Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

tragen, vb.

tragen, vb.

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herkunft und form.
1)
in den germ. sprachen steht dem ahd. tragan, as. dragan, afries. draga, drega, mnl. draghen, dreghen 'tragen', 'halten' das an. draga, ags. dragan (engl. draw) 'ziehen' gegenüber, zu dem wohl das einmal belegte got. gadragan zu stellen ist: du seinaim lustum gadragand (B dragand) sis laisarjans πρὸς τὰς ἰδίας ἐπιθυμίας ἑαυτοῖς ἐπισωρεύσουσιν διδασκάλους ('man sich lehrer herzieht' Weizsäcker) 2. Tim. 4, 3. auszergerm. verwandte hat man in zwei richtungen gesucht: von J. Grimm gesch. d. dt. spr. 405, zweifelnd von Walde idg. forsch. 19, 106 u. lat. et. wb.² 787 f. wurde dragan mit lat. trahere verknüpft, doch bestehen lautliche schwierigkeiten, vgl. Sommer krit. erläut. 50 ff. Schade² 949, Fick 1⁴, 467, Zupitza gutturale 177 vergleichen ein germ. *dragan mit avest. dražaite und altkirchenslav. drъžati 'halten'. doch stehen semasiologische bedenken entgegen: die zusammengehörigkeit von schwed. dial. draͦg 'tal' mit serb.-kirchenslav. draga 'tal' (beide aus dem grundbegriff 'tractus' s. Persson beitr. z. idg. wforschg. 492; Trautmann baltoslav. wb: 45) erweise 'ziehen' als grundbedeutung von germ. *dragan s. Berneker slav. etym. wb. 212, Walde-Pokorny 1, 862 und unten unter 'bedeutung'. die zuordnung des von Persson idg. wortforsch. 493 anm. 1 herangezogenen ahd. trâga 'arva' ahd. gloss. 2, 634, 32 musz bei der mehrdeutigkeit der stelle unentschieden bleiben. die von Fick-Torp 210 f. und Falk-Torp 150 vorgenommene etymologische trennung des nördlichen draga(n) 'ziehen' von dem südlichen dragan 'tragen', 'halten' ist bei der lautlichen identität und der semasiologischen nähe beider wörter abzulehnen.
2)
in der 2. u. 3. pers. sgl. praes. ind. fehlt bes. obd. zuweilen der umlaut: du tragist Luther 10, 1, 1, 676 W.; trag(e)st Scheit Grob. 518 ndr.; Montanus schwankb. 5 lit. ver.; Wickram 1, 20 B.; Grillparzer (1892) 7, 262 Sauer; er tragt Oswald v. Wolkenstein 289 Schatz; er trag(e)t Frisius (1556) 25ᵇ uö.; Schumann nachtb. 274 B.; Amadis 43 lit. ver.; Fischart flöhh. 43 ndr.; Abr. a s. Clara mercks Wien (1680) 124; 204; Meisl theatr. quodl. (1820) 1, 37; Chr. Weise grün. jugd. 149 ndr.; Voigtländer od. u. lied. (1642) 38; trâs, trât Martin-Lienhart els. 2, 743ᵇ; tragst, tragt Fischer schwäb. 2, 304; trâgst, trâgt Schmeller-Fr. 1, 653; traͦgst, traͦgt Jakob Wien 194ᵃ; auch westmd.: drâšt, drât Follmann lothr. 99; dras, drat Christa Trier 70 (auch mnd. s. A. Lasch mnd. gramm. § 418; § 430 anm. 2). vgl. Paul dtsche gramm. 2, 236.
3)
der umlaut der 2. und 3. pers. sgl. praes. ind. ist bes. nd. auf andere a-formen übertragen worden (s. auch A. Lasch mnd. gramm. § 430 anm. 5): dregen inf. (: slegen d. pl.) Gerhart v. Minden 63, 10 Seelm.; nd. Äsop 1, 25 Hoffm. v. Fall.; gedregen (: to degen) Reinke de vos 3575 Schröder; si dreghen Hans v. Ghetelen dat narrensch. 2. vorr. 124 Brandes; dregen inf. (1391, 1403) chron. d. dtsch. städte 26, 41 u. 383 (Lübeck); gedregen Waldis verl. sohn 65 Höfer; si dregen Tappius adag. cent. sept. (1545) B b 5 β; ich träg u. inf. trägen Voigtländer od. u. lied. (1642) 77; dreegen inf., gedreegen part. Leithäuser Barmen 43ᵃ; drẹgen inf., gedrẹgen part. Buchrucker Elberfeld 41ᵇ; drägen inf., ich dräge, pl. dräget, edrägen part. Deiter Hastenbeck 120; drê̜gen inf., drô̜gen u. drê̜gen part. Woeste westfäl. 57ᵃ; dregen (drę̄ŋ) inf.; ik dręg, wi dre̜gt — dre̜gen, imper. dre̜g, aber part. dragen (drǭŋ) Mensing schlesw.-holst. 1, 852; selten drægen, meist drâgen Schambach Gött. 46; vgl. afries. drega neben draga (inf.), mnl. u. nnl. dregen neben dragen. seltener obd. (trägen Frisius (1556) 322ᵃ; 344ᵇ; Maaler (1561) 405ᵃ; dräge inf., ich dräg, pl. dräge Seiler Basel 82; träge inf., i und mer träge Hunziker Aargau 57) und md. (drē̜jen inf., jedrē̜t part. Hofmann ndhess. 240ᵇ; trēe Schön Saarbrücken 210ᵇ; trähn Stauf v. d. March nordmähr. 92). in nhd. schriftsprache gelegentlich ihr trägt, z. b. G. A. Meiszner skizzen (1780) 1, 131 vgl. H. Paul dtsche gramm. 2, 236. nd. wird zu dregen analogisch he dricht gebildet: a. d. j. 1477 chron. d. dtsch. städte 31, 1, 191 (Lübeck); vgl. A. Lasch mnd. gramm. § 430 anm. 5; Mensing 1, 852; dazu auch ik drigg Mensing aao.
4)
contraction der lautgruppe -egi- zu ei (du treist, er treit) herrscht mhd. (ganz selten schon im 11. jh. s. Schatz ahd. gramm. 155; H. Fischer z. gesch. des mhd. (Tübingen 1889); Zwierzina zs. f. d. a. 44, 345 ff.; 45, 414 ff.; neuspr. studien, festgabe Luick 122 ff.); nhd. noch im 16. jh. häufig: treit (: seytt n. sg. 'saite') Brant narr. 5 Z.; treit Zwingli dtsche schr. 1, 67 uö.; treyt Hutten op. 3, 457 Böcking uö.; treyt (: zleyt) H. R. Manuel weinsp. 755; treit (: angeleit von -legen) N. Manuel 26 Bächt.; treist Wickram 2, 15 B.; treit (: redligkeit) Stumpf Schwytzerchr. 211ᵃ uö. neben der uncontrahierten form: treyt Keisersberg bilgersch. (1512) b 6ᵃ — tregt has i. pfeffer (1510) f f 4ᶜ; dreyt (: geischlicheit) Murner schelmz. 20 ndr. — tregt a. d. adel 21 ndr.; treit Boltz Terenz (1539) 24ᵇ — tregt 91ᵃ; treit Frisius (1556) 201ᵃ — tregt 215ᵇ; treit (: oberkeyt) Fischart 2, 368 Kurz — trägt Garg. 22 ndr.; später selten: treit (: er leidt) Opel-Cohn dreiszigj. krieg 55, 190; treit (: kleid) A. v. Droste-Hülshoff 1, 421 Schücking. heute mundartlich, speciell obd.: treist, treit Hunziker Aargau 57; draisch, drait Seiler Basel 82; trais͑, trait Martin-Lienhart els. 2, 743ᵇ; draešt, draet, auch tręišt, tre̹it Fischer schwäb. 2, 304. auch du treis͑, er treict Lenz Handschuhsheim 71ᵇ. vereinzelt nd.: drais, drait Siebs Helgold.² 212ᵇ. dieses -ei- hat auch die schwache form des part. pass.: treyt (: den bescheydt) Endinger judenspiel 58 ndr.; heute dialektisch obd.: treit (: gseit) Hebel 2, 232 Behaghel; drait Seiler aao.; treit Hunziker aao.; (ke)trait Martin-Lienhart aao.; traet, treit Fischer aao. auszerdem das schwachgebildete prät.: treiti Hunziker aao.; draiti Seiler aao.
5)
gelegentlich ist im md. die contraction von -age- zu -ai- belegt: trayn inf. (: hayn) Daniel 5025 Hübner; (: prayn) 7047; (: prayn : behayn : sayn) 4773; uzgetrein part. a. d. j. 1323 cod. dipl. Moenofrancofurt. 2, 184 Böhmer-Lau; trein inf. (: behein) Alsfelder passionssp. 5377 Grein; si train Gryphius lustsp. 264 P.
6)
selten ist die spec. md. verbreitete contraction von -age- zu â: getrân part. (: gân) Virginal 683, 1; si tran (: man) Heinrich v. Hesler apok. 23116; gitran part. a. d. j. 1256 rathgesetzgebg. Mühlhausen 167 Lambert; trân inf.: ich hân meisterlied. d. Kolmarer hs. 72, 33 Bartsch; si tran (: si han) Katharinenspiel 140; tran inf. (: an) Hayneccius Pfriem 34 ndr.; heute mundartlich: trân, drán auch dróen Follmann Lothr. 99; draon Christa Trier 70; trân Schön Saarbr. 210ᵇ; getrâ Autenrieth pfälz. 141; drân Crecelius oberhess. 286; traan Müller-Fraureuth obersächs. 1, 236ᵃ; vgl. trâe inf. Autenrieth aao.; troen Stauf v. d. March nordmähr. 93; trôin Anton oberlaus. 19; auch obd.: trâ, auch trâe, -n neben trâke, trâje Martin-Lienhart 2, 743ᵇ; z. th. in Schwaben drâ auch drâe Fischer 2, 304 und Bayern trást, trát Schmeller-Fr. 1, 653.
7)
zuweilen findet sich ê aus -ege- contrahiert: er trêt Suchenw. 36, 21 Prim.; tren inf. a. d. j. 1345 hess. urkundenb. 2, 542 Wyss-Reimer; sie träht (: sie steht) Gilhusius gramm. (1597) 4, 2, 93; heute dialektisch: träst, trät Schmeller-Fr. 1, 653; drē̜št, drē̜t Fischer schwäb. 2, 304; drešt, drêt Follmann lothr. 99; vgl. trêe Schön Saarbr. 210ᵇ; jedrē̜t Hofmann niederhess. 240ᵇ; trääst, träät Müller-Fraureuth 1, 236ᵃ; trähn Stauf v. d. March nordmähr. 93; drē auch drēj Siebs Helgold.² 212ᵇ; drē̜ŋ Mensing schlesw.-holst. 1, 852.
8)
im part. perf. pass. ist dialektisch ge- geschwunden; obd. tragen: Arigo decam. 6; 31 lit. ver.; Knebel chron. v. Kaisheim 27; 325 lit. ver.; Franck chron. Germ. (1538) 127ᵇ; H. Sachs 11, 194; 13, 8; 14, 32 Götze uö.; Frisius (1556) 18ᵃ; Wickram 1, 147 Bolte; N. u. H. Manuel 211 Bächt.; Thurneyszer magna alchym. (1583) 67; Ayrer 1, 226 lit. ver.; Spreng Ilias (1610) 9ᵇ; treit Hebel 2, 232 Beh.; trait (neben ke-) Martin-Lienhart 2, 743ᵇ; treit Hunziker Aargau 57; drait Seiler Basel 82; traet, tręit Fischer schwäb. 2, 304; traͦgn Schöpf tirol. 749; traͦgen Jakob Wien 194ᵃ. auch bei Luther tragen 6, 437 W.
9)
eine schwache bildung auf -ê- findet sich reflexivisch in der bedeutung 'sich benehmen, sich zeigen' bei Otfrid (II 4, 21) und im mhd.: litanei 1199 Maszmann, Lamprecht Alexander 6537 Kinzel, Walther v. Rheinau Marienleben 87, 4, sowie auf -ô- in der bedeutung 'ernähren' in Otfrids sih gidragôn (IV 12, 50) und kaiserchronik 4894; 10639; 10679 Schr. ohne diese bedeutungsbeschränkung ist schwache flexion im reim bezeugt bei Walther v. Rheinau Marienleben 62, 27; 63, 31 uö.; jg. Titurel 6166, 7. intr. tragte ebda 4845, 2. nhd. selten: tracht part. H. Sachs 23, 91 G.; getraget Prätorius d. abenth. glückst. (1669) 105; er tragte Abr. a s. Clara mercks Wien (1680) 113. sonst dialektisch: draugde prät., drocht part. neben draug—draagen Berghaus Sassen 1, 357ᵇ; draugde—edrocht neben draug—edrâgen Schambach Gött. 46; driehte—edrieht Bauer-Collitz Waldeck 22ᵃ; gedrâd neben gedrân part. Crecelius obhess. 286; traakt prät. Meisinger Rappenau 203; traͦget' prät. Schöpf tirol. 749. — ein schwaches verb tregen ist erst in jüngerer zeit durch analogische ausbreitung der -e- und -ei-formen entstanden s. o. 3 u. 4: dräge — draiti—drait Seiler aao.; träge—treiti—treit Hunziker aao.; drēgen 'ist schwach geworden' Martin Waldeck (1925) § 191 anm.
bedeutung und gebrauch. ob für die bedeutungsgeschichte von tragen von der südlichen bedeutung 'tragen', 'halten' oder der nördlichen 'ziehen' als grundbedeutung auszugehen ist, läszt sich nicht entscheiden; auch fehlen übergangsbedeutungen. denn weder die verknüpfung mit lat. trahere, die für 'ziehen' als grundbedeutung sprechen würde, noch die mit altkirchenslav. drъžati 'halten', die 'tragen' empfehlen würde, ist gesichert. auch die übereinstimmung von schwed. dial. draͦg mit slav. draga (s. o.) beweist bei den häufigeren übereinstimmungen des nordgerm. und des baltoslav. wortschatzes nichts für das höhere alter der bedeutung 'ziehen'. man beachte aber, dasz auch im deutschen die anwendungsformen im vordergrund stehen, die, ausgesprochen oder unausgesprochen, ein bewegungsmoment einschlieszen.
I.
mit einschlusz eines bewegungsmomentes, das sprachlich ausdruck findet, 'etwas von einer stelle zu einer andern befördern'; durativ im gegensatz zu dem perfectiven bringen.
A.
von mensch und thier, vermutlich die primäre anwendung.
1)
sinnlich mit concretem object.
a)
gewöhnlich ist das ziel angegeben: do troͮc Isaac daz holz zoͮ dem altare speculum ecclesie 115 Kelle; tregt ein yeder ratzher ein kertz zuͦ dem altar Gebweiler beschirm. des lobs Marie (1523) 17ᵃ; er braucht gerade einen jungen, der ihm täglich das mittagsessen in sein verkaufsgewölbe in die stadt trägt S. Brunner erz. u. schr. 1 (1864) 53; wir ... trugen einen tisch und einige gartenstühle in das leere zimmer Storm 1 (1899) 84; redensartlich:
er solle seinen fusz in andre länder tragen
Gottsched vers. e. krit. dichtk. (1751) 316;
alles war verwachsen, wie wenn nie ein mensch seinen fusz hierher getragen Scheffel 2 (1907) 32; vgl. B 1. seit alters auch einen menschen tragen: mendicus ... portaretur ab angelis in sinum Abrahae ther betalari ... uuas gitragan fon engilon in barm Abrahames Tatian 107, 2 Siev.;
hat ers nit recht gewonnen der massen,
so wird er in die hell getragen
H. Sachs 18, 204 G.;
daz ich dir sagen, daz ist war,
daz mich her trogg min aigen wip
Göttweig. Troj. 10845;
also werden sie (die kleinen kinder) ... einen verdrusz am spiegelschauen schöpffen, wenn man sie vorher ... vor den spiegel getragen hat J. G. Schmidt die gestrieg. rockenphil. 1 (1706) 45;
man eilt zur jagd; dein rosz ist stolz,
dich herr, ins freye feld zu tragen
Gottsched ged. (1751) 41;
der schwarze bock, der oft zu lustgelagen
so manche hexe trug
Blumauer ged. (1782) 222;
besonders nach haus, heim tragen:
ik trat misse unde vêl in den rennenstên.
mine kumpane drogen mi to hûs in der tît
des dodes danz 1373 lit. ver.;
ein man ... wirt für trunckenheit heym zu hausz getragen Ambach vom zusauffen (1544) d 1ᵃ; ich ward mit mehreren wunden halbtodt nach hause getragen Göthe 25, 139 W.; die kellner trugen einen um ein billiges nach haus Nestroy 1 (1890) 11; vgl. heim tragen in übertragenem sinn unter C 9. mundartlich auch prägnant (mit ellipse des objects): tragen 'das essen aufs feld tragen' Martin-Lienhart elsäss. 2, 743ᵇ; 'getreide dem garbenbinder zutragen' Hunziker Aargau 57; zur hochzeit tragen 'ein hochzeitsgeschenk bringen' Fischer schwäb. 2, 305.
b)
so in einer reihe von sprichwörtern: wasser in den Rhein, die Donau ... tragen: dicta in dolium pertusum ingerere wasser in Rheyn schütten oder in see tragen Frisius (1556) 697ᵃ; an eim flusz ein prunnen graben das heiszt ... wasser in Tonnaw tragen S. Franck sprichw. (1541) 1, 3ᵃ; das wäre ja eben so viel, als trügen sie wasser ins weltmeer J. J. Chr. Bode Thomas Jones 3, 278; vgl. th. 13, 2340; noch heute, bes. dialektisch, verbreitet. gleicher bedeutung holz in den wald tragen: das ist der welt verkerter lauff, daz mann nur stern an himel wil setzen, holtz in wald tragen und wasser in Rein sprichw. schöne w. klugr. (1548) 61ᵇ; vgl. Eyering prov. copia (1601) 3, 36; sein holz in büsche tragen Stoppe Parnasz (1735) 331; holz in den wald tragen Gottsched d. neueste a. d. anmuth. gelehrs. 2, 626; ablasz nach Rom tragen Binder 2. holz, öl zum feuer tragen 'zwietracht schüren':
sollicher weisz mit disem rath
öl zu dem fewr getragen hat
Didonis schwester Anna zart
Spreng Ilias 63ᵇ;
der Hungarn ubermuth auch holtz zum feuer getragen S. v. Birken verm. Donaustr. (1684) 71. den hund zum jagen tragen müssen 'jemand zur pflicht anhalten müssen': es ist schlimm, wenn man den hund zum jagen tragen musz Binder 96; es ist ein schlechter hund, den man aufs jagen tragen musz Kirchhofer schweizer. sprichw. (1824) 282; vgl. Fischer schwäb. 2, 305. weniger verbreitete sprichwörter: wer dich gen Rom trüge und herwider und setzet dich ungefehr einmal unsanffte nider, so were es alles verloren Friedrich Wilhelm sprichw.-reg. (1577) i i 2ᵇ; Fischer schwäb. 2, 305; von den, die ein ding nit wöllen wissen, fragen unnd suͦchen, das sie vor wissen, spricht man: es hat im ein hund einn wetzsteyn inns hausz tragen sprichw. sch. w. klugr. (1548) 103ᵃ; der einen narren über meer tregt, wirt in an einen thoren tauschen ebda 10ᵇ; jeder trage seinen sack zur mühle Binder 166; man trägt den krug zum brunnen, bis er bricht Fischer schwäb. 2, 305 (gewöhnlich der krug geht ... s. th. 5, 2432).
c)
statt localer angaben kann das ziel auch durch einen dativ der person bezeichnet sein:
dem chunege ich den pechir truoch
Milst. gen. und exod. 81, 3;
dem gab er ein habich, er solt ine dem herrn von Munteisz tragen Frey gartenges. 81 Bolte; in jüngerer zeit mehr der poetischen sprache eigen:
dann müssen uns die knaben mayen tragen
maler Müller 1 (1811) 133;
eine, der die himmelswandrer
all die vögel botschaft tragen
F. W. Weber Dreizehnlinden (1907) 264;
auch der umgangssprache geläufig ist: neulich war eine alte frau im nächsten dorfe krank, kein mensch trug ihr essen G. Freytag handschrift 1, 102; vgl. 2, 318.
d)
ein infinitiv des zweckes vertritt die zielbezeichnung:
ir zerhowen schilde   behalten man dô truoc
Nibl. 252, 1;
we wil den doden schyten dragen? Tunnicius sprichw. 721 Hoffm.; vgl. Thiele Luthers sprichwörtersamml. 267; gramm. 4, 101. formelhaft ist: 4 pfole und 4 twele in des meisters kamer, do man den meister czessen mete treyt Marienbg. treszlerb. 103 Joachim; wie Magis könig You zuͦ essen dragen liesz Aymont (1535) o 3ᵇ; vgl. zu tisch tragen unten C 2. hierher auch die formel spielen tragen 'verunglimpfen': es tregt mich auch ihre rotte spielen mit solchem urteil, das weil ich widder die bauren geschrieben habe, sey der geist von mir gewichen, dass ich verstockt nicht muge verstehen die helle warheit Luther 23, 280 W.; der unrügige man ... deutet und tregt den selbigen spielen, sich damit zu schmücken und mich damit zu schenden und verunglimpffen Luther 30, 2, 27 W.; spielen meint spellen; die redensart bedeutet also ursprünglich 'etwas ins gerede bringen, unter die leute tragen': sulch geruchte nicht heymlichen sundir offinbar ist, so dasz gemeynlichen eyn yderman spelen treit in der stad czu Herczberg aus hs. 26 der Zeitzer domherrenbibl. in zs. f. dtsche philol. 24, 286; dort und 24, 39 f. sowie 26, 31 f. weitere belege aus dem 15. und 16. jh.; vgl. th. 10, 1, 2387.
e)
seltener mit angabe des ausgangs der bewegung:
si entwâpente in ...
si truogez harnasch her dan
Wolfram v. Eschenbach Parz. 622, 4;
dô truoc in daz ors dan
Hartmann v. Aue Iwein 5039;
die verbindung (von) dan, davon tragen hat gewöhnlich übertragene bedeutung s. u. C 10.
de nam von deme holte reine
golt und eddelsteine ...
unde hêt it ût deme tempel drâgen
von deme holte des hilligen cruzes 660 Schröder;
wolt ihm die hundert gülden schencken,
die aus mein kloster ich hab tragen
Albr. Dietrich bawrenkn. (1618) b 6ᵇ;
er fiel von schmerz betäubt; man trug ihn aus dem kampf
Dusch verm. krit. und satyr. schr. (1758) 15;
mit besonderer note: weret dat ... in den noden jemet icht van dennen droge urkdb. der stadt Hildesheim 4, 18; auff das minder sorg sei, das man heimlich etwas darausz tragt Sebiz feldbau (1579) 33; vgl. das gute ertz söll man in verslossen kübeln ausziehen, und nicht verstatt werden, yemandt ertzt von zechen zu tragen Lori samml. des baier. bergr. (1764) 168; spec. aus der welt tragen uä. in poetischer sprache für 'begraben':
diese, die man von uns träget,
deren toderstarrte leich ...
dort wird in ein grab geleget
Königsberger dichterkreis 5 ndr.;
soll aber ich mein leben enden, ...
so wolst du deinen engel senden,
der mich trag aus dem jammerthal
Neumark fortgepfl. musik.-poet. lustw. 1 (1657) 15;
da nun der theure ehegemahl dieser zärtlichen dame starb und aus der welt getragen wurde Heinse 2, 202 Schüdd. auch für 'aus der welt schaffen': und doch ... wäre bei einiger entschiedenheit des willens dieser konflikt jetzt endgültig aus der welt zu tragen tägl. rundschau 1906 nr. 462 hauptbl. 1ᶜ.
2)
mit inconcretem object; in diesem bezirk ist eine starke entsinnlichung des bedeutungsgehaltes zu beobachten.
a)
mannigfache anwendungsmöglichkeiten, bei oft mehr oder minder bildlichem gebrauch:
dû hâst dîn eigen verch erslagn.
wiltu für got die schulde tragn
Wolfram v. Eschenbach Parz. 475, 22;
Thobiam und Saram hat engel Raphael geertzent und ir gepet getragen für gottes angesicht Berthold v. Chiemsee tewtsche theol. (1852) 159; alsso will ich der zu Mencz radtschlag ans liecht tragen und auffdecken Luther 19, 262 W.; dem geist gottes, der ûch die warheit für die tür treit Zwingli deutsche schr. 1 (1828) 74; ihr leben ... den ... lanzen und degenspitzen ... entgegen zutragen S. v. Birken ostländ. lorbeerhayn (1657) 3ᵃ; so will ich ehe ... mein ehr mit tod von hinnen tragen Schumann nachtb. 337 Bolte; Cato trug seinen widerwillen in den rath A. v. Haller Fabius und Cato (1774) 272; sie tragen trost und gesundheit in die hütten der armen Pfeffel pros. vers. 5 (1810) 75. anders, abgezogener: wenn ich eynen syn ynn die schrifft trage und tzihe darnach die schrifft drauff Luther 11, 438 W.; ähnlich ebda 18, 143; 23, 10. wieder anders in der seltenen verbindung mit dat. der person:
so der vil gehúre,
sin werder vatter wirt gelait,
der mengen herzen vroͤde trait
Rudolf v. Ems Will. v. Orl. 1644;
deren halben ich e. h. unsterblichen pflichtigen danck trag Schaidenraiszer Odyssea (1537) vorr. einige besondere anwendungskreise heben sich heraus:
b)
krieg, verwüstung u. ä. tragen, fast ausschlieszlich mit localer zielangabe; erst seit dem 18. jh.; vielleicht unter einflusz von lat. bellum, arma inferre, umsomehr als auch die parallele fügung waffen tragen in nicht selten bezeugt ist: er verliesz Engelland und trug seine waffen in Neustrien A. v. Haller Alfred (1773) 20; dasz ich diese meine waffen tief in die feinde trug Meiszner Alcibiades (1781) 246; stärker bildlich: selbst über die Weichsel hinaus trugen die deutschen ordensritter und schwerdtbrüder den ruhm und die herrschaft der deutschen waffen Eichhorn dtsche staats- und rechtsgesch. 2 (1821) 145;
den krieg zu tragen in des kaisers länder
Schiller 12, 325 G.;
ehe Hannibal den krieg dorthin trug Niebuhr röm. gesch. 3, 640; ähnlich: die maske der vorigen freundschaft abwerfend trug er jetzt tod und verwüstung in die länder derselben fürsten Moltke ges. schr. u. denkw. 2 (1892) 196; die revolution in die nachbarländer zu tragen Häuszer dtsche gesch. 1 (1854) 465; vgl. auch th. 5, 2221; 13, 268.
c)
botschaft, kunde tragen u. ä.; es vergleicht sich der concrete gebrauch briefe tragen, der die sinnliche vorstellung erkennen läszt, die hier zugrunde liegt:
mîn vader lêp dô dorch dê lant
unde drôch erer twîer brêve
Reinke de vos 2299 Lübben;
eyme schuler ..., der do brief ken Liffland truk Marienbg. treszlerb. 29 Joachim; auch mit unterdrückung der zielangabe: so wölt ich hüt tuͦn, daz du kainen buͦlbrief yemer me getrügest N. v. Wyle translat. 34 lit. ver.; seit alters auch unsinnlich:
unde dat Hinze desse bodeschop drage
to Reinken
Reinke de vos 906 Schröder;
auf dieser linie liegt das formelhafte 'jemandem etwas zu ohren tragen'; vgl. schon mhd.:
er wil beid übel unde guot
den liuten in daz ôre tragen
Konrad v. Würzburg Troj. 24683;
dorum eyn ieder oren melker lern,
was seyn herschafft horet gern,
das er das selbig all zeit sag,
anmietig red zuͦ oren drag
Murner schelmenz. 23 ndr.;
wann er nicht je zu zeiten so etwas dergleichen zu ohren trüge Grimmelshausen 2, 435 lit. ver.; zuweilen mit einem beisinn 'einflüstern' oder 'hinterbringen': also sind auch herren gesynnet, wie man es yhnen vorsaget und zu ohren treget Agricola 750 teutscher sprichw. (1534) y 2ᵃ; auff das nit yemants eüwer freche wort vernemme und ihr die zuͦ oren trage Schaidenraiszer Odyssea (1537) 19ᵃ; in jüngerer sprache nur noch poetisch und mit anderer färbung:
trug das gerücht vielleicht den nahmen und die thaten
des groszen Palamed zu deinem ohr
Schiller 6, 350 G.;
vgl. auch th. 7, 1248 f. am weitesten entfernt sich dies tragen von seinem sinnlichen ausgangspunkte in der wendung: 'etwas in jemanden tragen' 'zutragen, hinterbringen', meist mit pronominalem object: solches alles war auf das hefftigest in kai. maj. getragen ainem rhat zuwider chron. d. dtsch. städte 25, 365;
dann wil ichs in die herren tragen
und in von obseruanten sagen
Murner dtsche schr. 1, 1 v. 915 Schultz;
weist nit mehr, du waschmaul? sag an
und thues auch in die meister tragen
H. Sachs 5, 56 Keller;
sogar mit persönlichem object und dann im sinne von 'denunzieren, verleumden': das sy versagt und in min herren tragen werden, als ob sy minen herren ungehorsam ... syen a. d. j. 1488 in quellen z. Schweizer gesch. n. f. 2, 2, 468; etlich ausz den geystlichen seind an den könig tragen worden, als haben sy yhn wöllen verrathen S. Franck weltb. 111ᵇ; vgl. Fischer schwäb. 2, 306.
d)
stark entsinnlicht ist der gebrauch schlieszlich in wendungen wie in ein buch tragen u. dgl. 'schriftlich eintragen': marckt-buch ..., worein die weiber wöchentlich tragen, was sie auf dem marckte bey dem einkauff ausgegeben Amaranthes frauenz.-lex. 1210; mit vorwissen des freienvogts, welcher die schuld in ein besonderes buch trägt Möser s. w. (1842) 3, 229; den vielleicht ebenfalls nicht zu reichhaltigen rest trägt der kaufmann und nicht der künstler zu buche Kretschmann s. w. (1784) 5, 398; das es möglich wäre, dasz ungeachtet aller angewendeten mühe ... eine falsche nummer auf eine karte getragen würde Göthe II 5, 1, 49 W.; heute ist dafür eintragen gebräuchlich; ähnlich zu papier tragen 'zu papier bringen':
der mag die tugend melden
und der die alten helden
ausz Deutschland tragen zu papier
Stieler geharnschte Venus 15 ndr.;
im sinne von übertragen (vgl. th. 11, 3, 599): ist aber eine conto oder ein blat voll, so saldirt man und rechnet zusammen und trägt es auf folgendes blat Harsdörffer d. teutsche secret. (1656) 2, 724; vgl.
des groszen künstlers lob wird dem nicht beygeleget,
der fremden kupferstich nur auf tapeten träget
Schwabe belustig. (1741) 3, 259.
die sprache der geometrie kennt ähnliche wendungen: man nem ... alle puncten der krummen mauren ... und die weyten der felder ... und trage das alles auff ein zwerchlini Dürer etl. underr. z. bef. d. stett (1527) a 4ᵃ; fass mit einem circkel zwen grad ... und trag die selbige weite in den parallelen S. Münster cosm. 39; (man) trage die höhe ... mit einem zirkel auf einen maszstab Liebig handb. d. chemie 1 (1843) 25.
B.
von leblosen subjecten, vermutlich von A aus übertragen.
1)
körpertheile: quocumque pedes ferent ich wil so weit gehen, als mich die füsz tragen wöllen Tappius adag. cent. septem. (1545) c c 5 α; gih ausn ogen, so weet dich deene beine train Gryphius lustsp. 264 P.; eher will ich gehen, so weit mich meine alten beine tragen, und ihm nie wieder vor die augen kommen Lessing 2, 306 L.-M.; lauf kerl, wohin dich deine füsze tragen A. v. Arnim 5, 292 Grimm; vgl. th. 4, 1, 1, 975; vom flügel meist bildlich:
dann meine schwachen eulenflügel
tragen nicht hoch den Eulenspiegel
Fischart 2, 192 Hauffen;
uns dienstbar tragen seine (des todes) flügel
die ungesunden dünst auf hügel
J. A. Schlegel verm. ged. 1 (1787) 6;
der wehmut schwingen tragen
das milde herz zu liebefrohen tagen
Körner 1, 126 Hempel.
2)
bewegliche oder beweglich gedachte dinge.
a)
wagen, rad o. ä.: bereits mhd. bildlich:
der sælden wagen,
der uns sol tragen,
dâ man sol iemer lachen
der Gotfrid v. Straszb. zugeschrieb. Marienpreis 77, 13 Wolff;
der postwagen ...
sollte ihn nach der universität tragen
Kortum Jobsiade 1 (1779) 36;
zum hochscholligen gau tapferer Angeln trägt
dich das stäubende rad
J. H. Voss s. ged. 3 (1802) 17;
ja, wäre nur ein zaubermantel mein!
und trüg er mich in fremde länder
Göthe 14, 57 W. (Faust 1122).
b)
wind u. ä.:
an dem zwelften morgen ...
heten sie die winde   verre dan getragen
gegen Isensteine
Nibl. 371, 2;
wellicher wind von frembden orden
tregt dich allher an disen porten
Spreng Ilias (1610) 51ᵇ;
günstige winde tragen ihn ... an die küste des landes seiner verheiszung Dahlmann franz. revol. (1845) 76; vgl. auch th. 14, 2, 234; etwas abstehend:
die luft ist rein und trägt den schall so weit
Schiller 14, 316 G.
c)
weg u. ä.:
einen wec sî dô gevienc:
der truoc sî in einen walt
Hartmann v. Aue Iwein 5781;
ich kam uff ain strasz weitt,
die truͦg mich in ain awen
liederbuch der Hätzlerin 264;
das ist die richtige strasse, die yhn zum hymel tregt Luther 6, 264 W.; ich ... kam auf eine gänge landstrasse, die mich vor die herrliche vestung Hanau trug Grimmelshausen Simplic. 51 Kögel; durchl. herzog von Weimar ..., welchen der weg von Aachen nach hause durch diese gegenden trug Göthe IV 25, 71 W.; vergleichbar:
die stiege was zu massen hoch,
di trug in auf ain palasz
das mere, daz ein schiff ... auf ein inseln genant Czanfonia truge Arigo decam. 75 lit. ver.;
von wannen trägt euch die woge?
J. H. Voss Odyssee 36 Bernays;
etwas anders:
irr ich umher, so weit das land mich trägt
Ramler lyr. ged. (1772) 277;
dahin zu eilen, so weit der erdball mich tragen will Schiller 3, 565 G. der weg trägt wird auch ohne object gebraucht:
mit dem boumgart ich meine
dirre werlde schœnheit,
dâdurch ein wec ze helle treit
Lamprecht von Regensburg s. Franc. leb. 235 W.;
der weg, so durch die pfützen oder lachen in Tuscanam tregt Xylander Polyb. (1574) 169;
so eilt man leichter auf der bahn,
die nach dem himmel träget
Günther (1726) 44;
unser naturerkennen gelangt an eine kluft, über die kein steg, kein fittig trägt du Bois-Reymondt über die grenz. d. naturerk. 20; heute nur noch in gehobener sprache; in der gewöhnlichen ist führen gebräuchlich; vgl. auch th. 13, 2871.
