er tranc, unz er wart trunken
Heinrich v. Beringen schachged. 4211 Zimm.;
ich war vor freuden auszer mir über den empfang ihres trächtigen briefes Hamann schr. 6, 174 Roth; nicht immer von B 1 b zu scheiden: ihr mund wäre niemals mit zweyerley zungen tr. Lohenstein Armin. 2, 919ᵇ;
es schien wie bart und haar (eines alten mannes)
von tausend tropffen trächtig war
H. v. Hoffmannswaldau getr. schäfer 25;
vgl. am perlen-trächtgen kraut Brockes ird. vergn. (1721 ff.) 8, 238. im bergbau von lagerstätten: nutzbare mineralien enthaltend ... (erz-, salzträchtig), vorzugsweise in Österreich gebräuchlich Veith dt. bergwb. 497; synonym mit haltig s. th. 4, 2, 301 nr. 3; das zwiespaltige spräuszlein (= ruthe) von haseln abgeschnitten, damit die bergleute gold- oder trächtige silberadern erkundigen Prätorius glückstopf (1669) 25. — vgl. B 1 b ende.
B.
speciell 'fruchttragend' vgl. ¹tracht III B (fecundus Diefenbach 228ᶜ; fetus 232ᵇ; ubertus 608ᵃ) und zwar
1)
frucht des leibes tragend, befruchtet. feta Diefenbach 232ᵇ; depostfetantes i. de ovibus von trechtegin schofin 175ᵃ.
a)
eigentlich. mhd. auch von frauen, in der nhd. schriftsprache nur noch von thieren:
unfroulich wurdstu drechtich
und meechdeliichen swangher
bruder Hans Marienld. 818;
ab si (di frouwe) von eime andern trechtig mochte werde Ködiz v. Salfeld leb. d. hl. Ludw. 21, 31 Rückert; so noch dialektisch: sine fru is al weer drächtig Berghaus sprachsch. d. Sassen 1, 354; jüngere schriftsprache hat dafür schwanger: die erste abhandlung betrifft die kraft, welche in einer schwangern person oder einem trächtigen thiere das blut in die frucht treibt Gottsched d. n. a. d. anm. gelehrs. 3, 859; wer eine trächtige stute schlug, wurde so gebüszt, als wenn er dieses einer schwangern sclavin gethan J. v. Müller 2, 77; auf den genusz des fisches wird die frau schwanger, stute und hündin tr. J. Grimm kl. schr. 5, 415. tr., saget man, ist ein thier, wenn es ein junges im leibe hat J. Täntzer jagtgeheimnüsz (1682) 1, 15; tr. sagt man sowohl von einem wilden, als zahmen thier allg. ökon. lex. (1731) 2450; s. ferner Behlen forst- u. jagdk. 6, 78; Kehrein weidmannsspr. 293. das gegentheil ist gelt s. th. 4, 1, 2, 3059 ff.; isse (die kuh) tr. oder gelde? Gryphius lustsp. 310 P.; was sich nicht zusammenschickt ... als ... trächtige und gelte ... musz ein guter schäfer ... absondern Abr. a s. Clara etwas für alle 2, 575;
ein trechtige saw, die solt geberen
Burk. Waldis Esopus 1, 48 Kurz;
es ritte einer auff einer trächtigen stute über land, und als sie auff dem wege waren, bekompt sie ein füllen A. Olearius verm. reisebeschr. (1696) 114; hasen ... müssen sehr fruchtbar seyn, da man beim ausweiden zwei trächtige weibchen jedes mit acht jungen fand Ritter erdkde (1822) 3, 684; so halten sie (die fürsten u. herren) in dem jagen keine masze ... bedenken nicht, ob das wild trechtig sei C. Spangenberg jagteuffel (1560) k 4ᵃ; (im januar musz der hauswirt) auf die trächtigen stutten wol aufschauen, dasz ihnen nichts ermangele Hohberg georg. cur. 1, 106; es ist bey den jägern ein staatsverbrechen, eine ziege, und zumal eine trächtige, zu schieszen Miller Siegwart 1, 219. prädicativ in fester verbindung mit sein, werden, gehen: gravescere, idem ac gravidum fieri tr. oder schwanger werden Reyher thesaur. (1668) 2, 2916; in Spanien die pferd von dem wind tr. werden sollen Harsdörffer frauenz. gesprächsp. 1, e 6ᵃ; das trächtiggehen des elephanten dauert ... 9 monathe allg. dtsche bibl. 65, 436; die fähin (füchsin) geht 9 wochen tr. v. Train waidmanns neue practica 121 v. Thüngen;
dasz ihr vieh sich trächtig hält
und sie grosze herden zählen
S. Dach 644 Öst.
auch von fischen: auf diese fische musz er also achtung geben, dasz die fruchtbaren und trechtigen in ihrer leichzeit zu rechter zeit samen bringen das edle fischbüchlein (Nürnberg o. j.) 126.
