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fadenscheinig

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GrammatikAdjektiv
Aussprache 
Worttrennung fa-den-schei-nig
Wortbildung  mit ›fadenscheinig‹ als Erstglied: Fadenscheinigkeit
eWDG

Bedeutungen

1.
abgetragen und dadurch durchscheinend geworden, schäbig
Beispiele:
ein fadenscheiniger Anzug, Mantel
seine Kleidung ist schon recht fadenscheinig
[ein] Rock … fadenscheinig und blank gescheuert [ I. SeidelLabyrinth378]
übertragen dünn, schwach, kraftlos
Beispiele:
ein fadenscheiniges Wesen, eine fadenscheinige Stimme
ein fadenscheiniger Trost
die verhockte, fadenscheinige Gestalt eines Schreibers oder Buchhalters [ FedererBerge391]
fadenscheinige, dürftige Leistungen [ KlepperSchatten758]
2.
abwertend leicht durchschaubar
Beispiele:
ein fadenscheiniger Grund
unter einem fadenscheinigen Vorwand ein Angebot zurücknehmen
die Ausrede, Entschuldigung war fadenscheinig
fadenscheinige Ausflüchte, Erklärungen
Die Ausstellung in München hatte das Werk unter fadenscheiniger Begründung abgelehnt [ Kellerm.Totentanz233]
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Faden · fädeln · einfädeln · fadenscheinig
Faden m. ‘gesponnene Woll- oder Baumwollfasern’, auch Längenmaßeinheit, ahd. fadam, fadum ‘Garn, Klafter’ (8. Jh.), mhd. vadem (-m bis ins 17. Jh. bezeugt), vaden (seit dem 14. Jh.) ‘Faden, Garn, Schnur, Draht’, asächs. faðmos (Plur.) ‘Maß von 6 Fuß, Klafter, die ausgebreiteten Arme’, mnd. mnl. vādem ‘Maß der ausgebreiteten Arme, zu 6 Fuß gerechnet (auf Garne, Tauwerke, Meerestiefen bezogen), Faden, 6 Fuß hoher und 6 Fuß breiter Haufen Brennholz, Klafter Holz’, aengl. fæþm ‘Umarmung, Klafter, Schutz, Busen, Faden, Elle’, engl. fathom ‘ausgebreitete Arme, Längenmaß von 6 Fuß’, nl. vadem ‘Klafter, Zwirn’, anord. faðmr ‘Umfassung, Umarmung, Busen’, schwed. famn (germ. *faþma-) gehen mit lat. patēre ‘sich erstrecken, offenstehen’ und griech. petannȳ́nai (πεταννύναι) ‘ausbreiten, öffnen’ auf die Wurzel ie. *pet- ‘ausbreiten’ (besonders die Arme) zurück. In den germ. Sprachen bezeichnet das Wort als Maßeinheit die Länge der ausgebreiteten Arme (1 Faden = 6 Fuß oder 1 Klafter), danach das Gemessene, den Faden (Garn, Schnur usw.), seit dem 15. Jh. das Maß für die Meerestiefe; ausgehend von der Vorstellung der schützend ausgebreiteten Arme auch ‘Schutz’ und ‘Umarmung’. roter Faden ‘durch eine Erzählung oder Darstellung hindurchgehende Leitlinie, Leitmotiv’, bildliche Verwendung (Goethe 1809) in Anlehnung an den roten oder überhaupt farbigen Faden, den die britische Flotte (seit 1776) als Eigentumszeichen in das Tauwerk eindrehen läßt. – fädeln Vb. ‘auf einen Faden reihen, einen Faden durch eine enge Öffnung ziehen’, im 18. Jh. wohl zum Deminutivum Fädel gebildet. Oder iterativ zu älterem (bis ins 17. Jh. bezeugtem) fädmen? Vgl. ahd. fadumōn ‘spinnen, einfädeln, nähen’ (Hs. 12. Jh.), mhd. vedemen. einfädeln Vb. (17. Jh.), älter (16. Jh.) einfademen, einfädmen. fadenscheinig Adj. ‘abgenutzt, daß die einzelnen Fäden sichtbar sind, abgewetzt, durchsichtig’ (18. Jh.), älter fadenscheinisch (17. Jh.) und fadenschein (16. Jh.), zu mhd. schīn Adj. ‘sichtbar’ (s. scheinen).

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

aufgesetzt · geheuchelt · gespielt · künstlich · ostentativ · vorgeblich · vorgeschoben  ●  fadenscheinig ugs.
Assoziationen
Antonyme

abgenutzt · abgescheuert · abgetragen · abgewetzt · aufgescheuert · fadenscheinig · reif für die Altkleidersammlung · verschlissen · zerschlissen  ●  schleißig österr. · oll ugs.
Assoziationen
  • auftragen (Kleidungsstück) · so lange tragen bis es auseinanderfällt
  • halt dich nicht lange damit auf · wirf es weg  ●  (das) ist gut für die Tonne ugs. · (das) kann weg ugs. · (etwas) kann (zum Müll o.ä.) ugs., variabel · (nur) weg damit ugs. · hau weg den Scheiß (gespielt prollig) ugs. · immer weg damit ugs. · reif für die Tonne ugs. · schmeiß es weg ugs. · sieh zu, dass das wegkommt ugs.
  • abgegriffen · abgenutzt · abgewetzt · alt  ●  oll ugs., regional
  • (etwas) ramponiert · (leicht) lädiert · nicht der (die/das) allerneueste · schon (etwas) mitgenommen · schon bessere Tage gesehen haben
  • Fetzen · Lumpen  ●  (ein) Fetzen von (einem Kleid / Anzug ...) variabel
  • rundgedreht (z.B. Schraubenkopf)  ●  abgenudelt ugs. · rundgelutscht ugs., salopp · vergurkt ugs.
  • durchgescheuert · durchgeschlissen  ●  durch ugs. · durchgewetzt ugs.

(leicht) durchschaubar · schlecht kaschiert  ●  durchsichtig fig. · fadenscheinig fig. · Das merkt doch ein Blinder (mit dem Krückstock). ugs., fig., Redensart
Assoziationen

fadenscheinig · halbherzig · nicht ehrlich · nicht ernst gemeint  ●  pflaumenweich fig. · lau geh.
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›fadenscheinig‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›fadenscheinig‹.

Verwendungsbeispiele für ›fadenscheinig‹

maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora

Schon die amtliche Begründung für die neue Regelung ist nämlich äußerst fadenscheinig. [Die Zeit, 01.11.1985, Nr. 45]
Allerdings ist auch die offizielle Begründung, dies sei der europäischen Solidarität wegen geschehen, allzu fadenscheinig. [Die Zeit, 10.10.1975, Nr. 42]
Und mit diesen fadenscheinigen Argumenten hat er schließlich die Mehrheit hinter sich gebracht. [Die Zeit, 23.03.1973, Nr. 13]
Diese Begründung ist fadenscheinig, denn die Förderung des Handels mit einem Land bedarf keiner eigenen Bank. [Die Zeit, 01.04.1966, Nr. 14]
Das Wort und der Begriff sind unter zu vielen Händen fadenscheinig geworden. [Hofmannsthal, Hugo von: »Neue deutsche Beiträge«. In: Bertram, Mathias (Hg.) Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka, Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1922], S. 10452]
Zitationshilfe
„fadenscheinig“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/fadenscheinig>.

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Worthäufigkeit

selten häufig

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