3)
abstracta. mit concreter ortsvorstellung:
dô truoc in diu geschiht ...
an sîner vrouwen lant
Hartmann v. Aue Iwein 3923;
das ungelück hett ihn mit klagen
allher zu disem krieg getragen
Spreng Ilias (1610) 171ᵇ;
von dem verlangen dich zusehen hieher getragen S. v. Birken ostländ. lorbeerh. (1657) 28; die märchenhaften wunder des orients, zu denen sein siegeslauf ihn trägt Scherer litt. gesch. 92; die ortsvorstellung ist allgemeiner art: dieser blick hätt euch über die sterne getragen Schiller 2, 66 G.; sie verblaszt auch:
wie anders tragen uns die geistesfreuden
von buch zu buch, von blatt zu blatt
Göthe 14, 57 W.
an die stelle der äuszeren ortsangabe tritt die des inneren zieles; das subject bildet dann gewöhnlich ein ausdruck für die geistigen kräfte des menschen:
war zu in sein hertze trug,
desz hette er nach wunsch gnug
mein ingenium gantz verschlagn
zu hohn ehrn mich empor könt tragn
Gilhusius gramm. (1597) prol. 13;
der geist ..., der sie einst ... zum siege getragen hatte Mommsen röm. gesch. 2, 237. in ähnlichen verbindungen kann tragen sich der bedeutung 'veranlassen' nähern:
swâ zuo den man sîn wille truoc
als yhn sein natur trüge zu guten wercken Luther 24, 52 W.; ähnlich:
die frechen freyen sin
meiner blüenden jugent
mich zu vil kurtzweil trugendt
H. Sachs 7, 223 K.
C.
das verbum erscheint oft in festen verbindungen, derart, dasz die zielangabe formelhaft durch einen präpositionalen ausdruck, eine prädicative bestimmung oder adverbia verschiedener art gegeben wird:
1)
zu hauf u. ä. tragen: aggero zesamen hauffen oder an ein hauffen tragen Frisius (1556) 63ᵇ;
du tregst die beutel auff ein hauffen
Rollenhagen froschmeus. (1595) b 5ᵃ;
denn es ist ein schatz mir zu hauf getragen
Reinicke fuchs (1650) 153;
weil die ameisen arbeitsame thierlein wären und stets zu hauffen trügen J. G. Schmidt rockenphil. (1708) 1, 164; vgl. th. 4, 2, 588 f.
2)
zu tisch tragen 'auftragen'; meist mit object:
ein lam sollet ir zu tisch tragen
Alsfelder passionssp. 3249 Grein;
so thuͦt man es (das häslein) in zwo guldine blatten und tregt es zu tisch für den künig Keisersberg has im pf. (1510) F f 4ᶜ; zuletzt richtet die linsen an, garniret die spiessgen mit der leber herum und lasset sie zu tische tragen Amaranthes frauenz. lex. 1164; vgl.: man muͦsz das häszlin über tisch in guldinen blatten tragen Keisersberg has im pf. (1510) F f 4ᶜ;
die speisen, so man euch wird tragen auf den tisch
Chr. Reuter die ehrl. frau 65 ndr.;
da wurde nach dem begräbnis wein auff die tafel getragen Schupp schr. 98. absolut zu tisch tragen 'essen auftragen': dero, die ze tisch truͦgen und des tisches wartotend Richental chron. d. Constanzer conzils 181 lit. ver.;
die obstinn trug zu tisch in einer vollen schüssel
Rachel satyr. ged. 116 ndr.;
für diese nur bis ins 18. jh. üblichen wendungen heute auftragen; vgl. auch zu essen tragen oben A 1 d.
3)
zu grabe tragen; selten und vorwiegend in älterer zeit mit artikel:
swie michil wære dine chlage,
du truͦge si (die tote Rachel) doch hin ze dem grabe
Milst. gen. u. exod. 71, 16;
todten leichnam zum grab tragen Hulsius 2 (1618) 304ᵃ; czwen oder drey ... man zuͦ dem grabe trug Arigo decam. 7 lit. ver.; vgl. schausp. des mittelalters 2, 140 Mone; bei Dähnhardt griech. dramen 1, 100; Ringwald handbüchlin b 9ᵃ; im sprichw.: es darff kainer sorgen, wer in zuͦ dem grab trag Mayr sprüchw. (1567) c 7ᵃ; dass. bei Friedrich Wilhelm sprichw.-reg. (1577) l 2ᵇ artikellos und so sonst in den meisten fällen:
die ... ze velde lâgen erslagen,
die hiezen sî ze grabe tragen
Gotfrid v. Straszburg Tristan 5618;
feretrum bare dar me doden mede to graue drecht Diefenbach nov. gloss. 171ᵃ;
man wirdt in bald zu grabe tragen
H. Sachs 6, 184 Keller;
die jahre, welche hingegangen waren, seit man ihren gatten zu grabe trug Raabe hungerpastor (1864) 1, 111; öfter bildlich: meine tugenden und ritterlichen thaten, die das alter gemachsam in mir vertunckelt und zu grabe träget Schoch com. v. stud. leben (1657) m 5ʳ; die letzte ... hoffnung ... ward den Italikern mit Markus Drusus zu grabe getragen Mommsen röm. gesch. 2, 255; auch zur ruhe tragen:
und also das lieb genselein
... in ihren magen
gleichsam zu ruh und grab getragen
W. Spangenberg ausgew. dichtg. (1887) 51;
auch abends, wan die braune nacht
den tag zu ruh getragen
Spee trutznacht. (1649) 90;
noch heute namentlich in der schriftsprache verbreitet; gelegentlich auch gen grab tragen:
wenn man in morgen gehn grab ist tragen,
wölln wir ein weil spacirn reiten
H. Sachs 12, 140 Götze;
sogar tragen allein in prägnanter bedeutung = zu grabe tragen: dahin (zum leichengepränge) auch gehört, was die christen ... thun an den leichen und grebern, das man sie herrlich tregt, schmückt ... Luther dichtg. 128 Gödeke; seltener zu(r) begräbnis, zu kirchen u. ä.: ad sepulturam dare zur grebnusz tragen oder bestatten Frisius (1556) 440ᵇ; wir gezeucknüsz geben der zale der toden leichnam, die man ze begrebnüsz tregt Arigo decam. 9 lit. ver.; zuͦ der begrebnüsz ebda 6; celebrare suprema officia einen bestatten und zuͦ kirchen tragen Frisius (1556) 912ᵇ; des morgens sie den leichnam ze kirchen trugen Arigo decam. 27 lit. ver.; vgl. th. 16, 195.
4)
zu neste tragen, gewöhnlich elliptisch (ergänze: baustoff), congerere nidum Frisch 2, 15ᵃ: wenn der adeler hat die art an im, daz er mitteilig ist und nit zuͦ nest treyt als die anderen zuchfögel Keisersberg post. 3, 48ᵃ; wenn der apfelbaum zum dritten mal blühet und die schwalbe zum neste trägt Musäus volksm. 1, 26 Hempel; hast du die schwäne gesehen? sie trugen zu neste Kosegarten sprüche der sträuszermädchen (1818) 22; bildlich:
halt dieses täubgen (deine braut) wohl
und trag mit ihm zu neste
Günther (1726) 101;
im 16. und 17. jh. vom menschen: mit jemand zu nest tragen sich geschlechtlich vereinigen s. th. 7, 623; dagegen etwas zu nest tragen nach haus bringen: der Flumenthaler junker, der ... seine beute ... zu neste trug Gotthelf ges. schr. (1855 f.) 8, 105.
5)
zu markte tragen u. ä.: das die bawren solche (schweinsblasen) zu marck tragen und öl darein kauffen Messerschmidt von des esels adel 121; Änneli mit seiner meisterfrau, die garn und anken zu markte getragen hatten Gotthelf ges. schr. 1 (1855) 187; mann tregt eben so vil kelber als küw hewt gen marckt (= man kann auch jung sterben) sprichw. sch. w. klugred. (1548) 177ᵃ; häufig metaphorisch:
er wil den schnee im ofen dörren,
er wil das glück zum marckt tragen
Eyering prov. copia (1601) 2, 459;
wie sie den rauch zum marckt tragen
(zu: du blesest sehr und beheltest das meel im maul)
ebda 1, 794;
meist die eigene haut: cuique alea sua subeunda est ein ieder musz seine eigene haut zu markte tragen Steinbach 1, 719; wer falsche schritte thut, mag auch seine haut selbst zu markte tragen Schleiermacher s. w. (1834 ff.) I 5, 407; nun kam der carneval ... tag und nacht wütete tollkühnheit in den straszen ... jeder muszte seine haut zu markte tragen Herman Grimm Michelang. 1, 134; auch: wer seine knochen zu markte getragen hat, vor dem hab ich respekt Fontane ges. w. I 5, 89; vgl. th. 6, 1646;
die ... um ein einzig wort ...
ihr leben ohne noth der welt zu markte tragen
Neukirch ged. (1744) 115.
6)
feil tragen (ware) umhertragen und zum verkauf anbieten:
daz er die hiute veile truoc
Hartmann von Aue Iwein 3341;
ob jemant käm, der solich klainat fail trüg Fortunatus 30 ndr.;
er hat die sterck, das er zuweil
möcht kirchentürme tragen veil
Hayneccius Hans Pfriem 54 ndr.;
hat sie ... die übrige sechse (bücher) in vorigem werth für den könig feil getragen Neumark neuspr. teutsch palmb. (1668) 447;
fette milch und frische eier
trägt sie (die sennerin) feil
C. Brentano ges. schr. (1852) 5, 122;
im sprichwort: fumos vendere rauch feyle tragen Tappius adag. cent. septem (1545) 5ᵃ; häufig übertragen:
noch sindt der ein michel teil,
die ouch den kolb tragent feil
Murner narrenbeschw. 48 ndr.;
vgl. dazu th. 5, 1604 f.;
doch ich meint, du hieltst meyn teil,
druͦgstu meyn sach den finden feil
Murner schelmenz. 28 ndr.;
wie wol man dich (Christus) noch all tag feil treit
N. Manuel v. papst u. s. priestersch. 1885 Bächt.;
der ihre schand entdeckt und allen feil getragen
Günther (1726) 401;
gern vom leben: wie vil sind deren, so mit verhencktem zaum dem tod entgegenlauffen, im leib und leben von wegen einer kleinen besoldung feiltragen Wickram 4, 127 Bolte;
bin aller ding verwegen schlecht.
mein leben trag ich (armer landsknecht) allzeyt feyl
H. Sachs 9, 7 Keller;
denn hier sein leben feil getragen
ist christlicher, als gott der ruhe nachgesetzt
Gottsched ged. 1 (1751) 296.
7)
schau oder zur schau tragen öffentlich umhertragen; schau tragen (nach A. Hübners vermutung aus proklitischer vereinfachung von z(u)schau) vom 16. jh. bis ins 18.: hast ausgezogen die fürstenthümer und die gewaltigen und sie schau getragen öffentlich Col. 2, 15; gehe zu dem, der es gethan hat, und vermane in, das er sich bessere, nicht also das du es schaw tragest Luther 32, 333 W.; solchen raub öffentlich schau tragen Schottel 1228; da alles auf theater und markt und tanzplatz schau getragen wurde Herder 5, 497 S.; das heute allein gebräuchliche zur schau tragen zuerst im 18. jh.:
der königliche pfau
trägt seinen schweif zur schau
Hagedorn poet. w. 2 (1769) 146;
eigentlich: ihrer ... glänzenden toilette zu gedenken, die sie ... selbst in solchen rollen zur schau trug, wo es durchaus unpassend war O. Jahn Mozart (1856 ff.) 4, 481; man war ärgerlich, dasz sie die beschmutzten schuhe so öffentlich zur schau trugen Bettine Günderode 1 (1840) 131; übertragen: eine natürliche abneigung ..., erlangte vortheile von irgend einer art zur schau zu tragen Nicolai Seb. Nothanker 1 (1773) 22; die katholischen provinzen bestrebten sich seitdem, eine strengere sitte zur schau zu tragen Tieck schr. 4 (1828) 110; das ansehn ungeschwächter gesundheit zur schau tragen Hoffmann von Fallersleben ges. schr. (1890 ff.) 8, 349; vgl. th. 8, 2378 f.
8)
in die küche tragen unpersönl. im sinne von 'das brot verdienen'; die zugrundeliegende sinnliche vorstellung zeigt sich deutlicher in der ähnlichen redensart es trägt kein brot ins haus:
kunst und weyszheit ist yetzt auff erdt
nicht wie vor zeyten lieb und werdt,
weil sie nicht mehr tregt brot ins hausz
H. Sachs 8, 615 Keller;
ähnlich 9, 159; non est de pane lucrando es trägt kein brod ins hausz Corvinus fons lat. (1646) 495; es trägt in die küche meist mit nicht, etwas, viel o. ä. verbunden: nihil ad farinas es tregt nicht in kuchen ... ein ding ..., dasz nit in die kuchen trag und nit volle kästen mach sprichw. schöne w. klugr. (1548) 17ᵇ; es treget nicht in die küchen Friedrich Wilhelm sprichw. reg. (1577) f f 1ᵇ;
weilsz (das müsziggehen) aber nit wil in die kuchel tragen,
so acht man wenig euer klagen
Regensburger fastnachtsspiel v. 1618 in Baierns maa. 2, 5 Brenn.-Hartm.;
dann es ist kein ampt so klein nicht, es tregt etwas in die kuchen Höniger narrensch. (1574) 66ᵇ; auch mit dat. pers.:
und trieb viel manches gauckelspiel,
das trug im in die kuchen viel
Fischart 2, 38 Hauffen;
zuweilen mit substantivischem object: diese gepot des bapst trugen mehr gelt yn die küchen Luther 20, 509 W.; ähnlich: die sich inn jeden schändlichen und unehrbaren gwin einlassen, wann er ihnen nur in seckel trägt Guarinonius grewel d. verw. (1610) 322.
9)
heim tragen. neben dem eigentlichen gebrauch 'nach hause bringen' (s. th. 4, 2, 863) im 16. jh. auch freier 'zuweisen, überweisen': so wolten sie in solcher sachen nicht selbs richter sein, sondern dem recht oder kai. mai. wider heim tragen Luther (Jena 1566) 4, 316ᵃ; so man an Christum glaubt, als dann tregt man gott die ehr heim, dass er gnedig, barmhertzig und freigebig sey Gretter erklär. der ep. Pauli an die Römer (1566) 835 auf Luther fuszend s. th. 4, 2, 863.
10)
davon, von dannen o. ä. tragen: zunächst eigentlich im sinne von A 1 e:
din gelt trage mit dir von dan
Alsfelder passionssp. 3619 Grein;
der lieben weiber saufftag, da saufft, dasz man einander darvon trag Fischart Garg. 73 ndr.; gewöhnlich aber übertragen im sinne von 'erlangen, erringen', schon mhd.:
swen got den sic dan læzet tragn,
der muoz vil prîses ê bejagn
Wolfram v. Eschenbach Parz. 537, 23;
wie denn ewere ritterliche hand hat ... das lob mit grossem ruͦhm darvon tragen Schumann nachtb. 99 lit. ver.;
der in der grossen schlacht den preisz darvon würd tragen
Werder hist. v. ras. Roland (1636) ges. 1 str. 9;
dass die kunst die ehre über unsre grosse und mächtige mutter natur davon trage J. J. Chr. Bode Montaigne (1793) 2, 103;
dann wer da wil die warheit sagn,
wird kleinen lohn von dannen tragn
B. Krüger Clawerts werckl. hist. 25 ndr.;
was ich soll singen, dasz ich danck von trage
Voigtländer od. und lied. (1642) 1;
vgl. damit die nicht seltenen fügungen wie: es ... trägt mancher einen eisernen arm oder höltzernes bein u. w. zur belohnung davon Butschky Pathmos (1677) 47; in ihnen kreuzt sich der sprachgebrauch, der ebenso objecte des vorteils wie des nachteils von davon tragen abhängig macht: wann ich solches fast straffen wolt, müszt ich ein beschissenen beltz darvon tragen Lindener rastb. 8 lit. ver.; würd nichts denn unfruchtbare arbeit darvon tragen Kirchhof wendunm. 1, 279 lit. ver.; dessen mitobrister Detricus einen pfeil in der stirn davon getragen S. v. Birken verm. Donaustrand (1684) 67; du kannst in deinem leben noch genug schläge davon tragen, wenn dir das fell so sehr juckt Tieck schr. (1828) 3, 87; etwas davon tragen umgangssprachlich 'sich eine krankheit zuziehen': so lustig diese wasserfahrten sind, so trägt man doch, ehe man sichs versieht, etwas davon Göthe IV 21, 2 W. öfter auch ohne das locale adverb in derselben bedeutung; das erklärt sich wohl aus einem eindringen von tragen im sinne von 'haben, besitzen' (s. u. III D):
den prîs von allen dingen   truoc er vor manigem man
Nib. 918, 1;
got der gab mir do ye die krafft,
das ich do nyndert unterlig
und trag gen meinen feint den sig
pfarrer v. Kalenberg 29 ndr.;
sie dachten bey sich selbst, die arbeit ist dahin,
wir tragen des gar übelen gewinn
Reinicke fuchs (1650) 197;
und mehr gewinn und ruhm als alle sieger trugest
Günther (1726) 363.
11)
darein tragen, in eine sache tragen o. ä. 'eintrag thun, beeinträchtigen, entgegen sein' (vgl. eintrag 2 th. 3, 324; eintragen 9 th. 3, 325 f.); namentlich im 15. und 16. jh.; trans. mit etwas, nichts, doch auch nicht selten mit ellipse des objects: das ynen die von ... nie nichts darin geredt noch getragen haben ... antwurtten die von E., das sige nit, wan hetten sy ynen daryn nit getragen, wäre es zuͦ recht nit komen a. d. j. 1448 bei Fischer schwäb. 2, 306; ouch und wollen wir den egenanten Puothen ... schutzen und schirmen und in gen allen den, die dorein tragen wolten oder meinten, vertreten a. d. j. 1429 in lehnsurkd. und besitzurkd. Schlesiens (1881) 2, 146; unnd soll innen nhiemandts darahn hindern oder auch darinnen dragen a. d. j. 1450 weisth. 3, 756; under den herren allen was keyner, der da dem keyser etwas in die sach dragen dorfft Aymont (1535) x 3ᵃ; wenn die selben in ein ander landt wellent zyehen, do inen denn nyeman in ire sachen tragen mag Keisersberg post. 2, 49ᵇ. seltener ist die präpositionelle fügung inhaltlich präcisiert: bitt ich, ir wöllendt mir in mein letsten willen nichts tragen und meinem knecht zuͦlassen, das er mich nach meinem todt uffschneid Wickram 1, 348 Bolte; hierumb wil von nöten sein, dasz man den geistlichen heuptern in ir regiment trag und in mit nichten gestatte satiren und pasqu. 2, 16 Schade.
12)
überein tragen selten transitiv verwandt im sinne von 'zusammenfügen, vereinbaren': mit ihnen ... dieselben sachen also hat überein getragen und geschlossen Schütz hist. rer. Pruss. (1592) 3. buch, z 3ᵇ; vgl. mhd. enein und zesamne tragen:
von ir vrúnden wart in ain
getragen ain tac den kuͤnen
Rudolf v. Ems Will. v. Orl. 323;
si truogen daz zesamne dâ,
daz diu herzogîn sprach suone jâ
Wolfram v. Eschenbach Parz. 727, 29;
die brücke zum absoluten gebrauch könnten fälle bilden, in denen ein folgender neben- oder hauptsatz das object darstellt:
mit den truoc er uber ein
und stête daz mit banne ...
daz der ir ban an sich ladet
Ebernant v. Erfurt Heinr. u. Kun. 3228;
vgl. Reinke de vos 900 Schröder; aber frühzeitig absolut und scheinbar intransitiv 'übereinstimmen, einig sein': sol aber die harfe wol luten, so sulen die seiten wol uber ein geliche tragen deutsche pred. des 13. u. 14. jh.s 24, 13 Leiser; vgl. 25, 26; 40, 11; ob zwêne undir ûch ubir ein tragen ûf der erden von allen dingen, wes si bitten Matthias von Beheims evangb. Matth. 18, 19; Denmarck wasser ist guͦt; ob es sach wer, das ein man oder wib nit über ein triegent, die trincken beid darvon usz eim nappf, sie werdent eins H. Braunschweig das buch d. rechten kunst zu destilieren (1500) 39ᵇ;
die freundschafft tregt nicht uberein ...
ein blutverwandt den andern
schmecht
Ringwald geistl. lied. u. gebetl. (1586) 108ᵇ;
auch mit der näheren bestimmung 'mit jemand': to hant dar na quemen des rikes vorsten und drogen mit den Sassen over ein an dem kore Magdeburger schöppenchron. 133 Janicke; öfter mit wol: de pawes droch wol overein myt deme keysern und let predeken dat kruse over mer chron. der dtsch. städte 19, 41 (Lübeck); vgl. 19, 8; 19, 19; in den tiden was nein bischop, de so wol over ein droge mit sinen broderen, als he dede Magdeburger schöppenchron. 81 Janicke; oder 'mit etwas', wan si undir en inzwei tragen, sô wil ich bewîsen, welch di scrifte sint, di mit der krîgeschen wârheit ubir ein tragen Matthias von Beheims evangb. 1. vorr. bl. 2; was mit recht nicht überein trägt, ist immer unrecht Graf-Dietherr deutsche rechtsspr. 3, 36; das gegentheil ist enzwei tragen 'nicht übereinstimmen', s. die mhd. lex. u. ö.; überein tragen ist nur bis ins 16. jh. verbreitet und zwar vorwiegend nd. und md.; vgl. th. 11, 2, 191.
II.
ohne angabe eines zieles oder ausgangspunktes; die bewegungsvorstellung ist aber immanent und grenzt die bedeutung gegen bloszes 'halten' (s. u. III) ab.
A.
von mensch und thier.
1)
sinnlich mit concretem object, vgl. auch unter IV A.
a)
bürde, last, sack, packen, paket, koffer u. dgl. tragen: das tragen ist wohl die ursprünglichste beförderungsweise Lueger lex. d. ges. techn. 2, 544; unter den thieren bes. oft vom esel:
iz (= esel) mag ouh in wara   burdin dragan suara
Otfrid IV 5, 9;
de esel sprak: ja, were ik dot, ...
we dan de korve scholde dregen,
da umme scholde ik klene sorgen
Magdebg. Äsop 63, 10 Seelm.;
so in vielen redensarten u. sprichwörtern: man rüft den esel nit gen hoff, er soll dann seck tragen sprichw. sch. w. klugreden (1548) 38ᵇ; mancher tregt einen sack und heiszt seinen nachbar einen esel Rabener 4, 32; absurda es ist alles verkehrt, die seck tragen die esel S. Franck sprüchw. (1541) 1, 2ᵃ; ochsen ... eine ... starke raçe zum tragen doppelter lasten geeignet Ritter erdkunde 2, 179; baiulus, gerulus der last tregt umb lohn Alberus dict. d 1ᵇ;
vier jahre lang schafft ich den ältern brod,
der ich um dürftges taglohn lasten trug
Schiller 13, 346 G.;
auch:
als Jesus einst die last des kreuzes trug
und rasten wolt vor Ahasveros thür
Schubart ged. (1787) 2, 68,
vgl.b β; sprichwörtlich:
der ist ein narr, der tragen will,
das im ufheben ist zuͦ vil
S. Brant narrenschiff 24, 1.
nicht selten bildlich:
trage mit dir der sunde last,
genc hen von mi und schri ach und owe
spiel v. d. 10 jungfrauen v. 358;
ein jeglicher wird seine last tragen Gal. 6, 5; wer die schwächsten schulter hat, musz in gemein die grösten päcke tragen P. Winckler zweytausend gutte gedancken (1685) c 5ᵃ. holz und wasser tragen als schwere oder niedere arbeit; schon mhd., s. Lexer 3, 708; er erkundigte sich vorher ..., ob man ihn nicht nöthigen werde zu graben oder holz und wasser zu tragen Zimmermann üb. d. einsamkeit 1, 255;
ganz mühlos läszt sich freude nicht erjagen.
wer blumen pflanzt, der musz viel wasser tragen
Frida Schanz ährenlese² 41.
sprichw.:
fürnemblich gab der unfall gros
Marien den beschwersten stos,
die trug das holtz am dicksten end
B. Ringwald evangelia g 2ᵃ.
von einzelnen gegenständen:
ein wagner kompt gegangen dar
und trägt ein achsz wolschneidig gar
Spreng Ilias 49ᵇ;
sicarius der eine verborgene wehr tregt nomenclator lat. germ. (Hamburg 1634) 556; sein gewehr, das hat er getragen wie eine guitarre v. Ebner-Eschenbach 4, 152; schildknappe, der knecht, der den schild des ritters trägt th. 9, 134, vgl. waffenträger 2 th. 13, 322; ein anderes waffen tragen s. unten III C 2; lanterniere, che porta la lanterna jung, der die latern trägt Hulsius (1618) 2, 219ᵇ; vgl. noch den ölgötzen tragen s. th. 7, 1279; den sattel tragen s. th. 8, 1822. anders:
zwar durft er ihren handschuh tragen,
das war nicht viel in jenen tagen
ohne objectsangabe: ich gang und trag, das mir der halsz kracht Till Eulenspiegel 12 ndr.; zum tragen ist diss thier (esel) von natur aus ... geneigt Forer Geszners thierb. (1563) 41;
das bienlein wird wol tragen
bei guten, warmen tagen
wer gern trägt, dem ladet jeder auf Wander 4, 1281.
b)
als besonderer anwendungsbereich hebt sich heraus:
α)
die fahne tragen u. ä.:
Galogandres den vanen
truoc: der kundez her wol manen
Wolfram von Eschenbach Parz. 208, 16;
mutter, seid stolz: ich trage die fahne R. M. Rilke ges. w. 4 (1927) 19; und trug pfaltzgraf Ott von Wittelspach uss Beiern des richs panner Tschudi chron. helvet. 1 (1734) 76. in übertragener u. bildhafter anwendung 'der erste, anführer sein': vor dem narrenheer sollst du die fahne tragen Mayr päckchen satiren (1769) 13;
nu sprechen umb die nahtegalen! ...
welhiu sol ir baniere tragen?
du (Maria) dreges der kuscheide vane
zs. f. d. altert. 1, 38;
vgl. 1, 101; Hugo von Trimberg renner 7554 E.; auch er tregt das hasenpanier Eyering prov. cop. 2, 448 'er flieht', vgl. th. 4, 2, 539; als zeichen des 'kriegführens': hoffart ist allenthalb sünd, sie hab dann ein helmlin auff und trag ein fenlin sprichw. sch. w. klugreden (1548) 159ᵇ, vgl.: wann hoffart ein ehr sei? ... wann die fahnen im feld fliegen Zinkgref apophthegm. 1, 200.
β)
kreuz tragen: then thuungun sie daz her truogi cruci after themo heilante Tatian 200, 5 Siev.²;
heft he (Jesus) sîn crûce up sik genomen
unde dat gedregen mit gedult
B. Waldis verl. sohn v. 65.
nach wer nicht sein kreutz trägt und mir nachfolgt Luc. 14, 27 sehr oft in bildlicher anwendung, die die bewegungsvorstellung undeutlicher werden läszt: will mein creutz auch mit gutem und rechtschaffnem gewissen tragen, biss gott dasselbe auch von mir nemme V. Schumann nachtbüchlein 74 Bolte; wer lang lebt, trägt lang sein creutz Lehmann flor. polit. 1 (1662) 15; es musz jeder sein kreuz tragen A. v. Arnim 15, 385 Grimm, vgl. noch th. 5, 2177 f.; auch sein schulkreuz u. ähnl. tragen, vgl. z. b. Stoppe Parnass 35.
c)
einen menschen, ein thier tragen: quattuor viri portantes in lecto hominem, qui erat paralyticus fior gomman tragente in bette man thie thar uuas lam Tatian 54, 2; also wolt die tauffgöttel, die das kind truͦge, uber ein steg gon Till Eulenspiegel 5 ndr.; vgl. IV A 1 a, b; du frewest dich, das das rosz dich treit; möchtestu das rosz tragen, das wer ein grosze eer, wan es wer ein zeichen deiner sterke Keisersberg narrenschiff (1520) 183ᵃ; vgl.
den pferden war's so schwach im magen,
fast muszt' der reiter die mähre tragen
Uhland ged. 1, 254 Schmidt-Hartmann;
ain pferd tregt den paurn so wol als den hertzog Berthold von Chiemsee theol. 336 Reithm.; den hund tragen (s. th. 4, 2, 1915) als entehrende strafe: zwey einheimische folianten tragen nennen wir den hund tragen; vier ausländische den sattel tragen Klopstock gelehrtenrepublik (1774) 24.
d)
vereinzelt im sinne von 'forttragen': so du schneydest die sat auff deim acker und vergissest ... ein garb: nit ker wider ... wann lasz sy tragen den frembden und den waisen und die witwen (sed advenam et pupillum et viduam auferre patieris) erste dtsche bibel 4, 209.
e)
auch in der bedeutung 'zu tragen im stande sein': mein knecht trägt zwei tonnen weizen, mancher sinkt unter einer zusammen Hebbel s. w. (1891) 9, 63; ebenso dialektisch er treit schwer 'kann schwere lasten tragen' Martin-Lienhart elsäss. 2, 743.
2)
das object ist nicht gegenständlich. verblaszt, selten.
a)
mit einem eigentlichen abstractum vor allem in symbolischer ausdeutung des kreuztragens von Christus gesagt: sünde tragen nach Joh. 1, 29 sihe, das ist gottes lamb, welches der welt sünde tregt (ecce agnus dei, ecce qui tollit peccatum mundi);
ich pin das lamp, das der sünden pein
aller welt auff im trayt
altd. passionsspiele a. Tirol 28 Wack.;
vgl. noch zs. f. d. altert. 4, 539; ritter v. Harff pilgerf. 191 Groote;
du (Jesus) hast all unser sünd getragen
N. Manuel 57 Bächtold;
vgl. Hans Sachs 11, 443 K.; gelegentlich auf die stellvertreter Christi übertragen unter umdeutung nach III A 2 d δ:
got hat sie (die priesterschaft) gordnet und gemacht
das sie sond tragen unser sünd
P. Gengenbach 24 Göd.;
mit poetischer verdeutlichung des bildes:
ein lämmlein geht und trägt die schuld
der welt und ihrer kinder
so auch krankheit u. ä. tragen nach furwar er trug unser kranckheit und lud auff sich unser schmertzen Jes. 53, 4 und er hat unsere schwachheiten auf sich genommen und unsere seuchen hat er getragen Matth. 8, 17; vgl. erste dtsche bibel 1, 30; Christus hat all unser schmerzen und arbeit getragen Zwingli dtsche schr. 1 (1828) 156;
er trug sein kreutz und unsern schmertz
sonstiges sünde, schuld u. ä. tragen s. unten III A 2 d δ.
b)
die stimme, den ton tragen spec. term. techn. in der musik nach ital. 'portare la voce'; 'port de voix heiszt im musikalischen verstande ein forttragen der stimme ... und ist eine manier, so entstehet, wenn zwischen zweyen aus einem grad von einander stehenden noten die vorhergehende tiefe oder höhere bey der darauf folgenden noch einmal schleichend gerühret, zur folgenden gezogen und fortgetragen wird' Walther musikal. lex. (1732) 488: der sänger weisz die stimme gut zu tragen Adelung 4, 641;
schöne sirene,
wie du so artig kannst heben und tragen den ton
Herder 27, 295 S.;
als subst. infin. nach 'il portamento di voce': er einen schwächern ton hat ... und überdem noch die bebung und das tragen der töne voraus hat Bach art d. clavier zu spiel. 1 (1759) 7; im adagio ... (musz) zärtlichkeit und ein angenehmes ziehen und tragen der stimme herrschen Quantz anweisg. d. flöte zu spiel. (1789) 107; heute nur in dem daraus entwickelten part. getragen lebendig, vgl. th. 4, 1, 2, 4414. ein anderes stimme u. ä. tragen s. u. III A 3 b u. die stimme trägt VI A 2.
B.
von leblosen subjecten, vgl. I B.
1)
von körpertheilen:
wî turren mih di vûze
vor angisten tragen
Pilatus 121 in zs. f. dtsche phil. 8, 276;
lasz auch niemands vom tisch auffstehn,
bisz er nit mehr selbs heim kan gehn,
und dasz im schwindel vor dem gsicht,
und in die füsz wölln tragen nicht
Scheit Grob. 1875 ndr.;
nun will ich gehn, so schnell die alten füsze mich tragen wollen Kotzebue sämtl. dram. w. 2, 16. vereinzelt in umkehrung ek konne mîne beine kume noch dragen ich konnte mich kaum noch fortschleppen Schambach Gött. 47ᵃ. auch bildlich: selbst in seinen schwächsten stücken ... trägt ihn (Schiller) sein fittich noch hoch über den niederungen, in denen die ... literarischen frösche quacken Eulenberg schattenbilder (1910) 47. anders in prägnanter, oft poetischer diction, in der körpertheile an stelle der person stehen:
rühmt den, des hand uns träget
sie (die hände) trugen ihn mehr, als dasz sie ihn führten O. Ludwig ges. schr. 2, 315.
2)
von beweglichen dingen wie schiff, wagen u. ä.:
al sîn maht treit ein schef
Seifrid Helbling 1, 800 S.;
das sibend schiff, welliches trug (vehebat)
den frommen mann Orontem klug
Spreng Äneis 4ᵇ;
mein schnelles schiff dich trug
Bürger 156ᵃ Bohtz;
o wär ich ein wagen
bequem dich zu tragen
Göthe 1, 32 W.;
es trägt der besen, trägt der stock,
die gabel trägt, es trägt der bock (sc. die hexen)
14, 202 W. (Faust 4000).
3)
abstracta. von impuls gebenden geistigen kräften des menschen, in gehobener sprache, zumeist beim partic. perf. pass., während bei andern verbalformen in der regel eine ortsvorstellung ausdruck findet, vgl. oben I B 3: von seinem gefühl, von mut, von begeisterung, vom schwunge der gedanken u. ä. getragen;
lasz ... mich über sphären himmelan gehoben,
getragen sein vom herrlichen gefühl
Schiller 1, 27 G.;
gern infolge bildl. gebrauchs von flügel u. ä.:
... und die stille abendluft
wird ihn (den namen) auf ihren flügeln tragen
Hölty ged. (1869) 49;
eine schmale, finstere treppe, die ich emporstieg ... getragen wie von flügeln von dem wonnigen bewusztsein meiner edlen tat Ebner-Eschenbach 4, 318. bei poetischer umschreibung an stelle des persönlichen subjectes: der reitet sanft, den die gnade gottes trägt Kramer 2 (1702) 1103ᵇ;
o mein gott! wer kann ergründen,
wie uns deine güte trägt
B. Neukirch ged. (1744) 55.
III.
ohne bewegungsvorstellung, mit dem grundbegriff des steten 'haltens', der durch besondere nebenvorstellungen näher bestimmt sein kann (s. B und C).
A.
allgemein.
