Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)
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- fillen
- filler, m.
- vervielen, v.
- viehle
- viehlen, verb.
- viehler, m.
- viel, m.
- viel, adj.
- viele, f.
- vielen, verb.
fillen
fillen,
excoriare, pellem detrahere, das fell abziehen, schinden, häuten, goth. wahrscheinlich filljan, ahd. fillan ( 3, 469), mhd. villen:
nhd. villen oder schinden excoriare. voc. 1482 kk 4ᵇ; der gebot sinen dienern, das si in schuͦnten (l. schünten, vom starken schinden, schant) oder filten. gesta Rom. K. 22. später verdrängt durch schinden und nicht mehr bei Dasypod., Frisius, Maaler, Henisch, doch von 466 angeführt, den idiotiken unbekannt. nnd. nnl. dauert villen fort:
zwâre ê ich ir læge lasterlîchen bî,
ê lieʒ ich mich schërn und villen.
MS. 1, 81ᵃ;
swër daʒ hâr sô nâhe schirt,
daʒ ër die hût villet,
dane wirt niht gestillet,
sunder mêr gesêret.
krone 6170;
si begunden mich schërn und villen.
Renner 14593.
ihr (hochdeutschen) schindet ewer aas, de rackers unse villen,
ihr sitzet auf arsbacken. wi sitten up den billen.
72, 677;
do bat de arme Hans üm dusent gades willen,
de buren möchten en doch ganz und gar nicht fillen.
140, 158.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1861), Bd. III (1862), Sp. 1631, Z. 23.
filler, m.
filler, m.
excoriator, schinder, carnifex, henker:
blieb an manchen orten in der form von gefiller, kafiller, kaviller lange üblich. 1, 266ᵃ.
strâfer die heiʒet man viller.
Renner.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1861), Bd. III (1862), Sp. 1631, Z. 44.
vervielen, v.
vervielen, v.,
mhd. verviln mhd. wb. 3, 314; 3, 288; mnd. vorvelen 5, 487; in nd. mundarten: vervelen brem.-nieders. wb. 1, 368; ostfries. verväälen 316; hd. selten: nordböhm. Markersdorf 121.
1)
in älterer zeit und mundartlich: zu viel sein, werden oder scheinen.
a)
fast immer mit dem acc. der pers.
α)
mhd. wie beviln unpersönlich mit dem gen. der sache:
got der vil wunderliche milte,
den richer gabe nie vorvilte
63;
und ab der rede dich vervilt
buch Hiob 2739 K.;
der selben sach uns nit vorfelt
Alsfelder passionsspiel 1242 Froning.
β)
später mit sächlichem subject:
der hohe wert des kauffes vervielete den käuffer haubtspr. 648; nordböhm. die reïde tout mich vuͤfîln Markersdorf 121.
wen dieses lob vervielt,
der komm und höre dich
deutsche ged. 1, 123 L.;
γ)
den übergang vermitteln verbindungen mit es, das in älterer zeit als genitiv, später als nominativ aufzufassen ist:
wenn man zu lange schulden stehen läszt, vervielt es hernach die leute 2, 894; mundartl. 't verväälde mi dr tolesst, ich langweilte mich zuletzt daselbst 316ᵇ.
mein heiliger engel Gabriel,
du solt dichs nicht lassen vervieln,
und mache dich gen Rom zu handt
spiel v. fr. Jutten 30 Schröder;
b)
vereinzelt mit dem dat. d. pers.: wie nun Donnes ... 600 talent ... forderte, dieses aber dem Caius vervielte Arminius 1, 248ᵇ.
2)
ebenso ungewöhnlich absolut, viel bedeuten, viel zu sagen haben:
ist es gut mit worten spielen?
schad und nutz kan nicht vervielen;
wer gewinnt, der wird betrogen;
wer verleuret, hat gelogen
sinnged. 141 lit. v.: von als zu 3 gehörig aufgefaszt.
3)
v., multiplicare, amplificare, augere, cumulare; die furcht wird vervielet durch böse zeitung 2371; verd.-wb. 665ᶜ; mnd. Schiller-Lübben; so vielmal sich ein antlitz in den stücken eines zerbrochenen spiegels ... vervielet Arminius 2, 580ᵃ; schon Lessing nicht mehr recht geläufig: er wünscht im Logau-wb. diese bestimmung: das wasser vermehrt sich; alle blumen vervielen sich, einige blumen vervielfältigen sich 7, 406 M. —
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. (), Bd. (), Sp. , Z. .
viehle
viehle,
s. viehlein. —
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1913), Bd. XII,II (1951), Sp. 88, Z. 6.
viehlen, verb.
viehlen, verb.,
s. vieheln.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1913), Bd. XII,II (1951), Sp. 88, Z. 52.
viehler, m.
viehler, m.,
s. vieheln; schweiz. vechler, kuhhirte, 'besonders wer nur wenige kühe hat oder sich mit besorgung von kühen gern abgiebt' 652.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1913), Bd. XII,II (1951), Sp. 88, Z. 53.
viel, m.
viel, m.,
viola Dasypodius s. veil th. 12, 41. pflanzennamen 440 (ebenda auch vielette).
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1913), Bd. XII,II (1951), Sp. 105, Z. 23.
viel, adj.
viel, adj.
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I.
gemeingermanisches n. eines adj. (u-stamm), vgl. s. puru-, gr. πολύς, altir. il ( wortsch. d. germ. spracheinh. 235); got. filu, von den casus obliqui ist der gen. filaus bezeugt; an. fjǫl kommt nur als erster bestandtheil von zusammensetzungen vor (nur nordisch sind die adj. comp. und sup. fleiri, flestr). north. feolu, ws. fela, feola; letzteres wird genau so gebraucht wie feolu; fela ist entweder als erstarrter casus obl. (eine analogie bietet afries. fia, vieh), oder als adverbialbildung zu erklären; afries. felo, fele, fule, fula ( afries. wb. 731ᵇ ; vgl. stammb. lehre § 182); as. ahd. filu, filo ( vorstudien 73; 428; 520; 3, 471); mhd. vil mhd. wb. 3, 312ᵇ; mnd. vele, vel mnd. wb. 5, 223ᵇ; vole, volle, vale 298ᵃ; nl. veel; multum, vil, viel, fyele, fyel, fiel, wile, vele, veel, fele gloss. 371ᵃ; zur form und dem gebrauche des wortes in den mundarten vgl. schwäb. 2, 1492; 1, 774; els. 1, 108ᵇ; bayer. 1, 837; tirol. 789; kärnt. 95; plattd. 516ᵇ; altm. 235ᵇ; Göttingen 259ᵃ; Waldeck 32ᵇ; westf. 298ᵇ; brem. wb. 1, 368. in manchen gegenden ist die dehnung (fīl) nur eingetreten, wo das wort mit nachdruck gebraucht wird, während bei unbetontheit der vocal in fil kurz geblieben ist; der kurze vocal hält sich auch in der zweisilbigen form (vgl. z. b. berlinisch fille); auf nd. gebiet steht neben fēl die form fēle (felle); nd. felle, viele, plur. z. b. in Hofgeismar (nd. korr. 10, 17); sowohl die formen mit i wie die mit e sind im mundartlichen gebrauch der rundung unterlegen, ferner findet sich ei für das gedehnte i; dem völe gegeven ys, dar sal völle van geeischet werden restitution 65 neudruck; fǖl und füll im bayr.-österr. gebiet. — da das auslautende e sich erhält, besonders im md. und nd. gebiet, formen mit consonantischem und vocalischem auslaut nebeneinander gebraucht werden, so ist vile, vele nicht ohne weiteres als nom. acc. plur. oder nom. acc. fem. sing. anzusehen:
hier ist vile unflectierte form; davon die chronicken viele melden Pomm. 1, 25; bekamb er mit den hertzogen aus Polen viele zu thuen 2, 271.
er jagete in nâch mit sîner craft
unde slûc ir vile tôt
livl. reimchron. 8409;
II.
gebrauch.
1.
viel wird zunächst substantivisch gebraucht, als ein collectivum, das den gen. bei sich hat. ist der gen. ein plural, so wird durch viel eine unbestimmte, grosze zahl angegeben, ebenso bei dem sing. eines collectivums. sehr früh bekommt viel eine weitere bedeutung, wenn das im gen. dabei stehende wort nicht eine menge einzelner individuen
oder gegenstände bezeichnet; viel nimmt den sinn von fülle, masse, stärke an. viel wird schon in alter zeit in verbindungen mit dem genitiv nicht flectiert. in der got. bibelübersetzung findet sich öfters die verbindung manageins filu, ὄχλος πολύς Luc. 9, 37 u. ö.; filu manageins, πολὺ πλῆθος Marc. 3, 7; πλῆθος ἰχθύων πολύ, manageins fiske filu Luc. 5, 6; das zum collectivum gehörende verb. kann im plur. stehen; gegen das gr. Marc. 4, 1. 5, 21 (verb. vorausgehend); der genit. eines plurals ist bezeugt bei swa filu: τοσαῦτα ἔτη, swa filu jere Luc. 15, 29; vgl. Joh. 12, 37, und bei hvan filu: πόσοι μίσθιοι, hvan filu asnje Luc. 15, 17. auch beim deutschen viel mit gen. wird der ursprüngliche adjectivische charakter durch zusätze wie als, so, wie, sehr, zu bezeugt. wo oblique casus (mit nomen) zu übersetzen sind, tritt im got. manags ein, das auch in fällen verwendet wird, in denen an sich nach got. gebrauch filu stehen könnte. hierbei kann gleich darauf hingewiesen werden, dasz das deutsche manch erst sehr allmählich sein gebiet gegen viel einschränkt, s. th. 6, sp. 1625. über viel mit dem gen. vgl. gr. 4, 760; gr. 3, § 218; syntax 2, § 34; schwäb. wb. 2, 1493.
a)
viel mit dem gen. sing., zunächst eines collectivums, einer stoffbezeichnung, dann aber auch anderer nomina zur angabe einer beträchtlichen menge, masse, stärke oder eines beträchtlichen grades. Adelung unter viel I 1, (2) hält diese verbindung für veraltet und läszt sie im allgemeinen nur in festen wendungen zu (z. b. viel wesens, viel redens von etwas machen, s. unten b); da viel volks da war Marc. 8, 1; da es nicht viel erden hatte Matth. 13, 5; als vyl geldes haben die burger genomen Marienb. treszlerbuch 136, 4; so makeden dusse twolffe .. vele plasses st. chron. 16, 303, 22; vil getreyds feldbau (1551) 18ᵇ; unsere forfaren haben mit viel bluͦts jhre könig und herren vertheydinget sprichw. 76; vil haars thierbuch (1563) 125;
etwevil zeyts erste d. bibel 2, 107, 6 (etliche zeit 1 Cor. 16, 7); enbütt Eneas Silvius .. vil hails transl. 17; vil übels decamerone 22 Keller (tante ingiurie); man sihet, das viel unrats aus unbescheiden predigen von kirchen ordenung kömpt 26, 222 Weim.; das er vil kriegs anfieng Züricher bibel (1531) 308ᵇ (1 Macc. 1, 1); da die ketzer und hugonotten sovil gefests von machen bienenk. (1588) 173ᵃ; habt ihr so viel muhts Horribil. 48 neudr.;
gen. mit dem artikel, mehr in gehobener sprache:
viel des geldes 2, 400ᶜ.
attributives adjectiv vor dem gen.: vil armes volkes decamerone 43 Keller; hetten sovil brüederlichs willen zusamen Zimm. chron. ² 1, 147; viel vergeblicher unruge ps. 39, 7; vil lichtverigs gschwetzes v. freih. d. sp. 9 neudr.; vil frölichs gesprechs gartenges. 1 lit. ver.; woher es komme, dasz hier so viel vorzüglichen werths auf .. gelegt wird 3, 82 Grollmann; possessivpronomen: heut hab ich wieder Wieland viel meiner letzten jahrs geschicht erzählt IV 3, 26 Weim.
es ist natürlich, dasz viel in solcher verbindung auch obliquen casus vertreten musz: wann nach vil zeytz der herre der knecht kam erste d. bibel (uber eine lange zeit Matth. 25, 19); schiff .. beschwärt .. mit vil guͦtes schiff d. pen. 17ᵃ; darinne sich der teuffel mit vil wunders, geschrey .. sehen und hören läszt sprichw. (1548) 76ᵇ.
besondere verbindung: man könte viel dinges sagen multa dici possent 2371:
darin wol viel schönes dinges von unsern vorfahren ist gefunden worden altes Pomm. 1, 12; der gesetzgeber Moyses, hat viel wunderdinges gestifftet glückstopf (1669) 18; auf meinen reisen und in vielen fehden hab ich viel dings erbeutet, das mich .. ergötzt (1828) 5, 59.
von dem die Engländer so viel werks gemacht briefs. 2, 30 (Herder).
viel glücks als segenswunsch, viel danks als ausdruck der erkenntlichkeit, jetzt auch in gehobner sprache kaum mehr gebräuchlich (viel glück, vielen dank):
viel glücks, tapferer und liebenswürdiger Biribinker 12, 249; viel glücks, mein freund zu der ankunft bei ihren laren briefs. 1, 172 (Bode).
viel danks für dein andenken briefs. 1, 188 (Wieland).
frew dich, man hat den disch gedeckt,
vil essens druff
Grob. 398;
nicht viel geschreis und wenig wollen
fastn. sp. 2, 743, 4;
so ein mensch hat hie erlitten
vil unglücks
Keller;
1, 440 vil jamers, leids, uns auch da gschach
flöhatz 19, 590 neudr.;
viel glückes sieht man auch dir an der seiten stehen
schriften (1732) 1, 5;
und den verlockten sank
viel des lebens dahin
oden (1889) 2, 34;
vil dinges ist von ir geschehen
Parz. 533, 15;
der wahrsagrische geist Merlins, hat lange zeit
zuvor viel dinges schon, von dir, mir propheceyt
Ariost 3, 9, 4;
viel glücks! ich will euch denn nur hier verlassen
Nathan 5, 4;
viel glücks! die vögel sind dem bauer entwischt
(1794) 9, 211;
b)
sehr oft ist viel mit dem genit. eines infinitivs verbunden, in neuerer sprache meist in festen formeln: viel wesens, viel aufhebens, federlesens machen u. ä.; die ältere sprache ist beweglicher: so gat wol also vil kostens und arbeit daruff bilgersch. (1512) B 4ᶜ; eine tochter .. macht dem vater viel wachens Sir. 42, 9; wo viel zugreiffens ist, alles wol verschlieszen 42, 6; kund ich auch vil lerens 34, 12; es ward aber viel weinens unter jnen allen ap.-gesch. 20, 37; (viel den genit. vertretend:) viel bücher machens ist kein ende pred. 12, 12; alte heut dörffen vil gerbens sprichw. (1548) 18ᵃ; alte stifel bedörffen vil schmierens 22ᵃ; vil einnemens, vil auszgebens 94ᵃ; zu hoff ist vil hendreychens 39ᵃ; vil fragens ist unwerth 131ᵃ; vil geschreys und hoch erbrüstens 167ᵇ; viel rühmens, und nichts dahinder prov. cop. (1601) 3, 355; die sach braucht vil schnauffens (1561) 448ᶜ; Alcibiades, der in unsern zeiten so viel aufsehens gemacht hat (1794) 1, 143; die izt so viel redens macht briefs. 2, 89 (Wieland); die mir so viel lesens, schreibens und verlustberechnens machen 1, 375 (Wieland); machten sie nicht viel federlesens (1852) 5, 22;
was thund wir aber von der sachen
vil wesens, als die kinder machen
Ilias 283ᵃ (ἄλλ' ἄγε μηκέτι ταῦτα λεγώμεθα νηπύτιοι ὥς Y 244).
(1610) c)
viel mit einem genit. des plurals (vgl. unten 10, p); aus dem bedürfnis, den genitiv deutlich erkennbar zu machen, erklärt es sich, dasz hier besonders oft der genit. durch artikel, pronomen, attribut u. ä. bezeichnet wird. ich hoffet von im vil guter dienst zu haben decamerone 167 Keller; so vil kleiner fisch hab ich bei euch gessen schimpf u. ernst 392 lit. ver.; vil ander unschedlicher tiere 164; viel nu seiner jünger .. sprachen Joh. 6, 60; viel guter werck habe ich euch erzeiget 19, 32; aber: jr sind viel sünde vergeben Luc. 7, 47; jr werden seidher vil grober puncten der bursch abgemerckt haben Grob. 7 neudr.; das er hat .. vil feiner leut erziehen lassen Sar. (1571) 1ᵃ; es hat gott in funff tagen, viel schöner herrlicher creatur geschaffen hosenteufel 21 neudr.; noch sonst trefflich viel solcher guten lehren .. gab die alte Simpl. 3, 348 Keller;
trincket! das tranck vil freyden pirt:
das ist mein pluet
altd. pass. spiele aus Tirol 29;
vil schöner gmach ich da durch schawt
Keller;
1, 438 du findst noch vil der selben Fritzen
Grob. 255 neudr.;
ich sendt, sagt er, vil der propheten
der weissen und der schriftgelerten
Endinger judenspiel 19;
gib jhm vil der süssen wort
Ilias (1616) 12ᵃ;
zur seiten wil ich hier und dar
viel weisser liljen stecken
kirchenlied 3, 332ᵇ ( );
die ihr mit scharfen nasen ausgewittert
viel höchst gefährlicher, geheimer bünde
ged. 1, 113 Schmidt-Hartmann.
d)
viel selbst vertritt den genitiv:
wenn im mhd. vil dativisch ist vor einem plural, tritt das abhängige wort in den dativ.
daʒ ist vil koufliute site
Parz. 352, 18;
e)
ist viel mit abhängigem genit. plur. subject, so kann das verb. im sing. oder plural stehen ( deutsche syntax 2, § 34):
im nhd. tritt die verbindung mit dem sing. bald zurück (vgl. auch unter h): denn jrer war viel, die jm nachfolgeten Marc. 2, 15; vgl. plur. bei aufnahme eines collectivums: da viel volcks da war und hatten nicht zu essen Marc. 8, 1;
in nachahmung der alten sprache:
der plural wird das gewöhnliche: das bitten euch zugleich mit mir .. vil gelerter leut, vil edler ritter und knecht 1, 412 Böcking; es seind vil reicher betler auff erden sprichwörter (1548) 64ᵃ; alterthümelnd: von dem thurm auf Schartfeld berichten viel alter leute, dasz er keine dachung leide sagen (1891) 1, 144;
uuas liuto filu in fliʒe
1, 1, 1;
so it thar manno filo
ne uuissa te uuarun
Hel. 2038;
slogun an iro briost filo
uuopiandero uuibo
5686;
da ist vile slangen, credin, spinnen
ged. d. 12. jh. 11, 68;
in hilfet vil der degene
Nib. 143, 4;
dô liefen in enkegene vil der Guntheres man
75, 4;
dô kam vil ritter unde frowen
106, 25;
vil schilde der ganzen
wurden dâ zerfüeret
Willeh. 383, 6;
(teich,) in dem sô vil vische gât
Reinhart 723;
da viel heren is mit verloren bleven
d. städt. chron. 12, 66, 1560;
ach leiden! viel schmertzen hat mich nun besessen,
die freude verschwindet,
viel schmertzen sich findet
fortgepfl. lustw. (1657) 1, 344;
da ward von ihnen beiden
der wunder viel gethan
ged. 1, 383 Schmidt-Hartmann.
drumb denck desz baums müszig zu gehn
weil sunst vil edler frücht da stehn
Keller.
1, 29 f)
genitiv eines pronomens; im nebensatz von viel abhängig, den theil des im hauptsatze genannten ganzen bezeichnend: was also Berengarius .. geantwortet, ist verloren. wie viel dessen gewesen ist, nicht leicht zu bestimmen 11, 98; alle maulaffen, so viel derselben in diesem buche versamlet polit. maulaffe (1679) widmung; und da sie miene machten, so viel ihrer waren auf mich zu fallen 43, 46 Weim.; ihre truppen, so viel deren noch in Italien waren werke 1, 116.
g)
in der älteren sprache konnte viel gutes in demselben sinne gebraucht werden wie später viel des guten; diese verbindungen viel des guten, nützlichen, bösen u. ä. gehören aber der gewählten sprache an gegenüber viel gutes, vieles gute:
wie viel des guten können sie, wie leicht
es thun! allein des bösen auch wie viel
10, 38
h)
die stellung des genitivs vor viel ist seit alter zeit her beliebt; zu beachten ist, dasz im 18. jh., so weit die verbindung mit dem genit. bewuszt wieder aufgenommen wird, sich die neigung zeigt, die voranstellung des genit. zu bevorzugen (vgl. auch 10, p):
und seiner jünger giengen viel mit jm Luc. 7, 11; meiner zeichen und wunder vil 2 Mos. 7, 3; er wird der kinder von Israel viel ... bekeren Luc. 1, 16; göttlicher und menschlicher hystorien vil wissend Reichenauer chron. 2 lit. ver.; verbeist er des dinges viel, und lest sich nichts mercken Hans Pfriem 4 neudr.; er macht der boszen zuviel 2371; der schmerlen und des geflügels viel Gerstenberg Ugolino II; der .. schrecklichen sagen viel Klinger (1809 ff.) 4, 4; der nüsse viel (1811) 1, 127.
geseah ... máđđumsigla feola
Beow. 2758;
enti sînero degano filu
Hild. 19;
giloubta thero liuto filu
2, 14, 111;
dar umbe muosen degene vil verliesen den lîp
Nib. 2, 4;
auch sach ich schöner leuchter vil
Keller;
1, 438 denn sih es hat bedenckens vil
lauter wahrheit 36;
im landt Phœnicia ohn zil,
hett er ligender güter vil
Aeneis 10ᵃ;
(1610) der brünnlein klar, und quellen rein
viel hie, viel dort erscheinen
trutz-nacht. (1649) 35;
wie wohl die graue zeit der furchen viel
auf seine breite stirn gegraben
(1794) 18, 24;
da hört ich rühmens viel
von Gerons tugenden
31;
denn der weise dichter .. hatte der süszen
anmuth viel
26, 29;
in Odins wetter
sank der männer viel
lieder Sineds des barden 65;
noch seh ich dort
der fuszgeharnischten Achäer viel
Bohtz;
153ᵇ der du der freuden viel schaffest,
jedem ein überflieszend masz
Weim.;
2, 63 da haben wir der stunden viel genossen
4, 15;
hast darob der strümpfe viel zerrissen
ged. 1, 450 Schmidt-Hartmann;
i)
gen. eines pronom. vorangestellt: warn ir vil .. pereit decamerone 7 lit. ver.; jrer war viel, die jm nachfolgeten Marc. 2, 15; (ich habe) ewer vil .. an kindtstat angenommen Grob. 8 neudr.; wiewol ihrer viel .. sich bemühet d. rechtschreib. (1666) 1;
hergegen aber tregt sichs zu
dasz keiner müh noch mit unru
ihr viel das ziel erlangen
auserl. ged. 12 neudr.
k)
die voranstellung des gen. erscheint besonders wohlgefällig, wenn genit. und viel von einander getrennt werden; leichte fälle, trennung durch sehr, so, gar, zu u. ä.:
und der stucken noch treffenlich vil Zwingli (1828 ff.) 1, 34.
als, wie viel einen nebensatz einleitend: isse der trauben als vil dir gefellt erste deutsche bibel 4, 207, 53 (5 Mos. 23, 24); er wirfft der fisch, wie viel er wolt, vom karren granatapfel 17.
in fester formel: des guten zu viel thun, etwas übertreiben: des gūden te fīl doun Waldeck 32ᵇ (daneben: dem guten zu viel thun, s. unten 2, m); in der umgangssprache auch für 'sich betrinken'. verneint, mit betonung von guten: man kan des guͦten nit zu vil thuͦn, nulla sacietas rerum honestarum; im saltzen hab ein masz, des schmaltz kanst nit zu vil dran thuͦn sprichw. (1548) 38ᵃ.
auch im folgenden beispiel ist der vorangestellte gen. durch ein zu von viel getrennt: ir machts zu viel 4 Mos. 16, 3;
weyl sich auch im ehlichen leben
der sorg und angst so vil begeben
lit. ver.;
2, 23 ich habe
der braven herrn so viel gehabt
Nathan 4, 7;
vergosz ich
trübender thränen zu viel
oden (1889) 1, 112;
sie trieben ...
des süszen geschwätzes der liebe gar viel
34ᵃ (noch viel 34ᵇ);
ich gebiet' euch allen,
bey leib' ehr und gut,
macht es nicht zu viel
Reinicke Fuchs (1650) 95.
l)
sowohl bei vorangestelltem wie bei nachgestelltem genitiv kann auf verschiedene weise eine derartige trennung stattfinden, besonders kann das verb. zwischen viel und den gen. treten: dero getrunchen apostoli sô uuilo ps. 45, 5;
hier ist die voranstellung des rückweisenden pronomens geboten; freier:
viel vorangestellt: wie vil er wol gelts .. verdienet habe grillenvertreiber 3, 180; viel gab es des häuslichen zwistes (1892) 1, 111; viel nun seiner junger .. sprachen Joh. 6, 60;
thorlichem schimpf sy ursach git,
des wirt vil understanden
weinspiel 26 neudr.
es stehe so woll
um die, so reichthumbs haben vill
fabeln 8, 117 neudr.;
wie viel der held damals der lantzen hat
gebrochen
2, 66, 359;
viel ritten der freier nach Taubenhain
Bohtz.
60ᵇ m)
diese verbindungen von viel mit einem genit. können dann so gewendet werden, dasz viel prädicativisch wird, während in dem genitiv das subject enthalten ist. bei sein und werden zeigt sich der übergang deutlich, es wird das vorhandensein einer vielheit oder das eintreten in die wirklichkeit ausgesagt, dann, dasz etwas in vielheit, masse, stärke vorhanden ist oder viel, stark wird: als vil euwer ist, quotquot estis omnes 448ᶜ; so fern der einzelnen theile viel sind Adelung; unser sind viel, wie viel sind ihrer u. ä., heute nur in gewählter sprache; der bösen und beiszenden zungen vil sein decam. 9 lit. ver.; da ir (der häringe) als vil ward chron. d. Const. concils 41 lit. ver.; vil ist der berufften, wenig der uszerwelten (hier ist ganz im sinne von existunt) d. ew. wiszh. betbüchl. (1518) 30ᵇ; des volcks ist viel 2 Mos. 1, 9; denen deren viel ist 4 Mos. 33, 54; es werden deiner tage viel werden sprüche 9, 11; jrer sind viel Matth. 7, 13; aber: jrer war viel Marc. 2, 15; wie ist meiner feinde so viel ps. 3, 2; seynd derselbigen artickeln vil gespräch von d. trag. Joh. Hussen 20 neudr.; nun wirt mir aber der mühe leider zu vil Grobian. 8 neudr.; es ist des zeugs so viel briefs. 1, 144 Wieland; es sind ihrer viel, und es wird ihnen wohl zusammen 23, 125 Weim.; dasz .. des guten zu viel ist IV 11, 215; (vgl. flect.: und der treppenstufen waren so viele 2, 317);
viel kann natürlich auch bei andern verben nach dem gen. prädicativisch gebraucht werden:
iro ist filu irwortan
3, 10, 25;
mîner swære
derst leider alze vil
89, 4;
der tage der seynd viel; viel, viel der süszen stunden,
doch vielmehr ist der lust, die ich um dich empfunden
ged. (1651) 645;
viel ist der stern' am himmels-sal
und viel der meeres-wellen
lit. ver.;
204 so viel auch ihrer fahnen waren
ged. (1751) 7;
stolz ist's, dasz David wissen will, wie viel
des groszen volkes sey, das er beherrscht
10, 8;
warum sind der thränen
unterm mond so viel
ged. (1794) 5.
weil jhm zuleben ohne das
gestecket ist ein kurtzes zil,
und seiner jahr nit lauffen vil
Ilias (1610) 11ᵃ.
n)
zu viel treten bestimmungen, die sich aus dem alten adjectivcharakter des wortes erklären: sehr, in älterer sprache fast viel (plus, vaste vele nov. gloss. 295ᵇ; Röm. 3, 1); plurimum, seer vil gloss. 443ᵃ; recht, gar, ziemlich, unendlich viel u. ä. so viel, also viel (tantum gloss. 573ᵃ), als viel, zu viel, viel zu viel, nd. all to vêl, wie viel;
alle diese verstärkungen werden auch gebraucht, wenn viel mit dem verbunden ist, dessen stärke, menge u. ä. angegeben werden soll, einige auch vor adj. und adv.: wenn aber des weges dir zu viel ist 5 Mos. 14, 24; seer vil gesinds Hiob 1, 3. hier mögen gleich eine reihe anderer verbindungen folgen, durch die viel seiner stärke nach bestimmt wird: etwas viel, ein bischen viel: etwas viel hausrath 2, 893; mhd. übervil, wundervil, borvil, unvil mhd. wb. 3, 314ᵃ; arg, heidemäszig viel schwäb. 2, 1493; nit zu tod viel, nicht besonders viel ebd.; hundsviel, mordsviel 1, 776. — besonders zu erwähnen ist die verbindung von ewig und viel auf schwäb.-alemannischem gebiet; ewig verstärkt adjectiva ewig eigen 'höchst merkwürdig'; bei viel tritt gern umstellung ein und ewig kann dann flectiert werden: viel ewig mal, viel ewige jahr, viel ewigerlei, von allerlei arten; oder auch viel nachgestellt: wie ewiger viel leut 1, 611; vgl. appenz. sprachschatz 192ᵇ; schwäb. 2, 899.
bei wie viel und so viel (als viel), zu viel wechselt die betonung je nach dem sinn, in manchen mundarten aber ist eine oder die andere betonung fest; viel kann im mundartlichen gebrauch, wenn der accent ganz auf das erste wort gelegt wird, seinen stammvocal einbüszen (sovl, wievl u. ä.); starke zusammenziehung tritt bei der bildung sovielig ein, vgl. 1, 775 ff.; schwäb. 2, 1492; bayer. 1, 837; kärnt. 95.
2)
viel für sich alleinstehend, ohne zufügung dessen, was in vielheit vorhanden ist, vgl. vieles 10, k.
der begriff der menge kann durch ironische färbung des sprechens ins gegentheil verkehrt werden; das geschieht in bestimmten wendungen, z. b.: das wird viel sein, viel fragen nach etwas, viel von etwas haben, das will viel heiszen, ja der weisz viel, d. h. gar nichts; vgl. unten q, ε.
a)
viel mit hervorkehrung seines allgemeinen begriffs; als unbestimmte zahl: dasz auch Plato mit eins, viel und unendlich die dreyfaltigkeit andeuten wollen Leibniz d. schriften (1838 ff.) 2, 385; viel aus einem und in einem 1, 422; viel nimmt den bestimmten oder unbestimmten artikel zu sich, nach präpositionen bleibt es unflectiert: (butterschnitten) mit viel drauf Leb. Hühnchen 49; viel und fein, kann nicht sein; viel hat nie genug; vgl. ein vieles (10, n) und das viele (10, q); zuvil zerreiszt den sack sprichw. (1548) 81ᵇ; zuvil ist ungesundt 136ᵇ;
jetzt gewöhnlich, mit gefälligerem rhythmus: allzuviel ist ungesund!
viel und nichts: wo viel ist, ist der teufel, wo nix ist, ist er zweimal schwäb. 2, 1493; viel und wenig einander gegenübergestellt (vgl. unter b): durch viel oder wenig helffen 1 Sam. 14, 6; du bist uber wenigem getrew gewesen, ich wil dich uber viel setzen Matth. 25, 21; und kam also umb das vil und wenig (um alles) sprichw. (1548) 173ᵃ; zu lützel und zu vil verderbt all spil 136ᵇ; wenig zuͦ wenig gethon, macht zuletst vil 153ᵃ; dasz in allen dingen viel mehr thut wie wenig Athenäum 1, 159; der strenge nach findet hier ein viel, oder ein wenig gar nicht statt Fichte (1845 ff.) 3, 434; es is immer besser, mal zu viel als mal zu wenig (adverbial) I 5, 55; wenig tut ihm weh, viel hat er gern schwäb. 2, 1494; lieber lützel und zufrieden als viel und streiten 1493;
drei viel und drei wenig sind höchst schädlich: viel reden und wenig wissen, viel verthun und wenig haben, viel sich dünken und wenig gelten sprichw.-lex. 4, 1633; wem ein wenig nicht genug ist, dem ist auch ein viel nicht genug u. ä.
um viel (vgl. unten 10, l) in älterer sprache oft, wo jetzt die flectierte form gebraucht wird: um viel lieber als sonst IV 3, 36 Weim.;
ebenso mit andern präpositionen in unveränderter form, auch wenn sie beim dativ stehen (mit viel), wo in neuerer sprache mit vielem gesagt wird (10, m); ich wett (wollte) nüd um vil (dasz er mich gesehen hätte u. ä.); mit vil chann e sou hüse 1, 775; viel musz in älterer sprache auch den genit. vertreten: wer sich vil underwindt, der muͦsz vil thuͦn sprichw. (1548) 122ᵃ.
nicht viel über bei zahlen: nit vil über dreyzehen jare alt decamerone 96 lit. ver.
so klagt hernach der kopff: zu viel ist ungesund
ged. 7, 44.
wann gott der herr der hat kein zil,
er hilfft in wenig, und in vil
teutsch Cicero 107;
gewisz um viel gelehrter ..
wenn nicht um viel verkehrter
I 3, 141;
die alle künst' um gar vil übertrifft
erstes gebüsch 49.
b)
nachdem viel in neuerer sprache flexion annimmt, tritt vieles neben viel in verbindungen, in denen sonst viel allein gebraucht wurde; viel bekommt eine zusammenfassende bedeutung, während bei vieles mehr die einzelnen theile des ganzen vorgestellt werden. durch diese unterscheidung wird die von altersher angelegte entwicklung von viel zum adv. befördert; bei transitiven verben, mit denen viel verbunden wird, ist der übergang bisweilen unmerklich. viel und wenig werden oft zusammengestellt (vgl. unter a und den folgenden abschnitten): fromm und still, red wenig, hör viel; rede mit wenig worten viel, nicht mit vielen worten wenig; zum gegensatz viel vieles s. unten 10, k; viel, gegensatz vielerlei, mancherlei: nichts übertriebenes wollend, aber viel und vielerlei wollend 20, 15; vertraute mir viel und mancherley IV 32, 10; nicht vielerlei, aber viel hast du erlebt hungerpastor 2, 148. etwas gegen viel: etwas werden sie freylich nachzuholen haben; aber nicht viel 8, 4. der begriff der mehrheit tritt natürlich deutlich hervor bei verb. wie bezahlen, ausgeben u. ä.: wie viel haben wir an seine minister spendirt (1852) 5, 61. ein anderes beispiel: das papier ist geduldig und läszt viel auf sich drucken 5, 13. in der folgenden stelle wird viel durch den nachsatz in ganz eigenthümlicher weise als eine mehrheit von einzelnen theilen vorgestellt:
mehrheit, zugleich aber mit der vorstellung von etwas bedeutsamen:
heiszt er dich vil, so thuͦ jr keins
Grob. 483 neudr.
auch frau und tochter ruft der fürst hierher?
er ruft hier viel zusammen
Picc. 1, 1.
c)
viel kann in der mannigfaltigsten weise sich mit verben verbinden, zunächst als object, menge, masse bezeichnend, deren art sich aus der bedeutung des verbums oder sonst aus dem zusammenhange ergiebt. je mehr die flectierte form vieles sich festsetzt, desto deutlicher scheidet sich gelegentlich in der unter a) angedeuteten weise viel davon ab, doch wird diese scheidung auch in der heutigen sprache nicht in jedem falle durchgeführt, vor allem hält sich viel in weiterem sinne gut in den zahlreichen festen verbindungen und formeln, die hierher gehören. die beispiele der folgenden abschnitte erschöpfen natürlich nicht entfernt den reichthum der sprache. sobald viel als object eines verbums nicht mehr etwas sinnliches bezeichnen kann, tritt die vorstellung des groszen, bedeutenden, im grade starken hervor, oder auch die des mehrfach wiederholten, von der aus der übergang zum rein adverbialen gebrauch stattfindet. viel sehr deutlich sinnliche menge, masse bezeichnend, z. b. bei essen, trinken u. ä.: wer vil trinckt, muͦsz vil durst leiden sprichw. (1548) 39ᵃ;
andere verbindungen, viel sinnlich oder unsinnlich: welchem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen, und, welchem viel befolhen ist, von dem wird man viel foddern Luc. 12, 48; jr seet viel, und bringet wenig ein Haggai 1, 6; der weiszt viel, aber verstat nex 2, 1494; die vil anfahen, enden wenig sprichw. (1548) 108ᵃ; arm leut müssen vil anfahen, bisz sie sich
erneren 97ᵇ; der sohn berichtet, dasz er .. viel ausgestanden 25, 2 Weim.; der ist nicht arm, der wenig hat, sonder der vil begert; wer vil begert, dem geht vil ab sprichw. (1548) 126ᵇ; begehr viel, es wird dir dennoch wenig genug d. deutsche arbeit (1861) 190;
man fahet nicht vil, wann man die hund zuͦ lauffen oder jagen nöt sprichw. (1548) 159ᵇ; gesinde sol nit vil finden, oder verlieren 32ᵃ; durch solche tage wird gar viel gefördert IV 35, 261; es seind nit alle starck, die vil heben künnen sprichw. (1548) 174ᵇ; wer vil hoffet der muͦsz auch vil besorgen spiegel d. sitten (1511) e 1ᵃ; wer regieren wil, musz viel hören, und nit hören, sehen und nicht sehen prov. cop. 3, 516; der gerecht mus viel leiden ps. 34, 20; ich habe heut viel viel gelitten IV 3, 47 Weim.; der componist muszte viel leisten, der einen solchen text über wasser halten wollte Mozart 1, 364; ich habe unendlich viel von ihm gelernt IV 27, 219 Weim.;
viel vors eisen nehmen, vom bergmann techn. wb. 8, 88ᵃ; wie ich denn seit mehreren jahren nicht so viel geschrieben habe IV 32, 51 Weim.; kann ich gar viel in kurzer zeit sehen 8, 29; schnell spil, übersihet vil sprichw. (1548) 162ᵃ;
mit schweigen verantwort man vil sprichw. (1548) 170ᵇ; verheistu vil, so halts 170ᵇ; viel, zu viel verlangen; das ist zu viel verlangt; wer vil weisz, wird nit feyszt sprüchw. (1545) 1, 17ᵃ;
(übergang zum adv.:)
die viel wünschen werden gern reich sprichw. (1548) 103ᵃ.
der teglich viel frasz,
kriegt nie kein voll vasz
prov. cop. 3, 602;
nächt hab ich aber vil zvil gschluckt
weinspiel 522 neudr.;
so will dir auch gebüren wol,
dasz du vil nemest auff ein mol
Grob. 567 neudr.
fürst Aiax Telamonius
mit wenig worten vil beschlusz (bedeutender inhalt)
Ilias (1610) 212ᵃ;
allein wer andre wohl zu leiten strebt,
musz fähig sein viel zu entbehren
Weim.;
2, 147 mein haupt ist weisz, ich habe viel erfahren
und viel gelitten
(1828) 1, 75;
pleckt nit die zeen ein jeder hundt?
das lasz dir sein ein guͦt beyspil,
von hunden magstu lernen vil
Grob. 302 neudr.;
ihr unternehmet viel (etwas schwieriges)
Nathan 1, 1;
wer viel weisz,
hat viel zu sorgen
Nathan 4, 1;
sie wuszten weder vil noch wenig (gar nicht)
dasz sich da hielt die krieges menig
Ilias (1610) 264ᵇ;
d)
viel um etwas geben, oft in verblaszter bedeutung: ich gäbe viel darum, liebes herz, wenn sie grade dieses mal so recht offen und ausführlich geschrieben hätten briefe an Schücking 97.
e)
viel haben, prägnant: viel besitzen an geld und geldeswerth: ein jeder gilt, als vil er hat (wol geseckelt, wol gehalten) sprichw. (1548) 140ᵇ; vil haben zu vil, niemand genuͦg 150ᵇ; wer zuvil wil haben, dem wirt gar nichts 32ᵃ; wer vil hat, der gibt oder verthuͦt vil 43ᵇ;
genug haben ist mehr, als viel haben sprichw. (1797) 124; der hat auch net arg viel doben, ist dumm schwäb. 2, 1494; viel im kopf, in der obern stube haben, betrunken sein; flachs hat zu viel, wenn beim brechen die faser mitbricht ebd.; es hat viel auf sich, ist wichtig.
wer sich hoch rühmbt, und hat nicht viel,
der ist der könig im kartenspiel
prov. cop. 3, 533;
f)
viel haben von, dem wesen eines andern nahe kommen: eine gans mit einem papiernen haarbeutel promenirend hat viel vom philister (1852) 5, 379; anders: ich hab nicht viel von meiner reise, keinen besonderen genusz, vortheil u. s. w.; eigenthümlich: dat hebbet se vīle, davon haben sie viel wb. von Göttingen-Grubenhagen 259ᵃ.
g)
viel haben zu mit folgendem infinit.:
er hat nicht viel zu beiszen, zu verzehren. hier ist viel deutlich object zu haben, anders in den folgenden
verbindungen: man soll etwas, es ist einem auferlegt, man hat das recht zu etwas u. ä.: vil zethuͦn haben, occupari multis negotiis 449ᵃ; du hast vil zuschaffen, und wenig ist dir befolhen; du hast vil zuschaffen, und wenig auszurichten sprichw. (1548) 70ᵃ; vgl.: sich, einem viel zu thun, zu schaffen machen; Martha aber machet jr vil zu schaffen jm zu dienen Luc. 10, 40; die menschen, die ihm so viel zu danken hatten (1809) 3, 7; Gockel hatte viel zu ermahnen und zu trösten (1852) 5, 25;
vgl.
↗es ist viel zu thun u. ä.
der vogel hat so viel zu fressen,
und singt doch nicht, ist das erlaubt?
(1828) 9.
wir haben
viel auszureden, abzuthun
Tasso 1, 2.
h)
viel bei verben des sprechens in mannigfaltiger anwendung; multa verba bei reden und sprechen, mit und ohne tadel: dissero, ich red viel und wol von der sach nov. dict. genus 29ᵃ; dagegen getrennt: vil und wol reden will nit wol keden, verträgt sich nicht (viel und wolreden, stehet nicht beysammen Schottel 1145ᵃ), s.
↗keden 4 th. 5, 381; wer vil redt, der leugt gern sprichw. (1548) 50ᵇ; wann so ir bet nichten wölt vil reden Matth. 6, 7 Kurrelmeyer (filuwaurdjaiþ Wulfila; betonte ni curet filu sprehan Tatian; und wenn ihr betet, sollt jr nicht viel plappern Luther); indessen hör ich viel von musik reden IV 35, 262 Weim.; dasz über dies verhältnis ... viel, sehr viel geredet worden ist I 5, 147; bald red' ich zu viel, bald zu wenig menschenhasz u. reue 1, 1;
ich sprach mit meinem vater gern viel über alles, was begegnete 23, 53 Weim.; er spricht viel und lange mit der frau 14, 161 Grisebach. adverbial dagegen:
in älterer sprache: das spricht also viel wie jetzt: das besagt soviel, das soll so viel heiszen wie; auch pass. das ist also viel gesprochen. dat spreket also vil mnd. wb. 5, 298ᵃ.
davon wäre viel zu sagen u. ä.; anders man sagt nicht zu viel von seinem talent, der grad des lobes ist berechtigt. viel sagen ganz frei (vgl. vielsagend III 2), bedeutendes merken lassen, bedeutenden inhalt haben, bedeutend sein: dieses schweigen sagt viel, es läszt sich viel daraus schlieszen, entnehmen; endlich. dieses wort sagt viel einl. in d. schön. wiss. (1758) 1, 283; weil sie (die wörter) mir allzu viel oder zu wenig sagen schlesw. litbr. 226 neudr.; das hat nicht viel zu sagen, das ist ohne bedeutung; der donner gelang nicht immer, doch das hatte so viel nicht zu sagen 21, 28 Weim. — passivische construction: das ist viel gesagt, das heiszt, nenne ich viel gesagt (vgl. elsäss. 1, 109ᵃ); viel kann dabei aber adverbien angereiht werden: schön! wahr! viel gesagt lebensl. (1778) 1, 483.
mit persönlichem subj.: er hat viel zu sagen, häufiger er hat nicht viel zu sagen, nicht viel zu befehlen.
das will so viel sagen, erklärend (vgl. oben bei sprechen); das will so viel sagen wie, das ist dasselbe wie; pass. ohne wie oder als: ich thu schreiben ..., das soll so viel gesagt sein, ich schreibe fabeln 4 neudr.
man spricht vergebens viel, um zu versagen
Iphig. 1, 3;
über ein ding wird viel geplaudert
viel berathen und lange gezaudert
Weim.
2, 233 i)
viel kosten: schlecht ding kost nit vil sprichw. (1548) 177ᵇ; der hunger kost wenig, der verdrusz vil 152ᵃ; es kostete ihm viel, sich zu solcher demuth herab zu lassen einl. in d. schön. wiss. (1758) 1, 283;
viel gelten; goldt ist kleyn, aber es gildt vil Agricola sprichw. a 2ᵇ; dise salbung, gilt bey uns so viel, als bey den Türken die beschneidung Simpl. 3, 46 Keller; da der minister viel bey dem fürsten gilt (1809) 3, 130;
stehen im sinne von kosten: so haben auch die bücher ... sehr viel gestanden theatr. diab. 1, 239.
viel abhängig von werth sein, schuldig sein: dieses eingeständnis ist viel werth; das bild ist nicht viel werth; ich bin dir unendlich viel schuldig Usong (1771) 22.
der affe sah sich munter um.
der hunger macht ihm leichte glieder,
ein luftsprung kostet ihm nicht viel
(1828) 17.
laszt mich so viel auch bey euch gelten
Eulensp. prol. 98 Hauffen.
k)
viel bedeuten: dasz das wort mar oder marck in der alten sprach, so viel als eine grentze bedeute unterricht (1682) 1, 23.
auszer gebrauch gekommen ist: das meinet so viel wie, oder als; besondere wendung: das meynet er also vil (hier ganz adverbial, vgl. unten r), das ere unde glorie gehort niemantz zu dan got alleyn theologia deutsch 12.
l)
viel dürfen, vermögen, können: kemag filo, potens est ps. 111, 2; wer vil kan der thuͦt vil sprichw. (1548) 43ᵇ; herrlichkeyt darff vil 180ᵃ;
viel vermögen bei einem, über einen, groszen einflusz bei, grosze gewalt über einen haben; sehr häufig jetzt viel können besonders vom künstler: der sänger, schauspieler kann viel; nicht viel taugen; nich vēle dȫgen Göttingen-Grubenhagen 259ᵃ.
wer nichts mehr vermag von thaten,
ob er viel vermag im rathen
lit. ver.;
146 weil kein gold so viel vermag
Parnasz (1735) 10.
m)
wendungen mit thun: vil darzuͦ thuͦn, magnum momentum adferre Dasypodius; prägnant: es tut nit viel, der regen u. ä. wird bald aufhören schwäb. 2, 1494; der guͦt will thuͦt vil sprichw. (1548) 139ᵇ; der will thuͦt vil 157ᵃ; wolthun ist viel thun prov. cop. 3, 581; noch wird an Iphigenien viel gethan Göthe IV 8, 8 Weim.;
zu viel thun, etwas übertreiben, überspannen schwäb. 2, 1494;
jemandem zu viel thun, ihm zu nahe treten: ich glaube ..., dasz ich den deutschen sprachlehrern und verfassern nicht zu viel thue, wenn ich sie in diesem stücke einer kleinen fahrlässigkeit beschuldige crit. dichtkunst (1740) 2, 50; ich thue ihr nicht zu viel, wenn ich sage 22, 294 Weim.; berlinisch: wir dhun uns nich ze ville, wir fügen uns keinen schaden zu.
dem guten zu viel thun, jetzt des guten zu viel thun (vgl. oben 1 k): einer sache zuviel tuhn, modum excedere 2371; alle speisz und tranck seynd auf zweyerley weisz schädlich, erstlich wenn man dem guten zu vil thut Lucifers königr. 197 nat. litt.; im schwäb. ist dem guten zu viel thun erhalten schwäb. 2, 1494; man thue aber bey dem verehren des herkömmlichen der sache nicht zu viel über d. nothw. eines allg. bürg. rechts (1814) 458; nun war einer bey tische, der ... that weder dem essen noch trincken gar zu übrig viel nicht erzn. 175 neudr.
zu viel an die sach thun, modum excedere, peccare in excessu clavis ling. lat. (1716) 318ᵃ.
sich viel auf etwas zu gute thun, sich viel einbilden auf etwas: der sich viel auf seinen reichthum zu gute thut pros. vers. (1810) 1, 2.
viel that die arzeney, doch unser bethen mehr
ged. (1745) 112;
(einer, der) bald viel zu viel, bald viel zu wenig thut
Nathan 5, 5;
ich habe schon so viel für dich gethan,
dasz mir zu thun fast nichts mehr übrig bleibt
Faust I.
ich musz mein alte nicht hören lan,
das ich hie was zu viel gethan
Hans Pfriem 32, 748 neudr.;
n)
noch manche feste verbindungen wären zu erwähnen, z. b.: viel ausmachen; das macht viel aus, ist von gewicht, ob er unser freund oder feind ist; sich viel machen aus jemandem, viel halten von jem., viel aufs spiel setzen u. s. w.; ich leg nitt vil darauff, non magnopere laboro 448ᶜ; ebenso: viel auf etwas geben; darumb das sy nach jüdischer ordnung vil hieltend
von dem erkiesen der spysen v. freih. d. sp. 5 neudr.; ihre stiefelchen und tanzschuhe halten sie besonders in ordnung, denn sie hält viel darauf und hat hühneraugen (1852) 5, 138; auf der andern seite setzte er zu viel aufs spiel (1875) 1, 12;
von tick tack und vom frawenspiel,
haltet jhr fratres auch sehr viel
somnium vitae hum. 65.
o)
in es ist viel ist es ursprünglich gen., die verbindung wie oben unter 1 l; es ist vil, das den frawen zugehört: körperliche kleider, hefftlein deutsche schriften 1, 6; dann aber wird es als nom. gefaszt: es, das ist viel, ein bischen, sehr viel, nicht viel; dat wär veel plattd. wb. 516ᵇ; eigenthümlich: es wird viel sein (soll mich wundern), ob dies oder das der fall ist bayer. 1, 837; bestimmtes subject: 100 thaler ist nicht viel, zu viel. viel kann in diesen verbindungen menge an zahl, sinnliche masse, grösze bezeichnen, dann aber auch übertragen und ganz unsinnlich verwendet werden (beachte in letzterer beziehung wendungen wie: es ist viel, dasz er mich aufsucht; es ist nicht viel dran an dem neuen dirigenten); berlinisch: det is ville un noch wat; det is nich ville, mit der replik: ville fehrt der bauer uffn wagen 89ᵇ; es ist viel, oder es ist überausz gnuͦg, so die höhe vier schuͦch ist dict. (1556) 13ᵃ; das is alles — das ist unaussprechlich viel theatr. werke 1, 24; ein freundlich wort aus eines tapfern mannes herzen .. ist wenig und viel 2, 71 Litzmann; na, viel is es nich, aber es is doch was anständiges I 5, 20;
es wird viel sein, ausdruck des zweifels; es ist mir viel drum, viel daran gelegen schwäb. 2, 1494.
mit persönlichem subject: ich ... hoffte ... auf den umgang deiner schwester, die dir so viel ist Göthe IV 8 Weim.;
wenn du bleibst was du bist, bist du nicht viel theatr. werke 1, 123; er ist gar nimmer viel schwäb. 2, 1494; es ist nicht viel an etwas, es hat keinen besonderen werth: eine melodie ... viel ist nicht daran (1809) 1, 311;
in gleichem sinne, derber klingend: dasz mit ... Francesco Carracci nicht viel los sei Leberecht Hühnchen (1899) 173.
gleich viel: das solte mir gleich viel seyn ber. v. Katzen-Veite (1665) a 3; es ist mir gleich viel, ob es in ihrem hause, oder auf der gasse geschieht 2, 132.
zu viel sein, auch hier kann der sinn von viel auf stärke, grad gehen, daneben im eigentlichen sinne: was man gibt eim trewen diener, ist alles zu wenig. widerumb was mann gibt einem untrewen diener, ist alles zuvil sprichw. (1548) 75ᵃ; ein mal muͦsz hingehen, aber zwyr ist zuvil 81ᵇ; reden kan zu viel und zu wenig sein dicht. versuchg. (1678) 36; es ist zum sterben zu viel und zum leben zu wenig; eine kuh in der suppe ist zu viel schwäb. 2, 1494; es ist zu viel auff ein bissen 34, 2, 196 Weim.; das ist zu viel, weit mehr als ich wünschen durfte pros. vers. 5, 174; es ist nicht möglich, es ist zu viel, ich kann's nicht glauben (1852) 5, 95; foi de gentilhomme, schrie er auf und griff ans schwert, — das ist zuviel (1875) 3, 151;
berlinisch: wat zu ville is, is zu ville; alles hat seine zeit, und was zu viel ist, ist zu viel lustspiele (1765) 1, 167; nein, was zu viel ist bleibt zu viel 17, 9 Weim.; das ist mehr als zu viel; to väl is to väl, sad jener mann, und harr sin vro dot slan wie das volk spricht 717;
es wird ihm zu viel, er kann's nicht bewältigen;
ich schenk noch einmal ein ..: 'es möcht mir zu viel werden' dies buch gehört dem könig 1, 159.
es ist gewisz sehr viel, wenn man bey solchen schmerzen
... nicht herbe thränen sieht
deutsche schaub. 1, 3;
aber das ist noch gar nicht viel
gegen ein schlosz, das vom himmel fiel
(1852) 5, 106;
zwar durft' er ihren handschuh tragen,
das war nicht viel in jenen tagen
(1879) 2, 127;
ich weisz er ist gar viel bei gott
Esop. 2, 20 Kurz;
ohne fastnachtstanz und mummenspiel
ist am februar auch nicht viel
Weim.;
3, 148 o das ist warlich vil zu vil,
das man
lit. ver.
