Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Neubearbeitung (²DWB)

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1dürr, adj.

Fundstelle: Band 6, Spalte 1805, Zeile 54
1DÜRR adj.   (1) ahd. durri, mhd. dürre. as. thurri, mnd. dörre; mnl. dorre, nnl. dor; ae. þyrre; an., isl. þurr, norw. tørr, dän. tør, schwed. torr; got. þaúrsus. schwachstufiges, suffixbetontes germ. u-adjektiv neben durch got. gaþaírsan vertretenem starken vb. mit darre f., dorren vb., dörren vb. und durst m. zur idg. wz. *ters- ‘trocknen, verdorren; durst, dürsten’, die auch in ai. tṛṣú- ‘gierig, lechzend’, av. tařsu- ‘nicht flüssigund alat. torrus ‘ausgetrocknet’ vorliegt. (2) wmd. doppelformen wie lothr. dîr / dùr, dòr, obhess. dërr / dorr, rhein. dī:r, dęr u. a. / dur, dǫr u. a. sprechen für eine für alte adjektivische u-stämme charakteristische einsilbige, umlautlose formvariante, ebenso in frankfurter druck: ⟨1621⟩ einen dorren .. weg Wallhausen camera (1623)35. obd. u-formen dürften dagegen eher auf umlauthindernder wirkung der r-verbindung beruhen. (3) vom 12. bis 18. jh. literarisch begegnendes dörr(e), bis ins 17. jh. auch ohne umlautbezeichnung dorr(e), ist überwiegend senkungsform kann aber auch auf einwirkung von dörren vb. zurückgehen. –unflektiert und adverbial herrscht in den apokopierenden mdaa. seit spätmhd. zeit einsilbiges dürr. nach kurzer periode verstärkter wmd. und obd. bezeugung der im omd. und norddt. bewahrten zweisilbigen form im 18. jh. rasches vordringen von auch im nichtapokopierenden mundartgebiet seit 16. jh. bekanntem dürr, das seit 2. viertel 19. jhs. schriftsprachliche norm ist. (4) das adjektiv weicht seit ahd. zeit vor synonymem trocken zurück und hat sich dem konkurrenzwort gegenüber nur in den durch ein stark hervortretendes sekundäres element gekennzeichneten bedeutungenunfruchtbar’ (IA2), ‘welk’ (IA1a) und vor allem ‘mager’ (IA1b) behauptet – den nd. mdaa. ist dürr weitgehend unbekannt. seine stelle ist durch sōr besetzt. I eigentlich; trocken. A ohne oder von geringem feuchtigkeitsgehalt. 1 in bezug auf organismen, ohne die für ein frisches aussehen nötige feuchtigkeit. a von pflanzen und ihren teilen, welk, vertrocknet, abgestorben: 8.jh. ligna arida paum thurri ahd. gl. 1,87,29 S./S. ⟨u1160⟩hs.14.jh. in dem winder wirt durre daz gras / daz des sumers was grûne Heinrich v. Melk erinn. 234 H./K. 1551 dieweil will ich ein fewr auffzinden, / schawen, wo ich dürr holtz moͤg finden Wickram 6,95 LV. 1840 das dürre laub raschelte Alexis Roland 2,158. 1960 im osten stand wald, dürre, kahle stämme Noll abenteuer 1,142. auch in ihrer funktion als futter, gerätschaften, waffen u. dgl.: ⟨n1291⟩ manic sper / von dürren stangen vesten Reinfrid v. Braunschw. 807 LV. 1468 und schol der phleger seinew phert heften an ain düren zaun öst. weist. 9,444. 