1)
bloszes 'halten' in mannigfacher nüancierung der vorstellung. sinnlich mit concretem object von persönlichen und sachlichen subjecten.
a)
eigentlich mit deutlicher anschauung:
ther (= knecht) dregit hiar in sinan not   finf girstinu brot
ouh zuene fisga tharmit
Otfrid III 6, 28;
al drecht he (der engel vor dem paradies) ein vurich swert,
he hudet darmede de schonen stede
v. d. holte d. hill. cruzes 64 Schröder;
ene ele na rechter mate bekant
schal dreghen sine luchtere hant
meister Stephan schachbuch 3404;
(Judas) hatte den beutel und trug, was gegeben ward Joh. 12, 6;
o wär ich da! o stünd ich schon,
ach süszer gott, für deinem thron
und trüge meine palmen
wenn man ihn mahlt, trägt er immer ... einen vollen becher maler Müller 1, 165. besonders von dingen: leuchter tragen kerzen; eiserne ringe an der wand tragen kienfackeln u. ä.;
wo ein bescheidnes bücherbrett die lieblinge
des würdigen herrn, die edlen alten schwarten trug
Mörike 1, 188 Göschen;
die tafel trägt das beste
an wein und wild und fisch
Fontane ged. (1875) 99;
als er den kleinen, staffeleiartigen, immer das neueste tragenden ständer ... gewahr wurde ders. I 4, 6; die schlüsselform des (sc. menschlichen) beckens zum tragen der eingeweide O. Peschel völkerkunde 3; auch: der mittlere hügel oder altar trägt drey erstaunlich grosze steine Gerstenberg schleswig. lit. briefe 249 lit. denkm.; auf dem hügel, dessen spitze das römische lager trug Mommsen röm. gesch. 2, 184; geographisch: den grat, der ... den Kanzel- und Gamskarlspitz trägt H. v. Barth Kalkalpen 346; gebirgsganze ..., die als plattformen ... erscheinen ... und wiederum andere gebirge tragen können Ritter erdkunde 1, 73; weiterhin: vorder- und hinterteil der (Wikinger-)schiffe trugen gern phantastische figuren Niedner Islands kultur (1913) 49; anders: ich will auch melden, dasz meines vaters haus den schild 'zum goldenen brunn' getragen und noch trägt S. Brunner erz. u. schr. 1, 132. mit dem beisinn 'fassen' bzw. 'aufnehmen können ohne zu sinken':
ein schyp en mochte de nicht al dragen,
de nu synt in der doren tal
H. v. Ghetelen narrenschyp 5 Brandes;
vgl. S. Brant narrenschiff 2, 18 Z.; das schiff trägt 300 last la nave porta, leva trecento cariche Kramer 2 (1702) 1104ᵃ;
eben den tag kam ... Menelaos
mit unendlichen schäzen, so viel die schiffe nur trugen
Voss Odyssee 45 Bernays.
im gegensatz zu den bisherigen anwendungen kann tragen auch ein 'halten von oben' eines hängenden gegenstandes sein: ein seil, tau, kette u. dergl. trägt den eimer, den anker u. ä.; tragendes seiltrumm bei flaschenzügen das auf der seite der last befindliche seilende O. Mothes baulex. 4, 361; ähnlich vom magnet, auch mit dem begriff der tragkraft: das zusammengedrückte (magnetische) hufeisen trägt nicht die hälfte dessen, was es aufgesperrt tragen kann Göthe IV 15, 36 W.; dasz man mit einem sehr kleinen aufwand von zinn einen eisendraht zu einem magneten machen kann, der 1000 pfund eisen trägt Liebig chem. br. (1844) 119. mit persönlichem object naturgemäsz selten:
ther selbo mittilo boum (der stamm des kreuzes) ... ther then lichamon druag
Otfrid V 1, 22;
sieh, an ein holz festgeschlagen,
eiserne nägel mich tragen
Cl. Brentano 1, 148.
als besondere anwendungsbereiche mit stehenden, z. th. redensartlichen verbindungen zeichnen sich ab bei weiterer variierung der öfter undeutlich werdenden anschauung:
b)
das tragen von blättern, blüten u. ä. bei bäumen und pflanzen, das vom tragen der frucht (vgl. unten III B 2) zu trennen ist: das verhältnis zwischen stengel und blattgebilden ... ist nicht allein das des tragens und getragenseins Rossmässler der wald 14; schaft soll ein nackter, blattloser stiel, welcher die blumen unmittelbar trägt, sein Ratzeburg standortgewächse 22; drey (nessel) tragen under disen (stengel und kraut) am stamm gerings umb blumen, etliche weisz, etliche gäl Bock kreuterbuch (1587) 2ᵃ; nim sonnenwirbelrhörlin stengel, die milch geben, wann man sie abbricht, und tragen gelbe blumen Gäbelkover artzneybuch 1 (1595) 82;
alle sîne (des baumes) telgen wêren blôt,
se drôgen noch lôf noch blade
van d. holte d. hilligen cruzes 165 Schröder;
frondifer das bletter oder laub tregt Calepinus xi ling. (1598) 590ᵇ;
wann alle die bäumlein tragen das laub
d. knaben wunderhorn bei A. v. Arnim 21, 3;
schon seit mhd. zeit bildlich gebraucht:
daz die bluomen maneger treit,
dêst mir leit,
der niht loubes wære wert
Walther von Metze bei Bartsch-Golther liederdichter 255;
sîn herze truoc der êren bleter
das (scepter) weder äst noch blätter tregt
Spreng Ilias 6ᵃ;
nur gelegentlich in vermischung mit III B 2:
der baum ein speisemarck der bienen
trägt laub und edlen safft
Königsberger dichterkreis 70 ndr.;
wann dieser stecken blätter trägt,
so sind dir deine sünden verziehen
wunderhorn bei A. v. Arnim 13, 100;
olls, wos auf wurzen
steht, blüe tragt und sam
Stelzhamer ausgew. dicht. 1, 142 Ros.
c)
die erde u. ä. trägt, überwiegend mit persönlichem object: Adam ist ... ein vater aller bösen buben, so diese erde getragen und noch treget Mathesius Sarepta 182ᵇ; so war mich die erde treget, ich meine es gut mit euch schauspiele d. engl. comöd. 215 Creizenach; die erde trägt immer noch mehr gute menschen, als wirs uns in unserm zweideutigen tugendeifer einzubilden pflegen U. Bräker (1780) 2, 186; formelhaft nach einem oft peiorativen superlativ:
die streitbaristen helden mächtig,
so der erdboden hat getragen
Spreng Ilias 6ᵇ;
der bravste junge ..., den gottes erdboden trüge Göthe 22, 30 Weim.; zu dem verfluchtesten luder, das die erde trägt IV 23, 14; der sträflichste bösewicht, den je die erde trug Ayrenhoff 3, 221. occasionell variiert: Richard der dritte ... ist unstreitig das gröszte, abscheulichste ungeheuer, das jemals die bühne getragen Lessing 10, 98 L.-M. ähnlich wird grund, boden, land gebraucht; gelegentlich mit hinneigung zu III A 3 a:
wenn wir auf die erde treten,
wenn ihr fester grund uns trägt
Brockes ird. vergn. 2, 216;
auch bildlich: das wort gottes ist ein grundt, der do ewiglich erhelt und tregt Luther 10, 3, 172 Weim.;
denn der grund, der mich trug ...
wankte mir unter den füszen ...
Hebbel w. 8, 308 Werner;
ich weisz, wie gute menschen denken; weisz,
dasz alle länder gute menschen tragen
Lessing 3, 61 L.-M.;
frei die freien söhne tragen ...
das will mein vaterland
Körner 1, 116 Hempel;
entsinnlicht: weit über ... alle gelehrte, so die welt getragen Mathesius Sarepta 8ᵃ;
die welt ist unser, weil wir sind!
genug, dasz dieser punkt der erde
nach uns auch andre tragen werde
Gottsched ged. (1751) 1, 121.
besonders häufig in verwünschungsformeln, schon seit dem mhd.:
ir name, ir lîp verfluochet sî,
owê, daz si den liuten bî
sint und si diu erde treit!
Ulrich von Lichtenstein frauenbuch 616, 25 Lachm.;
vgl. noch Lexer 1, 620; der ist nicht wert, daz en dy erde treyt (a. d. 15. jh.) d. sprichw. d. Freidankpredigt nr. 362 Klapper; Tappius adag. (1545) g 5; Eyering 2, 359; vgl. Keisersberg schiff d. pen. 89ᵇ; Hutten opera 1, 452 Böcking; so bis in die modernen maa.: du bisch nit wert, ass d'r erdboda dich drât Follmann lothr. 99; anders gewendet: das euch die erden nicht lenger tragen wil und gott mit seinem gericht angefangen drein zu greiffen Luther wider Hans Worst 23 ndr. gern in der doppelformel: ich wolt nit, dasz mich die sonn anschin, die erd trüg S. Franck sprüchw. (1541) 2, 37ᵃ; Musculus hosenteufel 7 ndr.;
euern ohm
erschlagen, euern kaiser! und euch trägt
die erde noch! euch leuchtet noch die sonne!
Schiller 14, 420 Göd. (Tell 5, 2).
vgl. noch: so were mir leyd, dasz mich der erdboden tragen solte Paracelsus op. 2 (1616) 336 Huser;
schad ists, das in der boden treyt
H. R. Manuel weinspiel v. 755 ndr.;
vgl. Rachel satyr. ged. 56 ndr. weniger formelhaft:
es ist sunt, das dich neur tregt die ert
fastnachtspiele a. d. 15. jh. 1, 89 Keller;
die erd ermüdet, mich zu tragen,
bricht unter mir
Gryphius lyr. ged. 499 Palm;
ja, weil du einem elenden dienest, den die erde nicht tragen sollte Lessing 2, 270 L.-M.; gelegentlich mit dem zusammenfassenden neutrum eines pron. als object:
swaz wazzer unde erde truoc
alles weiszt du, was der himmel,
alles, was die erde trägt
Göthe 6, 218 W.;
wir werden leben, wie zwei geschwister, die sich über alles, alles lieben, was nur immer diese erde tragen kann Stifter 3, 296.
d)
das wasser u. ä. trägt:
das wasser war ihm land, die see, die must ihn tragen
Fleming deutsche ged. 1, 18 lit. ver.;
eine grosze anzahl mittelmässige schiffe, so grosz sie die Oder trägt v. Chemnitz schwed. krieg 1 (1648) 59; schwimmer ..., welche ... von ihm (dem wasser) gehoben und getragen sind Göthe 25, 5 W.; die wellen tragen mich nicht, herr, rette mich Scheffel ges. w. 2, 127. das eis, der schnee trägt, überwiegend im sinne der tragfähigkeit:
was hast du bedürft mir sagen,
das eis sei stark und mög tragen
mich, dann sich das nit funden hat
Teuerdank 162 Göd.;
es (eis) trägt lastwagen Göthe IV 5, 33 W.; meist absolut: das eis trägt schon, il ghiaccio porta già cioè non si rompe Kramer 2 (1702) 1103ᶜ; dieweil die Werra zugefroren, also das sie trug C. Spangenberg mansfeld. chron. (1572) 197ᵃ; wenn im winter ein fuhrmann das eis bricht, das weder tragen noch brechen will, so ist ihm gut nachfahren Otho ev. kranckentr. (1671) 551; kaum erkennbar, ob eine feste tragende eisdecke oder nur ein regungsloses trügliches gewässer Storm 2 (1899) 105; ebenso schnee: der schnee trug den schlitten Bräker s. schr. 1 (1789) 185; dorthin fuhren wir über den schnee, der jetzt trug, ohne weg Stifter 2, 229 S.; zu dem älteren firn ..., der die eisspalten überbaut und die meisten zeiten des jahres den wanderer trägt 5, 1, 206; vgl. übertragen th. 11, 2, 598.
e)
uneigentlicher, wenn körpertheile des subjects das object bilden:
als war ...
ich noch heut auf disen tag
mein haupte auf der schulter trag
Spreng Ilias 18ᵃ;
wohl situirte leute ..., die um keinen preis den kopf eines beliebigen andern auf den schultern tragen möchten, aber seinen rock noch weniger W. Raabe Horacker (1876) 108; ehe er noch den ersten ansatz zu dem bäuchlein erhielt, das er jetzt stattlich trug G. Freytag verl. handschr. (1864) 3, 6; im alten testament tragen die cherubim und seraphim flügel th. 3, 1839 nr. 2; bildlich: des landraths ..., der einen Januskopf trage, ein gesicht in der bürokratie, eins im lande Bismarck ged. u. erinn. 1, 28 volksausg.; prägnant 'hochhalten': dubia cervice labare den kopf nit mögen tragen, mit dem kopf plampen oder hin und här gnepfen Frisius 215ᵃ; abgezogener:
die ... trägt im munde zähn so viel als die lampret
Rachel sat. ged. 131 ndr.;
Göthe II 6, 19 W.; wie die nachtigall nach haus gekommen war, gefiel es ihr so wohl, dasz sie zwei augen im kopf trug und zu beiden seiten sehen konnte kinder- u. hausmärchen (1812) 1, 21;
zwo zungen dragen in eym halsz
Murner schelmenzunft 27 ndr.;
vgl. B. Waldis Esopus 1, 168 Kurz; abgeblaszt und einem bloszen 'haben' nahe:
bevorab Agamemnon klug,
der Jovis haupt und augen trug ...
gott Martis lende auch darbey
stund wie ein ochs gewaltig
Spreng Ilias 22ᵃ;
ich wil ...
zusagen, weder schad noch leidt
euch zuzufügen all mein tag,
weil ich mein kopf und leben trag
B. Krüger v. d. bäur. richtern (1580) v. 859;
dan es ist nichtz nütz, so du zwe oder drei tag ein leren buch tregst und dich darnach wider uberfülst H. Gebweiler beschirm. d. lobs Marie (1523) 39ᵃ; es gibt solche, die öffentlich sehr ernsthafte gesichter tragen J. E. Schlegel (1761) 3, 360; der herr oberamtmann trug unter seinem schwarzen haar ein rundes angesicht G. Freytag verl. handschr. 1 (1905) 106; sprichwörtlich: mancher alter, grawer mann trägt noch seinen kindskopf Lehmann floril. polit. (1662) 1, 13; sein herz auf der zunge tragen, vgl. unter IV A 1 f. so besonders im mhd. sehr geläufig, gern mit einem kennzeichnenden adjectiv: rôten munt, brûnez hâr, wîze kel, toubez ôre, werliche hant, jagendez herze, starkiu lit, hêrlîchen (minneclîchen) lîp, u. ä. tragen. von der körperhaltung, gern mit näherer prädicativer oder adverbialer bestimmung: den kopf, den sie sonst leicht und frei trug Göthe 23, 82 W.; ein alter mann ... den kopf trug er ein wenig gebückt Ebner - Eschenbach 4, 212; Stifter 2, 57; nur dasz er den breiten behaarten nacken ein wenig gesenkt trug G. Hauptmann bahnw. Thiel (1892) 3; damit er lerne die beine auswerts setzen, gerade gehen, die brust auswerts tragen v. Fleming soldat (1726) 22; seinen leib zierlich tragen Kramer 2 (1702) 1103ᶜ; er ... war in seinen bewegungen leicht und gefällig und trug seinen körper als den ausdruck eines lebhaften und beweglichen geistes Stifter 5, 1, 151. gern als subst. infinitiv: ihr gang und ihr ganzes tragen des körpers ist im höchsten grad anmuthig und reizend Herder 13, 222 S.; so zeichnet der gang des menschen, ... das tragen seiner hände ... ihn, wie er ist 22, 86; einem manne (= tanzmeister), dessen metier es ist, in allem, was man tragen des körpers nennt, andere zu unterrichten Göthe IV 28, 14 W.; vgl. I 21, 68; auch ohne gen.-bestimmung: der (tanzmeister) an meinen tritten und schritten, an meinem gehen und kommen, an meinem tragen und behaben noch manches ausbesserte 27, 287 W. seit alters in ausdrücken für eine innere haltung, zumeist in bildlicher anwendung:
dîn houbet zühteclîchen trac!
obstipus der den kopf tregt, alsz ob er im an ein rebstecken gesteckt were, ein starrhalsz Calepinus xi ling. (1598) 974ᵇ; den kopf, den nacken steif tragen;
ich will trotzig meinen kopf
wie die berge tragen
G. Herwegh ged. e. lebendigen 2, 50;
vor allem in der verbindung hoch tragen:
dô dâhte ouch alle zîte   daz Guntheres wîp
'wie treit et alsô hôhe   vrou Kriemhilt den lîp?'
Nibel. 667, 2 L.;
da ich aber andere von meinem range sahe in der cadantz das pflaster tretten und den leib hoch tragen Bodmer u. Breitinger d. discourse d. mahlern 2, 11; eine art (menschen), die ire augen hoch tregt und ir augenlied emporhelt spr. Sal. 30, 13. als stehende redensart: den kopf hoch tragen: wie viel angenehmer würde jedes dieser gesichter aussehen, wenn die seele frei von leidenschaften wäre! ... wenn ... der zweite den kopf nicht so hoch trüge Lavater physiogn. fragm. 1, 78; ob sie dann noch den kopf so hoch tragen und sich besser dünken als unsereins W. Alexis Roland 1, 416; er trug den kopf wie immer hoch und stolz Ebner - Eschenbach 4, 55; vgl. noch Göthe 45, 5 W.; th. 4, 2, 1593. gelegentlich variiert:
das ich trag
mein haupt erhöcht
Schede psalm. 16 ndr.;
das haupt hoch tr. Göthe 8, 190 W.; weil nun einmal geld in der welt dasjenige ist, was macht, dasz ich das kinn höher trage, freier aufsehe, sicherer auftrete, härter an andere anlaufe Lichtenberg aphorismen 2, 134; wie man den adler aufs neue fliegen läszt, unter den sich jetzt mancher schmiegen musz, der sonst die stirn hoch getragen Ranke 2, 200. ebenso die nase hoch tragen:
nun, nun, ey trag und führe
die nase nicht zu hoch
Dietrich von dem Werder buszpsalm. (1632) c 3ᵇ;
so wird ein narre auch von klugen ausgelacht,
wann er die nase hoch bisz an die fenster träget
polit. maulaffe (1679) bedeutg. d. kupferbl.;
des candidaten Unwirrschs herz schlug hoch, und hoch trug er seine nase in der luft W. Raabe hungerpastor (1864) 381; vgl. auch th. 4, 2, 1593; 7, 400; noch heute verbreitet, auch dialektisch: nase hoch tragen Martin-Lienhart elsäss. 2, 743ᵇ; he drigt den steert hoog 'er ist hochmütig' Berghaus sprachsch. d. Sassen 1, 353ᵇ; vgl. hochtragen sich viel einbilden a. d. 18. jh. bei Fischer schwäb. 2, 305; hochgetragen eingebildet Martin-Lienhart elsäss. 2, 744ᵃ; s. auch hochtragend th. 4, 2, 1636, hochgetragen th. 4, 2, 1621. blasser und mit III D 1 fast auf gleicher linie ein falsches, gutes, kühnes u. ähnl. herz tragen:
daz si valschiu herze tragen
Wirnt von Gravenberg Wig. 2844 Kapteyn;
hôhez herze tragen wie hôhen muot tragen, vgl. Arnold hoh. mut (1930) 9; du aber sollst tragen ein männliches herz, einen ernsten blick und ein redliches wort E. M. Arndt schr. für u. an s. l. Deutschen 1, 26;
(Golo, der Genovefas sohn zu zerschmettern gedroht hat:)
trag ich noch ein menschenherz?
was war ich — bin ich jetzt?
gelegentlich auch mit stärkerem sinnlichen gehalt: das so under ainem schönem weiblichen weibsbild so ain falsch ungetrewes hertz getragen werden mag Fortunatus 117ndr.
2)
'belastet sein, sich einer last entgegenstemmen', die vorstellung des von oben drückenden, der schwere steht im vordergrund.
a)
sinnlich: sie setzte sich ... auf ein bänkchen, das sie kaum noch trug Göthe 24, 141 W.; bes. mit begriffen wie last, bürde, gewicht u. ä.:
sie (die brücke) selber trug noch keine lasten
Schiller 11, 351 G.;
ein jeder auch der kleinste ast
trug gleichsam eine schwere last
von zierlich weiszen runden ballen (= blüten)
Brockes 2, 38;
bei persönlichem subject sich zumeist mit II A 1 berührend: seine mächtigen schultern waren etwas gebeugt, als trügen sie eine schwere last Ebner-Eschenbach 4, 8; wer breite schultern hat, kann viel tragen Wander 4, 386.
b)
bes. geläufig in übertragener und bildlicher verwendung dieser begriffe: einer trage des andern last, so werdet ir das gesetz Christi erfüllen Gal. 6, 2, vgl. auch c; warumb helffend ir denn nit ouch die gemeinen burdinen tragen, so ir sehen, das die gmeind übel sich daran verergret, ja schrygt ir gond müssig usz unserer arbeit Zwingli v. freiheit d. speisen 29 ndr.; lasten, welche doch Preussen 50 jahre allein getragen, ohne zu erliegen Moltke ges. schr. u. denkw. 7, 15; anders
gib sie (die kette) dem kanzler, den du hast,
und lasz ihn noch die goldne last
zu andern lasten tragen!
Göthe 1, 163 W.;
mit dem beisinn der tragfähigkeit:
doch weiszt du wohl, was meine schultern tragen,
drum wähle mir aus dieses lebens plagen
ein leicht gewicht,
damit ich nicht
mög unter meiner heiszen last verzagen
Schubart ged. 284 Hauff;
sprichwörtlich: das end oder das letst muͦsz den last tragen S. Franck sprüchw. (1541) 1, 14ᵃ; vgl. Tunnicius sprichw. 870 Hoffm.; Binder 43 u. ö. oft mit dem genetiv des verglichenen abstractums, nicht nur poetisch: dazu sei er da, um die bürde des reiches löblich zu tragen Ranke 1, 39;
ein neues volk voll leben, mut und kraft ...
des menschenlebens schwere bürde trägt
Göthe 10, 64 W.;
vgl. Platen 1, 642 Redlich. schon mhd. geläufig:
sus truogen si des jâmers last
Wirnt von Gravenberg Wig. 11576 Kapteyn;
für den bauch und für den kasten
trägt man alles kummers lasten
Logau 293 Eitner;
auch:
nichts ist dem menschen so schwer zu tragen
als eine last von guten tagen
W. Müller ged. 314 Hatfield;
etwas anders und mit III A 2 e sich kreuzend: die wir des tages last und hitze getragen haben Matth. 20, 12 (qui portavimus pondus diei et aestus); J. B. Schupp schr. 839 u. oft. vereinfacht: wir alle, die jetzt die last des tages tragen K. L. v. Haller restaur. d. staatswiss. 1, 218;
getragen ist des tages last
Hebbel s. w. 7 (1891) 104;
älter: wir haben getragen die bürd des tags und der hitze erste deutsche bib. 1, 75, so auch Tatian 109, 2 Siev.; Matthias von Beheims evangelienbuch Matth. 20, 12; Keisersberg bilgersch. (1512) 20ᵃ; Zwingli freiheit d. sp. 4 ndr.
c)
mit abstracten objecten in parataxe neben last u. ä.: einer soll des anderen last, bürde, weise, gebrechen ... wissen und tragen sch. w. klugreden (1548) 56ᵇ; wer yn der gemeyne will seyn, der mus auch die last, fahr und schaden der gemeyne helffen tragen und leyden Luther 18, 396 W.; weil sie keine dienste, keine abgaben, mit einem worte keine von den lasten zu tragen hatten, welche in minderfreyen staaten das volk tragen musz Bahrdt gesch. s. lebens 2, 331; ohne den zusatz von last u. ä., deren vorstellung aber im bewusztsein bleibt: das land kan diese auflagen nicht tragen Kramer 2 (1702) 1104ᵇ; Ranke 1, 170; ihr vater nahm ihn (den geldposten) als erste und einzige schuld auf seinen hof, der sie, wenn auch mit genauer not, tragen konnte Frenssen Jörn Uhl (1902) 299; gehorche meiner lere, ... bücke deine schultern und trage sie (die weisheit) Sirach 6, 26.
d)
ohne diese directe beziehung in weitestem umfang in verbindung mit abstracten objecten, die in irgend einer weise die vorstellung des schweren, den menschen drückenden einschlieszen. oft mit dem beisinn des leidens und duldens, der in häufiger verbindung mit leiden und dulden (das gelück gebe disen dingen ain end und usgange wie es wöll, so wil ichs lyden und tragen Niklas von Wyle translat. 29 Keller; A. Lobwasser calumnia g 2ᵇ; tragen und dulden ist der schwächern loos Musäus volksm. (1805) 3, 45; vgl. auch unter β u. θ) und den adverbiellen bestimmungen mit geduld, geduldig u. ä. (s. unten β u. θ) zum ausdruck kommt. im einzelfall, bes. in älterer zeit, nicht immer von e zu trennen. gewisse vorstellungsbereiche zeichnen sich durch bes. häufigkeit dieser verwendung von tragen aus und haben mehr oder weniger feste verbindungen entstehen lassen, dann z. th. mit abblassung der anschauung, die im ganzen deutlich bleibt und diesen anwendungsbereich von III D abhebt.
α)
knechtschaft, schande u. ä. tragen: sich geburt des kaisers gebot willenklich ze tragen und ze volenden Niklas von Wyle translat. 44 Keller; aber eine unfreiheit, wie sie das Griechenkind auf der schwäbischen herzogsburg zu tragen hatte, war nicht drückend Scheffel ges. w. 1, 109; das du tragen müssest deine schande und hohn für alles, das du gethan hast Hes. 14, 52; die schmach des creutzes Christi tragen Luther 18, 224 W.; die schmach der knechtschaft tr. slg. von schausp. 1 (1764) 4. ähnlich strafe tragen: und solst strafe tragen Luther 33, 414 W.;
sie würdn ein grewlich straffe tragn
jedermanns jammerklage (1621) b 4ᵃ;
geurtheilt, dasz ... Konradin ... und seine verbündeten ... die strafe des todes tragen
Klinger w. 1 (1809) 358.
hasz, zorn u. ä. tragen:
ach arger trieger Sathanas,
billich so treist du gottes hasz
d. ew. wyszheit betbüchl. (1518) 93ᵃ;
ich will des herrn zorn tragen Mich. 7, 9;
ach und sein (Tantalus) ganz geschlecht trug ihren (d. götter) hasz
Göthe 10, 16 W.;
it enpasse nicht vele up dyne vrunde
wat se konnen doen, wil ik wagen,
ere vientschop wil ik wol dragen
Reinke de vos 6478 Prien.
β)
schicksal, leben, unglück u. ä. tragen:
sî sprach: ich wæne, ir swæren tac
und übele zît hinne tragt
Hartmann von Aue Iwein 1741;
ain schöne, liebe junckfraw her
batt mich, das ich ir gäb ler,
wie sy solt tragen ir leben
liederbuch der Hätzlerin 93;
(es) war ... ihr unmöglich, ihr schicksal mit gesetztem muthe zu tragen Göthe 23, 17 W.;
lerne dein verhängnisz tragen
Günther ged. (1735) 254;
erst war ich als immer verwundert, wie doch ein mensch so ein traurig loos tragen müsse Bettine Cl. Brentanos frühlingskranz (1844) 281; sie haderte mit dem himmel, der ihr verbot, das dasein abzuwerfen, das sie doch nicht mehr tragen konnte, nicht tragen wollte Kröger schuld? 164; widerwertige ding und unfäl dultig trägen und leyden adversas res ferre Maaler 405ᵃ; das unabänderliche zu tragen G. Keller (1889) 4, 268.
γ)
krankheit, not, mühe, kummer u. ä. tragen:
ein siechtuom heizet pôgrât
treit er die leme helfelôs
Wolfram von Eschenbach Parz. 501, 27;
viel seind, die solch lunatisch kranckheit tragen Paracelsus opera (1616) 2, 164 Huser;
des muoz ich schemelîche nôt
tragen unz an mîn ende
Hartmann von Aue arm. Heinrich 456;
ihr kinder ... die werden das ellend tragen Paracelsus opera (1616) 2, 622 Huser; darumb ich ... so vil not erlitten, eyn schmählich und verächtlich armuͦt getragen Hutten opera 1, 411 Böcking;
bin ich in arbeit, helfe sie (gottes weiszheit)
mir tragen meine schwere müh
ich sichs an deinen braun euglein wol,
du tregst grosz ungemach
Uhland volkslieder nr. 47, 3, 4;
des muoʒ ich iemer jâmer tragen
kummer tragen s. th. 5, 2599;
manch tröstung hett ich in der ehe,
jetzt trag ich ainig ach und wee
Schwarzenberg Cicero (1535) 127ᵃ;
mein herz war voll verlangen,
ich trug ein heimlich weh
Cl. Brentano 2, 272;
vor allem leid tragen:
ichn wil benamen die niht lân ...
und diu ir angest und ir leit
niuwan von mînen schulden treit
Hartmann von Aue Iwein 4895;
darab der künic trug grosz leid
Maximilian Teuerdank 3, 18 Göd.;
aber diss leyden ist eyn sundlich leyden, das man nicht kan mit frölichem gewissen tragen Luther 12, 99 W.; wir wollen ein groszes leid mit vereinten kräften zu tragen suchen Ebner - Eschenbach 4, 239. formelhaft in dem zeugma freud und leid, älter u. geläufiger lieb und leid mit einander tragen:
der wirt und her Gâwein
wârn ein ander liep genuoc,
sô daz ir ietweder truoc
des andern liep unde leit
Hartmann von Aue Iwein 2712;
wir wöllen lieb und laide
mit ainander tragen
liederbuch der Hätzlerin 152;
die äbt muͦssten auch nach selbiger jaren mit ihrer oberkeit lieb und leid tragen Stumpf Schweytzerchron. (1606) 366ᵇ; die städte dagegen meinten: sollen sie lieb und leid mit andern ständen tragen Ranke s. w. 2, 87; jeder trug des andern freud und leid Scherer litt.-gesch. 162. abgeblaszter und nach III D hinneigend die feste verbindung leid tragen im sinne von 'bekümmert, betrübt sein': lugeo vast weinen, leid haben und leid tragen, bekümbert seyn, heulen und klagen Frisius (1556) 784ᵇ; er trägt leid in luctu est Steinbach 1, 1053; die edeln frawen alle klagten und leyde trugen Arigo decam. 125 lit. ver.; häufig in der bibel und durch sie verbreitet: da sie noch leide trugen und bey den todtengrebern klagten weish. Salom. 19, 3; selig sind, die da leide tragen Matth. 5, 4; vgl. Matth. 9, 15; Jesus Sirach 38, 17; Grimmelshausen 2, 25 Keller;
es mag mich wer da will beklagen,
mag sauer sehn und leide tragen
Stieler geharnschte Venus 27 ndr.;
über leid tragen im sinne 'als zeichen des leids trauerkleidung tragen' s. III C 3 a ende; oft wird der gegenstand des leids angegeben; selten durch einen gen.: etlich ... soliches grossen unglücks leyd truͦgen Arigo decam. 272 lit. ver.; gelegentlich und bes. in älterer zeit durch über: denen, die uber jene leide trugen Jes. 57, 18;
an im selbs muss er gar verzagn
und leidt übr seine sünde tragn
Dedekind papista conversus (1596) b 6ᵃ;
später nur spärlich bezeugt:
drum trag ich über nichts ein leid
Göthe 3, 168 W.;
am häufigsten und längsten durch um: Jacob zureis seine kleider ... und trug leide umb seinen son lange zeit 1. Mos. 37, 34; umb einen alten gaul trägt niemand leyd Lehman floril. polit. 1 (1662) 16; vgl. noch H. Sachs 15, 38 G.; Heyden Plinius (1565) 243; Reinicke fuchs (1650) 228; Neukirch ged. (1744) 72; heute gehört leid tragen zu den gesuchten ausdrücken und wird nur noch in mehr oder weniger directer anlehnung an die bibel gebraucht; es lebt im subst. part. die leidtragenden. ähnlich schmerz tragen 'bekümmert, betrübt sein': darffest nicht sorgen, das er auch schmertzen trage odder sich bekümere wie du Luther 17, 1, 203 W.; habt ir von seinen wegen grosze schmerzen, so tregt er von ewert wegen nicht weniger schmertzen Warbeck d. schöne Magelone 21 Bolte;
warumb betrübst du dich, mein hertz,
bekümmerst dich und trägest schmertz
nur umb das zeitlich gut?
Prätorius d. abentheuerl. glückst. (1669) vorr. 5;
später weniger formelhaft: im allgemeinen ... sympathisirt der mensch stärker mit fremden leiden als mit fremdem glück, obgleich er seinen schmerz eher allein trägt als seine freude O. Jahn Mozart 4, 103; den grimmigsten schmerz habe doch ich ... um den letzten freiherrn von Poppen getragen Raabe d. leute a. d. walde 3, 250. ebenso beschwerde u. a. tragen, vgl. mhd. swære tragen mhd. wb. 2, 2, 812ᵇ; alle last und schwerte, angst und schwer tragen th. 9, 2559 u. 2560: dass die herschaft (Bilitz) ... in den gränzen gelegen und mehr beschwär und gefahr als andere tragen müsse acta publ. 1, 49 Palm; im 16. und anfang 17. jh. spec. 'sich belästigt fühlen, ungehalten sein': ersuchen diesem nach die herren ..., si wollen ob diesem, das ... desswegen wiederumben eine zusammenkunft wird gehalten werden sollen, keine beschwer tragen acta publica 1, 33 Palm; auch mit gen. verbunden: wo yemant meines schreibens oder thuͦns beschwerde trüg und mich deshalben klagens nit erlassen möchte Hutten op. omnia 1, 412 Böcking; ähnlich: sei ihm angst gewesen, dasz der kurfürst 'des ein grosz beschwerung tragen werde' Luther 10, 3, xlvii; vgl. auch beschwer haben th. 1, 1602.
δ)
sünde, schuld, reue, busze tragen:
du treist zwuo grôze sünde:
Ithêrn du hâst erslagen
Wolfram von Eschenbach Parz. 499, 20;
nun kan ich nicht länger tragen
meine meersands gleiche sünd
Reinicke fuchs (1650) 115.
schuld tragen, zumeist mit starker abblassung der anschauung im sinne von III D und sich dem gleich häufigen schuld haben nähernd, vgl. th. 4, 2, 53 u. 9, 1886: sustinere causam die schuld auff sich nemmen und tragen Frisius (1556) 202ᵃ;
wer übels übet oder hägt,
dessgleiche schuld ir yeder tregt
Schwarzenberg d. teutsch Cicero (1535) 122ᵇ;
am ende trag ich, wenn er verdrieszlich wird, die schuld Göthe 21, 8 W.; vorwiegend mit präpositionaler verbindung, vor allem mit an: affinis alicuius culpae et alicui culpae der schuld an einer sach tregt oder der an eim ding schuldig oder argwönig ist Frisius (1556) 59ᵇ; daran tregt diser poet kain schuld Schaidenreisser Odyss. (1537) 4ᵃ; die gröszte schuld an den raschen wandlungen ... trugen die mitglieder des hauses selbst Ebner-Eschenbach ges. schr. 4 (1893) 3; selten mit von: die schuld tragen von etwas Kramer 2 (1702) 1104ᵇ; als der candidat ... den kopf wieder aufrichtete, war es ihm dunkel vor den augen, und die ... dämmerung trug nicht allein die schuld davon W. Raabe hungerpastor (1864) 1, 194; mit gen.:
das ich der dingen selb schuld tragen
R. Manuel weinsp. 554 ndr.;
so heute in gehobener sprache: sie allein müssen alle schuld unsrer groszen überwältigung tragen H. L. Wagner theaterst. (1779) 37; wie oft hat sie ... von mir hören müssen, dasz sie die erste schuld meiner schauspielerthorheiten trage Holtei vierzig jahre 1 (1843) 14. busze tragen: da sprach sant Ambrosius vor in allen, du muͦst buͦssz tragen d. summer theil d. heyl. leben (1472) 3ᵃ; und so die herren sündigen, müssen als dann die diener die buͦsz tragen Stumpf Schweytzerchr. (1606) 564ᵇ;
wer busz mag redlich tragen
Spee trutzn. (1649) 89.
reue tragen:
er kan mit rechte leren
bichten, buzen, ruwe trayn
Daniel 5025 Hübner;
hast du gefehlt, so trage reu
Canitz ged. (1727) 15;
mit näherer bestimmung durch gen.:
ich habs gewagt mit sinnen
und trag des noch kein rew
Hutten opera 2, 92 Böcking,
oder präpositionaler verbindung mit um: wie Jason Lycius erschlagen ward, truͦg sein hund einen solchen reuwen umb ihn, dass er stracks nicht mehr essen wolte Heyden Plinius (1565) 198;
einmal, dass ich reue trage
um die bös verwandte zeit
C. Brentano ges. schr. 1 (1852) 534,
oder über: ernstliche rew uber ihre sünde tragen Comenius janua (1644) 318; ich trage nicht so grosse reue über meine sünde, wie ich tragen sollte H. Müller thränen- und trostqu. (1675) 886; heute nur in dichterischer sprache; vgl. th. 8, 833.