6, 144 es waͤr nit hübsch und wurde zvil,
so gar vil narren in eim spil
weinspiel 65 neudr.;
p)
es steckt viel drin Weim.; hinter einem steckt nicht viel; in einem augenblick .., wo viel auf dem spiel stand röm. gesch. 2, 34;
der begriff wenigstens wird lebendig und da ist für unsereinen schon viel geschehen IV 38, 122.
es geschieht einem zu viel, d. i. unrecht: damit keinem von dem andern unrecht und zu viel geschehe Simpl. 3, 369 Keller.
es begibt sich offt vil, eh man den löffel zum maul bringt sprichw. (1548) 95ᵃ.
es will viel heiszen, es wird als etwas wichtiges, besonderes, bedeutsames bezeichnet: welches damals viel heiszen wollte 7, 226 Weim.; es gehört viel dazu: es gehört vil zuͦ einem frommen weib oder mann sprichw. (1548) 128ᵇ.
es hätte nicht viel gefehlt, so wäre ich gefallen; es fehlt viel (vgl. lat. multum abest), dasz die absicht in dem gegenwärtigen falle so schlechterdings zu rechtfertigen wäre in d. lit. denkm. 128, 145; beachte: dasz es nicht viel fehlete, so hätte er mir mein blase-rohr auf den buckel entzwey geschmissen Schelmuffsky 11 neudr. (es eigentlich genitivisch, vgl.
↗o zu anfang). anders gewendet: es feilet an viel oder an wenig ap.-gesch. 26, 29 (28: es feilet nicht viel, du uberredest mich).
mir geet vil auff mit jr (ich habe grosze ausgaben ihretwegen), denn sie ist brächtig gespräch v. d. trag. Joh. Hussen 26 neudr.; der ist nicht arm der nicht hat, sonder dem vil abgehet sprichw. (1548) 150ᵇ; an worten, und grawem tuͦch geht vil ein, sie schrumpfen zusammen 161ᵃ; dasz mir an alter und jaren vil zuͦ, an sterck aber, gesicht und krefften täglich abgeht Grob. s. 8 neudr.; drein und daneben geht viel schwäb. 2, 1493;
vil verdirbt das man nit wirbt sprichw. (1548) 24ᵇ.
es ligt vil am überreden 16ᵃ; es ligt vil daran wers sag 151ᵃ; es ist per dieu jetzt viel an dir gelegen Simpl. 3, 333 Keller; eil! es liegt viel daran (1814) 1, 152;
übergehend in adverbiale anwendung:
wie viel nicht allein in den wissenschaften, wie viel selbst im handel und wandel .. auf die sprache ankommt 2, 324 Tieck; anders gewendet: es kömmt hierbey auf zu viel für sie an 11, 73.
IV 32, 52 das wenige verschwindet leicht dem blick,
der vorwärts sieht, wie viel noch übrig bleibt
Weim.;
10, 8 schwindelem haupt gar vil gebrist
mühle von Schwindelsheim 6, 23;
mir ligt nit vil an deinem zorn
Keller;
2, 10 woran viel liegt, was du nicht weiszt
(1852) 5, 40.
du narr, ist dir so viel und hoch daran gelegen
satyr. gedichte 42 neudr.;
q)
einzelne der bisher angeführten belege haben schon gezeigt, wie unmerklich viel beim verb. in die function eines adverbiums übergeht. Adelung unter II räth, das adv. zu vermeiden, wenn es sich um intensive bedeutung handelt, und nimmt nur wenige eingeführte wendungen aus. in bezeichnung des grades ist viel hier beim verb. wie beim adj. im allgemeinen durch sehr verdrängt worden. in anderen fällen braucht man jetzt vielmals (vgl. unten
viel grüszen aus Göthe) und vielfach (unten viel restauriert aus Göthe), wo die ältere sprache viel anwenden kann. der begriff des verbums kann in sehr mannigfaltiger weise durch viel bestimmt werden, die entwicklung geht aus von der vorstellung der menge und häufung. besonders zu beachten ist die übertragung auf die zeitdauer einer handlung, eines vorganges und wiederholtes einsetzen (vgl.
↗mehr 21 th. 6 sp. 1881), gern auch beides miteinander verbunden, so dasz viel stärker sein kann als oft. in dieser anwendung hat sich viel in einzelnen wendungen ganz gut gehalten; über viel im sinne von 'oft' vgl. 1, 775; schwäb. wb. 2, 1495. sepe, dicke, vel, vele nov. gloss. 335ᵇ.
im gotischen wird nicht nur das beim verb. stehende adverbiale πολύ oder πολλά mit filu übersetzt, sondern auch λίαν: ὥστε θαυμάζειν τὸν ἡγεμόνα λίαν, swaswe sildaleikida sa kindins filu Matth. 27, 14;
vgl. unten viel beim part. präs. und prät.:
im nd. wird der gen. veles adverbial gebraucht mnd. wb. 5, 229ᵃ; gen. des maszes wie got. filaus: föls to föl nd. korr.-bl. 22, 63.
þonne he fela murne
Beowulf 1386;
that ina thia liudi so filo,
thioda ni thrungi
Hel. 2384;
si allo stunta betota joh filu ouh fasteta
1, 16, 11;
wol ûf! hie ist ze vil gelegen
22, 2.
α)
in viel arbeiten kann arbeiten sich direct auf viel als sein object beziehen; dagegen viel adverbial (vielfach, groszentheils) in: ich arbeite viel im freien, nachts u. ä.; er hat viel in thon gearbeitet läszt beide auffassungen zu. starke bethätigung bezeichnend: afletanda frawaurhteis izos þos managons, unte frijoda filu (ὅτι ἠγάπησεν πολύ) Luc. 7, 47; denn sie hat viel geliebet Luther; ebenso in der unten aus Amadis angeführten stelle;
eines nachmittags war ich dort, beobachtete viel, sprach wenig und hörte so wenig als möglich 45, 4 Weim.; ein relativsatz liesze sofort erkennen, dasz viel als directes object gemeint ist: beobachtete viel, was mich interessierte; viel denken und viel an etwas denken. in viel fragen kann viel inneres object sein: wer viel fragt, bekommt viel antwort; da fragen sie mich zuviel. doch wird es dann ganz als adverb empfunden, hier wie in vielen anderen fällen tritt das besonders in der negation hervor: der vil fragt, lasz sich auch fragen sprichw. (1548) 157ᵃ; ich frag nichts vil darnach, ich mache mir nichts daraus 448ᶜ;
gleich viel achten, juxta aestimare 2, 894.
zu beachten ist, dasz in der verbindung mit dem infin., wenn dieser subject ist, viel unter umständen sowohl als object des verbums oder adv. bestimmung wie auch unflectierte, im nom. stehende bestimmung der menge, stärke angesehen werden kann (nach 9): viel singen, viel tanzen ermüdet u. ä.;
wer vil leugt, glaubt man desto weniger sprichw. (1548) 151ᵃ; der vil leugt, gewint nicht dran 62ᵃ; fürnemlich wann man vil betrieget und lieget praktik 4 neudr.
er hat fast und vil geweynet, flevit multum 448ᶜ; die mutter weint viel, jetzt mit der vorstellung der wiederholung verbunden; ebenso: ob jr schon viel betet, höre ich euch doch nicht Jes. 1, 15; betet die mutter noch so viel? (1879) 2, 272; dagegen von einmaligem gebet, viel object:
(αὐτίκα δ' εὔχετο πολλὰ Ποσειδάωνι, später geändert: schnell dann flehte sie vieles).
hennen die vil gatzen legen wenig eyer sprichw. (1548) 155ᵇ; hund die vil bellen, beiszen selten (man beachte das selten) 157ᵃ; hunde, die de vil kläffen, beiszen nich Hauptmann die weber III.
sich viel unterhalten, eingehend, ausführlich: unterhalten uns viel über Berlin, Bettina, die Grimms leben 3, 312.
bei nützen, schaden hält sich viel durchaus, da sich die ursprüngliche bedeutung von viel hier leicht bewahren läszt:
viel helfen, dazu helfen: die gewohnheit der menschen hilfft viel dazu Königsb. dichterkr. 68 neudr.
andere beispiele für den übergang von viel zum adverbialen gebrauch bei verben; wo viel mit 'in vieler hinsicht, in groszem umfang, in groszem masze' wiedergegeben werden kann, und wo die vorstellung des wiederholten eintretens, thuns in frage kommt, hält sich viel in diesem gebrauch, andere verwendung wird in neuerer sprache seltener; besonders oft steht viel bei verben, die einen zustand, eine lage, haltung, ein sich verhalten, bewegung bezeichnen; wer vēle rit mot vēl beslān wb. von Göttingen-Grubenhagen 259ᵃ; auch bei sein: er ist vil bey im, er ist sein eigne hand, er kumpt nienen von jm 448ᶜ; er ist viel um den könig; ich bin viel allein, viel auszer hause sein; ich komme viel in sein haus;
ich schwimme viel, gehe viel spazieren, spiele viel schach u. s. w. in groszer mannigfaltigkeit, vgl. schwäb. 2, 1495; die zunftmaister die giengend vill aus und ein d. städtechron. 23, 423; viel schlafen, viel wachen, viel träumen, letzteres kann natürlich auch als verb. mit object gebraucht sein:
dorumb ir irt vil erste d. bibel 1, 169, 8 (darumb jrret jr seer Marc. 12, 27); ich hab vil und vil hier wider gerungen und gestritten translat. 30 Keller; ich .. vil geritten und gangen bin decam. 60 Keller; do er nicht vil pekant was 21; als leider vil gebrucht wirdt (wie leider vielfach üblich ist) spiegel d. waren rhet. (1493) a 3ᵃ; es ist umb sonst, das du viel ertzneiest Jerem. 46, 11; gehe nicht viel umb mit einem unverstendigen Sir. 22, 14; der vil feylset, hat wenig gelt sprichw. (1548) 126ᵇ; der sich din so fast und vyl berümpt 1, 11 neudr.; der wonet vil umb den pfaffen (macht sich viel um ihn zu schaffen, beobachtet ihn viel) rollw. 84, 9 Kurz; wann die wölff vil um die schaafställ dantzen feldbau (1579) 9; (du sollst) nicht vil an lufft gehen artzneyb. (1595) 1, 14; es kommt dem gemüthe viel zu statten, multo subvenit animo 2, 893; dasz wir auch darinn ihren urtheilen nicht zu viel trauen (1761) 3, 344; konnt aber nicht viel schlafen briefw. ak. freunde (1778) 1, 5; ich habe in meinem leben viel zu viel gedämmert IV 18, 129 Weim.; ihr zettelgen hab ich kriegt, hab mich viel gefreut 3, 94; der Philister sprach hohn, stampfte viel mit beiden füszen I 21, 10; dessen vorbild .. viel auf ihn gewirkt hat herzenserg. (1797) 65; jemand, mit dem ich viel gelebt (1828) 1, widmung; er .. hockte viel hinter dem ofen (1892) 1, 44; (einer, der) viel in die wälder kam (1901) 5, 1, 317; mit ungewöhnlicher verstärkung des viel: ich denke ganz viel an meine frau 3, 320;
in besonderer wendung:
ich habe die regel: ich liebe nicht viel,
und wenn ich gleich liebe, so ist es nur spiel
gedichte (1744) 37;
ich frag nit vil nach deinem zoren
Ilias (1610) 4ᵇ;
Deutschland fragt nach gedichten nicht viel
11, 113
viel lesen ohn allen verstand
verseumlich ist, darzu ein schand
prov. cop. (1601) 3, 353;
und sie betete viel (zu Poseidon)
Od. 3, 54 Bernays
der wird üch ietz nit nutzen vil
todtentanz 10 Bächtold;
verschwiegenheit hat nit vil geschadt
Endinger judenspiel 25 neudr.
is er uch eit veil gewesen bi
d. städt. chron. 12, 197, 6175;
es reden und träumen die menschen viel
von bessern künftigen tagen
11, 264;
wölt jr vil brangen und hoffieren
Grob. 840 neudr.;
ein rösslein klein, khan nit vil traben
Endinger judenspiel 37 neudr.;
die gantze nacht
hab viel gewacht
trutznacht. (1649) 29;
hochzeit haben, lange leben
wüntscht ihm jeder sein gegeben.
viel gelebt, hochzeit gehabt
kränckt weit mehr offt, als es labt
lit. ver.;
86 schmeichl' ich mir wohl zu viel?
2 (1773), 9;
ein köhler
darf nicht viel müszig sein
(1828) 2, 7;
da heiszt' nicht viel (nicht erst lange): ergebner diener,
da heiszt's: reich mir den karabiner
2, 9 (s. unten δ).
β)
der adverbiale sinn tritt natürlich besonders hervor, wenn das verbum mit einem object verbunden ist: einen vil heimsuͦchen, frequentare 448ᶜ; lang und viel etwas untersuchen 2, 400ᶜ; und er bat in vil: das er in nit austribe erste deutsche bibel 1, 136, 53 (und er bat jn seer Marc. 5, 10); dasz sich David gen Saul seinem herren vil gedemütigt hat spiegel d. sitten (1511) b 1ᵇ; auch der künig in vil prauchet in seinen groszen gescheften decamerone 73 Keller; diser Conradus hat vil (saepe) wonung gehebt in dem schlosz Schwytzerchron. (1606) 77ᵃ; das weib .. tribuliret mich gar zu viel engl. com. u. trag. (1624) b 1ᵃ;
dagegen viel prädicativ auf das object des verbums bezogen:
diese sache hat mich viel beschäftigt, in mannigfacher hinsicht und mehrfach; vgl.
↗vielbeschäftigt. ungewöhnlich: unsern trefflichen Isegrimm, den ich viel zu grüszen bitte IV 29, 90 Weim.; nichts schöneres .. als die figur Ganymeds .. das andre ist viel restauriert IV 8, 56.
einen lieben, die stärke der empfindung durch viel bezeichnet: und nit müglich dasz die person .. e. may. viel liebe Amadis 32 lit. ver.; lieb haben: ich habe sie viel lieb IV 1, 237 Weim.; so viel:
zu viel:
hassen:
genitiv beim verbum: weil ich mich der poeterey nit vil verstehe gespräch v. d. trag. Joh. Hussen 8 neudr.; ohne dasz sie meiner vil geachtet Simpl. 3, 11 Keller.
vor zyten, da ich jung bin gsyn,
do fröut er (der wein) mich nit vil, wisz gott
weinspiel 2506 neudr.;
es gat mich an und nummen (s. oben th. 7, 981) vil
609;
wer mir dasselbig viel miszgündt
der ist zwar nicht des löwen fründt
Esop. 1, 21 Kurz;
die brüder ..
mich werden so viel nicht betrüben,
als wann die Griechen solten üben
irem mutwillen trutziglich,
und von dem ort wegkfüren dich
Ilias (1610) 81ᵃ;
so wird ein harnischschmied auch nicht mehr viel geachtet
dicht. versuchgabe (1678) 58;
ich ward im hingehn
zu viel verweilt
Nathan 3, 9;
soll ich sie wiedersehn: so seh' ich sie
noch oft genug. wo nicht; so sah ich sie
schon viel zu viel
ebenda,
niemals sah ich dich zu viel
(1828) 271;
er achtet das nicht viel, was ihm sein mädchen schenkt
Weim.;
9, 7 das rechte, das ich viel gethan,
das ficht mich nun nicht weiter an
2, 245.
ich liebe dich, doch nicht so viel,
als ich dich gerne lieben wil
kirchenlied 3, 327ᵃ Fischer-Tümpel).
( ist's sünde,
dasz ich mein weib geliebt? dasz ich
den knaben ihres leibs geherzt?
das land gebaut? und ach, vielleicht
die welt zu viel geliebt
ged. 2, 44.
was hasset doch den edelmann der bürgersmann so viel
lit. ver.
209 γ)
in älterer sprache wird gern viel mit oft verbunden, eine formel, deren beide theile sich in der bedeutung nähern, auch ganz dasselbe besagen können (vgl. oben unter q); die formel hält sich bis in die neuere zeit: die sache ist oft und viel untersucht worden 2, 893; meinung .., welche oft und vil durch priester .. dem volck geprediget .. werdend Zwingli
deutsche schriften (1828) 1, 126; da sich dieser mit seinen lippen schon offt und viel zu ihr genahet lebensl. (1778) 1, 287; er nahm mir da oft und viel Schröks lehrbuch aus der hand bilderbuch (1849) 20;
viel und häufig: (dasz) solche erschreckliche meerwunder, so viel und heuffig gesehen werden hosenteufel 20 neudr.; als vil und dick, so oft und vil, quotiescunque 448ᶜ; nd. vele und dicke, vele und vaken nd. korr. bl. 22, 77. 92; vele und dicke d. städtechron. 7, 154.
lisz wol disz büchlin offt und vil,
und thuͦ allzeit das widerspil
Grob. titel;
ich hab gehöret offt und viel,
dasz was zur nessel werden wil,
das fangt bey zeitten an zu brennen
Eulenspiegel 28, 1 Hauffen;
unangesehn, das offt und viel
bey menschen scheint das widerspiel
Hans Pfriem 28 neudr.;
sie kriegen oft und viel die hörner auch darzu
versuchg. (1678) 88;
doch ist sie (schönheit) mit gefahr sehr viel und offt verbunden
sat. ged. 32 neudr.;
und mit den worten rang sie oft
und viel die lilienhand
25, 142;
sah ich doch vor zeiten gerne
diese häuser oft und viel
ged. (1876) 6.
δ)
schon mehrfach hat sich gezeigt, wie der adverbiale charakter von viel in negierten wendungen hervortritt; vgl. auch wendungen mit ohne: ohne mich viel auf deutungen einzulassen 23, 157; oder: dasz ich nicht nöthig habe, mich viel nach andern beweisgründen umzusehen 10, 395. dabei kann viel abgeschwächt werden, ohne viel zu fragen kann heiszen: ohne überhaupt, ohne erst zu fragen. hier ist die häufige verwendung von viel in fragen zu erwähnen, die auf erwartete verneinende antwort gestellt sind: was wolte sich die frau basz, antwortet der juncker, seinetwegen so viel bemühen? Simpl. 3, 338 Keller; was halten wir uns viel auff? polit. redner (1677) 28; was soll man sich viel verstellen gegen die, mit denen man sein leben zuzubringen hat? 24, 112;
nicht viel:
ohne verbum:
was mach ich euch dann erst viel bang?
Eulenspiegel 8, 170 Hauffen;
o starcke lieb!
o hertzen dieb!
wasz wilt mit mir viel pochen?
trutznacht. (1649) 34;
was frag ich viel nach geld und gut
wenn ich zufrieden bin?
sie (die geisz) sieht das laub und fragt nicht viel,
sie friszt es ab mit stumpf und stiel
(1867) 3, 9.
der heiligen, denen hie auff zusehen
befolhen ist. was heiligen viel?
der heiligen ich nichts achten will
Hans Pfriem 44 neudr.
ε)
viel kann dann auch ironisch gebraucht werden; diese anwendung findet sich erst in neuerer sprache und ist beschränkt auf gewisse verbindungen: er fragt viel darnach, nichts; ich bekümmere mich viel darum, wahrlich nicht Adelung; es ist dem junker viel um seinen kammerdiener zu thun, sondern um sich Weisze bei Adelung; die anknüpfung mit sondern wäre heute nicht möglich; ach, die merken viel, merken gar nichts; ich weisz viel, wie er heiszt; dagegen bei Logau:
Sejan und andere rathgeber des kaysers zu Rom wüszten viel, wie es um die kriegshändel in Deutschland stünde Armin. 2, 1341; ich habe viel darauf achtung gegeben, sagte Marthe ganz höhnisch empf. reisen (1771) 2, 277;
die einfalt weisz nicht viel obs süsz obs sauer sey
2, 106, 539;
werden uns viel um den kaiser scheeren
12, 49.
r)
so viel, s. oben th. 10, 1822 (in älterer sprache und mundartlich daneben als vil; vgl. 1, 775.
776; adj. weitergebildet sovielig, -icht ebd.; kärnt. 95); sowohl in nominaler wie in adverbialer anwendung kann es natürlich eine besonders grosze menge, ein besonders starkes masz bezeichnen; über seine verwendung vor dem positiv des adj. s. unten 5, vor dem comp. 8: so viel hab' ich ihm geschenkt, so viel habe ich mich mit ihm beschäftigt, und dies ist mein dank. aufnehmend: wie du es da siehest, so kostet es 100 und 10 thaler — ach ihr leute! so viel ehrl. frau 13 (mit ton auf viel und noch stärkerem auf so). einschränkend, abschneidend, abschlieszend: so viel ist klar, so viel läszt sich sagen. hier kann jedes der beiden wörter den ton tragen, gewöhnlich aber wird so mit stärkerem nachdruck gesprochen; ausz dem ausschreiben so viell zu ersehen, dasz diesz wergk einer reiffen berathschlagung .. von nötten habe verh. d. schles. fürsten u. stände 1, 34; so viel ist gewisz, in amore, in amore omnia insunt vitia 1, 64 Tieck; soviel wollte kürzlich vermelden Göthe IV 31, 65 Weim.;
das masz bezeichnet durch eine möglich gewordene folge: ich habe wenigstens so viel erreicht, dasz er kommen will. aus älterer sprache: und durch ladungsbriefe .. so vil schuͦf, daʒ der selb babst .. inn wol enpfieng transl. 13 Keller.
so viel als mit bezug auf menge, grösze, masz; nominal: um so viel gröszer, um so viel zu grosz;
um soviel beim comp. masz, grad der steigerung (vgl. unten 8) angebend, oft gestützt durch ein als, je oder ein um wie viel: weswegen denn e. klugheiten sich um so viel eher zu frieden geben können polit. maulaffe (1679) widmung; könnet jhr einen violon dabey haben, werden solche lieder umb so viel bessere verrichtung thun Königsb. dichterkr. 3 neudr.; welch zeugnüs denn um so viel mehr von der heucheley und laster der dienstbarkeit entfernet, umb wie viel verdächtiger auch der glaubwürdigsten freunde urtheil ist Armin. vorber. b 4ᵇ; der verdacht wurde um so viel stärker 21, 315 Weim. um so viel — um so viel: Philipp muszte um so vielmehr despot seyn, als sein vater, um so viel enger sein geist war 7, 66.
vgl.
↗um vieles lieber und um viel lieber 2, a.
sollt's auch nur soviel seyn als ein hänflingsey Gerstenberg Ugolino IV; adverbial:
in älterer sprache auch soviel, als viel und so viel, so viel: ein jeder kan so vil, so vil er thuͦt sprichw. (1548) 152ᵃ; nd. so vele — so vele mnd. wb. 5, 223ᵇ.
gleichviel: es ist mir gleich viel; besagt gleich viel; älter eben viel:
anzuführen sind ferner die wendungen, in denen zwei dinge als gleichwerthig, in gleicher weise in betracht kommend bezeichnet werden:
und 'ja' ist grade so viel wie 'nein' I 5, 141. bei sprachlicher erklärung, die wendungen sind z. th. veraltet (vgl. oben 2, k): welck wordeken ehe by uns so völe als gesette heit restitution 75 neudr.; rabboni das ist als vil als erste deutsche bibel 1, 418 Kurrelmeyer (das heiszet Joh. 20, 16); loschatschato das ist also vil gesprochen als den verjagten decam. 91 Keller; Glicerium ist als vil als süsze lieb Terenz (1499) Xᵃ; vermeynet, dasz alpe so viel sey als alb quasi alba Anthropodemus plut. (1666) 1, 4. ohne verb: banner, bey den alten soviel, als itzo panier, eine fahne sprachk. (1748) 67. so viel ohne als: ich
thu schreiben, .. das soll so viel gesagt sein, ich schreibe fabeln 4 neudr.; sequitur nocentes victor a tergo deus, das ist so viel:
soviel einen nebensatz einleitend (als viel, soviel als):
behüt dich und dinen nechsten vor allem übel, als vil du vermagst bilg. (1512) B 3ᵃ; so lang und vil sich der gröszer teil der menschen ergeren möchte v. freih. d. sp. 20 neudr.; thuͦ so vil du kanst, und etwas weniger sprichw. (1548) 152ᵃ; schwätzet so viel ihr wollt von der absoluten bewusztlosigkeit des genies 22, 8;
in solchen wendungen kann die einschränkende bedeutung mehr oder minder stark hervortreten; oft ist angezeigt, dasz die umstände eben nur ein gewisses masz zulassen: sie .. hatte ihm (dem verwundeten) in ihren armen, so viel sie konnte, ein sanftes lager bereitet 22, 39 Weim.; so viel ich hinan reichen kann bieg ich die zweige herab Günderode (1840) 1, 33. die ältere sprache kann so viel anwenden, wo jetzt lieber so weit gebraucht wird: das gsatzt so vil es ceremonisch und gerichtzhendlich (ist) v. freih. d. sp. 9 neudr.
darumb, so viel an mir ist (soweit es auf mich ankommt oder in meinem vermögen steht), bin ich geneiget, auch euch zu Rom das evangelium zu predigen Röm. 1, 15; dise handgeschrifft hat uszgedilgt Christus unser herr, so vil an im ist bilgersch. (1512) B 3ᵇ; wilchen du .. entlich auff ein schympff unnd unehr, als vil als yn dir gewest, gesatzt (quantum in te est) 2, 185; wann ein alter mann ein junges weibsbild zur wittib macht und dannoch, so viel an ihm ist, ihr die jungfrauschafft nachgelassen Simpl. 3, 372 Keller; so viel an dir ist 2, 894.
soviel möglich ist: darumb ich mich dessen auch gentzlich geflissen hab, dasz ich mein translatz bei gefundner eygenschafft des lateins, so vil immer müglich was, hab lassen bleiben Terenz (1539) A 2ᵇ; wir werden weiter unten diesem unterschiede, .. so viel möglich ist, nachspüren (1768) 6, 1, 18;
auslassung des ist: habe ich mir vorgenommen, .. so viel mir möglich aufzumerken denkwürdigk. (1878) 6. die verbindung so viel (wie) als möglich wird kaum mehr als satz empfunden, sondern wie eine umschreibung für möglichst adverbial gebraucht. so viel möglich ist jetzt seltener geworden: das die herren und ihr nachmaln derogleichen .. absendungen so viel möglichen (man beachte die adv. endung) geubriget sein sollet verh. d. schles. fürsten u. stände 1, 33; auch die deutsche (sprache) in eine gleiche richtigkeit, so viel müglich, zu bringen rechtschreibung (1666) 3; die alte suchte so viel möglich durch ihre prose die poesie ihrer freundin in's gebiet des gemeinen lebens herunter zu locken 21, 64 Weim.; (um die lüge) so viel wie möglich unschädlich zu machen d. buch geh. d. könig (1843) 1, 213.
weitere verkürzung: vielmöglichst.
so viel angeht, betrifft u. ä.: sonst so viel den dollmetschen belangt Garg. 14 neudr.; so viel das trauerspiel betrift (1788) 2 V;
soviel ich weisz, merke, verstehe, mich erinnere u. s. w., einschränkend: als vil ich aber abmercken kan gespräch v. d. trag. Joh. Hussen 5 neudr.; als vil mir der ritter bekant ist 1, 29 lit. ver.; so viel es meine wenige .. wissenschaft zuläszt fortgepfl. lustw. (1657) 1 einl.; so viel ich mich noch zu erinnern weisz Simpl. 3, 41 Keller; so viel ich von meiner schwester nachricht erhalten Schelmuffsky 23 neudr.; so viel ich weisz, ist er nicht mehr in den besten umständen 4, 216; so viel ich von königen weisz, so laufen sie nicht so von haus und hof (1809) 3, 156; so viel ich sehe, betrug die summe (1867) 1, 123 anm.;
was vielleicht annoch kein Teutscher ... (so viel mir wissend ist) versucht hat sat. ged. 3 neudr.
doch dasz das erbe schwand
auch ohne diese, so viel steht im klaren
(1844) 2, 8.
und ich bin um so viel zu spät geboren
könig Yngurd 3, 3;
erweitere so viel die grentzen,
als du vermögen hast, derselben herr zu seyn
(1732) 1, 6.
ein gülden war ihm nichts, ein thaler eben viel (auch nichts)
sat. ged. 33, 95 neudr.
ouch wenn man nun verhört den einen,
ists grad so vil, als ghort man keinem
weinspiel 922 neudr.;
hüt dich, hüt dich! dann gott der herr
der siht dir zu und ist nicht ferr
Simpl. 3, 456 Keller.
du bist ein suw, so vil din ist (so grosz, wie du gewachsen bist)
weinspiel 545 neudr.;
soviel als hier Eugen ersiegt,
ist schon der ehre wert, dasz auch dein kriegsrath schweiget
ged. (1751) 17;
ich will euch lustig machen,
so viel ich immer kan
Harleq. kindb. schm. 88;
so viel sie auch gehofft, hast du doch mehr gethan
ged. (1745) 11;
lacht, so viel ihr wollt,
schrie Veit
poet. vers. 1, 20.
was deine augen hassen,
das wil ich fliehn und lassen,
so viel mir jmmer müglich ist
kirchenlied 3, 309 Fischer - Tümpel).
(so viel aber antrifft das gelt
weinspiel 3728 neudr.
jedoch, als vil ich märk,
ist meine sele nicht dermaszen gar verbländet
geb. 3;
1. drauff bald (alsz viel ich kond verstan)
esz riethe mir zu scheiden
trutznacht. (1649) 14;
s)
auch nicht so viel, mit betonung des so, nicht einmal ein ganz weniges, eigentlich mit entsprechender geberde: och nich a so viel nutzt das Hauptmann weber II; positiv, auch nur so viel, d. h. auch nur so wenig:
so viel wie nichts, fast nichts: in der hauptsache dagegen richtete er so viel wie nichts aus 38, 75.
mit so und so viel bezeichnet man eine bestimmte menge in der annahme.
so mit einmal, zweimal u. s. w. verbunden vor viel: mehr als zweymal so viel zu trincken, als ich im sinn gehabt Simpl. 3, 346 Keller;
und ist âne mînen danc,
obs alsô vil genieʒen mîn
41, 28.
wofern sie mir auf jeglichen termin
zweymahl so viel zum interesse zahlt
ged. (1697) 2, 119.
t)
angabe des maszes bei zu viel; genit.: eines fingers oder zehens ze vil haben 448ᶜ; accus.: ich gleub du hast ein sparren zu viel oder zu wenig discurs v. kippern u. wippern (1621) C 1ᵃ; der denkende künstler ist noch eins so viel werth (jetzt: noch einmal) Emil. Galotti 1, 4;
kühn: o ich habe eine welt zu viel (1828) 4, 94.
wenn traubengold in krystallglase blinkte
so trank ich oft — vielleicht ein glas zu viel
ged. (1825) 2, 55.
u)
unvollständigkeit der construction in festen wendungen: nichts zu viel! ist ihr schweigendes wort 23, 22; doch genug und schon mehr als zu viel von dieser .. geschichte trösteinsamkeit (1883) 11; so viel von dem inhalt und lere, die in Hans Pfriemers historien oder mehrlin wird vorgehalten Hans Pfriem 10 neudr.; so viel für heute, das ich mit den besten wünschen fortsende IV 19, 75 Weim. in Österreich erwidert man auf guten tag, guten morgen u. s. w. ā sō vüll (wünsche ich euch); vgl. schwäb. 2, 1494; dann mag's ein anderer, oder nie einer besser machen, mir gleich viel 158ᵇ Bohtz; erkauft, oder gestohlen, oder erschlichen, gleich viel, alles verbrieft Roland v. Berlin (1840) 1, 122;
sie sey
nun eure tochter, oder sey es nicht!
sey christin, oder jüdin, oder keines!
gleichviel! gleichviel!
Nathan 5, 5;
tempelherr: argwohnt sie wohl bereits, was mit
ihr vorgeht?
Nathan: möglich; ob ich schon nicht wüszte,
woher?
tempelherr: auch eben viel
ebd.
v)
viel beim part. präs. in nominaler oder adverbialer bedeutung; adv.:
ein solcher viel umfassender auftrag (1843) 1, 4. part. prät.:
die verbindung von viel mit dem part. präs. und mehr noch mit dem des prät. nimmt im nhd. einen sehr groszen umfang an (s. unten III 2. 3). in der schrift werden diese verbindungen meist wie composita behandelt, auch wenn es sich nicht um wirkliche composita wie vielsagend oder um solche verbindungen handelt, die durch häufigen gebrauch mehr oder weniger eng aneinander geschlossen sind; doch ist die schreibung nicht sicher geregelt; vielerfahren ist z. b. eine feste verbindung:
nachgestellt:
tritt ein zu zwischen viel und das part. prät., so ist zusammenschreibung ganz ungewöhnlich: mein gemüt ist vielzuniedergeschlagen als dasz ich einige hoffnung fassen könte Sophiens reise (1769) 4, 300.
trennung durch ein dem viel vorausgehendes so: erhalten (sie) mir eine so viel erprobte freundschaft Göthe IV 41, 1 Weim. doch ist hier auch die zusammenschreibung eben so häufig, und in der gesprochenen sprache kann die eine wie die andere schreibung in der betonung ausdruck finden, wodurch eine färbung des sinnes bewirkt, die losere oder festere verbindung von viel und erprobt angezeigt wird.
einige besondere beispiele aus älterer sprache für viel vor dem part. prät.: meiner viel gehabten arbeit unfruchtbarkeit vom zusauffen B 3ᵃ; (anstatt ganz unerhört:) nicht vil erhörter weis Fischart glückh. schiff, titel;
thô fuarun sie îlenti joh filu gâhônti
1, 13, 7;
diu liute wârin unʒ an diu
vil ungeleidigetiu
Annol. 134.
des edeln Ibergs tochter rühm ich mich
des viel erfahrnen mann's
Tell 1, 2; spätere ausgaben: vielerfahrnen).
14, 283 (bewundert viel und viel gescholten, Helena,
vom strande komm' ich
Weim.
15, 177 doch ihn ich nit hab funden
nach viel gepflegter müh
trutznacht. (1649) 63.
3)
viel adverbial vor dem adj., starkes masz der eigenschaft bezeichnend, oder zur angabe, dasz eine eigenschaft sich in mannigfacher weise, in verschiedensten richtungen offenbart. diese verbindung führt zur zusammensetzung ( gr. 2, 731; gr. 2, § 406, 2); got. der griech. wortstellung folgend: χαλεποὶ λίαν, sleidjai filu Matth. 8, 28; ἦν γὰρ πλούσιος σφόδρα, was auk gabeigs filu Luc. 18, 23; im nordischen kommt fjǫl als freies adv. nicht mehr vor, ist aber in zahlreichen zusammensetzungen, besonders solchen der poetischen sprache erhalten. thi Fresa fele sterka 352, 20;
vgl. mnd. wb. 5, 223ᵇ; im ahd. ist diese verwendung des adv. auszerordentlich beliebt ( 3, 472 ff.); nachgestellt wie in den got. stellen, z. b.:
man beachte die wendungen, in denen filu adverbial vor subst. steht, die wie praedicat. adj. gebraucht werden:
was ist aber vil not zuͦ erzelen 1, 2 neudr. zum mhd. gebrauch vgl. mhd. wb. 3, 313ᵇ; vil nachgestellt:
im nhd. wird allmählich die verwendung von viel vor adj. (und adv.) seltener, es tritt sehr dafür ein. Adelung verwirft diesen gebrauch, der 'in den gemeinen sprecharten' noch nicht ganz veraltet sei, für die schriftsprache durchaus; im schwäb. kennt ihn Fischer nicht mehr (2, 1495); äsz is väle warm 1. erg. heft 26; im bayer-österr. dagegen ist viel vor adj. weit verbreitet, besonders verstärkt (so viel); vil warm, vil kalt, vil wenig; soviel viel, soviel wenig; so vil ein schönes mensch bayer. wb. 1, 837; vgl. kärnt. wb. 95; so viel fleiszig 790 (wo der gebrauch des ital. tanto verglichen wird); 1, 776
unter so viel. am längsten hält sich viel in der schriftsprache vor bestimmten in der anrede gebrauchten adj., z. b. viel lieb, edel, werth, ehr- und tugendsam, die häufig auch zusammen geschrieben werden: viel werte herren und freunde Herkuliskus (1665) 23; auf begehren der .. viel- ehr- und tugendsamen frauen fortgepfl. lustw. (1657) 1, 43 ; bei der wiederbelebung des adv. viel vor adj. werden auch diese anreden z. th. wieder aufgenommen:
vor dem superlativ:
die auszerordentlich zahlreichen zusammensetzungen viel + adj. im nhd. werden unter III besprochen. mit vil groszem ernst 6 Bihlmeyer; solches vil löbliches werck feldbau (1551) 8ᵃ; vil hübsche, alte, wunderbarliche geschicht Thym Thedel v. Wallmoden, titel; essen, das mit essig vil sawr gemacht ist artzneyb. (1595) 2, 42; ein viel herrlicher und prächtiger stuhl reisebeschr. 18; kam er an des kaisers hof und ward den schreibern viel lieb sagen (1891) 2, 103;
gern wird viel mit manch verbunden, wie schon im mhd.: vil manig guͦte werck zeygt ich euch von meinem vatter erste deutsche bibel 1, 380, 21 (viel guter werck Joh. 10, 32); in vil manchen petten decam. 174 Keller; nun vil mancher monet vergangen wasz 93; also das ir in einem tag etwan vil manicher starb rastbüchl. 163 lit. ver.;
quotus, wie viel maniger 481ᶜ; plerique, vele, vil mennighe 442ᵇ; viel vor wenig: vil wenig menschen d. ew. wisth. betb. 23ᵇ; dagegen viel unflect. adj. vor viel, flectiertem adj.:
viel vor dem unbestimmten artikel, dem ein attributives adj. folgt (vgl. die gleiche stellung vor dem compar. und ander): derowegen fiengen sie viel eine jämmerliche klage an Simpl. 3, 391 Keller.
endi im sagda filo langsamana rad
Hel. 4527;
Petrus, dua mih uuîsi, oba ih thir liob filu sî
5, 15, 13;
theiʒ imo filu zorn uuas
4, 19, 59;
ist Judeo manag thanne in wâr harto filu jâmar
5, 6, 40.
dich heiʒet vater maneger vil
22, 6;
viel edle jungfrau, wollet nicht verzagen
2, 356.
min viel allerliebsten frunt
Alsf. pass. 1289;
eʒ geschach nie dieb sô wê
mîm kinde sî geschehen mê,
vil grôʒ sint sîn wunden
schausp. d. mitt. 1, 35, 120;
begir, die in meinem hertzen leydt,
hat begert vil lange tzeyt
passionsspiele aus Tirol 24;
so beruft man mich vil armen man
sat. u. pasq. 1, 145;
mein vatter der viel greise man
flöhatz v. 139 neudr.;
in summa der viel alte schad,
seins heilens gar kein werens hat
prov. cop. 1, 60;
Achilles der vil zornig mann,
Atridem redet wider an
Ilias (1610) 5ᵇ;
viel schön, viel schön ist unser wald
4, 8;
willkommen, du viel schlimmer,
in meines vaters haus
ged. 1, 173 Schmidt-Hartmann.
vil mancher hat noch sym geduncken
noch dem villicht er hat getruncken
nuw rymen wellen dar an hencken
narrensch. s. 1 Zarncke.
hab doch vil manche reysz gethan
weinsp. 2851 neudr.;
kindlein, wir fahren
seit viel vielen jahren
durch die weit weite welt
ged. (1876) 79.
4)
ebenso tritt viel in alter sprache verstärkend zum adverbium: λίαν πρωί, filu air Marc. 16, 2; ἥδιστα, filu gabaurjaba 2 Kor. 12, 9; auszerordentlich häufig im ahd., vgl. 3, 472 ff.; filu aboho firstandit, multum errare videtur Isidor 38, 6; auch hier kann filu nachgestellt werden:
für das mhd. vgl. mhd. wb. 3, 313ᵇ; vil lîhte setzt sich fort im nhd. vielleicht (s. dieses), vgl. ferner vielnach, beinahe; (quantocicius) vil schire gloss. 477ᵇ;
die von ir .. vil dicke zuͦ mir getragen worden decamerone 2 Keller;
umgestellt dicke viel: pungitare, dick vil stupffen gloss. 473ᵇ; tractare, dick vil zu ziehen 591ᵃ; lapsari, dickwill vallen 318ᶜ;
kein wunder ist, das zu solchem freien sewleben, die wüsten leute lust haben, und viel gern Türcken werden 8, 36ᵇ (oder viel ist nom. pl.).
oba thu iʒ thiko filu duas
3, 7, 79.
eʒ ist vil kûme ein kleineʒ trœstelîn
66, 2;
(wir) sullen noch vil lange leben
spiel v. d. zehn jungfrauen (1905) 100, 76;
so duͦn ich eʒ doch vil ungern
schauspiele d. mittelalters 1, 77, 105;
mer soln zu disser erbeit
viel gern sin bereit
Alsf. pass. 841;
des bitt ich dich vil sere
hürnen Seyfr. s. 36 neudr.;
als man vil dick gesehen hat
146ᵇ.
5)
so viel vor dem adj.: wend sy (die schüsseln und schalen) so vyl sweer worden synt (sie haben das vorher angegebene silbergewicht erhalten) Marienb. treszlerb. 497; von vorurtheilen so viel frei (in diesem grade frei) handelt er, wie es ihm einfällt gesprächə 1, 23 Biedermann.
im bayer.-österr. im sinne von sehr vor dem adj.: die alte Hochmoserin ist so viel krank geworden wildlinge 364; so viel unbuszfertig ist er halt 2, 10; vor adv.: du red'st so viel wüst, ahnl 6, 138.
6)
zu viel vor dem adj.: vir linguosus, zefilo chôsig man ps. 139, 12; remissus, zu vil weich gloss. 491ᶜ; zu vil grosz, nimius Dasypodius; zu vil guͦt ist bösz sprichw. (1548) 36ᵇ; wann die pferd zu vil mager feldbau (1551) 8ᵃ; plus quam civiliter, unburgerlich, zevil hoflich dict. (1556) 230ᵃ; ab re est remissior, er ist zuͦ vil hinlässig 1ᵇ; dieser gebrauch ist im bayer.-österreichischen erhalten; vgl. auch 1, 775; 1, 109ᵃ.
viel zu viel vor dem adj.:
mehr denn zu viel: ist ausz teglicher erfahrung leider mehr denn zu viel erweiszlich wendunm. 128ᵃ.
zu Amors possen
sey er viel zu viel verdrussen
3, 62, 426.
7)
während die unter 3 bis 6 behandelten verbindungen im entwickelten nhd. untergegangen, höchstens vereinzelt erhalten oder mit bewusztsein erneuert sind, ist die verstärkung des durch zu vor dem adj. oder adv. bezeichneten übermaszes durch viel in allgemeinem gebrauch (vgl.
↗allzu, mhd. al ze, das in der älteren sprache häufiger ist als viel zu): ist .. die anzal .. viel zuͦ grosz Polybius (1574) vorrede; viel zu gering Simpl. 3, 28 Keller; auch darinn gehen sie viel zu weit schlesw. litbr. 20 (lit.-denkm. 30, 207); viel zu unwissend, viel zu unerfahren 1, 13; die in früherer zeit schon aufgebrachte .. viel zu gute meinung 46, 71 Weim.; dann wär' ich für einen klassenpräceptor noch immer viel zu gelehrt gewesen 1, 3 Tieck; den fabrikantenräudeln, den wollt ich viel zu gerne amal a liedl ufspieln Hauptmann weber II;
auch vor viel, adj. natürlich: hatte zu gleich viel zu viele gesunde urteilskraft 16, 13.
verstärkung durch wiederholung des viel: so werden alle unsere werck viel viel zu schwach sein 28, 17 Weim.; meiner lere halben bin ich teufel, keiser, könig, fursten und aller welt viel viel viel zu stoltz 23, 29.
verstärkung durch sehr:
wie sol ich mich erneren?
mein guͦt ist vil zu klein
volksl. 581 (no. 213);
der tod ist mir vil z' früe vorhanden
totentanz 29);
(aber Unterwalden ist mir vil zuͦ schmal
schweiz. schauspiele 3, 21 Bächtold;
ich hab dir gethan viel zu gut
Keller;
2, 31 nur keinen boten nach jhm send,
er kom uns sonst viel zu behend
prov. cop. 3, 184;
bey viel zu süszer noth
trutz-nacht. (1649) 52;
nun sank, ach viel zu früh! der abend
an dem himmel herab
oden (1889) 1, 219;
lügen wird er nicht reden; denn er ist viel zu verständig (μάλα γὰρ πεπνυμένος ἐστίν γ 20)
Od. s. 35 Bernays;
das schwert er viel zu schwer erfand
ged. 1, 256 Schmidt-Hartmann.
versteh mich recht,
das ampt ist dir sehr viel zu schlecht
gramm. (1597) 2, 2, 42.
8)
viel vor dem compar. des adj. und adv.; πολλῷ μᾶλλον, filu mais 1 Kor. 12, 22; filu im genit.: περισσοτέρως μᾶλλον, filaus mais 2 Kor. 7, 13; nachgestellt: minnizei filaus skeir. III; für das ahd. vgl. 3, 473; für das mhd. s. mhd. wb. 3, 314ᵃ; Adelung behauptet, dasz viel in der 'edleren schreibart' vor dem compar. durch weit ersetzt werde; für die sprache der gegenwart trifft das nicht zu. vgl.
↗um vieles 10 l.
a)
der verporgen liebe .., die in vil unleidlicher ist ze vertragen dann die offenware decamerone 17 Keller; vil besser wer im du lieffest hinweck und bezalst in bilgersch. (1512) B 1ᵇ; so ists dir viel nützer Matth. 15, 5; (die trinker sind) viel ellender und erbärmlicher dann die vonn meeres ungewitter .. getrieben werden vom zusauffen C 2ᵃ; büchlein, welchs viel stärcker, doch nicht vil besser .. roche Garg. 41 neudr.; mit vil gröszern natürlichen kräfften Lucifers königr. 8 (nat. litt.); (beachte die schreibung:) sehet nicht, dasz es eine viel-stärkere hand gethan Ocravia (1677) 3, 971; dasz die geschichte .. viel seltsamere begebenheiten erzählt, als ein romanenschreiber Agathon (1766) 1, 6; schwarze kleider machen die personen viel schmäler aussehen, als helle II 1, 7 Weim.; wenn viel ältere einen jüngeren .. angegriffen hatten was ich erlebte (1840) 1, 30; alle fanden, dasz es ein feines getränk sei, viel feiner als punschextrakt I 5, 144;
viel kann in älterer sprache, wie beim positiv, nachgestellt werden:
ehrlich sterben ist vil besser
denn schendtlich leben lange tag
lit. ver.;
2, 16 (Nestors) stimm fürbasz
vil süszer, weder honig was
Ilias (1610) 6ᵃ;
die lasten, die mich drücken
viel sehrer als ein stein
kirchenl. 3, 308 Fischer-Tümpel);
(die stunden ...
hat meines rectors fleisz
... viel beszrer angewandt
Parnasz (1735) 373;
da sie mit nicht mehr bebenden blick dich zärtlicher ansieht,
wieder dich ansieht, und frey, und viel gelehriger küszt
oden (1889) 1, 36;
doch viel werther ist die treue
Weim.;
1, 37 ja, du warst vorhin viel blässer
dram. werke (1828) 1, 51.
miltes muotes minre vil dan ein getwerc
27, 2.
b)
häufig ist die verbindung viel lieber in adjectiv. wie in adverbialer anwendung: mir ist vil lieber mein sele dann mein leib decamerone 23 Keller; ich het vil lieber gwölt Terenz (1539) 89ᵇ; so würde ich .. nicht das friedewünschende, sondern viel lieber das .. beseligte Teutschland vor .. augen stellen das friedew. Teutschland (1648) 3; lasz uns viel lieber gleich sehn, was du uns gutes heimgebracht (1811) 1, 12;
zunächst gibt als adv. viel lieber an, dasz das subject des verbums etwas vorzieht; doch ist auch eine freiere verwendung möglich (vgl. lieb IV 4 th. 6, 909):
dagegen ist viel gerner veraltet:
vgl.
↗gern 3 th. 4, 1, 2, 3720.
er möcht vil lieber dauszen sein
lit ver.;
2, 31 viel lieber nehm' ich dich, Melissa, nakkend an
du hast genug für den, der rathlich leben kan
satyr. ged. 23 neudr.;
viel lieber würd' er fallen kühn
(1879) 2, 130.
so rief der jüngling starr und bleich:
ist das die harmonie der sphären?
so brüllt die hölle nach dem raub:
ha, mache mich viel lieber taub,
du fürchterlicher gott der götter
poet. versuche (1812) 1, 13.
deutlich (Kain spricht):
der herr blieb mir viel lieber dauszen
lit. ver.;
1, 60 zwâre ich bin gerner vil
durch mîne triuwe vertriben
dan mit untriwen beliben
Iwein 1982;
c)
noch tritt verstärkend zum comp., es kann vor viel stehen, oder auch dem comp. folgen: und das noch viel gröszer und herrlicher ist bergw. buch (1621) vorr. 2; da wurde ich noch vil ungedultiger Simpl. 3, 10 Keller; was mir begegnet, ist noch viel trauriger 45, 23 Weim.;
verstärkung durch ein adj.-adv.: seine gedanken waren ungeheuer viel gröszer als er 2, 13.
helden-thaten
die dir viel leichter noch, als mir ein reim, gerathen
ged. (1745) 2;
denn sein schatz
ist jeden tag mit sonnenuntergang
viel leerer noch, als leer
Nathan 1, 3;
hätten gepriesen und gerecensiret
manches geringe büchlein hoch,
viel elender geschrieben als du noch
die Jobsiade (1799) 1, 4.
d)
gar vor viel mit dem comp.: sie warend in der grösze wie die gewöhnlichen fliegen, aber vil länger chron. Helvet. (1734) 1, 40; der protestantische pfarrer hat eine gar viel bescheidenere laufbahn vor sich d. deutsche arbeit 28;
der gebrauch des gar vor viel mit dem comp. ist jetzt eingeschränkt; am besten hält sich gar betont nach so in negativen sätzen: so gar viel klüger ist er nicht.
doch lob ich gar vil mehr die schönen wasser-brunnen
geb. 53.
1. e)
besonders zu beachten sind die festen verbindungen viel mehr, viel weniger (minder), viel eher.
