fehlen
Vb.
‘abwesend, nicht vorhanden sein, einen Irrtum, ein Unrecht begehen’,
Aus
afrz.
falir,
faillir
‘verfehlen, im Stich lassen, versagen, fehlschlagen, sich irren’
(
frz.
faillir
‘einen Fehler begehen, sich irren, versagen’),
dann auch
‘jmdm. entgehen, mangeln, nötig sein’
(oft unpersönlich
afrz.
frz.
il faut
‘es ist nötig’),
das über
vlat.
*fallīre
auf
lat.
fallere
‘betrügen, täuschen, irreführen’
zurückgeht,
wird
mhd.
vælen,
vēlen
‘verfehlen, nicht treffen’
entlehnt,
daneben gleichbed.
mhd.
failieren,
fālieren,
fallieren
mit stärkerer Bewahrung der fremden Form
(zu unterscheiden von
nhd.
fallieren
‘Bankrott machen’,
Übernahme des 16. Jhs. von gleichbed.
ital.
fallire,
im 16./17. Jh.
auch
‘betrügen’,
in diesem Sinne unmittelbar aus dem
Lat.).
Das zunächst als Turnierausdruck aufgenommene Verb
(‘beim Stoß mit der Lanze das Ziel verfehlen’)
gilt bereits im
Mhd. entsprechend dem
afrz. Vorbild
auch für
‘sich irren’,
für
‘fehlschlagen’
und
‘mangeln, nicht zur Verfügung stehen’.
Eine Variante
mhd.
veilen
setzt sich noch in
frühnhd.
feilen
fort,
namentlich im
Md.,
wohl beeinflußt durch ebenfalls aus dem
Frz. stammendes
mnd.
fēilen
‘verfehlen, fehlschlagen, mangeln, im Stich lassen’.
–
Fehl
m.
‘Makel, Mangel, Verfehlung’,
mhd.
væle
f.,
Entlehnung aus
afrz.
faille
‘Mißerfolg, Irrtum, Mangel’,
das über
vlat.
*fallia
auf
lat.
falla
‘Betrug’
zurückgeht.
Maskulines Genus entwickelt sich wohl
bei der verkürzten artikellosen Form des Substantivs in den Fügungen
mhd.
āne væl,
sunder væl
‘jeden Irrtum ausschließend, zweifelsfrei, ganz gewiß’,
die gleichbed.
afrz.
sans faille
nachbilden
(vgl. dagegen mit anderer Auffassung
nhd.
ohne Fehl
‘makellos’).
Wahrscheinlich aus Verb und abhängigem Akkusativ
(vgl.
einen Fehl gebären
bei
Luther
und danach im älteren
Nhd.)
sind Bildungen wie
fehlgehen,
fehlgreifen,
fehlschlagen
entstanden;
diese werden bis ins 19. Jh. häufig getrennt geschrieben
(
fehl gehen
usw.),
da das erste Glied einem Adverb ähnelt.
Hieraus erklärt sich
fehl
Adj.
Adv.
‘falsch, irrig, ergebnislos’,
das seit Ende des 15. Jhs. vielfach nachweisbar ist,
heute nur noch in der jungen Wendung
fehl am Platz(e) sein
‘unpassend, unangebracht sein’.
Der genannte verbale Bildungstyp
ermöglicht substantivische Zusammensetzungen,
ohne daß in jedem Falle das entsprechende Verb vorausgeht:
Fehltritt
m.
‘falscher Schritt, Vergehen’
(16. Jh.);
Fehlschluß
m.
‘falsche Schlußfolgerung’
(16. Jh.);
Fehlgeburt
f.
‘Abgang einer nicht lebensfähigen Leibesfrucht’
(18. Jh.);
Fehlanzeige
f.
‘negativer Bescheid’
(um 1900,
zuerst soldatensprachlich vom negativen Schießergebnis).
Das Kompositionsglied
fehl-
ist bis in die Gegenwart produktiv,
vgl.
Fehlentscheidung,
Fehlkonstruktion,
Fehlleistung,
Fehlverhalten,
Fehlzündung.
–
fehlbar
Adj.
‘mit Mängeln behaftet, unvollkommen’,
schweiz.
‘einer Verfehlung schuldig’
(um 1600),
wohl Rückbildung zu
unfehlbar
Adj.
‘frei von Irrtum, untrüglich’
(16. Jh.).
Fehler
m.
‘Irrtum, Versehen’,
anfangs auch
‘Fehlschuß’
(16. Jh.).
verfehlen
Vb.
‘nicht erreichen, nicht treffen’,
mhd.
vervælen
‘fehlen, sich irren, trügen, nicht treffen’;
Verfehlung
f.
‘Irrtum, Vergehen’
(17. Jh.).