ε)
kosten, unkosten tragen; bis ins 18. jh. ist der sg. gebräuchlich (vgl. th. 5, 1854):
die kost der herre selbe truoc
kreuzf. Ludwigs d. fr. 1274 Naum.
scullet de stad unde den dam also verenen, dat se en wesen unde cost sament draghen scullet na orer macht urkundenb. d. stadt Hildesheim 1, 851; ein concilium ..., das ... ermessen werd, wer den kosten tragen sol Murner an d. adel 34 ndr.; vom 18. jh. ab herrscht der plur.: es mag kosten, was es will. ich will alle unkosten tragen Lessing 18, 337 L.-M.; die reisekosten wird unsere museumskasse gerne tragen Göthe IV 29, 320 W.; so noch heute, auch dialektisch: z. b. ik mot de kosten drägen Dähnert plattdtsch. 84ᵇ; vgl. auch th. 11, 3, 599; spec. die (un)kosten des gesprächs, der unterhaltung tragen: ein kind, das ... die unkosten des gesprächs allein trägt Göthe 21, 85 W.; der kaplan trug hauptsächlich die kosten der unterhaltung, indem er mit dem fräulein zahlreiche witzworte wechselte G. Keller ges. w. 3, 165. schaden, verlust tragen:
ob du mir nu schaden gans,
den trag ich âne schulde
Wolfram von Eschenbach Parz. 524, 21;
solt ich meine seel denn also beladen,
dasz sie dessen müst ewig tragen schaden
Reinicke fuchs (1650) 156;
in dem andern falle wäre es hart, wenn der den schaden tragen solte, der die sache verliehen Chr. Wolff gedancken v. d. menschen thun u. l. (1720) 630. das geschäft, das unternehmen hat grosze verluste zu tragen; auch:
sei still, mein herz, und trage den verlust
Chamisso (1836) 3, 3.
ζ)
gefahr, pflicht, verantwortung, folgen tragen, vgl. auch tragend: um nicht allein die gefahr des krieges tragen zu müssen Ranke 8, 104; Göthe 50, 9 W.;
es leben selbst in unsern landesmarken
der sassen viel, die fremde pflichten tragen,
und ihre knechtschaft erbt auf ihre kinder
Schiller 14, 326 G.;
dasz die, welche mehr musze und freiheit von bestimmten geschäften haben, auch eine pflicht mehr tragen, ein gutes buch zu lesen Gellert w. 9, 98; sie haben ihn (den krieg) für nothwendig gehalten und tragen die verantwortlichkeit dafür Bismarck ged. u. erinn. 2, 67 volksausg.; Bennigsen d. nationallib. part. 53; die consequenzen unserer guten handlungen ... sind oft schwerer zu tragen als die der bösen Ebner-Eschenbach ges. schr. 1, 7; vgl. auch unten IV A 1 c.
η)
sorge tragen. mit noch selbständig empfundenem object, meist im plural: ein mann, der ... viele mühen und sorgen getragen hat W. Raabe hungerpastor (1864) 1, 2; den einfachen frauen des volkes, die tag für tag des lebens kleine sorgen tragen K. Bücher arbeit und rhythmus⁴ 410. als feste verbindung nur im singular z. th. schon stark abgeblaszt, vgl. curam agere sorg haben und sorg tragen Frisius dict. (1556) 66ᵃ, in doppelter bedeutung. 'sich sorgen um, bekümmert sein', vgl. th. 10, 1, 1760—61:
wir müezen michel sorge   bî hôhme muote tragen
Nibel. 345, 2 L.;
dürft nun mehr tragen keine sorgen,
wolln zechen bis an liechten morgen
B. Krüger v. d. anf. u. ende d. welt (1580) e 8ᵇ;
meist mit der präposition um, älter vor, oder einem abhäng. genetiv verbunden, vgl. oben th. 10, 1, 1760—61; weiterhin mit wegen: sie tragen deswegen keine sorge, ich will es schon machen Chr. Reuter ehrl. frau 22 ndr., auf: wir ... tragen sorg auf swäre pein des fegfeurs Berthold von Chiemsee tewtsche theol. 566 Reithm., oder mit einem abhängigen nebensatz im sinne 'sich sorge machen, in furcht sein': nachdem yeglicher sorg trüeg, er wär aus der schar verworffener menschen ebda 288; si drugen sorg, das er villeicht gefangen worden were Aymont (1535) h 5ᵇ. 'sich bemühen um, sein augenmerk richten auf', vgl. th. 10, 1, 1770. ohne nähere bestimmung: ein herr soll nimmer mehr sorge tragen, dann wenn die seinen toll und voll sein Friedrich Wilheim sprichw.-reg. (1577) n 2ᵇ;
dasz keines groszen künstlers fleisz
es also nachzumachen weisz,
wie viel er immer sorge trägt
Triller poet. betracht. 1 (1750) 13;
überwiegend mit den präpositionen für, älter vor, und auf verbunden, sowie mit einem abhängigen genetiv oder dasz-satz, vgl. th. 10, 1, 1770, weiterhin mit zu: omnis est natura diligens sui alle oder ein yede natur tregt sorg zuͦ ir selbs Frisius 418ᵇ; apiarius der zu den imben sorg tregt Calepinus xi ling. (1598) 101ᵇ; sie musz nur zu einem sorge tragen: Sigismund soll das glückliche gefühl bewahren, dasz er der herr ... ist Heer d. könig d. Bernina (1904) 224, wegen: so würden wir alsdann wegen des übrigen schuldigermaszen sorge tragen Göthe IV 30, 111 W., über: hierophylax der uber heilige ding sorg und hut tregt, kirchenhüter Calepinus xi ling. (1598) 649ᵃ, sodann mit abhängigem infinitiv oder nebensatz: so trägt er auch gute sorge, alle gelegenheiten, wo sich gute hirsch aufhalten, wohl zu versehen Täntzer jagtgeheimnis 2, 45; derwegen sol ein jede oberkeit sorg tragen, auff das solches spielen und raszlen abgestellet werde Höniger narrenschiff (1574) 291ᵃ; dafür sorge zu tragen, dasz das ministerium der auswärtigen angelegenheiten auf den etat ... übernommen werde Bismarck polit. reden 4, 71. ähnlich fürsorge und vorsorge tragen 'sich bemühen um': auff diese weise soll man solcher thierlein pflegen und gute fürsorg zu inen tragen Sebiz feldbau (1579) 450; der jäger trägt vor seinen wolgearbeiteten hund alle vorsorge, dasz er stets eine gute suche behält Heppe aufricht. lehrprinz (1751) 47. 'sich sorgen um, befürchten': wie der kriegsmann im solichs trewlichen anzubringen versprochen, jedoch die fürsorg trieg, man wurts im nit glauben zimm. chron. 2, 212 lit. ver.; vgl. noch th. 4, 1, 1, 826. in der gleichen bedeutung beisorge tragen: aus ... dergleichen accidentien ... prognosticirten getrewe, verständige patrioten nichts gutes und trugen die hohe beysorge, es dörffte das vertrawen ... nicht bestand haben v. Chemnitz schwed. krieg 2 (1653) 7; weiterhin sorgfalt tragen 'sich mühen um': allen hohen gebietenden obrigkeiten oblieget, ... sorgfalt zu tragen, damit die muttersprache beobachtet ... werde Neumark d. neuspr. teutsche palmb. (1668) 102; durch die sorgfalt, die er für seine gemeinde trug Nicolai Seb. Nothanker 1 (1773) 3; vgl. 1, 182; haben sie (anr.) die gefälligkeit, auch in der folge gleiche sorgfalt für mich zu tragen Göthe IV 29, 96 W. gelegentlich auch noch: warumb er so gros selsorg tregt, solchs zu leren Luther 6, 139 W.;
der fürst trägt vatersorge für die truppen
Schiller 12, 72 G.;
speculor auszspehen, ein wachbars auffsehen tragen, schaw und spech haben Calepinus undec. ling. (1598) 1368ᵃ;
ich sorge sehr, du nimst die pferd in acht
und tragest mitlerweil der schäflein keine wacht
Grob dichter. versuchg. (1678) 51.
θ)
mit allgemeinerem object sache, ding, dem neutrum eines pronomens oder adjectivs es, das, viel, alles: alle ding mit der gemeinde zu tragen und zue liden weisth. 6, 23; darum er solche sach gedultig tragen muͦst Lindener rastbüchl. 34 lit. ver.; besonder verdrosz sie, dasz man sie sölte spruchbrüchig seyn beschuldigen: das wolten sie eben nit tragen Stumpf Schweytzerchron. (1606) 377ᵃ;
die zeit hilft alles tragen. die lindernde
macht alle schmerzen, alle qualen leicht
Herder 28, 330 S.;
duld, o mutter, und trags, wie sehr es auch immer dich kränket!
Bürger 193ᵇ Bohtz.
ohne object nur in gehobener diction:
hier wo die unschuld schweigend hat getragen,
hier wo die schuld bekennend ward gesund
Brentano ges. schr. 1 (1852) 214;
es kam die grosze hungersnoth, mein weib half mir ehrlich tragen Kotzebue s. dram. w. 2 (1827) 13;
trage, wunder busen, trage,
bist des tragens ja gewohnt
Grillparzer w. 7 (1892) 112 Sauer.
e)
der beisinn des leidens und duldens kann sich verstärken in richtung auf 'ertragen', 'aushalten', besonders in älterer sprache: pati (8./9. jh.); perferre Graff 5, 492; sufferre Diefenbach gloss. 564ᶜ; tollerare 586ᶜ; sustinere Dasypodius (1536) 439ᶜ; tragen, leiden, ausstehen supporter, souffrir Wiederhold (1669) 340ᵃ, während die jüngere sprache, auszer in poetischer diction, meist scheidet: ich bin gewohnt vieles zu tragen; aber das kann ich nicht ertragen Lavater verm. schr. 2, 39; das nächste mal wird er den schmerz, der ihn jetzt in der gewalt hat, in der seinigen haben. wer nichts getragen, lernt nichts ertragen Jean Paul 15—18, 383 Hempel. besonders deutlich ist die nebenbedeutung 'ertragen' in negativ gerichteten ausdrücken, s. u. die belege.
α)
körperlich:
mit gaiseln ward er sere geslagen,
daz er ez choume mohte tragen
Gundacker v. Judenburg Christi hort 4632;
dat was yuwe beste,
dat gy dar worden wol gheslagen.
ik konde de slege so wol nicht dragen
Reinke de vos 5830 Prien;
ist nu yemand, der so schwach ist, das er den stoss nicht hat mügen tragen Luther 18, 135 W.;
flügelschläge von dem weibchen
trägt des täubers frommer sinn.
auch von dir, geliebtes täubchen,
nähm ich alles willig hin
Bürger 6ᵃ Bohtz;
hitz und kelte wol tragen mögen Stumpf Schweytzerchron. (1606) 12ᵇ; des tages last und hitze tragen s. oben III A 2 b;
ein zartes blümchen, das den brandt
der sonnen nicht kann tragen
S. Dach 153 Österley;
mehr oder weniger sinnlich auch noch in fällen wie:
die hölle kann den glanz nicht tragen
Göthe 37, 6 W.;
Phädra trägt ihn nicht,
den furchtbarn anblick des verrathnen gatten
Schiller 15, 1, 52 G.;
vgl.schläge, stösze, den anblick aushalten th. 1, 880, erdulden th. 3, 782; adamantius cognominatus est der die arbeit und muͤy desz studierens wol mocht tragen und erleyden und nit muͤd darab ward Frisius dict. (1556) 29ᵃ; übrigens ist mein körper just so gesund, um eine mäszige und nötige arbeit zu tragen Göthe IV 1, 245 W.
β)
geistig-seelisch: muste doch Christus so lang mit seynen jungern umbgahn und yhren unglauben tragen, bisz sie gleubten seiner ufferstentnisz Luther 6, 457 W.; das das anfechten deins eignen fleischs nit ein klein crütz ist, so es ein mensch tregt Gebweiler beschirm. d. lobs Marie (1523) 29ᵇ; Schulze bibl. sprichw. 183 (vgl. selig ist der mann, der da anfechtungen erduldet Jacob. 1, 12);
als Pharao das volck zum schweren diensten zwung,
der nicht zu tragen war
Treuer deutscher Dädalus 3, 5;
mit murren trägts des glaubens tyranney
Schiller 12, 221 G.;
das grause spiel
kann Walthers sanfter sinn nicht länger tragen
A. v. Droste-Hülshoff 2, 337 Schücking;
den übermuth des jünglings trag ich nicht
Schiller 12, 311 G.;
so noch anmaszliches wesen (Göthe 3, 236 W.), des frevlers stolz (Gotter 1, 415), trotz (ebda 2, 17), leichtsinn (Schubart ged. [1825] 2, 56), deine narrheit (B. Neukirch ged. [1744] 205), alle launen des kranken (S. Brunner erz. u. schr. 2, 5), grillen (Göthe IV 2, 104 W.), fehler (Giseke poet. w. [1767] 8) u. ä. zu lange (mit geduld, geduldig, mit verschonen u. ä.) tragen; ich bin ängstlicher gewesen wie je — ein zustand, den ich sonst nicht lange tragen kan Caroline 1, 60 Waitz; wir sind vielleicht zu gebildet, um eine verfassung zu tragen, wir sind zu kritisch Bismarck polit. reden 2, 29 Kohl. mit dem neutr. eines pron. oder adjectivs: das würkliche kann ich so ziemlich meist tragen; träume können mich weich machen Göthe IV 3, 48 W.;
zu tragen glaub ich alles, nur das eine
dich zu verlieren, da ich dich gefunden,
erscheint mir unerträglich
I 10, 380;
absolut:
also trug und also kämpfte Schwedlers glaubensfreudigkeit
Zinzendorf teutsche ged. (1766) 249.
γ)
auf personen übertragen: diser spruch lernet ..., wie wir unser obrigkeit tragen und willig dulden sollen J. Agricola sprichw. (1534) j 4ᵇ; ein knecht aber des herrn soll nicht zänkisch sein, sondern freundlich gegen jedermann, lehrhaftig, der die bösen tragen kann 2. Tim. 2, 24; vgl. offenb. Joh. 2, 2; Hayneccius Hans Pfriem 8 ndr.; zuweilen konte man mich dulden und tragen, und da hielte ich mich für recht glückselig de la Motte-Guion das leben 1 (1727) 76; ein liebenswürdiger charakter dieser Böckh, besonders auch darin, dasz er den ihm so fremdartigen schwager so geduldig trägt Schubart br. 1, 32; auch kann es euch jungen leuten gar nicht schaden, wenn ihr euch zuweilen in verhältnisse fügen und allerlei menschen kennen und tragen lernt. auch ihr wollt oft getragen sein Frommann das Frommannsche haus 137.
δ)
auch allzu grosze freude u. ä. kann für den menschen schwer, nicht, kaum zu tragen sein: das gros gluck ist eym menschen zu schweer zu tragen Luther 19, 381 W.; seyntemal die natur nit vermag eyttel freude und lust zu tragen die lenge 12, 226 W.;
göttlicher freund! o hilf diesz heil uns tragen!
Kretschmann s. w. (1784) 2, 89;
verbreitet vor allem im sprichwort von den guten tagen: guͦt tag kan niemand tragen sprichw. sch. weise klugr. (1548) 140ᵇ; der wol unglück leiden kan, der kan auch guͦte tag wol tragen 154ᵃ;
so gehts gemeinlich manchem mann,
der gute tag nicht tragen kan
Voigtländer od. u. lied. (1642) 94;
vgl. auch III A 3 a.
f)
'vertragen', d. h. was schädlich sein kann, ohne schaden genieszen, vom essen und trinken:
wente de wyn maket unvrut
van torne also enen louwen den man,
de des wines nicht dreghen kan
meister Stephan schachb. 2608;
den trunck sihet man ihnen zwar nicht leichtlich an, die weil sie den wein, dessen sie gewohnt, wol tragen können Zeiller itiner. Italiae. (1640) 7ᵃ; wer zu wichtigen geschäfften will gebraucht werden, muss einen starcken trunck tragen Harsdörffer d. teutsche secret. (1656) 2, 66; später selten bezeugt:
der doktor hat zum Klasei gsagt:
'du kannst koa bier mehr tragen'
K. Stieler ged. 4, 31 Recl.
in die bedeutung III A 2 a hinüberspielend: hatte aber keinen besondern appetit nach wein, weil ich mich vorigen tag mit mehrern überladen, als ich sonst zu tragen gewohnt gewesen Grimmelshausen 2, 377 Keller; wenn der arzt seinem eigenen magen mehr ladet, als er tragen kann Bremser 137.
3)
tragen 'halten' im sinne von 'stützen'; zu der vorstellung lastender schwere tritt, den bedeutungsgehalt bestimmend, die einer von unten stützenden, hebenden kraft, daher in diesem bereich öfters mit stützen und heben verbunden s. unten. vgl. Campe 4, 855ᵇ.
a)
sinnlich-concret: die pfeiler trugen die gänge am hause Hes. 41, 9; dise vier streychwören sollen ... steine pfeiler haben, die helffen zwölff starck pogen tragen Dürer etl. underr. z. bef. d. stett (1527) e 2ᵇ; freie pfeiler ..., welche das kuppelgewölbe tragen sollten Herm. Grimm Michelangelo 1, 33; säule, in der architectur jede freistehende, runde stütze, die zum tragen des gebälkes dient th. 8, 1901; säulen tragen das gantze haus, den gantzen bau Kramer 2 (1702) 1103ᶜ, das dach Adelung 4, 640, des saales wölbung E. Th. A. Hoffmann 6, 153 Gr.; das ... vortreten der dachbalkenköpfe über die tragenden säulen Mommsen röm. gesch. 1, 219; wo sie (die weichen quadersteine) nicht am wetter sint, tragen sie starck Sebiz feldbau (1579) 34; pfosten, welche das gerüste der bohrmaschine tragen Jacobsson 3, 525; die balken tragen das dach, u. ähnl.; oft bildlich:
tugend musz der pfeiler sein,
der die neigung stützt und träget
Gottsched ged. (1751) 1, 206;
negst diesen haubtfundament befinden sich unterschiedene nebenseulen im regiment, die den baw unterstützen und mit tragen helffen v. Chemnitz schwed. krieg 2 (1653) 1. vorr. 2; die englische krone ..., die mehr als ein zierlicher kuppelschmuck des staatsgebäudes erscheint, während ich in der unserigen den tragenden mittelpfeiler desselben erkenne Bismarck polit. reden 1, 125 Kohl; ein system von gedanken musz allemal einen architektonischen zusammenhang haben, d. h. einen solchen, in welchem immer ein theil den andern trägt Schopenhauer 1, 9 Gr. weitergreifend:
meine schultern tragen Ilium
Schiller 1, 127 Göd.;
got ist in in. ach, dis sint minnencliche menschen, sú tragent alle die welt und sint edele súlen der welte Tauler pred. 24, 3;
wär' es an öde klippen angebunden
und an des Atlas himmeltragende säulen
Schiller 14, 54 Göd.;
ich unglückselger Atlas! eine welt,
die ganze welt der schmerzen, musz ich tragen
Heine 1, 107 E.;
blasser:
er (gott) trägt der welten bau ohn arbeit, ohne reu
N. D. Giseke poet. w. (1767) 5;
die gerade linie. horizontal und vertical trägt sie und stützt aufs gewisseste Herder 22, 41 S. halb scherzhaft auf die beine des menschen angewandt:
'das haupt ist frisch, der magen ist gesund,
die beine aber wollen nicht mehr tragen.'
'ihr habt die last auch gar zu grosz gemacht'
Schiller 12, 172 G.;
so das bekannte sprichwort (s. ob. III A 2 e δ) variierend: es müsten gar starcke beyne seyn, die gute tage solten tragen Luther 19, 372 W.; schöne w. klugreden (1548) 58ᵇ; Friedrich Wilhelm sprich. reg. (1577) t 1ᵃ; Er. Alberus fabeln 29 ndr.; Schottel 1119. anders als termin. techn. in der plastik: im ruhigen stande, wo ein bein das tragende ist und das andere das spielende, tritt dieses nur so weit zurück als nöthig war, die figur aus der senkrechten linie zu setzen Winckelmann (1808) 1, 259, vgl. standbein.
b)
bei übertragener anwendung ist die vorstellung zumeist stärker abgeblaszt: tröstet die kleinmüthigen, traget die schwachen 1. Thess. 5, 14; ich wil es thun, ich wil heben und tragen und erretten Jes. 46, 4; gern mit einander u. ä. verbunden: tragend einander in christlicher liebe Keisersberg baum d. seligk. (1518) 24ᶜ; ich war so ziemlich auf dem wege mit jüngeren freunden ... in ein solches wechselseitiges schönethun, geltenlassen, heben und tragen zu gerathen Göthe 27, 302 W.; mit abstractem object: du trägst mein leben Storm 7, 137 Köster; die schlacht von Möckern war durch York allein getragen und ausgekämpft Varnhagen Blücher 260; häufig auch von abstracten subjecten seit dem ende des 18. jh.: in jener schlacht war Epaminondas und mit ihm die stütze der thebanischen macht gefallen, die, getragen und geadelt durch die persönlichkeit einzelner männer, schnell zu der alten unbedeutendheit zurücksank Droysen gesch. Alex. 11; tragender gedanke eines vortrags, einer schrift; Zelters gegenwart hebt und trägt mich schon seit mehr als acht tagen Göthe IV 37, 268 W.; eine sinnige natur, welche nicht von ihrer zeit getragen und erhoben wird Fr. Schlegel 6, 166; sie (die deutsche musik) wurde von keiner gunst der groszen getragen O. Jahn Mozart 1, 177; gestützt auf die eigne ... überzeugung ist der könig entschlossen ... und weisz sich in diesem entschlusz von der zustimmung seines volkes getragen Bismarck polit. reden 3, 7 Kohl; schnurrbartbewusztsein trug und hob den ganzen mann Mörike 1, 182 Göschen; was von werken der geistesarbeit unsern inwendigen menschen hebt und trägt W. H. Riehl dtsche arbeit 76; die betrachtung ... trägt und erhält das gleichgewicht des ganzen Fr. Schlegel pros. jugendschr. 1, 142 Minor; die sacertät beruhte ursprünglich auf dem sittlichen abscheu vor dem frevel gegen die götter, die gesetzgebung aber disponirte über dies durch religiöse ideen getragene ... institut wie über ein gewöhnliches strafmittel Jhering geist. d. röm. rechts 1, 326; als terminus in der musik: instrumentalmusik trägt die stimme u. ä.: die stimmen tragen und heben, das ist die kunst aller orchester Göthe 45, 205 W.; mit einem instrumente begleitet, das so lautschallend war, dasz es den gesang von vielen tausenden trug und hob Schubart ästhetik d. tonk. 6; es (das orchester) übernimmt nicht mehr die rolle der begleitung in dem sinne allein, dasz es die singstimme trägt und hält O. Jahn Mozart 1, 395. ein anderes die stimme tragen s. oben II A 2 b, vgl. auch unten VI A 2. in der schauspielkunst spricht man von tragender rolle: diese grosze tragende und hochdramatische rolle tägl. rundschau 1906 nr. 172; deutsche allg. ztg. 21. 2. 1932, vgl. er allein trug dies verworrene neue drama. er wird alle stücke tragen, in denen er eine grosze rolle hat Gutzkow ges. w. 7, 241; (er) trägt die oper Schubart ästh. d. tonkunst 329; etwas anders: die mäszigkeit des componisten, welcher sich nicht selbst zu hören, sondern ... die vorstellung zu fördern und zu tragen suchte Göthe I 40, 118 W.
B.
speciell: 'frucht tragen', vgl. ¹trächtig I B und ¹tracht III B.
1)
'leibesfrucht tragen', 'schwanger, trächtig sein', von mensch und thier, vgl. austragen th. 1, 1001 und übertragen th. 11, 3, 601: pregnans eyn wip, daz eyn kint treyt Diefenbach 454ᵇ; alle die zeyt, die weyl die thier ire jungen tragend foetura Maaler 406ᵃ; in synonymer verbindung mit schwanger sein u. ä.: imprengnata vel prengnans swangher, is eyn vrauwe, dede eyn kint dreght Diefenbach nov. gloss. 212ᵃ; continere alvo dicitur mulier mit dem kind gon, trägen, schwanger seyn Frisius (1556) 322ᵃ;
si (Rachel) was swangir,   si truoch einen sun andir
Milst. gen. u. exod. 71, 3;
sie gieng schwanger und trüge ein kind Agricola sprichw. nr. 106. die prägnante bedeutung 'die leibesfrucht tragen von der empfängnis bis zur geburt' kommt zum ausdruck in der nicht seltenen differencierung von schwanger werden u. ä. und gebären u. ä. oder von beiden: dasz sie weder gebären noch tragen noch schwanger werden sollen Hos. 9, 11; ist si aber ein guͦte senffte frau ..., so muͦsz doch der man trauren und seunffczgen: so sie tregt und gepern will Burleus liber de vita (1490) 111ᵃ; ein weib ... redet ihre söhne ... also an: mich rewet, das ich euch getragen und geboren hab Hennenberger erclerg. d. preusz. landtaffel (1595) 31, ebenso durch eine zeitangabe: so mag eine fraw, so ein recht und lebendig kindt empfangen, nicht uber eylff monat auff das höchste tragen und dasselbige bey ir behalten Ruoff hebammenbuch (1580) 97; eyn elephant tregt seine frucht zehen jare Agricola 750 teutsche sprichw. (1534) g 7ᵇ. ursprünglich von mensch und thier in gleicher weise gebräuchlich, vgl. th. 4, 1, 1, 1643; 5, 726:
thiu quena sun was dragenti
Otfrid I 4, 85;
ir vrouwe hæte ein kint getragen
Gottfrid von Straszburg Tristan 1828 Ranke;
von gott geschaffen, das sie weyber seyn und kinder tragen sollen Luther 10, 2, 156 W.;
ist nicht Porca, wie man sagt,
eine magd? und trägt ein kind?
Logau sinnged. 147 Eitner;
gesegne dich ... gott, und der gesegne auch die frucht, die du tregest Binhardus thüring. chronica (1613) 172;
sie weisz des dritten tags nach einer hochzeit schon,
ob tragen Gesche wird ein mägdlein oder sohn
Rachel satyr. ged. 18 ndr.;
wehe der schwangern, die eine tochter trägt Hippel lebensläufe 2, 95;
und hast auch vert ein panckart tragen
H. Sachs 14, 32 G.;
Maria trägt gott, Christum:
der junckfrawen rain,
die got getragen hatt
liederbuch der Hätzlerin 94;
das Maria got und menschen truͦg Gebweiler beschirmg. des lobs Marie (1523) b 4; noch hewt singt die kirch 'Maria hab verdient Christum zetragen' Berthold von Chiemsee tewtsche theol. 549 Reithm.; auch von miszgeburt u. ä.: wann das weib ein miszgeburt trägt Gäbelkover artzneybuch (1595) 1, 28; so ist die, so molam (ein muttergewächs) tregt, bey weit nicht so hurtig als die mit eim kind Wirsung artzneyb. (1588) 539ᵃ. im hinblick auf die bindung auch des erwachsenen kindes an die mutter, meist in gehobener sprache und mit besonderem gefühlston: diser sone ... hat in (den vater) ermördet, die mutter, die ihn getragen, genotzoget Ambach v. zusaufen f 4ᵇ;
... meine mutter, die mich mit schmerzen trug
Dusch verm. w. 1 (1754) 42;
ach! warum hab ich dich getragen!
ach liebster sohn! wie beugst du mich!
Gottsched ged. (1751) 1, 115;
fluch ihr, die dich getragen
öfter mit angabe des erzeugers, mhd. durch bî:
nu hete ouch ...
bî Gunther dem rîchen   einen sun getragen
Prünhilt diu schœne
Nib. 662, 2;
s. auch Kudrun 22, 2; 1253, 2 oder Ottokar von Steiermark 2653 S.; frühnhd. mit:
ein magd, die sein leybeygen war,
die trug ein kind mit diesem man
H. Sachs 2, 11 K.;
von thieren: tragendiu schâf Milst. gen. u. exod. 67, 13, s. unter tragend;
ir (der Bulgaren) waren hunderttausent ...
hetten sy di schwein getragen,
ir ware dannoch ze vil
(vom wildschwein als bild der fruchtbarkeit)
vgl.:
welch mann ein huhn hat, das nicht legt,
und ein schweinsmutter, die nicht junge trägt, ...
der hat gar ein unnütz hausgesind
bei v. Erlach volksl. d. Deutschen 1, 217;
so ein thier ein hirschkalb trägt Döbel neueröffn. jägerpract. (1754) 1, 17. im 17. jh. gelegentlich zur welt getragen haben, d. h. mit zielvorstellung (s. I): Doroteen Marien, so ... zwo töchter zur welt getragen Zesen rosenmând (1651) 69;
auch die, so zu der welt nur ein leib hat getragen
von einem vater her ...
Rachel satyr. ged. 92 ndr.;
ich glückseelig würde gewesen seyn, einen solchen sohn zur welt getragen zu haben A. U. v. Braunschweig Octavia (1677) 3, 328. heute zur welt bringen. absolut 'schwanger, trächtig sein':
... Sephora begunde tragen,
si gebar einen chnaben
Milst. gen. u. exod. 124, 32;
vgl. Fleck Flore 562 S.; Heinrich von Neustadt Apoll. 16598 u. ö.; uti faciliori utero ringer und leychter tragen, wirt von einer schwangeren frauwen geredt Frisius (1556) 1416ᵇ; die kinder gewonen bald der mutter spiel, tantzen, tragen und wigen Agricola 750 teutsche sprichw. (1534) v 2ᵇ;
der monde wahr neun mal ...
gelauffen umb ... den ... kreisz der erden,
in dem die jungfraw (Maria) trug
Opitz teutsche poem. 178 ndr.;
das weiblin des bären tregt nit lenger dann 30 tag und gebirt gemeinlich auff ein mal vier jungen Münster cosm. (1550) 407; von da waren sie zu den kühen gekommen. Johannes erzählte, wie lange jede trage und wie viel milch jede gebe Gotthelf Uli d. knecht (1841) 19. der infinitiv ist zeitweilig auf dem wege zum substantiv mit der bedeutung 'tracht, schwangerschaft': dehein wîp enmac zeheineme tragende me gewinnen denne sibin kint Lucidarius 29, 4 Heidlauf; uterus das kind in muͦterleyb oder das tragen Frisius (1556) 1416ᵇ. etwa seit dem 18. jh. wird die verwendung von tragen mit und ohne object auf das thier eingeschränkt und ist so noch heute in der schrift- und der umgangssprache sowie in den dialekten weit verbreitet: Hofmann niederhess. wb. 240ᵇ; Autenrieth pfälz. id. 141; Schön Saarbrück.² 210ᵇ; Meisinger Rappenau. 203; Follmann dtsch.-lothr. 99; Martin-Lienhart elsäss. 2, 744; Fischer schwäb. 2, 306; Schöpf tirol. 749; Lexer kärnt. 66; Jakob Wien. dial. 194ᵃ; von der frau sagt man heute in der umgangssprache sie ist schwanger, erwartet (ein kind) u. ähnl., tragen jedoch nur mit näherer bestimmung: in gehobener diction ein kind unter dem herzen, am herzen, im schosz, unter der brust u. ä. tragen, s. unten IV A 1 h. in gehobener sprache auch vom körpertheil, in dem der embryo liegt, an stelle der person: beatus venter qui te portavit salig uuamba thiu thih truog Tatian 58, 1 Siev.; selig ist der leib, der dich getragen hat Luc. 11, 27;
owê nu truoc dich doch mîn lîp
das ir den leib werd selig sagen,
welcher nit kinder hat getragen
H. Sachs 11, 329 G.;
mancher edle schoosz
trug schlechte söhne schon
Shakespeare 3, 18.
bildlich:
jede unthat
trägt ihren eignen racheengel schon,
die böse hoffnung unter ihrem herzen
Schiller 12, 236 G.;
was sich in den lüften reget,
was der schoosz der erde träget
Henrici ernst-scherzh.-sat. ged. 1, 41;
mit III B 2 b verrinnend:
die erde ging im zorn
mit miszgeburten schwanger und trug nur gift und dorn
Dusch verm. schr. (1754) 14.
2)
'pflanzliche frucht tragen'.
a)
von bäumen, sträuchern und sonstigen gewächsen:
α)
eigentlich: omnem palmitem ... non ferentem fructum iogiuuelih uuinloub ... ni tragenti uuahsmon Tatian 167, 1;
ein weynstock ... der ist fruchtbar, tregt wider wein
W. Schmeltzl Hungarland (1556) a 2ᵇ;
ein junger weinstock, der ... bereits sieben trauben getragen hat
Seidel Leb. Hühnchen (1899) 63;
der boum ...
begunde bringen unde tragen
des selben mâles niuwe fruht
Konrad von Würzburg Pantal. 2104;
es lasse die erde auffgehen gras und kraut, das sich besame, und fruchtbare bewme, da ein iglicher nach seiner art frucht trage 1. Mos. 1, 11 u. ö.; baume, die tragen als wurmessig obss Tauler sermones (1508) 118ᵈ; wann die eychbaͤwm sehr viel eycheln tragen Sebiz feldbau (1579) 44; so tatteln (d. heilig. leb. winterth. [1471] 130ᵈ), äpfel tragen u. s. w.; auch wie viel aber eicheln ihre wäld, so zwischen den feldern ligen, tragen W. Xylander Polybius (1574) 80; wer sollte ... wohl denken, dasz diese starren äste ... wieder grünen, blühen, sodann früchte tragen könnten Göthe 24, 228 W.; sihe ich hab euch geben alles kraut, so samen tregt auff erden J. Nas eins u. hundert 1, 183ᵇ. vom samen: etliches fiel auf ein gut land und trug frucht Matth. 13, 8; wie das weitzenkorn, so im acker verweset, wider herauswachsen und frucht tragen müge Hayneccius Hans Pfriem 36 ndr.; vgl. König ged. (1745) 69; s. auch das compos. übertragen 'zu lange tragen' th. 11, 2, 601; vgl. frucht bringen th. 2, 385. ohne object: wann macht man feur dorein, so würden die paumen türr und trügen nicht mer Schiltberger reiseb. 80; der baum trägt Kramer 2 (1702) 1104ᵃ;
sie (die pappeln) tragen nicht, sie schatten nicht
Rückert 3, 87;
mit näherer adverbieller bestimmung:
... geht und steckt den kohl,
dasz er auf pfingsten trag ...
