Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

fressen

Grammatik Verb · frisst, fraß, hat gefressen
Aussprache  [ˈfʀɛsn̩]
Worttrennung fres-sen
formal verwandt mitVielfraß
Wortbildung  mit ›fressen‹ als Erstglied: Fress-Flash · Fress-Sack · Fress-Sucht · Fressanfall · Fressattacke · Fressbarren · Fressbauch · Fressbegier · Fressbeutel · Fressbude · Fresser · Fresserei · Fressfeind · Fressflash · Fressgelage · Fressgier · Fresskorb · Fresslust · Fressnapf · Fresspaket · Fressplatz · Fresssack · Fresssucht · Fresstempel · Fresstrog · Fressware · Fresswelle · Fresswerkzeug · Fresszangen · Fresszelle · Fresszettel · fress-süchtig · fressgierig · fressig · fresslustig · fresssüchtig
 ·  mit ›fressen‹ als Letztglied: abfressen · anfressen · auffressen · ausfressen · befressen · durchfressen · einfressen · festfressen · herausfressen · hindurchfressen · hineinfressen · kahl fressen · kahlfressen · leer fressen · leerfressen · totfressen · verfressen1 · vollfressen · wegfressen · weiterfressen · überfressen
 ·  mit ›fressen‹ als Binnenglied: Aas fressend · Aktenfresser · Bienenfresser · Deutschenfresser · Eisenfresser · Energie fressend · Feuerfresser · Fleisch fressend · Gras fressend · Insekten fressend · Kilometerfresser · Kolbenfresser · Kraft fressend · Pflanzen fressend · Platzfresser · Spritfresser · Strom fressend · aasfressend · energiefressend · fleischfressend · grasfressend · insektenfressend · kraftfressend · pflanzenfressend · stromfressend · zinsfressend
 ·  mit ›fressen‹ als Grundform: Fressen · zerfressen
eWDG

Bedeutungen

1.
Nahrung zu sich nehmen, sich Nahrung zuführen
a)
vom Tier
Beispiele:
Kühe fressen Gras
das Pferd frisst sein Futter, Heu
die Stare fressen die Kirschen von den Bäumen
das zahme Eichhörnchen fraß ihm aus der Hand
langsam, hastig fressen
der Igel frisst für den Winter auf Vorrat
der Wolf hat das Lamm mit Haut und Haar gefressen
der Esel fraß die Disteln mit Stumpf und Stiel
dem Hund zu fressen geben
die Tiere hatten nichts zu fressen
der Bär fraß sich satt, voll, dick und rund
die Raupen haben die Bäume kahl gefressen
die Motten fressen Löcher in die Kleider
wie die Katzen gierig fraßen [ Feuchtw.Teufel12]
bildlich
Beispiele:
landschaftlich, saloppdas hat die Katze gefressen (= das ist plötzlich verschwunden, nicht mehr da)
landschaftlich, vulgärdas frisst keine Sau (= dieses schlechte Essen isst niemand)
sprichwörtlichein gutes Schwein frisst alles (= ein guter Esser isst alles)
b)
vom Menschen
α)
essen
Beispiele:
vulgärsie wollen immer nur fressen und nicht arbeiten
vulgärwir hatten nichts zu fressen
vulgärgebt uns zu fressen!
vulgärer frisst alles
vulgärsolchen Dreck fresse ich nicht
vulgärsich satt, voll, dick und rund fressen
sprichwörtlichwas der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht (= vor einer unbekannten Speise hat man manchmal Misstrauen)
bildlich
Beispiele:
salopp, scherzhaftjmdm. aus der Hand fressen (= jmdm. in allem zu Willen sein)
saloppich will einen Besen fressen, wenn das wahr sein soll (= ich glaube es nicht)
salopp, umgangssprachlichjmd. hat nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen (= jmd. weiß nicht viel)
sprichwörtlichin der Not frisst der Teufel Fliegen (= in der Not ist man nicht wählerisch)
saloppWenn er die Weisheit tatsächlich mit Löffeln gefressen hat (= wenn er wirklich so weise zu sein glaubt) [ F. WolfGrenze5,104]
übertragen
Beispiele:
saloppihr fresst es nie (= begreift es nie)
salopp, sprichwörtlichwie es kommt, so wird es gefressen (= was einem auch immer bevorsteht, man muß damit fertig werden)
salopp, sprichwörtlich friss, Vogel, oder stirb (= dir bleibt keine andere Wahl, etw. zu tun)!
salopp, sprichwörtlichreim dich oder ich fress dich (= wird gesagt, wenn sich etw. unbedingt reimen soll)
etw. in sich fressen (= etw. ganz in sich aufnehmen)
Beispiele:
er fraß seinen Ärger in sich
Ich fraß mich in Zorn (= erfüllte mich ganz mit Zorn) [ MarchwitzaJugend163]
β)
unmäßig, gierig essen, schlingen
Beispiele:
vulgärer isst nicht, er frisst
vulgär friss nicht so!
vulgärer frisst für drei
vulgärwie ein Wolf, Schwein, Scheunendrescher fressen
vulgärsie fraßen wie die neunköpfigen Raupen
vulgärsie kennen nichts anderes als fressen und saufen
vulgär friß, bis dir der Bauch platzt [ A. ZweigGrischa214]
bildlich
Beispiele:
saloppjmdn. arm fressen (= jmdn. durch vieles Essen so schädigen, dass er arm wird)
saloppIhr habt uns bankrott gefressen [ WeinertRufe139]
übertragen
Beispiele:
saloppjmdm. die Haare vom Kopf fressen (= jmdm. alles wegessen)
Bücher, Zeitungen fressen (= viel lesen)
die Rennfahrer fraßen Kilometer (= brachten viele Kilometer hinter sich)
γ)
salopp, bildlich jmdn. fressen (= jmdn. (vor Zorn, aus Liebe) verschlingen wollen)
Beispiele:
er wird dich schon nicht fressen
du machst ein Gesicht, als ob du mich fressen wolltest
wir fressen niemanden (= tun niemandem etw. zuleide)
er fraß uns mit den Augen (= er blickte uns wütend an)
dich fresse ich noch zum zweiten Frühstück (= mit dir werde ich noch mit Leichtigkeit fertig)
ich lasse mich fressen (= ich wette), dass das wahr ist
jmdn. gefressen haben (= jmdn. nicht leiden können)
jmdn. vor Liebe fressen wollen (= sehr gern haben)
sie ist zum Fressen (= reizend anzusehen)
an jmdm., etw. einen Affen, Narren gefressen haben (= in jmdn., etw. vernarrt sein)
Freßt (= zankt) euch nicht gleich wieder in der Herrgottsfrühe [ MarchwitzaJugend6]
obwohl ich die Jungens zum Fressen gern (= sehr gern) habe [ HeyseI 1,544]
2.
etw. frisst (etw., jmdn.)
a)
umgangssprachlich etw. verbraucht, verschlingt etw., jmdn.
Beispiele:
Anschaffungen, neue Möbel fressen viel Geld
der Wagen fraß große Mengen Treibstoff
Mehlspeisen fressen Butter
ein Krieg frisst ungeheure Summen, Millionen Menschen
lange Sitzungen fressen Zeit und Kraft
ein fressender (= immer mehr Kosten verursachender) Besitz
b)
etw. greift etw. zerstörend an
Beispiele:
die Märzsonne frisst den letzten Schnee
das Feuer, die Flamme frisst
die Wunde, das Geschwür fraß
Säuren, Laugen fressen
ein Lager, Kolben frisst (= läuft wegen mangelhafter Schmierung nicht weiter)
die Brandung fraß unaufhörlich an den Deichen
der Rost frisst am Eisen
der Brand frisst um sich (= breitet sich zerstörend aus)
[die Hitze] fraß einem die Schädeldecke vom Kopf [ SeghersAufstand1,10]
mit prickelnden Stichen fraß (= stach) der Frost in ihnen [den Fingern] [ UhseBertram149]
übertragen etw. nagt, bohrt in jmdm.
Beispiele:
der Ärger, die Sorge frisst
Grimm, Verzweiflung, Sorge fraß an ihm
die Enttäuschung fraß in seinem Herzen
er ließ den Zorn in sich fressen
ihn fraß der Neid
zu tief schon hat der Haß gefressen [ SchillerBraut v. MessinaI 8]
Hör auf, mit deinem Gram zu spielen, / Der wie ein Geier dir am Leben frißt [ GoetheFaustI 1636]
Die hohle Wut […] ging über in fressende Angst [ ApitzNackt241]
3.
etw. frisst sich in, durch etw. (= etw. dringt in etw. hinein, durch etw. hindurch)
Beispiele:
die Säge, der Bohrer frisst sich in das Holz
der Bagger fraß sich immer tiefer in das Erdreich
die Schmelzwässer fressen sich durch den Schnee
übertragen
Beispiel:
die Reue frisst sich immer weiter in sein Herz
Dieses Wort ist Teil des Wortschatzes für das Goethe-Zertifikat B1.
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