1780 man mähet sie (wiesen) ab zu grünem oder dürren futter Hünlin staatsbeschr 1,315. zum sprichwort geworden ist die übersetzung von Luc. 23,31: u830 bithiu oba sie in gruonemo boume thisiu tuont, uuaz ist in themo thurren? Tatian 2201,5 S. 1670 denn es pflegt zu heissen: ist das geschehn am grünen holtz, was wil am dürren werden? müssen die unschuldigen kinder das leyden, wie wird es den sündlichen erwachsenen ergehen! Cordes Parchim 61. sprichwörtlich ist auch der dürre zweig oder ast, auf dem taube und tauber umeinander trauern: ⟨u1200/10⟩ ir (Gahmurets witwe) freude vant den dürren zwîc, / als noch diu turteltûbe tuot Wolfram Parzival 657,10 L. ⟨1842⟩ turteltäubleins klagen. .. ich sitz’ auf einem dürren ast und klage Hoffmann v. F. ges. w. 1,50 G. redensartlich, das dürre reis, der dürre ast u. ä. der galgen: ⟨E12jh.⟩ des dorres rîses / dâ dî dîve ane nemen ende Heinrich v. Veldeke lieder 58,12 F./Sch. 1615 vnangesehen er ein schelm .. ist vnd so lang hin vnd wider vmbzeucht, biß er letztlichen an einem dürren holtz behencken bleibt Albertinus landtstörtzer 432. dürres und grünes als rechtssprachliche formel: 1541 verner wiesen die scheffen einem ehrw. h. abt zu bann vnndt man .. durre vnndt grune weist. 2,250 G. bildlich: ⟨1130/50⟩ so sule wir uns gote bevelechen / mit teme gelouben .., gruone bir wir denne. / swer so gelouben niene hat, der ist durre unde tot himml. Jerusalem 10,8 M. 1573 ich bin gar duͤrr .. wie ein abgemeyet graß Lobwasser psalter Mm 3a. b von mensch und tier und ihren gliedern, mager. α durch alter, krankheit, hunger u. dgl. abgemagert, abgezehrt: u830 uuas thár man thes zesua hant thurri uuas Tatian 269,1 S. 1532 wo man einen aus hungern wil .., da mus wol mager und durrer leib aus komen Luther w. 31,1,439 W. 1973 eine sehr alte dürre frau Hey mord 55. das dürre (ge)bein, der dürre knochen der von fleisch und haut entblößte knochen: ⟨u1147⟩ sam mag diz durre gebaine / .. niemer lebendich werden kaiserchr. 10200 MGH. ⟨1760⟩ laß mich .. im .. beinhaus / jene .. flammen erblicken, die über die haufen / dürrer knochen und schädel .. sich breiten Zachariä schr. (1772) 2,177. dürr als beiwort des todes: ⟨1567⟩ von kaͤlt gerinnt dein edel blut / das duͤnckt den duͤrren reuter gut Hellbach Grobianus (1572)117a. 1788 bis der dürre stöhrenfried / mich ins grab wird drängen Langbein ged. 233. redensartlich, die dürren brüder die gehenkten: u1480/1 geb dir got den rechten lon, / .. dauß an der dürren prüder orden Folz reimpaarsprüche 36,238 F. gelegentlich in die bedeutungdurstig’, vereinzelt auch ‘hungrigübergehend: ⟨1250/4⟩ nu lebin wir dúrre als wir sin tot: / wir sehin niht wand himil brot Rudolf v. Ems weltchr. 13346 DTM. 1677 kanstu .. nicht .. den dürren magen stillen, / wenn du wenig in dich schlingst? Knittel sinnenfrüchte 1,23. 1910 die lippe noch dürr die sträubte, aus der brackigen jauche sich zu netzen Wolfskehl ges. w. 2,191 R./B. β zunehmend von bloßem magerem körperbau: ⟨u1185⟩ (ein pferd) was erwünschet alsô: .. mit dürrem gebeine, / ze grôz noch ze kleine Hartmann Erec 37344 ATB. 1541 inn den dünnen vnd schwangeren vnnd dürren glyderen, die gantz geschickt vnnd taͤttigk Boner Plutarch 1,32b. 1777 ich habe mir ein monster von dickem backen ganz wider allen sinn meiner dürren constitution geholt Goethe IV 3,171 W. 1960 das mädchen, das ihn auserkoren hatte, war dürr wie ein haselstecken Noll abenteuer 1,168. c von künstlich getrockneten kräutern, früchten, fischen, tierischen produkten u. dgl. in dieser bedeutung schriftsprachlich seit 19. jh. durch die part. prät. von dörren und trocknen ersetzt: A9.jh. (in tympano) sicca (pellis resonat) turre ahd. gl. 2,235,3 S./S. ⟨u1230/40⟩ sie hâten .. fleisch unde vische, / dürre unde frische Stricker Daniel 3904 R. u1678 ein einigs weib, .. welche sich noch mit dürrem obst erhielt freib. diözesan-arch. 5(1870)261. 