Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

flottieren

Grammatik Verb · fottiert, flottierte, hat/ist flottiert
Aussprache  [flɔˈtiːʀən]
Worttrennung flot-tie-ren
Herkunft aus flotterfrz ‘schweben, schwimmen’
Duden, GWDS, 1999 und DWDS

Bedeutungen

1.
Medizin etw. flottiert (in etw.)in einer Flüssigkeit frei beweglich schwimmen
Beispiele:
Die Hauptstämme der Zotten wachsen am Endometrium (= Gebärmutterschleimhaut) an, die kleineren Zotten flottieren in den mit mütterlichem Blut gefüllten Lakunen (= Gefäßlücken). [Deller, Thomas: Histologie. Das Lehrbuch. [o. O.]: Elsevier Health Sciences 2018, S. 543]
Da nur der Blutdruck die Arterie daran hindert zu kollabieren, muss sie frei flottieren, sobald man durch eine zirkuläre Kompression den Innendruck dem Außendruck angleicht. [Hellbrügge, Theodor: Handbuch der Kinderheilkunde. Band II/1a. [o. O.]: Springer-Verlag 2013, S. 214]
In der flüssigen Fraktion des Bluts, dem sogenannten Plasma, flottieren Elektrolyte, Proteine, Nährstoffe, Mineralstoffe, Abbauprodukte des Stoffwechsels wie etwa Harnstoff – alles in Wasser gelöst. [Die Welt, 04.10.2008]
2.
jmd., etw. flottiertdie Möglichkeit haben, sich von einem Ort zu einem anderen frei zu bewegen¹ (1)DWDS
Beispiele:
Wenn Kapital und Arbeitskräfte frei flottieren könnten, würde die Wirtschaft in den Ländern der Eurozone automatisch effizient funktionieren. [Süddeutsche Zeitung, 05.04.2019]
übertragen Kann man noch von Urbanität sprechen, wo Daten zwar frei flottieren, die Bürger aber überwacht werden? [Die Zeit, 01.01.2018 (online)]
übertragen[…] die Text‑Fundstücke aus dem Museum sind sorgsam ausgewählt, frei flottieren ihre Bedeutungen. [Süddeutsche Zeitung, 16.10.2017]
übertragen Der Begriff [»europäische Werte«] ist aus den Ufern seines semantischen Betts getreten, hat alle Dämme der Vernunft unterspült und treibt seitdem frei flottierend in der Gegend herum. [Neue Zürcher Zeitung, 22.08.2017]
übertragen Was tun mit dem Wust an Gesundheits‑ und Krankendaten, die weltweit im Netz flottieren? [Der Standard, 09.09.2014]
Vormoderne Energien, die wir glaubten überwunden zu haben, »flottieren« [nun wieder] durch alle Systemebenen der modernen Gesellschaft. [Die Zeit, 24.08.2006]
Die Epoche, da Meisterwerke frei von Museum zu Museum flottierten, scheint sich allmählich dem Ende zuzuneigen. [Süddeutsche Zeitung, 05.05.2006]
Dann [wenn man soziale Gruppen aus ihren Nischen verdrängt] […] flottieren sie in der Stadt, und das führt zu einer Aggressionssteigerung. [die tageszeitung, 19.12.1992]
3.
bildungssprachlich, fachsprachlich etw. flottiertsich in einem instabilen Zustand befinden (I 1), schwanken (2); sich in einem instabilen Zustand befinden (I 1) und durch äußere Einflüsse Schwankungen unterworfen sein³ (3 a); durch äußere Einflüsse leicht in einen instabilen Zustand zu bringen sein³ (3 c)
Beispiele:
Die Aufnahmefähigkeit des Live‑Publikums [während des Corona-bedingten Kulturevents im Internet] flottierte, mal sank die Zuschaueranzahl sogar auf nur 136 Personen. [Die Welt, 16.05.2020]
Die Stimmung flottiert [in Ivo Andrićs Roman »Wesire und Konsuln«], je nachdem, wie hoch Napoleons Stern in der Ferne gerade steht – eine Achterbahnfahrt, die in der Demütigung des Franzosen endet, der als gebrochenes Kind der Revolution ohnehin zu Zerrissenheit und Weltekel neigt. [Neue Zürcher Zeitung, 12.12.2017]
[Geplant war die Ausstellung als Bewegungsgeschichte der Moderne.] Wie die Moderne zu flottieren beginnt, lernen wir im Schnelldurchgang aber im Tanztheater [wo einerseits frei improvisiert wird, aber ebenso klassische Darbietungen aufgeführt werden]. [Die Welt, 16.10.2017]
[1968 hat die amerikanische Zentralbank die Golddeckung des Dollars aufgehoben.] Daraufhin begann alles zu flottieren: Werte, Geschlechter, Identitäten. [Neue Zürcher Zeitung, 08.12.2009]
Symbole, die […] fest zu einem Geschlecht oder einer sozialen Schicht zugehörig schienen, begannen [durch die Emanzipation einer Subkultur] zu flottieren […]. [Die Welt, 09.05.2001]
Währungen begannen [auf dem europäischen Markt vor der Einführung des Euro], mehr oder minder frei zu flottieren. [Der Spiegel, 02.11.1998]
Falls die Mark flottieren dürfe, sollte es nach Meinung des Zentralbankrats dem Direktorium überlassen bleiben, die notwendigen Maßnahmen zu treffen und unter Abwägung der währungspolitischen Interessen am Devisenmarkt zu intervenieren. [Der Spiegel, 24.05.1971]
4.
Textilindustrie etw. flottiertGarnfäden in einem Stoffgewebe über mehrere andere Fäden spannen (1), flechten um eine Webstruktur oder ein Muster zu erzielen; eine Fadenstrecke, ohne Bindung entweder als Kettfaden über einer Anzahl von Schüssen oder als Schussfaden über einer Anzahl von Kettfäden legen (7)
Beispiele:
Die einkettig‑einschüssige Bindungsart basiert auf dem Spitzköper, der durch eine regelmässige Zuordnung kurzer und langer Flottierungen entsteht. Sowohl die Kettfäden als auch die Schussfäden des Gewebes flottieren. [Waffelbindung, aufgerufen am 09.01.2021]
Christine Rinaldo, ehemalige Dozentin an der Väfskolan (Webschule) in Borås nannte die Bindung »Leinwand mit Sprüngen«, ein Leinwandgewebe bei dem gewisse Fäden manchmal hüpfen, flottieren[…]. [Droppdrällsbindungen (Gerstenkornbindung), 2020, aufgerufen am 09.01.2021]

letzte Änderung:

Thesaurus

Synonymgruppe
(sich) verändern · hin- und herpendeln · schwanken · wechseln  ●  (ständig) Volten schlagen geh. · flottieren geh., bildungssprachlich · fluktuieren geh., bildungssprachlich
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›flottieren‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›flottieren‹.

Zitationshilfe
„flottieren“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/flottieren>.

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Worthäufigkeit

selten häufig

Wortverlaufskurve

Wortverlaufskurve 1600−1999
Wortverlaufskurve ab 1946

Geografische Verteilung

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