Zesen verm. Helikon (1656) 1, z 6ᵇ;
ein baum, eine rebe u. ä. trägt (nicht) alle jahr
(nomenclator lat.-germ. [Hamburg 1634] 68;
Kramer 2 [1702] 1104ᵃ), beständig (Voss Odyss. 119 Bernays), immer (Oken nat. gesch. 3, 3, 1894), heuer nicht (Kramer a. a. o., Hügel Wien. 165ᵇ), hundertfeltig (Matth. 13, 23), dreifach (Bürger 77ᵃ Bohtz), wohl (Prätorius winterflucht [1678] 184), reichlich (Hebbel s. w. 7 [1891] 25), schön, gut, schlecht u. dgl., auch mit unbestimmtem neutr. als object viel, wenig, genug u. dgl. sehr oft sprichwörtlich und redensartlich, zumeist in beziehung auf den menschen nach kein guter baum, der faule frucht trage, und kein fauler baum, der gute frucht trage Luc. 6, 43:
ein guter baum trägt gute frucht,
kein böse man an guten sucht
Henisch 1270;
vgl. Eberlin von Günzburg 2, 139 ndr.; Keisersberg post. (1522) 3, 61ᵃ; wie der baum ist, so tregt er früchte Luther 23, 263 W.; 11, 250;
dauon das evangelyum sait:
das distel selten veigen trait
Hätzlerin liederb. 114ᵇ;
es tregt offt ein guͦte reb ein wintertrollen sprichw. schöne weise klugr. (1548) 22ᵃ; ähnlich Simrock sprichw. 442; die krummen bäum tragen so viel frucht als die geraden Lehmann floril. polit. (1662) 1, 68; der baum tregt im selbst kein öpfel Tappius adag. cent. septem (1545) h 2ᵃ; cum mula pepererit wann de wyden prumen dregen b b 5ᵇ; ihnen (anrede) trägt ja der windhafer weizenähren Ebner-Eschenbach 4, 184; guͦte bäum tragen zeitlich sprichw. sch. weise klugr. (1548) 145ᵇ; Schottel 1124; Schellhorn sprichw. (1797) 128. bildlich: (ein mann) werde vielleicht eine wurzel unter euch, die galle und wermuth trage 5. Mos. 29, 18; schlechtes ... gesindel im gelehrten Teutschland, das wie ungeziefer am baume der geschichte nagt und ihn kahl friszt, dasz er nicht mehr ferner schatten giebt und früchte trägt Görres ges. br. 3, 115; die samenkörner des guten geschmacks sind bei ihnen aufgeschüttet; sie können also nicht tragen Herder 5, 638 S.
β)
übertragen, zumeist nur in der wendung frucht tragen, von menschen, noch stark bildhaft empfunden: so er (gott) uns erwälet hat, dasz wir frucht tragind Zwingli dtsche schr. 1, 267; so gehe keiner zur ruhe des grabes, er habe denn süsze früchte getragen Geszner schr. 1, 90; die natur knospet, mein leib blüht, mein geist trägt Jean Paul 7/10, 36 Hempel; wenn unser fleisch mit überigem unnötigen tranck truncken wirt, kan es geistlichen baw nit leiden noch notwendige frucht des geistes tragen Ambach v. zusauffen d 4ᵇ. von abstractis meist abgegriffener:
je mehr du mein guts lob und ehr,
mein namen unterdruckest sehr,
je mehr es wachset und auch blütt,
tregt frucht darbey
Th. Höck schönes blumenf. 10 ndr.;
siehstu, was deine lehr für früchtlein hat getragen
Rachel sat. ged. 51 ndr.;
es ist nicht ohne, dasz mein fleisz die meisten früchte biszhero auszer den gränzen des vaterlandes getragen hat Ch. Weise polit. redner (1677) vorr.; möge doch diese ... ähnlichkeit Georgen des dritten mit dem groszen Alfred ... eben die glorreichen früchte tragen Haller Alfred (1773) *4ᵇ; wie das böse stets ... im weltplane keine wirkung hat, das gute aber früchte trägt Stifter 5, 1, 140 S.; die Schmerlingsche (politik hat) bittre früchte getragen Bismarck ged. u. erinn. 2, 19; in poetischer sprache auch mit sonstigen objecten:
die zeit soll euch noch goldne blumen tragen
schön; auch gut? du bannst das arge!
doch es trägt dir fluch statt segen
F. W. Weber Dreizehnl. (1907) 52;
und absolut:
die leidige poetenehre ...
blüht spät und trägt zu keiner zeit
Kretschmann s. w. (1784 ff.) 2, 303.
b)
von der erde. frucht tragen: das erdrych treit von im selbs frucht Zwingli deutsche schr. 1 (1828) 277; schwartze erde trägt gute frucht Lehman floril. polit. 1 (1662) 36;
das feld kann ohne ungestüm
gar keine früchte tragen
P. Gerhard bei ev. kirchenld. 3, 315 Fischer-Tümpel;
dreifache frucht tragender boden Laube ges. schr. 4, 124. andere objecte: verflucht sei der acker um deinetwillen ... dornen und distel soll er dir tragen 1. Mos. 3, 18; B. Krüger v. d. anf. u. ende d. welt (1580) c 6ᵃ; ähnlich H. Sachs 1, 55 K.; die berge tragen ihm kräuter Hiob 40, 15; ihr solt aber essen, was das feld trägt 3. Mos. 25, 12;
die scholle, die uns nahrung trägt
ein ungebawter acker treget selten gut korn Friedrich Wilhelm sprichw.-reg. (1577) c 1ᵃ; einerley erdreich tregt nicht allerley getreide Hennenberger erclerg. d. preusz. landt. (1595) 1; das feld trüge kein getraide, die bäume kein obst, die hügel keinen wein Lohenstein Armin. 1 (1689) 105ᵃ; in einer landschaft, die den edelsten wein in Latium trug Niebuhr röm. gesch. 1, 140; so auch der garten trägt pfirsiche, pflaumen (Ritter erdk. 1, 393), unsere heiden tragen taback (J. Möser 2, 320) u. dgl. ähnlich: da die erd oberhalb nicht fruchtbar ist, da trägt sie doch unterhalb stein, ertz Sebiz feldbau (1579) 11; vil ertzgruͦben, die da reychlich tragend gold, silber, kupffer Stumpf Schweytzerchron. (1606) 56ᵃ. mit unbestimmtem neutrum: der acker treit vil Martin-Lienhart 2, 743ᵇ; das stick drat vil Follmann dtsch-lothr. 99; auch wenig u. a. oder ohne object: ein ackerlîn, trag es oder nit (cgm. 154) Birlinger schwäb.-augsbg. wb. 121ᵃ. mit prädicativer oder adverb. bestimmung:
die acker tragen itzt ungesät
Herder 25, 468 S.;
Adam lebte von dem, was der erdboden freywillig trug Adelung umst. lehrg. d. dtsch. spr. 2, 380;
wann der bauern ihre felder wohl tragen
der bauer im d. liede 4, 16 Bolte;
der weinberg träget wohl
Rachel sat. ged. 45 ndr.;
heute meist gut, schlecht, mäszig u. ä.
c)
vereinzelt auf wasser u. ä. übertragen: wie einem alten teich zu helfen sey, der in vielen jahren nicht geruhet, dasz er wieder fruchtbar werd und gar guter fische trage fischbüchlein 122; ein vischreych wasser tregt guͦt karpfen Stumpf Schweytzerchron. (1606) 392ᵇ.
d)
abgegriffener in der übertragung auf wirtschaftlichen ertrag: arbeit (dienst, kunst, rede, concert u. dgl.), geschäft (handwerk, pfründe, pfarre, haus u. dgl.), kapital u. ä. trägt 'frucht' in gestalt von geld, zinsen, miethe u. dgl., nutzen, gewinn u. ä. den weg zur übertragung kann verdeutlichen:
wie sô vor Akers nu al die velt
trûgen rîcheit bernden gelt (ertrag)
an den werden und voller zierde dô
(von der die stadt belagernden ritterschaft)
kreuzf. Ludwigs d. fromm. 1260 Naumann,
und verbindungen wie ager quaestuosus der grosze nutzung tregt Frisius (1556) 62ᵃ. parallel geht in bedeutung und anwendung bringen (vgl. th. 2, 387 nr. 11), öfter in synonymischer verbindung: res quaestuosa ... das groszen nutz und gewün bringt oder tregt Frisius (1556) 1100ᵃ;
sich zuͦ, was bringt es nutz und gewins:
... zwei tusend gulden treit es ein jar
N. Manuel v. papst u. s. priestsch. 165 Bächt.;
vgl. noch L. Thurneysser magna alchym. (1583) 66. doch ist in allgemeiner anwendung etwa nach dem 17. jh. bringen und heute bes. einbringen (s. th. 3, 157), eintragen (s. 3, 326), abwerfen üblicher geworden als tragen. geld tragen ist auch nach verengerung der bedeutung von geld im heutigen sinne (s. 4, 1, 2, 2897 nr. 4) im 16. jh. gängige verbindung, bes. bei Luther: alles, was menschending ist, das tregt gellt, gotis wort tregt nichts denn das creutz 10, 2, 124 W.; ähnlich 10, 3, 273 W.; 6, 626 W.; 6, 437 W.; denn werck und menschenlere tragen altzeyt grosz geld und gut 10, 1, 1, 631 W.; 18, 7 W.; sonst: erstlich rechne, wie vil es gelt trag ein gantzes jar Stifel d. coss Rud. geb. (1553) 267ᵃ; was nit geld tregt, ist nit seins fuegs Aventin 4, 8, 29. später so nicht mehr bezeugt, wohl aber mit angabe einer bestimmten geldsumme: herr, dein pfund hat fünf pfund getragen Luc. 19, 18; kohlstauden hat alle jahr 100 m samen getragen Ayrer hist. proc. iur. (1600) 527; das schlos Munkatsch ist verseczt ... umb zwo tonnen goldes, trägt jährlichen m/40 thaler acta publica 1, 9 Palm u. ö.; hat nicht die lobschrifft des edlen Sanazars über die stad Venedig 600 ducaten getragen? Schwiger feldrosen (1655) a 4ᵃ; das concert ... hat 90 fl. getragen O. Jahn Mozart 2, 73 anm. 23; 2000 bisz 2200 thlr. sind ohngefähr das höchste, was unser dienst trägt Göthe IV 9, 258. zinsen, prozente tragen:
weil das gelt nach des monats tagen
pflegt seinen wucher zu tragen
bei Dähnhardt griech. dram. 2, 200 lit. ver.;
wo legen wir das gelt nun hinn,
dasz es zinsz trage zum gewinn?
W. Spangenberg ausgew. dichtg. (1887) 324;
das geld soll hundertfältige zinsen tragen Göthe 22, 143 W.; der zudrang von baulustigen ... wird ... dadurch belebt, dasz ein haus, sobald es fertig ist, im nächsten sommer zehn procent trägt IV 33, 11 W.; dasz ein finanzenpachter ... nach seinem tode zehn millionen hinterliesz, die er an privatleute verliehen hatte, davon die hälfte gar keine interessen trugen Gottsched d. neueste a. d. anm. gelehrs. 1 (1751) 359; auch in den dialekten: s khapitaal treit tsintse Meisinger Rappenau 203; das feld tragt nur zwei prozent Schöpf 749; mei kapital tragt z' weni prozent Hügel Wien 165ᵇ. nutz(en) und nutzung tragen nur bis zum 17. jh.: in yeder red söllen die wort nit müssig noch on ursach ston, sunder ettwas nutz tragen Riederer spieg. d. war. rhetor. (1493) h 4ᵃ; er hat vil gelts verpauen, das kainen nutz tregt Fortunatus 64 ndr.;
noch frech wagen,
noch weich zagen
hat iemals gar viel nutz getragen
Logau sinnged. 93 Eitner;
s. auch th. 7, 1027; desgl. gewinn s. th. 4, 1, 3, 5910. gern mit neutralem object wie etwas, viel, nichts: nit das sie (ablaszbullen) wenig tragen Luther an den adel 30 ndr.; hörstu, mein lieber narr, es muss gleichwol viel tragen, die wipper müssen fürnehme leuthe seyn discurs ... von d. itz. zust. d. kipper v. wipper (1621) a 3ᵇ; der ackerbau trägt nichts Chr. Weise d. drei ärgsten erzn. 52 ndr.; dann kannst du in dein haus zurückkommen, es trägt schon so viel, dasz davon ein strenger mann leben kann Stifter 3, 121 S.; heute in gehobener sprache und dialektisch: des g'schäft tragt nix mehr Hügel Wien. 165ᵇ; Jakob Wien. 194ᵃ; ähnlich im schwäb. und bes. unpers.: was trägt's? trägt's auch etwas? heute traits 'n schoppen Fischer 2, 306; hierher gehört auch die redensart: it si nu so edder anders, dat dricht nicht grod im sinne von 'das macht nichts aus, das verschlägt nichts' chron. d. dtsch. städte 31, 1, 191 (Lübeck). oft mit dat. pers. verbunden; zuerst bereits 1474:
er maint, es trüg im gelt
volksld. 127, 9 Liliencr.;
... ihm ein groschen trag der scherff,
die bratwurst ein speckseit abwerff
Rollenhagen froschmeuseler (1595) o 4ᵇ;
jeder kreuzer gewonnen im spiel,
trägt dem teufel procente viel
Binder 185;
hastu viehe, so warte sein, und treget dirs nutz, so behalt sie Sir. 7, 24;
der (handel) tregt mir sehr ein schmalen gwin
H. Sachs 7, 197 K.;
ich will es gehn dem fürsten sagen,
dasz wird mir gwisz ein tranckgelt tragen
Ayrer 2, 899;
die lieferungen, die an tausend
pistolen euch in einem jahre tragen
Schiller 12, 179 G.;
ihre (anr.) verwendung trägt unsern armen jährlich mindestens um ein paar tausend thaler mehr Bauernfeld ges. schr. 2, 124; heute noch dialektisch: dein bruadern tragt's was (= gutes einkommen haben) Hügel Wien. 165ᵇ; hier nicht selten detaillierte objecte:
es tregt euch gut ketten und schauben
H. Sachs 17, 71 G.;
ähnlich ein hofkleid 20, 42 G.; ein zerung 8, 175 K.; ein anwesen, welches ihm einen knecht trug Felder reich u. arm 118; andere (= bessere zigarren) trägt mir 's halt nit Anzengruber ges. w. (1890) 3, 270.
C.
am körper tragen.
1)
joch, kette, fessel, bande tragen:
a)
eigentlich: ein rote chuͦ ..., an der do sey kein fleck noch hab getragen das joch erste deutsche bibel 4, 73; sprichwörtlich:
nicht gerne trägt der ochs das joch,
und, was er anfeindt, hat er doch.
Binder 144;
ein sklave, der die jammervollen ketten
nur mit geduld und tiefer demuth trägt
B. Neukirch ged. (1744) 30.
b)
bildlich und übertragen: ich lies sie ein menschlich joch zihen ... und half ihnen das joch an irem hals tragen Hos. 11, 4; apostelgesch. 15, 10; wem ist nun diss joch suͤsse und leicht und diss tziechen und diss tragen Tauler sermones (1508) 22ᵈ; freilich heiszt es nicht freiheit geben, wenn man fesseln löst, welcher der noch nicht als solche fühlt, welcher sie trägt W. v. Humboldt ges. schr. 1, 241; unsinnlicher: wollte gott aber, wir trügen noch das joch rechtschaffner Römer Lohenstein Arminius 1, 18ᵃ; Schiller 13, 184 G.; Niebuhr röm. gesch. 1, 58; Hebbel w. 4 (1891) 93;
Europa ruht auf weichem frieden aus
Amerika trägt ketten ...
Schiller 5, 1, 44 G.;
kann ein volk fesseln tragen, dessen jünglinge solche thränen weinen? F. M. Klinger neues theater (1790) 1, 8; es waren unwürdige fesseln, die die aristokratie trug Mommsen röm. gesch. 2, 129; ferner:
und (es möchte) England wieder papstes fesseln tragen
Schiller 12, 446 G.;
wer wird denn heiraten ..., die lächerlichen bande eines weibes tragen Stifter 3, 259; Lessing 2, 279 L.-M. in beziehung auf abstracta:
warum tregt diser hertzog doch
ein schweres, unverschuldtes joch
(dadurch, dasz er im kampfe von Achill bedrängt wird)
Spreng Ilias (1616) 284ᵃ;
etwas groszes wandelt mich an bei der vorstellung, keine andere fessel zu tragen als den ausspruch der welt Schiller 3, 530 Göd.; vgl. noch das joch der liebe (Voigtländer od. u. lied. [1642] 33, 8 s. u. IV A 1 d), der schwäche (A. v. Droste-Hülshoff 2, 45 Cotta), der sitte (Moltke ges. schr. u. denkw. 1, 165), die fessel der nachahmung (Klopstock gelehrtenrepublik [1774] 22), der gewalt einer persönlichkeit (Herman Grimm Michelangelo 1, 41), die kette der sorge (Rückert 1, 138) u. ä. tragen. fast redensartlich wie sein kreuz tragen, vgl. oben sp. 1063: es ist keinem seine kette zu beneiden, die er gern trägt Archenholz England u. Italien I 1, 6;
trägt ja ein jeder mensch sein joch
Göthe 16, 148 W.
2)
waffen u. ä. tragen s. th. 13, 266; vgl. waffen führen ebda; occasionelles waffen tragen s. oben sp. 1062:
wir sculun dragan wafan   joh lazan sin thaz slafan
Otfrid IV 37, 7;
des nam he syk suluen dat leuen
myt dem swerde, dat he droch
meister Stephan schachb. 1297;
ein fischerplotz s. Peter trug,
da er Malcho sein ohr abschlug
Sandrub hist. u. poet. kurzw. 47 ndr.;
ein soldener ist, der den langen spies träget Gueintz d. deutsche rechtschr. (1666) 135; einen kleine säbel ..., den er manchmal heimlich unter seinen kleidern trug Göthe 43, 321 W.; auch dass ir die zween knaben aufferziehet, biss dass sie mögen harnisch tragen und führen buch der liebe (1587) 2ᵈ;
die rüstung, so Achill getragen
W. Spangenberg griech. dram. 2, 62 Dähnhardt;
im sprichw.: es sind nicht alle landsknechte, die da lange spiesse tragen Friedrich Wilhelm sprichw. reg. (1577) c 1ᵇ; ähnlich: es seind nicht alle guͦte köch, die lange messer tragen Tappius adag. cent. sept. (1545) k 4ᵃ; es sind nicht alle jeger, die hörnlin tragen Eyering 2, 582; unsinnlicher: die oberkeit ... trag das schwert den fromen und guten zur ehr Sleidanus reden 166 lit. ver.; übertragen:
diu frouwe ... truoc der minne wâfen,
einen munt durchliuhtic rôt
die weiber das schwerd im maule tragen,
drumb musz man sie uff die scheiden schlagen
Eyering prov. cop. 1, 750;
darumb tragen ir das schwert gottes Eberlin von Günzburg s. schr. 1, 46 ndr. meist im sinne von 'ritter' bzw. 'krieger, soldat sein, kämpfen':
nû bin ih funfzehen jâr alt
... und bin sô komen zô mînen tagen,
daz ich wol wâfen mac tragen
pfaffe Lamprecht (Straszb.) Alex. 413 Kinzel;
dô sprach diu juncvrouwe wert:
'hêr Vergulaht, trüege ichz swert
und wær von gotes gebot ein man,
daz ich schildes ambet solde hân'
Wolfram von Eschenbach Parz. 414, 14;
so begaben wir uns mit allem, was nur waffen tragen konte, zu schiffe Heilmann gesch. d. pelop. krieges (1760) 85;
wer weisz, wenn du erst die muskete trägst,
ob ich dich je im leben wieder sehe
H. v. Kleist 1, 350 Schmidt;
er (Dante) hatte in seiner jugend als florentinischer bürger die waffen getragen für die Guelfenpartei Döllinger akad. vortr. 1, 109; spec. den degen tragen 'student sein': dasz man ihn erst im neunzehnten jahre auf die hohe schule that, ungeachtet er die kräfte vielleicht eher gehabt hätte, den degen zu tragen Rabener s. w. 2, 39; vgl. th. 2, 899.
3)
vor allem kleider tragen, s. auch ¹tracht III D und die composita antragen anhaben (th. 1, 502), ab-, auf- und übertragen 'durch langes tragen aufbrauchen, abnützen' (th. 1, 141; 1, 761 nr. 4; 11, 3, 601); eintragen 'kleider durch tragen bequemer machen' Sallmann n. beitr. z. estld. ma. 104.
a)
von der ganzen kleidung:
purpurin giwati   druag er tho bi noti
Otfrid 4, 23, 7;
wie sint diu kleider, diu er treit,
sô rîlîchen ûf geleit
die stolzen ritter tragent dörpellîche wât
siehe, die da weiche kleider tragen, sind in der könige heuser Matth. 11, 8; er gieng ... in frenckischer wath, wie es dazuͦmal die Francken pflegten zuͦ tragen S. Franck chron. Germ. (1538) 76; wie dann die Juden noch auff heutigen tag nicht halb leinen und halb wüllen gewand tragen Grimmelshausen 2, 387 Keller; sie trug amazonische kleidung Zesen rosenm. (1651) 66; sie trug ein einfaches, weiszes kleid Ebner-Eschenbach ges. schr. 4 (1893) 43; darum tragen wir ja allgemeine französische tracht Gutzkow ritt. v. geiste 1 (1850) 185; sprichwörtlich: des menschen leib verschleiszt sich wie ein kleid, das man täglich trägt Lehmann floril. polit. 1 (1662) 12; er wolt wol eyn ander kleydt tragen, wenn ers hette Agricola 750 teutsch. sprichw. (1534) c 5ᵇ;
das frawen tragen lange kleider,
darbhey ein kurtzen muht leider
H. Sachs 13, 95
(sonst meistens langes haar th. 4, 2, 9);
das kleid will getragen sein,
sonst kommen dir die schaben drein
Binder 110.
im partic. pass. im sinne von 'abgelegt' s. th. 4, 1, 2, 4413. in älterer, jetzt nur in gehobener sprache mit näherer bestimmung an sich, am leib u. ä. s. u. IV A 2 e u. 1 g. besondere kleidung wie z. b. livrée, frack, uniform u. ähnl. tragen: dasz der herr noch endlich die liverey des bedienten wird tragen müssen Lessing 2, 142 L.-M.; um in eine versammlung feiner leute treten zu dürfen, musz man den frack tragen, die uniform oder die livrée Ebner-Eschenbach ges. schr. 1 (1893) 22;
den (sc. wâfenroc) solder durch ir willen tragen
Wirnt v. Gravenberg Wig. 51, 12 Pf.;
ein avanturier aus Palermo, der uniform trug und sich für einen kapitän ausgab Schiller 4, 207 G.; es stand mit mir ganz anders, da ich den ersehnten blauen rock zu tragen begann J. v. Vosz gesch. m. milit. laufb. (1808) 249. der stoff, aus dem die kleidung gefertigt ist, ist object wie tuch, seide, purpur u. a.:
die puren tragend nit mee zwilch,
wend all sammat und syden han
Eckstein rychsztag 807;
Jesus (bei der geiszelung) ein purpur truge
kathol. kirchenld. 1, 700 Kehrein;
fridschal, disz ist ein besonder gut thuch, das nur mächtige herren tragen buch d. liebe (1587) 103ᵇ;
das klärste tuch und zwürn,
so man in Holland tregt
Voigtländer od. u. lied. (1642) 10, 2;
madame ... sie trugen blaue seide, weisze tüllstreifen Gutzkow ges. w. (1872 ff.) 4, 297; oder ihre farbe: sie trägt gern grün u. ä.; ich trug schwarz (war schwarz gekleidet) Bode Yoricks empf. reise⁴ 2, 123;
darümb so trag wir weder grün noch rot
weder gel noch schimel var
(am aschermittwoch nach fastnacht)
fastnachtsp. 621 Keller;
oft zur bezeichnung einer zugehörigkeit: dise münch tragen gantz weyss wie die müller Seb. Münster cosmogr. (1550) 108; citronengelb dürfen auch seine (des chinesischen kaisers) bedienten und die geistlichen tragen Göthe II 1, 333 W., hier auch ohne nennung der speciellen farbe:
ir wert darnach woll gefragt,
warumb men ir die varb tragt
(die wappenfarbe der frau Venus)
Sterzinger spiele 247 Zingerle;
drey tragen mancherley farben zuͦ Rhom, monche, frawen und knechte Hutten opera 4, 266 Böcking; wil ich ein christ sein, so mus ich die hofefarbe auch tragen Luther 32, 29 W.; so, sklave! trage die farbe deines herrn Schiller 3, 18 Göd.; so auch von farbigen abzeichen, bändern u. dgl.: herr ritter, ihr tragt ja ... noch nicht meine farbe Bauernfeld ges. schr. 1, 12; wer dazu (zur burschenschaft) gehörte, trug nur zwei farben, schwarz und roth; die dritte farbe, das gelbe gold, blieb weg Laube ges. schr. 1, 48; so heute noch farben tragen, zu einer farbentragenden studentischen verbindung gehören. hierher weiter verwendungen wie se dregt in de kark swart sie ist an sonntagen schwarz gekleidet Dähnert plattdeutsches wb. 84ᵇ, besonders als zeichen der trauer: ... gehoben von der nähe des friedhofs und der kirche — nicht wahr, sie trug schwarz Gutzkow ritter v. geiste 1, 42. in diesem sinne auch direct trauer, leid tragen: die trauer tragen, in der trauer gehn Kramer 2 (1702) 1119ᶜ; überhaupt pflegte das ganze land, wenn der könig starb, trauer zu tragen J. v. Müller 1 (1810) 64; legte der hof die trauer ab, welche er seit dem tode Maximilians trug Ranke 1, 264 f.; de truur drägen Dähnert plattdt. wb. 84ᵇ; früher leid tragen: atratus ein leidtrager, der leid tregt oder leids kleider an hat Frisius (1556) 132ᵃ; pullatus der schwartz bekleidt ist oder leid tregt Calepinus undec. ling. (1598) 1193ᵃ; vereinzelt auch für andere zeichen der trauer an der kleidung:
ach schwester, warum tregst du leidt,
hast zerrissen dein köngklich kleidt?
H. Sachs 10, 351 G.;
jetzt nur dialektisch: Martin-Lienhart 2, 743; Seiler 185ᵃ; Schmeller-Fr. 1, 1437; Tobler 280ᵃ; vgl. th. 6, 657 nr. 3.
b)
ebenso von einzelnen kleidungsstücken, seit dem ahd. bis heute in reichlichster anwendung (vgl. IV A 1 g): thes ni bim uuirdig giscuohu zi traganne (calciamenta portare) Tatian 13, 23;
sie truoc ein hemde hærîn
under grâwem roc zenæhst ir hût
Wolfram von Eschenbach Parz. 437, 24;
Luther 6, 253 W.; grawen rock und filtzhut tragen ders. 18, 100; er ist besser gewachsen und schlanker, ob er gleich keine schnierbrust trägt Lessing 2, 40 L.-M.; sobald ich die ersten hosen trug U. Bräker 1 (1789) 9; dasz er unter demselben (überrock) eine gestickte weste ... trug E. Th. A. Hoffmann 1, 13 Gris.; trug sehr feine wäsche G. Keller ges. w. 2, 17; und so bruch (Fischart 1, 250 Hauffen), kragen, koller, wamms, hut, kopftuch, haube, mütze, stiefel, schuhe, pantoffel, gamaschen, manschetten, handschuhe, pelz u. s. w. tragen. im sprichw.: er trägt kein eng wammesz, das ist läszt sich nichts anfechten Wander 4, 1281; wer wohl spinnet, trägt ein weites hembde Rother schles. sprichw. 328ᵇ; bes. die hosen tragen als symbol der herrschaft in der ehe s. th. 4, 2, 1839:
man nennt dich einen mann, doch trägt die frau die hosen
Neukirch anfangsgr. z. teutsch. poesie (1724) 157;
ebenso den hut, die mütze tragen, vgl. th. 4, 2, 1979 u. 6, 2840:
sie (die böse frau) möchte woll und recht zu sagen,
des mannes hutt und hosen tragen
Voigtländer oden u. lieder (1642) 18;
öfters in der kennzeichnung eines standes u. dgl.:
pfaffen, munch, die geischlichkeit
und alles, dasz die kutten dreyt
Murner schelmenzunft 20 ndr.;
Ayrer 37 lit. ver.; ebenso kappen tragen mönch sein, s. th. 5, 189; anders: die (narren-)kappen tragen V. Schumann nachtbüchl. 37 Bolte; J. Grob dicht. versuchgabe 14; schellenkappe Göthe 8, 39 W.; s. auch th. 5, 191; den schleier tragen nonne sein, s. th. 9, 579 f β; es sind nit eitel doctores, die rot baretlin tragen Eyering prov. cop. 2, 582;
wie rühmlich wirst du denn forthin
den hut der höchsten lehrer tragen
Gottsched ged. (1751) 1, 159.
c)
auch von andern dingen, die im weiteren sinne zur kleidung gehören: dasz er bey schwachem gesicht eine brille trägt, muszte ich ihm erst in betrachtung seiner übrigen vorzüge verzeihen Göthe IV 33, 276 W.; ich werde dir dann zeigen, dasz ich keine falschen waden trage Pückler briefw. u. tgb. 1, 108; alle tragen eine schwarze schärpe Schiller 14, 20 Göd.; was trägst du denn sporen? Deinhardstein ges. dram. w. 1, 34; die ... kriegsgürtel, so grosse herrn ... etwan zu tragen pflegeten Mathesius Sarepta vorr. 1ᵇ; larve, maske tragen; auch bildlich: was denkt Fiesko zu Genua? werdet ihr eure maske noch länger tragen? Schiller 3, 72 G.; ich will den vertilgt sehen, der die maske der tugend trägt Klinger 3, 142; sprichw. der teufel trägt allerlei larven Binder 192.
d)
so auch schmuck u. ähnl. tragen. als feste verbindung krone tragen:
er truoc des rîches zepter und die krône
er (kaiser Karl) trug eine goldene krone Scherer litt. gesch. 51; er (der papst) tregt ein dreyfeltig kron Luther 6, 415 W.; vgl. noch th. 5, 2372 u. 2371; die durninon coronon die truog er gerno durh iuueren uuillon Williram 53, 11 Seem.; erste dtsche bib. 1, 412; unsinnlicher: krone tragen regieren, herrschen s. th. 5, 2372, früher auch 'gesiegt haben, den preis haben', s. th. 5, 2360, 3 a u. b, die himmlische, ewige krone tragen:
da mete su (die märtyrer) erarnet han,
daz su di ewigen cronen tran
Katharinenspiel v. 305,
vgl. th. 5, 2361—62;
die keuscheit, ... die du hegst,
ist deine krohne, die du trägst
Neumark fortgepfl. mus.-poet. lustw. (1657) 1, 333.
vgl. auch das veraltete die krone auftragen in gleicher bedeutung th. 1, 761—62; ähnlich (den) kranz tragen in den verschiedenen bedeutungen von kranz, s. th. 5, 2044 ff., spec. als zeichen der jungfrauschaft: nicht alle sind jungfern, die kränzlein tragen Binder 103; gleich wie ym deutschen 'magd' heyst eyn solch weybsbild, das noch jung ist und mit ehren den krantz tregt und ym har gehet Luther 11, 322 W.; vgl. 34, 1, 104 W. und besonders th. 5, 2052. ringe, ketten, spangen u. dgl. tragen: als er ihr ... einen silberreif ums haupt gelegt hatte, trug sie ihn ferner an jedem tag Storm 7, 21 Köster; nam er ein ring ... und schicket in ... mit bitt, selbigen von seinetwegen zu tragen Amadis 25 Keller; insbes. den ring tragen 'verheiratet sein': alle deine mütter haben den ring getragen, und gott hat ihren frommen ehestand gesegnet Eichendorf 2, 43; G. Hauptmann d. weber (1892) 51; vgl. th. 8, 985 u. 986; sprichw. die ringe tragen, sint gecken of prelaten Tunnicius nr. 134 Hoffm.;
ich wil mich lieber nicht an jene leute wagen,
die neben andrer pracht auch gelbe ketten tragen
J. Grob versuchgabe 22;
halsbänder, spangen u. s. w. tragen s. Niedner Islands kultur 42; nun gar diamanten ... die darf ich ja nicht tragen Ebner-Eschenbach 4, 264; auch allgemeiner: do was eyn mechtich borger ... dat hie gold und bund drooch gesch. qu. d. erzstift. u. d. st. Bremen 113 Lapp.;
darumme drechstu dat golt so rot
(= goldene sporen und goldenen harnischschmuck, wie ihn
nur ritter als zeichen ihres standes tragen durften)
d. dodes danz 634 Bäthke;
ich wil heimsuchen die fürsten grosz ...,
die da ein frembden schmuck tragen
Musculus hosenteufel 4 ndr.;
so viel schmuck hab ich wohl schon gesehen, aber noch nie eine dame, so würdig ihn zu tragen Göthe 21, 323 W.; auf gleicher linie: (wallfahrtspfennige sind) medaillenartige stücke, die ... als schutz- und gnadenmittel getragen wurden Luschin v. Ebengreuth münzkde 28; beide trugen ... ehrenmünzen E. M. Arndt 1, 31 R.-M.; den orden ... scheint er später nicht wieder getragen zu haben O. Jahn Mozart 2, 71, sowie wappen tragen statt des geläufigeren führen:
dann sterbt für volkes thaten,
die ihr ein wappen tragt
Cl. Brentano ges. schr. (1852) 2, 69;
bes. im wappen tragen: du sollst die lilie im wappen tragen Schiller 13, 264 G.; ähnlich metaphorisch:
ich merk es schon, was du im schilde trägst
J. E. Schlegel 3 (1761) 226;
vgl. th. 9, 120 u. 13, 1945 u. unten IV A 3 c.
e)
die bezeichnung des tragenden körpertheils durch das subject oder object ist ungewöhnlich u. meist poetisch:
ihr hals trug einen krantz von hyazinthensteinen
H. v. Hoffmannswaldau ged. 1 (1697) 162 Neukirch;
du wolltest, dasz dein haupt nicht sollte myrthen tragen
Günther (1726) 318;
dies unwürdige haupt träget die mitra, wie
Plutos scepter der kahnrudernde Charon trägt
Herder 27, 109 S.;
ein ander trägt bewunden
den kopf mit perlenschnur
Rachel sat. ged. 126 ndr.;
gebräuchlich aber in fällen wie schmuck am halse tragen u. ähnl., s. unten IV A 1 a, d, f, g; so auch, wenn an oder auf einem kleidungsstück u. dgl. bänder, federn u. ähnl. getragen werden, vgl. IV A 3 c.
4)
haare, wolle, federn, hörner u. ähnl. tragen:
a)
haar tragen fast ausschlieszlich mit attributiver oder prädicativer bestimmung:
der truoc ein hâr,
daz was reide unde val
meier Helmbr. 10 Panzer;
Christus truͦg lang hor Keisersberg postill 1, 24ᵇ; dasz er ... die haare weder à la Pompadour noch en Capriolet trägt sammlg. v. schausp. (1764 ff.) 2, 4;
a propos Tübingen! dort sind mädchen, die tragen die zöpfe
lang geflochten
Göthe 5, 233 W.;
ihr seht mich mit bedeutung an? — weil ich ... etwa graue haare trage? Schiller 5, 2, 278 G.; sein schwarzbraunes haar ... trägt er ganz kurz abgeschnitten Solger nachgel. schr. 1 (1826) 53; er war ein alter junggesell, trug gepuderte haare und ein zöpfchen G. Keller 1, 192; sein eignes haar im gegs. zu perücke tragen: wer seine eigen haare tragen kan, den desaprobire ich sehr, dasz er frantzösche perucken tregt Elisabeth-Charlotte br. 1, 243 Holland; vgl. th. 4, 2, 11; auch: sie ... trugen eine hohe gepuderte kreppfrisur Castelli s. w. 10 (1844) 64; it sint nicht al papen, de platten dragen Tunnicius sprichw. 896 Hoffm.; Tappius adag. cent. sept. (1545) r 1ᵃ; Eyering prov. copia (1601) 2, 582. dagegen bart tragen mit und ohne derartige bestimmung:
etslîcher truoc vil grâwen bart
Wolfram von Eschenbach Parz. 382, 30;
sapientem pascere barbam ... darumb daz die weysen oder geleerten leüt lang bärt tragend Frisius (1556) 151ᵇ; Labrot ... liesz ebenfalls jetzt seinen schnurrbart wieder wachsen, den er als werber geschoren trug Bräker s. schr. 1 (1789) 111; laszt uns lieber den wilden bart tragen Lessing 8, 12 L.-M.; sie tragen bärte als freie männer Ritter erdkde 1, 363; Theo hatte noch keine spur von bart. er würde auch nie einen tragen, erklärte er. Moltke und Caesar hätten auch keinen getragen H. v. Kahlenberg Eva Sehring (1901) 16.
b)
hörner, federn, wolle u. dgl. tragen:
der ebir cîn horn truog,
mit ten her sîni vîanti nidirsluog
Annolied 245 Röd.;
(wolf zum lamm): du dregest wulle unde horn
dorch drogene, dat is mi torn
Magdebg. Äsop 2, 13 Seelm.;
hat er (d. hirsch) ... ein gehörn getragen und abgeworffen Göchhausen notab. venat. (1741) 19;
ja selbst auch die (tauben), so noch nicht schwingefedern tragen
v. König ged. (1745) 26;
vgl. auch IV A 1 e u. g. im sprichwort: dat schap drecht van natur wulle Tunnicius 1352 Hoffm.; die thier, die gros geschrey haben, tragen selten viel wolle Friedrich Wilhelm sprichw.-reg. (1577) b 1ᵇ; kein schaff ihm selber tregt die wollen Eyering prov. copia (1601) 2, 81.