1846 nur wer .. die .. dürre schiffskost geschmeckt hat, macht sich einen begriff von dem genusse, den frische lebensmittel .. den seefahrern gewähren Tschudi 1,3 faks. noch mdal. al. und wmd., in bezug auf fleisch und fische speziellgeräuchert’. 2 vom boden, ländern und landstrichen, durch wassermangel öde und unfruchtbar: hs.A9.jh. daer unhreino gheist uz argen git fona manne ferit after durrem stetim monsee fragments 7,12 H. ⟨1180/90⟩ do spranch ein brunne .. ouz der dürren molten obd. Servatius 1383 W. ⟨n1496⟩ ein berg .., der ist 100 meilen lang und ist ein hohes durres gebirge pilgerreisen 324 R./M. ⟨n1804⟩ obgleich diese pflanze selbst in dem dürresten boden gedeiht Grasz reise (1815)1,100. 1942 vom boden dieser dürren, kargen erde Gigon Dunant 52. bildlich: ⟨12.jh.⟩ diu durren herze .. von dem tou des heiligen geistes werdent wuocherhaft altdt. pred. 124 J. 1784 so ist .. mitten im glänzendesten menschengewühle alles dürr, .. öde und leer Zimmermann einsamkeit 1,20. 3 in bezug auf klima, witterung, hitze, von geringer luftfeuchtigkeit, regenarm: 8.jh. uentis siccis uuind thurri ahd. gl. 1,139,34 S./S. 1579 (pflaumenbäume) woͤllen .., das man .. sie, wann es doͤrr ist, begiesse Sebiz feldbau 364. 1670 weil Afrika meistenteils unter dem dürren oder brennendem luft- oder himmelsstriche gelegen Dapper, Africa 3b. ⟨1930⟩ hochwasser im frühling, dürrer sommer Werfel dr. 2,37 K. von daher mhd., frnhd. formelhaftes dürrer durst: ⟨1250/4⟩ ein dúrrir durst der brennet mih Rudolf v. Ems weltchr. 20892 DTM. 4 von pflanzen, früchten und bestimmten pflanzenteilen, von speisen und nahrungsmitteln, nicht saftig: ⟨u1300⟩ alle speis der sel ist dürr si en sie mit öl begözzen wunnepaum d. minnenden sel 465 A. 1542 feigen seind auch zweyerley, etliche feucht, etliche dürr Dryander gantze artzenei 32b. 1792 die arten dieses kelchs sind: .. trocken .., wenn die blätter dürre .. sind Willdenow kräuterkde. 85. 5 von breiigem, eingetrocknet, fest; von teigigem, durchgebacken von flüssigem, geronnen: 1343 48 wastel (milchbrote), die sullen .. durre gebacken sin würzb. polizeisätze 64 H. 1682 das blut dörre in einem .. hafen, .. daß es wol trocken und dürr werde Hohberg georgica 1,280b. noch: 1965/8 derrer kuhdräck südhess. wb. 1,1900. 6 von samenkörnern, besonders vom getreidekorn, vom holz, holzwerk und holzgerät, vom brot u. dgl., ausgetrocknet: ⟨1.h15.jh.⟩ denselben nuwen gesellen leren messen .. und sich zu halten mit dorrer und fuchter fruchte frankf. amtsurk 260 B. 1633 vmb selbige zeit ward Montebaur .. angezündet. welche .., weil alle ding so gar dörr vnnd hitzig waren, in vier stunden gantz verbrandte Gottfried hist. chr. (1630)7,113. ⟨1928⟩ ein kuchen .. lag noch .. im schränkchen; .. endlich war nur noch ein dürres ränftlein übrig Carossa (1949)2,110. 