b)
übertragen:
krieg, der beinah stets trächtig,
schlacht dann und seuche dann warf
Klopstock oden (1889) 2, 45;
gott ruft den wassern zu: gebäret! ...
sie stehen trächtig und gebären
J. A. Schlegel verm. ged. (1787) 1, 66;
bildhaft von wolke und himmel: man wird meinen leib einer trächtigen wolke vergleichen Lohenstein Armin. 2, 1231ᵃ und dann formelhaft 2, 402ᵇ; 2, 690ᵇ; blumen (1680), rosen 9; — tief, schwer und tr. hing der dunkelgraue himmel hernieder Th. Mann Buddenbrooks (1904) 1, 351; von der erde:
der himmel machet trächtig
mit regen ihren (der erde) schoosz
H. v. Hoffmannswaldau u. a. ged. 1, 229 Neukirch;
ein schwangrer berg beginnt zu kreiszen ...
er musz mit städten trächtig stehn
und bald ein neues Rom gebähren
Hagedorn poet. w. (1769) 2, 97;
wo sie (die wollust) ruht, seh ich den schoosz der erden,
so rauh er war, mit blumen trächtig werden
Uz 75 Sauer.
gelegentlich in substant. composition wie trächtigmachung: (holzsaft von grünem holz) soll eine trächtigmachung und dunge seyn für alle magere felder v. Hohberg georg. cur. 2, 15; auch von abstractis:
lügen sind gemeine trächtig; weil sie pflegen dann zu jungen,
sind zum minsten sieben junge, wo nicht mehr, herfür gesprungen
Logau sinnged. 537 lit. ver.;
ich weisz, dasz deine gedanken mit noch mehr dergleichen bruten tr. sind S. v. Birken ostländ. lorbeerhayn (1657) 26; dasz ein helvetischer geist mit seinen centnerschweren einfällen die leichten sylben der heutigen dichter schwängern und sie von unergründlichem witze tr. machen möge Schwabe belustigungen 1, 61. die eigentliche bedeutung verblaszt mehr und mehr:
mein busen war so voll und bang,
von hundert welten trächtig
Göthe I 2, 188 W.;
die zeiten sind wichtig, tr. an groszen, erstaunenswürdigen begebenheiten Schubart vaterlandschron. (1789) 725;
von schmach ist jegliche sekunde trächtig
Platen w. 2, 186 Hempel;
ihr zwitterdeutsche, trächtig
von selbstischen entwürfen
Rückert w. (1868) 1, 101;
doch wirkt ein wort so mächtig,
ist der gedanke trächtig
Göthe 3, 318 W.;
fast wie 'angefüllt': die flüsse, die mit dem abgespülten schlamme tr. sind, setzen ... diesen ab Kant (1838) 9, 10 Hart.; 'voll':
damit das jahr von uns kan eingetheilet werden,
so musz desz mondens radt jetzt leer, jetzt trächtig stehn
Opitz opera (1690) 3, 175.
2)
frucht des feldes tragend, fruchtbar, vgl. ¹tracht III B 2: Börde, das ist gar fruchtbares, trochtiges land C. Spangenberg mansf. chron. (1582) 13ᵇ; der ölbaum ist ein trechtiger und fruchtbarer baum F. Roth Jesus Sirach (1587) 1, 291ᵇ. nach dem 18. jh. ist dieser gebrauch veraltet und nur noch in poetischer sprache (vgl. z. b.: der krieg war ein trächtiger acker alles übels und unheils F. L. Jahn 2, 544 E.) und mundartlich zu belegen; im bair. s. Schöpf 748; Unger-Khull 164ᵃ. vom boden: (jemand, der ein landgut zu kaufen beabsichtigt, musz darauf sehen) ob der grund gut und tr., trocken oder nasz v. Hohberg georg. cur. aucta 3, 7, 3ᵃ;
da schmausen die pfeiffenden bürger der wälder
die fetten gerüche der trächtigen felder
Stoppe erste samml. v. t. ged. (1728) 1, 85;
der ... grasztragende, ... trächtige, ... wunderschöne acker Treuer dtsch. Dädalus 1, 29;
bey uns wirdt gleich so wol sehr trächtig land gespürt
Opitz teutsche poem. 102 ndr.;
wenn ein teich allezeit mit wasser angefüllet bleibt, versauret der boden, die trächtige süsse erde wird verzehret allg. öc. lex. (1731) 2422; ob schon ein acker an jm selbs eines trechtigen bodens ist, so mag er doch nit fruchtbar sein, wann er nit gebawet wirt H. Fabricius auszug bew. histor. (1599) 600; prädicativ gern mit machen verbunden: den boden tr. machen fertiliser, féconder la terre Mozin 3, 18ᶜ; dasz die unverdrossene arbeitsamkeit unsrer voreltern die unfruchtbaren wildnissen und hügel unsers lands bezwungen und tr. gemachet hat d. discourse d. mahlern (1721) 2, 178; solche wässerung macht die felder, worauf der reisz steht, dermaszen fett und tr. allg. haush.-lex. (1749 ff.) 2, 694ᵃ. poetisch auch:
damit der liebe trächtigs land
hinkünftig nicht vertrocknen müsse
Z. E. Fleming in Gottsched vers. e. crit. dichtk. (1751) 267;
hier stehn die weingefilde,
der edle Mafficus, das trächtige Surrent
Opitz opera (1690) 1, 27.