α)
vielmehr als compos. s. an seinem orte. die schreibung ist nicht folgerichtig. als ein wort sollte es nur dann geschrieben sein, wenn es adverbial und mit verblaszter bedeutung des mehr gebraucht wird, d. h. wenn an stelle der steigerung die vorstellung des gegensatzes zur hauptsache wird; die freie verbindung sollte stets durch getrennte schreibung bezeichnet werden; in verbindungen wie viel mehr als, so viel mehr, um so viel mehr, wie viel mehr dürfte keine zusammenschreibung stattfinden, überhaupt also dann nicht, wenn mehr die gröszere menge, das gröszere masz, die höhere bedeutung, den stärkeren grad u. ä. bezeichnet: vii volck vilmer zal denn du bist die erste d. bibel 4, 157, 9 (sieben völcker die gröszer und stercker sind denn du 5 Mos. 7, 1).
nominal: und viel mehr starben ihrer von dem hagel, denn die kinder Israel mit dem schwert erwürgten Jos. 10, 11; seid ir denn nicht viel mer denn sie Matth. 6, 26; wer noch wal völl mer dar van tho schriffende restitution 18 neudr.; noch viel mehr dergleichen unsinnigkeiten Simpl. 3, 340 Keller; glücklicher oder unglücklicherweise hatt' ich so viel gläser Burgunder mehr als billig getrunken IV 27, 220 Weim.; berlinisch: et musz noch ville mehr jedrunken werden, nach § 11, sagt der wirth 89ᵇ;
mehr flectiert, ungewöhnlich:
vielmehr: (man würde auch) vilmer wörter in eine zeil schreiben und säzzen können hochd. rechtschr. (1657) 11; nur dasz ich von natur sehr wenig esse, und um so vielmehr trincke ollapatrida 18 Wien. neudr.; ich tat damit .. nicht vielmehr als 3, 9 Göschen;
in adverbialer anwendung: πόσω οὗτοι οἱ κατὰ φύσιν ἐγκεντρισθήσονται τῇ ἰδία ἐλαία, hvan filu mais þai bi wistai intrusgjanda in swesana alewabagm Röm. 11, 24; wie vil mer die nach der natur werdent in gezweygt irm olbaum erste deutsche bibel, Kurrelmeyer; an demo bogen uuirt diu seneuua sô filo mêr zuogezogen, sô filo man drâtor scieʒen uuile ps. 59, 6; sie sol lieb haben den lyb, aber vil me sol sie acht haben ir selbs bilgersch. (1512) b 3ᵈ; gleich wie auch gott im alten testament gewisse speisen verbotten hat, vil mehr darumb, dasz er sein volck in underthänigkeit behalte, dan dasz die speisen an jhnen selbst unrein weren bienenkorb (1588) 160ᵇ; der koth bleibt heszlich und so viel mehr kenntbar in krystallenen geschirren Arminius 1, 15ᵃ; schon bevor ich aus dem thor gefahren war, sehnte ich mich herzlich nach Rom zurück, wie viel mehr nicht seitdem (1828) 4, 92;
zusammengeschrieben: wie vilmer euer vatter der in himeln ist gibt guͦt gabe Matth. 7, 11 erste deutsche bibel 1, 26 (wie viel mehr wird ewer vater im himel gutes geben Luther); wiewol die betrachtung .. der sternen .. vielmehr eim fürtrefflichen gestirnkündigen astrologo, als eim einfeltigen .. bawren zustehet feldbau (1579) 46; es wäre aber noch eine andere (ursache), .. so noch vielmehr animiret und getrieben insomnis cura par. 7 neudr.; welcher den vestigiis seines bruders insistiret und vielmehr, als hiebevorn der bruder gethan, sie verfolget verh. d. schles. fürsten u. stände 1, 64; gott erweget vielmehr, ausz was liebe ein mensch etwas thut, .. denn wie grosz das werck sey übers. d. nachf. Christi (1631) 18; diese beyde liebhaber .. wurden offt von dem knarrenden fenster-laden erschrecket, wie vielmehr von dem anklopfenden vater polit. maulaffe (1679) 2; daher dann dero nutzbarkeit um so vielmehr abzunehmen etwas f. alle 2, 14; der vielmehr durch die stärke der wahrheit, als durch die blendwerke .. einer hinterlistigen dialectik sich die gemüther seiner zuhörer unterwerfen wollte Agathon (1766) 1, 333; Philipp muszte um so vielmehr despot seyn, als sein vater, um so viel enger sein geist war 7, 66; bin ich jetzt nicht vielmehr die seine als damals 23, 99 Weim.;
Adelung bemerkt, dasz in wendungen wie: es ist vielmehr einfalt bey ihm als betrug, das einfache mehr üblicher sei. dagegen sage man in gleichem sinne: es
ist nicht so wohl betrug, als vielmehr einfalt. die eigentliche bedeutung des mehr hält Adelung in diesem beispiel fest: das masz der einfalt ist gröszer als das des betruges; dieser sinn wird sofort geändert, wenn so wohl und als wegfallen: es ist nicht betrug bei ihm, vielmehr einfalt. Adelung hat richtig beobachtet, dasz auch da, wo beim gebrauch von viel mehr die steigernde bedeutung von mehr festgehalten wird, viel bisweilen seine verstärkende kraft abschwächen kann; vgl. z. b. unter den eben angeführten belegen die stelle aus Sebiz. andererseits wird auch der zweite theil der verbindung unbestimmter und nähert sich der bedeutung von 'lieber, eher, mit mehr recht' u. ä.; damit ist der übergang zu der besonderen entwicklung von vielmehr gegeben; weiteres s. unter
↗vielmehr.
bei der freien verbindung von viel und mehr kann je nach der absicht des sprechenden das eine oder das andere wort den ton tragen.
wuszte folglich in so weit viel mehr
als sonst gewöhnlich ein hochweiser rathsherr
die Jobsiade (1799) 1, 6.
bist du
der stärkere, weil eine göttinn dich
gebar; so ist er mächtiger, denn er
gebeut viel mehrern
Bohtz (ἐπεὶ πλεόνεσσιν ἀνάσσει A 281).
145ᵃ setz uns noch vielmehr hinzu,
denn wer kennt sie so, wie du?
ged. (1751) 13.
man seins buͦchs vil mehr begert,
dann aller philosophen leben
Grob. 922 neudr.;
damit durch uns viel mehr die leut,
erhalten werden, denn zerstreut
H. Pfriem 41 neudr.;
doch brennt Phoebus nicht so sehr,
weil mein hertze brennt viel mehr
auserl. ged. 27 neudr.
jetzt aber klagt er noch vielmehr,
dasz so viel grosze kunst verdirbet
ged. 7, 289;
woselbst das ritterband vom elephantenorden
vielmehr, als du von ihm, durch dich gezieret worden
ged. (1745) 4;
wie, kinder, lieb' ich euch!
mehr eure mutter! ihr gehört
mein herz vielmehr noch
poet. werke (1767) 232;
ich liebe dich, wie die welt das licht
und mehr noch, noch vielmehr
ged. (1850) 203.
β)
viel weniger wird jetzt im allgemeinen auch dann nicht zusammen geschrieben, wo es die analogie von viel mehr erwarten läszt (in fällen wie: einem fremden verzeihet man das nicht gern, vielweniger dir Adelung); Adelung will in diesen fällen die beiden wörter verbinden, bemerkt aber, dasz vielweniger seltener als vielmehr in einem wort geschrieben wird.
nominal: es sind viel weniger, als ich dachte; ich habe viel weniger geleistet als er;
adverbial, geringeres ausmasz, stärke, grad bezeichnend: er ist viel weniger betrübt als ich; auch hier findet sich zusammenrückung in der schrift: vielweniger 2371; die bedrohungen bewegten ihn vielweniger, multo minus movebant 2, 972; viel weniger durch bedrohungen bewegt werden 893; so hat er .. noch vielweniger (zeit) .. auf das allgemeine beste zu denken d. nord. aufseher 3, 465; ich weisz nun im allgemeinen, dasz sie es vielweniger lieben wie andere sachen von mir nachgel. schriften 1, 453.
die besondere entwicklung von viel weniger tritt nach der negation ein, wofür das entsprechende nach der positiven seite bei viel mehr zu beobachten ist. die vorstellung des geringeren grades musz dabei zurücktreten, wenn schon das vorherstehende, verglichene beim nichts angelangt ist; vielweniger läszt sich oft mit 'erst recht nicht', 'geschweige denn' wiedergeben; vielweniger sollte in dieser anwendung als ein wort geschrieben werden: thuͦ nichts geheiszen, vil weniger ungeheiszen Grob. 47 neudr. (am rande); aber ihren eigenen gebrechen erkennen sie nicht, viel weniger, dasz sie den balken in ihren augen gewahr würden denkw. (1878) 12; weiszgüldig ertz .. lest .. sich nicht schneiden, viel weniger das rot gulden Sar. (1571) 28ᵃ; so möchte ich auch nicht arbeiten, viel weniger erst ein handwerck lernen Simpl. 3, 44 Keller; so musz man sich nicht einbilden, dasz diese quelle .. erschöpfet sey; vielweniger musz man sich bereden lassen krit. dichtk. (1740) 1, 113; das haus ist folglich zu jener zeit noch nicht leer, vielweniger bewohnbar 18, 189; viele leute, insonderheit die gelehrten merken ihre eigne bosheit nicht, vielweniger ihre dummheit 17, 209; da nicht einmal städte und noch vielweniger hauptstädte vorhanden waren gesch. d. Deutschen (1778) 1, 571; (der prinz) schien .. ganz und gar nicht auf ein schauspiel, vielweniger auf ein vorspiel zu seinem lobe, vorbereitet zu sein 21, 282 Weim.; dessen macht, herrschaft und herrlichkeit zu Daniels zeiten, kein mensch errathen, vielweniger voraussehen konnte 3, 492 Grollmann.
an pressen musz und darf kein nöthiges stücke fehlen, viel weniger die reinlichkeit allgem. haush.-lex. (1749) 3, 701; hier ist durch nöthiges ein ungewöhnlicher gegensatz geschaffen.
kaum statt der negierung: trockene verstandessachen, die kaum inhalt und kern eines mährchens, viel weniger gegenstand des cultus sein können briefe an Welcker 100.
selten wandeln priester dem nach, der lebend sie lehrte,
und viel weniger sprach
oden (1889) 1, 7;
γ)
particulae disjunctivae sunt: und nicht .. vielminder polit. redner (1677) 22; je mer sie fürbawen das unsz christliche gsatz nit luter fürkumme, so vil minder sind wir zuͦ ruͦw ausz innerlichem götlichen triben 1, 11 neudr.; die beiden legionen (waren) nicht viel minder unzuverlässig röm. gesch. 2, 11;
vgl. oben minder th. 6, 2227.
(wir) werden durch den todt viel minder weggerafft,
als der so mit der faust ihm steten namen schafft
(1690) 1, 101.
δ)
viel eher, mhd. vil ê: vil ee dann ich, potius atque ego 448ᶜ; vielehe, più tosto dict. (1618) 262ᵇ; eher hat den zeitlichen sinn verloren, es besagt, dasz von zwei verglichenen inhalten dem einen leichteres eintreten, mehr wahrscheinlichkeit, mehr berechtigung zukommt als dem anderen, dasz er vor dem anderen gewählt, bejaht wird u. ä.: begert het .. vil ee ze sterben dann arm wider ze hausz komen decamerone 76 Keller; zeigt auch hiemit an das die kinder vil ee mit früntligkeit dann mit reuhe zuͦ underrichten seyen Terenz (1539) 85ᵃ; zeitlich:
villeicht kompstu vil eh zu bett
Grob. 1924 neudr.
f)
vor den compar. tritt eine demonstrative bestimmung, um anzugeben, dasz das masz der steigerung durch etwas bewirkt wird, das entweder besonders ausgedrückt ist oder aus dem zusammenhang sich ergiebt:
darumb es mir nun um so vil dester lieber ist als vil mein hoffnung vor mynder gewesen ist decam. 100 Keller; disze deuttung stelle ich so viel deste lieber, das ich weisz, wie sie nur hertter verstocken wirt die ienigen, szo sie betrifft 11, 381 Weim.; so viel desto besser, sagt er Amadis 1, 107 lit. ver.; um so viel desto lieber, je gewisser histor. (1721) 1, 11; um so viel desto eher, weil 2, 24. jetzt läszt der sprachgebrauch ein viel nicht mehr zu, wenn ein desto vor dem comparativ steht. viel desto wird ersetzt durch um so viel.
ich sag iu deste gerner vil
ob manʒ ze rehte merken wil
Iwein 247;
dîn lant ist erlœset,
als der sîn schif erœset:
eʒ ist vil deste lîhter
Parz. 213, 13;
g)
neben um so viel — als, je hat die ältere sprache noch andere fügungen, die später verloren gehen: testimonia .. diu man sô filo genôtor halten sol, sô filu siu genôtor geboten sint ps. 118, 138; als vil sy schamiger wurden, als vil wurden sy schöner transl. 22 lit. ver.; welches büchlin üwer gnad so vil genedenklicher von mir ufnemen .. wöll, als vil das warlicher flüszet 16.
h)
in der älteren sprache kann der unbestimmte artikel zwischen viel und dem compar. stehen (vgl. auch unten k): also gar viel eines bessern testaments ausrichter ist Jhesus worden Ebr. 7, 22; aber viel ein gröszere marter ists 28, 563 Weim.; noch ist das vil ein ärmer man, der sein weib nicht zwingen kan sprichw. (1548) 135ᵇ; mancher mensch ist schon zum nixthun bestimmt. und mancher mensch zum nixhaben, das ist viel eine wildere bestimmung 5, 136; ein vil ein besserer elsäss. 1, 109ᵃ;
ebenso der bestimmte artikel: so werdet jhr sehen, das unser hauff vil der gröszer sein würt d. teutsch Cicero (1535) 86; vgl.
↗er ist vil der schlechter 1, 775.
ich weisz noch vil ein bösern possen
lit. ver.
6, 129 i)
dagegen kann auch in der neuen sprache etwas oder was zwischen viel und dem compar. stehen: er soll sich doch nicht einbilden, viel was besseres zu sein als wir; und dachte mir viel was schlimmeres, als das, was mir zubereitet war 43, 361 Weim.
k)
viel, adv. vor ander; hier ist im allgemeinen viel in der neueren sprache nicht mehr gebräuchlich und wird gewöhnlich durch ganz ersetzt.
beim adj. ist hier die stellung des unbestimmten artikels zwischen viel und dem adj. sehr häufig (vgl. unter h): es ist viel ein ander man 32, 316 Weim.; so hat es gar viel ein andern blick 24, 61; hat uns vil ein anders und lychters gesatz geben Christus d. schriften (1828) 1, 140; vil ainer andern mainung d. teutsch Cicero (1535) 70; darumb solt eyn rechte tragedia vil eyn ander art und weisz haben gespräch v. d. trag. Joh. Hussen 12 neudr.; sie ist vil eyner andern art bienenkorb (1581) 183ᵃ; da sahe ich, dasz er nicht nur zum fressen, sonder auch an der gestalt viel ein anderer mensch war, als ich mein lebtag jemahls einen gesehen Simpl. 3, 17 Keller;
der unbestimmte artikel vor viel: aber noch auf eine viel andre weise war sie veranlaszt für ihn zu wirken 20, 306 Weim.
etwas zwischen viel und anders (vgl. i): recenti mens trepidat metu; ist viel etwas anders, als eine schaudernde seele, welche noch bebt in d. lit. denkm. 128, 210.
viel vor dem adv. anders (anderst): die sach ist vil anderst auszgeschlagen oder geradten 448ᶜ; viel anders, longe aliter 2370; S. Paulus lehrt die ehe vil anderst zuͦ halten dan mit schmuck und kleidern gespr. v. d. trag. J. Hussen 28 neudr.; viel anderst, multo, longe aliter clavis ling. lat. (1716) 318ᵇ; wie viel anders denken wir auf dem todbette, als in unserm leben 4, 239; da müszt's viel anders werden 8, 114 Weim. (Götz III; 39, 116: da musz viel anders werden); ich finde mich viel, viel anders und besser IV 8, 77; in wahrheit unterscheiden sich die päbste der verschiedenen zeitalter nicht viel anders als die dynastien eines reiches 37 XII;
viel hält sich bis zur gegenwart vor dem adv. anders nach nicht oder kaum oder in einer frage, auf die eine verneinende antwort erwartet wird: er ist nicht viel anders geworden; er denkt kaum viel anders als ich; redete er etwa damals viel anders? beim adj. ander ist viel in der umgangssprache wohl gebräuchlich, wenn was, etwas vor ander steht: ich hab' mir viel was anderes gewünscht.
es ist jetzt viel ein ander welt
christl. ritter 24 neudr.;
wer besser binden wil,
der such' und seh' ihm aus gar viel ein ander ziel
ged. (1651) 51.
und also gehet jhre pracht
und herrlichkeit zum ende
viel anders, als sie wündschen
kirchenl. 3, 366ᵃ Fischer - Tümpel);
(denn manches steht geschrieben
viel anders als ihr sprecht
ged. 1, 452 Schmidt-Hartmann.
9)
die früh unveränderlich gewordene form viel wird in stellungen verwendet, die z. th. denen eines adj. entsprechen. das führt nach und nach dazu, dasz eine flexion in drei geschlechtern sich entwickelt (die im mhd. wb. 3, 312ᵇ aus Rumelant angeführte form vilre beruht auf entstellung der ursprünglichen lesart, vgl. Jenaer liederhs. 1, 102ᵃ Holz), daneben aber bleibt bis heute die anwendung der unflectierten form bestehen. die sprache hat das benutzt, um sinnesfärbungen auszudrücken, sehr deutlich bei viel, das zusammenfaszt, und vieles, das vereinzelt; viel vor collectiven: viel obst, viel wein u. ä.; beachte wendungen wie: es war viel glück dabei; es war gar viel niederlage in diesem letzten siege röm. gesch. 2, 338; viel bezeichnet zusammenfassend den beträchtlichen theil von etwas; multum, non multa wird übersetzt mit viel, nicht vieles. ich meine nicht vieles, sondern viel; ein weniges, aber mit fleisz Em. Galotti 1, 2. viel zusammenfassend und vereinzelnd: ich habe viel geschrieben; aber wahrlich nicht viel Göthe IV 1, 123 Weim.; man beachte den unterschied des sinnes in: er hat mir viel gutes, und in: er hat mir vieles gute gethan.
soll das partitive verhältnis deutlich bezeichnet werden, so wird (abgesehen von genitiv-verbindungen) öfters an verwendet: er hat viel an einflusz verloren;
der gebrauch der flectierten formen verbreitet sich langsam, er ist in manchen gegenden auch heute nur in beschränktem masze in die volkssprache gedrungen (im schweiz. wird viel im sing. nicht, im plur. meist nur im dat. flectiert 1, 774; vgl. elsäss. 1, 108ᵇ; im schwäb. ist der plural stets flexionslos schwäb. 2, 1494). flectierte und unflectierte formen stehen auch in der schriftsprache z. th. ohne jede regel neben einander. die flexionslosen formen halten sich da am besten im entwickelten nhd., wo der numerus und casus auf irgend eine andere weise erkennbar ist (z. b. durch die flexion des nomens, dessen attribut viel ist, oder durch eine vorhergehende präposition); sie sind unmöglich, sobald die schwache flexion erforderlich ist (nach bestimmtem artikel und pron. poss.). für die ältere sprache ist zu beachten die weit verbreitete neigung zur apokope. unflectierte formen werden als charakteristisch empfunden in sprichwörtlichen wendungen (z. b. viel feind viel ehr).
wenn auch viel eine adjectivische flexion wieder annimmt, so vermag es doch nicht die functionen eines adj. zu erfüllen; vor allem erscheint nicht die unflectierte form in prädicativer anwendung, etwa in dem sinne: eine grosze zahl, menge ausmachend; man kann allenfalls sagen: das viele volk, das den pallast umgab, aber nicht: das volk ist viel; die viele güte, die ich empfangen habe, aber nicht: deine güte ist viel. hier heiszt es dann: des volkes, deiner güte ist viel, s. oben 1, m. vgl. unter 10.
indessen zeigt sich doch ein streben, viel als wirkliches adj. zu verwenden, freilich ist diese entwicklung nicht zu ende geführt; der adjectivische charakter wird durch ein zugefügtes regelrechtes adj. gestützt, besonders ist die verbindung viel, grosz häufig, dabei nähert sich oft viel der bedeutung von grosz und wird im sinne von stark, bedeutend u. ä. gebraucht: quantuscunque, gott geb wie grosz oder viel Dasypodius; das war ein grosz, vil, und hoch volck Züricher bibel (1531) 5 Mos. 2, 10 (das war ein grosz, stark und hoch volk Luther); üwer lon ist vil oder grosz in den himmlen d. schr. 1, 85; es ist auch all sein gemüth dahin gestanden, das alle und yede, so seinem bruͦder zuͦgehöret, durch jhn vyl, undt grosz werden sölten teutsch Cicero (1535) 75ᵇ;
auf der andern seite kann viel bewirken, dasz in dieser verbindung grosz als subst. n. gebraucht wird: im ouch von früntschaft wegen des kaisers stetz grosz und vil geschenkt wart transl. 24 Keller. sogar ein gen. kann davon abhängen: doch seind allweg der frösch vil und grosz im bach sprichw. (1548) 104ᵇ; vgl. viel und tapfer: dapfer und gar fill handels d. städtechron. 23, 422.
viel und laut: viel und laut war ihr schreien 19, 174 Weim.
viel allein, umfangreich, grosz an masse, zahl, stark u. ä.: nit ist das gebet gut und recht, das vil ist, andechtig, suessz, langk ... sunder das fest bawet und trawet 2, 127 Weim.; in entsprechender anwendung zu viel: sundern das die tzuvorsicht auff die selb mundlichen gebet tzu vil ist 2, 83.
Göthe bildet liebeviel, reich an liebe, s. oben th. 6, 960.
im bayer. wird viel im sinne von kräftig, vermögend noch gebraucht: er ist gar nimmer viel; bist net so viel, non potes; er ist wieder so viel, dasz er ausgehn kann 1, 837; er ist nit sō v'l auzestēn, nicht fähig aufzustehen tirol. idiot. 789.
im plur. tritt dagegen bei prädicativer stellung nach es der begriff der zahlenmäszigen menge hervor; es kann hier auch die unflectierte form stehen, es ist freilich ursprünglich genitiv: es sind viel, nicht viel, nicht so viel,
als ich dachte; wie viel sind es? bei werden: ich hoffe, dasz es viel werden. bei Luther aber: dasz sie wachsen und viel werden auff erden 1 Mos. 48, 16.
viel unflectiert vor subst. steht in älterer sprache oft vor genit., die bei mangelndem artikel nicht als solche erkennbar sind: vil arbeit, vil gnade; viel zölner; viel streiche leiden; zeichen und wunder vil. daraus entwickelt sich die gewohnheit, das subst. unflectiert zu vil zu setzen, auch wo der gen. nahe läge: zoch auch mit jnen viel pöbelvolck 2 Mos. 12, 38; hett fil folck bei im gehabt d. städtechron. 23, 429; im dat. plur. war schon im mhd. der brauch, zu vil den flectierten dat. zu setzen (vil koufliuten). über viel vor dem infin. viel lesen, tanzen, predigen u. s. w. vgl. oben 2, q, α.
der an jahren schwer gleich träget,
viel an kräfften abgeleget
lit. ver.
146 wenn die noth wird viel und grosz,
schliesz er dich in seinen schoosz
kirchenl. 3, 320 Fischer - Tümpel).
(a)
viel unflectiert vor dem nom. acc. sing.; es können hier im allgemeinen mit gleichem sinn die flectierten formen gebraucht werden, aber die sprache hält doch bis heute an den unflectierten fest; besonders ist der nom. s. m. weit häufiger in unflectierter form: viel lärm um nichts. 'dem gemeinen leben und der vertraulichen sprechart kann man diese verkürzte art, sich auszudrücken, allenfalls zu gute halten; nur in der edlern und anständigern schreibart macht sie allemahl flecken' Adelung.
got im so vil genade thet decam. 84 Keller; wenn sie denn viel unglück und angst treffen wird 5 Mos. 31, 17; viel predigen macht den leib müde pred. 12, 12; du hast viel sorge und mühe Luc. 10, 41; do doch vil verhinderung ist 1, 323; ein Nürnberger kauffmann vil zeyt (jetzt: lange zeit, lange) sein handtierung durch Meyszen, Schlesy, inn Polen etc. gehabt d. antipap. eins u. hundert 2 F 6ᵇ; vil geschrey, nicht darhinder sprichw. (1548) 167ᵇ; vil geschrey wenig woll 104ᵇ (viel blöken, wenig wolle schwäb. 2, 1493); nachlassen stillt vil zorn 149ᵇ; durch schweigen verdirbt vil freuntschafft 137ᵇ; es verdirbt vil weiszheyt ins armen manns seckel 41ᵇ; vil stro wenig korn 155ᵇ; es steckt vil ehr und freundschafft in eim weinfasz 162ᵃ; vil kunst, vil müh 162ᵇ; durch ubunge und viel schreiben thesaurus (1587) 11ᵇ; vil gschrey weng woln der teuffel red, do er ein saw bescheren thet prov. cop. 3, 44; viel geschrei und wenig wolle, sagte der teufel und zog seiner groszmutter die haare einzeln aus dem hintern wie das volk spricht 1898; viel verstand hat wenig glück schwäb. 2, 1493; vele reysent maket einen wandelbarn modt glosse zu Reinke Vos 311; erdbidem der viel schaden tät chron. helv. (1734) 1, 7; es kostet .. nicht so vil überwindung (1768) 6, 2, 22; dasz ich dem ersten buch Mosis viel zeit .. gewidmet 7, 154 Weim.; so giebt sie mir (die übersetzung) viel interesse IV 29, 91; die localität ... hat viel reiz 33, 323; hat noch viel mühe gemacht 8, 11; gedichte, auf welche ich viel sorgfalt verwendet 31, 44; erscheinung, die mir viel freude gemacht hat 33, 240; besondere wendung: ich habe viel freude, dasz ich ihn dir schicken kann 8, 5; es schien, dasz die nymphe viel trübsaal in ihrer seele verschlösse (1811) 1, 153; ein grosze frau, und wo viel geld hat 2, 129;
in einigen verbindungen ist viel ziemlich fest: viel zeit widmen, es macht viel vergnügen, freude, mühe; unmöglich ist die flectierte form in: er hat viel geld, er ist reich; das ist viel geld, das ist eine bedeutende summe. vieles geld ausgeben Adelung; doch bemerkt er selbst, dasz gerade 'im ungewissen geschlechte' gern im nom. acc. s. die unflectierte form steht. — bei entsprechungen wenig — viel oder viel — viel steht auch jetzt die unflectierte form: wo viel licht ist, da ist viel schatten; wo viel licht ist, ist starker schatten 8, 28 Weim.
viel unglückh hie darein er nie
verhoffet hat zu fallen
fastnachtspiele 3, 1461 Keller;
viel klagen ist yetz in der welt
nachlese 330;
hab seither vil hertzleyd entpfunden
lit. ver.;
17, 3 doch dasz ich nicht treib vil geschwetz
Grob. 393 neudr.
b)
viel vor einem attributiven adj.; diese verbindung könnte unter umständen zweideutig sein, indem man viel als verstärkendes adv. mit dem attributiven adj. verbinden könnte (vgl. oben 3 und unten 9, f):
dasz man diese zweideutigkeit nicht scheut, zeigt, wie sehr jener gebrauch des adv. zurückgetreten ist; füll guͦtz folck d. städtechron. 23, 421, 9 (Augsburg); unmittelbar vorher: füll folcks.
einen componisten .. der mit vieler gabe zum scherzhaften ausdruck viel feinen geschmack vereinigt in d. lit.-denkm. 128, 42; in dem obern Deutschland hatte der kaiser .. viel natürliche opposition (1867) 1, 223;
umsonst ist geflossen viel edles blut
Hempel:
1, 127 vergossen viel unschuldig blut
lit. ver.;
1, 228 es ist, in diesem höhern leben
für sanfte menschlichkeit viel lohn,
viel groszer lohn
oden (1889) 1, 101;
wohl jauchzen die andern und schwingen die hüt',
viel bänder darauf und viel edle blüth'
ged. 1, 154 Schmidt-Hartmann.
c)
viel vor allein stehendem adj. oder part.; hier stehen neben einander im nhd. viel des guten, viel gutes und vieles gute (vgl. 10, a). Adelung sagt: 'in manchen fällen ist diese (die unflectierte) form schon so eingeführt, dasz die vollständigere das ohr beleidigen würde: jemanden viel gutes erweisen, nicht vieles gute.' dem klange nach nicht so feierlich wie viel des guten, aber dem sinne nach übereinstimmend, ist viel gutes collectiv, während vieles gute distributiv ist (vgl. 10, k). ursprünglich musz gutes als genit. aufgefaszt werden (vgl. 1, a): gleich wie aus den kleidern motten komen, also kompt von den weibern viel böses Sir. 42, 13; du hast viel ernstes gelernt 24, 136 Weim.; wir haben heute viel gutes gehandelt über der vergangenheit und zukunft IV 22, 4; sie sehen ja, dasz nicht viel schlimmes dabei herauskommt I 6, 18;
vor verstärktem adj.:
ritter bruͦder, us gottes kraft
dem glouben hand ir vil guͦts geschafft
totentanz 24);
6 (so kommt gott eh wir uns versehn,
und lesset uns viel guts geschehn
fortgepfl. lustw. (1657) 1, 29;
viel altes ist versunken,
viel neues wuchs herein
ged. 1, 468 Schmidt-Hartmann.
mit welchem sich in seinem leben
viel gar wunderbares hat begeben
Jobsiade (1799) 1, 2.
d)
die unflectierte form hält sich gut bei verbindungen wie viel dank (vgl. 10, a), viel glück, viel ehre, besonders wenn sie so allein stehen: (die boten) den margraffen .. vil dinst und danck sagten decamerone 104; viel glück zur einweihung des hauses IV 42, 66 Weim.; (man) wünschte sich wechselsweis viel glück (1809) 3, 72; gewisz viel ehre, .. ich zweifle nur 3, 8 Göschen;
jetzt ist wohl vielen dank das gebräuchliche; dagegen ist vieles glück! nicht aufgekommen.
man sagt: er hat viel empfindung, viel gemüth, viel herz, viel talent, viel ehrgeiz u. s. w. hier kommt wohl beim f. die flectierte form vor, beim m. und n. dagegen ist durchaus die unflectierte im gebrauch: wo nit vil kunst und herz ist, da ist vil geschreys und hocherbrüstens sprichw. (1548) 157ᵇ;
viel dank zum gegengrusz
Faust, Auerb. keller;
viel dank! musz heute Gersau noch erreichen
Tell 1, 2;
ihr süszes wort ertönte drauf:
viel dank, du schäfer mein
ged. 1, 143 Schmidt-Hartmann.
doch Rodrich hat viel hertz
d. schaub. 1, 352.
e)
viel unflectiert vor dem nom., acc. plur. (vgl. 11, viel vor zahlen); vil wort sprechen, verbosari
gloss. 612ᵃ; alphabetum, ein bibel vel da vil puchstaben sten nov. gloss. 17ᵇ; das nymt ouch abe und zu, dor noch vyl falken synt Marienb. treszlerb. 593; fill maister und werckleit d. städtechron. 23, 420; das du vil pater noster gesprochen habest decamerone 60 Keller; hinzuͦ geben syn sele für vil menschen bilgersch. (1512) B 4ᵇ; viel bucher machen nit geleret 6, 461 Weim.; wer an der gassen bawet, der hatt vill meyster 8, 563; wo doch vill worth gottis seynd 2, 108; jr seid besser, denn viel sperlinge Matth. 10, 31; denn er hatte viel güter 19, 22; vil fürsten und bischoff chron. Germ. (1538) 81ᵇ; in zahllosen redensarten: viel hühner viel eier, sagen die Buchayer schwäb. 2, 1493; wer vil eyr hat der machet vil dutten sprichw. (1548) 43ᵇ; es gehn vil red in einn wollsack 96ᵇ; faul leut haben gern vil feiertag 57ᵃ; lieben kindern gibt man vil namen 101ᵃ; nachgeben stilt vil krieg 107ᵃ; es gehn nit vil freund in ein kleyn hausz 154ᵇ; schweigen erwürget vil freund 137ᵇ; grosz herrn haben vil ohrn und augen, und lange hend 140ᵃ; es seind vil esel auff zweyen füszen 161ᵃ; das stündlin bringt offt, das vil jar nit 161ᵃ; vil köch versaltzen brei 140ᵇ; vil jar, vil gefahr 158ᵃ; vil wort sein ein mord 50ᵇ; vil künst vil thorheyt 162ᵇ; vil schüsz gen nicht fähl 142ᵃ; vil kleine regelin machen einn platzregen 138ᵃ; vil hend unnd wenig hertzen, gibt man zuhoff für einn weichbrunnen 39ᵃ; vil hend heben leicht ein bürde; vil händ haben bald feirabend 139ᵃ; vil händ zerreiszen dwend 139ᵇ; vil hund seind der hasen tod 40ᵇ; vil künnen vil ebenda; vil funcken machen ein grosz fewer; viel federn machen ein bett; viel heller machen geld; viel körnlein machen ein hauffen prov. cop. (1601) 3, 347; viel streich, fellen ein eych; vil hirten, und ubel gehütt 349; vil seck sind desz esels untergangk 351; viel wort wenig hertz 1145ᵇ; viel köpfe viel sinne 2, 400ᶜ; viel kinder, viel vaterunser sprachkunst (1762) 556; viel herren, schlecht regiment teutsche sprichw. (1790) 89; veul monden moaken leege schuddels; veul zwienen moakt dunne drank mundart von Groningen 451ᵇ; viel kühe, viel mühe; wo viel schulmeister sind, wird schlecht gesungen elsäss. 1, 108ᵇ; viel köpfe, viel hüte schwäb. 2, 1493; viel köpfe unter einen hut bringen; gaben, deren vil ort mangeln Grob. 5 neudr.; (plural ohne casuszeichen:) in vil wäg unnd gestalt, multis modis 448ᵈ; in vielwege ersprieszlich verh. d. schles. fürsten und stände 1, 76; es ist nun vil jar her d. antipap. eins u. hundert (1567) 1, vorrede; acht ich ohn noth sein von bekandten dingen vil wort machen Polybius (1574) 59; also dasz viel seelen ausz des feindes banden .. können erlöset werden gesichte (1650) 16; ich hätte viel ding leichtlich elaboriren können (1663) 2; donnerts im Christmonat: so hats im folgenden jahr viel winde 18; wir kriegten bald vil zuseher Simpl. 3, 49 Keller; viel völcker halten die grabe-städte für pforten, woraus sich die göttlichen leitungen durch wahrsagung herfür thun Arminius (1689) 1, 17ᵃ; der herr habe viel briefe zu schreiben 23, 6 Weim.; nicht viel mütter sind so brav (1891) 2, 12;
jetz sind die gecken wider kummen
und handt fill narren mit in genummen
narrenbeschw. 119 neudr.;
vil ketten hiengen an seym hals
lit. ver.;
1, 438 mein herr wirdt haben heint vil gest
6, 144;
auch sunst vil grafen, ritter und herrn
zug in d. Hungerland (1556) A 3ᵃ;
sag mir du göttin hochgeborn,
den ungestümen wilden zoren,
dardurch Achilles hart verletzt,
vil Griechen hat in not gesetzt
Ilias (1610) 1ᵃ;
hin und wider, auff und ab,
vil land und leut durchreiset hab
auserl. 4 neudr.;
denn viel leser sind viel richter
sinnged. 379 lit. ver.;
damit dein stammbaum ...
sich durch viel zweige höher zieh
Parnasz (1735) 10;
und mache dir viel lorbern eigen
ged. (1751) 17;
indem der neue vater schon
viel bothen reutend abgeschicket
gedichte (1745) 54;
viel meile wegs
12;
ach, da ich irrte, hatt' ich viel gespielen
Weim.;
1, 5 viel grüsze hat er uns an jeden aufgetragen
14, 104;
viel männer sind hoch zu verehren
wohlthätige durch werk und lehren
2, 156;
und so sasz er viele tage
sasz viel jahre lang
11, 238;
viel kleinodien und juwelen
wissen wir in dunkeln höhlen
Minor.;
1, 114 wir thaten viel gelübde
(1828) 1, 44;
die ebne links wie gold erglänzt,
von mancherlei frucht und getreid,
darin viel schwäb'sche schnittersleut'
(1852) 2, 3;
daselbst erhub sich grosze noth,
viel steine gab's und wenig brot
ged. 1, 254 Schmidt-Hartmann.
f)
die flectierte form ist vor dem nom. und acc. plur. in der prosa bei weitem mehr in gebrauch als die unflectierte; das ist auch das natürliche, da der plural des auf viel folgenden nomens der collectiven vorstellung entgegen wirkt; Luther: und trieben viel teufel aus Marc. 6, 13; hier wäre die unflectierte form jetzt ganz ungewöhnlich; collectiv: es waren gestern viel leute auf dem markte; nach nicht scheint die unflectierte form sich besser zu halten: es sind nicht viel musikanten gekommen; es sind nicht mehr viel federn da; auch nach es giebt hält sich die unflect. form des plurals. die verwendung des unflectierten viel findet sich auch hier vor attributivem adj., trotzdem unter umständen hierbei eine zweideutigkeit entsteht, indem viel auch als verstärkendes adv. mit dem adj. verbunden werden kann, vgl. z. b. die stelle aus (s. auch oben 9, b); man hat nicht viel beständige leute 2, 893; es giebt noch viel gescheckte kühe (tröstend) schwäb. 2, 1493; dasz vil geitzige filtzen, ein verknüpfften versperrten sack mit gelt, der edlen gesundheit fürsetzen Grob. 4 neudr.; dardurch viel hurtige und wackere ingenia zu dergleichen inventionen lust und beliebung haben engl. comedien u. trag. (1624) A 3ᵇ; eine hauptreiche wittib, welche viel gelbe batzen hat Simpl. 3, 333 Keller; es enthält viel artige nachrichten 7, 2; stehen viel bewährte mittel darin gegen den aberglauben 2, 1 Behaghel;
vor andere: viel andere, die jnen handreichung theten Luc. 8, 3; solchs beweiset mechtiglich diese that am Pharao und viel viel andere geschicht mehr bezeugens 16, 198 Weim.
die hellen augen gossen
viel heisze brünnelein
auserl. gedichte 49 neudr.;
dort kommen Drave, Sau und Theisz,
und bringen ihr (der Donau) viel starcke fluthen
130;
nicht diese stunde nur, sie starb viel lange tage
oden (1889) 1, 99;
ich hab' ein altes buch
das thut von ihm berichten
viel schnurrige geschichten
20ᵇ;
es waren da viel falsche zungen
die trieben gar ein schlimmes spiel
(1888) 1, 47;
viel gute wünsche sind hineingewoben
(1879) 2, 232.
g)
vor alleinstehendem andere; in neuerer sprache ist die flectierte form eingetreten: wir tatten als vil ander vor uns getuͦn haben decamerone 10 Keller; vil andere, complures alii 448ᶜ;
vor anderen alleinstehenden adj.: in welchen lagen viel kranken, blinden, lamen, dürren Joh. 5, 3; nicht viel
weisen nach dem fleisch, nicht viel gewaltige, nicht viel edle sind beruffen 1 Kor. 1, 26; salbeten viel siechen mit ole Marc. 6, 13; in der späteren sprache tritt auch nach unflectiertem viel die st. form ein: es finden sich doch viel gescheite unter der menge.
vil andre kamen zwar auch damals in die wahl
ged. (1745) 11.
h)
wenn viel von dem plur. getrennt ist, auf den es sich bezieht, kann jetzt nicht mehr die unflectierte form gebraucht werden: das man wenig wort mache, aber vill und tiefe meynunge 2, 81 Weim.; viel und schwere klage (πολλὰ καὶ βαρέα αἰτιώματα) ap. 25, 7; dasz er nit vil, sunder nur eyn eewyb haben soll d. schriften (1828) 1, 42.
i)
recht, gar, sehr, zu viel vor nom. acc. sing. oder plural: uff dasz sye .. zuͦ jrer vorvolgung nitt zuͦ vyel ursach gäben 1, 406; zu vil lust bringt unlust sprichw. (1548) 44ᵃ; zu vil honig ist bitter 124ᵇ; zuvil sorg, zerbricht das glasz; zu vil freud, wird dir leid 143ᵇ; zu vil fleisz felt auff dem steisz 165ᵃ; zum 2. kommen zu viel mitlautende buchstaben ohne noth zusammen d. deutsche rechtschreibung (1666) 12; dem wir recht viel ernsthafte und wohlwollende theilnehmer wünschen 47, 32 Weim.; hab ich gar zu viel zerstreuung d. Günderode (1840) 1, 29;
in derartigen wendungen ist die unflectierte form ziemlich fest: er hat zu viel talent, es kann ihm nicht miszlingen.
in jhrer burg fand sie zumal
gar vil jungkfrawen an der zahl
Ilias (1610) 81ᵇ;
da Jesus vor Pilato stund
war sehr viel klag und gar kein grund
kirchenlied 3, 304 Fischer - Tümpel);
(zu viel, zu viel barmherzigkeit, o vater,
hast du uns gegeben
oden (1889) 1, 146;
wir haben zu viel lebensart,
um hier mit euch zu maulen
Weim.;
14, 218 k)
so viel, wie viel begünstigen die collective auffassung, daher stehen hier die unflectierten formen sehr häufig, unter umständen auch vor dem plural, viel wird hier oft mit geringem nachdruck gesprochen: quotquot, wye vil, wu vele gloss. 481ᶜ; tot, als vil 590ᵃ; auf wie viel leute kann ich mit sicherheit rechnen; ich habe noch nie so viel bücher zusammen gesehen; trennung des viel von seinem substantiv: wie viel irgend ein kamerad schulden habe 21, 90 Weim.
wer hat zuvor gedacht, wie viel sand immer, wie viel tropffen im regen und wie viel tage der welt werden solten Sir. 1, 2; so viel müge gehapt, so vil not erlitten 1, 411; es kommen eben so vil kelberhewt zu marckt als ochsenhewt sprichw. (1548) 102ᵃ; wie vil köpff, so viel kröpff; wie vil leut, so vil heut 58ᵃ; wie viel und mancherley grosze zerrüttungen (die kirche gehabt hat) aktion v. d. anf. u. ende der welt (1580) A 2ᵃ; der du täglich so vil boszheiten und laster begehest Lucifers königreich 9 (Kürschners nat. lit.); auch würde man in drukkereien kaum so vil h haben hochd. rechtschreibg. (1657) 10; so viel leute, so viel händel 2, 893; dasz es mir so viel mühe kosten würde versuch einer crit. dichtkunst (1751) 5; so viel achtung als liebe .. zu beweisen 46, 13 Weim.; alle diese moralischen idiotismen, über die man so viel lärm macht 45, 54; wie viel traurige bildlose obelisken 33, 9; wie viel raum noch bleibt IV 28, 1; ihm fiel so viel beiszendes ein (1839) 1, 100;
sie het nicht zu ir heyszen kummen
so vil frawen, als sie hat than
lit. ver.;
2, 13 an grund und boden so vil landt,
als viel ein ochsenhaut zuhand,
begreiffen mocht
Äneis (1610) 10ᵇ;
sie hat mir so viel gutes, — so viel böses erwiesen
Nathan 5, 6;
es sollen drei mal so viel herrliche
geschenke wegen dieser schmach dereinst
dir werden
Bohtz;
144ᵇ dort auf dem hügel,
himmlische macht!
nur so viel gluth,
dort meine hütte,
dorthin zu waten
Weim.;
2, 71 wer dacht es aber, dasz der alte mann
noch so viel blut in adern hätte
13, 133;
wir haben so viel rechte hingegeben
das uns auf nichts ein recht mehr übrig bleibt
15, 12;
so viel stern am himmel stehen
an dem güldnen blauen zelt
volksth. lied.
l)
viel unflectiert dem nomen nachgestellt; diese fügung ist der jetzigen prosa fremd: ich habe hier papiere viel verbrannt 9, 2 (1912) 93;
der alte Baumert: hier werden seufzer ... wie? hie wer'n se viel gezählt; vgl. 1, 42 unter 11).
nach etliche, andere: als ettliche viel meinen 18, 522 Weim.; zeugen so zugegen gewäsen (folgen namen) und ander vil chron. Helvet. (1734) 1, 12.
so viel nachgestellt: musquetierer, ungefähr so viel (jetzt: so und so viel, viele) Simpl. 1, 247 Kurz.
mehr als zu viel wird öfters nachgestellt: ich habe sorgen mehr als zu viel, oder viele; aus älterer sprache:
weltliche frewd, allerley spiel,
stecken darinnen, kurtzweil viel
gramm. (1597) 13;
so mirs gehet, wie ich wil,
wüntsch ich leser nicht zu viel
lit. ver.;
379 entschlüsse
sind nun zu fassen, briefe viel zu schreiben
Weim.;
10, 118 hat erfochten wunden viel
und ein eisern kreuz am ziel
(1867) 1, 62;
hier ist die folterkammer
hier werden seufzer viel gezählt
weberlied;
(1906) 1, 179 (wer sölche warhait, lesen will,
findt deszhalb bücher mehr dann vil
d. teutsch. Cicero 159ᵃ.
m)
viel unflectiert vor obliquen casus;
des vil und uberschedlichen zutringkens d. teutsch. Cicero (1535) 81ᵇ; in vil arbeit .. in vil döten bin ich gewesen bilgersch. (1512) 20ᵈ; dergleichen .. in vil zeit, nit bald .. gehört, noch gesehen worden 149; mit vil zancken und disputieren, thuͦt mann die warheyt verlieren sprichw. (1548) 154ᵇ; (von) vil anderem wolstand der kleider Grob. 16 neudr.; ich bin entfremdeter von viel welt nur nicht von ihnen IV 3, 180 Weim.; mit eben so viel geschmack als wirkung (1852) 5, 146;
welche deren vyl und vyl entschuldigung (permultarum) kaine haben 1, 18 neudr.; mit erklerung viel schöner sprüch Sarepta (1571) 1ᵃ; die würde der viel (multorum) schönen texte königsb. dichterkreis 69 neudr.;
vil vor dem dat. plur. im mhd.:
in voele jaren mnd. wb. 5, 298ᵃ; mit eben so viel schiffen 2, 894; versicolor, von vil varwen gloss. 614ᵃ; multicubus, man van vele wijven 370ᶜ; gottfürchtig fur viel andern Nehem. 7, 2; mit genug vil worten decamerone 160 Keller; mit iren vil worten 50; unter andern seinen vil kindern 106; mit vil hüpschen figürlin d. ew. wiszh. betbüchl. (1518) C 1ᵃ; da wir aber langsam schifften, und in viel tagen kaum gegen Knidus kamen ap.-gesch. 27, 7; warheyt, die unter so viel vortruckern not leydt 1, 410; armuͦt ist zuͦ vil dingen guͦt sprichw. (1548) 97ᵃ; bei vil hirten wirt übel gehüt 41ᵇ; ausz vil beutteln ist guͦt gelt zelen 14ᵇ; in vil worten ist vil sünde 156ᵃ; under vil freunden hab wenig zu geheymen räthen 170ᵃ; mit vil streychen wirt der stockfisch lind 138ᵃ; kraut mit vil stenglen oder stirtzlen 448ᶜ; von vil kriegen die Camillus all erobert Livius 59ᵃ; (die seele) tichtet und dencket auch viel unnützen .. sachen nach (1887) 4; vor etlich viel jahren 3 Bieling; (sie) zuͦ vil manchmalen beschlieff rastbüchlein 42 lit. ver.; und nach vil übel ziten, undt ernstlichem stürmen chron. Helv. (1734) 1, 32; wann der bischof aus dem bad käm, mit wie viel reitern 8, 6 Weim.; hoffe ich wieder einmal deine stimme in so viel andern zu hören IV 29, 19; vor so und so viel jahren I 5, 122;
viel dem subst. nachgestellt:
während die ältere sprache die unflectierte form vor den casus obliqui mit groszer freiheit verwendet, zeigt sich später eine gewisse einschränkung, über die schon oben gesprochen ist; die ältere sprache kann die unflectierte form nach dem bestimmten artikel und dem pron. poss. setzen, wo später nur schwache flexion möglich ist; im allgemeinen ist zu beobachten, dasz im entwickelten nhd. die unflectierte form in ihrer umgebung eine angabe des gemeinten casus verlangt, dazu genügen auch präpositionen, wenn auch der casus sonst nicht erkennbar gemacht wird.
nun diese beyde frommen
ergreifen mit viel weinen
den, der vom creutz genommen,
und wickeln jhn in leinen
kirchenlied 3, 338ᵇ Fischer-Tümpel);
(so wenig kan auch dieses fest
die hand der mäszigung bey so viel lust vertragen
Parnasz (1735) 18;
mit wenig witz und viel behagen
Weim.;
14, 102 mit viel vergnügen bin ich da
14, 221;
die stadt streckt sich den flusz hinunter,
mit viel geräusch und lärmt ganz munter
(1852) 2, 4;
die ungemeine zahl der viel und groszen diener
(1732) 1, 93;
swâ ein edeliu schœne frowe reine,
wol gekleidet unde wol gebunden,
dur kurzewîle zuo vil liuten gât
4, 126;
sie hieʒ ouch vil den fremden brüeven hêrlîch gewant
Nib. 263, 4;
eins alten weins ist man wol fro,
mit vil dingen ist's nicht also
Grob. 1313 neudr.;
unter den sternen wohnt mein lieber, o dasz ich der ganze
himmel wäre, mit viel augen dich anzuschaun
26, 16;
von viel groszen herren
unsre frau in ihrer witwen-trauer,
unsre frau zum weib begehret wurde
Weim.;
2, 50 mit kleinod vil behangen
trutzn. (1649) 86.
n)
alleinstehendes viel in der bedeutung multi als subject; hier hat sich in neuerer sprache die flectierte form durchgesetzt (s. unten 10, o):
ob wol vil dich lieb habent transl. 37 Keller; vil die da meinten decam. 105 Keller; viel aber werden die letzten sein Marc. 10, 31; sintemal sichs viel unterwunden haben Luc. 1, 1; viel unter jnen sprachen Joh. 10, 20; viel wurden gleubig ap.-gesch. 9, 42; denn viel sind berufen, aber wenig sind auserwelet Matth. 20, 16 (doch auch viele, z. b. wenn ein relativsatz folgt, s. 10, o; aber vgl.: viel aber die da furwitzige kunst getrieben hatten ap.-gesch. 19, 19); es sind nüd vil, wo das scho g'se händ 1, 775; es können viel den Rhein hinab gehn und sehn das nicht elsäss. 1, 109ᵃ; als mir aber bald darnach solche ding nit einer oder zwen, sondern mer und vil zu erkennen geben 1, 407; es wissen vil vil, künden aber jhn selbs weder rathen noch helffen sprichw. (1548) 174ᵇ; vil kennen vil, und sich selbs nit 57ᵃ; vil jagen den bern, niemand aber wil jn stechen 158ᵃ; vil, die in hohen künsten ... berhümet gewesen Grob. 9 neudr.; vil vom gemeinen hauffen, können, oder wöllen nit all mal ... zur predig kommen Ambach vom zusaufen a 2ᵃ; daraus vil vermutet haben bienenkorb (1586) 115ᵃ; vil gewinnen einem leicht an
prov. cop. 3, 351; viel können mehr dann einer 3, 349; es haben viel zu viel, aber wenig genug 2, 492; seind viel in der kirchen gewesen clavis ling. lat. (1716) 318ᵃ;
multos, viel als object: siehe, du hast viel unterweiset Hiob 4, 3; als die armen aber die doch viel reich machen 2 Cor. 6, 10; der wenig beherrscht, behelt vil zu freunden sprichw. 161ᵃ;
überall tritt im entwickelten nhd. viele dafür ein, auch in wendungen wie: meine bekannten, deren viele mich aufgesucht haben, deren viele ich zu mir gebeten habe; in meinen waldungen, deren ich gar viel hätte Simpl. 3, 333 Keller.
bei wie viel, so viel hält sich die unflectierte form besser: wieviel, quanti di numero dict. (1618) 262ᵇ;
ich will wissen, wie viel gekommen sind; man verabredete, so und so viel sollten sich im hofe aufstellen, so und so viel im garten; hierbei wird der zusammenfassende sinn der unflectierten form empfunden. — auch der gröszere oder geringere nachdruck (vgl. unter 10 anfang), der auf dem worte ruht, kommt in betracht; ein am anfang des satzes stehendes betontes subject multi verlangt die flectierte form: viele werden sagen; viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt; dagegen schwächer betontes subject im nebensatz, in der umgangssprache: ich glaube nicht, dasz viel kommen werden.
joh filu in then liutin zi den ostrigen gizitin
giloubtun thar tho gahun
2, 11, 59;
das der Griechen heer,
getriben werd bisz an das meer,
auch vil umbkommen mit verdrieszen
Ilias (1610) 9ᵇ;
und viel werden jhn mit hon
als ein scheusal meiden
kirchenlied 3, 336ᵃ Fischer-Tümpel);
(was viel mit geschenken heben
hat ihm gott und recht gegeben
ged. (1744) 4;
viel rühmen dich. warum? aus überzeugung? nein
2 (1784), 22;
viel auch kamen nach ihm, doch überlebt sie der alte
ged. (1800) 231.
vil ausz den mitgesellen mein
traff schnell desz grimmen todes pein
Äneis (1610) 32ᵇ;
so seh ich einen noch, der mir berühmtem gleicht.
nur einen? nein, noch viel
2 (1784), 20;
alle so viel dem verderben entrannen
Odyssee 1, 11.