7 von räumen und behältnissen mit trockenen wänden: 14./16.jh.? die hueber sollen geben den rossen dürre krupfen und trucken stell weist. 1,705 G. B von trockener oberfläche, nicht durchnäßt. zunächst und vor allem vom erdboden, nicht von wasser bedeckt: 863/71 zugun sie (fische) .. zi stade joh zi sante, zi thurremo uzlente Otfrid V 13,18 E. dr.1573 kommt der sommer .., / muß eyß wie wasser werden / vnd das feld wider dürr kirchenlied 4,822 W. ⟨1842⟩ wie du (ein degen) .. im winkel ruhst, .. wie der hecht im dürren Lenau s. w. 764 E. – sonst nur schwach bezeugt: 14.jh. Gedeones dúrres vel / so fúchte wart von hymel hel schweizer Wernher 29 DTM. 1672 einen .. becher voll hippocras .., den leerte ich auß biß auff den dörren boden Grimmelshausen vogelnest I 67 Sch. ⟨1830⟩ sein aug’ ist dürr, .. sein herz gebrochen Chamisso w. (1836)4,130. C versiegt, getrocknet. von gewässern und tränen: hs.E12.jh. stagna arefaciam sê durre mache cod. pal. vind. 2682 2,85 LGF. 1532 es waren die thraͤher .. schon dürr worden Hedio Hegesipp 107a. 1633 daß ein quell baldt reich an waßer rinnt / baldt dürr vndt trucken ist Opitz Vesuvius 27. D in bezug auf den aggregatzustand, nichtflüssig. 1 von festen körpern: ⟨1525/6⟩ das selbig salz ist dürr heraus (aus der erde) komen und nit feucht Paracelsus I 13,95 S. ⟨v1703⟩ nun giesse man einen eßig auff eisen-feil, so werden selbige heiß; vom blossen dürren saltz .. aber nicht, weil kein liquor, darinnen es agiren kan Kunckel collegium (1738)362. 2 vereinzelt wird ein gasförmiger körper als dürre flüssigkeit bezeichnet: ⟨1633⟩ alles dinne und dürre wasser der fliessenden lufft Czepko geistl. schr. 91 M. E im rahmen der lehre von den vier elementen: ⟨v1022⟩ fîer elementa bindest tu sô zesamine. .. taz heiz unde chalt .. unde durre. unde naz Notker 1,2,191 ATB. 1542 hat ein gesunder mensch ein traͤg ader, bedeut ein kalte vnd dürre natur Dryander gantze artzenei 51b. II ohne einen für gewöhnlich vorhandenen bestandteil oder ein zu erwartendes attribut; meist fachsprachlich. A der bestandteil, das attribut weist das merkmal des feuchten, flüssigen auf. 1 dürres brot brot ohne fetten aufstrich oder belag: ⟨u1120/30⟩ er az niwan durriz brot, dar zuͦ tranch er wazzir guͦt milst. genesis 77,32 D. 1935 der arbeiter fände keine arbeit oder eine solche, die ihm keinen butter auf sein dürres brot erlaube Dörfler zwingherr 163. 2 dürre mauer ohne verwendung von mörtel aufgeführte mauer: hs.13.jh. maceriae der durren muren trierer ps. 278 G. ⟨z.j.1422/3⟩ menig schuz .. in das hus geschach, / biß daß man die muren .. brach, / daß si .. sich mit türren muren behelfen muͦstent lieder Württembergs 7 S./M. 3 in krankheitsnamen. dürrer husten husten ohne auswurf. ⟨1349/50⟩ die dürren huosten Konrad v. Megenberg b. d. natur 417 P. 1611 triumphwagen Antimonii 174. –dürrer grind, dürre räude u. ä. nicht nässendes ekzem: ⟨1517⟩ die erst matery ist dürrer grind. die ander feücht Gersdorff wundartzney (1528) aa 3a. 1632 allerley sorten deß grinds vnd der räute, sie sey flüssig oder dörr Hörnigk saurbrunnen 27. 4 dürre tür nicht geölte tür: 1654 man muß mit schmieren / .. dürren thüren / .. rathen Logau sinnged. 