von pflanzen:
es neigte sich vor ihr das trächtige getraide
H. v. Hoffmannswaldau u. a. ged. 2, 11 Neukirch;
erfarne gertner sagen, wenn man quecksilber in ein baum thut, ... so mache es einen baum trechtiger J. Mathesius Sar. (1571) 35ᵃ; offt (hat der sturm) ... fünfftzehen oder sechtzehen trechtige grosze starcke bewme ... aus der erden gerissen C. Spangenberg mansf. chron. (1572) 501ᵇ; aus blättern und laub von ... trächtigen weinreben ... kan man auch wohl brod machen v. Hohberg georg. cur. aucta 3, 141ᵇ;
die welcken felder grün, die knospen trächtig werden
Brockes ird. vergn. (1721 ff.) 1, 4;
der obstbaum spiegelte sich, und hielt auf trächtigen zweigen
die güldene frucht aus der welle empor
Dusch verm. krit. und sat. schr. (1758) 289.
in präpositionaler verbindung. an:
die schlanke rebe steht an frucht und zierat trächtig
Drollinger ged. 48;
es wäre dann, dasz seines nachbars wiese sehr tr. daran (am samen) wäre Ehrhart pflanzenhist. 2, 148;
nun eure felder gar mit knochen überschneiet,
an schedeln trächtig sind
S. v. Birken forts. der Pegn.-schäf. (1645) 38;
von:
da schaut einmal die halmen an,
von tausend ähren trächtig
Schubart ged. (1825) 3, 48;
der ahorn mild, von süszem safte trächtig
Göthe I 15, 221 W. (Faust 9544);
mit:
ein mit ähren trächtig feld
Brockes ird. vergn. (1721 ff.) 6, 70;
felder mit dem vortrefflichsten getreide tr. A. v. Haller Usong (1771) 75; vgl. auch:
so wird die einigkeit auf allen seiten blühen,
so wird ihr glückes-baum mit äpfeln trächtig stehn
Neukirch anfangsgründe (1724) 775.
auch übertragen: wo ... bey trächtigen, fruchtbaren jahren ... überflusz an obst vorhanden v. Hohberg georg. cur. (1682) 1, 61ᵃ; vgl. miszträchtiges jâr Schmeller-Fr. 1, 645;
II.
'tragfähig' im sinne von ¹tracht I 2 c: das eis trägt nicht, ist nicht tragend oder trächtig Kramer (1700) 1, 289ᵇ; meistens vom schiff: 'n boot mutt drächtig sien Mensing 1, 832; auch mit acc.-object verbunden: ein jachtschiff, circa 14-15 commerzlasten tr. Kieler corresp.-blatt 1854, 16, s. 77; der nur 21 lasten trächtige gaffel-scheuer Weserzeitung 1866 nr. 7146.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6 (1931), Bd. XI,I,I (1935), Sp. 1006, Z. 63.

trächtig2, adj.

²trächtig, adj.,
zu ²tracht 2 gebildet, 'trachtend'. das wort ist als simplex nur mhd. bezeugt, s. die wbb. und
bis selber daruff trechtich
Muskatblüt 66, 98.
nhd. lebt es in compositis wie hochträchtig (nach hohem trachtend, s. th. 4, 2, 1636, 1) und niederträchtig, s. th. 7, 805; vgl. auch stoyci sunt magistri die ein himmeltrechtig leben furten Diefenbach 554ᵃ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6 (1931), Bd. XI,I,I (1935), Sp. 1010, Z. 1.

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j k l m n o p q r
s t u v w x y z -
tüle
Zitationshilfe
„trachtig“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/tr%C3%A4chtig>.

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