10)
viel in flectierten formen; über den gebrauch der flectierten und unflectierten formen von viel und wenig handelt ausführlich in seinem lehrgebäude d. d. sprache (1782) 1, 592; er hat beobachtet, dasz wenig in manchen fällen die unflectierte form beibehält, wo viel zur flexion übergeht. in dieser sieht er im allgemeinen ein zeichen sprachlicher cultur; werden viel und wenig unflectiert gebraucht, gelten sie ihm als zahlwörter; durch annahme der flexion werden sie zu wahren adjectiven; die 'edlere schreibart' strebt danach, diese umwandlung völlig durchzuführen. — die entwicklung der sprache geht aber vielmehr dahin, wie sich schon aus den vorhergehenden abschnitten ergeben hat, das nebeneinander von flectierten und unflectierten formen — freilich eingeschränkt — beizubehalten und zur färbung der rede zu benutzen; nicht immer handelt es sich dabei um wirkliche sinnesverschiedenheit, bisweilen ist es nur die gröszere oder geringere lässigkeit des ausdrucks, die der sprache zu gebote stehen soll. auch der nachdruck, mit dem das wort im satz gesprochen wird, ist in vielen fällen abgestuft (vgl. auch oben 9, n), die unflectierte form ist gewöhnlich schwächer betont, besonders nach nicht, auch nach so und wie: es macht mir nicht viel mühe; das hat mir viele mühe gemacht. daher hält sich hier auch unflectiertes viel im nom. acc. plur., während sonst die flexion in allen casus des plurals durchgedrungen ist. ich habe nicht viel menschen auf der promenade gesehen. — im sing. sind, wie unter 9 gezeigt wurde, die flexionslosen formen noch in der sprache der gegenwart ganz lebendig, vielfach den flectierten ganz gleichwerthig, dann
wieder mit anderem klange, anderer sinnesfärbung (z. b. viel gutes, vieles gute); eine starke abneigung besteht gegen den nom. sing. m. vieler. — gen. sing. und plur. ist stets flectiert. — im nom. und acc. d. sing. bei unflectierter form von viel vor subst. bezeichnet viel die formale vorstellung der menge, masse, auch die vorstellung des grades; das subst. fügt den inhalt hinzu; dieses verhältnis bleibt meist auch bestehen, wenn viel flectiert wird, so dasz man nicht davon sprechen kann, dasz viel ganz zum adjectivum wird. er hat viel fleisz, vielen fleisz darauf verwandt; viel kann zwar in den flectierten formen des singulars bisweilen ganz im sinne von grosz, stark (dem grade nach) stehen: da war es nun von vielem einflusz (1867) 1, 193; ich hatte zu vielen zorn und hasz in der brust 2, 3; es ist was vieles, res magni momenti 2, 894; vgl. oben viel und grosz unter 9; oft tritt der begriff der wiederholung auch im sing. hervor: der viele regen, der in diesem sommer gefallen ist; auf vieles bitten; nach dem vielen schrecken, den sie gehabt (1852) 5, 90; doch wird es nicht, wie meinte, zum wirklichen adjectiv, s. oben unter 9 zu anfang; es kann z. b. nicht attributiv nach dem unbestimmten artikel stehen; doch vgl.: durch ein vieles, reiches und mühsames treiben IV 41, 87 Weim.; ein vieles unten 10 n. — zu beachten ist, dasz viel nicht im sinne von zahlreich attributiv vor ausdrücken wie menge, schar u. ä. gebraucht werden kann; ganz ungewöhnlich:
doch sagt man: mit vielem volke war der platz angefüllt, weil volk eine charakterisierte menge bezeichnet;
vor so vielem volk herzenserg. 153.
eine eigenthümlichkeit des gebrauchs von viel im sing. ist, dasz die flectierte form (attributiv) gemieden wird bei prädicativer stellung des subst., zu dem es gefügt wird: das ist viel glück; das ist zu viel gnade; ungewöhnlich: das wäre zu viele güte.
viele im plural wird sehr oft so gebraucht (mit nachdruck gesprochen), dasz der gegensatz zu anderen hervortritt (vgl.manche): viele leute, viele meinen, dasz die sache ganz anders liegt; vielen besuchern wäre das nicht angenehm;
selten erscheint eine ähnliche anwendung im sing.: vieles ist ihm nicht zu glauben, vgl. unter k; viele lehre des christenthums entsprach .. seinem heimischen glauben bilder 1, 221; ebenfalls ungewöhnlich statt manch:
wieder anders: den andre .. mit so vielem grunde bekämpften 5, 21. über flectierte formen im nd. s. mnd. wb. 5, 223ᵇ.
in mitte vieler schar
psalmen 155 neudr.;
und vieles volk des weiten meers
tanzt auf der flut im sonnenschein
(1760) 1, 84;
welch vieles volk ist hier versammelt
14, 88;
wie man sah bey uns in vielen tagen
(in so manchen, so oftmals) 1, 52, 307;
vieles wunder trägt sich besser
in gesang und dichtung vor
(1828) 1, 39.
a)
nom. acc. sing., die flexion tritt erst spät auf, in vielen der angeführten verbindungen würde man heute eher wieder die unflectierte form setzen, besonders nach so und wie; über die erhaltung der unflectierten formen s. oben 9 a: allzuvieler fleisz 2, 400ᶜ; zu-viele arbeit, neben: er hat zu-viel arbeit 2, 894; vieles unglück ertragen 893; princessin, die viele gewalt über den Augustus hat einl. in d. schön. wiss. (1758) 2, 234; wie vielen nutzen er den schönen wissenschaften ... zuschreibe (1761) 3, 320; man kann gegen eine person, die eine schöne seele hat, viele freundschaft hegen, aber nicht liebe (1760) 2, 188; wir nehmen selbst vielen antheil an dieser ihrer freude (1794) 2, 187; die verrichtungen des Agathon lieszen ihm so viele zeit übrig 1, 75; eigenthümlicher weise braucht man nicht mehr viele zeit adverbial (wie lange zeit); (büchelchen), das ich viele zeit
überall und immer bey mir trug (1789) 1, 236; dessen vortrag ... so vielen ästhetischen werht hätte briefe (1901) 2, 320; das vieles lesen sie nicht besser macht 45, 87 Weim.; dieses .. ereignisz hat ... vielen einflusz auf den gang des geschmacks gehabt 49, 31; für so viele theilnahme und bemühung IV 29, 211; möchten sie mir freilich viele gleichgültigkeit zutrauen (1843) 7, 119; doch macht es mir viele freude Günderode (1840) 1, 19; Beethoven schien an dem mädchen vieles interesse zu nehmen 20, 207; sie hatten alle zu viele achtung für mich (1901) 2, 347; machte die behauptung vieles aufsehen (1867) 1, 32 anm. 2; es hat viele wahrscheinlichkeit röm. gesch. 2, 271 anm.;
vieles vor alleinstehendem adj. (vgl. oben 9 c): vieles dunkle in meiner eignen natur (1828) 4, 22;
ein polter-geist macht mir des nachtes viele quaal
Harleq. hochz. 59 neudr.;
die dir so vielen ruhm, uns so viel lust bereiten
ged. (1745) 2;
ich sehe vielen staub
vom tempel niederwallen
9, 140;
habt nochmals, guter bruder, vielen dank
Nathan 5, 4 (vgl. 9 d);
die herren dieser art blendt oft zu vieles licht
(1794) 9, 52;
wie ich höre,
erweiset Jupiter mir allzu viele ehre
10, 163;
vielen boden hat die erde
und unheiligen genug
Weim.;
2, 30 was hab' ich nicht für vieles gut', in so viel abgewichnen jahren,
von gottes vater-hand genossen
8, 259;
doch bracht er aus der mutter schoos
noch vieles ungeschlachte
Weim.
6, 16 b)
gen. sing., durchaus flectiert im nhd., doch vgl. 9 m: guͦter gruͦsz, ist viler kranckheyt buͦsz sprichw. (1548) 170ᵇ; valre wijse, multiformiter teuthonista (1804) 286ᵇ;
vor alleinstehendem adj.:
was ist das wissen vieler kunst
als ursprung vieles leydes
kirchenl. 3, 321 Fischer-Tümpel);
(er nähert sich, den herrn so vieler herrlichkeit
... in stummen hymnen zu verehren
poet. vers. (1802) 1, 15;
vieles trefflichen bin ich verfasser,
doch am ende sei's gerad genug
Biedermaiers grosze deutsche literaturballade.
c)
dativ sing., über erhaltung der unflectierten form s. unter 9 m: es hat gott den hindern des menschen versehen mit vilem fleysch sprichw. (1548) 114ᵃ; ausz vieler beywohnung und gemeinschafft Faustbuch 4 neudr.; die welt weisz allbereit, dasz dieselbe mit vieler gnad ... erkaufft verm. Donaustr. (1684) vorrede 2; wo man sie mit vieler gütigkeit aufnahm 1, 191; nach vieler überstandner arbeit (1760) 1, 168; da sie uns die nachricht von ihrer unpäszlichkeit mit so vielem ungestüme brachte (1771) 1, 93; er bestieg ... den obern theil des berges mit so vieler eilfertigkeit als er konnte Agathon (1766) 1, 6; war die englische regierung in vieler betrachtung ganz tyrannisch England u. Italien (1785) 1, 1, 2; wo nicht von groszem werth, doch von vieler bedeutung IV 37, 27 Weim.; erdbeeren .., welche Gackeleia mit vielem vergnügen verzehrte (1852) 5, 29; der park ... schien ihm von vielem nadelholze fast zu düster ritter v. geist 1, 18; die verrückten sind in vieler hinsicht sehr ergötzlich briefw. u. tageb. 1, 108; der sich mit vielem glücke behauptete (1867) 1, 20;
(jeder musz) mit vielem sawren schweis
mit teufel, welt und eignem fleisch
sich beiszen, bis er scheidet ab
lauter warh. v. 20;
mit vielem spiegel-werck
gebüsch 52;
1. es (das waffenvolk) rauchet, wan es ficht von vielem feuer geben
versuchgabe (1678) 30;
jetzund besitzet er nach vielem ungemach
ein häuszlein ohne thür, und gleichfalls ohne dach
sat. gedichte 44 neudr.;
diese hat mit vieler müh
die tapeten ausgelesen
dram. werke (1828) 2, 81.
d)
nom. acc. plur., über erhaltung des unflectierten viel vor pluralformen s. oben 9 e ff.: vil zu vile personen gespr. v. d. trag. d. Hussen 4 neudr.; viele menschen 2, 893; so viele haupt-theile der weltweiszheit crit. dichtkunst (1740) 1, 5; sie werden noch viele verbrechen begehen (1760) 1, 163; viele fahnen zierten diesen aufzug Usong (1771) 5; in meines vaters hause sind viele wohnungen IV 27, 118 Weim. (viel wonungen Joh. 14, 2); viele empfehlungen an den kreisrath 30, 129. flectierte und unflectierte form, das erste mal liegt der ton auf viele, das zweite mal auf so: wenn wir nicht für so viele leute arbeiteten, wären wir so viel leuten nicht über den kopf gewachsen I 11, 53; gegenwärtig ... werden so viele und verschiedenartige stangen, ... mit honig bestrichen 1, 8 Hempel; die nur zu viele bauern herabgedrückt hat zur unselbständigkeit Büttnerbauer 1, 38;
dasz viele wellen
vor jenen wandeln,
ein ewiger strom
Weim.;
2, 82 es giebt so viele, viele lieder
11, 294.
e)
gen. plur., stets flectiert, doch vgl. 9 m: ich habe dich gesetzt zum vater vieler völker Röm. 4, 17; mancher ladet viler leut ungunst auff sich sprichw. (1548) 73ᵇ; er hat viler leuten breuch und sitten gesähen 448ᵈ; von .. marckhafftem schmär viler lehren gespicket Garg. 23 neudr.; mit vieler christen seufftzen und wehklagen Ringwaldt lauter warh. a 2ᵃ; der uhrsprung vieler kinder, vieler sünder deutscher Dädalus (1675) 1, 41; von vortrefflicher composition vieler figuren IV 35, 285 Weim.;
es kostet vieler Griechen blut
Ilias (1610) 148ᵃ;
sie sollte vieler völker frau
nach ihrem vater seyn
lieder (1772) 97.
f)
dat. plur., unflectiertes viel kommt vor (s. oben 9, m) bei verbindungen mit präpos., besonders bei so viel, wie viel: er kam mit so viel leuten, dasz widerstand unmöglich war; mit wie viel entschuldigungen hat er's versucht, sich herauszureden; an vielen orten 2, 400ᶜ; da aber in vielen tagen weder sonne, noch gestirn erschein ap. 27, 20 (dagegen 27, 7: in viel tagen, wo der ganze zeitraum gemeint ist); der erstgeborne .. unter vielen brüdern Röm. 8, 29; eyn .. zwibel mit vilen fachen kreuterb. (1539) 2, 60; bei vilen worten seind wenig thaten sprichwörter (1548) 102ᵇ; vilen menschen zuͦ guͦt 1, 449 Böcking; an vielen örtern gemehrt und gebessert kriegsb. 1, titel; einen fürstenspiegel, in xii sinnbildern, und eben so vielen keyser- und tugend-bildnissen ... vorstellend lorbeerhayn (1657) titel; mit wenig lastern und vielen tugenden (1794) 6, 307; so vielen schon erwiesenen gefälligkeiten noch eine hinzuzufügen Göthe IV 32, 1 Weim.;
und vilen christen die koͤpf zerspaltet
pabst u. priesterschaft 839;
in vilen sorgen und gedancken
thet bey sich zweifelhafftig wancken
Äneis (1610) 99ᵇ;
aus wie vielen elementen
soll ein echtes lied sich nähren
Weim.;
6, 14 kindlein, wir fahren
seit viel vielen jahren
durch die weit weite welt
Göschen.
1, 63 g)
attributives, schwach flectiertes viel: das viele geld 2, 400ᶜ; die groszen und vielen wohlthaten 2, 893; dieses viele blut vor der burg drauszen 10, 190; um gegen die vielen freundlichkeiten nicht ganz zu verstummen IV 41, 144 Weim.; der vielen wolken halber (1843) 2, 61; es war ihnen
von dem vielen wasser .. elend geworden (1892) 4, 256; trotz der vielen denkmäler (1892) 1, 104;
öfters vor dem infin. (Adelung will lieber sagen vieles plaudern, vieler wein als das viele plaudern, der viele wein, weil nach seiner ansicht vor viel nicht der bestimmte artikel stehen soll): des vielen kriegens endlich müde gesch. d. Deutschen (1778) 1, 16; das viele schreiben .. kommt vom vielen lesen Athenäum 1, 141; meine füszchen waren ganz wund vom vielen laufen (1852) 5, 166;
nach den possessivpronomen steht jetzt im nom. sing. m. und im nom. und acc. n. die starke, in allen anderen casus des sing. und im plur. die schwache form von viel: mein vieler wein, mein vieles geld. nachstellung des possessivpronomens:
wer wolt nun uberdencken,
der vielen vögel zahl
trutznacht. (1649) 115;
laszt ab von ewrem vielen sitzen
auserl. ged. 52 neudr.
von vieln sein feinden ungezalt
Hans Pfriem 25 neudr.
h)
starke formen nach dem bestimmten artikel und demonstrativpronomen: ob ich vielleicht die viele vorhandene .. gelbe batzen finden möchte Simpl. 3, 335 Keller; wo nicht diese viele verfasser vielleicht eine einzige person ist verm. schr. (1758) 50. neben einander st. und schw. form: die viele menschen die ich sehe, die vielen zufälle die mir queerüber kommen IV 1, 245.
i)
wie bei alle, wenige, manche, mehrere u. ä. ist nach viele eine gewisse unsicherheit in der wahl starker oder schwacher adjectivformen; Adelung hat: dem staate viele ersprieszliche dienste leisten, aber: vieler triftigen ursachen wegen; sobald beide adjectiva mit gleichem nachdruck gesprochen werden, besteht keine unsicherheit, beide flectieren dann stark. da im nom. und accus. des plur. auf viele gewöhnlich starke form folgt, so kommt der genit. plur. hauptsächlich in betracht:
der gebrauch so vieler mir ganz neuer gegenstände (1794) 3, 256; so vieler würdigen männer 27, 108 Weim.; das zutrauen so vieler andern hülfsbedürftigen 29, 30.
im singular zeigen sich schwache formen gelegentlich nach vieler und vielem: wegen vieler begangenen sünde und missethat fortgepfl. lustw. (1657) 1, 84; nach vieler abstumpfenden arbeit 46, 83 Weim.
vieles gute kann natürlich nur schwache formen an zweiter stelle zeigen, doch vergleiche: mit vielem andern, gutem und nützlichen IV 32, 242.
göttlicher hüter der mutter so vieler unsterblicher kinder
Messias 1, 570;
k)
vieles nom. acc. allein stehend (vgl. oben viel 2); den schon oben erwähnten gegensatz zu viel, der sich allmählich entwickelt, fühlt Adelung; vieles deutet auf die einzelnen bestandtheile der summe, viel auf diese selbst; die von ihm angeführten beispiele sind aber nicht gerade glücklich gewählt. in: vieles ist ihm nicht zu glauben tritt der gegensatz zu dem hervor, das man ihm glauben kann, vgl. oben 10 vor a; ebenso: vieles ist zu zart, um gedacht, noch mehres um besprochen zu werden Athenäum 1, 77; in älterer sprache kann unflectiertes viel in diesem sinne gebraucht werden:
vieles sehr deutlich distributiv:
viel und vieles im gegensatze zu einander: ich meine nicht vieles, sondern viel Emilia Galotti 1, 2; man sprach viel über vieles ritter v. geist 1, 339; vgl. auch 9, c. dieser unterschied wird aber durchaus nicht immer berücksichtigt, beim gegensatz zu wenig ist eigentlich die collective bedeutung vorherrschend; statt: dasz wenig viel sei, heiszt es bei Göthe:
s. unten weniges, vieles. — im allgemeinen scheint die sprache der gegenwart feinfühliger geworden zu sein; beachte z. b. die sinnesfärbung bei beitragen: vieles trägt dazu bei, verschiedene umstände tragen dazu bei; aber: dazu trägt der umstand viel bei, dasz; in diesem falle steht früher auch vieles; ebenso klingt uns fremd: es hat vieles auf sich, magni refert 2, 893; und so würde in manchen der angeführten belege jetzt die unflectierte form vorgezogen werden.
(es) musz vieles durch sie geschehen, aber alles? 5, 16; allein sollten sie nicht vieles dazu beygetragen haben (1768) 6, 2, 14; man hörte vieles erzählen, vieles bereden und beurtheilen 33, 43 Weim.; noch vieles wäre zu sagen IV 29, 221; meine ermahnungen .. trugen sogar vieles dazu bey pros. versuche (1810) 5, 32; lassen die berechnungen .. noch vieles zu wünschen übrig erdkunde 1 ix; so vieles auch gegen und ohne seinen willen geschah röm. gesch. 2, 56;
viel, was nicht zu thun erlaubt,
wird gethan
lit. ver.
387 wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen
Weim.;
14, 11 dasz wenig vieles sei
schafft nur die lust herbei
4, 103 Weim.;
hierzu trug vieles bey dein edles auferziehen
ged. (1745) 2;
vieles reicht' ich meinen lieben;
weniges ist mir geblieben
Weim.;
2, 139 der kann zwar viel besitzen, vieles geben
10, 143;
vieles erlebt ich, obgleich die locke
jugendlich wallet mir um die schläfe
15, 184.
l)
um vieles in der vergleichung, s. oben viel beim compar. unter 8, und um viel 2, a: (dasz) die belustigung aufmerksamer zuschauer die belustigung bloszer leser von schauspielen um vieles übertrifft samml. v. schauspielen (Wien 1764) 1, vorbericht; mit dem oheim der schon um vieles älter war 23, 248 Weim.; fand sich die umgebung des herzogs von Weimar um vieles gebessert 33, 80; fürsten, die alle um vieles jünger waren (1867) 1, 65; um vieles klingt uns vor dem compar. umständlicher und steifer als viel; dagegen hält sich um vieles in um vieles verbessern, verschlechtern u. ä.
so vieles vor dem compar. (vgl.
↗so viel 8, f—h): ich trieb mich selbst, obgleich so vieles älter, in den feldern und gärten herum 24, 212 Weim.; um vieles den einsatz, preis bezeichnend:
ich möcht' um vieles nicht heute
vater heiszen und nicht für frau und kinder besorgt sein
50, 201.
m)
flectierten dat. sing.: hätte ihm gott zu so vielem noch freundlich gewollt IV 36, 111 Weim.; wodurch sie uns in vielem gleichen würden (1809) 4, 11 (vgl. unten in vielen unter o zu ende); was sie mit wenigem thun könnten, das thun sie mit vielem dram. werke (1831) 1, 21;
mit vielem hält man haus,
mit wenigem kommt man aus
spruch;
wer alt mit fürsten wird lernt vieles, lernt
zu vielem schweigen
11, 14.
n)
'so war es gelinde davon zu urtheilen, eine grille, welche sowohl wider die analogie, als auch wider die natur dieses wortes läuft, wenn Gottsched für dieses viel in der adverbialform ein vieles gesagt wissen wollte, und jenes viel geradezu für fehlerhaft erklärete. das trägt ein vieles dazu bey; die schönheit der sprache thut ein vieles; ich habe ihnen ein vieles zu sagen u. s. f. ohne zu bedenken, dass viel niemals mit dem unbestimmten artikel gebraucht wird' Adelung; 'mit dem geschlechtswort ein saget man nur: ein mehrers; aber nicht gerne: ein vieles' d. orthogr. wb. (1793) 289ᵃ.
den allgemeinbegriff bezeichnend (vgl. oben das, ein viel 2, a), im gegensatze zum einzelnen oder wenigen: ein vieles 2371; aber niemals .. aus vielem ein eins zu machen, sondern eigentlich aus einem ein vieles 5, 212; das grosze das durch ein rohes vieles hervorgebracht ist 47, 349 Weim.;
mit dem possessivpronomen: warum betrübst du dich um mein weniges und nicht um dein vieles 43, 286.
der widerspruch Adelungs richtet sich gegen wendungen wie die folgenden, in denen ein vieles theils nominal, theils adverbial gebraucht wird und jetzt wieder durch viel verdrängt ist: wie denn von ihm in dem ersten buche dieses baumgartens ein vieles erwehnet wird pers. baumgarten 59 (4, 18); auf die groszen fürsten kam ein sehr vieles an hist. (1721) 2, 256; an lieblichkeit und wohlklange der heutigen schreibart ein vieles nachgeben sprachk. (1748) 11; werden hoffentlich ein vieles dazu beytragen 13, 220; um ein vieles erträglicher und verständlicher 11, 493; ich wollte ein vieles darum schuldig sein 1, 104; ich wolte zwar ein vieles zu ihrer defension anführen insel Felsenburg 1 vorr.; das ist e vils vome so e jungen purst 1, 775.
kein lebendiges ist eins,
immer ist's ein vieles
3, 88;
o)
der plural viele, multi, alleinstehend, vgl. oben 9, n: also sind wir viele ein leib in Christo Röm. 12, 5; zu einer erlösung fur viele Matth. 20, 28; viele, so unter der erden schlaffen ligen Dan. 12, 2; unter so viele Joh. 6, 9; das ist mein blut, des newen testaments, das fur viele vergossen wird Marc. 14, 24; leid tragen uber viele, die zuvor gesündiget .. haben 2 Cor. 12, 21; wie man dann aus erfahrung weisz, dasz viele .. des teufels selbst gebrauchen Simpl. 3, 329 Keller; wer weisz, mein kind, wie viele es so geworden sind (1809) 3, 77; so viele von ihnen überhaupt heimzukehren gewagt hatten röm. gesch. 2, 27;
viele mit attribut:
genitiv: vieler zugriff, helt ein schiff prov. copia 3, 349; der beifall, .. eines kenners gilt ihm statt vieler, statt aller 22, 105;
dativ: denn sie hat auch vielen beystand gethan Röm. 16, 2; sy haben ... vilen vil geweissagt weltb. 141ᵃ; mit vilen soll man die feind schlagen, mit wenigen zurath gehen sprichw. (1548) 160ᵇ; es ligt nit dran wie vilen, sonder wie guͦten, oder welchen du gefallest 154ᵇ; es ist vilen dasz sie reich worden sein, kein end sonder ein veränderung jres schadens worden 123ᵃ; der vielen dient, der dient niemand prov. copia 1, 573; denn ich hatte doch in gegenwart von so vielen mein wort verpfändet 45, 91 Weim.; vielen, die mir in diesem leben zu freunden und bekannten wurden bilderb. (1849) vorrede III;
in vielen für in multis rebus, in vielem: wornach sich ein fleisziger feldmann in vielen richten kan georg. curios. (1682) 1, vorr. a 4.
und so laszt von diesem schalle
auch erheitern, viele, viele
Weim.;
4, 71 das ist ein seltsam wunderbares zeichen!
es leben viele, die das nicht gesehn
14, 316;
vorübergehen hört' ich an mir viele,
doch lieszen sie mich liegen ohne gnade
(1867) 3, 139;
nicht viele gab's zu jener zeit,
so mochten ohne bitterkeit
in ihr gebet die feinde schlieszen
(1879) 2, 156.
wenn ihr, verehrte viele, die sich diesen tag,
zu unsres festes weihe, mächtig zugedrängt
Weim.
13, 1, 71 wie er der lehren vil mit macht ..
in sein und vieler hertzen schreibe
Hans Pfriem 13 neudr.;
dein jahrsfest selbst, o herr, erschien,
wo vieler eifriges bemühn
von neuem deinen altar schmückte
ged. (1751) 65.
du dienest vilen oder eim
Grob. 412 neudr.;
denn viel leser sind viel richter,
vielen aber taug kein tichter
lit. ver.;
379 vielen hat zu seiner zeit
kranck zu liegen nicht gerewt
Königsb. dichterkr. 15 neudr.;
der seelen heilge ruh, von wenigen gefunden,
von vielen nicht gesucht
(1766) 2, 325.
p)
viele mit dem genit. des ganzen, oft auch dem genit. nachgestellt; vgl. oben 1, c, h. viele der männer, viele
unter, von den männern, ein beträchtlicher theil des ganzen soll zu einer bestimmten beziehung abgeschieden werden; in anderen fällen aber tritt diese vorstellung nicht so scharf hervor, es soll nur die menge an sich, nicht die aus einem gröszeren ganzen ausgeschiedene menge bezeichnet werden; diese art des gebrauchs gehört der gehobenen sprache an: du hast der schritte noch viele bis ans ziel Gerstenberg Ugolino III; du gabst viele der thränen, aber der freuden, der freuden lieszest du mehr (1811) 1, 93; der seufzerthurm ..., in welchem der greuelthaten viele verübt sein sollen (1892) 1, 117; in vielen dieser fälle röm. gesch. 1, 14;
deren, ihrer, unsrer, eurer viele; viele dieses schlages, unsers gleichen; ich wünsche nur dasz die musterbilder von versen viele ihres gleichen mögen hervorgebracht haben IV 8, 24 Weim.; wenn unserer viele sind 2, 330 Tieck; ein fleck, wie es deren sonst so viele in Deutschland gab (1879) 2, 261.
so viele dein auge der herrlichkeiten des himmels
jetzt zu entdecken vermag
Messias 9, 720;
zwar die vielgestaltende hoffnung bringt
vielen der sterblichen reichen gewinn
26, 176;
es giebt der menschen so viele
und es ist der tag so lang
Weim.;
3, 283 wer sich der blumen recht viele verflicht
1, 125;
der ernsten spieler sind berufen viele
(1867) 1, 12.
q)
viel alleinstehend in schwacher flexion: vieles? was ist das viele? miss Sara Sampson 5, 4; vielmehr in dem vielen liege das dauernde, das wahre 15, 150;
den vielen sol man weichen prov. copia 1, 417; die begierden in den vielen und schlechten Platon (1804) 6, 237; starke form nach dem artikel: bey vielen ist sie schmincke, und pfui über die viele lebensl. (1778) 1, 297; Nietzsche bildet die vielzuvielen zur bezeichnung der masse, die die tote last in der entwicklung der menschheit ausmacht: aber das, was die viel-zu-vielen ehe nennen, diese überflüssigen, ach, wie nenne ich das? Nietzsche Zarathustra I (von kind u. ehe).
das viele, das dir bleibt
Weim.;
10, 303 das einzelne dem vielen
harmonisch einen kann nur gott
Luther (1807) 27.
11)
viel vor zahlen, vor hundert, tausend und hunderttausend, zur bezeichnung groszer, unbestimmter menge; die beispiele sind hier zusammengestellt, weil die unflectierte form besonders häufig ist neben den flectierten. bei der verwendung der unflectierten form wird das ganze aufgefaszt, sie verschmilzt leicht mit dem zahlwort, und hundert und tausend werden gern ohne pluralzeichen im acc. und nom. gebraucht (viel tausend neben viele tausende und viel tausende); auch im dat. vor einem nomen kann die flexion völlig mangeln, wenn der casus in der umgebung irgendwie angedeutet ist, z. b. durch eine präposition (mit viel tausend reitern).
viel tausent liechte decam. 28 Keller; disz jar würt nur ein mon sein, und dannocht nicht new, dann es vil tausendt jar seind, dasz jn gott geschaffen hat praktik 3 neudr.; einen tag etlich vielhundert menschen sterben hist. proc. juris (1600) 25; so vieltausend unschüldiger bedrengter christen schwed. krieg 2, 30; wie viel hundert ostereier (1852) 5, 150;
viel nachgestellt:
viel tausendmal: da ist es viel tausendmal schöner als hier bei uns (1899) 1, 6;
flectierte formen: viele hundert jahre 24, 13 Weim.; über dessen auflösung so viele tausende die ruhe und das glück ihres lebens umsonst verloren haben (1809) 3, 6; wie viele tausende leben, trinken dein licht (1811) 1, 6.
genitiv: die gegenwart so vieler tausend rüstiger menschen 22, 3 (Weim.);
dativ: ich furchte mich nicht fur viel hunderttausenten ps. 3, 7; zu vil hundert malen artzneyb. (1595) vorrede a 3ᵇ; der vor viel hundert jahren sehr wohlbekante heyde Horatius Schlamp. krankh. u. tod 139 neudr.;
in Schlesien bezeichnet viel zwanzig eine gröszere, unbestimmte zahl ( 102ᵃ); viele zwanzig auch bei Lessing, wohl in dem sinne 'zwanzig bis dreiszig':
und die viel tausend thränen,
die dir geflossen zu
kirchenlied 3, 309 Fischer-Tümpel);
( schüttet vor dein grafenhausz
viel tausend vaterunser aus
Parnasz (1735) 17;
viel tausend männer und knaben
viel tausend, schaar bei schaar
ges. dicht. (1870) 1 einl.;
da wurden tausend thränen viel geweint
vgl. oben II 9 l).
(1828) 1, 42 ( lieb frau nachtigall
küss' dich gott viel tausendmal
(1852) 5, 98.
o hätt ich doch die krafft, so vieler tausend seelen
verwunderung ... zu erzählen
ged. (1745) 52;
und selbst schöpfer des glücks seyn
vieler tausend
oden (1889) 1, 87.
war unersättlich nach viel tausend küssen
Weim.;
2, 9 freilich wohl
ist hier zu vielen tausend thränen ursach
(1828) 1, 73;
du bist von vielen tausenden erlesen,
die allerhöchste wonne zu erleben
67;
doch da es viele zwanzig jahre her,
dasz dieser bruder nicht mehr lebt
Nathan 1, 2.
12)
bei der frage nach der tagesstunde: wie viel ist die uhr? wie viel uhr ist's? oder auch: wie viel ist's? ( tir. idiot. 790; 1, 776); wie viel hat's geschlagen? so pfleget alsdann der hammer mit einem groszem schalle auff der glokken anzuzeigen, wie viel es geschlagen d. friedewünsch. Teutschland (1648) 20; übertragen: wenn sie (die spatzen) nur meinen namen nennen höreten, so wusten sie schon wie viel es geschlagen hatte (sie wuszten bescheid) 11 neudr.; vgl. den refrain in dem studentenliede 'so pünktlich zur sekunde';
nun weisz ich gar nicht, wie viel uhr es ist
poet. vers. (1812) 5, 141.
13)
als comparativ wird mehr (und viel und mehr, u. s. w. schwäb. 2, 1494), als superl. der meiste verwendet; doch kommt auch der superlativ vielste vor: auff vier zwerch finger breit auff das vielest (höchstens) hebammenbuch (1530) 54; zu wie viel, so und so viel wird nach analogie der zahlen gebildet der wievielte, der soundsovielte (mundartlich mit zurückziehung des accents tirol. idiot. 790); in gleichem sinne wird aber auch der superlativ verwendet: der wievielste 2, 400ᶜ; bei Adelung gilt diese form als die gewöhnlichere, jetzt aber ist sie von soundsovielte, wievielte wieder verdrängt: der wie vielste theil des lobes war es 2, 894; eigenthümlich zum vielten male, häufige wiederholung bezeichnend:
viler, am vilsten schwäb. 2, 1493; vgl. 1, 775 (nur superlativ): elsäss. 1, 108ᵇ (comp. und superl.); comp. filler basler. 116ᵃ (der comp. gehört der kindersprache an); nd. velst, adv. ist adverbialer gen. veles mit t (aus to: veles to dür) mnd. wb. 5, 229ᵃ; vgl. mundart von Groningen 452ᵃ.
denke nun zum vielten male
was, nach sternenheller nacht,
holder tag im hohen saale
wunderfältig dargebracht
Weim.
4, 58 III.
einige bemerkungen über viel als ersten bestandtheil in der zusammensetzung, vgl. gr. 2, 731.
1)
im got. werden mit filu- bahuvrīhi-composita gebildet: filuwaurds, loquax, zu erschlieszen aus filuwaurdei und filuwaurdjan; filudeiss, schlau, zu erschlieszen aus
filudeisei; andererseits dient filu dazu, den begriff eines adj. zu verstärken (vgl. II 3): filugalaufs, sehr kostbar, filufaihs, sehr bunt.
im nordischen sind die adj.-bildungen mit fjǫl- sehr zahlreich, besonders in der poetischen sprache; auch hier sind zu scheiden bahuvrīhi-composita und gesteigerte adj.; zur ersten gruppe gehören z. b. fjǫlmennr, viele männer um sich habend, zahlreich an männern, fjǫlorđr, gesprächig; zur zweiten wörter wie fjǫlnýtr, sehr nützlich -blíđr, sehr freundlich, -dýrr, sehr kostbar, und zahlreiche andere in der poetischen sprache; fjǫl- trägt den hochton:
zu beachten sind die zusammensetzungen mit participialformen (vgl. die entsprechenden bildungen im nhd.), wobei fjǫl- menge, mehrfaches (nicht den grad) bezeichnet: fjǫlbyggđr, vielfach bewohnt, fjǫlhǫfđađr, vielgehäuptet, fjǫlglýjađr, vielerfreut, fjǫlvinjađr, vielbefreundet und zahlreiche andere. — zusammensetzungen mit subst. sind ganz vereinzelt.
ags. beispiele für gesteigerte adj. (aus dem Beowulf): felageómor, sehr traurig, felamódig, sehr muthig, felahrór, sehr kriegerisch, felasinnig, sehr mit schuld beladen (1380: felasinnigne secg: séc gif þú dyrre, von den herausgebern geändert); bahuvīrhi-bildungen sind z. b. felafeald, multiplex und felaspræce, loquax.
für das deutsche ist zu beachten, dasz in älterer zeit im allgemeinen viel, den begriff des adj. oder adv. steigernd, sich nicht als erster bestandtheil mit dem zugehörigen wort verbindet, nicht den hochton übernimmt (vgl. die betonung in vielleicht); anders ist es mit zusammensetzungen wie ahd. filusprâhhi, ags. felaspræce u. ä., wo der eigentliche sinn von viel (der menge, des mehrfachen) hervortritt. filu verbindet sich im ahd. mit schwachen masculinen, die von verben abgeleitet sind: filufreʒʒo, ganeo, filutrinko, bibulus; eine beachtenswerthe bildung ist filufrâʒ, comedo ( 1, 531), das in viel späterer zeit in merkwürdiger weise in aufnahme kommt (s. unten vielfrasz).
im nhd. haben die zusammensetzungen, die viel als ersten bestandtheil enthalten, in ungeheurer weise zugenommen. der einflusz der lat. composita mit multi-, der gr. mit πολυ- ist unverkennbar, nachbildung der griechischen zeigt sich besonders in der dichterischen sprache vom 18. jh. ab. doch hat das deutsche auch von sich aus gewisse typen auszerordentlich kräftig entwickelt.
þann gelk þér fyrstan, · þann kveđa fjǫlnýtan
Gróg. 6.
2)
über viel beim verb. vgl. oben II 2 c ff., beim part. 2 v, es tritt als object auf, dann als adv., den verbalbegriff dem grade nach steigernd oder öfteres einsetzen, wiederholung bezeichnend; die verbindung mit dem part. präs. ist alt (z. b. bei Otfrid mehrfach bezeugt), im nhd. tritt zusammenrückung und in zahlreichen fällen wirkliche feste verbindung der beiden bestandtheile ein; vgl. die steigerung des zweiten bestandtheils, z. b. in vielbefassend, vielfassend, vielsagend, vielumfassend, vielversprechend, vielwirkend; ferner die ableitungen mit -heit: vielhabenheit, vielkönnenheit, vielredenheit, vielvermögenheit, vielwissenheit, die jetzt alle untergegangen sind. der nachdruck, mit dem viel im verhältnis zur hochtonsilbe des verbums gesprochen wird, ist verschieden; bei vielsagend z. b., in seiner eigenen prägnanten bedeutung, ist viel über die stammsilbe von sagend stark erhoben; vgl. auch vielversprechend in prägnanter bedeutung. bei anderen verbindungen, in denen viel object ist, wird das übergewicht von viel nicht immer so scharf zum ausdruck gebracht; schwächer im allgemeinen ist adverbiales viel betont; damit ist die losere verbindung gekennzeichnet.
es kommen auch bildungen vor, in denen zwischen viel und dem verb. noch ein substantivischer theil eingeschoben ist, der entweder dem viel näher verbunden ist:
oder dem verb:
wo das part. zum adj. geworden ist, berührt sich dieser typus mit einem anderen (vieledel), der unten behandelt ist, vgl.
↗vielbedeutend.
die neigung zu bildungen dieser art zeigt sich schon im 17. jh., wird im 18. jh. sehr stark, hat aber bis zur gegenwart sehr merklich abgenommen; während die mehrzahl der unten folgenden beispiele gelegenheitsbildungen, besonders der gehobenen sprache sind, haben sich einige im allgemeinen gebrauch festgesetzt wie vielsagend, -umfassend, -verheiszend, -versprechend, von denen nur das erste bei Campe verzeichnet ist.
vielanregend: des vorliegenden .. vielanregenden werkes kl. schriften 1, 524. —
eine vieldenkende männliche zärtlichkeit war in seinem gesichte frl. v. Sternheim (1771) 2, 188. —
—
ein ... manufakturlöhnling, den sein vielfordernder herr, der wille, von morgen bis in die nacht beschäftigt hält 5, 81 Grisebach; eine vielgeteilte, vielfordernde künstlernatur 3, 63 Göschen. —
—
—
—
—
—
—
—
vielwallend:
—
die vielarmausstreckende
kronenbreite, uralte buche
(1896) 7, 63;
weltenkönig, du weithinschauender erdenumleuchter,
vielrathschlagender, vielaussäender, glänzender weltsprosz
26, 181.
der sinn von viel kann multa sein, 'mehrfache, verschiedene ausdeutung zulassend' (vgl. die stelle aus Hamann), gewöhnlich aber ist viel collectiv oder auch dem grade nach steigernd, doch ist die anwendung in dem sinne 'sehr bedeutend, von hoher bedeutung' selten und jetzt auszer gebrauch: auf den vielbedeutenden nahmen Enoch Gläsers neuer teutsch. Parnasz (1652) 35; (weil die pritschenmeister den harlekins die pritsche) den vielbedeutenden zierrath abgeborget samml. crit. poet. schriften (1741) 1, 136; da der begriff von dem, was man unter sprache versteht, so vielbedeutend ist; so wäre es am besten, denselben nach der absicht zu bestimmen, als das mittel, unsere gedanken mitzutheilen und anderer gedanken zu verstehen (1821) 2, 128; weil überhaupt damals diese ecke des römischen reichs gegen die Franken sehr vielbedeutend war: so musztens auch die bischöfe mit werden 5, 67; in ihm (dem gesicht) wohnt ausgedruckt, still- und vielbedeutend des menschen geist 22, 266; (gab sich) ein recht stattliches vielbedeutendes ansehen Siegwart (1777) 1, 295; alles andere ... faszt' er zusammen in das vielbedeutende vivat academia lebensläufe (1778) 2, 207; der eine beschuldigte mit einer vielbedeutenden miene das feindliche klima (1842) 4, 10; diese behandlung des .. versmaszes wird noch durch ein eigenes übergreifen des sinnes (enjambement) vielbedeutend 41, 1, 212 Weim.; das vielbedeutende der figuren schriften d. Götheges. 5, 65; dann wird ein vielbedeutender monarch entstehen 3, 535 Grollmann; das war ein reicher und vielbedeutender mann schriften für u. an s. l. Deutschen (1845) 1, 212; berühmte und vielbedeutende gebäude (1872) 1, 22; mit dem vielbedeutenden zusatz 'so viel als thunlich' (1867) 3, 15;
adverbium: (er) neigt vielbedeutend seinen alten kopf (1895) II 5, 271;
—
euer zeugnisz,
des vielbedeutenden, gewalt'gen lords
12, 472.
vielbedeutend gebärdeten sich die priester, und summten
Weim.;
1, 247
wohin also sein vielbefassender geist sich auch wandte herzenserg. (1797) 66; steigerung des zweiten theils, statt mehrbefassend, das uns besser klingt: (eine schreibart) hat mehr fülle und nachdruck, weil sie vielbefassender ist entwurf (1783) 230. —
von allen vielbegreifenden eigenschaften ist die allwissenheit die gröszte
(1775) 6, 124. —
Maria wandte gen himmel
ihr vieldenkendes auge
Messias 7, 452;
(πολύτλας):
—
als vielduldende greis' und mütterchen bargen das antlitz
ged. (1802) 2, 84.
und in Klopstocks bearbeitung wie grosz und vielerfüllend hätte das faktum werden können
5, 366. —
wie widrig launisch und vielerheischend der geschmeidige alte sey erz. u. novellen (1822) 2, 76. —
(Diomedes) senkte seinen speer in die vielernährende erde
(ἐνὶ χθονὶ πουλυβοτείρη Z 213)
11, 208.
im eigentlichen sinne: mit der vielfassenden geräumigkeit dieses trinkgeschirrs kl. schriften (1837) 1, 376; übertragen: wird der begriff dunkel oder hell, vielfassend oder dürftig 22, 99; Orient ... vielfassender name 7, 33; wegen seiner vielfassenden kürze allg. d. bibl. 81, 586; groszen, hellen, vielfassenden verstand phys. fragm. (1775) 1, 9; jeden groszen erhabenen vielfassenden gedanken mag. f. d. spr. (1783) 2, 2, 22; fähiger und vielfassender menschen lit. nachl. (1835) 3, 221; du hast ein groszes, vielfassendes wort gesprochen 5, 191; steigerung: sie (die deutsche mythologie) würde vielfassendere allegorie liefern (1784) 1, 30; die beste, das ist die vielfassendste (erklärung) 5, 286. —
übernahm er getrost des raths vielfodernden auftrag
poet. werke (1836) 3, 316;
das angenehme rauch- und dankopfer eines vielfruchtenden und vielgekörnten .. wandels neuspr. palmb. (1668) 322. —
die vielgebärende mutter erde
—
15, 291;
töchter der vielgebärenden Tethys
(τῆς πολυτέκνου Τηθύος Prom. 142)
15, 11.
bey dem .. hause von Alvenschleben, meiner ... vielgebietenden obrigkeit Anthropod. plut. (1666) 1, 113. —
unsere vielgeltende reine teutsche landes-sprache frauenz. gesprechspiele (1641) 2, b 2ᵃ; durch seine vielgeltende auctoritet schwed. krieg 2, 28; ein vielgeltendes zeugnis (1784) 5, 71; vielgeltende assignaten leben u. schicks. 4, 313; ein spottlied auf einen vielgeltenden hofmann briefe 1, 152 Strausz; Jacob von Morra, vielgeltend an Friedrichs hofe gesch. d. Hohenstaufen 4, 191; seine vielgeltende stimme tageb. 3, 255; ein vortrefflicher und vielgeltender mann (1876) 7, 10; gesteigert: in tausend äuszerungen der vielgeltendsten unter euch reden üb. d. religion (1879) 180. —
zwar die vielgestaltende hoffnung bringt
vielen der sterblichen reichen gewinn
26, 176.
bei Campe aus Göthe belegt, mehr als wohlhabend: wohlhabend ist jeder, der dem was er besitzt, vorzustehen weisz; vielhabend zu seyn ist eine lästige sache, wenn man es nicht versteht 23, 41 Weim.; hierzu vielhabenheit bei Campe. —
wie wenn am vielhallenden ufer die wogen des meeres
übereinander sich thürmen (ἐν αἰγιαλῷ πολυηχέι Δ 422)
11, 135.
ist alle sein tag ain vilkünnet man gewesen d. städtechron. 5, 309; uber 40. legion listiger, vielkönnender .. teuffel hist. proc. juris (1600) 737; nur das wunderliche vielkönnende volk der menschen kann das nicht (1789) 2, 232; hierzu vielkönnenheit: zucht und vilkündenhait privatbr. d. mittelalters 1, 122. —
wollen wir .. dem viellehrenden klaren sinn des gesichts sogleich seinen bruder, das ohr, zuführen
22, 62. —
vielvermögend: praepotens, vil mugende gloss. 456ᵃ; er wolle an seinen vielmögenden ord, mein unschuld gebürlich retten teutscher secret. (1656) 1, B b 7ᵃ; der vielmögende, gesellschaftsname des grafen Ernst Wilhelm von Bentheim in der fruchtbringenden gesellschaft neuspr. palmb. (1668) 397; vielmögende hh. abgeordnete Deutschlands 36, 18 Hempel; der vielmögende bürgermeister (1890) 5, 193. —
grusz den asen,
grusz den asinnen,
grusz der vielnutzenden erde (heil sjá in fjǫlnýta fold Sigrdrífum. 4)
held d. nordens (1810) 1, 68.
viel redender, multiloquax gloss. 370ᶜ; auf die vielen fragen seines vielredenden begleiters (1855) 15, 156; den sparsamen vielredenden Florentiner 37, 331; hierzu vielredenheit: ein hahn, welchen Lucianus auf die vielredenheit deutet (1825) 9, 80. —
bisher hat kein bericht der vielreisenden eingeborenen uns davon ... kunde gebracht kosmos (1845) 4, 378. —
in den neuen hirtenkräntzen
sihet man violjen gläntzen
mit vilrüchender krafft
frauenz. gesprechsp. (1641) 8, 138.
(vgl. oben II 2, h), durchaus als feste verbindung mit eingeschränkter bedeutung; selten im sinne multa verba faciens, vgl.
↗vielredend, -sprechend: auch diese antithese sagt nichts! sagt der vielsagende hr. pastor 13, 127. gewöhnlich wird vielsagend auf sprachliches bezogen, das mit verhältnismäszig geringem lautlichen aufwande einen reichen inhalt ausdrückt oder ein auffassen in verschiedener richtung zuläszt (ein vielsagendes wort, ein vielsagender satz u. ä.): prägnant, stark, vielsagend reinigk. der deutschen sprache (1795) 316; ungewöhnlich für uns von inhaltsreichen ganzen abhandlungen: worin vielsagende abhandlungen Schillers über die naiven und sentimentalen dichter stehen IV 11, 7 Weim.; besonders gern aber wird vielsagend auf etwas bezogen, das gar nicht durch lautliche mittel die auffassung in anspruch nimmt (vielsagender blick, miene u. s. w., vgl. vielberedt III 3); einem so heiligen und vielsagenden worte, als wolke ist ganze ästhetik in einer nusz (1754) 454; nicht allein ein ehren- sondern auch ein vielsagender name gesch. d. Deutschen (1778) 1, 295; nehmen eine vielsagende weise miene an briefw. ak. freunde (1778) 2, 92; führt ihn bei seite, mit vielsagendem blik 5, 1, 141; unter diesem nichts—
und vielsagenden worte (1809) 7, 208; (die einfachheit der prosa im Wilhelm Meister ist) bedeutend und vielsagend Athenäum (1798) 1, 2, 158; aus den geheimniszvollen vielsagenden blutspuren erz. schriften 3, 105; das kurze vielsagende gebet, welches er aus der kindheit fromm bewahrt 10, 92; einen jener vielsagenden töne .., die dem katzengeschlechte eigen 24, 148; der siebzigjährige greis, so anspruchslos und doch so vielsagend seine erscheinung gesch. d. franz. revol. (1845) 71; (mit) vergiszmeinnicht und anderen vielsagenden blümchen bedeutsam geschmückt drei sommer in Tirol 1, 43; als eine vielsagende stille eintrat 2, 98; adverbial: Napoleon sah ihn mit seinen schönen klugen augen vielsagend an ruhe ist die erste bürgerpflicht (1852) 1, 88; die finger .. deuteten vielsagend die gasse entlang erz. schr. 6, 65; gesteigerte form: kein vielsagender kontrastirender beiwort 3, 339; schon bedeutender und vielsagender 1, 293 Grisebach; vergröszert und vielsagender gleichsam Grabenhäger 1, 89. —
der vielschreibende Gottsched
(1843) 4, 1, 572; der vielschreibende Wieland 6, 235. —
vor einem vielschreyenden hahn hast du dich nicht zu befürchten schriften (1663) 292. —
sprichst
du zwei beklemmte worte, wendest dann
vielschwatzend zu dem nachbar dich
Schmidt.
1, 142
an ebengemelten viel- und weitsehenden traumenden neuer t. Parnasz 148; weder allsehend, noch auch vielleicht nur vielsehend 183ᵇ Bohtz. —
in besonderer anwendung (viel im sinne von multa): dieser zartsinnige mensch und poet ist der praktisch vielsinnenden, drängenden gegenwart .. nicht mehr recht verständlich studien (1908) 418. —
multiloquax, viel sprechende gloss. 370ᶜ; in dem prägnanten sinne von vielsagend, jetzt ungewöhnlich: nach einem langen, vielsprechenden schweigen (1814) 1, 252; sein völliges gesicht zeigte eine vielsprechende stirn (1843) 5, 13. —
grosze vieltragende weisze goldwurtzel mit rohtgesprängten tüpflein neuspr. palmb. (1668) 382. —
ein in der neueren prosa sehr viel gebrauchtes wort: ein vielumfassendes und originelles talent (1825) 2, 65; (der hexameter) eine prächtige, vielumfassende gesangsweise; sie vereinigt umfang, fülle, verschiedenheit und anmuth 27, 183; manchem mag er (der name) seiner vielumfassenden dunkelheit wegen gar erhaben tönen 23, 6; seine tiefe, vielumfassende, wohlgewählte, mehr reife als glänzende gelehrsamkeit verm. schriften (1774) 1, 14; eine abschilderung von dem vielumfassenden eifer dieses mannes herzenserg. (1797) 68; an Frankfurt selbst als einer vielumfassenden stadt meine schemata probiren IV 12, 217 Weim.; diese allegorie ist indessen ihres häufigen gebrauchs wegen so vieldeutig und vielumfassend geworden kl. schriften (1837) 1, 127; gesteigert: die vielumfassendsten,
als menschen merkwürdigsten .. männer herzenserg. (1797) 27. —
mit dem vielunternehmenden buchdrucker Bernh. Jobin gesch. d. d. dichtung (1853) 3, 125. —
(vgl. vielversprechend), in übertragener anwendung: indesz schon vielverheiszende frucht der mannheit ansetzt (1820) 6, 12; hier lag .. das vielverheiszende blättchen papier erz. schriften 35, 125; beide empfanden, dasz etwas merkwürdiges und vielverheiszendes in dem thale schwebte 6, 43; um also den vielverheiszenden abend unverkürzt zu genieszen 5, 256;
—
mit dem anfang eines neuen jahres
dem vielverheiszenden
ged. 422 Hatfield.
tausendfältig, und wahr, und heisz! ein taumel! ein sturm!
waren die töne für das vielverlangende herz
oden (1889) 1, 204.