5)
von wunden, narben u. ä.:
Kingrûn truoc wunden
durch den arm und in die brust
Wolfram von Eschenbach Parz. 197, 12;
hatt er noch ... ein züglin (schramme), das hatt er 8 wuchen tragen Platter 91 Boos;
fragt meine wunden denn, die diese brüste tragen
Gryphius trauersp. 48 Palm;
narben tragen vgl. th. 7, 351;
es gibt noch manchen leib
und auch noch manche frau, die keine flecken tragen
Günther (1726) 3, 263.
6)
mit objecten wie bild, gestalt, spur, stempel, miene u. ä., die auf das äuszere des menschen gehen:
wand er des tôdes zeichen   in liehter varwe truoc
Nibel. 928, 3 L.;
wie wir getragen haben das bild des irdischen, also werden wir auch tragen das bild des himmlischen 1. Cor. 15, 49; vgl. auch unten IV A 1 g u. i;
dann ist er (der mensch) nur des menschen hausz
und trägt nur menschliche geberden
Königsbg. dichterkr. 59 ndr.;
wenn du der bist, dessen miene du trägst Lessing 2, 356 L.-M.; obwohl seine züge die kennzeichen eines Mongolen trugen A. v. Haller Usong (1771) 8; als er wieder aufsah, trug sein gesicht den ausdruck leidenschaftlichen schmerzes Storm 1 (1899) 34. abgezogener nach III D hinweisend in der übertragung auf abstracte subjecte: alles trägt bei ihm (Homer) das gepräge eines genies Ramler einl. in d. schön. wisssch. 2 (1758) 172; Jarnos geschichten tragen alle einen eigenen charakter Göthe 23, 77 W.; eine alte ..., alle spuren der glaubwürdigkeit tragende ... erzählung Ranke s. w. (1867) 3, 37 anm. 2; gern mit näherer bestimmung von persönlichen und unpersönlichen, auch abstracten subjecten: den stempel ernster gedankenarbeit, einen berühmten namen, den hasz, die deutsche grösze an der, auf der stirn tragen, s. unten IV A 1 f; das bild gottes, merkmale der verdrossenheit, eine gewisse majestät, das gepräge seiner inneren stimmung u. s. w. an sich tragen, s. die belege IV A 2 e.
D.
'haben, besitzen' abblassung eines ursprünglich sinnlich angeschauten tragens war schon in allen vorigen gruppen mehrfach festzustellen, vgl. III A 1 c, e; A 2 d; A 3 b; B 2 d; C 2—5. darüber hinaus verbindet sich tragen, ohne dasz eine directe anknüpfung an eine sinnliche grundvorstellung sichtbar würde, unmittelbar, fast formal mit einer fülle abstracter objecte so, dasz es mit farblosem 'haben', 'hegen' synonym ist. nur in verbindung mit einer local-instrumentalen bestimmung ist eine sinnliche vorstellungscomponente im sinne von III A 1 fühlbar, vgl. IV A 1 a, c—g, i, ebenso bei präpositionaler verbindung mit personal- oder reflexivpronomen, vgl. IV A 2 a, b, e—g, 3 b. vor allem im mhd. ist dieser formale gebrauch von tragen verbreitet, auch nach dem mhd. bis ins 18. jh. nicht selten, während seitdem eine merkliche einschränkung stattgefunden hat. heute sind nur noch einige festgewordene fügungen wirklich gebräuchlich, vor allem bedenken und rechnung tragen s. u., etwas weniger verlangen, scheu, zweifel tragen s. u. schon Campe 4, 856ᵇ bezeichnet als ungewöhnlich: ekel für etwas, gefallen an etwas, geduld tragen s. u.; Heinatz antibarb. (1797) 475 f. bekämpft vor allem geduld tragen als fehlerhafte obd. redensart. bei dem object findet sich häufig, bes. in den ausdrücken mit affectgehalt, ein abhängiger nebensatz oder infinitiv oder eine präpositionale wendung; statt deren begegnet bis ins 17. jh. auch ein genetiv der sache oder dativ der person.
1)
in wendungen, die ein geistiges und seelisches verhalten bezeichnen, bes. mhd. aufs reichste bezeugt: ellen, manheit, zuht, triuwe, stæte, kiusche, schame, milte, ungelouben u. s. w. tragen, vor allem muot tragen, mit näher bestimmenden adjectiven wie dienesthaften, stæten, getriuwen, senden, vrœlichen u. ähnl., vgl. die mhd. wbb.;
des muoz ich von schulden   tragen vrœlîchen muot
Nibel. 760, 4 L.;
hervorzuheben ist hôhen muot und hôchgemüete tragen, s. A. Arnold stud. üb. d. hohen mut (1930); beide verbindungen nicht selten dichterisch versinnlicht:
kan er ze rehte ouch wesen frô
und tragen gemüete
ze mâze nider unde hô
im nhd. so nur aus erinnerung an die mhd. ritterliche kultur:
mein schönster trägt hohen und züchtigen muth
Bürger 35ᵇ Bohtz.
sonstiges mut u. ä. tragen: also soll die weltlich gewalt ... ain feyn linde sänfften christlichen lieblichen mut tragen Luther 10, 3, 256 W.; trägt doch ein mönch landsknechtsmut Fischart Garg. 22 ndr.;
... den muth des vaters, den festen,
welchen der tartschenschwinger, der rossebändiger Tydeus
trug
Bürger 221ᵇ Bohtz;
ich trag ein freis gemüthe
A. v. Arnim 21, 44 G.;
bei gott! der graf trug hohen sinn
Bürger 37ᵃ Bohtz;
jungfer fabel trägt leichteren flug und sinn E. M. Arndt 5, 165 R.-M.; weiterhin geduld tragen: darinne must ihr gedult tragen Luther 14, 21 W.; acta publ. 1, 108 Palm; Spee güld. tugendbuch (1649) *11ᵃ; Happel akad. roman (1690) 901. meist mit mehr oder weniger deutlicher hervorkehrung des affectgehalts:
a)
in einem ausdruck des begehrens:
ober den willen trüege,
daz er in gerne slüege
Hartmann von Aue Iwein 7363;
sît er ûf stæte minne   tragen wolde wân
Nibel. 49, 2 L.;
wann ir nach ruͦm und lob begir und durst tragt Schaidenreisser Odyss. (1537) 90ᵃ; Johan de Wert war bey des hertzogs heranmarche in meinung, als ob derselbe auf München sein absehen trüge v. Chemnitz schwed. krieg 2 (1653) 257;
sie tragen grosz bemühen,
zu höhnen alles thun
Rachel satyr. ged. 136 ndr.;
später nur noch in dichterischer sprache:
die begierde stillen,
welche Satan zu ihm trägt
Cl. Brentano ges. schr. 1 (1852) 223;
und tragt nach dem schwert ihr so heiszen trieb
Strachwitz ged. (1850) 48.
bes. verlangen tragen:
auch Eva spricht, den rath hab dir
der teuffel geben durch die schlangen,
das du nachm apffel trugst verlangen
B. Krüger aktion v. d. anf. u. ende d. welt (1580) c 5ᵇ;
der ich ohnedem zu neuen und wunderbaren sachen immer ein groszes verlangen trug
Göthe 43, 102 W.;
weil ich aber verlangen truge zu wissen
Moscherosch ges. 2 (1650) 231;
die stadt trug ... gar kein verlangen danach, ... der übrigen welt zugänglicher gemacht zu werden
Raabe hungerpastor 1 (1864) 246;
ja wol, mein herr, tragt kein verlangn,
es wird bald besser werden noch
Hayneccius Hans Pfriem 39 ndr.;
was schert mich weib, was schert mich kind!
ich trage weit beszres verlangen
Heine w. 1, 40 E.
lust tragen: die nun zuͦr warheit lust tragen Sleidanus reden 29 lit. ver.;
fürst Aiax zu dem feind trug lust
Spreng Ilias (1610) 88ᵃ;
tragt ihr zu abenteuern lust, ihr herren,
folgt mir nach Hof in unsre pfalz
Bauernfeld ges. schr. 5, 41;
weil sie aber zart aufgezogen war, trug sie immer grosze lust nach süszen speisen W. Grimm deutsche sagen 2 (1891) 140; wenn sie ihnen ... das vor augen stellen und verheisen, darzu sie am meisten geneiget und daran sie die höchste lust tragen Reinicke fuchs (1650) 66; ob zeuge auch lust dazu trage, dasz angeklagte n. vom leben zum todt möchte verurtheilet werden Nigrinus von zäuberern (1592) 376; mit liebe, neigung in doppelform verbunden:
weder lust noch liebe trag ich zu ir
Ambras. liederb. 206, 3;
umb fürderung willen guter künsten, zu welchen wir sonderliche lust und neigung tragen kirchenordnung für Braunschweig (1569) 357.
b)
tragen in einem ausdruck der zuneigung, hinwendung:
der helt von Burgonden   in allen holden willen truoc
Nibel. 1674, 4 L.;
durch die getriwe minne,
dier gein sînem wirte truoc
Wolfram von Eschenbach Parz. 486, 15;
und sol ain fraintlich hertz zuͦ im tragen Luther 10, 3, 247 W.; von wegen der natürlichen neigung, so sie zuͦ e. m. als irer von got gegebener ... oberkeit tragen Sleidanus reden 249 lit. ver.;
aus rechter liebe, trew und güt
hab wir einander tragen huld
H. Sachs 13, 8 G.;
eure hertzliche zuneigung, die ihr zu mir traget Schupp schr. (1663) 402; dieses will mich ihre höflichste zuschrifft glauben heiszen, dasz sie gleichwohl diese gutheit für mich tragen Menantes allern. art höfl. u. gal. zu schreiben (1718) 151;
weh mir, wenn ich das rachschwert meines gottes
in händen führte und im eiteln herzen
die neigung trüge zu dem irdschen mann!
Schiller 13, 268 G.;
bei dem wohlwollen, das der kurfürst für den Kohlhaas trug H. v. Kleist 3, 239 Schm.; ich trage ein väterlich herz zu euch Storm w. 2 (1899) 253. liebe tragen: der guͦte alte weise vater, der seinen dreien sün geleiche liebe trug Arigo decam. 34 lit. ver.; vgl. 81; Hans Sachs 13, 216 G. u. ö. auch in doppelformel mit huld (Arigo decam. 51 lit. ver.; Lindener rastb. 38 lit. ver.) oder gunst verbunden (H. Sachs 2, 28 K.; Ayrer 2, 874 lit. ver.);
die liebe, die ich zu ir trag
Ambras. liederb. 169, 3;
to der junkvroweschop plegen de junkvrowen nene grote leve to dregen
des dodes danz 1485 lit. ver.;
das er so grosse liebe zu uns menschen tregt Luther 28, 228 W.; dasz ich solche grosze liebe zu meinem vaterlande trage Opitz poet. 4 vorr. ndr.; von der 2. hälfte des 18. jhs. ab seltener bezeugt: die heimliche liebe, die sie zu ihm trägt Lessing 10, 9 L.-M.; Göthe 43, 197 W.; Ebner-Eschenbach ges. schr. 1 (1893) 123; im 16. jh. auch: die grossen und unsäglichen lyebe, so ich gen euch trag Fortunatus 107 ndr.; buch der liebe (1587) 18ᵉ; zuweilen ohne nähere präpositionalbestimmung: dasz sie die echte und ware liebe traget Amadis 43 lit. ver.; ich danke dir die liebe, die du trägst Tieck schr. 1 (1828) 77. gefallen oder wohlgefallen tragen: das Gabriel von mir zuvor getadelt seh, das ich seins dings nicht gefallen tragen habe Luther schrifft an Joh. Fridr. einen prediger gen Aldenburg 2, 107ᵇ; das ... ehrliebende leute ... ann solchem namlosen und auffrürischen gedicht und famosen libell keyn gefallen haben noch tragen mögen Vogelgesang-Cochläus gespr. v. d. trag. Joh. Hussen 2; dasz einige götter an so grausamem gottesdienste gefallen trügen Lohenstein Arminius 1 (1689) 71ᵃ; später selten bezeugt: da sie an der süssigkeit seiner sprache gefallen tragen M. I. Schmidt gesch. d. Deutschen 2, 87; im 16. jh. auch: ein ander helffant trug ein solch gefallen zuͦ dem Meandro von Syracuss Heyden Plinius (1565) 93;
ir werdt gfallen tragen
ab dem, das ich euch werde sagen
Maximilian Teuerd. 2, 85;
dasz er grosz gefallen ab demselbigen trug Amadis 13 lit. ver.; vgl. 18; er trug ein so groszes gefallen, den schrecklichen klang seiner stimme zu hören J. E. Schlegel w. (1761) 3, 493; es würden die churfürsten wie auch andere stände des reichs keinen gefallen darob tragen, dass man mit einem aussländischen ... könig also verfahren thete v. Chemnitz schwed. krieg 1, 13. ebenso belieben bezw. beliebung tragen: dass mein groszgeneigter herr zu meinem geringen wercklein so geneigtes belieben und gefallen getragen Rachel sat. ged. 4 ndr.;
habe bündnüss mit den dieben,
trag am rauben ein belieben
Logau sinnged. 152 lit. ver.;
ieder ausländer, so der fundamentorum unserer ... sprache sich zu erkundigen beliebung tragen ... möchte Schottel teutsche haubtspr. (1663) 33; sie trug an meinem thun und lassen meist ein gnädiges belieben Bräker s. schr. 1 (1789) 176; vgl. th. 1, 1448 ff. treue tragen:
dienstbæriu triuwe,
die er nâch sîner frouwen truoc
er mac ir minne wol bejagen,
wil er gegen ir triwe tragen
Ulrich von Lichtenstein frauend. 522, 28 Lachmann;
das du erkennest auch mein treu,
die ich dir hindn und foren trag
H. Sachs 14, 82 G.;
mit liebe verbunden: lieb und trew, die ich zu gantz teutscher nation ... tragen solle Guarinonius grewel d. verw. (1610) 3; vgl. 9, 254. s. auch tragend 2. geduld, erbarmen, mitleid tragen: yetzt tragen wir ein mitleid mit dem, was wir nacher mit füszen tretten S. Franck sprüchw. 1 (1541) 96ᵃ; trag mit ir (deinem weibe) gedult Luther 17, 1, 24 W.; vgl. 18, 98; einen ..., mit dem man ein groszes mitleiden und erbärmnus trägt Grimmelshausen 2, 695 Keller;
für euch, die kein erbarmen mit ihm trug
Schiller 13, 407 G.;
auch: an welchen gott hab getragen sein grosse gedult Luther 29, 47 W.; man träget woll gedult über die menschen persian. baumgarten 3ᵃ; yhe lenger er gedult treget, yhe erger wirs machen Luther 24, 455 W.;
der pilger trug erbarmen
A. v. Arnim 13, 242 Grimm.
respect, ehrfurcht u. ä. tragen: so hat mich mein vatter von jugent gelernet andacht zuͦ der messen tragen, alsz zuͦ einer gedechtnisz des leidens Christi Jhesu unsers herren Murner a. d. adel 51 ndr.; des ... respects, welchen alle evangelische ... auf Chursachsen trügen v. Chemnitz schwed. krieg 1 (1648) 99; vgl. 218; die ... devotion, so sie zu ew. hochfürstlichen durchlaucht trage Leibnitz dtsche schr. 1 (1838) 265; hochachtung, welche untersucher der wahrheit gegen einander zu tragen sich nie entbrechen Lessing 13, 3 L.-M.; dasz man für sie die nehmliche achtung trüge als für eine dame Laroche frl. v. Sternh. 1 (1771) 356; allen respect vor den herrn baron tragen G. Stephanie d. j. s. lustsp. (1771) 132; das schicksal, für dessen weisheit ich alle ehrfurcht trage Göthe 21, 192 W. vertrauen, zuversicht, hoffnung u. ä. tragen: als wir besondern unzwivellichs hoffen und getruwen zu uch tragen privatbr. d. ma. 1, 45 Steinhausen; das er ein stetes harren, hoffen, trawen, glauben tregt zu gott Luther 18, 519 W.; wegen der groszen zuversicht, so sie zu euer durchl. tragen schausp. engl. comöd. 94 Creizenach; das gute vertrauen, so ein mann zu seinem weibe trägt Stranitzky ollapatrida 167 Wiener ndr.; s. auch tragend 2; anders:
ich zittre, nein ich darf ganz keine hoffnung tragen
v. König ged. (1745) 412.
c)
tragen in ausdrücken der abneigung und ablehnung:
ob Esau sînen alten zorn truoge,
daz er die einen schar sluoge
Milst. gen. u. exod. 63, 31;
obe ain burger dem andern feintschaft trait Nürnberger polizeiordn. 31 lit. ver.; die herren sollen an den heuchlern ein misfallen tragen Friedrich-Wilhelm sprichw.-reg. h 1ᵇ; allen iren unwillen, so sy zuͦ iren eemannen tragen Eberlin von Günzburg 1, 60 ndr.; so musz er grollen gegen seiner frawen tragen Pauli schimpf u. ernst 99 lit. ver.; die teuffel selber einen eckel und grewel dafür tragen Musculus hosenteufel 8 ndr.; trugen derwegen beifahr, es würde ausgehen, wie ... Schweinichen denkwürd. 151 Öst.; trage ich doch keinen ungefallen darab Amadis 50 Keller; truͦg doch Ruͦdolph etwas besondere ungnad zuͦ der statt Bern Stumpf Schweytzerchr. (1606) 576ᵃ; als ob er eine gewaltige furcht vor diesen dingen trüge J. G. Schmidt rockenphil. 1 (1718) 319; später selten und nur in gehobener sprache: da ... ew. durchl. diese anstalt der allgemeinen akademischen direction zu untergeben billig anstand tragen Göthe IV 10, 138. hasz, neid tragen:
then (sc. mihilan haz) druagun sie io in ware   unz themo fiarzegusten iare
Otfrid Hartm. 90;
dû unt daz wîp
traget ouf ein ander nît
Milst. gen. u. exod. 16, 27;
weder haz noch arcwân
trage ich gein iuch, schœne Îsôt
sy wären im veindt und truͦgen im hass umb seyn gerechtes leben summerteil d. heyl. leben (1472) 38ᵇ; etlich ... Ugetto neyd truͦgen Arigo decam. 271 lit. ver.; weil er keinen hasz vorhin zu ihm getragen hat 5. Mos. 19, 6; du habist hass auff mich tragen Luther 7, 278 W.; hasz und neid häufig formelhaft verbunden: sin swester ... druc grozen nid und haz uffe die reinen Margreten hl. regel f. e. vollk. leb. 87 Priebsch; den leib Christi schmehen, neid und has tragen Luther 26, 217 W.;
di verechtlicher mas
dir tragen neid unt has
Schede-Melissus psalm. 75 ndr.;
vom 18. jh. ab nur in dichterischer sprache: auch trag ich keinen hasz gegen die menschen Schiller 6, 306 G.;
ich trage selber hasz
zu diesem kindisch schwachen weiberherzen
Tieck schr. 2 (1828) 90.
scheu (auch scheuen, scheuch), abscheu tragen: darumb ich derselbigen (schriften) als der warheyt kein scheuhe trag vor nyemannts Hartm. v. Cronberg schr. 82 ndr.; warumb wöltestu ... desz schwerens scheuwen tragen Ayrer hist. proc. iur. 1, 7;
ihr aber truget für mich alle scheuch
B. Krüger akt. v. d. anf. u. ende d. welt (1580) j 4ᵃ;
dasz sie (die männer) ... vor dem heurathen eine solche scheue tragen
Stranitzky ollapatr. 35 Wiener ndr.;
damit jedermann sonderlich von disen beeden lastern ... ein abscheu ... tragen mögen
Ayrer 1, 3 Keller;
oder träget mein arm einen abscheu ob einer solchen mörderischen that
schausp. engl. comöd. 88 Creizenach;
vor deme sich sehen zu lassen er gar keine scheu truge
A. U. v. Braunschweig Octavia 1 (1677) 36;
vom 18. jh. ab seltener:
sie versieht sich zu dem treuen volk,
dasz es gerechten abscheu werde tragen
vor den verfluchten thätern dieser that
Schiller 14, 413 G.;
uneinigkeit zwischen ... vater und sohn, wovor auch die thiere selbst einen abscheu tragen maler Müller 1 (1811) 64; Ludwig muszte scheu tragen, dies zu thun Melchior Meyr erz. a. d. Ries 1 (1868) 35. zweifel tragen:
am sacrament kain zweyfel trag
Schwarzenberg d. teutsch. Cicero (1535) 154ᵇ;
an der wahrheit dieser geschichte beliebe der geneigte leser keinen zweifel zu tragen d. Leipz. avanturieur 1 (1756) 9; an einem jüngern Rorid ... trage ich groszen zweifel Dahlmann gesch. v. Dännem. 1, 45; ich trage aber keinen zweiffel, es werden diese gebot ... etliche zu geschwinde ... deuchten Barth weiberspiegel (1565) b 2ᵃ; ich trage keinen zweifel, die unwissenden edlen ... würden in wenigen jahren tüchtig werden Haller Alfred (1773) 163; heute wie zweifel hegen zu den gesuchten ausdrücken gehörig; gewöhnlich zweifeln. bedenken tragen, stets mit infin.: dass wir ... mit ihnen de quota zu litigiren nit unbillich bedencken tragen acta publica 1, 35 Palm; Conradus ... truge groszes bedencken, ihm alle gewalt des vaters in die hände zu geben S. Fr. Hahn teutsche staatshistorie 2 (1721) 9; noch heute gebräuchlich: ich habe bedenken getragen, meinen antrag durch irgendwelche bedingungen zu belasten Moltke ges. schr. u. denkw. 7 (1892) 92, bes. in negativer wendung: hatte ich auch kein bedenken getragen, ... das allgemeine wahlrecht ... mit in die pfanne zu werfen Bismarck ged. u. erinn. 2, 78 volksausg.; im 17. jh. auch bedenkens tragen: die stubenthür ... selbst aufzumachen, trug ich bedenckens Grimmelshausen 2, 331 Keller; vgl. 2, 551.
d)
ohne das emotionale element: der ... der gemeinen sachen acht trüege Xylander Polyb. (1574) 318; von den weissagern ..., die auff der vöglen geschrey und fliegen achtung trugen Calepinus undec. ling. (1598) 830ᵃ. jüngeren ursprungs ist die auch heute geläufige verbindung rechnung tragen mit einem dat. der person oder sache 'berücksichtigen', an franz. tenir compte de quelque chose angelehnt, s. th. 8, 362 nr. 13; vereinzelt vor dem 19. jh. bezeugt, bezeichnenderweise noch mit dem gen. verbunden: ich finde die schertzreden ... voll lebhaftigkeit und achte sie werth, dasz meine gesellschafft derselben in ihrem wercke rechnung trage Bodmer-Breitinger discourse der mahl. (1721) 4, 9; seit dem 19. jh. häufig, bes. in wendungen wie dem wunsche, dem umstande, den verhältnissen rechnung tragen: er trug allen verhältnissen rechnung Raabe d. hungerp. 2 (1864) 167; als schlagwort in den parlamentsverhandlungen von 1848/9 von Raveaux gegeiszelt, s. Wigard stenogr. bericht 6, 4593ᵇ, und als gallicismus von Schopenhauer hsl. nachl. 2, 172 Gris. gerügt. weitere belege vgl. th. 8, 362 nr. 13.
2)
von einem immateriellen, insbes. geistig-seelischen besitz. mhd. reiche anwendungsmöglichkeiten, z. b. lop tragen Nib. 1330, 4 L.; sinne tragen 'verständig sein' Wolfr. von Eschenbach Parz. 711, 23; magetuom tragen mhd. wb. 3, 69ᵃ; nhd. namentlich in folgenden begriffskreisen:
a)
gedanken, wissen, gewissen u. ä. tragen: und ist zwar kein zweifel bey denen, so der uralten teutschen spraach erfarung tragen Stumpf Schweytzerchron. (1606) 197ᵃ;
was trägst du für gedanken
J. Grob versuchgabe (1678) 150;
kein mensch will in einem plane sterben; und doch trägt jeder zu jeder stunde des tages zugleich ... halbreife und ganz reife plane Jean Paul 7—10, 640 H.; im 16. und 17. jh. vor allem wissen tragen:
der zufäll ich nit wissen trag
Maximilian Teuerd. 277 Göd.;
wiewol wir diser tat wüssen tragend Tschudi chron. Helvet. 1 (1734) 89; vgl. 1, 131; von welchem yhr ... kein wissen traget Güttel von evang. warh. (1523) a 4ᵃ; das niemand darumb ain wissen truͦg Schaidenreisser Odyss. j 7ᵃ; damit doch irgent eyner wissen trüg, wilche torheyt mir der Muntzer anmuͦtten dorfft Luther 18, 440 W.; gern gut wissen: ihr traget gut wissen, wie ... a. d. jahr 1508 lehnsurkd. u. besitzurk. Schles. 1, 255; alle befelchhaber tragen gut wissen, das er keyserlich freyung gebrochen Reutter v. Speir kriegsordn. 59; auch dass sie umb die flucht der Persen kein wissens trügen buch d. liebe (1587) 220ᵇ;
auff das er wissens trag,
ob wir ihn hören oder nicht
Spreng Ilias (1610) 17ᵇ;
seit dem 17. jh. nicht mehr bezeugt; ähnlich wissenheit, wissenschaft tragen: solche creaturen im firmament seind, die solche wissenheit tragen wie ein geist Paracelsus opera 2 (1616) 78ᵇ; die, die so wissenschafft darumb trügen Harsdörffer teutsch. secret. 1 (1659) 217; es würden auch seine hochwürdigste durchleuchtigk. hiervon wissenschaft tragen Neumark neuspross. palmb. (1668) 425. anders ein gut gewissen tragen: trägt er ... umb einer guten sachen willen ein gut gewissen H. W. Kirchhof mil. disc. (1602) 7;
ein hertz, das allezeit und sorglich ist geflissen,
zu tragen für der welt und got ein gut gewissen
Rachel sat. ged. 83 ndr.
b)
namen, amt, würde u. dgl. tragen:
daz ir munt des niht gewuoc,
welhen namen Gâwân truoc
Wolfram von Eschenbach Parz. 627, 16;
beide vrouwen und man,
di cristenlichen namen tran
Heinrich v. Hesler apok. 23116;
er (Christus) treget disen herrlichen und tröstlichen namen von dem ampt Luther 16, 217 W.; das ... ich den nahmen eines undanckbaren ... werde tragen ... müssen v. Chemnitz schwed. krieg 2 (1653) vorr. 7; niemals hat jemand den titel eines weisen des königs getragen Göthe 45, 88 W.; jetzt gesucht klingend; gewöhnlicher haben, führen.
dô si schildes ambet muosen tragn
Wolfram von Eschenbach Parz. 348, 20;
in einem klôster si was
unde truoc geistlich leben
der im streit ... bevelch getragen Xylander Polyb. (1574) vorr. 2; der marschalck, wölcher dann allen gewalt ... getragen hat in desz hertzogen abwesen Wickram 1, 42 lit. ver.; die feldobristen und hauptleut, ob sie schon das fürnembst ambt im feld tragen Guarinonius grewel d. verw. (1610) 5; die zween, so über den ... see die inspection trugen Grimmelshausen 2, 69 Kurz; mein bruder ..., so am königlichen hofe zu Caractonium eine bedienung truge A. U. v. Braunschweig Octavia 1 (1677) 800; das amt, das die apostel trugen allg. dtsche bibl. anh. zu 53—86 (1771 ff.) 39: heute nur noch würde tragen üblich, vgl. würdenträger: von einem bereits die kaiserwürde tragenden vater geboren Döllinger akad. vortr. 1 (1888) 5. ähnlich: ein lehen tragen: bereits mhd. s. Lexer 2, 1490 u. Fischer schwäb. 2, 305; Kramer 2 (1702) 1104ᵇ;
ich trage keine lehen als des reichs
Schiller 14, 332 G.;
verbreiteter in der form etwas zu lehen tragen: von ime tragen ir diss schloss mit aller ewer landtschafft zu lehen Aymont (1535) c 2ᵃ;
vom kaiser selbst und reich
trägst du diesz haus zu lehn
Schiller 14, 284 G.
c)
kraft, schönheit u. ä. tragen:
Phyllis, die an geist und gliedern
gleiche kraft und schönheit trägt
Günther (1726) 1, 82;
nun glaub ich wohl ...,
dasz eure freundin hohe schönheit trägt
Uhland ged. 1 (1898) 338;
du (elephant) trägst des meisters (= gottes) stärke ...
IV.
die art des tragens ist durch nähere angaben bestimmt, von denen viele bes. in übertragener verwendung mit dem verb zu einer festen verbindung zusammengewachsen sind; mitunter ruht dann gerade auf ihnen das psychologische gewicht der aussage.
A.
am häufigsten ist eine local-instrumentale bestimmung durch präpositionale ausdrücke.
1)
der körper und seine teile sind ort und mittel des tragens.
a)
in der hand u. ä. tragen:
sume ouh thie ginoza   druagun stangun groza,
kolbon ouh in henti
Otfrid IV 16, 21;
im sprichw.: in eyner handt tregt er wasser und aber in der andern fewer Tappius adag. cent. sept. (1545) n 2ᵃ; wenn man vor den schwulstigen den hut in den händen trägt, ... das achten sie grosz Lehman floril. polit. 1 (1662) 32; vgl. th. 4, 2, 1980; übertragen: der ausdruck: seine seel in händen tragen, heiszt, wenn ihn philosophen brauchen, so viel als gute gestus machen Hippel lebensläufe (1778) 3, 1, 197; die Curländerin, die ihr herz ehemals in ihren händen getragen, schloss und verriegelt' es jetzt 3, 1, 120;
glückselger fund! ... ich trage
mit diesen nahmen sein geschick in händen
Schiller 13, 467 G.
auf der hand, auf (den) händen tragen:
er gienc unt truoc ûf sîner hant
ein mûzersprinzelîn algrâ
den ich ... ein so kleins kindlin getragen hab auf meinen henden Boltz Terenz (1539) 98ᵇ. übertragen vorwiegend jemanden auf (den) händen tragen, durch die bibelstellen er hat seinen engeln befohlen ... dass sie dich auf den händen tragen und du deinen fusz nicht an einen stein stössest psalm 91, 12, vgl. Matth. 4, 6, verbreitet; schon mhd. bezeugt:
ûf mîner hant wolt ich in tragen
Heinrich von Rugge in minnesangs frühl. 105, 32;
soll man denn den junckhern auff den henden tragen Luther 34, 1, 86 W.; vgl. 34, 1, 520 W.;
er hätt es nie gedacht, dasz der sein ehweib schläget,
der vor den leuten sie fast auf den händen träget
Warnecke poet. vers. (1704) 156;
alles andre thäten sie hudeln und schänden,
den soldaten trugen sie auf den händen
Schiller 12, 51 G.;
oft ohne artikel:
wie er ... canonisier, die im behagen,
die nemlich in auff händen tragen
Fischart 2, 393 Kurz;
hier ist ein mädchen, das recht verdient, deine schwiegertochter zu sein ... sie ist bildschön und erzogen — du würdest sie auf händen tragen Moltke ges. schr. u. denkw. 4 (1892) 7; noch heute gebräuchlich, auch dialektisch: Dähnert plattdtsch. 84ᵇ; Crecelius oberhess. 286; Fischer schwäb. 2, 305; Hügel Wien. 165ᵇ; vgl. th. 4, 2, 352. bei Luther auch: man sold es (das evangelium) uffn henden tragen, so speyet mans an 32, 202 W.; vgl. noch 24, 258; 24, 526. an der hand:
den (ring) hete vrou Kûdrûn   diu schœne ê getragen an ir handen
Kudrun 1248, 4;
dasz man den ring tregt an der lincken
Fischart Garg. 8 ndr.
ebenso an, um den finger:
ich träg umb die finger
keine reiff oder sonst blancke dinger
Voigtländer oden u. lieder (1642) 77;
bemerken sie die vier kostbarn ringe, die ich an jedem finger trage Schiller 11, 103 G.
b)
unter, auf, in (älter an) dem arm tragen: sie trug einen teppich unter dem arme Göthe 21, 182 W.; er trug sie auf seinen armen ans land Kahlenberg Eva Sehring 28; bes. ein kind:
ich trugk en (das Christuskind) in minen armen
in dem tempel
Alsfelder passionsspiel 5080 Grein;
als aber die schiffleut sahen die keyserin zu dem schiff nahen und das kindt an ihrem arm tragen buch der liebe (1587) 6ᵇ;
ihr volget nach die maget hart,
trug auff dem arm das kindlein zart
Spreng Ilias 79ᵇ;
da hab ich sie (= die kinder) noch auf dem arm getragen Hafner ges. lustsp. 1 (1812) 187; übertragen: er tregt die seel am arm 'er ist sehr alt und wird bald sterben' sch. weise klugr. (1548) 144ᵇ.
c)
auf der achsel, schulter tragen: Rebeca ... trug einen krug auf irer achseln 1. Mos. 24, 16;
den vater trug ich bald und bald die mutter
auf meinen schultern
Schiller 13, 344 G.;
das haupt, den kopf auf der (den) schulter(n) tragen s. oben III A 1 e. übertragen:
das imperium hot hie (Jesus) uff sin schulder getragen
Alsfeld. passionsspiel 4705 Grein;
darum dasz sie ein heiliges amt auf sich hatten und auf ihren achseln tragen mussten 4. Mos. 7, 9;
unser beyder busz müst ich eben
allein auff meiner schulter tragen
H. Sachs 8, 348 K.;
das gefühl der hohen verantwortung, die fürsten auf ihren schultern tragen Gutzkow nov. u. skizz. 215; im sprichw. auf beiden achseln, seltener schultern tragen doppelzüngig sein, es mit beiden parteien halten; so den stein th. 10, 2, 1995; das wasser th. 13, 2338; den baum th. 1, 163; meist absolut: auff beden achseln tragen Franck sprüchw. (1541) 2, 102ᵇ; Eyering prov. copia 1, 124; er kan uff zwuen achseln tragen 2, 379; es lasse sich nicht also vermenteln, vergleichen und auff beiden achseln tragen Luther 18, 268 W.; können sie nicht mit zweyen zungen reden und nach der goldwaag ihrer sekkelfüllenden gerechtigkeit auf beiden achseln gleich tragen Harsdörffer frauenz. gesprächsp. (1641 ff.) 5, 202; es haben sich auch officiere in Pilsen eingefunden, welche auf zwei achseln tragen Laube ges. schr. 14, 275; auch dialektisch: auf beiden achseln wasser tragen 'den zwischenträger machen' Fischer schwäb. 2, 30. aufflügeln, aufschwingen tragen. vgl. oben II B 3, sp. 1065.