483 LV. B das merkmal feucht, flüssig fehlt. 1 bei geldbezeichnungen, bar: 1395 duͤrrs silbers 219 1/2 markch runtingerb. 2,110 B. 2 ohne beköstigung: 1407 in den zwein gedingen .., so der camrer den huͦbern essen git .. zuͦ den zwein dúrren gedingen weist. 4,217 G. 3 in der bergmannssprache. a dürres erz erz, dem bestimmte mineralbestandteile fehlen: 1617 wann .. die ertz .. dürr .. seyn, die sich nicht selbst verbleyen Löhneysz bergkwerck 22. 1856 dürre erze sind solche metallhältige mineralien, welche keinen oder wenig schwefel in ihrer verbindung haben Scheuchenstuel öst. bergspr. 61. dürre kluft kein erz führende gesteinsspalte: 1785 die b flötze werden .. manchmal .. so verschoben, daß .. kaum eine dürre kluft sichtbar ist magazin bergbaukde. 1,108 L. III übertragen. A dürftig. 1 von menschen in ärmlichen verhältnissen, ihrer nahrung kleidung usw.: ⟨1.h13.jh.⟩ der arme dürre gute frau 2838 S. 1472/3 eyn kleyn ställein darinn .. er auf eyn wenig stroe dem pfaffen ein dürres petlein machet Schlüsselfelder decameron 583 LV. 1771 wie ich in so dürren umständen sein könne, über ein päckchen bange zu werden, das mich .. eine zechine kostet Füszli br. 165 M. 1922 wie .. das volk selbst dieselbe kirche aushielt, indem es seine dürren taschen ausleerte Bucharin, materialismus 255. jmdn. dürr ab-, ausspeisen jmdn. knapphalten: ⟨v1565⟩ (Christus) speiset vns .. duͤrr abe mit threnenbrot Mathesius hist. Christi (1568)2,90a. 2 allgemein von etwas mangelhaftem, unzureichendem, nur in geringem maße vorhandenem: 1543 wir sind arme, duͤrfftige, duͤrre herrn in unserm regiment Luther w. 54,99 W. ⟨1908⟩ das erste primitive und dürre gelingen Rilke br. 1,252 A. 3 von geistigen erscheinungen, pedantisch, unergiebig, geisttötend; seit 19. jh. die geläufigste übertragene bedeutung: 1673 mit der praedicabilium dürren quincunce (logische form) und der syllogismorum schrecklichen ordnung Reinhold reime dich 2. 1786 er .. gab .. das dürre meteorologische studium auf Musäus volksmärchen 191,171 Z. 1950 das .. dürre der rein verstandesmäßigen konstruktion L. Curtius welt 249. B auf anschauungen der mittelalterlichen naturlehre (s. I E) beruht die übertragung auf einen zustand seelischer nüchternheit. nicht inbrünstig, nicht ergriffen; vor allem im religiösen bereich: ⟨1343/5⟩ (nd./md. or. 1250/75) o fúres gluͦt, entzúnde mich! / wie lange sol ich alsus dúrre sin? Mechthild v. Magdeburg 27 M. 1950 meine seele ist dürr .., und während ich das offizium bete .., empfinde ich mich wie ein leeres gebäude Langgässer argonautenfahrt 103. C genau. 1 in beziehung auf klares sprechen und denken; in dieser bedeutung von Luther in die schriftsprache eingeführt. a vom sprachlichen ausdruck, deutlich, ohne umschweife und beschönigung: 1528 das ist .. durre deudsch gnug geredt Luther w. 23,533 W. ⟨1849⟩ in dürren zahlen zu ermitteln, wie viel tüchtige gelehrte aus schulen .. hervor gegangen sind J. Grimm kl. schr. (1864)1,234. besonoers häufig die wendungen mit dürren worten und dürr heraussagen, -sprechen: 1523 warumb es gutt sey nicht freyen, streycht er mit duͤrren wortten aus Luther w. 12,136 W. 1659 Ovidius sagets rund und dürre heraus ..: morte carent animae Bucholtz Herkules 1,119. 