intrans. und reflex. '
vergehn'
; mhd. in übertragenem sinne:
ir gehugede verstreich,
wand im die juncfrowe gut
selden ouch besaʒ den mut
mit lieblichem sedele
passional 689, 59 Köpke;
biʒ sich der mut verstriche
643, 28.
nhd. intrans., von schnell vorüberziehenden naturereignissen:
ein blitz wird nicht so bald vergehen und verstreichen, ...
als schönheit der gestalt aus unsern augen weicht
Ziegler Banise 586;
ein wind der bald verstreichet
Lohenstein Arminius 1, d 3.
von unvermerktem verrinnen der zeit Stieler 2203;
Kramer 2, 1006ᵇ;
Adelung; Campe. heute obd. und md. (
so elsäss. Martin-Lienhart, schles.);
literarisch bezeugt seit mitte des 17. jhs.: die bestimbte zeit ..., welche in bälde verstreichen .. würde
Grimmelshausen 4, 520, 29
Keller; in dem verstrichenen rosen-monate hätte der blitz des käysers .. bild gerühret
Lohenstein Arminius 2, 931ᵃ;
drey tage will ich dir schenken.
doch wisse! wenn sie verstrichen die frist,
eh du zurück mir gegeben bist,
so musz er statt deiner erblassen
Schiller 11, 285 (bürgschaft);
sind .. sechs monate verstrichen
bürgerl. gesetzb. § 416
abs. 1.
mit präpos. zusatz: darüber aber sind eure besten jahre verstrichen
Happel akad. roman 211; ein leben, das unter thaten, empfindungen und gesängen verstrich
Herder 3, 27;
sein kurzes seyn verstreicht
in steter wirksamkeit
Wieland 1, 100 akad. ausg.
häufig in der wendung die zeit (
ungenutzt) verstreichen lassen: ich fühle heute so lebhaft .. wie thöricht der mensch seine zeit verstreichen läszt!
Göthe 23, 18
Weim.;
nein! wer liebt, läst sonder pein
nimmer einen tag verstreichen
Gryphius lustspiele 185 Palm (Majuma 1, 112).
von der zeit auf vergangene vorgänge übertragen: aus den verstrichenen actionen, so damahls vorgangen
Chemnitz schwed. krieg 1, 30;
doch mancher zeigt, o wahn! ...
was die verstrichne welt für sünden einst gethan
Schwabe belustigungen 4, 35;
dein zorn ist aus, die schulden sind verstrichen,
und wir verglichen
Neukirch ged. 70;
er hatte sich nun doch gefürchtet — und die schönste gelegenheit ungenutzt verstreichen lassen!
Meyr aus dem Ries 1, 205.