(vgl. vielmögend), neben dem freien gebrauch ist die anwendung des wortes im curialstil zu beachten: sein vielvermögender schlangenstab schläferte mich .. ein frauenz. gesprechsp. (1641) 5, IV; ihre ansehentliche und viel-vermögende nasen der die welt beleuchtende Diogenes (1742) 1, 200; durch thätige klugheit und erfahrenheit vielvermögende männer 24, 134; alles zeigte jedoch einen selbstdenker und einen vielvermögenden kopf über d. einsamkeit 3, 42; ihre thränen flossen .. ihre vielvermögende thränen vor gott (1779) 2, 127; ihrer geheimen und vielvermögenden wirkungskreise (1835) 4, 511; an den hochadlichen und vielvermögenden staatsmann röm. gesch. 2, 211;
im briefstil: dero kräftigen, vielvermögenden beistand zu erbitten briefe 3, 133 Strodtmann; mögen ew. excell. uns ... stets mit vielvermögender theilnahme wie bisher beglücken IV 26, 89 Weim.; der vielvermögenden gnade euer durchlaucht zu empfehlen jahrbuch der Grillparzerges. 2, 9; Campe meint, dasz vielvermögend auch im sinne von 'sehr wohlhabend' gebraucht werden könne. hierzu vielvermögenheit: also hat ihre vielvermögenheit eine gantz förderliche anstalt gemacht zu einer procession gack, gack (1688) 41; unterhielt mich mit unausstehlichen nachrichten von seiner vielvermögenheit 3, 310 Roth; (dasz) er vielvermögenheit genug dazu hätte, dich zu befördern briefe 3, 287 Strodtmann. —
aber ein weib erkor ich von vielvermögenden eltern (πολυκλήρων ἀνθρώπων)
Od. 14, 211;
mit jener vielverschuldenden dichtung meinen wir „die räuber“ erz. schriften 35, 130. —
vgl. vielverheiszend, das gewählter klingt als vielversprechend; dieses hat sich im gebrauch ganz festgesetzt und wird gewöhnlich in freierer anwendung gebraucht, d. h. ohne die vorstellung wirklichen sprechens und gelobens von etwas, das grosze erwartungen, hoffnungen erweckt (der anfang ist vielversprechend; vielversprechendes talent; vielversprechender knabe); ungewöhnlich von jemandem, der vieles gelobt, viel im sinne von multa: jeder prahler, jeder vielversprechende thor 7, 419 (in diesem fall würden wir heute die beiden worte getrennt schreiben); je nach der betonung víel verspréchend oder víel versprèchend ist der sinn verschieden; einen vielversprechenden wandrer so weit von seinem ich werde! abzubringen 3, 393; der sinn des eigentlichen gelobens wird in folgender stelle wenigstens mitempfunden: das wort jener kühnen redner, die einst in den versammlungen der deutschen burschenschaft .. eine so vielversprechende sprache gesprochen 3, 502 Elster; freier schon: einen so groszen und vielversprechenden titel d. neueste aus d. anm. gelehrsamkeit 8, 269; vielversprechende vorreden Lucian (1788) 4, 104; in uneigentlicher anwendung: du findest ihn (den mund) grob, plump, und nicht vielversprechend phys. fragm. (1775) 1, 264; ein vielversprechendes
äuszre 4, 273; theils schon brauchbare, theils vielversprechende glieder (der theatertruppe) 33, 249 Weim.; einen so vielversprechenden vorschmack (1843) 2, 312; ein vielversprechender knabe roman meines lebens (1781) 1, 186; wozu er so vielversprechende anlagen hat (1809) 8, 53; solcher vielversprechender keime antisymb. 2, 160; sie nehmen einen vielversprechenden anlauf erz. schriften 35, 140; freute mich über die vielversprechende rauchsäule, welche aus dem schornstein emporwirbelte (1844) 18, 67; junges schwein mit vielversprechenden langen ohren (1892) 15, 64; (es waren) eine grosze zahl vielversprechender städte entstanden handb. f. heer u. flotte 2, 761;
adverbial: der doch schon in der schule so vielversprechend kritzelte ges. schriften 127; gesteigert: dasz wir zuweilen das unnützeste, in die vielversprechendsten kleider gehüllt sehen (1872) 12, 31. —
reizend hinauszugehn in die vielversprechende ferne
Litzmann.
1, 249 es offenbart die göttliche natur
sich göttlich oft durch menschen, so erkennt
das vielversuchende geschlecht sie wieder
Litzmann.
2, 299
vielvertragende sehr starke weine, die noch einmal so viel beigemischtes wasser vertrugen kl. schriften (1837) 3, 191. —
in des muths vielwagender hoffnung
Äschylus (1841) 226.
vielwallende freuden und süsze melancholie
briefe d. neueste litt. betr. 11 (1761) 80.
wenn man ihm von einem schönen, vielwiegenden traume vorspricht altsächs. bildersaal (1818) 4, 82. —
dies unaussprechlich vielwirkende und .. gefährliche werkzeug (der stein der weisen) (1835) 5, 222; gesteigert: zumal derselbe (falscher sprachgebrauch) eine der vielwirkendsten ursachen ist, wodurch u. s. w. restauration d. staatswiss. (1816) 3, 87. —
in eigenthümlicher anwendung: der desz künges haimlichait vilwissend (genau über sie unterrichtet) was de claris mulieribus 280 lit. ver.; vielwissend, multiscius 2, 1059; das wort kann in lobendem und tadelndem sinne gebraucht werden: der vielwissende, .. träumdeutende .. gottesgelährte .. beständige Daniel deutscher Dädalus (1675) 1, 367; die vielwissende gassenfama die vern. tadlerinnen 1, 140; ein polyhistor — vielwissender wollte ich sagen lustsp. 1, 17; den vielwissenden, vielerfahrnen mann 16, 301; vielwissende schwätzer 150; Leibnitz .. ein groszer feind dieser vielwissenden müsziggänger I 2, 287 krit. ausgabe; ein aufgeräumter, vielwissender mann leben u. ges. 1, 288; zwischen den rohen zeiten der barbarei, und dem kunstreichen, vielwissenden und begüterten weltalter 4, 66 Minor;
freier: der undenkende kunstrichter mit seiner vielwissenden mine in d. lit. denkm. 128, 304. hierzu vielwissenheit: der mensch (ist gegangen) in diese welt ins mysterium der viel-wissenheit, als in die wunder schriften (1620) 5, 30; Pirkheimer, welcher seiner vielwissenheit halber, bey diesem keyser in diensten und groszen gnaden ware ostländ. lorbeerhayn (1657) 160; der andre theil der vielwissenheit ist die mesz- und wiszkunst beytr. z. crit. historie (1732) 3, 525; aus eigensinniger vielwissenheit das neueste aus der anmuthigen gelehrsamkeit 5, 212; der mann, der von seiner vielwissenheit geblähet wird (1786) 8, 221; noch bei Campe verzeichnet. —
er, der weit mehr erkannt,
als funfzig, die sich selbst vielwissende genannt
poesie d. Niedersachsen 6, 239.
3.
eine für das nhd. typische verbindung ist die zusammenrückung von viel mit dem part. prät., besonders dem schwacher verba; zu den verbindungen der letzten art treten solche, in denen der zweite bestandtheil die form eines participiums hat, ohne dasz ein entsprechendes verbum vorhanden ist. die vorsilbe ge- bildet participialformen zum subst.: gehäuptet, mit einem haupt versehen, vielgehäuptet, mit vielen häuptern versehen, viele häupter habend. ebenso schon im altnord. fjǫlhǫfđađr:
viel ist hier durchaus unbestimmtes zahlwort, und es entstehen wirkliche composita, in denen viel mit dem herausgefühlten substantivbegriff verknüpft wird, wenn auch viel vor eine für sich bestehende participialform tritt, z. b. vielgeformt, -gefurcht, -gegliedert, -gelockt, -geschwänzt, -gestuft, -gestreift, -getüpfelt, -gezackt (überall können synonyme auf -ig gebildet werden: vielformig, -gliedrig u. s. w.); Voss bildet ungeschickt vielgerudertes schiff (πολύζυγος), wobei es ihm nicht auf die thätigkeit des ruderns, sondern das vorhandensein vieler ruder ankommt (vielrudrig), besser ist noch Bürgers vielberudert; unten wird vielgefärbt im sinne von vielfarbig aus älterer quelle belegt (neben vielgefarbt), heute könnte vielgefärbt nur im eigentlichen participialen sinne gebraucht werden; von starken part. gehört hierher vielgespalten; beachte vielgestirnt, etwa neben vielbesternt: vielgestirnter himmel, vielbesternter ministerfrack. — die bildung mit viel kann auch geradezu vom subst. abgeleitet werden: vielgeaugt, -gearmt, -gebeint; auch hier ist dauernde eigenschaft das wesentliche, wie sie durch vielaugig, -armig ausgedrückt wird. — dasselbe gilt von verbindungen wie vielbethürmt, -besaitet, -bewipfelt, -behaart, -bejahrt.
viele participia sind ganz zu adjectiven geworden, und die verbindungen mit viel gehören somit eigentlich in eine andre rubrik; doch wird bei diesen adjectiven selten der begriff einfach gesteigert wie bei vielvermessen, oder bei vielverwandt, naheverwandt (Göthe); gewöhnlich wird durch viel bezeichnet, dasz die eigenschaft sich in den verschiedensten beziehungen, richtungen, gebieten ausweist: vielgewandt, vielerfahren, vielverschlagen, vielbekannt, vielbeliebt; auch vielgestalt gehört hierher; vielgebildet kann gleichfalls ganz adj. gebraucht werden, und viel kann hier den begriff ungünstig beeinflussen.
im allgemeinen ist im nhd. die verbindung des adv. viel mit dem part. prät. eine lose, trotzdem auch bei seltenen gelegenheitsbildungen die zusammenschreibung zur regel geworden ist; zusammenschreibung findet sich auch, wenn viel an ein vorhergehendes adv. angeknüpft wird (ein lange und vielgeläuterter wahn 17, 233). es hängt vom nachdruck im satz ab, ob das viel deutlich über die tonsilbe des part. erhoben wird oder beide mit gleicher stärke betont wurden; viel kann auch unter umständen mit schwächerem nachdruck gesprochen werden; viel wird eben im allgemeinen wie ein selbstständiges wort behandelt, steigerungen am ende dieser verbindung sind selten, vgl.
↗vielbelesen, -besucht, -bewegt; beachtenswerth vielgeliebter adverbial im sinne von 'viel lieber'; selten auch sind ableitungen mit heit, erträglich bei ganz adject. bildungen wie vielbelesen, -erfahren.
viel kann im allgemeinen dem sinne nach durch ein vielfach ersetzt werden, nur ist es stärker als dieses; vgl.
↗vielgetheilt, -verschlungen, -verwoben (beachte vielgewebt), -zersplittert, -zersprungen, -gefältelt; in vieler beziehung, in vielen richtungen, in verschiedenster weise, an vielen stellen, von vielen seiten, ja von vielen personen: vielbegehrt, -beneidet, -besucht, -gesucht, -beurteilt, -belebt, -betont, -gefährdet, -geglaubt, -genährt, -gepriesen, -verhöhnt, -verkannt, -umworben, -nachgeahmt,
-umstritten, -verbessert, -verbreitet; bei beziehung auf die zeit nimmt viel den sinn von 'sehr oft' an, vgl. z. b. vielbestraft, -gedruckt, -gehalten, -gehört, -gespielt, -genannt, und die im älteren nhd. beliebten vielermeldt, -bemeldt, -gemeldt; oder es wird lediglich der begriff des part. gesteigert, vgl.
↗vielbegeistert, -beredt; es liegt in der natur der sache, dasz viele dieser verbindungen mehrdeutig sind, z. b. vielgesungen kann aufgefaszt werden als: oft gesungen, oder als: von vielen, an verschiedenen orten gesungen; in vielverehrt kann viel intensiv steigernd sein, oder die verbindung bedeutet: von vielen verehrt; vielverliebt, sehr verliebt, gewöhnlich wohl: oft verliebt u. ä. oft genügt die unbestimmtheit dem zusammenhang.
beachte vielvergossen, in menge vergossen (blut), in vielverwichenen jahren, in vielen vergangenen jahren. seltsame bildung vielbeschuht bei Jahn.
active bedeutung neben passiver zeigen z. b. vielbemüht, vielbethätigt, vielversucht.
von den unten gesammelten verbindungen gehören weitaus die meisten dem 18. und 19. jh. an; aus dem 17. jh. sind schon ziemlich viele angeführt, z. th. solche, die später wieder verschwinden; man beachte die namen aus der fruchtbringenden gesellschaft, die steifen höflichkeitsausdrücke mit viel-, von denen sich vielgeehrt, -verehrt noch sehr lange gehalten haben; im 18. jh. nimmt die zahl dieser verbindungen auszerordentlich zu, besonders Herder hat dazu beigetragen, sie zu verbreiten. der einflusz der zahlreichen griech. bildungen mit πολυ- liegt hier klar auf der hand. die freiheit, solche bildungen nach der gelegenheit zu schaffen, ist der sprache geblieben. neben diesen losen verbindungen stehen aber in der sprache der gegenwart solche, die ziemlich fest geworden sind und in der prosa und der umgangssprache der gebilbildeten sich völlig eingebürgert haben, die aber Campe noch nicht verzeichnet; z. b. fehlen bei ihm folgende, sehr viel gebrauchte verbindungen: vielbehandelt, -bewegt, -beschäftigt, -besprochen, -gelesen, -gebraucht, -besucht, -gesucht, -erörtert, -verzweigt.
vielangerufen: natur und bildung des vielangerufenen dämon akad. abh. (1866) 2, 23. —
—
—
—
—
—
—
hier ist beliebt stärker als in der sprache der gegenwart;
bei dem ältern alpinischen adel ein vielbeliebtes abzeichen drei sommer in Tirol 1, 347. —
—
der vielbemühte, gesellschaftsname des Adam Olearius in der fruchtbring. gesellschaft. —
—
vielberedt wird besonders da angewandt, wo nicht wirkliches sprechen gemeint ist (vgl. vielsagend III 2): ein vielberedtes schweigen u. ä.; die vielberedte, stumme antwort auf diese frage erz. schr. 13, 130. —
von ruder, nicht von berudern gebildet, ungewöhnlich; vgl. dagegen: ein vielberuderter waldsee (vielbeschifft). —
schiffart .. auff das vilberümt hauptschieszen gen Straszburg gethan Fischart glückh. schiff; es vergehen jetzt monate, .. ohne dasz ich einen fusz in unser vielberühmtes theater setze gefühle, bilder (1819) 2, 53. —
gewöhnlich übertragen auf geistigen streit; entsprechend der bedeutung von bestritten tritt oft der sinn hervor, dasz etwas abgeleugnet, nicht nach seiner bedeutung anerkannt werden soll, doch kann sich die verbindung dem sinne von vielumstritten nähern: dem vielbestrittenen Cerne jener urkunde erdk. 1, 887; können wir mit sicherheit den namen der vielbestrittenen statue aussprechen kl. schr. (1837) 2, 286; von vielbestrittenen prioritätsrechten kosmos (1845) 1, xiv; zur bewilligung dieses vielbestrittenen postens polit. reden 4, 205. —
in besonderer wendung:
—
vgl. vieldurchzackt, vielgezackt. —
der neuen vielgefürchteten und vielersehnten zweiten revolution röm. gesch. 2, 188. —
—
—
—
—
seine vielgefeierten groszthaten röm. gesch. 2, 131; eine vielgefeierte schöne. —
—
—
—
in der vielgespaltenen erdrinde kosmos (1845) 1, 259. —
—
—
—
(hann sá)
folkdrótt fara
fjǫlhǫfđađa
Hýmiskv. 35.
so ging das vielbedachte und durcharbeitete werk .. verloren gesch. d. d. dichtung (1853) 5, 88. —
dem allgemeinen und eingeschränkten sinne von begabt folgend: der vielgeliebte, der vielbegabte 20, 26 anm.; des als dichter und maler vielbegabten August Kopisch kosmos (1845) 2, 121 anm. 81; die Pandora, die vielbegabte erste menschenmutter (1837) 2, 331;
—
(mein vaterland) das vielbegabte,
das Obotritenland
bei
alles was wir über diesen vielbegangenen eingang (ins gebirge) erfahren erdkunde 3, 1145. —
dasz sie den vielbegehrten friede .. wider erlangen .. werde das friedejauchz. Teutschland (1653) 183; eine vielbegehrte .. erbin (1889) 7, 181;
—
sunst misset ihr mit uns das vil-begehrte spihl
lit. ver.
2, 389
mit der zunge reden .. heiszt, begeistert sprechen; mit zungen reden .. vielbegeistert reden
19, 34; des vielartigen, vielbegeisterten safts, durch den wir genieszen und leben 13, 253. —
wie ist es dir ergangen
o Sejus viel-beglückt
poet. sinnenfrüchte (1677) 146.
(schöner Main) deine gestade, die vielbeglückten
Litzmann.
1, 200
der hitzige, viehspeisende, ... grasichte, graszvolle, .. vielbegraste .. Junius deutscher Dädalus (1675) 1, 930 (vgl. poetisch. trichter (1647) 1, 94: das vielbegraste feld); jetzt eher noch zu begrasen, abweiden, auch übertragen: ein vielbegrastes arbeitsgebiet. —
dort liegt der stille wald von vielbejahrten eichen
d. neueste aus d. anmuthigen gelehrsamkeit 7, 187.
ehrsamer und vielbekannter waffenschmidt aus Heilbronn Schmidt; Robert Hamerling, der wenig bekannte verfasser vielbekannter werke (1895) II 15, 268;
—
2, 181 den vielbekannten, weitgereisten mann
(1828) 3, 231.
bestehet also euer vielbeklagtes elend in gefasztem wahn teutscher secret. (1656) 1, G g 7ᵇ; die vielbeklagten mängel des gottesdienstes (1834) I 5, 262. —
zum vielbekränzten heiligthume ging ich hin
(πρὸς πολυστεφῆ μυχόν Eum. 39)
Äschylus (1841) 162.
ich hab dich ja getragen
dich vielbeküstes band ..
durch manches fremdes land
poet. trichter (1647) 1, 79.
der war's, der frech mit vielbelachtem höhnischen
geschosz, dem übelriechenden nachttopf gegen mich
vor kurzem zielte und mich traf
Äschylus (1841) 505.
überhaupt scheint Asien von jeher ein vielbelebter körper gewesen zu seyn
16, 58; in dem vielbelebten hofe (1895) I 12, 184. —
der herrscher hat, der vielbeleidigte,
nicht jegliches gedächtnisz der beleid'gung
in des vergessens strom versenkt
(1835) 541.
der hochgelehrte und vielbelesene .. Textor neuspr. palmb. (1668) III; kinder eines muntern, vielbelesenen, leichtfertigen vaters 15, 14; gesteigert: einer der vielbelesensten menschen schriften für u. an s. l. Deutschen (1845) 3, 555. — hierzu vielbelesenheit: was nun für eine ... vilbelesenheit hirzu werde erfodert Pathmos (1677) 492.
—
wie gründlich seines urtheils stärke!
wie reich die vielbelesenheit
poet. betrachtungen (1750) 6, 325.
diesz vielbeliebte werk mit andern ädlen schriften,
wird bey der nachwelt ihm ein ewigs denkmahl stiften
neuspr. palmbaum (1668) XX;
die vielbeliebte panacee,
die sonst dem kloster manches tausend eingebracht
Göschen;
1, 190 die liebe liebet selbst die vielbelobte kunst
poet. trichter (1647) 2, 9;
bin der sohn des vielbelobten,
groszen, schriftgelehrten rabbi
Elster.
1, 142
oft, vielfach erwähnt (in der schrift, vom autor), (veraltet, vgl.
↗vielermeldet, -gemeldet): doch ward das vilbemeldt hausz bald widerumb ausz der äschen erhebet Schwytzerchronik (1606) 408ᵃ; dieses vielbemeldete kunstwerk quelle von 1788 bei Mozart (1856) 4, 49. —
da der fünfte sinnreich ticht, auch in schreiben vielbemühet
neuspr. palmbaum (1668) 341;
mit vielen namen versehen; vielnamig:
—
der sternenreiche
... vielbenahmte hochdunkle aether
28, 352;
der vielbenamte (der liebesgott) sprach
(1867) 3, 267;
oft erwähnt, besonders vorher in einer schrift (veraltet): dy vilbenanten zwen doctores 7, 853 Weim.; vielbenante hochlöbliche gesellschaft friedew. Teutschland (1648) 8; so will ich von stund an meinen vielbenannten oder namlosen schwiegervater nennen lebensläufe (1778) 1, 428; vgl. vielbenennt, -ernennt, -genannt. —
Griechinn, Römerinn sie, die vielbeneidete
28, 300;
vielgeehrt im sängerchore
war Rudello's werther name,
vielgepriesen, vielbeneidet
die von ihm besungne dame
ged. 1, 201 Schmidt-Hartmann.
selten in passivischer anwendung: in so peinlicher, vielberathner und hingehaltner lage kl. schr. 1, 41; vielen rath wissend: der vielberathene sah hierin keine schwierigkeit (1824) 1, 15. —
ich leg' ihn euch ans vielberedte herz
(to your professed bosoms I commit him)
könig Lear 1, 1.
auf vielberuderten schiffen
(σὺν νηυσὶ πολυκλήισι B 74, in vielgeruderten schiffen Voss)
Bohtz;
195ᵃ
vielbesprochen, gewöhnlich im ungünstigen sinne, worüber man bis zum überdrusz geredet oder gestritten hat, doch auch im schlimmen sinne 'übelberüchtigt', vgl. vielbeschrieen: Jacobi's vielberufener streit mit Mendelssohn 12, 364; der vielberufene Grützmacher, der im jähzorn einen knecht erschlagen hatte (1872) 1, 91. —
wo bleibet ietzt die vielberühmte krafft,
die ihm den sieg so öffters hat verschafft
unterricht v. d. d. spr. (1682) 1, 795;
längst war er der vielberühmte
28, 435;
er hatte im nu den vielberührten, aber stets ein mysterium gebliebenen plan erkannt Meyr
erz. a. d. Ries (1868) 2, 466. —
oft erwähnt, genannt: vielbesagte miszgeburt scheinet eine abbildung des atheismi teutscher secret. (1656) 1, 670; nach der angabe dieses vielbesagten oberaufsehers kl. schr. (1837) 2, 22; bei Campe als ein wenig gebräuchliches, doch empfehlenswerthes wort. —
das wort ist ganz in den gebrauch der gewöhnlichen rede übergegangen: ist solches bey vielbeschäfftigten herren leichtlich zu entschuldigen teutscher secret. (1656) 2, 234; vielbeschäftigte inhaber groszer werkstätten erz. schr. 18, 168; dem vielbeschäftigten staatsmanne beschwerlich zu fallen (1876) 7, 77; angabe dessen, was beschäftigt: vielbeschäftigt mit dem türkischen kriege 25, 137; ironisch: im vorigen jahre ertrank ein kind in einer wassertonne .., während die vielbeschäftigte bonne ihre tausend und erste liebeserklärung entgegennahm 10, 246 Werner; freiere anwendung: in einem bewegten und vielbeschäftigten leben kosmos (1845) 2, 17; das wort bezieht sich immer auf die menge, mannigfaltigkeit der geschäfte; es kann ungünstigen sinn annehmen: den vielbeschäftigten und wenigthuenden Franzosen briefe (1858) 3, 126; damit nähert es sich dem sinne von vielgeschäftig. —
(die) aus vielbeschäftigtheit .. eine behagliche, nicht zu knappe belehrung bedürfen Grimm briefw. mit Dahlmann und 2, 108. —
wunderliche bildung, mit groszen, auffallenden schuhen versehen: die vielbeschuhten, weithosigen kogelträger (Türken) (1884) 1, 451. —
(vgl. vielberufen): glockenschläge ..., welche den vielbeschrieenen landsturm .. aufrufen könnten erz. schr. 21, 56; der vielbeschrieene gegensatz von kapital und arbeit deutsche arbeit 85. —
activisch:
—
der alte Hassan war's, der vielbesorgt,
wie'n treues tier, gefolget meiner spur
Elster.
2, 282
sehr gebräuchlich in der sprache der gegenwart, besonders auch in dem sinne vielbehandelt (eine vielbesprochene stelle): die übersezung wollte weder durch dies vielbesprochene wort den leser aufhalten Platon (1804) 6, 566; den schleier von der vielbesprochenen klosterbibliothek am fusze des Ararat zu lüften erdk. 10, 533; ein vielbespro chener lieblingsgegenstand (1832) 10, 2, 410; als der könig die vielbesprochene audienz ertheilte tageb. 4, 150; eine in der stadt sehr bekannte und vielbesprochene person (1886) 4, 115; dies ist das vielbesprochene Aliso reden u. aufsätze (1905) 333; morgen früh kommt der vielbesprochene Karbe zu mir briefe an s. braut u. gattin 125; es scheint neigung vorhanden zu sein, das wort auf unpersönliches einzuschränken. —
der den thron,
den vielbestritt'nen, nun allein
mit voller macht genommen ein
(1867) 4, 232.
völlig
in die umgangssprache übergegangen: ist einmal das theater zu unsern zeiten ein vielbesuchter platz 23, 349; moskeen geweiht der feier, — und vielbesuchte weiher (1867) 11, 538; ein vielbesuchter wallfahrtsort drei sommer in Tirol 1, 159;
von veranstaltungen: den vielbesuchten brüder- und schwesterversammlungen 25, 237; comparativ: desto besser und vielbesuchter ist es die ... halbinsel erdk. 3, 169. —
am vielbesucheten altar
26, 191;
Haslau's gründe, felsensteile,
vielbesucht und vielgenannt
Weim.;
4, 304
der wahre name des zu seiner schmach vielbesungenen mannes Weim.; drüben lag die alte, vielbesungene, weiszschimmernde Venezia (1875) 8, 141;
bei Campe als gebilligte neubildung. —
41, 1, 72 ob seiner herrlichkeit
angebetet und vielbesungen
Elster;
1, 165
viele töne enthaltend:
die verbindung wird aber gewöhnlich zu betonen gezogen. —
also wälzt auch meines gesangs
rad sich fort, und vielbetont, nicht blosz das erhabene pflegt er
Hempel;
1, 246
wenn du einen vielbetretenen weg lange gehst, so gehst du ihn endlich allein
(1893) 1, 17. —
ein sehr köstlich vil bewehrt wasser arznb. (1595) 1, 52; es war ein gar vortreffliches rosz von edlem blute, ein vielbewährtes (1855) 8, 122;
—
mit vielbewährten heldenkämpfern wohl verwahrt
Äschylus (1841) 375.
im eigentlichen sinne: der gewölbte scheitel mit den .. weiszen vielbewegten ohren (eines bären) thierleben 2, 281 Pechuel-Lösche;
bild des meeres:
gewöhnlich übertragen: das vielbewegte (durch staatliche umwälzungen) Hindostan erdk. 5, 639; ganz fest geworden sind die verbindungen vielbewegtes leben, zeit, tage, vergangenheit u. ä.: aus dem reichen und vielbewegten leben eines mannes (1884) 1, 426; die vielbewegten geister, die ... sich ewig aus der bahn herausgerissen finden 18, 128 Cotta; in des knaben vielbewegtes .. herz erz. schr. 21, 31; unruhige, vielbewegte gedanken tageb. 2, 68; ein mann von vielbewegter vergangenheit Grabenhäger 2, 226;
—
meer, unsichres, vielbewegtes
ged. 1, 202 Schmidt-Hartmann;
wohl musz in tiefe, vielbewegte sorge jetzt
gleich einem taucher fluthinab versenken sich (der blick)
Äschylus (1841) 299.
den vielbewegten reiz der welt zu meiden
Weim.;
10, 320 noch einmal wagst du, vielbeweinter schatten,
hervor dich an das tageslicht
Weim.;
3, 19 trauertöne klangen,
wie von vielbeweinten gräbern her
(1823) 3, 118;
o, im tode vielbeweinter von den deinen
(πολύκλαυτε φίλοισι θανών Pers. 677)
15, 160.
auf dem höchsten haupt
des vielbewipfelten Olymps (πολυδειράδος Οὐλύμποιο A 499)
Bohtz;
148ᵃ
unter den auszerordentlichen und vielbewunderten feyerlichen aufzügen .., welche er anordnete herzenserg. (1797) 147. —
eines hirten, der zu seinem vieldurchweideten heimathlichen anger .. wiederkehrt zauberring (1812) 2, 25. —
als wort der dichterischen sprache bei ; es gehört seit dem 16. jh. der prosa an, hat aber noch heute einen höheren klang: aines vilerfarens .. mann Odyssea (1537) vorrede 8; im schlimmen sinn: zu einem abgefäumbten, bösen, lasterhafften, in diesen stücken gelehrten, alten und viel erfahrnen weib hebammenbuch (1580) 40; so einen verständigen und vielerfahrnen mann engl. comedien u. tragedien (1624) G 1ᵃ; David als ein vielerfahrner held 12, 234;
von unpersönlichem: einer vielerfahrenen verschlagen heit (1856) 7, 545; humoristisch: den eigenthümlichen wanderduft dieser vielerfahrenen (leihbibliotheks -)bücher vorstadtgesch. 139; gesteigert:
— hierzu vielerfahrenheit Campe. —
ich stehe neu ein jüngling zwischen euch
den vielerfahrnen
14, 202;
begleiten
soll uns der ärzte vielerfahrenster
Weim.
10, 316
als höfisches beiwort (illustrissimus): der vielerleuchtet A. von Fr. Rosem. (1651) 13. —
(vgl. vielbemeldet, -gemeldet): vil und wol ermelter herr Gilg Tschudi Schwytzerchron. (1606) 345ᵇ. —
vgl. das folgende wort: den verfasser vielernanten spiele frauenz. gesprechsp. (1641) 4, 476. —
(vgl. vielbenannt, -benennt, -genannt), oft erwähnt, genannt (in der schrift, vom autor): viel-ernennter P. Ferrarius erzehlet georg. curiosa (1682) 1, 696. —
die vielerschöpffte herrschafften, die ausgeraubte länder friedewünsch. Teutschland (1648) 22. —
hier ward zuletzt .. Bramante
den vielersehnten Rüd'ger auch gewahr
Ariosts ras. Roland (1804) 1, 98;
wie freut es mich, das kaiserliche antlitz,
das theure, vielerwünschte, nah zu sehn
(1828) 1, 243.
jauchzend überschwingt er
zuletzt die Alpen und sieht die vielgearteten länder
Litzmann.
1, 272
sinnlich (und in diesem sinne bei Campe): alle glieder seines vielgebildeten, so vieler künste fähigen körpers 22, 310; übertragen: der jüngling ist bildsam, er wird ein .. vielgebildeter mann werden 30, 254; ungünstig, viel bezeichnet zerstreute richtungen: einem viel-, aber leichtgebildeten 42, 2, 209 Weim. —
von des Olympos haupt, des vielgebognen
(κρατὸς ἀπ' Οὐλύμποιο πολυπτύχου)
Ilias 20, 5.
Hans Ernst aus dem Winkel, der vielgebrauchte (mitglied der fruchtbringenden gesellschaft) fortgepfl. lustw. (1657) 14; diese vielgebrauchte und miszbrauchte gattung gesch. d. d. dicht. (1853) 3, 313;
—
die ungeschickten, vielgebrauchten (schreibfedern)
Weim.
4, 22 sie sandte
mich auf vielgebundenem flosz
(ἐπὶ σχεδίης πολυδέσμου)
Odyssee 7, 264 Bernays.
in älterer sprache sehr gebräuchlich im sinne von oft erwähnt (saepe memoratus): er disz liedlin selb von vilgedachtem faden gedicht 2, 292 lit. ver.; nam er die vielgedachte supplication wendunmuth 2, 412 lit. ver.; vielgedachter Johannes von Winterthur Schwytzerchron. (1606) 454ᵃ; auf die seiten dieses vielgedachten pflocks jagd- u. weidbüchl. (1681) 222. —
in älterer sprache in der anrede oder als ehrendes beiwort wie jetzt sehr, hochgeehrt: günstiger vielgeehrter heer teutsch. secret. (1656) 1, Aa 7ᵃ; seinen vielgeehrten und hertzwehrten freund poet. u. mus. lustw. (1652) 6ᵃ; insonders vil-geehrter herr hochd. kanz. 2;
gesteigert: vielgeehrtester herr patron und gönner (1761) 5, 395; in freier anwendung:
—
dies auf dein wohlsein, vielgeehrter wirth
ged. 1, 128 Schmidt-Hartmann;
den blick der priesterin,
der werthen, vielgeehrten, deinen blick
Weim.;
10, 5 blutträufelnd hing das haupt von Cicero,
das vielgeehrte haupt, an einer rednerbühne
satiren (1800) 1, 50;
ach, lieber Gramur, vielgeehrte waffe
held d. nordens 1, 202.
die lustbarkeyt der vilgeferbten bliemlin lit. ver.;
—
2, 282 den vielgefärbten klee zu diesem kranze hier
ged. 1, 513 lit. ver.;
der vielgefärbten tulpen zier
poet. betracht. (1750) 1, 226;
aus reichem rocken zieht
wählend Klotho den vielgefärbeten faden
29, 203.
lange noch lebten sie beid' in des vielgefeierten tempels
schattenhain
ged. (1802) 2, 327;
unendlich vielgeformtes daseyn
—
(1832) 11, 50;
ins geviert, in vielgeformten, regen zirkeln
8, 631.
das vielgefragte orakel, conversationslexikon genannt anders heute in der börsensprache: petroleum vielgefragt, viel verlangt (much asked). —
(1850) 12, 158;
eine grosze menge von dämonen, vor allem der vielgefürchtete Melapi völkerk. (1885) 2, 92. —
hierzwischen lasz ich nun zur zeit mit unterlauffen
die viel-gefüsten reim
lit. ver.
99
in mannigfaltigster beziehung: der vielgegliederte kleine welttheil (Europa) 13, 40; groszer und vielgegliederter familien 42, 1, 26 Weim.; vielgegliederte basis (der jonischen säule) (1832) 10, 2, 326; vielgegliederte rede der finger kl. schr. (1837) 3, 52; in vielgegliedertem marsch preusz. gesch. 3, 97; dem vielgegliederten, stark wirkenden orchester Mozart (1856) 2, 398. —
viele fruchtkörner enthaltend, name des Dietrich von dem Werder in der fruchtbringenden gesellschaft: vielgekörnte frucht neusp. palmb. (1668) 300. —
Eteokles einzig würde dann von allem volk
gescholten werden vielgelärmten tadelworts (φροιμίοις πολυρρόθοις Septem 7)
Äschylus (1841) 344.
und feierlicher vielgelahrt: siehe die klare, vielgelehrte stirn 9, 475; er ist ein vielgelehrter hochstudirter mann lustspiele (1765) 1, 33; nach dem vielgelehrten und streitsüchtigen Alexandrien kosmos (1845) 2, 247; (freier:)
(eingeengt:)
gesteigert: des herzlichsten und vielgelehrtesten geschichtsforschers 44, 11 Hempel; vielgelahrt: von einem vielgelahrten herrn Pestalozzi (1824) 13, 71. —
er liebte mit geschmack der töne süszigkeit,
und pflegte sich gar oft mit viel-gelehrten händen
von seinem saitenspiel auf einen risz zu wenden
poesie d. Niedersachsen 6, 245;
vielkundig sein, nicht vielgelehrt, ist gut
(πολυνοίην οὐ πολυμαθίην ἀσκέειν χρή)
ged. (1802) 6, 318;
in unseren vielgelesenen zeitblättern Weim.; sie (Gellerts schäferspiele) waren einmal so schön, so vielgelesen erz. schr. 14, 131; der einst vielgelesene Fouqué
kl. schr. 1, 42. —
41, 1, 188
'von vielen geliebt, wie auch sehr geliebt' Campe: der vielgeliebte in der fruchtbringenden gesellschaft ist Moriz graf von Bentheim neuspross. palmbaum (1668) 387; die ewige unmündigkeit Ludwig des vielgeliebten (bien aimé) folgte 17, 243. die zusammensetzung ist fest und wird sehr viel gebraucht, meist so, dasz viel den grad des geliebtseins bezeichnet. in älterer sprache wird es auszerordentlich oft in der anrede gebraucht, zunächst unter verwandten, näheren und ferneren, dann auch überhaupt um ein innigeres verhältnis zu bezeichnen, z. b. das des predigers zur gemeinde, das des untergebenen zum herrn, das der liebenden, des autors zu den lesern u. s. w.: gestrenger, edler und ehrenvester herr, vielgeliebter juncker handbüchlin A 2 a; günstiger, vielgeliebter leser hist. u. poet. kurzweil 3 neudr. in Christo vielgeliebte herren und brüder schriften (1620) 6, 202; vielgeliebte hh. brüder frauenz. gesprechspiele (1641) 5, 181; ihr vielgeliebte herrn und freunde friedew. Teutschland (1648) 45; euch, meine vielgeliebte Marianer catechismus milch (1657) 5, 748; vielgeliebte schwester, ihr redet Herkuliskus (1665) 1083; meine vielgeliebte IV 4, 139 Weim.; vielgeliebte hausjungfer! wie geht's theatr. quodlibet (1820) 3, 66; nun leb wohl mein vielgeliebtes herz briefe a. s. braut 141; mein insonders vielgeliebter bruder I 1, 17;
als anrede an geringere: die geringen nennet man vielgeliebte, vielwerthe, geliebte hn. sich selbst nennet man wohl - affectionirt polit. redner (1677) 199. vielgeliebt verbindet sich auch auszerhalb der anrede besonders gern mit verwandtschaftsnamen, vor allem mit sohn; auch bei anderen verbindungen wirkt der gebrauch der anrede nach: an seinen vielgeliebten sohn Anton ... als er auff der universität studiret (1663) register; Deutschlands gröszter dummkopf, pabst Pius des sechsten vielgeliebter sohn über d. einsamk. 2, 497;
(ich) zweifle auch nit, es werde derselbe meinen vielgeliebten herrn bruder bescheiden verh. d. schles. fürsten und stände 8, 46; wie übel habt ihr .. bey meinem .. vater, mutter und vielgeliebten brüdern gethan volksb. v. geh. Siegfried 64 neudr.; meinem vielgeliebten bruder Jeronymo 4, 248; diese beide .. meine vielgeliebte und geehrte herren schwägere und gevattern insomnis cura parentum 7 neudr.; meinen vater, ihren vielgeliebten eheherrn lebensläufe (1778) 1, 254; meinen vielgeliebten herrn patron (1814) 4, 286; an werthgeschätzte vielgeliebte personen IV 32, 150 Weim.; seinen vielgeliebten zuhörern .. miszfällig zu werden 13, 18;
freiere anwendung: (ich griff) nach den vielgeliebten gewelkten pflaumen 21, 22 Weim.; o die vielgeliebten, schwebenden webenden wolken (1901) 1, 220; flachs oder lein, wird sonsten genannt der weiber vielgeliebter märtyrer frauenz.-lex. (1715) 545 (vgl. unten vielgeplagt).
auf örtliches bezogen: so habe ich mich um niemand anders, als mein vielgeliebtes deutsches vaterland bekümmert über die ehe (1774) 224; schlenderte .. wieder auf den vielgeliebten platz III 1, 221
Weim.; nach seinem vielgeliebten Tegel I 10, 179 Werner;
das part. allein, wie der geliebte, die geliebte, besonders im engeren sinne: dasz sie jhren buhlschafften und vielgeliebten so frembde heidnische nahmen geben teutsch. sprach ehren kranz (1644) 63; sie folgte, den bogen in ihrer hand, dem vielgeliebten zur schlacht 279ᵃ Bohtz; mit seiner vielgeliebten 21, 86 Weim.;
das pron. poss. in volksthümlicher weise nachgestellt:
verbal: den noch immer vielgeliebten erz. schr. 20, 26.
vielgeliebt, von vielen geliebt: die vielgeliebte, vielumworbene tochter gesch. v. Dänemark 2, 380; Dankmar war, sonst vielgeliebt, selbst eher kalt gegen die frauen ritter v. geiste 2, 249; einen so vielliebenden und vielgeliebten helden (Wilhelm Meister) kl. schriften 1, 678;
dem sinne von vielbeliebt nahe: einem vielgeliebten wundarzt (1892) 9, 28.
eigenthümlich in der folgenden stelle, adverbial und gesteigert, im sinne von viel lieber: wer ist der ungehewr, wellicher zu sommerszeit im groszen durst nicht vielgeliebter ein guten trunck .. wirdt .. einnemmen grewel d. verw. (1610) 625. —
ihr vielgeliebtes par, die jhr die enge strasze
... solt gehen
teutsche poemata 68 neudr.;
wenn, vielgeliebter freund! dein diener wissen könt'
teutsche ged. (1766) 166.
(gott wollte) in seinem vielgeliebten sohn
das antlitz zu uns neigen
kirchenlied 3, 33.
da steh ich schon,
des chaos vielgeliebter sohn
Weim.;
15, 154 hand in hand
mit einem theuren vielgeliebten sohn
der jugend rosenbahn zurück zu eilen
5, 74;
nun! wohl
bekomm' es meinen vielgeliebten gästen
13, 84.
da ich regier Bavariam,
mein vilgeliebtes patriam
lieder a. d. winterkönig 211 Wolkan;
zu den vielgeliebten stellen
zeugen himmlischer vergnügen
Weim.;
1, 51 wenn um die vielgeliebte ecke
.. der schritt mich trägt
Hempel.
2, 43 zwei mädchen suchen
mit angst und sorgen,
die vielgeliebten
zurück zu finden
11, 307;
ostwind! geh zur vielgeliebten, sag ihr
(1867) 5, 274.
Jesu vielgeliebter mein
trutznacht. (1649) 101;
das wird sich bei dir ändern,
du vielgeliebte mein
Elster.
1, 84 da habt ihr in der breite gleich gewonnen,
ihr seid ein vielgeliebter mann
Weim.
14, 11
Franz Maximilian graf zu Mansfeld hiesz der vielgelobte in der fruchtbringenden gesellschaft neuspr. palmb. (1668) 439. —
oft erwähnt, genannt (durch den autor), sehr häufig in älterer sprache, vgl.
↗vielbemeldet, -ermeldet: auff dem vil gemelten lustplatz 1, 237 lit. ver.; ich solte meine zuflucht zu dem vielgemelten pfarrer nemen Simpl. 94 neudr.;
—
viel-gemelts hern befæl
schnuͦr-richtig seint on fæl
psalmen 68 neudr.
übertragen: die vielgenährte, aber höchst unbegründete annahme völkerk. (1885) 2, 226. —
(vgl. vielernannt, -ernennt, -benennt, -benannt, saepe dictus), oft erwähnt (besonders in der schrift, durch den autor): die drei dörfer vielgenant rechtsalt. ⁴ 1, 503; gegen offt und vielgenanter (vgl. oben II 2, q, γ) jetziger unzucht hosenteufel 19 neudr.; vielgenanter bürgermeister und rath zu Nürmberg histor. proc. juris (1600) 546; in der neueren sprache mit nachdrücklicherem sinne, wenn es nicht rückweisend gebraucht wird: ein .. wegen seiner talente vielgenannter polizeibeamter erz. schriften 5, 81; die vielgenannten örtlichkeiten .., deren namen uns allen aus der ersten schulzeit so erinnerlich sind (1892) 1, 25; die ehemals vielgenannte, jetzt herabgekommene veste Welsberg drei sommer in Tirol 2, 129; sein name war damals schon ein vielgenannter (1899) 1, 161; vgl. vielbesucht. —
vielerfahren (s. genieten 5 th. 4, 1. 2 sp. 3470): des gedultigsten
und vilgenietesten helds Ulyssis Odyssea (1537) vorrede 2. —
der vielgeplagte Hiob schriften (1663) 232;
(lein ist der weiber märtyrer, s. unter vielgeliebt);
—
der viel-geplagte lein
der musz, der kan mir auch anstat der seiden seyn
sinngedichte 56 lit. ver.;
o dasz sie freundlich mir und zarten herzens
dem vielgeplagten (Odysseus) doch begegnen möchten
Weim.
10, 102
dem von aller hohen tugenden gemüthern vielgepriesenen allgemeinen nutzen teutscher secret. 2, );( 3ᵃ; über einer andern viel- und zuvielgepriesenen (schrift) 24, 228; das liebreizende vielgepriesene land unten schlug die schleier zurück (1864) 2, 242; in der neueren sprache besonders oft ironisch (wie vielgerühmt) in dem sinne 'zu unrecht gepriesen'. die vielgepriesne preszfreiheit. —
vielfach erprobt: alle vielgeprüfte, wohlbestandene männer 12, 231;
besonders im engeren sinne, durch miszgeschick, leiden versucht: ein vielgeprüfter dulder, vielgeprüftes volk, land u. s. w.; freier: könig Friedrich Wilhelm's vielgeprüftes leben deutsche gesch. 4, 724; scherzhaft: sollte der vielgeprüfte wagen seine insassen noch bis in die heimath liefern erz. schriften 24, 48. —
dem königlichen willen steht ein treuer,
ein vielgeprüfter diener kühn zur seite
(1835) 409.
ein vielgereiseter mann Campe; mein theuerster, viel gereister und reisender IV 41, 102 Weim.; die raschheit .. zeigte den vielgereisten Fontane I 4, 359;
—
ich bin der wohlbekannte sänger,
der vielgereiste rattenfänger
Weim.
1, 183 so wie der vielgereiste kranich pflegt
Ariosts ras. Roland 1, 49.
Christian Adolf herzog zu Holstein heiszt in der fruchtbringenden gesellschaft der vielgerühmte neuspr. teutsch. palmb. (1668) 355; des .. edlen Teutschen vielgerühmte freiheit friedens sieg 67 neudr.; da ist ein vielgerühmter weg, an dessen beiden seiten alte rüstern stehen (1890) 7, 377; in der heutigen sprache besonders oft in dem sinne von 'zu unrecht sehr gerühmt' (vgl. vielgepriesen): das war also die vielgerühmte behaglichkeit des familienlebens Grabenhäger 1, 301. —
bis vielgeschaukelt ihn, doch spät genug,
der woge gunst an gastlich ufer trug
Weim.
15, 159
des vielgeschundenen und geplagten landmanns naturgeschichte d. volkes (1851) 2, 57. —
es strebt die kunst in vielgespaltnen strahlen
d. museum 4, 90;
ihr altes vielgespieltes spiel
(1854) 4, 75; eine vielgespielte sonate; vielgespieltes klavier. —
dem sinne nach mit dem folgenden wort übereinstimmend, über gestalt vgl. th. 4, 1, 2 sp. 4177; vielgestalt erhält sich in gehobener sprache bis in die gegenwart: vor .. so vielgestalten fallstricken des teufels denkw. (1878) 144; der unbeständige, vielformige, vielgestalte Polypragmon deutscher Dädalus (1675) 1, 934; lieszen eine reiche und vielgestalte entwickelung zu Mozart (1856) 1, 260;
—
den reiz, den vielgestalten,
der auf breite straszen führt
Cotta.
3, 19
die wirklichkeit hat nur eine gestalt, die hoffnung ist vielgestaltet gespräche 3, 138 Biedermann; die bildsamkeit dieser vielgestalteten dichtart (1846) 4, 38; bewegtere, vielgestaltete gruppen (1832) 10, 2, 439;
anklingend aber ganz anders gebildet, vieler wie in vielerlei, -hand:
—
auf groszen und auf kleinen brucken
stehn vielgestaltete Nepomucken
Weim.
2, 209 auch ob du viler gstalten wein
den gesten soltest schencken ein
Grobian. 1762 neudr.
in der sprache der gegenwart gewöhnlich mit dem eingeschränkten sinne, in dem auch gesucht gebraucht wird: ein vielgesuchter arzt, rechtsanwalt, gesangslehrer, einer der viel zuspruch hat; er war einst ein vielgesuchter rechtsanwalt der hauptstadt gewesen (1886) 4, 130; im ungebundenen gebrauch: ich sehe, ich bin der vielgesuchte ritter v. geiste 2, 140; von vielen aufgesucht: (forstacademie,) welche seitdem einen vielgesuchten centralpunkt forstlichen wissens in Deutschland gebildet hat gesch. des waldeigenthums 2, 384. —
der vielgetheilten welt deutsch. Dädalus (1675) 1, 179; bei einer vielgetheilten nation, wie die unsrige ist 24, 366; ein kelch der calendel, welcher in der systematischen beschreibung als einfach und vielgetheilt aufgeführt wird II 6, 43 Weim.;
freier: eine vielgetheilte, vielfordernde künstlernatur 3, 63 Cotta; zu den beiden ... vielgetheilten kriegen ... noch ein dritter röm. gesch. 2, 366. —
segen, der sonst vielen
ist vielgetheilt verliehen
(1867) 4, 38;
unsre deutsche, confessionelle wie politische vielgetrenntheit briefe über Gutzkows ritter v. geiste 50. —
gewöhnlich in dem sinne 'einer der durch ausüben irgendeiner thätigkeit sich fertigkeit und erfahrung erworben hat', auch von kräften und von kraftausübendem (vgl.
↗geübt th. 4, 3, 1, 4614): uff yeder gattung
ein vilgeübter gewonlich besser ist dann ein anvaher spiegel d. waren rhet. (1493) j 5ᶜ; Seb. Beer hiesz der vielgeübte in der fruchtbringenden gesellschaft neuspr. palmbaum (1668) 398; seines alten vielgeübten körpers 17, 28; mit starkem und vielgeübten flügel (1845) 7, 340; die vielgeübte hand (1901) 14, 161; die vielgeübte phantasie 1, 126.
nicht isoliert:
die vielgeübte sonate geht immer noch nicht. —
des Isthmus .. vielgeübte kunst (des wagenlenkens)
Schmidt;
2, 31
ungewöhnlich für vielerwähnt: des vielgewehnten gewesenen königes engl. com. u. trag. (1624) F f 6ᵃ. —
wie es scheint, erst von Voss gebildet (πολύτροπος):
später setzt er vielgewandt dafür ein; bei vielgewandert hat Voss an den bereicherten sinn von gewandert gedacht: gewandert und dadurch klug und erfahren; s. gewandert th. 4, 1, 3, 5290 und vgl. bewandert; dieser nebensinn ist bei gewandert in der sprache der gegenwart nicht mehr vorhanden:
des .. vielgewanderten, ich weisz nicht ob auch wohlbewanderten wegweisers gesch. der d. dichtung (1853) 1, 15; diese vielgewanderten stoffe litt. gesch. ⁷ 130. —
sage mir, muse, die thaten des vielgewanderten mannes
Odyssee 1, 1 Bernays;
des organisten berühmter
vielgewanderter sohn
ged. (1802) 1, 264;
ich bin ein vielgewanderter mann,
ich habe gelernt, was man lernen kann
(1890) 1, 201;
gewöhnlich in dem sinne des ganz zum adj. gewordenen gewandt, geschickt, doch unter anlehnung an πολύτροπος mit betonung der in verschiedensten richtungen sich erweisenden, bald so, bald so sich bewährenden geschicklichkeit; der zweite theil wird gesteigert; Campe verzeichnet vielgewandt als neubildung: als den vielgewandtesten den Odysseus Platons werke 2, 299; die Franzosen erscheinen zwar gleichfalls als vielgewandt und thätig (1832) 10, 1, 346;
von unpersönlichem: von ... einer so feinen vielgewandten denkart, wie Augustinus war 18, 361;
die vorstellung des geschicktseins tritt zurück, die des mannigfaltig sich erweisenden hervor: eine so vielgewandte idee (der nemesis), dasz sie im deutschen schwerlich durch ein wort ausgedrückt werden könnte 15, 395;
—
Maja's sohn, du bote der götter, schlauer
vielgewandter, beredter gott
29, 149;
melde den mann mir, muse, den vielgewandten
Odyssee 1, 1 (vgl. vielgewandert);
dann ist der vielgewandte sänger
gelegentlich ein mädchenfänger
Weim.;
1, 183 dir vielgewandtem musz ich's sagen
15, 299;
ihn umgeben seine ritter,
männer, vielgewandt im krieg
Hempel.
1, 15 mit schlauem sinn und vielgewandter list
(1835) 171.
vielgewandt, tiefströmend ergosz sich der lebende wohllaut
ged. (1802) 1, 205.
in dem eben belegten sinne: durch seine verschiedenheit von nationen, durch seine vielgewandtheit von sitten und künsten 13, 39. dagegen in dem gewöhnlichen sinne von gewandt: schlauheit, vielgewandtheit Dorier 2, 415. —
ein vielgewendeter rock. im wortspiel für vielgewandt bei Nietzsche (5, 319); vgl. zeitschr. f. d. wortforschung 15, 143. —
vgl.
↗gewogen, zugethan th. 4, 1, 3, 6445 ff.:
—
huldvoll, unsrer heimath vielgewogen
Äschylus (1841) 205.
der vielgewundene (Olympos) krit. bl. (1828) 1, 99, vgl. vielgebogen;
—
strömst düster du bergab durch vielgewundne
gebirgeskammern
moderne dichtercharaktere (1885) anh. 11.
im älteren neuhd.: verhinderte ine alwege an der villgewunschten haimkunfft Odyssea (1537) 1ᵇ;
—
o wan, wan wird erscheinen
der vilgewünschte tag
güld. tugendbuch (1649) 254.
auf dem obersten gipfel des vielgezackten Olympos
Bohtz (πολυδειράδος A 499);
192ᵃ die ungeheure, vielgezackte bergkette
(1824) 5, 26;
einer roten vielgezackten fahne
I 2, 433;
die vielgezackte, kuppelreiche Marcuskirche
—
II 12, 322.