1959 Friedr. Kluge erklärt mit dürren worten: ‘im simplex trifft der german. akzent die erste wortsilbe’ Kaufmann bildungsweise 34. – unter einwirkung von III A 3 seit ende 18. jhs. mehrfach bedeutungsverschiebung zu unangemessen nüchtern, direkt: 1795 der alte .. fing nun an, nach den süßen geheimnissen der liebe mit dürren worten .. sich zu erkundigen Goethe I 21,73 W. 1936 Goethe hat sich .. mit dürren worten darüber ausgelassen, wie er zu diesem ausgang (des ‘Faust’) gekommen ist Hübner kl. schr. 279 K./P. b seltener in bezug auf präzises denken: 1539 das sie rein und duͤrre koͤnnen unterscheiden zwischen der vermeinten kirchen .. und der rechten kirchen (bearbeitung) Luther w. 46,10 W. 2 in anderem zusammenhang nur 1. hälfte 16. jhs. in omd. texten: ⟨1509⟩ dem rost muss man einen frischen sandt zuschlagen, damit sicht (l. sichs) feine dürre arbeit cod. dipl. Silesiae 20,164. 1523 an disen zwayen stucken da wil ers duͤrr und stracks gehalten haben (nachschr.) Luther w. 12,592 W. D als attribut von bezeichnungen für etwas unangenehmes unerwünschtes: 1650 den kuß .. an dem viel tausent pein und dürre marter hangt Schirmer rosengepüsche 54. 1846 der jenseitsglaube ist ein dürrer fluch Keller 14,87 F. E vereinzelt von gehörseindrücken: 1541 fragor aridus, ein dürrer knall Cholinus/F. dict. 111a. 1930 zweige knackten dürr Roth Hiob 50.

2dürr, adj.

Fundstelle: Band 6, Spalte 1810, Zeile 17
2DÜRR adj.   s. türr.

dürren, vb.

Fundstelle: Band 6, Spalte 1812, Zeile 77
DÜRREN vb.   mhd. dürren. mnd. dörren; ae. þyrran; norw., dän. tørre. von dürr adj. abgeleitetes schwaches vb. I. konkurrierendem dorren, dörren gegenüber an häufigkeit zurücktretend. seit ende 18. jhs. nur noch mdal. obd. und poetisch. 1 infolge feuchtigkeitsverlustes zusammenschrumpfen vor allem von pflanzen, welken, absterben: hs.13.jh. also daz houwe .. daz, e dann ez wrde gebruchen, durrete trierer ps. 607 G. ⟨1482⟩ dem daz fleisch vnd daz geblüeth entgeit, dem durret syn margk in den roren in: Sudhoff beitr. gesch. chirurgie (1914)2,578. ⟨1907⟩ die sommerwiese dürrt von arger flamme George w. 1,270 B. 2 die innere feuchtigkeit entziehen. meist von künstlichen trockenmaßnahmen: ⟨u1475⟩ drei tag darnach durren sie die frucht Matthias v. Kemnat 115 H. 1769 um diese erwärmte höhlen zum dürren feuchter körper gebrauchen zu können Suckow scheidekunst 181. 1918 das dürren (des heus) ging bei solchem wetter natürlich nur sehr langsam vor sich alt-wandervogel 13,90. aber auch in bezug auf trockene witterung, auszehrende krankheiten u. dgl.: 1526 eynen durrenden ostwind Luther w. 19,190 W. älter medizinisch von der austrocknenden wirkung bestimmter heilmittel: 1546 die .. rinden am faulbaum .. heilet vnd dürret den selben (grind) Bock kreüterb. 3,17b.

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dürftiger
Zitationshilfe
„dürren“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Neubearbeitung (1965–2018), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb2/d%C3%BCrren>.

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