d)
am hals tragen: das zugthier trägt das joch am hals, vgl. th. 4, 2, 250 nr. 7, der lastträger die lasten: uff der achsel odder am hals tragen E. Alberus (1540) d 1ᵇ. entsprechend:
musz ihr (der liebe) joch am halse tragen
Voigtländer od. u. lied. 33, 8;
wir ... tragen den Adam am hals Luther 30, 1, 16 W.;
so wünsch ich ihm vil böser stund,
das er in seinem reich nachmals
das unglück trage an dem hals
Spreng Äneis 78ᵇ;
gleich wie dem, welcher träget
die wassersucht am hals,
allzeit zu dürsten pfleget
Voigtländer od. u. lied. 99, 1.
der verbrecher trug am pranger eine tafel am hals, vgl. th. 4, 2, 245, 3 d. danach wohl: wir tragen all den esel am hals, wir solln uns der guter nit uberheben Luther 11, 187 W.; ähnlich von sonstigen anhängseln, bes. schmuck: soll man ... stehts ein beningenwurtz und ellendsklawen am hals tragen Gäbelkover artzneybuch 1, 34; an ein goldenes herz, das er am halse trug Göthe 1, 96 W.; im sinne von III A 1 e: weyl ich lebe und das fleysch und blut am halse trage Luther 34, 2, 65 W., vgl. 30, 1, 190 W. ähnlich, etwas seltener: auf dem halse tr.: er kann centnerschwere last auf dem halse tragen Olearius pers. rosenthal (1696) 42ᵇ; dasz er ... so grosze last der regierung auf dem halse trage ebda 43ᵇ. um den hals tr.: hölzerne fessel um den hals tragen s. th. 4, 2, 250 nr. 5; amulette ..., die er um den hals trägt W. H. Riehl dtsche arbeit (1861) 251. anders im hals, vgl. th. 4, 2, 253 nr. 11, s. o. III A 1 e sp. 1068.
e)
auf dem rücken tragen:
den galgen des cruczes hie selber trugk
uff sim ruck, dasz hie sich bucht
Alsfelder passionssp. 5968 Grein;
im sprichw.: der gescheide soll den narren auf dem rücken tragen Binder 71; es trägt sich auf dem rücken s. u. V E; übertragen meist im sinne von 'mit sich bringen': und sagt das sprichwort: es kompt kein unglück nit allein (ein unglück tregt das ander auff dem rucken) Schumann nachtb. 69 B.; armut treget viel dienstbarkeit mit ir auff dem rücken Friedrich Wilhelm sprichw.-reg. (1577) a 2ᵃ; jetzt nicht mehr gebräuchlich; vgl. th. 8, 1352. auch nach A III 1 e: hut dich für dem vogel, der den schnabel auf dem rücken trägt bei Thiele Luthers sprichw. slg. nr. 178 und nach III C 4 b: hinden auff dem rugken truͦg es (das stachelschwein) bey hundert stachlen Forer Geszners thierb. (1536) 35. mhd. über rücke tragen:
einen schilt er ze schirmen truoc,
dâ hêt ein man an genuoc
ze tragen übern rücke
Wirnt von Gravenberg 7360 Kapteyn;
si truogen alle den last
der sorge über rücke
Biterolf 10763;
ein schlägel löset den andern oder trägt den andern überrück: i. e. wenn gute ertze mit einbrechen, dasz man die geringern dadurch verreichern und auf die kosten bringen kan Herttwig neues u. vollk. bergb. (1734) 345ᵃ.
f)
so weiterhin auf dem haupte, kopfe, auf dem haar, in den locken einen korb u. dgl., einen hut, kranz, eine krone u. ä. tragen, zwei augen im kopfe (s. o. III A 1 e), narben auf der stirn (vgl. th. 7, 351 nr. 1 a), eine brille auf der nase, einen ring, perlen u. dgl. in den ohren (s. th. 8, 984), älter an den oren (Frisius [1556] 98ᵃ), eine nachtmütze überm ohr (Immermann 1, 34 Boxb.) u. s. w. tragen, ein raubthier trägt seine beute im rachen, im maul, ein vogel einen zweig im schnabel, zähne im mund tragen (vgl. oben III A 1 e) u. s. w. in übertragenem gebrauch heben sich auch aus diesen zahlreichen, in eigentlicher verwendung mehr occasionellen bestimmungen formelhafte verbindungen heraus; im kopf, seltener im haupt tragen: es ist nit not, das du das gottes wort alle zeit tragest in dem haubt, sondern trag es in den henden mit den werken Keisersberg predigen teutsch (1508) 6ᵃ; dargegen (ist) mancher edelmann ausz jener vermeinten kunst widerumb zum bawren (worden), da er gulden berg im kopff trug, ehe er die händ in die kolen geschlagen hatt Paracelsus opera 1 (1616) 922 c Huser; ein lebendiges bild von der vollständigen partitur, wie sie werden sollte, im kopfe tragen O. Jahn Mozart 4, 693; Turgot ... sah ... den widerstand gegen die reformen organisiert, deren plan er im kopfe trug Dahlmann gesch. d. franz. revol. 33. — an, auf der stirn tragen, im sinne von III C 6: männer, die den stempel langjähriger ernster gedankenarbeit auf der stirne trugen Storm w. 1 (1889) 157; auch von unpersönlichen subjecten: diese drastische geschichte ... trägt den geistlichen stempel sichtbar an der stirn Scherer litt. gesch. 81; ihren (der wichtigen werke) character ... zu bestimmen, damit weder das vortreffliche, weil es keinen berühmten namen an der stirn trägt, unbekannt bleibe A. W. Schlegel im Athenäum 2 (1799) 287; ein haus ..., das den hasz seiner beiden besitzer offen auf der stirne trug O. Ludwig ges. schr. 2, 305;
er seh die deutsche grösze, die
du (Donau) an der stirne trägst
Blumauer ged. (1782) 160.
im munde, auf der zunge tragen:
meiner feindinn ...,
die lauter lieb im munde trägt,
im herzen tausend buhler hegt
Neukirch ged. (1744) 50;
der mund, der Jesum stets auf seiner zunge träget
Hoffmann von Hoffmannswaldau ged. 7, 295 Neukirch;
jedes trägt seinen namen auf der zunge Herder 5, 50 S.; den ruhm der vorfahren s. th. 16, 593; jem. auf der, auch mit der zunge tr. von übler nachrede ebda 598; der unkluge knabe, der sein herz im munde trug A. v. Arnim 15, 336 Grimm; üblicher sein herz auf der zunge tragen s. th. 4, 2, 1216, ähnlich seinen guten willen s. th. 16, 593. im auge, im gesicht tragen: die augen verrathen den arsz: manche trägt ihr gesäsz in augen Lehman floril. pol. 1 (1662) 63; die ... fahrenden poeten Deutschlands ..., welche ... mangel leiden und doch alles lieben, immer die süsze, göttliche ahnung in den augen tragen Laube ges. schr. 8, 11;
und wir tragen noch in staub gesunken
ahndung künftger seligkeit im blick,
Schubart s. ged. (1825) 2, 3;
auch Kreisler muszte soviel einräumen, dasz der kater etwas besonderes ... im antlitz trage E. Th. A. Hoffmann 10, 30 Gris.; auch seine mutter Luise, seine schwester Sofie und sein bruder Karl ... tragen viel geist in ihren gesichtern E. M. Arndt schr. für u. an s. l. Deutschen 1 (1845) 221.
g)
am, um, auf dem leib tragen, vor allem kleider u. dgl.: mîna tunicam (hemide), die ih ze lîche truog Notker 2, 69;
noch wol möcht tragen an dem leib
ein kleid, das man dir hat zerschnetzelt
Scheit Grob. 4684;
(Wilhelm) trug ... gewöhnlich eine seidene schärpe um den leib Göthe 21, 87 W.;
... es konnte nichts entrinnen,
was federn auf dem leibe trug
Pfeffel poet. vers. 1, 30;
nach III C 5 u. 6: Isaac hat ... zum warzeichen die beschneitung an seinem leibe auch getragen Luther 16, 50 W.; auszwendig am leib tragen wir der weld pildnuss Berthold von Chiemsee theol. 195 Reithm.
h)
mit anderer vorstellung, im sinne von III B 1: unter dem herzen tragen:
seid du (Maria) mit keuschem schertzen
truͦgest under deinem hertzen
ain chind on allen schmertzen
liederbuch der Hätzlerin 97;
Corinna, liebste tochter, ich habe dich neun monat unter meinem hertzen getragen Schupp schr. (1663) 470; ich habe sie (meine leibliche tochter) im schoosze unter dem eigenen herzen getragen, das ihrer ankunft entgegenschlug Stifter 3, 283 S.; auch am herzen: Schubart s. ged. (1825) 2, 137; maler Müller w. 1 (1811) 89; seltener unter der brust:
dad si unsen drehtin
under iren brusten solde dragen
dtsche ged. des 12. jhs. 1, 80 Kraus;
Gotfrid von Straszburg 1943; sie liebte das stiefkind, als hätte sie es unter der brust getragen th. 2, 444; im schosz:
(Maria:) ach das ich trug in mime schosz,
das hanget dort nacket und bloisz
Alsfelder passionsspiel 5944 Grein;
wider ihren sohn,
den sie in ihrem mutterschoosz getragen
Schiller 13, 181 G.;
im busen (vgl. auch i) s. th. 2, 566; im leib: daz Maria hab Jesum Christum unsern behalter war got und menschen in irem leib getragen Gebweiler beschirmg. des lobs Marie (1523) b 3ᵇ;
und die mich trug im mutterleib
Mörike w. 1, 60;
früher auch im bauch u. ä.:
selbe was sîn amme,
diu in truoc in ir wamme
Wolfram von Eschenbach Parz. 113, 10;
Maria getragen hatt in ihrem bauch den, der mehr ist dann die gantze welt Paracelsus opera 2 (1616) 349 H.; zuweilen in den lenden Rückert w. 1, 14; unter dem gürtel W. Grimm dtsche sagen 1, 51.
i)
in der brust, im busen; übertragen:
joh thia thaz ouh datun,   allan balo rietun
inti innan theru brusti   druagun unkusti
Otfrid V 21, 18;
vgl. II 11, 68; V 2, 9;
er ... truoc den willen in der brust,
möht ez sich wol gefüeget hân,
er hæte ir eteswaz getân ...
Konrad von Würzburg Parton. 14124;
hutte dich vor meyster klugling, den du in dem busen tregst Luther 34, 1, 120 W.; so trage ich bis an mein grab ihr hohes bild im busen J. v. Vosz gesch. m. milit. laufb. (1808) 259; wie einer, der unruhe und schwere qual im busen trägt maler Müller 1 (1811) 74; die innere welt, die, welche jeder in seiner brust trägt Gutzkow ritt. v. geiste 1 (1850) 9; im sprichw.:
er thut das fewer im busen tragen,
er zeucht ein schlang im busen auff
Eyering prov. cop. 2, 439;
vgl. Schulze bibl. sprichw. 44; einen hund im busen tragen Steinbach 2 (1734) 829; jeder trägt seinen schalk im busen Binder 170; vgl. th. 2, 566; 8, 2072; Wander 4, 82; dri koppe im busen dragen s. th. 5, 1751; zu im busen tragen vgl. auch th. 2, 566. im herzen; übertragen mit persönlichem object als umschreibung für lieben:
mit lieplîchen blicken   er sach ir under d'ougen.
si trüege in ime herzen,   daz redet si vor den liuten âne lougen
Kudrun 658, 4;
die mutter trägt im hertzen die kinder immerdar
Logau s. sinnged. 244 Eitner;
in Kroatien ... liesz jedes heiratslustige fräulein ... mich merken: ich trage dich im herzen Ebner-Eschenbach ges. schr. (1893f.) 4, 293; mit abstractem object im sinn von III D, jedoch mit einem rest von sinnlicher vorstellung: wenn er nit in synem hertzen treyt ein nyd und hass uff sijnen nechsten Keisersberg bilgersch. (1512) b 6ᵃ; böse lüste im hertzen tragen Musculus hosenteufel 15 ndr.;
so trag ich jetzt in meinem hertzen
auch für dem tode selbst nicht scheu
Dach 710 lit. ver.;
die ideale des wahren, des schönen und des guten, die man in seinem herzen trägt Zimmermann einsamkeit 1, 91; einen wunsch ..., den ich ... im herzen getragen hatte E. M. Arndt s. w. 1 (1892) 89; im sinne von III A 2 d γ: das sie gross leyd und wehe im hertzen tragen wurde, ob sie wol am leybe nit gemartert wurde Luther 10, 1, 1, 405 W.;
mach den kummer noch so schwer,
den sie oft im herzen tragen
Gottsched ged. (1751) 1, 270;
der gram, welchen ich in meinem herzen trage Adelung 4, 642. am herzen, in älterer sprache:
mannen und wiben ich hút klag,
das ich an minem hertzen trag
schauspiele d. mittelalters 1, 276 Mone;
nit on grosse pyn,
so Wilhelm Thell am hertzen truͦg
schweiz. schausp. des 16. jhs. 3, 17 Bächt.;
später poetisch, jedoch mit anderer anschauung: denn geliebt hat er mich niemahls ganz, niemahls brüderlich am herzen getragen maler Müller 1 (1811) 74. auf dem herzen:
ein kind ... kann mancherlei
an seinen vater auf dem herzen tragen,
was nicht für einen dritten taugt
Schiller 5, 2, 195 G.;
meist im sinne von III D, daher gewöhnlich auf dem herzen haben; freund Meyer ... trägt mit mir diese gesinnungen schon viele jahre auf dem herzen Göthe IV 28, 109 W. ebenso nach III D, nur vereinzelt anders (s. u.) im mut, gemüt, sinn, in und auf der seele, im geist, im gedächtnis, in gedanken, im innern tragen:
alles lyden wenden thuͦtt,
der ewigkeit treitt in synem muͦtt
d. ewigen wiszht. betb. (1518) 99ᵃ;
wildu des lebentigen verdienn Christi genyessen, muͦestu das sterben Cristi im gemüet tragen Berthold von Chiemsee tewtsche theol. (1852) 400;
und was du tregst in sinn bey dir,
das wilt du nicht eröffnen mir
Spreng Ilias (1610) 11ᵇ;
anders:
keusch — und doch unkeusch, da sie in den sinnen
von wilden gluten die erinnerung trägt
A. Schnitzler d. grüne kakadu (1899) 38;
sie besaszen die schönsten güter, ungeacht sie das gelübde der armuth auff der seele trugen Ch. Weise polit. redner (1677) 98; nach III A 2 d δ: sollte sie nicht sterben oder ein ganzes leben hindurch das erdrückende gewicht der unthat auf ihrer seele tragen müssen O. Ludwig 2 (1891) 142; noch anders: um das innere der menschheit ... zu schildern, musz man ihre ganze vielgestaltete form gegenwärtig in der seele tragen W. v. Humboldt ges. schr. (1903 ff.) 2, 3; Diderot ..., der noch mehr ätzende elemente im geiste trug Dahlmann gesch. d. franz. revol. (1845) 9; nach III C 6: inwendig im geist söllen wir tragen gottes pildnuss Berthold von Chiemsee theol. 195 Reithm.;
denn er hatte schon lange so was in gedanken getragen
Göthe 50, 61 W.;
sowie sie auch die ganze kleine gelehrsamkeit im gedächtnis trug G. Keller 4, 232.
2)
ein personal- oder reflexivpronomen steht in der präpositionalen wendung
a)
bei sich tragen; eigentlich: dasz sie nichts bey sich trügen auf dem wege Marc. 6, 8; trage allezeit einen heller bey dir, so seichen dich auch die hunde nicht an Prätorius philos. colus (1662) 125; er hatte sich in den zustand jenes philosophen versetzt, dasz er alles das seinige bey sich tragen konnte Nicolai Seb. Nothanker 1 (1773) 76; der lehrer ... pflegte ... die schlüssel stets bei sich zu tragen Brunner erz. u. schr. 1 (1864) 10; übertragen: allein gottis wort und lere tregt bey sich krafft, den menschen also zu machen Eberlin von Günzburg s. schr. 3, 15 ndr.; wie er überall klassische brocken bey sich trägt W. Schlegel im Athenäum 2 (1799) 328; im sprichw.: mancher sein aigen feind bey im tregt Mayr sprüchw. (1567) c 3ᵃ;
wer ein gut gewissen bey sich tregt,
zu nacht sich frölich schlaffen legt
Friedrich Wilhelm sprichw.-reg. (1577) f 2ᵃ;
vgl. th. 4, 1, 3, 6251; liebe trägt ihr gegengift bei sich Binder 123.
b)
mit sich tragen; eigentlich:
druagun se iro salbun   mit in sar thia warbun
Otfrid V 4, 13;
darum hiesz Christus seine jünger weder sack noch seckel mit inen tragen Zwingli deutsche schr. 1 (1828) 82; wen ich dem handwerck nach wandlete, den Homerum mit mier triege Platter 51 Boos; dasz eine schwalbe ein stückgen pergament an den füszen gebunden mit sich getragen habe Prätorius winterfl. d. sommerv. (1678) 48; Bachmann ... hatte sich ... eine jagdflinte gekauft, die er nun mit sich trug U. Bräker s. schr. 1 (1789) 162. übertragen:
dein volck vermehre sich so wie der sand am meer.
es müsse stahl und gluth und schrecken mit sich tragen
Pietsch geb. schr. (1740) 8;
das ideal von liebe, das Petrarca mit sich trug Herder 17, 271 S.
c)
vor sich tragen; eigentlich:
unz er den schilt vor im treit,
sô ist er ein sicher man
Hartmann von Aue Iwein 7136;
der alte hatte die schwere harfe umgehangen und spielte sie, indem er sie vor sich trug Göthe 22, 206 W.; übertragen: jede albernheit ..., die einen schein von empfindung oder menschenverstand vor sich trägt Göthe IV 13, 49 W.
d)
hinter sich tragen; eigentlich: er trägt den spiesz hinter sich wie die bauern Binder 186; literar. belege dieses sprichworts th. 4, 2, 1490; 1495; übertragen im sinne von 'nachtragen': er trägt nicht hinter sich non fert iniurias Weismann lex. bip. 2 (1725) 410ᵇ.
e)
an sich tragen; vor allem kleider und schmuck im sinne von III C 3:
man sach die maget an ir tragen
pfellel von Arâbî
Wolfram von Eschenbach Parz. 235, 18;
dann wer jetzund nicht an im treit
ein lumpecht wol zerhawen kleidt
Scheit Grob. 4665;
wie stattlich ihr auch seit, wann sie euch (handschuhe) an ihr treget
Zinkgref auserles. ged. 59 ndr.;
einer, der ein kostlich cleinot an im treyt Keisersberg postill (1522) 3, 14ᵃ; der seltsame putz ..., den du an dir trägst Solger Erwin 1 (1815) 8; übertragen nach III C 6: he inschuf doch nicht daz pert an der wis alse den menschin, wan der dreit das bilde godis an yme paradis. anime intellig. 20; namentlich seit der zweiten hälfte des 18. jhs. in der übertragung auf unpersönliche, meist abstracte subjecte: dasz das werk ... sichtbare merkmaale der verdrossenheit an sich trägt Gerstenberg schlesw. litbr. 111 lit. denkm.; weil es (Venedig) unüberwindlich ..., trägt es, vom meer umgeben, eine gewisse majestät an sich Heinse s. w. 4, 25 Schüdd.; wo jede seiner unverstellten äuszerungen das gepräge seiner innern stimmung an sich trägt Klinger w. (1809) 3, 273; auch ihr (der lex Salica) inhalt trägt keineswegs die spuren eines so hohen alters an sich Eichhorn deutsche staats- und rechtsgesch. 1 (1821) 109; mit einem nachdruck ..., der den stempel der vollen wahrhaftigkeit an sich trug Ranke s. w. 31/32, 261; dasz die haussuchung ... um so mehr den character eines einbruchs an sich trägt Büchner nachgel. schr. (1850) 254.
f)
auf sich tragen:
der tôre ... brâhte ein tier ûf im getragen
Hartmann von Aue Iwein 3326;
ain ströin kranz truͦg si uf ir
liederb. der Hätzlerin 189ᵃ;
bildlich:
und welcher knab in groszen sorgen leit
und ein schwäre burdin auf im treit,
der soll sich frewen gen der liechten sumerzeit
bei Uhland volkslieder (1844) 1, 1, 52;
meistens übertragen: weyl sie mit uns ynn eyner stad ... wonen ..., würden wyr zuletzt yhre wissentliche lesterunge auch auff uns tragen müssen Luther 18, 23 W.; secht ihr das jung kind? es trägt noch nicht gar zwölff jar auff ihm Fischart Garg. 225 ndr.; darumb sie (die juden) ein ewigen fluch auff ihnen tragen Paracelsus op. (1616) 2, 459 H.; auch bei leblosem subject:
die unseligen girekeit,
die mit valsche uf ir treit
allen suntlichen kram
passional 251, 8 Köpke;
fabel ist ein anzöigung ettlicher geschiht, die nit warheit noch der warheit glych uff ir treit Riederer rhetoric (1493) c 6ᵃ; etlich tenz das uf inen tragen: sie müssen an dem tanz einander küssen oder umbfahen Keisersberg narrensch. 127ᵃ; dann solches heyszt ... raubwerck üben, welches dan grosze gefahr auf im trägt Sebiz feldbau (1579) 562;
wider desz Jovis kinder klar
zu streitten tregt auff ihm gefahr
Spreng Ilias (1610) 293ᵇ;
dasz die kunst astronomia ein mechtige grosz heimligkeit auff ihr trag Paracelsus opera 2, 489 Huser; mit neutralem pronomen oder adjectiv als object 'auf sich haben', 'bedeuten': es ist nicht anders dann betrachten, was das auff im trag, das du bettest, singest oder lisest Keisersberg die brösamlin 1 (1517) 18ᵈ u. ö.; in Christo Jesu einmütig sein, tregt dises auff sich, das man uber den mitteldingen keinen zanck und hader anrichtet Gretter erklärg. d. ep. Pauli an d. Römer (1566) 835;
eur majestat zu gmüth zu führn,
was ein solcher krieg auff im trag
Ayrer 1, 388 lit. ver.;
wo etwan ein verborgner spruch, der höhers uff im tregt, dann die wort anzaigen, nit verstanden wirt Eberlin von Günzburg 1, 28 ndr.; die liter. belege reichen bis ins 17. jh., die lexikalische buchung bis in den anfang des 18.: es trägt viel auf sich res magni est momenti, ponderis Dentzler (1716) 2, 288ᵇ; Aler 2 (1727) 1909ᵃ.
g)
in sich tragen; selten eigentlich: er trägt die krankheitsstoffe in sich Bettine d. buch geh. d. könig 2 (1843) 374; übertragen:
dîn sûze verborgenlîche in ir
arger gallen bitterkeit
unde lôslîch zûlachen treit
kreuzf. Ludwigs d. fr. 7626 Naum.;
gottes wort, daz alle ding ist und treit in im Tauler pred. 11, 20 Vetter; zuͦm ersten soverr die sach snödikeit in ir treit Riederer spiegel d. w. rhet. (1493) c 1ᵃ; sie (die form) werde dann überformet mit der forme, die alle formen in ir tregt und volmacht Tauler sermones (1508) 89ᵇ; was Winkelmann in Rom sehen sollte und wollte, trug er schon in sich Herder 15, 41 S.; ihr ... scheint den maaszstab der wahren grösze in euch selbst zu tragen Klinger 1 (1809) 276; eine abkunft, die ... den keim zu vielen neuen zwistigkeiten in sich trug Ranke s. w. 1, 23; alle eigentliche last und bürde der arbeit in eines oder weniger hände zu geben, die dazu den wahren beruf in sich tragen th. 1, viii; wenn unser herr nur den winzigsten funken guten geschmacks in sich trägt W. Raabe hungerpastor (1864) 3, 5; ich kenne nichts erdachtes, das nicht auch seinen tod in sich trüge Laube ges. schr. 2, 141.
3)
sonstige local-instrumentale bestimmungen wie das schwert in der scheide, das kleinod in einem schrein, die schere am gürtel, speisen auf einem brett, etwas unter dem mantel tragen sind in occasioneller verwendung unabsehbar. als besondere anwendungsbezirke z. th. mit festen verbindungen seien beispielhaft erwähnt:
a)
und des snitten (sie) ab ein zweig mit seiner bere, den truͦgen zwen mann an einer stangen erste dtsche bib. 4, 51;
unde hebben en up eyner boren ghedragen
Reinke de vos 6708 Prien;
es wird ein ... kindlein auf einer ... wiege getragen Göthe IV 8, 104 W.; muste ... sich in einer senften tragen lassen 2. Macc. 9, 8; sprichwörtlich: wasser im siebe tragen Kramer 2 (1702) 804ᵇ; pari iugo sie ziehen an gleichem zuͦg odder sie tragen wasser an einer stangen S. Franck sprüchw. (1541) 1, 7ᵃ; wiewol nun Hen. 4. tyranes gnug ist gewesen, so hat er doch auffs wenigst mit dem sun wasser an einer stangen tragen S. Franck chron. Germ. (1538) 127ᵇ; vgl. th. 10, 2, 802; th. 13, 2338; Fischer schwäb. 2, 305;
de terlinge scholen wesen recht,
de he in sinem budel drecht
meister Stephan schachb. 4887;
du kannst den doctorhut und den professorkragen
und noch den rath dazu in einem sacke tragen
Neukirch ged. (1744) 123;
ich habe eine kapsel, in der ich sie (die locke) tragen werde Moltke ges. schr. u. denkw. 4, 5; sie muszte den arm in der binde tragen Göthe 22, 60 W.; bes. geläufig in der tasche tragen: das heft, das er in der tasche ... trug Göthe IV 27, 4; der schneider trug in seiner tasche nichts als einen fingerhut G. Keller w. 5, 11; auch bildlich und übertragen:
mein glücke trag ich in der tasche
und kan hinlauffen, wo ich will
Stoppe ged. 1, 5;
wo ... der adelige studiosus juris die geheimrathsbestallung gleichsam in der tasche trug W. H. Riehl d. dtsche arbeit 28; du muszt ... zeigen, dasz du den trost nicht blos für andere in der tasche trägst W. Raabe hungerpastor (1864) 1, 223; alle die, welche ein fertiges systemchen in ihrer tasche tragen br. von u. an Herwegh 22; (der) hat gut fragen, wer die antwort schon in der tasche trägt Börne 2, 333.
b)
ganz occasionell im sinne von III C 3:
daz sie stêtes gerne truoc
ein vrischez bluomenkrenzelîn
ûf dem gebende sîdîn
schleiffe ist eine schlinge ..., die man an bändern und kleidern träget Gueintz d. dtsche rechtschreibg. (1666) 126; wer das jawort von mir holen will, musz fürwar federn auff den hute tragen Chr. Reuter ehrl. frau zu Pliss. 32; hohe absätze an schuhen tragen M. Kramer 2 (1702) 777ᶜ; vorn im zweiten knopfloch ... trug er das eiserne kreuz Fontane ges. w. I 6, 5; ähnlich: ordensbrüder, die das schwarze kreuz auf grauem mantel trugen Treitschke hist. u. polit. aufs. 2⁵, 35; im wappen, im schilde tragen, vgl. oben III C 3 d.
B.
geringer ist die zahl der modalen bestimmungen, die mit tragen in engerer verbindung stehen.
1)
offen, verborgen tragen; eigentlich: was sy under iren weitten schönen kutten verborgen tragen Arigo decam. 257 lit. ver.; meist übertragen:
dô neic si mir vil schône ...
wirt mirs iht mêr, daz trage ich tougen
die êre treit man offenlîchen,
laster siht man in winkel slîchen
Teichner bei Karajan anm. 217;
liebe ..., die sy so lange verporgen tragen müssen Arigo dec. 17 Keller; es gieng im gleich wol oder ubel, aber er kunds also verborgen tragen, das sein niemands an ihme ward mercken Schumann nachtb. 146 B.; noch heute in gehobener sprache:
du darfst dein herz
aufschlieszen, laut aussprechen dein entzücken
und offen tragen vor der menschen blicken
Schiller 13, 289 G.;
mönche seh ich in den ecken,
... die sich gleisnerisch verstecken,
wenn dein herz du offen trägst
Göthe 6, 218 W.;
Heinse ..., der für die anschauung des offen getragenen cynismus jener starkgeistigen jahre auszerordentlich ergiebig ist Gervinus gesch. d. dtsch. dicht. 5 (1853) 13; meine grosze neigung, die mein leben war, solange ich sie verborgen trug Laube ges. schr. 2, 38; gewöhnlich offen zeigen, zur schau tragen bzw. verborgen halten.
2)
schwer tragen, zu tragen haben, vgl. II A 1 e; meist in der verwendung von VI B 1, s. u. sp. 1111; etwas ist schwer zu tragen s. oben III A 2 b, III A 2 d ζ, III A 2 e δ. vgl. auch th. 9, 2542.
V.
reflexiv.
A.
mit bewegungsvorstellung 'sich irgendwohin schleppen, begeben':
1)
eigentlich von mensch und thier: da Alexis sich selbst kaum nach dem schiffe tragen kann Göthe IV 11, 120 W.;
der reiger sich in die hœhe truoc
Lohengrin 3392;
sobald sich einer herfür treit,
der nur ein wort von dem Luther seit
Murner v. d. groszen Luther. narr. 18 Scheible;
(er) sich ... hinter seiner geringen heerde zu denen gewönlichen trifften truge S. v. Birken forts. d. Pegnitzschäf. (1645) 1; heute nur in poetischer sprache:
weilet nicht länger, verdrieszliche stunden!
eil ich und eil ich und trage mich weit
Göthe 11, 280 W.;
anders, im sinne von 'sich drehen':
sie rührt sich die cymbeln zum tanze zu schlagen,
sie weisz sich so lieblich im kreise zu tragen,
sie neigt sich und biegt sich ...
Göthe 1, 227 W.
2)
übertragen auf ein lebloses subject:
ouch was der val also groz,
in deme er (der baum) sich nider truc
passional 452, 47 Köpke;
wie strack mit eignem kräftigen triebe
der stamm sich in die lüfte trägt
Göthe 15, 328 W.;
die woge schwillt, die im verworrnen streben
sich ungewisz nach allen seiten trägt
16, 211 W.
auch von abstracten:
ni scribu ih nu in alawar,   so sih ther ordo dregit thar
Otfrid III 1, 7;
dô ... sich die zît des tages truoc
wol gên der vesperstunde
Heinrich von Freiberg Tristan 1146;
... kommen dennocht nicht dahin,
dazu sich trug ir mut und sinn
Waldis Esopus 1, 19 Kurz;
dasz der schönste seiner tage
unbeschenkt sich von uns trage
Fleming dtsche ged. 1, 76 Lappenberg.
3)
entsinnlicht.
a)
'sich erstrecken auf', 'sich beziehen auf', mit zu und auf verbunden:
die rede sult ir sus vorstan:
daz mer sich hir zur menscheit
und zur unsteten werlt treit
he begrep in sineme synne etliche stucke, de zik drogen uppe vruntlike zone unde eindracht to krigende Lübecker chron. 2, 554 Grautoff;
(jeder) ernstlich treibe
als, was im drinn (in seinem stand) ist auffgelegt,
und was zum selben standt sich tregt
Waldis Esopus 1, 132 Kurz.
b)
'sich belaufen auf':
so sih thaz altar druag in war   thanan unz in zuei jar
Otfrid I 20, 7;
dat sych der Nuysser cost, zoult ind schaed soll draegen
... anderhalff hondert dusent gulden off dar bij
Wierstrait historij des belegs van Nuys 3095 Meisen;
vgl. 1128; wie ... er dieselbigen (gülden), die sich auff ein pfund golts trugen, wegen wolt Kirchhof wendunm. 1, 39; vgl. 1, 225.
B.
ohne bewegungsvorstellung 'sich halten':
1)
eigentlich 'sich aufrecht halten': erst wenn ein hund sich richtig tragen kann und nicht mehr über seine eigenen glieder stolpert Auerbach landhaus am Rhein 1 (1871) 86; von der allgemeinen körperhaltung: sie weisz sich zu tragen, ah! auf eine art ... und ... sie hat nicht tanzen gelernt; es ist ihr natürlich Lessing 2, 128 L.-M.; ihr (einer engl. schauspielerin) wuchs und art sich zu tragen ist höchst vollkommen Lichtenberg br. 1, 209.
2)
übertragen 'sich betragen', 'sich benehmen':
sunder als ein demutig knecht
und als eyn clug schuler er sich trug,
der von dem hosten lerer clug
wil leren bas
md. paraphr. d. Hiob 6431;
wand er sich homutic truc
Daniel 3833 Hübner;
wer ziuhtich kan sich erlich dragen,
der selb mag selligkeit erjagen
Murner badenf. 27 M.;
es ist als ein freis aigen iedem man, von wannen er chumpt, der sich mit ern do tragen wil (a. d. j. 1414) österr. weisth. 11, 198; wie sich die selben im leben und sitten tragen söllen Stumpf Schweytzerchron. (1606) 78ᵇ; das alle innwohner ... sich mit einander friedlich und freuntlich tragen und lieb haben acta publica 1, 97 Palm; (die gattin) schminkt und schmückt sich wieder. sie trägt sich vornehmstolz, spielt lomber Schwabe belustigg. (1741 ff.) 8, 510; gutes gethan ... mich milde getragen, wie ich bin, und nachsicht gehabt mit meinen fehlern Gutzkow ritt. v. geiste (1850) 4, 186; die seltsame stimmung des sich stolz tragenden stattlichen jungen mannes Auerbach dorfgesch. 4, 192; spec. sich hoch tragen 'stolz sein':
mein Apollo trug sich hoch; merket' er von dir sich preisen
Stieler geharnschte Venus 12 ndr.;
Plausilla trägt sich hoch, dieweil sie etwas schön
Logau 464 Eitner;
vgl. den leib, die augen, den kopf, die nase hoch tragen III A 1 e.
C.
besondere verbindungen und redensarten:
1)
mit angabe der wirkung sich müde, lahm u. ä. tragen: dasz sie sich müde tragen an eurer last Jes. 46, 1;
wie matt er sich getragen
an deiner last
P. Gerhard bei Fischer-Tümpel ev. kirchenl. 3, 335ᵃ;
ich könnte mich vielleicht an übrigguten tagen
... lahm tragen
Stoppe Parnasz (1735) 223;
und so gienge er lange und trug sich stumm
an seiner liebe fast lahm und krumm
Kortum Jobsiade 3, 48;
noch heute verbreitet: sich an etwas nicht zu tode tragen 'nicht zu schwer sein für jemand' vgl. Askenasy Frankf. 38; e fuler hund, der drât sich am erschte mol dot Follmann lothr. 99. so auch vom frucht tragen gebraucht: der baum trägt sich tot, wenn er zu viel früchte hat Heyne wb. 3, 1011; der acker hat sich müde getragen ebda; wenn ein land sich müde getraget hat durch sehr viele jahre, und der wachsthumb gleichsam ausgeschopfet ist Prätorius glückstopf (1669) 105.