(ältere sprache): das vielgezierte blumwerk ist nicht auf den hohen seulen, ... zu sehen frauenz. gesprechsp. (1641) 4, 364. —
bedeutung ..., die wir dem vielmiszbrauchten worte geben können mikrokosmus 1, 70. —
der edlen, ehrenreichen, vieltugendbegabten jungfrauen neuer deutscher Parnasz (1652) 37. —
einen kleinen aufsatz über diesen vielüberdachten gegenstand gesch. d. d. dichtung (1853) 5, 432. —
gab den vielumgetriebenen gebeinen ihre alte stätte wieder ebenso vielumhergetrieben. —
(1876) 11, 234,
der .. herr des vielumstrittenen ländchens Elster; in der sprache der gegenwart viel gebraucht im übertragenen sinne: eine vielumstrittene stelle, vielumstrittener satz u. ä. —
7, 6 die vielumworbene fürstin
Od. 14, 770 (πολυμνήστη βασίλεια);
sie war eine glänzende, vielumworbene erscheinung
auch vom manne, in freierer anwendung:
(1892) 1, 127;
ein vielumworbener künstler.
—
das unsichtbare, vielverschriene, vielverachtete band, welches die völker des südens von Deutschland zusammenhielt verm. schriften (1812) 1, 221. —
des neueingerichten und vielverbesserten abentheuerlichen Simplicissimi ... schlusz Simpl. 465 neudr. —
weil jenes vielverbreitete asp in den alten geschlechtsnamen vorkommt
(1846) 8, 260. —
wie das jetzt gewöhnlichere hochverehrt als ausdruck der verehrung, achtung, höflichkeit: indem ich zugleich geziemend bitte anliegendes den vielverehrten gliedern des museums bescheidentlich zu überreichen IV 32, 30; in ungebundener anwendung:
—
wo ist der alte? dasz ich ihn sehe,
das theure haupt, das vielverehrte
I 10, 55.
das gerüchte desz ankommenden vielverhoffeten
friedens d. friedej. Teutschland (1653) 49. —
zum adj.; zuletzt aber geht es ihm, wie manchem vielvermessenem dachdecker Pathmos (1677) 25. —
zum adj., von Campe verzeichnet: so verläszt jenen nie ... seine vielverschlagenheit 17, 7. —
sehr viel gebraucht, besonders in bildern und in übertragung: vielverschlungene fäden, irrgänge der staatskunst; eine vielverschlungene handlung, vielverschlungenes intriguenspiel u. s. w.; (da) die organisation ein vielverschlungener kreis ist 13, 278; durch einen dunklen, vielverschlungenen wald 12, 56 Werner;
—
lieblich dreht die mädchen der tanz
vielverschlungen und willig
ged. (1802) 5, 175;
entziffernd leicht den vielverschlungnen stempel
Weim.;
13, 1, 100 doch wer vermag dem herzen zu gebieten,
des innern denkens vielverschlungnem strome
(1846) 9, 213;
die schwelle jenes vielverschlungnen baus,
in den er euch, den faden reichend, führt
Cotta;
1, 179 denn vielverschlungen knüpft
gewerbe und vermögen unser loos
Hempel;
14, 14 durch labyrinthisch vielverschlungne zimmer
Elster.
1, 89
als die vielversprochene ananas zerlegt wird, ... erweiset sie sich ungenieszbar erz. schriften 7, 97. —
expertus, vill versucht gloss. 218ᵇ; (der in allen) liebeshändeln vielversuchte prinz (1824) 20, 87; alleinherr eines unermeszlichen gebiets und vielversuchter heere 29, 210; griff noch einmal zu den vielversuchten waffen 42, 291; freier: im nackten contrastirt das zarte colorit müsziger ... jugend mit dem, welches alter und vielversuchtes leben geben alte denkmäler 4, 43; saepe tractatus: zu der vielversuchten stelle kl. schriften (1837) 3, 291 anm. —
wünsch indesz aus treuem sinn
eine viel-versüszte ruh
poet. sinnenfrüchte (1677) absond. b. 23.
fürstlichen holsteinischen, wolbestalten und vielvertrauten rahts neuer teutscher Parnasz (1652) 331. —
in dem gleichen sinne wie das kurz vorher gebrauchte nahverwandt:
—
dem vielverwandten gönnt sie herzlich nun
den theil des reichs, der ihrem sohn
vom vater her gebührte
Weim.
11, 5 in seine vielverwobnen gänge
nimmt jetzt der wald die pilger auf
ged. 1, 244 Schmidt-Hartmann.
in der sprache der gegenwart sehr oft gebraucht, und zwar mit vorliebe in bildlicher und übertragener anwendung: vielverzweigte thätigkeit, verschwörung, verwicklung, familie, ein vielverzweigtes system, netz (z. b. eisenbahnen) u. s. w.: eine vielverzweigte familie 42, 1, 6 Weim.; (dasz die larven) auszer dem vielverzweigten theatergebrauch, auch als amulette .. gebraucht wurden kl. schriften (1837) 2, 366; er hat ein vielverzweigtes, bedeutendes leben geführt briefw. u. tageb. (1873) 3, 188; die lange vielverzweigte bahn seiner studien Mozart (1856) 1, 617; das blut lief wie ein vielverzweigtes rinnlein ihm durch die finger (1896) 5, 174. —
all dies wirre bilderwesen
all des herzens eitle sorge,
vielzerteiltes tun und denken
Göschen.
1, 29 4)
wie die unter 3 behandelten zusammensetzungen von viel mit dem partic. praeteriti gehören wesentlich der neuhochd. zeit an die zusammenbildungen von viel und -ig mit substantiven. da auch von substantiven schwache partic. praet. gebildet werden, vor die viel tritt, so entstehen concurrierende bildungen (vielgezahnt neben vielzahnig, -zähnig, vgl. oben sp. 158). aus dem ahd. sind als äuszerlich übereinstimmend anzuführen vilukôsig, linguosus, loquax ( 4, 506), viluvrêchtig, emeritus (3, 818); filusprâchig, loquax (6, 388), viluvrâzig, gulosus (1, 531); von diesen ist viluvrêchtig nur eine verstärkung von vrêchtig, gehört also einem ganz andern typus an (s. unten 5); vilukôsig ist wohl eher von kôsôn als von kôsa, f. abgeleitet, der verbale sinn ist deutlich; es liegt hier wirkliche zusammenbildung vor; zusammenbildungen, deren grundwort ein verbum ist, sind auch der späteren sprache nicht fremd. vilufrâzig und vilusprâchig sind nicht direkt vom verbum abgeleitet, weil dann der vokal des praesens zu erwarten wäre (viluvrezzig 1, 531). viluvrâzig könnte wie viluvrêhtig als verstärkung zu vrâzig, mhd. vræzec aufgefaszt werden, gehört aber eher zu viluvrâz; vilusprâchig ist weiterbildung des älteren vilusprâchi ( 6, 387), da ja auch sonst die alten a- und -ja - bildungen durch -ig - ableitungen verdrängt werden, vgl. nhd. gesprächig zu mhd. gespræche mhd. wb. 2, 2, 537ᵇ, vielfältig für älteres vielfalt, vielfarbig, -färbig für älteres vielfarb. in diesen wörtern liegen eigentlich keine zusammenbildungen vor, wenn auch erneute anlehnung an den typus stattfinden mag; man beachte besonders den unterschied zwischen vielfaltig und vielfältig. Jedenfalls zeigen vilukôsig, -sprâchig, -vrâzig verbale bedeutung, während in der groszen masse der im folgenden gesammelten adjective der zu grunde liegende nominale begriff für den sinn bestimmend ist. aus dem altnord. ist als zusammenbildung anzuführen fjǫlskrúđigr (Eyrb. s. Kap. 50), viele kostbarkeiten besitzend. in der mhd. zeit ist die zusammenbildung mit vil und -ig nicht lebendig, ebenso fehlen sie auszerhalb des hochdeutschen, daher ist wahrscheinlich, dasz die ahd. adjective nachbildungen latein. adjective mit multi- sind. zahlreicher schon treten diese bildungen im älteren neuhochd. auf, die eigentliche blüthezeit dieses typus fällt aber erst in das 17. und 18. Jh., sie erfolgt in leicht erkennbarer anlehnung an die lat. composita mit multi-, die griech. mit πολυ-. besonders hervorzuheben sind die zahllosen naturwissenschaftlichen ausdrücke, die nach den lat.
multi-bildungen geschaffen werden. unter den einfluszreichen schriftstellern ist es besonders Herder, der diese adjectiva liebt und zu ihrer einbürgerung viel beigetragen hat.
das Suffix ist jetzt durchaus -ig (auch als -ich erscheinend, z. b. vielkörnich bei Harsdörffer, als -ing, vielköpfing bei H. Sachs), im 18. Jh. dagegen ist -icht oder -igt noch sehr oft vertreten. viel-, der erste bestandtheil ist durchweg unbestimmter zahlbegriff; die hier behandelten adjectiva schlieszen sich also mit denjenigen, die bestimmte zahlen als ersten bestandtheil enthalten, zu einer gruppe zusammen (zweiköpfig, vielköpfig). gewöhnlich ist der zweite bestandtheil ein substantivum, und das ganze bezeichnet zunächst ein vielfach haben, vielfach vorhandensein des zweiten bestandtheils, woraus dann freierer gebrauch sich entwickeln kann. die zusammenbildung ist auch jetzt noch durchaus lebendig, ein f. auf -keit kann überall abgeleitet werden. auch wenn von dem zweiten bestandtheil schon ein adj. auf -ig vorhanden ist, wird gewöhnlich die bildung mit viel- als selbständig vom subst. abgeleitet empfunden, z. b. vielgelenkig, viele gelenke habend, sie bewegend zu gelenk n., nicht zu gelenkig, viellöchrig zu loch, nicht zu löchrig gestellt, vgl. noch vielschartig, vielspitzig, vielstachlig; vielkräftig, viele kräfte habend, entwickelnd gehört zu kraft, nicht zu kräftig. das vom subst. abgeleitete adj. auf -ig kann unter umständen eine ganz ausweichende bedeutung entwickelt haben, vgl. vielartig neben artig, vielstämmig neben stämmig, vielsinnig neben sinnig. in andern fällen stehen sich die beiden bildungen in der bedeutung nahe, wie vielrissig und rissig (vielrissige rinde unten belegt). vielsandig (πολύψαμμος), vielsonnig, vielhaarig, vielbärtig, vielgallig; auch hier liegen zusammenbildungen mit dem substant. vor, es wird bezeichnet, dasz sand, sonne, haar, bart, galle in besonderer fülle vorhanden ist; vielsinnig erweist sich durch seine bedeutung als zusammenbildung mit sinn, nicht als steigerung von sinnig. der ungünstige sinn, der mit vielgeschäftig verbunden wird, die bezeichnung der unruhe in der beschäftigung, kann auch schon in dem einfachen geschäftig angedeutet sein, die zusammensetzung mit viel bringt auch hier keine blosze steigerung, sondern betont die in verschiedene richtungen gehende wirksamkeit. das gleiche verhältnis liegt vor bei vieltätig im verhältnisz zu tätig. bei vielgeschäftig und vieltätig liegt indessen keine zusammenbildung mehr vor, sondern zusammensetzung von viel mit dem adj., dasselbe ist wohl auch bei vielkundig anzunehmen. viel ist hier aber nicht einfach steigernd, sondern die bedeutung betont mehr das multa. eine eigenthümliche bildung ist vielständig, unten aus Harsdörffer belegt, wohl nach vollständig gebildet. eher schon liegt bei der verwendung von vielwertig in moderner sprache (vgl. vollwertig) eine verstärkung des begriffs wertig, werthenthaltend vor, wenn man von vielwertigen stoffen spricht. vielgewaltig, vielgewichtig sind unter 5 aufgeführt, doch stehen sie den zusammenbildungen nahe; s. auch vielgrimmig unter 5.
andrerseits kann auch viel mit dem subst. zu einem subst. zusammengesetzt sein, z. b. stehen nebeneinander vieleck, eckig und vieleckig, auch hier wird vieleckig als von ecke abgeleitet empfunden; vielehe und vielehig sind dem griech. nachgebildet. es kann hier in form und bedeutung eine scheidung eintreten, vielzahlig von zahl, viel zahlen umfassend: eine vielzahlige tabelle, und vielzählig, in groszer zahl vorhanden, vielleicht zu vielzahl gestellt. doch tritt auch sonst differenzierung der bedeutung nach umlaut und nichtumlaut ein, wo keine verbindung zwischen viel und dem ersten bestandtheil besteht; so ist vielspältig jetzt seiner bedeutung nach durchaus von vielspaltig getrennt. von vielmal abgeleitet ist vielmalig.
im allgemeinen ist bei diesen adj. die bedeutung in typischer weise beschränkt, doch können einzelne wörter sich freier entwickeln, vgl. z. b. vielartig, vielgestaltig, auch vielförmig, vielseitig.
die verbindung des viel mit den folgenden beiden bestandtheilen ist fest, obgleich viel in der betonung oft
nicht über die zweite silbe erhoben wird. die zusammenbildung wird zwar als ganzes empfunden, doch verhalten sich auch diese wörter im allgemeinen spröde gegen steigerung (vgl. oben sp. 158), nur adject., die besonders in übertragener und freierer bedeutung viel gebraucht werden wie vielartig, vieldeutig, vielseitig, werden ohne weiteres gesteigert.
der zweite bestandtheil ist ein subst., aber nur selten ein zusammengesetztes, solche adject. klingen schwerfällig: vielsamenlappig, vielstaubfädig, vielausbeutig. der zweite bestandtheil kann das praefix ge vor sich haben (vielgeschäftig, -geschossig u. ä.); neben vielgestaltig und vielgeschäftig finden sich vielstaltig, vielschäftig. vor den zweiten bestandtheil tritt ein mit viel verbundenes hundert oder tausend: vielhundertstimmig, vieltausendjährig.
neben der groszen masse von zusammenbildungen mit dem nomen steht eine kleinere gruppe von adjectiven, bei denen zusammenbildung mit einem verbum stattgefunden hat. auch vom nomen abgeleitete adj. können verbalen sinn annehmen, vgl.
↗vieltätig, vielgeschäftig; vielsichtig ist wohl unmittelbar zu sehen gebildet ( gr. 2, § 347, 2), ebenso vielbedürftig. auch hier zeigt sich oft die bedeutung des in vielen richtungen, in verschiedenen beziehungen wirkenden, des vielerleis dessen, auf das die thätigkeit geht oder das hervorgebracht wird (vgl. z. b. vieldeutig), andrerseits kann auch durch viel nur der begriff der groszen menge bezeichnet werden (z. b. vielfassig, vielfräszig). neben der zusammenbildung kann auch ein einfaches adj. auf -ig stehen, vgl. gläubig neben vielgläubig, weniger differenziert in der bedeutung vielfahrig und fahrig; s. unten vielbeugig, vieldeutig, vielfahrig, vielfassig, vielfräszig, vielfressig, vielgläubig, vielhabig, vielhaltig, viellebig, vielredig, vielschwätzig, vielseufzig, vielwollig.
wie bei den adj. auf -ig finden sich bei den hier behandelten zusammenbildungen umgelautete formen neben unumgelauteten, vgl. deutsche gramm. 2, § 351. die dort aufgestellte vermuthung, dasz in älterer sprache die umgelauteten formen überwiegen, wird durch die belege bestätigt, doch entscheidet sich schwanken nicht durchweg zu gunsten der unumgelauteten form. jüngere bildungen haben überhaupt keinen umlaut, und so hat die heutige sprache viele adjectiva dieser art, bei denen der umlaut immer oder fast immer fehlt: vielfarbig, älter vielfärbig, vielwortig, älter vielwörtig, vielhaarig, älter vielhärig, vielsamig, älter vielsämig; vielgablig, -gestaltig, -kammerig, -kantig, -strahlig, -schluchtig, -wurzlig. bei andern steht die umgelautete form fest oder ist doch die fast ausschlieszlich gebräuchliche: vieltägig, -stündig, -jährig, -köpfig, -füssig, -händig, -schwänzig, vielstöckig. in gleicher anwendung nebeneinander finden sich oft umgelautete und nicht umgelautete wörter wie vielzahnig neben vielzähnig, doch kann differenzierung der bedeutung eintreten, wofür schon vielzahlig, vielzählig und vielspaltig, vielspältig angeführt wurden, vgl. noch vielformig, vielförmig, vielzungig, vielzüngig; bei vielfaltig, vielfältig ist zu scheiden zwischen der erweiterung zu vielfalt, adj. (jetzt nur mit umlaut), und der neueren zusammenbildung zu falte. in wörtern wie vielästig, -knöpfig, -bäuchig, -brüstig, -schnäblig wirkt der umlaut im sprachgefühl wie ein merkmal des plurals, in übereinstimmung mit dem vorhergehenden viel; so erklärt es sich leicht, dasz der zweite bestandtheil auch in deutlicher pluralform aufgenommen wird: vielblätterig, -brüderig, -fächerig (zu fach), -kinderig, -räderig.
als besonderheit ist anzumerken die bildung
die vielköpfigen und vielarmigen götterbilder Indiens Creuzer Symbolik u. Mythologie (1810 ff.) 1, 167; armähnliches an thieren: vielarmige muschelkracken (cirripeden) allg. naturgesch. 5, 506; freierer gebrauch: die grosze, vielarmige insel Celebes Kosmos (1845) 4, 407; eine vielarmige hängelampe ges. schriften (1893) 4, 241; den ertrag seiner vielarmigen und weit zerstreuten kleineren arbeiten Burdach bei kl. schriften 1, V. —
—
—
—
—
—
—
—
—
—
bei Herder, eine zusammenbildung mit -isch, der bedeutung nach aber hierhergehörend: unsern vielorganischen körper mit allen seinen sinnen und gliedern 13, 334 Suphan. —
neben vielherrig: eine vielherrische regierungsverfassung gesch. d. Hohenstaufen 1, 489; vgl. unten vielgöttisch, vielgötterisch. das suffix lich neben ig ist unten bei vielmäszig belegt, vgl. ferner: die vielherrlichen chyren blieben in heiligen liebeswerken nicht saumselig gegen die kirche schriften 30, 205; indem die vortreffliche
vielherrlichkeit es nie zu einer durchgreifenden maszregel gegen das verderblichste kommen lassen ges. schriften 3, 212; der vilkünstlich in allerley künst erfaren künstler Albrecht Thürer chronica (1531) 243ᵃ; viel nur steigernd:
—
aber die vielkünstliche (spinne)
überzieht mit grauem ekel
die silberblätter
Weim. ausgabe.
4, 186
statt des korrekten vielwortig: statt alles vielwörtlichen danckes füge ich nur die bitte hinzu briefe 21, 401 Weim. ausgabe; vgl. unten vielförmlich.
eine eigenthümliche bildung ist vielweserig. — andere zusammenbildungen s. im nächsten abschnitt. — in der folgenden aufzählung sind die bildungen mit -icht, die besonders im 17. u. 18. jh. beliebt sind und dann zurückweichen, nicht immer besonders verzeichnet. fem. auf -keit sind überall bildbar. —
der vielährichte (als gesellschaftsname in der fruchtbringenden Gesellschaft) neuspross. palmbaum (1668) 290. kurzästig und vielährig Schlechtendal flora von Deutschland⁵ 7, 162. —
unter ihren (der ceder) vielarmichten ästen
krit. ausgabe;
2, 158
multi generis, multigenus 1, 40; viele arten unter sich begreifend Adelung; dann aber auch 'von vieler art seiend'. gewöhnlich in der allgemeineren bedeutung: in seinen theilen, in seiner zusammensetzung, seiner art reich oder mannigfaltig gegliedert; oder auch das widerspruchsvolle in der zusammensetzung, bildung kann hervorgehoben werden: dieser baum, in seinem aufstreben gerade, in ästen und zweigen so vielartig und doch sich selbst so harmonisch gebogen 22, 51 Suphan; welch grosze vielartige fabel, und die sich ganz in diesem bilde, in dieser einfältigen fabel (vom sämann im evangelium) zu erschöpfen scheint 31, 219; den vielräumigen kopf, der so vielartigen kram im nu fassen und entwirren konnte antisymb. 2, 124; was müszte da (in Dänemark) nicht all noch stecken, was in Deutschland das vielartige literaturwesen vertrieben hat J. u. briefwechsel 195; auf einen plural bezogen, vielen arten angehörig, von verschiedener art, wesen. dieser gebrauch ist jetzt der gewöhnliche:
in so verschiednen, vielartigen künsten 5, 389 Suphan; hierzu gehörten vielartige und genaue känntnisse 23, 157; menschen mit vielartigen kräften werden immer, die mit einartigen selten verkannt werke 49/51, 449; steigerung: die vielartigsten, zugleich die schwersten kunstwerke des Römers 20, 348 Suphan; kurz, es giebt unterhaltung, die vielartigste, belebteste Pückler briefwechsel u. tageb. (1873 ff.) 3, 267; adverbium:
—
durch vielartige büsch' und wechselnde blumen und anger
ged. (1802) 2, 195;
der böse stern erschien; die krankheit kam;
vielartig raseten die menschen
Suphan;
27, 361
besonders nach der freieren anwendung des adj.: da indessen der menschliche verstand in aller vielartigkeit einheit sucht 13, 255 Suphan; —
von (1691) im register verzeichnet; eine vielästige rispe Campe; dasz er möge ... ein groszer, dicker vielästiger baum seyn schriften (1620) 2, 162; vielästige sonnenblume neuspr. palmbaum (1668) 415; dieser vielästige menschenstamm mit
allen seinen zweigen 13, 249 Suphan; wie samenkörner aus einer vielästigen pflanze 24, 188 Weim.;
ohne umlaut: vielastig und vielzweigig (ein baum) werke (1884) 2, 455. —
und droben leuchtend stand
ein baum voll sterngewimmel
vielästig ausgespannt
werke 7, 204;
teutsch-italiän. dict. (1700) 1, 44ᵇ; Campe; (man kann sagen) vielseitig, doppelherzig, vieläugig umst. lehrgeb. 2, 65; diesem reichen, vieläugigen strengen geiste Titan 1, 23; der schlauen bewältigung des vieläugigen Argos krit. blätter (1828) 1, 241; (es giebt wunderbare menschen) viel-äugigte Anthropodemus plutonicus (1666) 1, 394;
ohne umlaut: sie hat ihr einen gewissen vielaugichten kuhhirten zum wächter gegeben Lucian 2, 37 Wieland (1788). —
vieläugigt mildert er (der himmel) die schatten
verm. ged. (1787) 1, 65.
wie schwankend ist das wort, wie schillerig vieldeutig
und eben dadurch auch wie reich und vielausbeutig
werke (1867 ff.) 8, 38;
sie zerfallen in ... vielbälgige ... wenigbälgige allg. naturgesch. 3, 3, 1960; ein schlauch oder eine vielbalgige capsel 3, 1, 378. —
vielbändige oden unterr. 1, 625 (vgl. bd. 4, 1, 1 sp. 1727 gebende 7); aus vielen bänden bestehend, ein vielbändiges werk Campe. im vielbändigen Shakspeare grönländische prozesse 1, XI; hierzu vielbändigkeit, f.: schriftsteller, obwohl nicht von tieferem werth, doch von einer genugsamen vielbändigkeit kl. bücherschau 2, 70. —
es sind eigentlich vielbäuchige (muskeln) mit nebeneinanderlagerung der bäuche Sömmering vom baue des menschlichen körpers (1839 ff.) 3, 1, 10. —
eine miszgeburt ... vielbeinig erkl. d. Hogarthischen kupferstiche (1794) 4, 123; ist es denn eine wollust, der fusz des trägen vielbeinigten thiers republik zu sein Fiesko 1, 7. —
nach vielen richtungen sich biegend oder biegsam: stengel ... scharfkantig, etwas vielbeugig Röhling Deutschlands flora (1823 ff.) 1, 419. —
(daneben verzeichnet Campe auch vielblattig): foliosus, ... voll blätter, vielblätterig fons lat. (1646) 352; im eigentlichen sinne: aus schlechten anemonen vielblättrige ... zu machen Arminius 1, 1396ᵇ; mit beziehung auf die blätter eines buches: neben der wiege sieht man ... ein vielblättriges buch schriften d. Göthegesellschaft 7, 352; in besonderer anwendung: mit einem vielblätterigen faltenwurf im lahmgespannten gesicht werke 1, 91 Hempel. —
in die andere ordnung stellet er ... die vielblätterichte (hyazinthe) georgica curiosa (1682) 1, 656; papierne blätter: solche vielblätterigte leere gruszbriefe teutsch. secretarius (1656) 1, E e 6ᵃ. —
Campe; näher aber knospete schon die hoffnung vielblumiger lilienstängel gar weislich zwischen rosen vertheilt 25, 46 Weim. ausg. —
schweiz. vilbrüchig appenz. sprachsch. 192ᵇ;
—
Alkuz, der vielbräuchige
Barbier von Bagdad, act I.
übersetzung von polyadelphos, in der botanik, von blüthen, die in mehr als zwei bündet
verwachsen sind: vielbrüderige (pflanzen), in mehrere bündel verwachsen allgem. naturgesch. 3, 3, 6; s. unten vielgeschwister. —
in gestalt der vielbrüstigen Isis Arminius 2, 349ᵃ;
—
schau dort den Nilstrom. bild der belebenden
vielbrüstgen mutter
nach Shaftesbury) 27, 405 Suphan.
(
(vgl. ein-, zweideutig), verbale zusammenbildung: vieldeutig, polysemon, aequivocum, homonymum 310; ein vieldeutiges wort Adelung; du wilst sagen, meine reden seyen tiefsinnig, nachdenklich, eingriffig, vieldeutig und verstandreich gesprechspiele 5, 201; o der erzthoren, die lieber über eine vieldeutige textur von kohlen streiten Lessing³ 13, 30; die sprache der gottheit, des gesetzes, des geistes wurde bei den Ebräern für vielsinnig, vieldeutig gehalten 20, 114 anm. Suphan; der einzige segen, den der schriftsteller seinen vieldeutigen arbeiten mitgeben darf briefe 34, 75 Weim. ausg.; sinnig und vieldeutig Tieck schriften (1828 ff.) 18, 208; jedes echte kunstwerk ist ein geheimnissvolles, vieldeutiges, in gewissem sinn unergründliches symbol tageb. 2, 96; etwas schillerndes und vieldeutiges ges. werke 14, 166;
in besonderer verbindung: Möser, dem das ächte gepräge deutscher natur aufgedrückt war, mit der er die getrenntesten eigenschaften seines vieldeutigen volkes umfaszte gesch. d. d. lichtung (1853) 1, 5; gesteigert: gerade die gangbarsten und ältesten wörter sind oft die vieldeutigsten die deutsche arbeit 5. —
pflicht und ehre!
das sind vieldeutig doppelsinn'ge namen
Wallenst. tod 3, 2;
'eine unglückliche zweydeutigkeit der philosophen über den letzten endzweck gottes ...' sie wird nun durch folgende vieldeutigkeit auf einmal gehoben rezensionen 175 (D L D 128); so rächte sich die vieldeutigkeit des lebens an ihm zu empfindlich schriften 18, 348; —
(s. unten vieleck und oben die einleitenden bemerkungen, ferner zeitschr. f. d. wortf. 14, beiheft 53): vieleckig, der vil eck oder winckel hat, multangulus 448ᵈ; vieleckig, multangulus, poligonus 400ᶜ; 'viele, d. i. mehr als vier, ecken und linien habend' Adelung; vieleckig Campe; in der fläche, besonders von geometrischen figuren: ob nun gleich ein vieleckiger cirkel und ein gradliniger kreisbogen ebensosehr diesem satze widerstreitet Hegel werke (1832 ff.) 6, 239; die alten, vieleckigen kleinen glasscheiben werke (1901) 14, 303; in entsprechender anwendung dann in der dritten dimension; Campe bemerkt, dasz man bei pflanzen einen vieleckigen stengel (multangularis) besser als vielkantig bezeichnet: dem neuen continent ist eigenthümlich die kaktusform, bald kugelförmig, bald gegliedert, bald in hohen vieleckigen säulen ... aufrecht stehend Göthe abth. II, 7, 97 Weim. ausgabe; das vieleckige, in wunderlichen spitzbogen gewölbte gemach werke (1890) 5, 362; die gürtelthiere ... sind ... mit einem panzer von ... vieleckigen täfelchen bedeckt naturgesch. 7, 862; hinter seinen (des parks) vieleckigen einfassungsmauern ges. schriften (1893) 6, 252. übertragen: alles kleinliche ... schmilzt mir ... in seinen vieleckigen widerwärtigkeiten zusammen Göthes briefw. mit einem kinde 3, 116. —
vieleckigt, angulosus fons latin. (1646) 57; vieleckicht, multangulus 1, 315; die vieleckichte figur 6, 296 Suphan; einen ... vieleckigten ring Lucian 3, 377 Wieland. —
die vilecketen (figuren) unterweysung d. messung (1525) F 3ᵇ; vielecket, unnd allerley formbs grewel d. verwüstung (1610) 511; vieleckte .. partien allg. d. bibl. 97, 317. —
(s. unten vielehe und oben die einleitenden bemerkungen), übersetzung von polygam. die blüthen vielehig Röhling Deutschlands flora (1823 ff.) 2, 244;
hierzu vielehigkeit: alle übrigen (thiere) sind der vielehigkeit zugethan Brehm thierleben (1890 ff.) 1, 30. —
ein hirsch ... erfreut sich ... über seine starcke und vielendiche hörner Harsdörffer gesprechspiele² 2, 85. hierzu vielendigkeit: nur entmannte hirschen setzen, das alte gehörn nicht abwerfend, keine gröszere vielendigkeit mehr an 45/47, 23 Hempel. —
(zu fach, n.): eine vielfächerige kapsel, 'in der pflanzenlehre, welche viele fächer hat (multilocularis)' Campe; wird zur vielfächerigen beere sämtl. schriften 4, 349; ein vielfächeriges prunkgestelle briefe 31, 4 Weim. ausgabe. —
wie das vorhergehende: ein vielfachiges büchergestell; ein ganz anders gebildetes vielfachig wird unten angeführt. —
vielfädig, polymitus 2, 319ᵃ; die vielfädigen armkracken sind ... mikroskopische thierchen allg. naturgesch. 5, 524; vielfädige (blüthenpflanzen) ... 20 und mehr staubfäden auf dem stiel 3, 5. vielfadig: ich fühle das schändliche dieses vielfadigen ... betrugs allg. d. bibl. 117, 253. —
es ist der rüde, elementare kampf zwischen der alten beständigkeit und der modernen vielfahrigkeit das sünderglöckel (1904) 210. —
im entwickelten nhd. sind umgelautete und nicht umgelautete form zu trennen. letztere wird auf falte bezogen und ist eine typische zusammenbildung (vielfaltiger mantel), vielfältig dagegen wird in diesem sinne nicht gebraucht, sondern bedeutet besonders mehrfaches wiederholtsein, wiederholt, häufig u. ä. Dieses vielfältig kann in älterer sprache auch ohne umlaut erscheinen, ist aber keine zusammenbildung von viel und -ig mit dem subst. (oder verbum), sondern eine erweiterung des älteren adj. vielfalt (s. dieses unten), ebenso wie mannigfaltig zu mannigfalt. die adj. einfalt und mannigfalt sind schon altgermanisch, die verbreitung von vielfältig fällt in neuere zeit und steht unter dem einflusz von lat. multiplex. die von Diefenbach benutzten glossare übersetzen multiplex meist noch mit mannigfalt, -faltig. multiplex, vielfeltig gloss. 371ᵃ; mit beziehung auf falte: plaga, plagula, ein groszer vielfeltiger schleyer nov. dict. genus (1540) 35ᵃ; vielfaltig, das vil falten hat, von mancherley gestalten unnd weysen, multiplex, varius 448ᵈ; vielfältig, vielfach, mancherley deutsch-ital. dict. (1678) 1137ᵃ; mannigfaltig, vielfaltig, multiplex, multifarius, diversus 431; vielfälltig, multiplex 1, 368; 2, 400ᶜ; vielfältig Adelung; Campe trennt vielfaltig, viele falten habend, werfend, und vielfältig, 'viele mahl genommen'.
das wort, das in moderner sprache zurücktritt, kommt meist in attributiver oder adverbialer anwendung vor (vgl. vielfach).
1)
in der grundbedeutung ist wesentlich das vielmalige vorhandensein, das vielmalige wiederholtsein. damit verbindet sich aber bald die vorstellung der abwechslung, veränderung bei der wiederholung oder vermehrung. während verschieden in seiner anwendung seine bedeutung ganz verlieren kann (verschiedene male hab' ich gehört), wird bei vielfältig im gebrauch oft grade die verschiedenheit betont, doch braucht eine klare vorstellung überhaupt nicht vorzuliegen. Adelung berücksichtigt diese färbung des sinnes nicht: vielfältig, adj. u. adv., welches mit dem vorigen (vielfach) eigentlich gleich bedeutend ist. vielfältige frucht bringen. am üblichsten ist es figürlich für oftmahlig, häufig. auf vielfältiges bitten. Campe übernimmt diese bestimmungen. doch ist, wie die belege zeigen, der übergang alt, wenn auch in den einzelnen fällen oft die deutlichkeit der vorstellung fehlt.
2)
quotuplex, wie vilfeltig gloss. 481ᶜ; wie vielfälltig, quotuplex 1, 368; vgl. vielfältigen, multiplicare; so besonders das adv. (über dessen gebrauch s. unten): es ist niemand, der ein haus verlesset, oder eltern, oder brüder, oder weib, oder kind, umb des reich gottes willen, der es nicht vielfeltig wider emphahe Luc. 18, 39 (saei ni andnimai managfalþ
Wulfila); bat got wolt jm solcher eer vilfeltig vergelten Odyssea (1537) 61ᵇ; tragt siebenfältig und mehrfältig, so vielfältig als es eurem eigenthümer nützlich und selig ist lebensläufe (1778) 2, 618; o vilfaltig selig seind die dasigen kriechen (die vor Troja gefallen sind) Od. 22ᵃ; ändlich aber, nahch-däm si ihr versähen vihl-fältig erstattet hatte adriat. Ros. 14 neudr.; die mitlauter so vielfältig einzuteilen rechtschreibung 18; das den werth des meinigen vielfältig überstieg insel Felsenburg 43, 8 Ullrich; die blüthe ist vielfältig ... zehnzählig (vielmal zu 10 blättern) allg. naturgesch. 3, 3, 1914; s. weiter unter 7. das adj. im gegensatz zu einfach oder bestimmt-mehrfach, zu einmal vorhandenem oder bestimmt-mehrfach vorhandenem; darumb sol got billich und natürlich in der ainikait höher steen uber menschliche natur, die ainig ist im geslächt aber vilfeltig in der zal tewtsche theologey (1852) 54; unter den fischen haben ettliche vilfaltige, ettliche aber zwifache ohrwangen Plinius (1565) 348; unnd ein jeglichs simplex, wie dasselbig ist an jhm selbst, das wirdt durch die kunst in vilfeltig wesen gebracht (1616) 1, 257 B; wan gott der allmächtig dich eintzigen menschen duppel unnd vilfältig machen wolte güldenes tugendbuch (1649) 497; das geschlechte der nenwörter ist einfältig, oder vielfaltig ... das vielfältige ist entweder zweyerley, oder allerley deutscher sprachlehre entwurf (1641) 34;
3)
nach dieser bedeutung nun in allgemeiner anwendung, vielfach, vielmalig, oft wiederholt u. ä. vom echo: unversehnlichem klapff, den mir echo durch vielfältige verdoppelung grausamer machte Simpl. 18 neudruck; die öde stille des groszen hauses gab in vielfältigem echo das gepolter der thüren zurück werke 1, 34 (D N L); attributiv beim singular: sie zu trösten und zu erhalten ym glauben ynn solchem vielfeltigen unfal 23, 503 Weim. ausgabe; auff dise vielfeltige vermanung Catonis, beschlosse der rath, man solt Carthago mit krieg angreiffen chron. Germaniae (1538) 13ᵇ; nach vilfeltiger anfechtung chron. v. Kaisheim 115 (lit. ver.); dasz sie seines vielfeltigen abwesens ... halber, manchmal in groszen sorgen stunden Amadis 31 (lit. ver.); mit vielfaltigem sieg wieder dero feinde begnadet schwed. krieg 1 (1648), widm. 6; nachdem ich ... das magnifique wesen zu admiriren vielfältige gelegenheit gehabt insel Felsenburg 9 (D L D); sage herrn Ramler, nebst meinem vielfältigen empfehl ³ 17, 230; die vielfältige theilung des geschlechts derer von Schnuck 1, 52 Boxberger. in besonderer wendung: damen ... als der vielfältige (häufige) gegenstand der gedichte 18, 34 Suphan. prädicativ im sinne von häufig: der stein gattes oder gagates ... ist da vielfeltig weltbuch (1534) 69ᵃ; als sie ein groszen unnd vielfaltigen zeug versamlet (δύναμιν πολυτελῆ καὶ βαρείαν) Polybius (1574) 85; grosze anzahl bezeichnend: vor jrem (der Perser) vilfältigem geschosz undt pfeylen d. teutsch Cicero (1535) 60; auf menge bezogen: die vilfeltig menig weish. 4, 3 (erste bibel, lit. verein, variante); aber zu unserer rechnung ist es nutz, nicht allein diese vielfaltige menge der winden zuzulassen, sondern auch doppel machen bergwerckbuch (1621) 41; menge, grösze bezeichnend: so folget gerne vielfältiger schnee georg. curiosa 3 (1715) 97ᵃ; personen, deren würde ... in vielfältiger ruhe und weniger motion besteht etwas f. alle 2, 69;
ihre vielfältige schönheit, güte, barmhertzigkeit, la molta sua bellezza u. s. w. deutsch.-it. dict. (1678) 1137ᵃ.
so wird das fewer nur gwältiger,
stercker, grausamer und vilfältiger
lit. verein.
16, 442 4)
besonders gern beim infin., die vielmalige wiederholung der handlung bezeichnend; dabei ist zu beachten, dasz die handlung auch immer von andern wiederholt
werden kann; 'von verschiedenen seiten ausgehend', s. unten. sytmal nieman ist, der uf das vielfältig erfordern meister Ulrichs zun sachen reden will deutsche schriften (1828ff.) 1, 125; ich besorg, wenn diser Parmeno jr vilfaltigs schreyen vil hören werd: das er vermerck, das sie geberen wölle (vereor, si clamorem eius hic crebro audiat Hec. 3, 3) Terenz (1539) 121ᵇ; auf sein vielfaltigs flehen und bitten wendunm. 2, 48 lit. verein; durch vielfaltiges widerholen der jenigen lehren insomnis cura parentum 82 neudruck; auf vielfältiges begehren mit kupferstücken geziert friedenssieg 1 neudruck, er gab durch schreyen und pfeiffen vielfältiges bedeuten asiat. Banise 518; der drat ist anfangs ein plumpes wesen, aber durch das vielfältige ziehen wird er subtil etwas f. alle 1, 360; euer vilfältiges wainen wird euch umb das gesicht bringen Judas (1686ff.) 1, 700; welches ihr endlich der mann auf vielfältiges versprechen, widerfahren liesz Ollapatrida d. Fuchsmundi 332 neudruck: nach vielfältigem anschauen und tasten 2, 102 Boxberger; starkes, groszes, vieles:
das ist durch dein
vilfaltig plutverreren
gansz abgestelt
lit. verein.
22, 86 5)
auf einen plural bezogen kann es besonders im älteren nhd. wie vielfach die grosze anzahl bezeichnen und oft durch adjectivisches viel ersetzt werden: item von den vilfeltigen zügen und reysen, so man von christi geburt anno 1100 bisz disz gegenwertig jar 1540 gehabt hat chron. Germ. (1538) 165ᵃ; wie mechtig mancher gewesen, oder wie vilfeltige bundgenossen jm zugesprungen sein Sar. (1571) 94ᵇ dagegen aber soll man widerum die schöszlinge am ende des monds, so sie anders sollen vielfaltige früchte tragen, beschneiden feldbau (1579) 323; wann J. F. G. erweicht wurden durch die vielfältigen schreiben denkwürd. (1878) 151; dasz vielfältige völcker ihre könige für götter verehret, ist gemein Sophonisbe anm. zu vers 366; ihr schreiben von Florenz erhielt ich mit zitternder freude und vielfältigen küssen schriften d. Göthe-Ges. 5, 11; man hat endlich meinen vielfältigen gesuchen, mich in ruhestand zu versetzen, nachgegeben schriften 17, 258;
dagegen in der eigentlichen bedeutung: wegen der vielfältigen wörter, die einen zwiefachen und zweifelhaftigen der rede nach, aber einen richtigen und deutlichen verstand geben, wan sie geschrieben werden d. d. rechtschreibung (1666) )( 3ᵃ.
von wegen vielfaltigen kriegen
welche die bäpst durch ihr betriegen
erregt nun hatten lange zeit
Eulenspiegel 7989 Hauffen;
6)
das adverbium im sinne von vielmal, vielmals (beachte vielfältig mahl, das eigentlich unter 5 aufzuführen wäre, ferner die paarformel oft und vielfältig), häufig wiederholt, oft, in vielen fällen. in neuerer zeit wird vielfach in diesem sinne lieber gebraucht als vielfältig: uber die vilfaltig geschehen warnung von Christo selbst schriften 10 neudruck; habe er seine kinder vielfaltig zur einigkeit vermanet Schwytzer chron. (1606) 173ᵃ; das der herr Christus selbst offt und vielfeltig durch gleichnis und sprichwörter geredet proverb. copia (1601) 1, vorrede 6ᵃ; da man nicht nur auff dasselbige vielfältig gelästert gesichte (1650) 2, 449; wie er sich denn allbereit vielfältig erboten hatte die drei klügsten leute (1675) 5; gleichsam ein schlosz der teutschen keysere, darinn sie vielfältig geruhet der vermehrte donau-strand 29; und kan ichs selbst mit wahrheit bezeigen, dasz mir es vielfältig mahl begegnet ist die gestriegelte rockenphilosophie (1706) 1, 21; Logau läszt vielfältig die geschlechtswörter weg ³7, 354; sie empfiehlt sich ihr und dir vielfältig 18, 209; credit, wird vielfältig durch glaube, in manchen fällen durch borg, ansehen ... bestimmter ausgedruckt Kinderling reinigk. d. d.
sprache (1795) 125; den schöpfer eines künftigen nationaltheaters, nach dem er so vielfältig hatte seufzen hören 21, 47 Weim. ausgabe; ungeachtet der vielfältig angebrachten schleusen s. schriften (1843) 1, 70; mit der sie sich am tage wie am abend vielfältig abgab schriften 4, 254; gott sey vielfältig gelobt, dasz meine liebe frau nicht singen kann theatr. werke 4, 219; auf ausgezeichnet guten vielfältig ausgebesserten chausséen 1, 426 Blumenthal; dasz dieses passagenwerk durchgehends geschmackvoll, interessant und vielfältig sehr ausdrucksvoll ist Mozart 3, 280, anm. 12. im sinne von: in vielen fällen, nach vielen seiten, von vielen seiten her, nach vielen beziehungen; auch kann mehr die verschiedenheit in der mehrfachheit hervorgehoben werden (vgl. unter 7), in verschiedener weise: mich hindern so vil sorg, die mir mein sinn vilfaltig ziehen (tot me inpediunt curae, quae meum animum divorse trahunt Andr. 1, 5) Terenz (1539) 8ᵇ; dasselbig reichlich und vielfaltig wirt mit nutzlichen lehren und vesten beweisungen dargethon Polybius (1574) vorrede 4ᵃ; es auch sonsten vielfaltig bekennet, mit was unterscheide die teutschen allen andern vorgiengen teutsche haubtsprache 22; und was der gleichen vielfältig zu erinnern wäre politischer redner, vorr. 1; und da man dies (das vergangene) auf so viel art erzählen konnte, und anfangs im bedürfnisz worte zu finden es so vielfältig thun muste: so wurden in allen alten sprachen viel praeterita 5, 85 Suphan; für alles das gute zu danken, was sie meinen kindern während ihres aufenthaltes in Berlin reichlich und vielfältig angedeihen lassen briefe 32, 222 Weim. ausgabe; dergleichen gefahr kam oft so schnell und vielfältig, dasz die leute selten ihre gewöhnlichen ruhestunden genieszen konnten s. schriften 1, 116; für musik ist hier ungemein viel empfänglichkeit und sie wird vielfältig ausgeübt Göthejahrbuch 12, 84; der graf vom Strahl, uns vielfältig und von guter hand bekannt Käthchen 1, 1; ein vielfältig bewegtes gesicht (wohl mit bewusztem anklang an falte) 3, 255 Elster; (kleidung) sehr abgetragen und vielfältig geflickt ges. schriften 16, 209;
gesteigert: eine textstelle aus der bibel kann von den theologen nicht vielfältiger besprochen, ausgelegt ... werden briefwechsel u. tageb. 3, 124.
so weisz die kunst vielfältig anzubauen
der fabel, der geschichte reich gefild
Weim. ausgabe;
4, 60 auch herr Jobs gedachte mit seinem vermögen
noch vielfältig zu stiften nutzen und segen
Jobsiade 3, 181;
7)
ebenso kann natürlich im gebrauch des adjectivums die vorstellung der verschiedenheit, des in abweichender weise auseinandergehenden, mannigfaltigen hervortreten, doch zeigen die belege, dasz hier die übergänge oft unmerklich sind und dasz oft überhaupt kein übergewicht für die eine oder andere seite vorhanden ist. ferner ist zu beachten, dasz in dieser anwendung vielfältig im wettbewerb mit mannigfaltig unterliegt.
a)
der sinn von verschieden, andersartig im einzelnen, auseinandergehend in eigenschaften, mannigfaltig tritt bei prädicativer anwendung häufig hervor, doch kann das gewicht auch mehr auf dem gegensatz zu einfach liegen (s. oben 2): gottes würckung erscheint vielfeltig nach gelegenhait unnd verwanndlung des menschen tewtsche theologey (1852) 263; so vielfältig sind die arten, dir seine ehrerbietung zu bezeigen werke 3, 480; und das macht mir das leben so vielfältig und wandlungsreich Anatol (1901) 82;
seint die kinder noch jung und klein,
die sorg klein und vilfeltig sein
lit. verein.
22, 267 b)
ferner, wenn das adj. gesteigert wird, besonders beim superlativ: je vielfacher die verrichtungen und bestimmung der thiere; je zerstreuter ihre aufmerksamkeit auf mehrere gegenstände, je unstäter ihre lebensart,
kurz je gröszer und vielfältiger ihre sphäre ist 5, 23 Suphan; durch die vielfältigsten, sämmtlich miszglückten versuche werke 5, 129; der superlativ im gegensatz zum superlat. von einfach: die einfachste handlung bringt oft den vielfältigsten segen briefwechsel u. tageb. 1, 127.
c)
bezogen auf art, weise, beschaffenheit: wie dann im Grobiano vilfeltiger weisz begryffen schwankbücher 54 lit. verein; ahrten der gedichte, so von vielfältiger beschaffenheit der sachen her-rühren verm. Helicon (1656) 1, 13; ich musz an das vergangene, und in Dresden auf so vielfältige art erhaltene gute zurückdenken briefe 1, 276; sich fremde ideen zuzueignen ... und seine eigenen auf vielfältige weise umzudrehen 45, 204 Weim.;
desgleichen auff vielfeltig arth
den gesten fürgetragen ward
uberaus sehr köstlicher wein
Thedel v. Walmoden 1427 neudruck.
d)
als attribut bei sinnlichen gegenständen und personen: der auserlesenen vilfaltigen blumen grewel d. verwüstung (1610) 903; wegen der zarten rinden, in welche die vielfältige striche und buchstaben leichtlich konten eingeschnitten werden teutsche secretarius 1, a 6ᵇ; in betrachtung vielfältiger narren erznarren 8 neudruck; (im bilde:) in der seele liegt die zukunft in vielfältigen knospen die Günderode 1, 46;
zusammensetzung aus vielen, verschiedenartigen theilen: die silberweiszen schindeldächer des vielfältigen gebäudes leuchten weit hinaus in die gegend Rosegger schriften (1895ff.) 12, 149; mannigfaltigkeit: solte ich nu sein so artliches und vielfeltiges gedicht (die dichtung des H. Sachs im ganzen), deszgleichen ihm keiner nachdichten wird, verwerffen gründlicher bericht 24 neudruck; uneinigkeit der meinung: damit wöllen wir ein andere und gwissere rechnung von den lxx wochen bestättigen, und der andern vilfeltigen köpff verlegen, dann schier niendert die rabbi und theologen so uneins seind, als in diser rechnung chronica 83ᵃ (1531). In besonderer anwendung im gegensatz zu einfältig: die scheinbar einfältigen hatten in sich einen geistigen entwickelungsprozesz durchgemacht, worauf sie ... jene abgerichteten schwätzer und vielfältigen überholten erz. schriften 14, 67.
wer preis't genug des mannes kluge hand,
wenn er aus draht elast'sche federn wand,
vielfält'ge pappen auf die lättchen schlug
Weim.;
16, 136 vielfält'ger nelken, eitler tulpen pracht
139.
e)
vielfältig als attribut zu unsinnlichem tretend, mannigfaltigkeit, verschiedenheit von eigenschaften, beziehungen, wirkungen, verhältnissen u. s. w. bezeichnend, doch oft in naher berührung mit der oben unter 3 bis 5 belegten gebrauchsweise: vilfaltige grosze ergötzlichkeyt feldbau (1579) 135; die schönheit und vielfältige krafft des bernsteins altes Pommerland (1640) buch 1, 4; (er könnte) ausz vielfältiger erfahrung viel gute erinnerung thun schriften 10; nach vielfältiger betrachtung meiner körperlichen und geistigen zustände briefe 23, 313 Weim. ausgabe; (wir) kamen bei so vielfältigem aufenthalt (aufenthalt so verschiedener art) ziemlich spät an bord s. schriften 2, 248; im anblick der vielfältigen verkehrtheit Görres briefe (1858ff.) 3, 108; das erste capitel ... bedarf vor allen vielfältiger berichtigung und erweiterung deutsche gramm. 2, V (1826); als es nur immer im langen und vielfältigen menschenleben vorkommen kann ges. werke 1, 148;
derhalb glaub du einfaltig
der heyligen geschrifft!
so endtrinst du dem gifft
vielfaltiger verwirrung,
rotten, secten und irrung
lit. verein;
1, 342 wo guter wille, kräftig durch verstand
und thätigkeit, vielfältige, zur hand
Weim.;
15, 14 dasz nach des tages
vielfält'gem braus ....
mir diese trauliche eröffnung wird
Boxberger.
16, 279 f)
ebenso beim plural, vgl. oben unter 5, oft in dem abgeblaszten sinn von verschieden, aber in andern fällen mit stärkerer oder geringerer betonung der verschiedenheit: in solchen seinen vilfeltigen gedancken 1, 11 lit. verein; so vielfaltige wörter, gebräuche und sitten hauptsprache 54; ich zweifle nicht, dasz sie bey ihren langen und vielfältigen studien der arbeit gewachsen sind briefe 15, 151 Weim. ausgabe; kaum erwehre ich mich gegen vielfältige anlässe, die mich abziehen wollen von den nothwendigsten schritten 41, 120; Schelling mit uns, wir alle jung und aufstrebend, Novalis-Hardenberg ... diese geister und ihre vielfältigen plane schriften 5, vorwort; auf der andern seite des flusses führt ein sehr angenehmer fuszweg mit vielfältigen aussichten ... nach der groszen Rheinbrücke zurück briefwechsel u. tageb. (1873) 2, 109; der sieg der oligarchie durch waffengewalt hatte ... vielfältige miszvergnügte gemacht röm. gesch. 2, 304 (2. aufl.); schon seine vielfältigen berufsgeschäfte nahmen seine volle thätigkeit in anspruch ges. werke 1, 26;
—
mancherley wolthat,
die gott aus gnad verliehen hat
mit seinen vilfeltigen gaben
lit. verein.
18, 187
(von falte f. neugebildet und darauf bezogen): Clärchen ... zipperte mit dem probst über die gasse, ihr händchen ... traulich um seinen vielfaltigen mantel geschlagen reise (1791) 5, 22; in wamms, vielfaltigen pluderhosen und kurzen, spanischen mänteln ausg. schriften (1824ff.) 33, 186;
umgelautet, im wortspiel mit einfältig: einfältig ... sey dein herz ... nicht wie ein fächer, der vielfältig ist lebensläufe 1 (1778) 338; (von den weibern) sie hätten einen vielfältigen rock und einen einfältigen kopf volksbüchlein 2, 289. —
die lüge sieht er durch die menge hinken
in schillerndem, vielfaltigen talar
moderne dichtercharactere (1885) 274.
zum ersten adj. gebildet.
1)
vielfältigkeit, multiplicitas 2, 400ᶜ; wie die heylig kirch got dancket, das er trostet dye verdruckten und umb dy vilfeltigkeyt der glaubigen die erste deutsche bibel 8, 549, 29 lit. verein; hastu sie (die welt) sich lassen teylen und zuͦtrennen, auff das sie nit (mit?) irer vermeynten weiszheyt inn der vilfeltigkeyt zu schanden würd 10, 2, 478 Weim. ausgabe; wenn unser nachdenken dahin zielet, etwa eine vermengung, vielfältigkeit, versammlung, etc. eines dinges anzudeuten, kan sonderlich das vorwörtlein ge aufgesucht ... werden hauptsprache 95.
