Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Neubearbeitung (²DWB)

dürftigkeit, f.

Fundstelle: Band 6, Spalte 1803, Zeile 44
DÜRFTIGKEIT f.   spätmhd. dürfticheit. mnd. dörftichēit. meist im sing., plur. vereinzelt unter 1 a. 1 zu 1dürftig adj. 1. a armut, materielle not. häufigste verwendung: ⟨1260/80⟩ er vorht, ez wær den (gefangenen) frowen leit, / ob er ersæche ir dürfticheit Pleier Garel 6600 W. u1565 arme personen, .. (die) oftmals grosser dürftigkeit und abgangs leiblicher narung halben [sich] übergangen (haben) (Augsb.) chr. dt. städte 32,126. 1710 wer seine dürfftigkeit vor guten freunden gäntzlich verbirget, daß sie aus unwissenheit seines zustandes ihm eine gutthat nicht einmahl anbiethen können Thomasius, klugheit 162. ⟨1828⟩ dürftigkeit ist pauvreté, ein zustand, wo man seine bedürfnisse nicht vollständig befriedigen kann Rau volkswirthschaftspolitik (1839)516. 1940 hat er kindheit und jugendzeit in bitterster dürftigkeit erlebt Saathoff Gött. (1937)2,65. körperliche oder geistige bedrängnis, menschliches elend, miseritas: ⟨2.h14.jh.⟩ (Maria,) noch der menyhe vnsir dorfftikit irbarme dich obir vns in: Johann v. Neumarkt 4,198 K. ⟨1421⟩ (gott sprach zu Eva:) ich wil manchfeldigen deyne dorfftickeit (aerumnas tuas, 1. Mose 3,16) Rothe düring. chr. 16 L. 1636 indeme er im leid und trauren wegen seines unlengst verstorbenen söhnleins und anderer zugestossenen dürfftigkeit .. dermassen abgemattet ward Hoppe schwed.-poln. krieg 474 T. 1732 was kann auch ein geschöpf, bey seiner dürftigkeit, / dem schöpfer wol vor andern dienst erweisen, / als .. / ihm dancken poesie d. Niedersachsen 4,31 W./K. 1823 die kunst soll unser leben erhöhen und erheitern, alle dürftigkeiten desselben und aller jammer der welt soll uns in ihrer nähe verschwinden Tieck nov. 1,46. b zu 1dürftig adj. 1 b; armseligkeit schäbigkeit: 1846 (er) ersuchte mich, die dürftigkeit des lokales (bescheiden eingerichtetes zimmer) nicht ihnen zur last zu legen Holtei 40 jahre (1843)6,33. 1966 ein abgeschabtes kinderbettchen in seiner dürftigkeit, sonst war nichts im zimmer Zwerenz Casanova 403. 2 zu 1dürftig adj. 2. a kümmerlichkeit, schmächtigkeit: 1687 das letzter’ (richtiges beschneiden des weinstocks) uns geniessen / mehr trauben macht als sonst / dardurch gemässigt wird / des weinstocks dürfftigkeit Hohberg georgica 1, anh. 39b. ⟨1819⟩ wir haben .. die größere dürftigkeit (der arktischen flora) .. auf der flachen sandigen küste Amerika’s (gefunden) Chamisso w. (1836)2,364. ⟨1900⟩ sie hat auch eine .. erkenntnis ihrer körperlichen dürftigkeit; sie sieht sich flach wie einen tisch Freud ges. w. 2/3,381 F. b unzulänglichkeit, unergiebigkeit: ⟨v1679⟩ du solst alsdenn mit lust den süssen willen schauen / trifft meine dürfftigkeit gleich nicht das rechte ziehl Hofmannswaldau helden-br. (1680)121. 1769 die das amt eines kunstrichters nicht aus selbstzufriedner dürftigkeit des geistes .. übernehmen Gerstenberg rezensionen 183 DLD. 1926 trotz der dürftigkeit der mittel war der unterricht vortrefflich Ostwald lebenslinien 1,94. 1965 auf die dürftigkeit der resultate hinzuweisen Habe mission 185. 3 zu 1dürftig adj. 3. a zu 1dürftig adj. 3 a. α bedarf, bedürfnisse: ⟨u1300⟩ (Christus,) der mit in (menschen) uf der erden gienc / und eben teil ir durft enpfienc, / wachte, slief, az und tranc, / .. den sie san glich in hie queln / an alle der durftikeit / die diz vellige vleische treit Heinrich v. Hesler apokalypse 11311 DTM. ⟨1548⟩ hat er den zunftmaistern und zwölfern nach eraischung aines jeden dürftigkait aintweders gelt fürgestreckt, ain vaß mit wein .. und dergleichen haimgeschickt (Augsb.) chr. dt. städte 33,365. ⟨v1683⟩ sintemahl ein fürst .. sich bey aller welt verächtlich machte, wenn er seine schwäche durch dürfftigkeit frembde hülffe zeigte Lohenstein Arminius (1689)2,1400b. 1763 berg, .. der mit dicken bäumen bewachsen, und schon bereit stehet, die dürftigkeit der menschen zu befriedigen allg. forstmagazin 2,226 S. lebensunterhalt: 1646 daß die Alcida, in der insel Formentera, gantz alleine, aller dürfftigkeit manglete Kueffstein/H. Diana 3,43. β mangel: ⟨E14.jh.⟩ ess spricht sant Augustin: / kein groͤsser armud mag gesin / noch uff erden kein grosser dorfftikeid / danne das ein darffet der wisheid Rothe keuschheit 4068 DTM. 1623 wirstu dise, die proviand belangende ordnung fleissig obseruirn vnnd halten lassen: dergestalt, daß sie dir keine verwirrung oder confusion, vil weniger auch eyniche dürfftigkeit vervrsachen, vnnd also dein gantzes vorhaben vernichten .. möge Machiavelli, kriegs kvnst 334. 1836 nur furchtbare bürgerkriege und glaubenskämpfe, zuletzt die dürftigkeit des ueberflusses haben einen trüben schleier über jenes fröhliche leben (des ‘fröhlichen England’) ausbreiten können Mendelssohn Europa 69. b zu 1dürftig adj. 3 b. erfordernis, notwendigkeit: 1296 si suͦln auch .. allem chauffe ze chauffen und ze verchauffen also auflegen, daz dem chauffer vnd dem verchauffer nach der gestalt der zeit und auch der durftichait werde behalten corp. altdt. originalurk. 3,455 W. ⟨1675⟩ daß er .. sich .. der einsamkeit befleisse; so er aber ampts oder dürfftigkeit halben unter leute gehet, .. Spener desideria (1680)258.

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dürftiger
Zitationshilfe
„dürftigkeit“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Neubearbeitung (1965–2018), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb2/d%C3%BCrftigkeit>.

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