2)
sich mit etwas tragen.
a)
in eigentlicher verwendung wie sich schleppen, sich herum schleppen mit mit dem beisinn der zeitlichen dauer: sich mit einer bürde, einer last tragen Heyne wb. 3, 1011; die helden der heiden ... tragen sich mit den klötzen ihrer götzen Jes. 45, 20; wenn sich die kinder auf der gassen mit creutzen tragen J. G. Schmidt rockenphil. 1 (1718) 186;
mein mädchen verzieht mir die lämmer!
es trägt sich damit
Klopstock s. w. (1854) 6, 323;
übertragen:
und mit thränen ...
fühl ich neu mein aug sich tragen
Grillparzer s. w. 7 (1893) 212 Sauer.
b)
meist uneigentlich: viel betrübter hertzen ..., die da fülen, das gros unglück furhanden sey, und sich damit tragen Luther 34, 2, 465 W.;
mit sorgen trägt
sich mancher ohne muth
volksth. lieder d. Deutschen 260 Böhme;
abgezogener 'sich beschäftigen mit':
tages sô suln wir rîten jagen,
des nahtes uns hie heime tragen
mit höveschlichen dingen
bes. sich mit gedanken, absichten, plänen u. s. w. tragen, zuweilen mit einem unterton von III B 1, vgl. schwanger gehen mit gedanken u. s. w. th. 9, 2238: wiewol er sich allezeit mit sterbensgedancken getragen Brandt glänz. taubenfl. (1675) 73; so truge sich auch ganz Rom mit der zeitung, dasz das donnerwetter ... Augusto das zepter aus der hand geschlagen A. U. v. Braunschweig Octavia 1 (1677) 2; dasz jedermann ... sich mit meinen schrifften trage Thomasius ernsth. ged. u. erinn. (1720f.) 3, 147;
und da so viele sich mit treuen wünschen tragen
Gottsched ged. (1751) 1, 81;
alle nachrichten ..., mit welchen sich die welt von wahren oder vermeinten goldmachern trägt Lessing 13, 393 L.-M.; ein alter mann ..., der sich ... mit dem gedanken trug, sich einen gehülfen an seiner pfarre zu nehmen Lenz ges. schr. 3, 98 Tieck; der hauptfehler war, ich hatte mich zu lange mit dem stücke (Don Karlos) getragen Schiller 6, 33 G.; man trug sich mit einem worte von Kleist, das wir oft hören mussten Göthe 27, 102 W.; die ideen, mit welchen er sich trug O. Jahn Mozart 3, 459; der düstere reiter trage sich mit absichten, nicht minder schauderhaft als die seinen Holtei erz. schr. 2, 76; plan, mit dem er sich schon seit einiger zeit getragen hatte W. v. Polenz Grabenh. 1, 37; sek met wat drân 'sich schleppen mit etwas, sich nicht aussprechen über etwas, etwas im stillen tragen' Damköhler Nordharz. 45ᵃ.
c)
ungewöhnlich, vgl. III C 3, sich mit kleidern tragen: er ... trug sich mit erlichen kleidern Stretling. chron. 3 Bächt.;
ich will mich nur mit witwenkleidern tragen
Dach 588 Österley;
dasz schneiderpflanzen schon sich mit damasten tragen
Neukirch ged. (1744) 110.
3)
sich mit jemand tragen 'sich mit jemand vertragen, einigen': dass sich die Tuͤtschen vil bass tragen und verglichen mit den Franzosen dan mit den Spanyeren (z. j. 1519) Valerius Anshelm Berner chron. 4, 300; dieweil wir uns ... mit dem ... fürsten ... etlicher ... sprüch halben durch etlicher fürsten underhandlung zu Thonauwert getragen haben, das wir seiner lieb ... 150 000 gulden erlegen ... söllen altbaier. landständ. freibriefe 156 v. Lerchenfeld.
D.
speciell 'sich kleiden', stets mit modalbestimmung: lege diese newe tracht ab und kleide dich, wie ich mich auch trage Zinkgref apophth. (1628) 147;
wann wie in Indien die leute blosz sich trügen,
so künte schmünck und schmuck nicht so betrieglich lügen
Logau sinnged. 617 Eitner;
der hatte eine überauss schöne tochter, die sich gantz adelich trug Grimmelshausen Simplic. 270 Kögel;
das alte man doch gerne sihet,
ob schon die welt sich träget neu
A. U. v. Braunschweig Octavia 3 (1677) a 3ᵇ;
die beiden schwestern waren die einzigen in der gesellschaft, welche sich deutsch trugen
Göthe 28, 38 W.;
in England tragen sich alle mannspersonen, welche zu fusze gehen, ganz simpel
K. Fr. Bahrdt gesch. s. lebens 3 (1790) 332;
sie trug sich bürgerlich, aber sehr reinlich und sauber
W. Grimm dtsche sagen 1 (1891) 39;
er trug sich ganz rosenroth
Solger nachgel. schr. 1 (1826) 21;
wir ... trugen uns wie matrosen,
die jacke kurz, der hut beteert
Heine 2, 176 Elster;
ich trug mich bald als Engländer, bald als Neugrieche Immermann 1, 14 Boxb.; heute gesucht klingend; noch dialektisch: Hofmann niedhess. 240ᵇ; Schöpf 749; Jakob Wien. 194ᵃ.
E.
passivisch: eine last trägt sich gut, leicht, schwer;
... es trägt sich besser die gleichere last so
Göthe 50, 248 W.;
ich bin zu sehr
ermüdet, sechzig jahre tragen sich
nicht leicht
Hebbel s. w. (1891) 1, 119;
spec. vom kleid:
gleich wie es wer ein ubelstand,
wann einer wolt im teutschen land
auf türckisch gehn herein gekleidt,
welchs in der Türckei sich wol treit
Fischart 1, 277 Hauffen;
etwas anders vom stoff, zeug in bezug auf haltbarkeit: das tuch, der zeug trägt sich wol, es ist ein feines, dauerhaftes tragen drum Kramer 2 (1702) 1104ᵃ; hic pannus ipso usu splendescet, usu meliorescet das tuch wird sich schön tragen Aler 2 (1727) 1909ᵃ; der zeug trägt sich gut, 'wenn er, indem man ihn trägt, nicht schlechter wird' Adelung 4, 641. redensartlich: es trägt sich auf dem rücken 'versteht sich von selbst': hoc fas et iura poscunt, id aequum et rectum est es trägt sich auf dem rücken Weismann lex. bipart. 2 (1725) 410ᵇ; Aler 2 (1727) 1909ᵇ; heute noch im schwäb. des trait sich aufm rücken Fischer 2, 305;
VI.
intransitiv.
A.
ein echter intransitiver gebrauch von tragen ist nur selten festzustellen.
1)
vornhd. tragen mit pass. oder medialem sinn 'sich begeben', 'dringen' u. ä.:
als manlich truoc
nâch sînen sitin vaste an ein andir
Athis c 26;
Wate Ludewîgen   durch den helm sluoc,
daz des swertes ecke   ûf daz houbet truoc
Kudrun 864, 2;
vgl. W. Grimm kl. schr. 3, 285; Haupt zu Erec 5543.
2)
nhd. das geschütz, das auge trägt weit u. dergl. in der bedeutung 'reichen' und damit synonym, vgl. th. 8, 586; öfters mit dem beisinn der tragfähigkeit: die pistolen, die augen etc. tragen nicht so weit Kramer 2 (1702) 1104ᵃ;
so weit mein auge trägt, erblick ich stein und wald
Gottsched neueste ged. (1750) 57;
nicht gemeine aussichten, die sich einem auge, das gut in die ferne trägt, bis ins unendliche erweitern Lessing 10, 149 L.-M.;
nichts zeigt sich mir, wie weit die blicke tragen
Schiller 14, 52 G.;
in den bronzenen kanonen ..., welche weiter trugen als die holländischen Ranke 4, 66; auch: wenn ihr (der flotte) feuer weiter landeinwärts getragen hätte Nettelbeck lebensbeschr. 3 (1823) 112; dazu weittragend; ähnlich die stimme trägt (gut), eine tragende stimme. eine sonst nicht vorhandene objectsvorstellung tritt nur ganz vereinzelt in dichterischer ausweitung hinzu:
so sicher wie zum ziele die kanone
den giftgen schusz trägt
Shakespeare 3, 283.
B.
nur scheinbar intransitiv ist der gebrauch
1)
wenn infolge des vorwaltens einer modalbestimmung eine im bewusztsein mehr oder weniger deutlich vorhandene objectsvorstellung ohne sprachlichen ausdruck bleibt oder in eine präpositionale wendung mit an eingeht:
ich han so hart getragen her von Wien der stat,
... von müede was ich matt
Neidhart fuchs 1012;
'was ächzt er dann?'
sprach sie; ich sprach: 'mein lieber mann,
sieht er denn nicht, wir tragen schwer'
Brentano ges. schr. 2, 77;
übertragen, im sprichw.: tertium caput das dritt haupt tregt schwer, das ist, wann ein ding bisz an dritman komt, so bleibt es selten verschwiegen Franck sprüchw. (1541) 1, 11ᵃ; Eyering 1, 287; der hat gut tragen, den es nicht drückt; gleich tragen macht die bürde leicht; man soll dem, der schwer zu tragen hat, keine steine zur bürde legen Wander 4, 1281 f.; sonst:
halt dein elend, das du rühmst, gegen alle diese plagen.
o so wirst du gantz gewisz um viel centner leichter tragen
Günther 3 (1726) 173;
du trägst sehr leicht, wenn du nichts hast;
aber reichthum ist eine leichtere last
Göthe 2, 230 W.;
schont meiner — ich bin nur ein mensch und trage schwer Iffland theatr. w. 1, 84; mit präpositionaler verbindung durch an, schon mhd., s. oben IV A 1 e:
jetzt geht er hinter jener stauden
mit blasen, schwitzen und mit schnauden,
wann er tregt an dem pürlein schwer
H. Sachs 14, 79 G.;
die bäume am wege trugen schwer an ihrer äpfellast Gutzkow zaub. v. Rom (1858) 2, 33; meist übertragen; im sprichw.: ann künsten tregt man nit schwer sprichw. sch. w. klugr. (1548) 176ᵇ; Eyering 1, 97, vgl. kunst ist leicht zu tragen (sagt man) und harnisch schwerer zu tragen Luther 30, 2, 575 W.; in der jugend trägt man an nichts schwer, daher soll man lernen Fischer schwäb. 2, 305; an dem, was man kann, trägt man nicht schwer ebda;
der an jahren schwer gleich träget
Logau sinng. 146 Eitner;
unglückselig seynd auch diejenige, welche an ihrem jungfrawkräntzle schwär tragen oder es verzetten Albertinus hirnschleiffer (1664) 150;
wie? fürchtest du denn nicht, ich musz dich ernstlich fragen,
an so viel freunden allzuschwer zu tragen?
Schiller 11, 12 G.;
genug trage ich an meinem kummer, ich vermag hier nichts Iffland theatr. w. 1, 27; die kleine Wieb trug schwer an ihrem jungen herzen Storm 6 (1899) 19; manches junge blut, das eben aus dem elternhause gekommen war, trug schwer an solchem dienste Meinecke leben d. genfeldm. v. Boyen 1, 17; s. auch th. 9, 2542.
2)
in zahlreichen fällen, in denen sprachliche ellipse eines im bewusztsein vorhandenen objects vorliegt, das jeden augenblick auch sprachlich hinzugesetzt werden könnte, z. b. der baum trägt erst wieder nächstes jahr (früchte, äpfel u. s. w.) u. ä., vgl. oben beim transitiven gebrauch.
VII.
compositionsbildung.
tragen tritt zumeist in der reinen form des präsensstammes (trag-) in die composition. daneben sind formen mit fugenvocal (ahd. -a-, -i-, -e- s. tragbett, -stuhl; mhd. und nhd. -e-) bes. vornhd. häufig bezeugt, heute namentlich in dichterischer sprache, in der sie dem alternierenden rhythmus zu liebe gewählt werden (im vers z. b. tragebaum bei Rückert, -butte bei Göthe, -knospe bei Brockes, -pfahl bei Grillparzer s. d., in prosa z. b. tragebett bei A. v. Arnim, -balken und -butte bei Gaudy, -säule bei C. Hauptmann s. d.), doch auch sonst (s. trageachse, -eisen, -organ oder tragegepäck, -gerüst). die zuss. begegnen bereits vornhd. (tragbett, -stuhl schon ahd.), in fülle aber erst seit dem 18. jh.
den zweiten compositionsbestandtheil bildet selten ein adj. oder adv., occasionell z. b.
tragfertig, traggerecht, tragmüde
den stets schlag- und tragfertigen Hercules C. A. Böttiger kl. schr. 1, 373; in einer plötzlichen knabenlaune faszte er sie traggerechter und eilte mit ihr ... bis zur haustür, wo er sie heftig küszte E. Strausz d. nackte mann 53; ein ähre legt sich schwer und tragemüde auf die achsel der andern Rosegger III 3, 272; tragkräftig s. d.; usueller nur tragfähig s. d.
die hauptmasse der composita hat ein subst. als zweiten bestandtheil. über sie wird im folgenden eine typenmäszige übersicht in auswahl geboten; die in bedeutung und gebrauch entwickelteren bildungen s. an alphabet. stelle.
A.
an alter (s. tragbahre, -stuhl) und menge stehen unter den compositionen die bedeutungen I und II von tragen 'befördern' und III A 'halten' weit voran, die sich nicht selten in demselben wort beisammen finden.
1)
lebewesen, die etwas befördern;
in erster linie thiere: tragesel, s. d.;
traggaul
zwei prächtige reitpferde standen gesattelt im burghofe ... ein traggaul wurde mit verschiedenen sachen beladen Lowag ges. schr. 1, 37;
tragkamel
wir alle zu pferd ... ein dolmetscher zu esel und zwei tragkamele Sonnenthal-Scherer frauenschicksal im kriege 234;
tragpferd
das pferd ... wird sich entweder als reitpferd, zugpferd oder als tragpferd eignen G. Krafft lehrb. d. landw. 3, 237; v. Alten handb. 4, 465;
tragrosz
sagmarius ein saumer- vel trag-, var. samer- vel tregelrosz Diefenbach 507ᵇ; tragthier, -vieh s. d.;
gelegentlich menschen:
tragcollege
in meinen tragekollegen (auch er trägt polster oder seidenwalzen vom kanapee) schienen disteln- und schlehenseelen gefahren zu sein Jean-Paul 39, 31 Hempel;
tragknecht
s. d.;
tragpaar
ein paar tragender menschen: das sogenannte schwimmenlassen (beim turnen) ..., wobei die paarreihe den getragenen ... in die höhe wirft und auf der handfläche wieder auffängt, sodasz der schwimmende mit jedem schwub ein tragepaar weiterkommt Fr. L. Jahn 2, 81 E.
2)
gegenstände, die zum befördern oder halten dienen. die hauptmasse der composita gehören diesem typus an, der seit ahd. zeit (vgl. tragbett, tragstuhl) bis heute zu immer neuen bildungen führt, da fast jeder gegenstand irgendwie zum tragen oder halten benutzt werden kann. das bauwesen und ganz bes. die moderne technik sind naturgemäsz am stärksten in diesem typus vertreten (vgl.b u. c), eine kleinere gruppe bilden benennungen aus der zoologie und botanik, vgl. d.
a)
in allgemeiner verwendung:
tragbinde
zum halten des verletzten arms: tragebinde (bey den wundärzten) Chr. Fr. Schrader dtsch.-frz. wb. 2, 1373, in der Schweiz trägbinden wickelband für neugeborene und traggurt, mit dem hochschwangere frauen ihre leibeslast stützen Staub-Tobler schweiz. idiot. 4, 1343;
tragbock
hölzernes gestell, das etwas zu tragen hat, bei den färbern auf die küpe gesetzt, um 'die gefärbten zeuge darauf zu legen, damit die überflüssige brühe von denselben ablaufen könne' Adelung 4, 639, vgl. trage, f., sp. 1035;
tragbühne
als transportmittel: die gefangenen ... werden ... auf eine tragebühne gesätzet: dasz sie dem sie schmähenden volcke ein desto sichtbares ziel abgeben Lohenstein Arminius 2, 1110ᵇ; tragbühne, ein apparat der seifenfabrikation, um das herabnehmen des abgeschnittenen fällstücks der seife mit der hand zu vermeiden, die krullsche senk- und transportbühne, s. Muspratt chemie 7, 1401;
traggefäsz
traggefäsze nehmen einen groszen teil des hausrates in anspruch Ratzel völkerkunde 2, 759;
traggurt
je vier blessiertenträger ... bilden eine patrouille, die zwei ... feldtragen samt traggurten trägt v. Alten handb. 1, 809;
traghaken
hölzernes werkzeug der küfer aus der zeit, da die dauben noch einzeln angeschnitten und an die böden angepaszt wurden, um den dauben während dieser hantierung halt zu geben Staub-Tobler schweizer. idiot. 2, 1095;
traghenkel
amphora ... ein ... gefäsz mit ... tragehenkeln v. Alten handb. 1, 330;
traghutze
traggeräth (zu hutte, hotte s. th. 4, 2, 1845?): männer mit schweren traghutzen über den schultern Jensen pfeifer vom Dusenbach in Westermanns monatsh. (october 1883) 20;
tragjoch
s. d.;
tragkleid
im ostfries. drâgkled und fries. draechkleed das viereckige, an den vier ecken mit tragbändern versehene tuch, das gebraucht wird, um den rapps beim rappssaatdreschen vom feld in das grosze dreschsegel zu tragen, s. Doornkaat-Koolman 1, 326ᵃ, Dijkstra 1, 289; in Schwaben das lange kleid, in dem das wickelkind ausgetragen wird Fischer 2, 308;
tragkufe
transportgefäsz, vgl. th. 5, 2531: grosze Mainschiffe ... fuhren ... mit menschen, fässern ... und tragkufen bis zum rande belastet W. H. Riehl naturgesch. d. volkes 4, 180;
traglafette
die tragelaffete ..., deshalb so genannt, weil bei ihr die ganze last auf den vier blockrädern ruhet Hoyer wb. d. artillerie 1, 2, 136;
tragmaschine
als transportgeräth: man legte mich auf einen kostbaren sopha ... und das weibsbild ... musste sich neben mich legen; hierauf wurden wir, wie wir waren, auf eine tragmaschine gebracht, ins amphitheater getragen und ... niedergesetzt Wieland Lucian v. Samosata 4, 288; die grosze gefügigkeit des lastkameels ... in die durch den kameelführer ihm gewordene bestimmung als transportthier, als wahre tragmaschine Ritter erdkunde 13, 627;
tragschnur
ich hatte sie (die gürtelschnur der Indianer) ... als eine öfters mit zierrat ausgestattete tragschnur betrachtet v. d. Steinen naturvölker Zentralbrasiliens 191; vgl. auch Staub-Tobler schweizer. idiot. 9, 1310;
tragschragen
gestell zum transport von sachen: mit riemen war die truhe auf dem tragschragen festgebunden Rosegger III 3, 311;
tragschüssel
das quecksilber wird in ... tragschüsseln ... ausgeschöpft allg. dtsche bibl. (1765) 73, 441;
tragstock
die auf dem tragstock ruhende last des Silen Welcker alte denkm. 3, 500; der ... bambus findet ... als tragstock, als wassergefäsz ... verwendung Ratzel völkerkunde 2, 366;
tragstrick
dragstrick 'strick, tragband am tragekorb' Block Eilsdorf 58;
tragtuch
s. d.;
tragwange
ende der stange an einer tragbahre, vgl. th. 13, 1776: die vier kräftigen jünglinge, welche die bahre zuletzt getragen, saszen ruhend auf den tragewangen G. Keller 2, 82;
tragzeug
transportgerät M. Kramer 2 (1702) 1447ᵇ.
b)
im bauwesen:
tragconstruction
das gewicht der brückendecke vergröszert hiernach das gewicht einer tragkonstruktion einer eisernen brücke bei beschotterung gegenüber bohlenbelag um etwa 17% Lueger 4, 56; vgl. tragwerk 2;
traggesims
die gallerien (des riesenpfeilers) ruhen auf steinernen traggesimsen A. v. Berger ges. schr. 1, 308;
traggewölbe
M. Kramer (1702) 2, 1384ᵇ;
tragglied
bed.-moulding untersims, gruppe der unterglieder oder trageglieder, z. b. unter der hängeplatte Mothes ill. baulex. 1, 321;
tragknauf
säulenkopf, capitell: wie der epheu zu den gothischen tragknäufen der eingestürzten kreuzgewölbe hinanwuchs C. G. Carus Paris und d. Rheingegd. 1, 44; vgl. th. 5, 1367;
tragleiste
'ein bei weglassung des architravs an dessen stelle unter die kranzleiste gesetztes halsglied, meist aus ablauf, plättchen und stäbchen bestehend' Müller-Mothes archäol. wb. 934ᵇ;
traglot
synonym mit tragleiste, s. ebenda; Mothes ill. baulex. 4, 363;
tragpfahl
stützpfahl: die höhe der tragpfähle (bei der seilbahn beträgt) bis zu 27, 5 m Karmarsch-Heeren 2, 659;
seht dort die brücke ...
mit pflöcken eingerammt die tragepfähle
Grillparzer (1892) 8, 56 Sauer;
tragriegel
bei der holländischen windmühle 'starke holzstücke von achtzehn schuhe lang, auf sechszehn zolle stark, welche man unter das gestell einer windmühle stellet, um den mantel zu tragen' Vochs baulex. (1781) 309ᵇ; Mothes ill. baulex. 4, 363; 4, 482; auch 'knüttel zum unterfassen von balken und steinen beim tragen auf den bau' Müller-Fraureuth obersächs. 1, 236;
tragschiene
horizontal gelegtes eisen, das zum tragen irgend einer last bestimmt ist, s. Helfft landbaukunst (1836) 367; Mothes illustr. baulex. 1, 109;
tragsims
s. Müller-Mothes 934ᵇ: ein schlechter khor, der bedarf nicht mehr den 4 gesimbsz, schreggesimbsz und kapgesimbsz, tragesimbsz und taggesimbsz L. Lacher (1516) unterweisung bei A. Reichensperger verm. schr. 134;
tragsteg
anschlag zu einem mühlenbau ... vor ... steinriegeln, förder- und hintersteltzen, auch tragstegen a 5 rthlr. 7 gr. allgem. haush.-lex. 1, 93ᵃ;
tragstumpf
in der bergmannssprache 'säule, säulenartige schichte zwischen zwei gruben' Unger-Khull steir. 165ᵇ;
tragtramen
tragbalken, vgl. dram th. 2, 1332: tragtramen 'träger einer holzbrücke' Mothes illustr. baulex. 4, 363; Hoyer-Kreuter 1, 772;
tragwand
es gibt tragewände, welche dazu bestimmt sind, ein gebälke eines hauses oder eines andern gebäudes zu tragen, und florwände, welche nur einen gewissen hof-, garten- oder ackerraum einfrieden sollen Leopold handwb. d. ökon. (1805) 527ᵇ: Lueger 1, 554.
c)
in der technik:
tragachse
seine (des ofens) trageaxe (wird) von einem rohre gebildet Muspratt chemie 4, 477;
tragapparat
in gestalt einer haltenden platte bei einer maschine, s. Karmarsch-Heeren³ 11, 146;
tragarm
der gefällmesser ... ist ein instrument, das an einem wagerechten tragarm ... aufgehängt wird v. Alten handb. 3, 852; zwischen den tragarmen der ständer und den gabellagern liegen schraubenmuttern Muspratt chemie 1, 458;
tragbahn
bei der luftseilbahn, s. Lueger 6, 233;
tragblech
kothblech, s. th. 5, 1895: koth- oder tragebleche ..., damit der koth nicht zwischen die achse und naben falle und das wagenschmeer verderben kan Fäsch kriegslex. (1735) 916ᵇ;
tragdeck
beim flugzeug, gewöhnlich tragfläche: das betriebsgewicht bestimmt bei ... flugmaschinen die grösze des tragdecks v. Alten handb. 2, 236; auch componiert: tragdeckbreite ebda 3, 426; abbiegbare tragdeckenden ebda 2, 328; 3, 426;
tragfläche
von flugapparaten: durch den luftdruck von unten öffnet er (der fallschirm) sich und bildet eine tragfläche v. Alten handb. 3, 482; einen drachen von nur 6 geviertmetern tragfläche zum emporheben des registrierapparates zu verwenden tägl. rundschau (1905) unterh.-beil. 143ᶜ; die tragflächen eines flugzeuges Hamburger fremdenblatt (15. 1. 1931) nr. 15, 3;
traggas
das gas, durch das luftschiffe, -ballons getragen werden: der abstieg des luftschiffes aus den wärmeren luftschichten in die kalten, über dem eise lagernden zonen verlange schon bei einem temperaturunterschied von nur 4 grad die preisgabe von 1600 cbm traggas deutsche allgem. zeitung (26. 1. 1932) nr. 41;
traghebel
hebel, der beim heben der last angehoben wird, im gegs. zum druckhebel, der dabei niedergedrückt wird, s. Fäsch kriegslex. (1735) 916ᵇ; Eggers 2, 1139; Adelung 4, 639; Bürja gröszenlehre 1 (1799) 124; traghebel ... einarmiger hebel, wo die last dem drehpunkt näher liegt als die kraft Mothes ill. baulex. 4, 363;
traghülse
sie (die räderfräsmaschine) besteht aus einer ... platte a, auf welcher das ... hülsenstück β mit der traghülse γ ... montirt sind Karmarsch-Heeren 11, 145;
tragkabel
bei der brückenconstruction: die allgemeine anordnung der hängebrückenträger ist entweder die mit gekrümmten tragketten oder tragkabeln Mothes illustr. baulex. 1, 517;
tragkette
theil einer kettenbrücke, s. Karmarsch-Heeren 2, 476: es besteht die tragkette aus zwei ... parallelen ketten ebda 2, 92;
traglager
im maschinenbau: je nachdem die druckrichtung (in den zur unterstützung von sich drehenden oder schwingenden zapfen dienenden lagern) senkrecht oder parallel mit der achse des zapfens ist, unterscheidet man traglager und stützlager Karmarsch-Heeren 5, 232; Lueger 6, 47;
tragleine
leine am webstuhl, an der ein fusztritt hängt Campe 4, 858;
tragplatte
bei technischen apparaten: das ... thonrohr wird beim austritte (aus der presse) auf der an ketten ... aufgehängten tragplatte ... aufgenommen Karmarsch-Heeren 9, 370; 5, 8;
tragrad
zum halten bestimmtes rad: die unterstützung der plattform (bei getreidemähmaschinen) erfolgt ... durch ein kleines, meist konisches trag- oder laufrad G. Krafft lehrb. d. landw. 1, 2, 58; bei der lokomotive das hinterrad Hoyer-Kreuter 1, 772;
tragrolle
verschiedenster verwendung: bei übertragungen (des seiltriebs) auf mehrere 1000 m entfernung ... wird das seil durch tragrollen unterstützt Karmarsch-Heeren 2, 657; um die pfanne (beim glaubersalzofen) im gleichgewicht zu halten, ruht eine ringförmige schiene ... auf tragrollen Muspratt chemie 6, 876;
tragschraube
(bei der hobelmaschine) zwei wellen ..., welche ... auf den tragschrauben befestigt sind Karmarsch-Heeren 4, 354; Lueger 3, 427;
tragzange
zum transport von eisenbahnschienen Hoyer-Kreuter 1, 771;
tragzapfen
tragzapfen 'ein mit vorwiegend radialem druck auf das lager wirkender zapfen' Lueger 7, 702.
d)
in der zoologie und botanik:
tragbein
s. d.;
tragblatt
stützblatt, dem laubblatt ähnliches hochblatt, das in seinem winkel eine blüte trägt Gerke botan. wb. 1, 194;
tragbogen
s. d.;
tragknochen
die schultergürtel (bei den rochen) ... schicken ... tragknochen nach vorn und hinten, die den kopf und die bauchhöhle eingrenzen Brehm thierleben 8, 437;
tragmuskel
bildlich: dasz ein unterthan ... leicht das wachsende kalb der abgaben und lasten trage ... inzwischen hofften sie, bisher die tragemuskeln, wenn nicht gestärkt, doch auch nicht sehr geschwächt zu haben Jean Paul 5, 15 Hempel;
tragorgan
man findet bei keinem andern wirbeltiere die schaufelform des beckens als ... trageorgan gleich ausgebildet (wie beim menschen) v. Alten handb. 2, 18;
tragrand
an der sohle des thierfuszes: das beschläge der ochsen besteht gewöhnlich aus einer der form des tragrandes der klaue genau angepaszten, breiten eisenplatte G. Krafft lehrb. d. landw. 3, 163; ebenda 247; 248; v. Alten handb. 3, 738; auch componiert: hornspalte (hufkrankheit) sind trennungen der hornwand in der längsrichtung ... je nach dem sitz trennt man tragerandspalten, kronenrandspalten ebenda 4, 903.
3)
gegenstände, die dazu eingerichtet oder bestimmt sind, fort- oder umhergetragen zu werden:
tragaltar
s. d.;
tragbild
tragbares götterbild z. b. bei den Panatheneen Sonnenfels ges. schr. (1786) 9, 301;
traggepäck
sie (die feldmütze) ist ... weich, um sie leicht im tragegepäck unterbringen zu können v. Alten handb. 3, 539;
tragkäfig
der Heinl ... stützte seinen stock unter den tragkäfig (korbartiger rückenkäfig für vögel) Rosegger schr. (1895) II 1, 4;
tragkellerlein
cantinetta portatile M. Kramer 2 (1702) 1104ᶜ;
tragkreuz
zum umhertragen bestimmt: das tragkreuz bei processionen schmücken Schmitz sitten und sagen d. Eifler volkes 1, 35;
tragkübel
als feuerlöschgeräth: tragkübel oder feuertienen Mothes illustr. baulex. 2, 325; Lueger 4, 581;
traglampe
die nur von fackeln und traglampen erhellte finsternisz Gutzkow ges. w. (1872) 2, 109; erst im letzten jahrzehnt hat die elektrische traglampe ihren ... einzug in die (bergmännischen) betriebe unter tage gehalten deutsche allgem. zeitung 28. 1. 1932;
tragofen
trag- oder tragbarer ofen ist ein stubenofen, welchen man ... aus dem zimmer weg und an die seite stellen kann Blumhof eisenhüttenkunde 4, 371; anders: tragöfen mit kastanien, blechkannen voll limonade wurden ausgeläutet und ausgeschrien Dingelstedt s. w. 1, 297;
tragschirm
bei prozessionen mit dem allerheiligsten ist ein baldachin streng vorgeschrieben. und, wo der grosze traghimmel nicht vorhanden ..., soll wenigstens ein kleinerer tragschirm, umbella, getragen werden kirchenschmuck 25 (1869) 63;
tragschlitten
leichter, tragbarer schlitten s. Staub-Tobler schweizer. id. 9, 779;
tragsitz
die ... improvisationen für feldsanitätszwecke: ... tragsitze und nottragen v. Alten handb. 2, 43; ein riesenelephant mit groszem tragsitz Ritter erdkde 7, 51;
tragspritze
s. d.;
tragthron
hinter dem hochaltar wird der tragthron niedergesetzt Grillparzer (1892) 19, 220 Sauer;
tragtonne
tragtonnen, die ... in das feld getragen werden v. Schwerz prakt. ackerbau 552;
traguhr
eine traguhr (horologium portatile) Martini sonnenuhren d. alten (1777) 108;
tragwohnung
das wort σκηνή heist sonst ein gezelt und tragwohnung Chr. G. Rose homilet. studierstube (1723) 4;
tragzelt
die Türkenhaufen ... durch den überfall jenes tragzeltes (das von zwölf mann getragen wurde) erbittert Rosegger I 13, 105.
4)
abstracta, bei denen trag- die stelle einer genetivbestimmung (des tragens) einnimmt, hauptsächlich in der technik:
tragfestigkeit
der wert für die spannungen an der elasticitätsgrenze heiszt ... tragfestigkeit Schönermark-Stüber hochbaulex. 409; bildlich: ob sie (die moderne weltanschauung) ... sichere tragfestigkeit, einheit und zusammenhang in sich selbst besitze D. Fr. Strausz schr. 6, 6;
traggeschäft
gelegentlich zur übersetzung gebildet (4. Mos. 4, 15): hernach sollen die kinder Kehath herbeikommen, um zu tragen: damit sie das heiligthum nicht unmittelbar anrühren und sterben. dieses ist das traggeschäft der kinder Kehath beim stiftszelte M. Mendelssohn ges. schr. 7, 315;
tragsicherheit
die schraubenspindel (bei der schraubenwinde) wird ... auf zusammengesetzte festigkeit beansprucht, worauf bei beurtheilung ihrer tragsicherheit rücksicht zu nehmen ist Karmarsch-Heeren 4, 274;
tragvermögen
s. d.;
tragwirkung
von bedeutung ist die unverschieblichkeit des eisens in der (mörtel-) umhüllung, da auf ihr die tr. beruht (bei sog. verbundkörpern) Schönermark-Stüber hochbaulex. 860.
B.
zur bedeutung III B frucht tragen gehören composita, die meist bereits vor dem 18. jh. bezeugt sind:
1)
zu tragen III B 1 leibesfrucht tragen auszer den an alphabetischer stelle aufgeführten tragmutter, -sack 2, -schwein, -zeit 1:
traghaus
für tragsack, bärmutter der thiere: traghaus matrice Mozin-Biber-Holder wb. d. frz. spr. 3, 18ᶜ; von Campe 'in einigen gegenden' bezeugt und als verwerflich bezeichnet 4, 857;
tragleib
der zum kindtragen geschaffene leib: das der herr het beschlossen ihren (Annas) tragleib (vulvam vulg.; leib 1. Sam. 1, 6) Joh. Eck bibel (1537) 127ᵇ;
tragschaf
mutterschaf, das bereits gelammt hat, s. allgem. haushalt.-lex. (1749) 3, 82; Adelung 4, 643;
2)
zu tragen III B 2 pflanzliche frucht tragen auszer den an alphabetischer stelle stehenden tragast, -auge, -baum 2, -buche, -eiche, -haupt, -knospe, -potze, -zeit 1, -zweig:
tragjahr
der (wallnusz-) baum ... liefert in günstigen tragejahren bis zu 1000 kg nüsse Muspratt-Stohmann handbuch der techn. chemie 6, 210;
tragrebe
kurze zapfen geben meist kräftige, groszbeerige trauben, lange tragreben dagegen kleinbeerige trauben Karmarsch-Heeren technisches wb. (1876-92) 10, 570;
tragrute
mit der länge der tragruthen (des weins) wächst die ertragsfähigkeit Karmarsch-Heeren 10, 570.
C.
zuss. zu tragen III C 3 kleider tragen sind zumeist auf die berufssprache beschränkt z. b.
tragart
diesem jetzigen ajustement (bekleidung und ausrüstung der infanterie) eine form und trageart zu geben Wilhelm I. militär. schr. 1, 434; er hatte den ... säbel ganz nach alter tragart an einem breiten gurt R. H. Bartsch d. dtsche leid (1912) 12; 1838 wurde diese trageart (des eisernen kreuzes mit der rückseite nach oben) eingeführt v. Alten handb. 3, 335;
tragdauer
haltbarkeitsdauer: die gebühren sind ... nach der für jedes (bekleidungs- und ausrüstungs-) stück normierten tragdauer festgesetzt v. Alten handb. 2, 64;
tragdegen
hand- sive trag- und seitendegen gladius familiaris, usualis, domesticus Stieler (1691) 269;
tragechtheit
tragechtheit eines kleidungsstückes Lueger 4, 95;
tragversuch
die trageversuche mit dienströcken in litewkenform für beamte tägl. rundschau (1901) 395, hauptbl. 2ᵇ; Serbien läszt gegenwärtig tragversuche in dieser richtung (mit alizaringefärbtem tuch) anstellen Lueger 1, 235; trageversuche mit einem neuen kavalleriesäbel tägl. rundschau (1908) 124, 1. beil. 1ᶜ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6,7 (1931,1932), Bd. XI,I,I (1935), Sp. 1048, Z. 68.

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Zitationshilfe
„tragrolle“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/tragrolle>.

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