2)
vilfaltigkeit, mancherley underscheid, varietas 448ᵈ; vielfältigkeit, varietà deutsch-ital. dict. (1678) 1137ᵇ; vielfaltigkeit, varietas clavis linguae lat. (1716) 318ᵇ; vielfälltigkeit, varietas 1, 369; jhener bekennet und leret altzu eyn grosze eynfelltigkeyt ynn gott (Sabellius), diszer leret altzu eyn grosze vielfelltickeyt. jhener mischet die personen ynn eynander, diszer scheydet die natur von eynander 10, 1, 191 Weim.; darauf gabe er (gott) befehl, dasz die erde herfürbringen sollte allerhand arten von kräutern ... also zwar dasz derselben ... schönheit, vielfältigkeit aller mahler ... wissenschaft weit übertrifft etwas für alle 2, 175; auszer der vielfältigkeit der karaktere Schiller briefe i, 110; in der menge und vielfältigkeit der gerüste Jahn werke (1884ff.) 2, 106; die vielfältigkeit, die unruhe des hauptstädtischen treibens röm. gesch. 5 (1894), 251. —
zum zweiten adj.: der einen thorheit zeigt sich in der vielfaltigkeit ... der andern in faltenloser flachheit physiogn. fragmente 2, 181. —
(veraltet ist jetzt die umgelautete form vielfärbig; s. auch unten vielfarb, vielfarben).
vielfarbig; 'andre sagen ohne noth vielfärbig, und ungut vielfärbigt' Campe; in eigentlichem sinne: man sagt, dasz der pfaw in versamlung vieler anderer vögel ... seine schöne vielfarbige federn ... sehen lassen wendunmuth 3, 248 lit. ver.; als sie im garten die vielfarbigsten tulpen ansahe die drey kl. leute (1675) 10; die Achate, deren vielfarbige flecken den wellen des wassers gleichen 10, 392; jetzt kam ... ein ... chor vielfarbiger schönen 28, 140 Suphan; ferner ist dieses bild (eines sonnenstrahls durch das prisma) nicht weiss, sondern vielfarbig Göthe II 2, 50; (paradiesvögel) mit vielfarbigem golde (goldfarben verschiedenen tons) übergossen sämtl. schriften (1843) 4, 334; vgl.: arabesken aus vielfarbigem golde ges. schriften (1893ff.) 3, 25; vielfarbige steine mit irgend seltsamen zeichnungen herzenserg. (1797) 73;
im superlativ: mit den vielfarbigsten lappen werke (1879) 2, 337. in freier und übertragener anwendung: alles werden, z. b. der frühling, die jugend, der morgen, das lernen geht vielfarbiger und geräumiger auseinander als das feste sein Titan 3, 20; die gegenwart ist so vielfarbig, dasz ihnen jetzt vermutlich die ganze zukunft farblos vorkommen wird ges. werke (1890ff.) 7, 278;
—
fast der blüthe, die nun
fruchtet, und mit vielfarbiger last, den biegsamen zweig krümt
oden (1889) 2, 100;
tiefer sank nun die sonn' und ergosz vielfarbige schimmer
durch das hangende laub
gedichte (1802) 1, 61;
vielfarb'ge träume könnten mit gesängen
ihn, der der inhalt ist von meinem leben,
auf stunden doch aus meiner seele drängen
schriften (1828) 1, 305.
vielfärbig, molticolore teutsch.-ital. dict. (1678) 1137ᵇ; vielfärbig, multicolor 400ᶜ; Adelung verzeichnet nur vielfärbig, nicht vielfarbig, ebenso gr. 2, 731; (das geäder) unentpfindlich, bläterig, blaw, vielfärbig chirurg. bücher u. schrifften (1618) 625 a; einen leibrock ausz einem vielfärbigen güldenen stück 4, 607 Keller; du (der hahn) trägst ja einen solchen schönen vielfärbigen schweiff etwas für alle 2, 140; es (das fell des tigers) ist so vielfärbig als dein gemüth ³ 1, 214; ich erinnere mich noch seit vielen jahren her mit vergnügen eines mannes in einem vielfärbigen wammes verm. schriften (1772) 2, 93; die gegenstände werden von kranken auch manchmal vielfärbig gesehen II 1, 54; der altar war vergoldet und vielfärbig gefasst s. werke (1901) 14, 263;
—
die mürben zähne sind durch schwarzen rost zerbissen,
vielfärbig, wie ihr haar, und wie ihr kleid zerrissen
gedichte (1745) 216.
multicolor, vielfarbigt fons lat. (1646) 213; mit einer vielfarbigten seide gesticket die vernünftigen tadlerinnen 2, 345; gleich einer vielfarbichten abendwolke 2, 393 krit. ausgabe; das vielfarbigte licht der theorie Schlesw. literat. briefe (D L D 30) 329;
—
es decket ihre glieder
ein wiederscheinendes vielfarbigtes gewand
ged. (1745) 76.
der pfaw, indem er seinen spieglichten und vielfärbichten (schwanz) ausbreitet janua 48; man siehet ... mit lust die vielferbigte tulipane altes Pommerland (1640) buch 6, s. 399; und bunt, vielfärbigt sprachk. (1748) 69;
—
ins grüne haar flicht sie vielfärbicht blum-werck ein
auserl. ged. (1697ff.) 1, 262;
innerhalb lief mit nettgefügten vielfärbigten steinen
eben der boden
Noah (1752) 1, 294.
viel-fäselichte wurtzen und blätter wie der flachs georgica curiosa (1682) 1, 509 (s.
↗fasel 2 bd. 3, sp. 1337). —
viel, vieles fassend: das vielfässig weit auszgespant netz die mesz chronica (1531) 522ᵇ. —
'in der wapenkunst, mehr als vier felder habend. ein vielfeldiger schild' Adelung; bis zu vielfeldigen wappen münzkunde und geldgeschichte 69. —
fensterreich, viel fenstricht teutsch-ital. dict. (1700) 1, 359ᵇ; die abtei des heiligen Antonius ... mit ihren weiszen, vielfensterigen mauern schriften (1895ff.) 3, 219. —
meine mannigfaltige sünd und vielfertige ubertrettung Weim. ausgabe; zu fahrt, mal, s. oben th. 3, sp. 1265 unter 10. —
10, 2, 470
zu den monstrosischen (menschen) gehören ... die vielfingerigte anthropodemus plutonicus (1666) 1, 406. —
Fischer schwäb. wb. (2, 1497) belegt vielformig aus dem 15. jh.; Campe verzeichnet nur vielförmig: der vilformigen genad erste bibel (lit. ver.) 1. Petri 4, 10 variante; da werden auch mancherley und vilformig leut und thier gefunden weltb. 139ᵇ; solchs vielförmiges erscheinen ursachet etwas zu philosophieren (1616) 1, 118 C; weil dieses Belials-geschmeisze vielförmicht auszsiehet anthropodemus pluton. (1666) 1, 207; eine kleine bataillon von lauter vielformigten töden Diogenes (1742) 1, 325; wer hat uns mehrere, und angenehmere formen gegeben, als unser Götz? den man den vielförmigen nennen könnte 18, 123 Suphan; eine sammlung vielformiger vasen schriften der Göthe-ges. 14, 86 (Arnim); entsprechend den übrigen zusammenbildungen dieser art ist der eigentliche sinn: viele formen habend, in verschiedenen formen erscheinend (eine pflanze hat vielförmige blätter, ein blatt ist anders gestaltet als das andere). doch kann auch mannigfaltigkeit der gestalt, reiche gliederung, unregelmäszigkeit der form durch das wort bezeichnet werden. in der folgenden stelle ist eine kugel einem vielförmigen körper gegenübergestellt: auf einer kugel, worauf das ganze licht fällt, ist ... nur eine einzige kleine stelle, die dasselbe in seiner ganzen stärke bekommt; also nur ein solches licht: aber auf einem vielförmigen körper sieht man insgemein mehrere lichter theorie d. schönen künste 3, 245; daher gegensatz zu einförmig: die perioden selbst müssen bald kürzer, bald länger, bald einförmig, bald vielförmig seyn 3, 669; in dieser bedeutung scheint die umlautlose form nicht anwendbar. die ... erwartung einer groszen vielförmigkeit (der einwohner Amerikas) 13, 240 Suphan. —
vorax 2, 400ᶜ; 'die fertigkeit besitzend, ungewöhnlich viel speise zu sich zu nehmen'; ein vielfräsziges thier Adelung; ein vielfräsziger mensch ; s. die einleitenden bemerkungen sp. 174. gleich wie dises thier also vilfräsig und unersättlich ist 3, 250 Hauffen; mann helt dafür das ... die paustbacken vielfrässig (sind) janua (1644) 80; aber nunmehr baute ... fast iedermann aus seinem leibe der vielfräszigen verschwendung einen tempel Arminius (1689) 1, 106ᵃ; und daher kömmt's, dasz die pfaffen eine so vielfrässige und so grausame canaille sind s. werke 3, 542 Schüddekopf. —
wann wir einen vielfressigen menschen fragen, wie er sich befinde, nach dem er seine haut voll gefressen und gesoffen hat vollst. küch- u. keller dict. (1716) 351ᵃ;
ahd. vilvrezzig 1, 531; vgl. das vorhergehende wort. —
und bring man doch kaum der gestalt
so viel zuweg, das man erhalt
sich und sein weib: wie auch nit minder
ein hauffen vielfressiger kinder
ausgew. dichtungen 134.
'viele frucht habend, tragend, fruchtbar' Campe; hier ist frucht als kollectivum genommen, anders vielfrüchtig, viele einzelne früchte habend: die
fruchtdoldchen sind vielfrüchtig Schlechtendal flora v. Deutschland⁵ 27, 243. —
blütenschaft vielfurchig flora v. Deutschland ⁵ 20, 5; durch einen vilfurchigen wassergraben schriften III 6, 204. —
in älterer sprache auch ohne umlaut: vilfusziger wurm, multipes voc. v. 1482 Kk 5ᵃ; vilfuͦssig, das vil fuͦsz hat 448ᵈ: viel füszig, multipes 2, 319ᵃ; 1, 534; Campe. die vielfüszige grosze blachfische indian. reisen (1603) 105; an seiner meinung .., wie der vielfüszichte meer-fisch an den mooszichten klippen kleben Arminius 2, 147; wie beinah alles gefürchtet wird, was umherschwirrt, oder fein und vielfüszig daherschreitet 22, 82 Suphan;
in freier anwendung: jener (der Engländer) schafft vielfüszige vergleichungen, dieser (der Franzose) etwan eine antithese lit. nachlasz 4, 51. —
sie wird kommen die vielfüszige,
vielhändige (ἥξει καὶ πολύπους καὶ πολύχειρ Soph. El. 489), die noch lauscht in dunklem hinterhalt
die Erinnys
15, 411;
beim lager sollst du schau'n, wie sich im flintenfeuer
die regimenter drehn, vielfüsz'ge ungeheuer
ges. werke ⁴ 1, 215;
'viele gänge habend'; vielgangiges haus Voss bei Campe; mit umlaut: um eine vielgängige mühle zu treiben s. werke 7, 338 Schüddekopf. —
(s. oben die einleitenden bemerkungen sp. 175): wodurch konnte der elephant das weiseste der thiere werden? durch seine vielgelenkige hand, den rüssel 22, 118 Suphan;
—
um dich (Phöbus) windend den vielgelenkigen strahl (ἀκτῖνα πολύστροφον, hymnus des Mesomedes auf Helios)
lenkst du den güterreichen glanzquell
rings um die ganze erd'
26, 160;
(vgl. unten vielschäftig), als neubildung bei Campe: 'viele geschäfte habend, sehr geschäftig, sich viele geschäfte machend'. schon in geschäftig kann ein ungünstiger sinn liegen, weit mehr ist dies bei vielgeschäftig der fall, durch das gewöhnlich die zerstreute, sich auf- und vordrängende, äuszerlich grosz erscheinende, im einzelnen doch wenig wirkende thätigkeit bezeichnet wird. der einflusz des gr. πολυπράγμων ist nicht zu verkennen. in milderem sinne: in dem bedrängten, vielgeschäftigen tage, in welchem wir uns umherwerfen, kann die stimme dieser frühen dichtkunst nur noch in dunkelm, entferntem laute tönen 6, 71 Suphan; in freier anwendung:
in verschlimmertem sinne: diesem wollen wir entgegen halten die kennzeichen eines vielgeschäfftigen heuchlers frauenz. gesprechspiele 6, 328;
vielgeschäftiger müsziggang. —
(der himmel hat) nicht ihr dürftig land
umgürtet mit dem vielgeschäft'gen ufer,
das seinen eignen segen mit dem reichtum
des fremden schiffers tauscht
Struensee 3, 6.
und in der hohen häupter spahn und streit
sich unberufen, vielgeschäftig drängen
bringt wenig dank
krit. ausgabe;
14, 84
von Campe als neubildung verzeichnet, auch für πολυπραγμοσύνη im ergänzungswb., wie das adj. gewöhnlich in ungünstigem sinne: man sagt sich oft im leben, dasz man die vielgeschäftigkeit, polypragmosyne, vermeiden ... solle 42, 2, 141 Weim. ausgabe; bei aller scheinlichen vielgeschäftigkeit fleckt es doch nicht mit der bewaffnung Jahn werke (1884ff.) 1, 509. vgl. unten vieltätigkeit und vieltuerei. —
multiloquus, locutulejus 2103; der amtmann .. bewies sich auch gegen ihn sehr demüthig und vielgesprächig
6, 77 Boxberger. —
vielgestaltig, multiformis clavis linguae lat. (1716) 318ᵇ; 'eine vielfache gestalt habend, auf vielfache art gestaltet' Campe; die zusammenbildung erfordert als eigentlichen sinn, dasz ein und dasselbe subject mehrere gestalten nach einander, oder bald diese, bald jene hat: mir dünkts gnug, dasz der bei dichtern vielgestaltige Bacchus auch bei den künstlern, auch in seinen tempeln 'in mancherlei gestalt' gewesen sey 3, 65 Suphan; das motiv überhaupt steht vor dem willen als vielgestaltiger Proteus 1, 423 Grisebach; nach mythenart sind alle solche erzählungen immer vielgestaltig kl. schriften 2, 451. wenn aber der begriff, dem das attribut vielgestaltig beigelegt wird, ein zusammengesetztes ist oder als solches vorgestellt werden kann, entwickelt sich bei vielgestaltig wie bei vielförmig (s. dieses) leicht eine andere bedeutung. ist der begriff z. b. ein collectivum mit gleichartigen bestandtheilen, so bezeichnet vielgestaltig, dasz die einzelnen theile verschiedene gestalt haben; ein vielgestaltiges gebirge zeigt mannigfaltigkeit in den einzelnen bergformen; vielgestaltig tritt wie vielförmig in gegensatz zu einförmig und bezeichnet ungleichheit, gegensätze, reichthum, mannigfaltigkeit von theilen, seiten; die übertragung auf unsinnliches tritt leicht ein: sein (Europas) durchschnittenes, vielgestaltiges land 13, 40 Suphan;
ein besonders charakteristisches beispiel: ich komme, und mein lohn mit mir, zu geben jeglichem, wie seine werke seyn werden; dies ist des vielgestaltigen buchs ende und anfang 19, 105 (gemeint ist die offenb. Joh., vielgestaltig bezeichnet die mannigfaltigen aneinander gereihten symbole und bilder). diese bedeutungsentwicklung tritt noch deutlicher hervor, wenn die theile eines ganzen oder die unter einem begriff zusammenzufassenden einzeldinge oder erscheinungen als vielgestaltig bezeichnet werden (man beachte im folgenden besonders die stelle aus Keller): dasz von den vielgestaltigen versteinerungen der Hainberg wie zusammengesetzt sei 35, 98 Weim. ausgabe; in der bunten reihe der vielgestaltigen gäste (masken) ges. werke (1910) 2, 233; die hohen, vielgestaltigen berge schriften (1895ff.) 5, 246. die vorstellung des wandels der gestalten und des nebeneinanderseins verschiedener gestalten können sich in vielgestaltig vereinigen; bei der vielgestaltigen menschheit 18, 249 Suphan; die vielgestaltige zukunft 34, 40 Hempel;
—
der alten Volsker
vielgestaltig gebirg
gedichte aus Italien 1, 45 Grisebach.
vor mir sah ich vielgestalt'ger bauzerstörung schnödes bild
Boxberger;
15, 377 ein mannigfaltiges, ein vielgestaltiges,
zusammen sei's gefasst durch ein gewaltiges
werke 8, 172;
jetzo nun vollends schaue man in unsere vielgestaltigkeit, zuerst in die unserer literatur Hempel;
—
37, 20 dich irret in der welt die vielgestaltigkeit
werke 8, 498.
gegen über zieht sich immer höher in die wolken und über die wolken ... das unfruchtbare gebürg vielgipflicht s. werke 7, 48 Schüddekopf.
—
vom vielgipfligen scheitel des Olympos
(κρατὸς ἀπ' 'Οὐλύμποιο πολυπτύχου Il. 20, 5)
12, 255.
oft hiesz er bruder Thomas; allein auch die vielgläubigsten ... lobten bruder Thomas kreuz- u. querzüge (1793) 2, 68. —
indem kein viel gliedriges wort in unserer gantzen sprache seine wort-glieder alle, weder zugleich lang, noch zugleich kurtz, haben kan vermehrter Helikon (1656) 1, 25; hier gleich vielsilbig, als schulbezeichnung nicht eingebürgert; nur aber mache man doch nie
im vielgliedrigen leben eines volks irgend ein glied zur seele vorschule der aesthetik 1, 108; ein vielgliedriger leib, von dem sich nicht nach belieben durch das trennmesser mehrere leiblein ablegen lassen Jahn werke (1884ff.) 2, 455; eine noch so vielgliedrige kette von ursachen und wirkungen werke 2, 52 Grisebach; zu vielgliedriger verzweigung ges. schriften u. dichtungen 4, 46; in einer vielgliederigen felsenkluft schriften (1895) 7, 298; einen vielgliedrigen satz in ein einziges wort zusammenzufassen völkerkunde (1874) 434;
—
die weibliche (seele),
die so vielgliedrig fühlend um sich greift
krit. ausgabe;
1, 264 da lob ich mir doch vielgliedrige, ja weltkugelumsegelnde
worte
ges. werke (1853) 4, 67.
samenpflanzen (seminariae), polycarpen oder vielgröpsige. die capselfächer in einzelne bälge getrennt naturgesch. 3, 24. —
die umgelautete form ist veraltet: vielhäricht, multicomus 2, 319ᵃ; viel- et zottelharig, villosus 767; darnach bei Campe verzeichnet. —
vieles haben wollend: höllisch vielhabig; giebt man den finger, ist gleich das tappen nach der hand schriften (1895ff.) 13, 305. —
vielhalmicht, multicaulis 738; in gleicher form deutschital. dict. (1700) 1, 598ᵇ; vielhalmig, viele halme habend Adelung, Campe; vielhalmige sumpfbinse (heleocharis multicaulis) flora v. Deutschland ⁵ 5, 75. —
viel oder vieles enthaltend, umfassend, gehaltreich: nach der längsten, vielhaltigen rede 2, 176 Suphan; in jeder vielhaltigen vorstellung (perceptio complexa) 7, 448 (1868); dieser berggeist oder bergleib .. mag wohl besser und vielhaltiger sein, als ich ihn schildern will werke 30, 13 Hempel. —
bei Campe verzeichnet; umständl. lehrgeb. d. d. sprache 2, 65; der vielhändige riese, umbschrieben: ich gebe wenig (do minus) deutscher Dädalus (1675) 1, 624;
freier: (dasz) zum landkrieg man sich als zu einem vielstimmigen und vielhändigen zweikampfe in eine wüste bestellt 55, 198 Hempel; ein gelehrter, der ... seine vielhändige wirksamkeit über ein halb duzend zeitschriften und zeitungen verbreitet Athenäum 2, 328. —
sie wird kommen die vielfüszige,
vielhändge (πολύχειρ Soph. El. 489) ... die Erinnys
Suphan;
15, 411
seltener vielhauptig: wider diss vilheubtig grausam wildt thier (den pabst) 1, 386 Böcking; ob es besser unter einem fürsten, oder vielhäuptigen herrschaft zu leben sey Armin. 2, 1092; der vielhauptige Olympos krit. blätter (1828) 1, 99;
—
will den senat zum scheusal, zum
vielhäuptigen tyrannen machen
werke 3, 310 Blumenthal;
wie stolzen gebirges
vielhäuptiges steinmeer
moderne dichtercharaktere (1885) 23.
in gleicher finsternusz stecken auch die ofenschrantzen, die spiszprecher, ringstecher, vilhelmige und schiltquartirte wapenverbesserer geschichtsklitt. 186 neudruck. —
(vgl. vielherrisch, -lich): die städte waren um diese zeit zum öfftern vielherrig einleitung zu der teutschen staatshistorie (1721) 2, 16. —
und seltener vieljahrig: vieljährig, multannus 2, 319ᵃ; vieljährig
annosus, multannus, vivax 1, 808; die vieljährige theurung, ein vieljähriger krieg Adelung; er ist mein vieljähriger freund Campe; die bedeutung 'viele jahre habend, d. h. viele jahre alt' tritt im entwickelten gebrauch des adject. zurück, die unumgelautete form scheint diesen sinn schärfer zu bezeichnen: senex, alt, betagt, viljärig synonyma (1550) e 2ᵃ; der viljärig Haliterses (γέρων ἥρως Od. 24, 451) Od. (1537) 101ᵇ;
Annibal suchte anfangs zwar einen umweg über ein von viel-jährigem schnee angefülltes tal Arminius 1, 826ᵃ; alter raub der völkerwanderung und vieljährige kriegsbeute der Avaren bilder 1, 327;
auf einen zeitabschnitt bezogen, viele jahre umfassend: sintemal die meisten morgenländer die güte ihrer warmen geträncke durch ihr vieljähriges ... leben bekräfftigen Arminius 2, 300ᵇ; freier:
gewöhnlich bezeichnet vieljährig, als attribut zu unpersönlichem tretend, die dauer durch viele jahre, auch die entwicklung, das zustandekommen innerhalb vieler jahre; freiere anwendung ist in mannigfacher weise möglich, so kann die vorstellung der ununterbrochenen dauer zurücktreten. am natürlichsten erscheint das attribut angewendet; wenn in dem wort, auf das es bezogen ist, schon die vorstellung unbestimmter dauer oder besonders einer fortgeführten handlung liegt (vieljähriges studium; leichter z. b. bei verbalabstracten auf -ung als vieljährige liberalität, gnade), freier erscheint der gebrauch, wenn vieljährig auf irgendein vereinzeltes, abgeschlossenes bezogen wird, so beim plural, wenn mehrfaches vorkommen, unterbrochene dauer bezeichnet wird: Pelopidas und Marcellus hätten durch eines tages verwegenheit auf einmahl allen ruhm vieljähriger helden-thaten verspielet Arminius 2, 1194ᵇ; vgl. noch folgende belege für die gewöhnliche und die besonderen anwendungen des wortes als attribut: er sey durch langwirige und vieljährige krieg erschöpfft Curäi schlesische chronik (1607) 81; in meinem viljärigen doctorat grewel d. verwüstung (1610) 579; dasz aller vieljähriger alter groll darausz vertrieben ... were Schupp schriften (163) 274; bedenket doch meine vieljährige liebe Octavia (1677) 3, 1113; eine vieljährige erfahrung ist ihrem verfasser dabey zu statten gekommen ³ 7, 32; dasz ... ausländer ... nach vieljährigem umgang es kaum verstehen können 25, 398 Suphan; ein denkmal vieljährigen und mannichfaltigen zusammenwirkens 4, 77 Weim. ausgabe; durch die vieljährige gnade S. M. des königs Ludwig von Bayern in schriften der Göthegesellschaft 17, 233; der ganze handel und das vieljährige elend nahm heute eine neue, deutlichere gestalt an werke 4, 109 (1911); auf einen plural bezogen: wer ... ungeahndet vieljährige dienste mit gift belohnen darf Alfred (1773) 120; die tabelle der tonlehre ist nach vieljährigen studien ... etwa im jahr 1810 geschrieben briefe 41, 143 Weim. ausgabe; freierer gebrauch:
kühner: soviel hatte ich zu sagen, um diese vieljährigen skizzen ... zu empfehlen II 6, 7 Weim. ausgabe; indem herr v. Humboldt ... bei uns verweilte und gelegenheit gab, eine vieljährige lücke vertraulicher unterhaltung auf das allerschönste auszufüllen briefe 42, 6; ich würde den tag nicht überlebt haben, an dem ich den vieljährigen erwerb unseres sauren schweiszes ... verschleudert ... sah reise (1791ff.) 5, 133; ein vieljähriger
kalender (vgl. tausendjähriger kalender) stellt seine tabellen für viele jahre auf; auf personen bezogen bezeichnet in entwickeltem gebrauch vieljährig nicht das alter im allgemeinen, sondern die dauer, erweisung einer besondern, durch den zusammenhang erkennbaren eigenschaft, thätigkeit, bewährung, beziehung innerhalb eines langen zeitraums: Wünschler wohlbekanntem und vieljährigem hochzeitdichter in Rostock Schwabe belustigungen (1741ff.) 6, 103; ich wäre nicht werth, ein vieljähriger kandidat des heiligen predigtamts zu seyn Nicolai Seb. Nothanker (1773ff.) 1, 47; evangelist und vieljähriger begleiter der apostel auf reisen 19, 215 Suphan; vieljähriger bekannter und besonderer kunstfreund tagebücher 12, 106; wo ich den herrn landgrafen als meinen vieljährigen unabänderlich gnädigsten herrn mit freuden verehrte I, 33, 284; weit entfernt von des vieljährigen meisters überschwenglicher gelehrsamkeit antisymbolik 1, 351; (einem) vieljährige kunden abspenstig zu machen und an sich zu ziehen erz. schriften 18, 89; als adverb: der vieljährig geprüfte freund Jacobi 36, 267 Weim. ausgabe. —
und furchtbar tönet im hayn ein beil zum verwüsten erhoben.
und ein gefällter vieljähriger stamm
poet. werke (1767) 116.
vieljähriges dürft' ich euch wohl vertrauen
werke 3, 285 Weim.;
einen stab auch will ich, der recht ihm lenke die füsze,
und vieljähriges ziel will ich dem leben verleihn
Athenäum 1, 138;
ein kleinod,
durch vieljährigen schweisz errungen
oden 2, 33 (1889);
eine vieljochige brücke; die blätter unterbrochen gefiedert, vieljochig Röhling deutschlands flora (1823ff.) 3, 518. —
'viele kanten habend' (unter vieleckig schlägt er vielkantiger stengel, multangularis für vieleckiger stengel vor); mannigfaltigkeit an kleinen ... vielkantig geordneten steinchen erz. schriften 21, 205; vielkehlig, in wunderlichem bilde: das volk — aus dessen vielkehligem munde schwer die wörter: wirthshaus, kriegskasse, staatsrath werden zu nehmen sein über d. deutschen doppelwörter 49. —
mit tiefem dank und unermeszlichem
vertrauen auf die reich belohnende
vielkeimige, verjüngende natur
Suphan.
29, 138
durch die wohnung einer vielkinderigen lärmenden und polenta essenden familie schriften III 5, 369. —
dieser ... war ein wundergroszer, starker vielklaftriger herr frauenz. gesprechspiele 5, 147; vgl. drei-, vierklafterig unter klafterig th. 5, sp. 904. —
ein weiter rauchaltar,
auf dem noth, hunger, frost — harpyenheere! —
vielklauicht ruheten
Suphan.
29, 15
und wie wenige gedanken, über den ... vielknorrichten sonnetleisten gespannt werden ihre natürliche kraft entwickeln krit. blätter 1, 519. —
fächer vielknospig (am märzglöckchen) flora v. Deutschland ⁵ 4, 35; übertragen: (liebe) welche so weich und vielknospig war werke 20/23, 284 Hempel. —
das crocodill ... ist ... niedrig, vielknotig, widrig Lavater physiogn. fragmente (1775ff.) 3, 77; (das zuckerrohr) hat einen vielknotigen, überdaumensdicken ... halm allgem. naturgesch. 3, 407. —
im eigentlichen sinne von menschen-, oder thierartigen wesen: (in ungewöhnlicher verbindung mit so) ein zweiköpfichtes reich wäre eine so ungeschickte miszgeburt, als ein so vielköpfichter mensch (hier also ein zweiköpfiger) Arminius 2, 116ᵇ; der vielköpfigte Svantehvit, das abscheulichste ungeheuer, ... das je heiden angebetet haben schlesw. litbr. 241 (dld 30);
der drache (in der off. Joh.) ... ein wildes, gehörntes, vielköpfiges thier 9, 170 Suphan; von dem durch Herakles bekämpften ungeheuer, dessen abgschlagene köpfe wieder wachsen, der Hydra: wie es dem Hercules gieng, mit dem grausamen, vielköpfigen drachen, und so bald
er im der haubter eins abgehawen, von stund an wuͦchsen etliche andere reden 165 (lit. ver.);
man kann von einer vielköpfigen versammlung sprechen, wenn lediglich die menge der versammelten bezeichnet werden soll: zum predigen ... vor einem so reichen vielköpfigen auditorio in Wagners archiv f. d. sprache 57; ebenso neutral: der clerus ist eine vielköpfige, hierarchische, sorgfältig abgestufte und gegliederte körperschaft akad. vorträge 1, 64; freier: bei kolorirung eines so vielköpfigen gemäldes s. werke 3, 63. — auszerordentlich häufig wird vielköpfig mit bezug auf das auseinandergehen, die verschiedenheit von wille, streben, meinung gebraucht (vgl. viel köpfe, viel sinn). zunächst gehört dazu die vorstellung einer äuszeren zusammenfassung der einzelwillen, -meinungen. so wird das volk, der grosze haufe, das 'publikum', der pöbel (belua multorum capitum Hor. epist. 1, 1, 76) ein vielköpfig thier, ungeheuer u. ä. genannt, unter umständen mit beziehung auf die Hydra des Herakles (Campe bezeichnet diese verbindung als eine 'niedrige, aber deshalb nicht verwerfliche'): wer wissen will was die welt ist was das vilköpffig thier, der gmein bofel, sein wanckelpare art abconterfeyt, wie ein unsinnig rosend seüwisch wild vich er sey chronica (1531) a 5ᵃ; ebenso: niemandt kan zweyen herren dienen, vil weniger dem vilköpffigen thier herr jederman sprüchwörter (1541) 2, 171ᵃ; aber der grosze haufe dieses vielköpfigten geschöpfes (des publicums); wo hat der seinen sitz und stimme 1, 20 Suphan; sieht (das volk im amphitheater) das vielköpfige, vielsinnige, schwanckende, schwebende thier sich zu einem ganzen vereinigt tagebücher 1, 195; das vielköpfigte ungeheuer (das volk) als solches kann es so wenig zu einem organisch in sich geschlossenen kunstgebilde bringen, wie der wald als solcher zu einem apfel 12, 238 Werner;
das volk, der grosze haufe als vielköpfiger götze: so müssen sich denn die poeten niemals nach dem geschmacke der welt, das ist, des groszen haufens, oder des unverstaͤndigen pöbels richten. dieser vielköpfigte götze urtheilt oft sehr verkehrt von dingen versuch einer krit. dichtkunst (1751) 135; das volk als eigentlicher träger der politischen macht: wie es dem vielköpfigen souverän beliebte ges. werke 4, 202. — bezeichnung der widerspruchsvollen vielheit, des auseinandergehens, auch der hemmenden verschiedenheit unter festhaltung der anschauung eines vielköpfigen wesens: einer vielköpfichten schlange seltzamer meinungen Arminius 1, 368ᵃ; die scholastische theologie, dieses vielköpfige ungeheuer 4, 101 krit. ausg.; das vielköpfige ungeheuer der anarchie 3, 159 Elster. die lose vereinigung selbstständiger reiche in Deutschland nennt Lohenstein einen vielköpfigen leib: (fürsten, welche) ihre freyheit nicht selbst denen beherrschten dienstbar machen, ja ihre eigene länder ... in beschirmung dieses so vielköpfichten leibes erschöpffen wollen Arminius 1, 157ᵃ. — auf eine einzelne person bezogen: daher kumbtz, das yetzt so vil secten sein, die doch jr anfänglein ausz dem vilköpffigen thier Luther haben (mit beziehung zugleich auf den vielköpfigen drachen der apokalypse) Nas das antipap. eins und hundert (1567ff.) 3, 86ᵃ; Alexander der welteroberer, der trunkenbold, der grausame, der eitle, und Alexander der beschützer der künste, der förderer der wissenschaften ... sind in derselben person nicht eine person, nicht zwei personen von einem werth. so mehrere vielköpfige oder vielgesichtige ungeheuer in der geschichte 30,
243 Suphan; Voss spricht spöttisch von Wolfs vielköpfigem Homer: Wolfs vielköpfiger Homer dachte doch mit den vielen köpfen so ungefähr einträchtig und vernünftig, wie ein nüchterner mit zwei augen einfach zu sehen pflegt antisymbolik 1, 360;
auf kopfähnliches bezogen: vielköpfige weiden zu ziehen allg. d. bibl. anh. zu 25/36, 2280, vgl. kopfweide th. 5, sp. 1781; eine wurzel heiszt vielköpfig (multiceps), 'wenn sie oben in mehrere äste getheilt ist, aus welchem neue triebe entstehen' Campe; die faserige wurzel ist vielköpfig flora von Deutschland ⁵ 5, 66. —
auf ewig hab' ich sie vertrieben,
vielköpfige götter trifft mein bann,
so Wischnu, Cama, Brama, Schiven,
sogar den affen Hannemann
Weim.;
3, 257 aber wie sehr ich immer wehr (den schälken)
so wachsen sie nur immer mehr,
wie die vielköpffig wasserschlang,
die schwerlich Hercules bezwang
Eulenspiegel, prolog. 149 Hauffen;
der gmeine man
der ist gar ein vil-köpfig thier
lit. verein;
10, 389, 26 unsere stimme zum könig hat jener drache, mit vielen
schwänzen und einem kopf, nicht das vielköpfige thier
Weim.:
5, 273 nun diese grose meng
die wartet mit gedreng,
wann ihn das weib in weisz
wurd sprechen lob und preisz,
irem vielköpffing leben
ein ware zeugnus geben
lit. verein;
1, 339, 29 von dir, weisheit, gestärkt, will ich der lasterbrut
und den götzen des wahns und dem vielköpfigen
irthum widerstand thun
krit. ausg.;
1, 451
als ausdruck der botanik bei Campe verzeichnet. (es sind) auch die vielkörniche granatäpfel zu sehen gewest frauenzimmer gesprechspiele 3, 135; die saaten schön, dick, groszähricht, und vielkörnig georgica curiosa 2, 11 (1682); (ball) der in der erdgöttin hand bald als mohn und vielkörniger apfel ... erscheint akadem. abhandl. 2, 105;
—
eiferten die guten frauen,
wer des vielkörnigen mohnes
gröszere haufen vor sich bringe
werke 1, 166 Göschen.
daher heiszt diese wurmblase auch der gesellschaftliche, oder vielkörperigte gehirnblasenbandwurm allg. d. bibl. 104, 461. —
(s. die vorbemerkung sp. 175):
—
vielkräftig auch ist das gebet der frommen,
sie haben reichen vorrath an verdienst
krit. ausgabe.
14, 122
stunden derwegen da vielkrautige (stark mit kräutern gewürzte) .. schabziger geschichtsklitt. 79 neudr. —
Campe bezeichnet es zwar nicht als neubildung, scheint es jedoch nur aus Voss und Baggesen zu kennen ('viele kunde, kenntnis habend, sehr kundig'). soweit das wort in gebrauch ist, hat es wohl fast immer die erste bedeutung, ist nicht eine einfache steigerung von kundig, sondern bezeichnet umfang und vielseitigkeit der kenntnis, besonders praktischer:
—
dieser pflegen umher vielkundige (ἰητροὶ πολυφάρμακοι) ärzte mit heilung
Ilias 16, 28;
vielkundig sein, nicht vielgelehrt, ist gut
(πολυνοίην οὐ πολυμαθίην ἀσκέειν χρή)
s. ged. (1802) 6, 318.
männer, des Deptfordschiffs vielkundige steurer und pfleger
poet. werke 2, 359.
anno ccclxx etlich setzen anno cccc leuchtet der vilkündig, fürpündig gelert mann Hieronymus chronica (1531) 403ᵇ; Minerva, die vilkündige (γλαυκῶπις) göttin Odyssee (1537) 19ᵃ; ich binn mein tag auch bey tapffern vilkündigen leuten (μετ' ἀνδράσιν ὅσσοι ἄεθλοι) gewesen 31ᵇ; hierzu vielkündigkeit, f.: Rosel, dessen ich allhier seiner vielkündigkeit wegen ... mit ehren gedenke Rosen-mand (1651) 138. —
viele lauben bildend, enthaltend: eine viellaubige taxuswand. vom collectivum laub gebildet: andere (bäume) viellaubige (latifoliae), voll undt breitblätterichte janua (1644) 28. —
bei Campe als neubildung mit beleg aus Voss:
von der sprache, reichthum an lauten bezeichnend: desto mehr fühlte ich von der griechischen sprache ... mich angezogen, sowohl durch viellautigen wohlklang antisymbolik (1824ff.) 2, 203; die viellautigen vokalendungen krit. blätter (1828) 1, 448. —
vor allem geschlecht viellautiger menschen
(μερόπεσσι βροτοῖσιν)
Il. 2, 285;
unsere
vorfahren hatten häufige vokalendungen, und dabei viellautigkeit der veränderungssilben zeitmessung d. deutschen sprache 40. —
(der ritterroman) beginnt mit dem viellebigen leichenreste des alten heldenmythos ges. schriften 4, 40. —
multiforus, viellöchericht fons latinitatis (1646) 356; 1103; eine viellöchrige pfeiffe 1, 1064; die weichen viellöcherigen seidenraupen werke 55/58, 55; durch eine art von viellöcherigem trichter II 13, 140 Weim. ausg. —
als neubildung bei Campe; mit einer schneeweiszen, viellockichten perücke briefw. dreier akad. freunde (1778) 1, 367;
—
wie er dem schoosze des meers entsteigt der gewaltige titan,
sein viellockiges haupt mit neuen strahlen umwunden
liter. nachlasz 1, 3.
'viele männer, oder mehr als einen mann zu einer und derselben zeit habend'. dann auch als ausdruck der botanik von pflanzen (polyandria), 'welche viele staubfäden von gleicher oder unbestimmter länge haben' Campe. in gleicher anwendung vielmännig Deutschlands flora 1, 198; hierzu vielmännigkeit, f.: polyandria bei pflanzen a. a. o. 93; sie (die hündin) lebt in vielmännigkeit Brehm tierleben (1890ff.) 2, 103. —
wie fische, welche die fischer
aus dem bläulichen meer ans hohle felsengestade
im vielmaschichten nez (δικτύω ἐξέρυσαν πολυωπῷ) aufzogen
Odyssee 22, 386 Bernays.
nur in älterer sprache: multimodus, viel-, vil-, -meszig, -mäszig, velle metich gloss. 370ᶜ (in anderer bildung: multimode, vielmäszleich 370ᶜ). —
jenes vieläugige, vielzüngige, vielmäulige, vielöhrige ungeheuer Virgils (die fama) Bode, gesch. des Thomas Jones (1786ff.) 3, 354. anderes vielmäulig abgeleitet von vielmaul, groszsprecherisch, vorlaut westerwäld. idiot. 315; wb. d. obersächs. u. erzgeb. mundarten 2, 621ᵇ. —
sich viele meilen weit erstreckend:
—
wenn der geschmetterte wald vor dem wilden orkane
auf vielmeiligen bergen die langen rücken herunter
liegt
Messias 7, 656.
gelegenheitsbildung, 'viele messen lesend': sye (die stifter der pfründen) weren basz benügig an deinem wesen, dann an der vielmessigen pfaffen 2, 86 neudruck. —
(vielmundig), adj.: so dasz man sie (die quallen) als vielmündige thiere bestimmen könnte naturgesch. 5, 183. —
der stamm niedergestreckt, stielrund, zerstreut-behaart ... vielnadelig Deutschlands flora (1823ff.) 3, 509. —
'viele nahmen habend'; der vielnahmige Jupiter Adelung; das gefühl, der tiefste, aber auch dunkelste sinn giebt uns die vielnahmigsten beschaffenheiten fremder exsistenzen zu empfinden 21, 83 Suphan;
in gleichem sinne vielnamentlich allg. d. bibl. 90, 257. —
einst ...
sang ich den sichtbaren gott im heiligthume der schöpfung,
sein, den der seligste nicht ausnennt, vielnamiges abbild
ged. (1802) 3, 102;
dasz gott die wurzel und der schlüssel ist der welt,
versucht philosophie vielnamig zu benennen
werke 8, 559.
(s. unter vielmäulig):
—
was ist am ende dein gewinnst?
dasz das vielöhrichte gerüchte
in jedem winkel dich behorcht
ged. (1787) 1, 120.
wenn man sich erinnert der alten vielpfündigen folianten werke 52/53, 189 Hempel. —
gott! und da gehts dann mit der ganzen vielrädrigen maschine der welt gerade so und
nicht anders, als es getrieben wird s. schriften 7, 196. —
viele einzelne räume enthaltend, z. b. von einem hause. in übertragener anwendung: ehrlich bewundern auch wir den vielräumigen kopf, der so vielartigen kram im nu fassen und entwirren konnte antisymb. 2, 124. —
von der syrinx, der hirtenpfeife: er (ein faun) zeigt eine vielrohrige pfeife 49, 1, 314 Weim. ausg.; von einem brunnen: man steht wie an einem vielröhrigen brunnen in weicher, durchleuchteter nachtluft und hört plaudern, plätschern und rauschen altes u. neues 2, 208. —
dem griech. (πολυκλῆις) nachgebildet:
—
der stets vielrudrichte schiffe befähret
Odyss. 8, 161 Bernays;
ob wir hinein uns stürzen ins heer vielrudriger schiffe
Il. 13, 741.
du zerrst aus den weiten des vielsäckigen rockes ein buch hervor Rosegger schriften (1895ff.) 8, 249. —
vielsämig, semine abundans 1662; ohne umlaut bei Campe; schauet noch jetzt, sagt man, die vielsamige natur an, wie sie verschwendet 13, 400 Suphan; besonders als ausdruck der botanik. —
zu den vielsandigen untiefen Sarpedons hinaus
(κατὰ Σαρπηδόνιον χῶμα πολύψαμμον Suppl. 869)
Aischylos übers. v. 316 (1841).
die über- und vielschäftige zung, welche von sachen und personen sich zu urtheilen unterfängt, davon sie weder beruff noch befehl hat catechismus milch (1657) 2, 356; s. vielgeschäftig. —
eine vielschalige zwiebel Campe; vielschalige (muscheln) allg. naturgeschichte 5, 508; übertragen: erschrick über die fatale vielschalige suite von korrekzionstuben, die ein ich umstellen Kampanerthal 25. —
(vgl.
↗schar bd. 8, sp. 2176): dasz es (das land) im folgenden frühjahre keines pflügens, und nur blos mehr eines tüchtigen vereggens oder vielscharigen schaufelns bedarf prakt. ackerbau (1882) 343. —
bald lag die stadt vor ihnen, deren altersgraue gebäude ... das innere einer vielschartigen hohen mauerkrone ausfüllten schriften (1824ff.) 27, 36. —
ein besonderer fund aus des lehrkopfs vielschichtigen rumpelkammern antisymb. 2, 32. —
ein vielschildiges wappen; alles böse war bei meiner mutter ahnenreich und vielschildig lebensläufe (1778ff.) 1, 122. —
die haferfelder sind zwar noch wiesengrün, nur sonnseitig färben sich die vielschnabeligen rispen gelblich schr., ser. 3, 3, 272. —
mit der verknoteten, vielschwänzigen lederpeitsche das schlafende heer (1904) 1, 24. —
multiloquus 2, 537;
—
wenn du ein weist dir auffsetzig,
ob er denn wol gen dir vielschwätzig,
dich vorzusehn acht nicht ringschätzig
wendunmut 3, 243 lit. verein.
zu seite, latus: vielseitig, polypleurus 2, 576; Adelung; Campe. — im
eigentlichen sinne, viele seiten habend; in der mathematik, in der zweiten dimension: eine vielseitige figur, die mehr als vier seiten hat Adelung; dreidimensional: ein vielseitiger körper; ein vielseitiger stengel (polygonus) Campe; noch mehr aber interessirt mich ein rohes stück (stein) zu besitzen mit vielseitigem frischen bruch briefe 29, 147 Weim. ausgabe. — seit dem 18. jh. entwickelt sich die übertragene anwendung des wortes in der mannigfaltigsten, 'vielseitigsten' anwendung, wobei die dem worte zu grunde liegende vorstellung mehr oder minder stark gefühlt wird, z. b.: da nun das menschliche geschlecht doch so ein vielseitiges ding, Proteus, und chamäleon ist 5, 454 Suphan; eigenthümlich: geschickte behandlung vielseitiger gläubiger (verschiedener) erz. schrift. 25, 85. ganz besonders häufig wird das wort vom menschlichen geist, verstand, willen gebraucht, von seiner entwicklung, bildung, seiner bethätigung, seinem wirken, auch von dem, in dem sich die bethätigung offenbart. fast formelhaft ist die verbindung vielseitige bildung (gegensatz: einseitig): man hat aber doch eine vielseitige bildung für sehr vortheilhaft und nothwendig gehalten 24, 50 Weim. ausgabe; die glänzende und vielseitige bildung, das edle gemüth dieses fürsten ges. werke 15, 183; und so in mannigfaltigster anwendung; oft bei Herder: wo noch die vernunft am wenigsten in die feine gesellschaftliche, vielseitige, gelehrte form gegossen ist 5, 110 Suphan; obgleich die bemerkungen aus verschiedenen welttheilen lange noch nicht vielseitig und genau genug sind 22; nur durch das vielseitige betrachten eines und desselben gegenstandes wird die wahrheit gefördert 15, 333; das gleichgültige nein, das schmachtende ja, der vielseitige vortrag, mit der farbe, die den wunsch kolorirt deutsche erzähler des 18. jh. 7 (dld 66/69); dem regsten und vielseitigsten streben nach bildung Athenäum 1, 149; um seinen vielseitigen geschmack zu beurkunden schriften 17, 16;
von vielen seiten kommend: auf vielseitigen und achtbaren wunsch antisymb. (1824ff.) 1, 115. — in übertragener anwendung auf persönliches bezogen: laszt uns doch vielseitig sein! märkische rübchen schmecken gut, am besten gemischt mit kastanien 48, 209 Weim. ausgabe. — das adverbium in freierer anwendung: vielseitig gebildet sein Campe; der arabische dichter ... kann durch diese mit einem zuge entworfene bilder vielseitiger sprechen (als wir) 1, 168 Suphan; dergestalt unterhielten sich die frauenzimmer mit dem neuen freunde gar vielseitig 24, 101 Weim. ausgabe; ich dächte, es müszte vielseitig gefallen briefe 35, 175; die akademie der wissenschaften nun liesz durch eine anzahl ihrer mitglieder die handschrift vielseitig untersuchen ges. werke 16, 381. ganz verblaszt wie vielfach, in dieser anwendung ungewöhnlich: vielseitig erscheint das schleppen der nebelbürde als strafe nebelsagen 10. —
durch vielseitigen stil decke die mängel der zeit
werke 1, 295 Hempel;
(zu seite, saite, chorda): die vortrefliche, so vielsaitige goldharfe, die unter der hand des dänischen skalden allen zauber- und macht- und leier- und wunderton hat annehmen können 5, 175 Suphan; auf einer vielsaitigen zither Rosegger schriften (1895ff.) 14, 116. —
der bedeutungsentwicklung des adj. folgend; im eigentlichen sinne:
ungewöhnlich im sinne von mannigfaltigkeit bei körperlichem: die vielseitigkeit chemischer feuerzeuge und zündhölzchen war damals noch nicht aufgegangen vierzig jahre 1, 307; gewöhnlich übertragen auf unsinnliches, geistiges: schildert der vf. mit einer stärke und vielseitigkeit, wie sie (die rechtlosigkeit) vielleicht kein schriftsteller ... geschildert hat 20, 292 Suphan; vielseitigkeit bereitet eigentlich nur das element vor, worin der einseitige wirken kann 24, 50 Weim. ausgabe; einseitigkeit hält sich viel leichter
für allseitigkeit als vielseitigkeit werke 49/51, 413 Hempel. —
vielseitigkeit gefällt an zierlichen krystallen
werke 8, 278;
also in manchen schmerzlich knarrenden und vielseufzigen bebungen und schwebungen ... kamen wir durch das kursächsische und anhaltische hindurch schriften f. u. a. s. l. Deutschen 1, 37 (1845). —
vieles sehend: soll nun ein mädchen um- und vielsichtig werden ... so werde sie vom wirthschaftlichen leben vielseitig geübt Levana 2, 90. —
bunt tanzte ein ... chaos vor den augen, deren natürliche sehkraft einer ... vielsichtigkeit wich, in welcher der geblendete da farbige, fleischige gestalten zu erblicken vermeinte, wo in wahrheit nur gespenstige knochen ... ihren spuk mit seiner phantasie trieben ges. schriften 3, 282. —
vielsylbicht, polysyllabus 2244; vielsylbig, 'viele sylben, d. i. mehr als drey sylben, habend' Adelung; vielsilbig Campe; jetzt durchaus mit unbestimmtem sinne von viel-; man beachte die älteren belege, in denen vielsilbig und einsilbig einander gegenüber gestellt werden und die stellen aus Schottel und aus der allgem. d. biblioth., in denen begänglich und dieselbe als vielsilbig bezeichnet werden, ferner die stelle aus Gerstenberg; in diesen fällen gebraucht man heute mehrsilbig, während bei vielsilbig doch an eine gröszere anzahl von silben gedacht wird. im eigentlichen sinn vom einzelnen wort: doch wünsche ich, dasz er nicht zugleich die sprach den frembden schwer und unangenehm mache: viel weniger auch viel schöne, und insonderheit die vielsyllabige, und zusamen vereinigte wort von einander abschaide ged. 1, 293 Fischer; wenn aber in den vielsilbigen zuwörteren die penultima syllaba, oder die end-nechste silb, lang ist, alsdenn musz dieses wörtlein, lich kurtz werden, als: bĕgaͤnglĭch deutsche vers- oder reimkunst (1656) 42; weil aber alle teutsche worte entweder einsylbig oder vielsylbig sind anfangsgründe z. teutschen poesie (1724) 22; vielleicht giebts keinen englischen dichter, der die viel- und einsylbigen wörter dieser fast einsylbigen sprache angenehmer zu wechseln ... gewuszt hätte 18, 103 Suphan; (Dusch braucht die form eur für euer): wir sehen nur drey ursachen, die man hier für sich anführen könnte. 1. dasz vielsyllbigte partikeln und pronomina dem nachdruck und der fülle der versification zuwider sind ... auf den ersten grund antworten wir, dasz die zusammenziehung eines einzelnen pronomens nichts hilft, wenn die meisten vielsyllbigt bleiben müssen (Hamb. neue zeitung) in den d. lit. denkm. 128, 135; 'was dieselbe nacht betrift, da ich gebohren worden' ... wie vielsylbicht das dieselbe allgem. d. bibl. 1, 2, 189; (poet. wohlklang) entsteht durch abwechslung einsylbiger und vielsylbiger wörter entwurf einer theor. u. lit. d. schön. wiss. (1783) 47 § 26; eingeschränkt auf die vorstellung einer gröszeren silbenzahl: deren griechischerweise zusammengesetzte vielsylbige titel unsern ohren gar wunderlich klingen müssen 41, 2, 318 Weim. ausgabe; so kann man überhaupt jeden menschen als eine vielsylbige charade ansehen, wovon er selbst nur wenige sylben zusammenbuchstabirt, indessen andre leicht das ganze wort entziffern 46, 61 Weim. ausgabe; die freie bedeutungsentwicklung, die bei einsilbig eingetreten ist (vgl. ein einsilbiger mensch, einsilbige unterhaltung, eine unterhaltung, bei der das schweigen nur durch kurze, abgerissene worte unterbrochen wird), fehlt bei vielsilbig, doch vgl.: das gespräch wurde einsilbiger, der gedanke vielsilbiger und das herz zu voll werke 1, 342 Hempel. hierzu vielsilbigkeit, f.: wie vielsilbig darum die reimmaassen seyn, von gleicher vielsilbigkeit müssen auch die reimglieder seyn deutsche vers- oder reimkunst (1656) 60; die schönheit liebt tönende und durch den wohlklang beflügelte vielsylbigkeit Athenäum 1, 55. —
'vielerlei sinn habend, viele bedeutungen, erklärungen zulassend' Campe; ausz deiner mitpredigkanten vilsinnigen auszlegung der geschrifft das antipap. eins u. hundert 4, 31ᵇ; die sprache
der gottheit, des gesetzes, des geistes wurde bei den Ebräern für vielsinnig, vieldeutig gehalten 20, 114 anm. Suphan; und dann ist auch das wort republik ein sehr unbestimmtes, vielsinniges wort 29, 333; wenn ich ... allenfalls etwas bemerken sollte, was mir nicht ganz nach dem sinne ist (wie denn wohl in dieser vielsinnigen welt manchmal der fall seyn kann) briefe 37, 256 Weim. ausgabe; die erlaubte willkühr des vielsinnigen silbenräthsels vorschule d. ästhetik 2, 40; von personen: doch nicht ein so eigensinniger wie Diogenes, sondern ein vielsinniger wie Aristipp, möchte ich seyn briefwechsel 1, 38 Körte; (im amphitheater) sieht das vielköpfige, vielsinnige, schwankende, schwebende thier (das volk) sich zu einem ganzen vereinigt tageb. 1, 195 Weim. ausgabe; adverb.: mit kaltem auge und schlaffer stimme und welker stirne sprach er einsilbig, vielsinnig, gepresst werke 7/10, 390 Hempel;
—
dem räthselhaften, das vielsinnig ist zu deuten,
wirst du mit sinnigkeit den tiefsten sinn entbeuten
werke 8, 204.
die vielsinnigkeit des wortes λόγος beleg bei Campe; im plural: warum hüllt er sich in ... vielsinnigkeiten ein allg. d. bibl. 82, 136. —
von spalte, f., neu gebildet 'viele spalten habend, vielmal gespalten'; als ausdruck der botanik, vielspaltige blütendecke, vielspaltiger staubfaden Campe; nach den füssen giebt es vielspaltige (vierfüszler) naturgeschichte 4, 484. —
(s. spaltig, spältig th. 10, 1 sp. 1859) jetzt durchaus in uneigentlicher anwendung; vielfach auseinander gehend, sich mannigfaltig trennend, sich vielfach unterscheidend, widersprechend u. ä. (vgl. zwiespältig); vom eigentlichen sinn ausgehend: bosze kinder, die der schonen mutter, die widder fleck noch runtzelln hatt, yhr band der eynickeytt vilspelltig tzu reyssen sich mühen 9, 718 Weim.; freier: wer wolt sich inn allen artickeln der christlichen lehr, mit Luther vertragen künnen, der selbst mit ihme vilspältig unnd widersinnig gespürt ist das antip. eins und hundert 3, 131ᵇ; diese kurze, thatenschwangere scene macht einen trefflichen contrast mit der vorhergehenden langen vielspältigen 41, 1, 202 Weim.;
—
als ich zun theologen kam, ...
da fand ich sie so manigfeltig,
so wider-wertig und vilspeltig
lit. ver.;
3, 575, 12
zu vielspaltig, viele spalten habend: die vielspaltigkeit eines staubfadens; in der folgenden stelle ohne umlaut in uneigentlichem sinne: die bureaukratie hatte ... früher ihr sonderliches wohlgefallen an derlei sinnloser vielspaltigkeit naturgesch. d. volkes (1851ff.) 1, 267. —
vielspännig, multijugus 2, 319ᵃ; vielspännig, multijugis 2, 632; vgl. oben spann 2 th. 10, 1, sp. 1889 und spännig 4 sp. 1911. —
in der botanik ein vielspelziger balg, ein aus mehreren spelzen (hülsen) zusammengesetzter Campe; s.
↗spelze th. 10, 1 sp. 2142. —
das nordkap ist ein abgerissener, klippiger, nackter, vielspitziger fels erdkunde 4, 480. —
vgl. zwei-, mehrsprachig, von sprache, f. neugebildet, in vielen sprachen redend oder viele sprachen sprechend, verstehend: wer mögte sich unterwinden, die stimmen aller der vielsprachigen menschenkinder ... zu irgend einer vernunft hin zusammenzubringen und zu deuten schriften f. und an s. l. Deutschen (1845ff.) 4, 160 (vgl. zeitschrift f. deutsche wortforschung 6, 228); untergegangen ist ein älteres adj. mit der bedeutung vielredend, geschwätzig vielsprächig, vielsprechig: multiloquus, vilsprechig gloss. 370ᶜ; s. die einleitenden bemerkungen zu anfang des abschnitts sp. 174. —
auf die sprossen einer leiter bezogen: so ist auf dieser vielsprossigen leiter dem menschen das schöne nirgend uninteressant 22, 140 Suphan; dagegen mit beziehung auf die sprossen der pflanze: bei der vielsprossigkeit des groszen stammbaums
werke (1884ff.) 2, 503. —
in einem vielstaatigen volke werke 2, 244; die vielstaatigkeit ist ein hauptmittel zur erziehung eines groszvolkes 1, 413. —
die vielstaltige (kugelnolle, sphaeria multiformis) naturgesch. 3, 100; das bimscorall ist vielstaltig 5, 91; vgl. vielgestaltig. —
bei Campe verzeichnet; den verschiedenen bedeutungen von stamm folgend: eine vielstämmige wurzel, die sich in viele arme verzweigt; seinen vielstämmichten wurtzel-bäumen Arminius 2, 312ᵇ;
—
im vielstämmigen hain (ἐν ἄλσει δενδράεντι)
Theocr., Bion (1808) 324.
und ist die vielständige auszführung solches alles in einem teutschen wortbuch zu erwarten (wohl nach vollständig gebildet, und im sinne von 'gründlich') frauenz. gesprechspiele 3, 343. —
multicaulis, vielstengelicht fons lat. 168 (1646); vielstänglicht, multicaulis 2, 683; das vielstengelige veilchen Campe unter veil. —
vielstimmig, multisonus 2, 319ᵃ; 2, 705; vielstimmig, et vollstimmig, symphoniacus 2169; ein vielstimmiges tonstück Campe; im gebrauch des wortes kann entweder die menge der vereinigten stimmen hervorgehoben werden oder ihre verschiedenheit, natürlich ist auch eine anwendung möglich, die beides vereinigt. —
1)
in der musik gewöhnlich in allgemeiner anwendung (vgl. mehrstimmig) von dem zusammenklang vieler stimmen verschiedener tonlagen; ein vielstimmiger accord, eine vielstimmige harmonie: vielstimmiger gesang, vielstimmiger chor, vielstimmig singen; besonders auch von kompositionen: ein vielstimmiger satz: vielstimmig nennt man den satz, der aus mehr als vier stimmen besteht, deren jede ihre besondere melodie hat technol. wb. 8, 88ᵃ. es ist zu beachten, dasz vielstimmig in technischer sprache in diesem engeren sinne jetzt kaum gebraucht, vielmehr für die selbständigkeit der stimmführung das fremdwort polyphon angewandt wird. ferner musz man ... solche worte (für motetten) auslesen, die sich von selbst zu chören und vielstimmigen sätzen schicken der krit. musicus (1745) 179; choral-gesänge, ohne beitritt eines vielstimmigen orgel-wercks vollkommene capellmeister (1739) 8; eine vielstimmige partitur;
glockengeläut: erweckt ihn ein vielstimmiges freudengeläute drei sommer in Tirol 1, 51; vielstimmige instrumente, auf denen mehrere töne zugleich hervorgebracht werden können ( aesthetik 3, 1038). anders aber in folgender stelle, wo vielstimmig den reichthum der ausdrucksweise eines instruments bezeichnet: da wirst du gleich hören der nachtigal ihr villstimmiges fletl Judas (1686ff.) 1, 19; ähnlich: Philomele mit allen ... wirbeln ihrer vielstimmigen kehle Lucian übers. von 3, 296. —
singen auch jhr vielstimmige reyen
in pfeiffen, zithern, lauten, geygen
froschmeuseler (1595) C 7ᵃ;
kaum war dieses ausgesprochen,
als sich plötzlich liesz vernehmen
die vielstimmige harmonie
von der engel instrumenten
gedichte 1, 399 Schmidt-Hartmann;
2)
vom zusammenklingen der thierstimmen: die vögel begrüszten vielstimmig den neuen tag s. werke 4, 54 Schüddekopf. die vorstellung des harmonischen zusammenklingens kann dann zurücktreten: ihr (der frösche) forttönender vielstimmiger lärm 1, 343 Hempel; einstmals machte mich dieser auf ein vielstimmiges vogelgeschrei aufmerksam werke 3, 109;
vom rauschen des meeres: die tausend wellen und wogen, die ... über einander stürzen und niedersinken, im takt des vielstimmigsten accords 22, 234 Suphan. —
ihr hund', erhebt das maul,
und grüszt mit festlichem, vielstimmigen gegaul
ged. (1802) 6, 178;
3)
in mannigfacher freierer anwendung, wobei je nach dem zusammenhange sich die bedeutung in der oben angegebenen weise verschieben kann. wenn z. b. das echo vielstimmig genannt wird, tritt die vorstellung der menge der stimmen hervor, die hier überdies z. th. nach einander sich hören lassen: er seufzte laut: Emma! alsbald gab das vielstimmige echo ihm den geliebten namen ... zurück volksm. d. Deutschen 1, 16 Hempel; auch in den folgenden stellen ist die vorstellung der menge der stimmen vorwiegend, z. th. allein vorhanden, die der verschiedenheit der stimmen ganz zurückgetreten (z. b. in der stelle aus Holtei): kann ... der vielstimmigste beifall der zeitgenossen für denkende köpfe nur wenig werth haben werke 4, 448; kaum war ... unser vielstimmiges unisono ... verschollen vierzig jahre 1, 92; sie begrüszten es (das rosz) mit ... dem vielstimmigen rufe: Mustapha ges. schriften 15, 116; er fände .-. den vielstimmigsten widerspruch deutsche schriften 353; plötzlich ein vielstimmiges aufschwellendes hurrahgebrüll die weber (1892) 83. in der folgenden stelle tritt wieder die verschiedenheit der stimmen hervor: ein vielstimmiger schrei, in dem zugleich das erschrecken kreischte, der schmerz ausstöhnte und der zorn drohte Ludwig ges. schriften (1891 ff.) 2, 174. —
4)
weitere ausbildung des freien gebrauchs: wahre gespräche; vielstimmig und ineinander greifend, nicht blosz einseitige scheingepräche s. werke 8, 109; er (der griech. chor) giebt ein vielstimmiges gefühl oder urtheil kund kl. schriften 3, 294; in besonderer anwendung: diese gebärde ist aber, dem character des dramas gemäsz, nicht nur die monologische gebärde eines einzelnen individuums, sondern eine ... so zu sagen 'vielstimmige' gebärde ges. schriften u. dichtungen 4, 178. —
5)
auf personen bezogen: noch ein versuch schien nötig, den redseligen lehrer samt den vielstimmigen lehrlingen zu beschwichtigen antisymb. 2, 27; vielstimmige menge u. ä. —
in besonderer anwendung, mehrere inhalte, stoffe umschlieszend: solch' eine aufführung (mysterienaufführung) war das ... seitenstück der ... vielstoffigen historien ges. schriften u. dichtungen 4, 10; hierzu vielstoffigkeit, f., 4, 17. —
'viele strahlen habend, werfend' Campe; narbe vielstrahlig allgem. naturgesch. 3. 2, 1381. —
meinem bedünken nach hätte ihn Winckelmann schlechtweg onyx, höchstens einen vielstreifigen onyx nennen sollen Lessing s. schriften³ 10, 401; schaft steif, vielstreifig allgem. naturgesch. 2, 437. —
Helena deutungsvoll die vielstreitige, speererrungene nennend
Aischylos übers. von ² 66 (τὰν δορίγαμβρον ἀμφινεικῆθ' Ἑλέναν Ag. 664).
die thälchen vielstriemig (smyrnium) Röhling Deutschlands flora (1823 ff.) 2, 462. —
wenn uns die predigt, oder das oft sehr vielstrophige lied, das gesungen wird, zu lange dauert ges. werke ser. 1, bd. 4, 74. —
vielstufige treppe; übertragen: beide sprachweisen, die prosaische und die poetische, mit ihren vielstufigen ... tonleitern krit. blätter (1828) 1, 382. —
er war müde von dem vielstündigen bergauf und bergab ges. schriften ser. 1, bd. 6, 104. —
'viel thuend, oder verrichtend, in hohem grade thätig' Adelung; ebenso bei Campe; mit Wölfchen, welcher sich die büsten benennen liesz und sich auch sonst nach seiner art vielthätig beschäftigte tagebücher 11, 222 Weim. ausg.; bezeichnet das wort die in verschiedenen
richtungen wirkende thätigkeit, kann es einen leisen tadel enthalten, doch beachte man den gegensatz zu vielgeschäftig; schon das einfache geschäftig hat einen weniger günstigen sinn als tätig; s. auch das folgende wort —
bei Adelung und Campe verzeichnet; mehr als vieltätig wird vieltätigkeit in ungünstiger bedeutung, mit tadelndem beisinn gebraucht: ohne eigentlich zu betteln, nehmen sie (die gassenjungen in Jena) durch vielthätigkeit das wohlthun der einwohner ... in anspruch 35, 175 Weim. ausg.; da bey der vielthätigkeit unseres guten Körners manches wünschenswerthe nicht zur ausführung kommt briefe 33, 227; —
vieltausendfältige vergeltung;
adv.:
vieltausendfältig konterfeyt
erschien sie aller christenheit
mit eben diesen zügen
Athenäum 2, 150.
vieltausendjährige gewohnheiten, vieltausendjähriges kastenthum schriften 2, 296. —
vieltheiligt, multipartitus 2, 809; vieltheilig Adelung, Campe; ein vieltheiliges buch, werk, aus vielen theilen bestehend (vgl. ergänzungswb. unter voluminös); vieltheilig, 'heiszt in der pflanzenlehre eine blüthendecke, wenn sie viele, bis unten hin gehende einschnitte hat' Hübner zeitungslexikon (1824 ff.) 4, 813ᵇ; hüllblätter sitzend handförmig vielteilig flora v. Deutschland ⁵ 10, 77; vieltheilige rückgratsmuskel Sömmering vom baue des menschlichen körpers (1839 ff.) 2, 121; dadurch mag, gegenüber der einheit und dem festen fortschritt der ersten hälfte (der handlung), die zweite zerrissen, vieltheilig, unruhig werden ges. werke 14, 117; vielteilige wurzeln (polynomische) in der mathematik; sich theilend: den vielteiligen lauf des unteren Ganges Brehm tierleben (1890 ff.) 3, 15; in besonderer wendung:
—
wenn er (der pantheist) jemals
sich zu seinem vieltheiligen gott zu beten entschlösse
poet. werke (1767) 36.
die vieltheiligkeit unseres vaterlandes, die schwäche der kleineren regierungen ges. werke 15, 209. —
bei Campe verzeichnet, reichthum, mannigfaltigkeit, verschiedenheit von tönen habend, zeigend, in eigentlicher, besonders gern aber in freierer und übertragener anwendung: die ganze vieltönige, göttliche natur ist sprachlehrerin und muse 5, 50 Suphan; die bedeutende puppenspielfabel des andern (Faust) klang und summte gar vieltönig in mir wieder 27, 321 Weim. —
der deutschen sprache ..., die die vieltönigkeit und den unterschied ihrer dialekte noch nicht einmal in eine schriftsprache aufgenommen hat Suphan; die vieltönigkeit seines (Apollos) köchers voll gesangespfeile 23, 563. —
5, 11
Herder braucht das wort im sinne von mannigfaltig rhythmisch oder metrisch abgestuft: da unsre sprache und alle neuere selbst zum hexameter, noch minder zu den silbenmaszen des Pindars und der chöre vieltrittig genug ist 1, 315 Suphan; hiernach: so wenig ist unsere sprache den bunt- und vieltrittigen griechischen versarten angemessen 177ᵇ. so schon im 17. jh.; fünftrittige (pentameter), sechstrittige (hexameter) verse; vieltrittige, allgemein, im gegensatz etwa zu zweitrittig: die vieltrittige vor- und nachtrittzeilen müssen in der mitte einen absatz haben (trochäische und jambische verse sind gemeint) rede-bind u. dichtkunst (1679) 32. —
bei der rückfahrt sah ich Dreszden in der ferne. es liegt, vielthürmig, von der Elbe getheilt, in einem weiten kessel von bergen krit. ausg. —
5, 104 der vielvolkigen flur Asia (πολυάνδρου δ' Ἀσίας Pers. 74) kampfkühner gebieter
Aischylos übers. v. (1841) 228.
vielwegig, multivius 2456; 2, 955; der vielwegige lustwald Campe; als adv., auf vielen wegen, in vielen richtungen:
—
gehen wir nicht vielwegig zurück?
oden 2, 43 (1889).
vielweibige ehe, polygamia 354; darnach bei s. unten 6, b unter vielweiber, m.; polygynus, vielweibig; blumen, in denen man mehr als 10—12 staubwege zählt Röhling, Deutschlands flora (1823 ff.) 1, 199; hierzu vielweibigkeit, f. —
neuerer bildung, vom gewöhnlichen typus abweichend, insofern als die gesammtheit des wortes zusammen vorgestellt wird: vielwertige stoffe. —
vielweserig nennt man denjenigen der sich sehr geschäftig anstellt, kein sitzfleisch hat, in kleinigkeiten viel aufheben macht idiot. d. deutschen sprache in Lief- u. Ehstland (1795) 252. vgl. vielweserei, f. unter 7. —
vielwinkelicht, multangulus 2543; vielwinkelig, 'viele winkel habend' Adelung, Campe; man sieht ... den gröszten theil von dem vielwinklichten Vierwaldstädtersee briefwechsel 1, 451 Körte; in ungewöhnlicher anwendung: ein ziemlich groszer und vielwinkelichter berg s. werke 7, 54 Schüddekopf. —
polyspastum, ein vielwirbeliges ziehwerk reinigkeit d. deutsch. sprache (1795) 201. —
aus dem vielwogigen worterguss ... aus diesem bombastisch boppelnden wogenschwall asiatischer beredsamkeit wollen wir das wesentliche herausheben antisymbolik 1, 12. —
in älterer sprache vielwörtig, adj., aus vielen worten bestehend, aber auch viele worte brauchend, machend, weitschweifig, geschwätzig; vielwortig, 'aus vielen worten bestehend' Campe; aber daz Mathei vi das vil woͤrtig gebet verbotten ist von cristo, ret er von sunderlichem gebet eins ieden, und nit von den gebetten uff gesatzt von gemeiner cristenheit an den adel 44 neudr.; dise kunst ist vermessen, vilwoͤrtig, lert und lernt alzeyt, und kompt doch nimmer mehr zur erkantnusz der warheyt sprüchwörter (1541) 1, 146ᵃ; des vilwörtigen sophistischen geschwetz chronica (1531) 354ᵃ;
von einer person: hier starrte sogar der sonst so vielwortige freimaurer ihn dumm — stumm an werke 27/29, 148 Hempel. —
si betind ein lang vilwörtig bet
Bächtold;
190, 1587 vielwortigkeit ist's, die den schüler nur verklagt,
dasz er das eine wort nicht traf, das alles sagt
werke 8, 33.
(s. oben sp. 177), viele worte brauchend: indesz hindert diese vielwörtliche wässerigkeit uns so wenig am geist als eine ähnliche die weiber am ihrigen werke 35, 28. —
vilwuͤrstige gemalte laͤtz mit landsknechtischen fenlin durchzogen Garg. 83 neudr. —
die vielwurzelige (wasserlinse) ... mit büschelförmigen wurzeln naturgesch. 3, 338. —
die unumgelautete form hat eine durchaus eingeschränkte anwendung, dem typus der hier gesammelten zusammenbildungen entsprechend, bedeutet also 'viele zahlen enthaltend, umfassend': eine vielzahlige tabelle; vielzählig dagegen (vgl. vollzählig) wird in dem sinne gebraucht, dasz etwas in groszer zahl vorhanden ist: vilzälig, die merer zal, pluralis numerus 449ᵃ; die jagdnationen, die nie vielzälige geschäfte haben 5, 80 Suphan; unter der auszenrinde liegen die vielzähligen schichten eines feinen, doch starken ... bastes schriften 11, 113; umgeben von einem vielzähligen büschel borstiger ... blätter flora v. Deutschland ⁵ 3, 38. —
adj.: vielzähnig, viele zähne habend, multidentatus Campe; die enten ... haben einen ... vielzähnigen schnabel allg. naturgesch. 7, 446; ähren kopfförmig in einer vielzähnigen abgestutzten hülle 3, 393; dann muszten die frischen furchen noch mit einer vielzähnigen egge geriffelt werden laszt uns von der liebe reden (1909) 105. —
vielzackig: das man sein zuͦ letzt schwärlich, mit vilzanckechten gablen mächtig wurden Plinius (1543) 119; zanke ist nasalierte nebenform zu zacke, vgl.zankeht mhd. handwb. 3, 1028. —
nach den füszen gibt es ... vielzehige (vierfüszer) allg. naturgesch. 4, 484; übertragen: zwiebel vielzehig (knoblauch) 3, 555. —
vielzeilige partitur; (samen, der) in vielzeiligen ähren zu hundertfältiger frucht gedeiht ges. schriften 5, 12; vielzeilig, multifarius, mehrere reihen neben einander bildend Deutschlands flora 1, 199. —
Sabäismus, das vieldeutige und vielzeitige (durch viele zeiten, in vielen zeiten gebrauchte) wort 6, 101 Suphan; wie gern begleiten wir ihn durch das alterthümliche Nürnberg, durch das vielzeitige Augsburg (das viele verschiedene zeiten veranschaulichende) zu dem jugendlich belebten München briefe 31, 101 Weim. ausg. —
an den eichen gibt es drey arten von vielzelligen gallen allg. naturgesch. 5, 859; einzellige (protozoen) und vielzellige (metazoen) tiere. —
ist das leidige wetter ... im garten weniger genieszbar als in einem vielzimmrigen hause briefe 13, 259 Weim. ausg. —
vielzüngig, viele zungen habend, im eigentlichen sinne von der fama nach der berühmten stelle des Vergil, dann überhaupt von ruf, gerücht, gerede, geschwätz, das von vielen zungen weiter getragen wird: niemand wuszte, woher diese rede ihren anfang genommen; sie wuchs schnell zu vielzüngigem gerüchte hinan gesch. d. Hohenstaufen 4, 18; die welt (gesellschaft, publicum) als vielzüngiges tier (vgl. vielköpfig): erdachte eigne lobeserhebungen bey sich selbst, mit welchen ihn das vielzüngigte thier, die welt, bis über die sterne erheben würde Schwabe belustigungen (1741 ff.) 2, 231; vielzüngig, nach zunge, sprache in gleichem sinne wie das vorbild polyglott, wird von Campe verzeichnet: eine vielzüngige bibel, polyglotte ebenda; ohne umlaut: polyglotte, in alten schriften ist das wort vielzungig, welches hier brauchbar wäre reinigkeit d. d. sprache (1795) 201; in unserem lieben, freilich vielzungigen Österreich schriften ser. 2, bd. 11, 146. im heutigen gebrauch scheint nur die umlautlose form in diesem eben belegten sinne verwendbar zu sein.
falsch ist die deutung bei Campe, der vielzüngig hier mit 'in vielen zungen oder sprachen redend' erklärt; gemeint ist vielmehr, dasz die redner der verschiedensten mittel der überredung sich bedienen. das adj. verschlimmert seine bedeutung und bezeichnet jemanden, der bald so, bald anders redet, dessen worten nicht zu trauen ist (vgl. doppelzüngig); in dieser anwendung ist im jetzigen gebrauch die unumgelautete form kaum verwendbar: geh aus meinen augen, vielzüngigter bösewicht neue schauspiele (Preszb.-Leipz. 1771 ff.) 12, 3, 65; einem so vielzüngigen manne durfte Alexius nicht ... den oberbefehl lassen gesch. d. Hohenstaufen 1, 584. —
die vertrauten
eilen, und unterrichten das volk, nach seiner erbittrung
jeder, mit seiner beredsamkeit, seinen künsten der sanften
oder strengen priesterlichkeit; vielzüngigte redner
Messias 9, 638;
den bedeutungen des adj. folgend: man erstaunte über die vielzüngigkeit der stämme Humboldt kosmos (1845 ff.) 2, 175; hier noch vielzüngig, -zungig, viele sprachen redend; scherzhaft: aber wir armen deutschen müssen nun, so lange die deutsche zunge dauert, den jammer einer vierfachen vielzüngigkeit in uns schlucken, wenn wir sagen: erstlich,
sie hat, zweitens Sie hat, drittens sie haben, viertens Sie haben werke 27, 374 Hempel. —
5)
viel verbindet sich mit einem vorhandenen adj., dessen begriff steigernd oder zur bezeichnung, dasz die eigenschaft in mannigfacher weise, nach verschiedenen richtungen sich offenbart, schon in alter sprache (s. oben unter III, 1 sp. 150 und 151): iþ Marja nam pund balsanis nardaus pistikeinis filugalaubis (ἡ οὖν Μαρία λαβοῦσα λίτραν μύρου νάρδου πιστικῆς πολυτίμου) Joh. 12, 3, über got. filu als adverb. beim adj. s. oben II, 3 sp. 125. im altnord. kommt einzelnes fjǫ als freies adverb. vor dem adj. nicht vor (fjǫl als subst. neutr. flotna fjǫl in Egils Hǫfuđlausn 17), dagegen in zahlreichen zusammensetzungen der poetischen sprache; hier handelt es sich also um sichere zusammensetzungen; schon oben ist bemerkt (sp. 151), dasz fjǫl den stab trägt. solche adj. sind fjǫlnýtr, -margr, -kunnigr, -blíđr, -dyggr, -dýrr, -errinn, -gegn, -góđr, -hress, -kostigr, -kœnn, -mætr, -nenninn, -vitr, -víss. daneben finden sich mit marg- gesteigerte adj. wie margdýrr, -fríđr, -fróđr, -illr, -nýtr u. a. im strengen prosastil werden diese gesteigerten adj. gemieden, nur marg-, fjǫlkunnigr, zauberkundig, ist allgemein gebräuchlich. hier aber handelt es sich nicht um blosze steigerung des adj.-begriffs, sondern um das wissen von vielen, den andern menschen geheimnisvollen dingen; fjǫlauđigr als beiname: Guđlaugr enn fjǫlauđgi Landn. 246, 24 Finnur Jónsson. über fjǫlskrúđigr s. oben unter 4 sp. 174. ags. fela alleinstehend wird nicht als adv. beim adj. gebraucht; am klarsten zeigt sich diese anwendung, wenn das adv. dem adj. nachgestellt werden kann, wie das im got. und ahd. der fall ist. in der ags. dichtung finden wir wie in der nordischen gesteigerte adjectiva, echte zusammensetzungen mit dem hochton auf dem ersten bestandteil:
vgl. noch felafæcne, -frēcne, -hrōr, -lēof, -meahtig, -wlonc. mit rücksicht auf die ags. beispiele ist filuwîs im Heliand als composition anzusehen, da filu den stab trägt:
aber:
über den gebrauch des adv. vor dem adj. im ahd. und mhd., den mundarten, die wiederaufnahme des viel vor dem adj. im positiv s. oben sp. 125 und 126. im nhd. erfolgt in vielen fällen zusammenrückung und -schreibung von viel und dem adj., besonders auch bei der wiederbelebung dieser verbindung. wie weit schon in älterer sprache dem sprachgefühl die beiden bestandtheile zu einem worte verschmelzen, ist schwer zu sagen, da eine veränderung des sinnes beim adj. durch die verbindung mit viel nicht eintritt. in der glosse pre fulgore, filoliohtiu, viloperhtiu ( 1, 514, 59) liegt die nachahmung eines miszverständlich angenommenen lat. adj. mit dem präfix prae vor, vielleicht darf man hier eine engere verbindung annehmen. ebenso wie das adj. wird das adv. durch viel gesteigert (s. unten vielleicht).
dasz es sich um zusammenrückung, nicht um eigentliche composition handelt, ergiebt sich aus der betonung: der hauptton liegt bei den adj., deren begriff durch viel gesteigert wird, auf der stammsilbe des adj.: vìelfrómm, vìelérnst, vìelédel, vìeléhrsam, auch vìelgestréng, vìelgetréu. anders aber ist es, wenn viel nicht einfach steigert, sondern die vorstellung des nach vielen seiten, in vielen richtungen gehenden hervortritt. das ist der fall, wenn das adj. verbalen sinn hat. hierher gehören adj. auf -sam wie vielbeugsam, das die gleiche bedeutung
hat wie vielbeugig, oder vieldeutsam, dem das gebräuchlichere vieldeutig zur seite steht. in diesen wörtern sollte der hochton zunächst auf viel liegen, wird aber gewöhnlich nach der bekannten regel nach der mitte verschoben; sie sind als zusammenbildungen von viel- und -sam mit dem verbum anzusehen. ebenso zusammenbildungen viel- mit bar: vielteilbar. zu verben gehören auch adj. wie vielbeweglich, leichtigkeit in verschiedenartiger bewegung bezeichnend, vieltauglich ('zu vielerlei tauglich' Campe); doch auch solche, in denen viel in zusammengefasztem sinne steht wie vieldünklich. alle diese wörter stehen dem oben unter 4 behandelten typus (zusammenbildung mit -ig) nahe, adj. wie vielgewichtig, vielgeschwätzig, vielgewaltig, vielgrimmig, auch äuszerlich, doch sind hier die adj. ohne viel nicht nur vorhanden, was bei den zusammenbildungen nicht immer der fall ist, sondern sie haben z. th. an sich schon eine emphatische bedeutung.
im nhd. wird die verwendung von viel vor adj. (und adv.) seltener, die möglichkeit der zusammenrückung beider bestandteile also geringer. es halten sich die verbindungen mit adj., die in der anrede, im titelwesen, briefstil gebraucht werden, und viel wird dann auch mit solchen wörtern zusammengeschrieben: vielwert, -lieb, -getreu, -treu, -gestreng, -günstig, -gütig, -ehrsam, -tugendsam, vieltugendreich (hier wird viel mit tugend verbunden und pluralisch empfunden, wie in zusammenbildungen mit -ig, vielblätterig). die romantiker bilden gern in anlehnung an die ältere sprache adj. mit steigerndem viel, vgl. vieledel, vielgolden, vielgrimm, vielgrün, vielhold, vielschön, vielweise. doch finden sich solche bildungen auch schon früher. einige der unten angeführten beispiele sind dem griechischen nachgebildet.
im bayer.-österreichischen ist viel vor dem adj. erhalten und wird von schriftstellern wie Anzengruber und Rosegger aufgenommen (vgl. vielherzig, vielsauber).
eine unsinnige bildung vielunzählig leistet sich Baggesen.
in der folgenden liste ausgewählter beispiele sind also adj. verschiedener typen zusammengefaszt, solche bei denen viel den begriff einfach steigert, und andere, in denen viel in extensiver weise den sinn des adj. ausbildet; meist hat dann das adj. einen verbalen sinn, wenn es auch nicht unmittelbar von einem verbum abgeleitet zu sein braucht; hier liegen z. th. zusammenbildungen vor. —
—
(hier ist viel nicht einfach steigernd, das adj. ist dem griech. πολύτλας nachgebildet, vgl.
↗vielduldend, vieldulder). —
—
—
—
will der vielgütige gott auch, dasz es den menschenkindern kundt und er dadurch gepreiset werde pers. reise beschreibung 1, 1; höflichkeitsanrede: meinem groszen und hohen gönner, mächtigem beförderer und vielgütigem patronen poet. u. mus. lustwäldchen (1652) III b. —
—
—
—
—
—
—
wer, mein vielliebes kind? widerholte er werke (1899) 6, 309. —
der allgütige gott wolle E. Maj. krone mit vielreichen segen überschütten gesprechspiele 5, 436;
—
vielschöne, archaisierend:
getrennt: nun ist wohl wahr, dasz der sommer und sonderlich das frühjahr viel schön sind. gleich wenn der winter schnee aufthauet und man den bloszen leib der erde zum erstenmal wieder sieht, fängt diese vielschönheit an Claudius Asmus (1775 ff.) 4, 99. —
—
—
—
—
der Vilweisz als scherzname fastn. sp. 2, 857 lit. ver. —
—
gewāt him đā se gomela mid his gædelingum,
frōd felagēomor fæsten sēcean
Beow. 2950;
cwom đā tō flōde felamōdigra hagstealdra hēap
1888;
frôd endi filuuuîs — forn uuas that giu
570;
filuuuîse man furn gisprâcum
624;
endi im sagda filu langsamna râd. uuarđ eft lioht kuman
4527.
warum treiben sie den vielbedächtigen Campe nicht besser an briefe 5, 285 Werner. —
nun war wohl auch die regierung des landes auf die vielbedeutsame sache aufmerksam geworden Rosegger schriften (1895 ff.) 13, 122. —
da weiber so gern ihre empfindungen in worte übersetzen, und durch vielberedsamkeit mehr, als wir uns, sich von den papageien unterscheiden, worunter die weiblichen wenig reden Levana 1, 129. —
in der verschiedensten weise beugsam: der griechischen kunstschule ..., die in ihren schranken jedes bewegliche unseres vielbeugsamen körpers darzustellen .. sich getraute 22, 171 Suphan. —
die 2 aoristos (im griechischen), die 3 futura, die participia und media, und die ganze vielbeugsamkeit eines verbi doppelwörter 100. —
gewöhnlich von der reflexiven u. passiven anwendung des verbums ausgehend, die möglichkeit der bewegung nach verschiedenen seiten, in verschiedenen richtungen bezeichnend, besonders im übertragenen sinn: die vielbewegliche melodie der leidenschaft (deren bewegung eine sehr verschiedene sein kann) 22, 70 Suphan; vielbeweglich kann aber seine bedeutung auch von der activen bedeutung des verbums aus entwickeln, wie das einfache beweglich, dieses steigernd: eine vielbewegliche melodie kann auch eine stark bewegende sein. —
gleichen sinns wie vieldeutig: (medaille,) die statt der grosherz. köpfe einen sehr sinnreichen und
vieldeutsamen revers zeigen wird Göthe-jahrbuch 1, 347. —
gegen die feyertags berockte, allmodische, schlanckliche, vieldünckliche studenten buben briefe 3, 46 Weim. ausg. —
in gehobener sprache, zunächst auf personen bezogen, besonders in der anrede:
—
vieledle frau, wir wollen gerne warten
schriften 1, 143;
verschüttet aus den kannen
flosz der vieledle wein
ges. werke 1, 171.
im älteren stil der höflichkeit, dann gelegentlich als altmodisch aufgenommen; in verbindung mit tugendsam, auf das viel ebenfalls zu beziehen ist: auf begehren der hochädlen, viel-ehr und tugendsamen frauen Anna Barbara von Schlieben fortgepfl. musik.-poet. lustw. (1657) 113. —
falsche zeugnis. hon und spott,
speichel auch der knechte
leidet der vielfromme gott
das evangel. kirchenlied 2, 33.
herz, mein herz, du vielgeduldiges
Elster
1, 72
feuriges vielgelenkes geflatter (gegensatz: stilles schweben) werke 15—18, 233 Hempel. —
wie hoch-edel, kostbar und vielgeltbar, auch nur die allerkleinste, geringste, und ärmste menschen seel, vor- und in den augen, ja herzen gottes müsse geachtet seyn Simpl. 3, 268 lit. ver. —
wolgelahrter, vielgeschwinder und hellstimmiger mester Lollinger Peter Squenz 6 neudr. —
in meinem vielgeselligen, mit tausenderley menschen in berührung kommenden leben jahrb. der Grillparzerges. 3, 312. —
im
über die verwendung von gestreng als ehrenprädicat ritterlichen standes s. oben th. 4, 1, 2, sp. 4252; scherzhaft aufgenommen: ihr vater selber, der vielgestrenge kohlenbrenner, ist im stande und jagt sie davon schriften (1895) 7, 111. —
über getreu zur bezeichnung des verhältnisses des gefolgsmannes zum herrn, des dieners zum herrn, des untergebenen zum fürsten s. oben th. 4, 1, 3, sp. 4501 ff., die verwendung des wortes im verkehr zwischen höher und niedriger stehenden sp. 4507 ff. diesem verhältnis entspricht die anwendung von vielgetreu bei Schiller:
das wort wird mit dem ende des 18. jh. in der schriftsprache seines gefälligen rhythmus wegen viel gebraucht:
im verhältnis der liebenden, ehegatten:
sie bedauerte ihre mutter, allein sie war bemüht dabey auch ihrem vielgetreuen zu gefallen lebensläufe (1778) 1, 222; schon im mhd. wird vil mit getriuwe verbunden:
—
willkommen meine vielgetreuen bürger
aus Orleans
die jungfrau von Orleans 1, 3;
Rhampsenit von gottes gnaden
könig zu und in Ägypten,
wir entbieten grusz und freundschaft
unsern vielgetreu'n und liebden
Elster.
1, 330 wer hat wohl meinem arm und meinem schwerdte
von allen göttern bis anher genützt,
wenn du's nicht warst, mein lieber, vielgetreuer?
schriften 1, 350;
und den vielgetreuen sänger
hält man ferngebannt, verschlossen
gedichte 1, 209 Schmidt-Hartmann;
aber keiner, als ihr vielgetreuer,
rührte jemals ihren sinn
ged. 60 Halm;
mit trûrigem muote der vil getriuwe man (Rüdiger),
den er daz reden hôrte der helt der blicte in an
Nib. 2078, 1.
sehr verschwenderisch (vgl. geudig bd. 4, 1, 3, sp. 4630): wie ... Demea ... so gäch zuͦ vil geydig seye Terenz (1539) 107ᵃ. —
steigerung von gewaltig (s. den beleg aus Göthes Pandora), doch dann auch den unter 4 besprochenen zusammenbildungen nahestehend, s. oben sp. 175; Jesuiten sind vielgewaltig im Göthe-jahrb. 9, 137;
—
und eins erbitterte ihn recht,
ein vielgewalt'ger — pferdeknecht
Suphan;
27, 381 ihm ruht zu hause vielgewaltiger ein stamm,
der stets fernaus — und weit und breit umher gesinnt
Weim.;
50, 310 denn vielgewaltig (δεινὴ) ist bei mensch und gott der zorn
des schutzbefohlnen
Aischylos übers. von (1841) 171.
das einfache gewichtig, das schon schwer wiegend bedeutet, steigernd, doch steht die bildung dem unter 4 behandelten typus nahe, s. oben sp. 175;
vgl. unten vielwichtig. —
den vielgewicht'gen speer in kräft'ger hand
Klytemnestra 1, 4.
und den vielgoldnen sonnenglanz
lass in den becher schauen
ges. schriften (1852 ff.) 5, 351.
ihn dränget mit braus
sein feind, der vielgrimme, der winter, der leide
werke (1867 ff.) 2, 587.
grimmig steigernd:
in folgender stelle aber kann es auch als zusammenbildung mit grimm, m., gefaszt werden, s. oben sp. 175:
—
der könig über die schulter sah,
vielgrimmig sah er drein
ged. ⁷395;
ist er vilgrimmig, ist sie stillstimmig
ist er stillgrimmig, ist sie troststimmig
Hauffen.
3, 171 wohl auf und geh in den vielgrünen wald,
da steht der rothe frische morgen
schriften 16, 75.
vielgültig, magnum pondus habens 683; vielgiltig, magnum pondus habens 1, 617; besonders auch im curialstil verwendet; veraltet, aber noch von Adelung und Campe verzeichnet: ein vielgültiger mann; sein vielgültiges ansehen; ein vielgültiges fürwort für jemanden einlegen Adelung; wan auch der h. reichs cantzler, durch sein vielgültiges vermögen, den churfürsten zu Sachsen dahin disponirte schwed. krieg 2, 471 (1653); die offtmals gewaltige miszgunst, die vielgültige unwissenheit fortgepfl. musik. poet. lustw. (1657) zuschrift; name eines mitgliedes der fruchtbringenden gesellschaft: der vielgültige Palmbaum 283; dero vielgültige meynung schrifftlich zu eröffnen erznarren 216 neudr.; also ersuche eure hochedelgebornen inständigst, mir dero vielgültigen beystand in diesem stücke zu gönnen gedichte (1745) 639; er erfreuet dich durch den hellen klang dieser vielgültigen opfer werke 3, 480; der vielgültigste vorspruch umständl. lehrgeb. 2, 94;
—
schau ihn ferner gnädig an,
du sein löblicher Augustus und vielgültiger Trajan
neuspr. teutscher palmbaum (1668) 336.
die vielgültigkeit (der hohe wert) der musik ist ursach daran beyträge z. krit. historie 7, 16; die vielgültigkeit oder die logische wichtigkeit ... einer erkenntnis 8, 40 Hartenstein. —
verstärkung von günstig in der bedeutung von 'wohlgesinnt, geneigt'. es ist daher im briefstil der älteren nhd. zeit zunächst ein prädicat, das dem höherstehenden vom tieferstehenden gewährt wird, daraus erklärt sich dann die allgemeine anwendung in höflicher anrede: vielgünstiger herr, und freund, ewren willen zuvollbringen schauspiele engl. comöd. 269 Creizenach; in welcher zahl meine vielgünstige herren insonderheit zu zehlen ich grosze ursache habe Königsb. dichterkr. 218 neudr.; vielgünstiger leser pol. maulaffe (1679) vorrede. —
sobald di bitte mein
vom hailgen bærge sein
hat erhört der vilgütig
psalmen 16 neudr.;
danken auch dem hrn. kriegsrath für seine vielgütigkeit briefe von und an (1838) 91. —
dem buntstoffigen romane und der vielhandlichen historie ges. schriften (1897) 4, 11. —
wollest der vielheiligen (σεμνᾶς Suppl. 139) ahnin kinder der ehe, ach,
unvermählt, unbezwungen lassen fliehn
Aischylos übers. von (1841) 288.
schönes schlosz, vielheitre tage —
schlummernd rauschen, vogelsang
sämtl. werke (1864) 1, 621.
einen vielherzigen blick schlug sie zweimal auf zu der Toni schriften (1895) 13, 345; vgl. viel II 3 sp. 125. —
vielholde frauen,
an eurer hand laszt mich das haus beschauen
dram. werke (1828) 3, 190;
sanft küszt die nacht,
die vielholde trösterin,
die tagmüde erde
moderne dichtercharactere 1.
Dirke's vielklarer quell (ὕδωρ τε Διρκαῖον Septem 290) vor allem trank labesüsz
Aischylos übers. von (1841) 356.
und als herzog Barnim, der vielkleine mann,
um mit markgraf Ludwig zu fechten,
war bis an den Cremmer-damm heran
ges. werke II, 1, 226.
als name zur bezeichnung eines sich gescheit dünkenden: welches meister Vielklug nicht glauben dürfte, welcher der natur grund an fingern zehlen kann schriften (1620) 2, 273. —
sie haben gar lange geschwiegen
von mancher vielköstlichen mär
moderne dichtercharactere (1885) 168.
spöttisch: sachte, vielkühner ritter! heut zu tage spielt man die romane anders sämtl. schriften (1777) 3, 291. —
vielliebe schwester hör mich freundlich an.
held des nordens 2, 13;
es wird auf unserer viellieben erden
so lange sie wandert, nicht anders werden
moderne dichtercharactere (1885) 163;
vielreicher fried, der schönest du bist
ausz allen göttern jeder frist
Polybius (1574) 457;
hüter ihr drinnen vielreichen horts, die ihr in schlosses schoosze weilt
Aischylos übers. von (1841) 145 (Choeph. 785).
auff dem vielschönsten königssaal
da möcht ihr euch mit freud ergötzen
lit. verein,
3, 1457 wohin ich geh und schaue,
in feld und wald und thal,
vom berg' hinab in die aue:
vielschöne, hohe fraue,
grüsz' ich dich tausendmal
s. werke (1864) 1, 473;
grüsz dich gott z'tausendmal
vielschöne nacht!
ges. werke 6, 268.
er war da vielschöne gesessen auf auen.
werke (1867 ff.) 2, 587.
immer wieder küss' ich, du einziges herz,
deinen vielsüszen kindermund.
moderne dichtercharactere (1885) 13.
(im fremdenbuch) fand ich auch den vielteuern namen Adalbert von Chamisso 3, 33 Elster;
—
unsres vieltheuren (φίλου Choeph. 774) herrn waise ward ins leidensjoch
eingeschirrt
Aischylos übers. von ²145.
ich mich einen viel-treueren freund der Römer bezeigen wollte Octavia 3, 101;
—
getrost, vieltreuer sohn! bald heilen all' die wunden
gedichte (1854) 274.
er (gott) wird verhoffentlich dein hausz forthin erhalten,
vil-tugendreiche frau.
erstes gebüsch (1647) 136.
vielunzähl'ger stanzen und romanzen
in zahllosvielen trippel-assonanzen
poet. werke (1836) 3, 231.
ihr vielverderblichen (πολυφθόρους Septem 902) im kampf
Aischylos übers. von ²381.
du wirst nun auch schon alt, vielweise mutter
held des nordens 2, 6;
in höflicher anrede: herrn Arnold Müllern seinen vielwehrten groszen freund neuer teutscher parnasz (1652) 212; hochgeehrte und sämtliche vielwehrte anwesende fortgepfl. mus.-poet. lustw. (1657) 2, 97; mein vielwerther ritter, antwortete sie volksb. v. geh. Siegfried 86 neudr.; ich bin sehr erfreut, vielwertheste frau hofräthin Iffland theatr. werke (1827 ff.) 4, 200; der Vielwehrte, gesellschaftsname des Christoph Albrecht v. Adelsheim neuspr. palmb. (1668) 394. —
o süsze stimme! vielwillkomner ton
der muttersprach' in einem fremden lande
Weim.
10, 35 und froh der vielwillkomnen pflicht,
macht er im flug sich auf
krit. ausg.
11, 252 6)
dem nhd. gehören zusammenbildungen von viel- und -er mit verbalstämmen an (s. unter a), meist gelegenheitsbildungen, nur einige wie vielschreiber, vielwisser haben sich im allgemeinen sprachgebrauch festgesetzt. die bildungsweise ist noch ganz lebendig; neben der zusammensetzung mit viel ist das einfache m. auf -er an sich überall möglich, wenn auch nicht immer gebräuchlich. neben den mit viel- zusammengesetzten m. auf -er stehen f. auf -erin (vielfragerin, vielwisserin); der verbale sinn des zweiten bestandtheils wird sehr deutlich empfunden, gewöhnlich ist viel- das object zu dem im zweiten bestandtheil enthaltenen verbalbegriff (vieldulder), doch kann viel auch als adverb. bestimmung bei einem intransitiven verbal - subst. stehen (vielirrer). der verbale sinn, das verhältnis einer auf das object gerichteten thätigkeit kann in der zusammenbildung stark hervortreten, während im subst. auf -er ohne viel diese verbale vorstellung nicht mehr so deutlich empfunden wird: man vergleiche vieldichter und dichter. neben dem richtig gebildeten vielreder steht das weit öfter gebrauchte vielredner, viel wird mit dem vom subst. ahd. redina abgeleiteten wort zusammengesetzt, dabei wird aber verbaler sinn deutlich empfunden, mehr jedenfalls als bei redner. ebenso ist das verhältnis zwischen lügner und viellügner. Campes verdeutschung vielherrscher für polykrat ist miszlungen, weil hier das bei diesem worttypus vorwaltende verhältnis zwischen viel und dem verbalbegriff des zweiten bestandtheils nicht beachtet wird. vielherrscher soll nach Campe den einzelnen unter vielen bezeichnen, die eine herrschaft ausüben. eine zusammenbildung mit vielerlei (vielerleiwisser) neben einer solchen mit viel findet sich z. b. bei Holtei.
viel schwächer ist die gruppe der zusammenbildungen von viel- und -er mit substantiven (s. unter b). die meisten sind dem griechischen nachgebildete zoologische namen, durch die bezeichnet wird, dasz bestimmte äuszere kennzeichen in masse, gröszerer anzahl oder doch mehrzahl vorhanden sind; vgl. vielhufer neben einhufer; vielborster, -dorner, -flosser, -stachler, umgelautet: vielmäuler, -zähner. andere bildungen sind selten; belegt sind unten vielkünster, vielgötter (daneben vielgötterer), vielweiber, wörter, die sich nicht gehalten haben. Fr. L. Jahn bildet vielspracher. -ler, statt -er zeigen vielfüszler, -röckler, -weibler; vielsilbler neben vielsilber; s. auch vielzüngler; -ner für -er in vielflächner.
um zu bezeichnen, dasz kennzeichen in gröszerer anzahl an einem wesen oder gegenstande vorhanden sind, können auch zusammensetzungen ohne -er verwendet werden (vielauge, -finger, -napf, -strahl u. ä.). diese sind unten einzeln eingereiht.
im pathologischen sinne, in dem vielfrasz nicht angewandt werden kann: einige merkwürdigkeiten aus dem leben eines zu Ilfeld im jahre 1771 verstorbenen viel- und steinfressers hannov. magazin 1788, 1505. —
a)
'einer der viel betet' (als 'niedriges, aber deshalb noch nicht verwerfliches wort'). —
(universelle schriftstellerfertigkeit) über die vieldenker und die eindenker, Schlegel z. b. und Fichte Minor. —
3, 294
herr v. Halem scheint mir ein vieldichter zu werden — das ist nicht ganz gut lit. nachl. (1835) 2, 391. —
aber die personen dieser berühmten vielerzähler (A. Dumas und E. Sue) sind dir unbekannt Gutzkow ges. werke (1872 ff.) 11, 387. —
eine speise vor einem vielesser, eine flasche wein vor einem trinker retten Campe unter retten; krankhaft veranlagter vielesser krankh. namenb. 115ᵇ. —
hierzu vielfragerin, f.: die vielwiszerinn, vielfragerinn von Baden war sehr honnet gegen mich in schriften d. Goethe-ges. 16, 215. —
doch triffts sonders die fresser an,
die man gar nicht erfüllen kan,
mit recht vielfresser gnennet wern
proverb. copia (1601 ff.) 2, 212;
hergegen findt man leut, die seynd beredt, geschwetzig, und vielhendler zeitkürzer (1603) 62. —
ein aufnehmer Hades, ein vielherberger Polydegmon, ein segner Pluton antisymb. 1, 199. —
als verdeutschung von polykrat bei Campe; s. die einleitende bemerkung vor diesem abschnitte. —
nicht ist schendiger dan ein velklaffer unde hoverdich quelle bei mnd. wb. 5, 224ᵇ (s. oben klaffer, schwätzer, verleumder th. 5, sp. 900 und klaffen sp. 894). —
'einer, der viel kann, vielerlei zu machen, zu verrichten gelernt hat; wie auch, der viele kenntnisse besitzt' Campe; er bezeichnet das wort als von ihm herrührend und für die 'untern (scherzenden, spottenden, launigen) schreibarten' geeignet. es wird durchaus im ernsten sinne verwendet. —
affatus, vilreder nov. gloss. 10ᵇ; loquentuleius, schwatzmaul, laferer, villreder, lafermann synon. (1550) c 6 c; vielreder, blatero, loquaculus; vielrederinn, loquacula, nugigerula 1542. —
multiloquax, vilredener gloss. 370ᶜ; obersteuerrath Schraube, ein feinschmekker, ... flottleber, vielredner ... führte das grosze wort erz. schriften 8, 200; s. die einleitende bemerkung vor diesem abschnitt. —
1) 'einer, der viel schreibt; besonders ein schriftsteller, welcher viele bücher schreibt oder geschrieben hat (polygraph)' ; als verächtliche bezeichnung eines schriftstellers, der mehr durch die weitschweifigkeit, besonders auch massenhaftigkeit als den wert seiner schriftstellerei gekennzeichnet wird, seit dem 18. jh. gebräuchlich, zuerst aber noch im neutralen sinne: Plato, Aristoteles, Cicero, und andere vielschreiber unter den alten vern. tadl. 2, 39, 26; er wäre ein merkwürdiger autor geworden, wenn er nicht vielschreiber, ja sudler geblieben wäre schriften 6, XVII; 2) name einer art klein- oder schabkäfer (dermestes polygraphus) Nemnich.
—
ich stelle mich lieber neben den antworter — als den vielschwätzer Lavater physiognom. fragmente (1775 ff.) 4, 137; s. oben viellügner. —
die gelehrte vielsprecherin hatte allein schuld, dasz ich nicht einmal wuszte, wie sie aussah reise i. d. mitt. provinzen v. Frankr. 7, 351. —
alltagsgesichter oder heuchelnde vielthuer Suphan; bei Campe als 'niedriges, aber deshalb nicht verwerfliches wort' bezeichnet. —
23, 190
zuerst, du edeldreister, — vielversprecher und mehrleister Rückert werke (1867 ff.) 11, 524. —
selbst ja ihr ionischer Mithomer fleht im eingang der Odyssee, dasz auch ihm die muse, wie andern vor ihm, etwas von dem vielwanderer offenbare (πολύτροπος) antisymb. 2, 233. —
wie vielschwätzer: ob du schon auff meine wort dich als ein vielwascher auszreden und beschönen kannst wendunmut 1, 66 Österley. vgl.
↗waschen 8 th. 13, sp. 2242. —