fressen · Fresser · Fresserei · Fraß · gefräßig · Gefräßigkeit · Fresse · Fressalien · Freßsack
fressen Vb. ‘Nahrung aufnehmen’ (von Tieren), ‘unmäßig, unkultiviert essen’, ahd. freʒʒan (8. Jh.), mhd. v(e)reʒʒen, asächs. fretan, mnd. mnl. vrēten, nl. vreten, aengl. fretan, engl. to fret (‘zerfressen’), got. fraïtan, mit dem unter ver- (s. d.) behandelten Präfix gebildet zu dem unter essen (s. d.) angeführten Verb (vgl. got. fra-itan), eigentlich ‘vollständig aufessen’. In diesem Sinne gilt das Verb in alter Zeit für jede Form der Nahrungsaufnahme; die oben genannte Bedeutung wird erst im Nhd. üblich. – Fresser m. ‘Schlemmer, Prasser’, mhd. vreʒʒer; vgl. gleichbed. ahd. freʒʒo (Hs. 12. Jh.), filufreʒʒo (10. Jh.) und frāʒ (10. Jh.), filufrāʒ (11. Jh.), s. Vielfraß. Fresserei f. ‘üppige, schwelgerische Mahlzeit’ (15. Jh.). Fraß m. ‘unschmackhaftes Essen’ (dafür auch die Substantivierung das Fressen), mhd. vrāʒ ‘das Essen, Fressen’, auch ‘Fresser, Gefräßigkeit’. gefräßig Adj. ‘mit übermäßiger Eßlust behaftet, gierig’ (16. Jh.); vgl. ahd. frāʒīg (Hs. 12. Jh.), mhd. vræʒec. Gefräßigkeit f. (16. Jh.), vgl. mhd. vræʒecheit. Fresse f. derb für ‘Mund’ (16. Jh.), nach der elementaren Funktion dieses Gesichtsteils. Fressalien Plur. ‘Lebensmittel, Eßwaren’ (19. Jh.), latinisierende Bildung der Studentensprache (vgl. Viktualien). Freßsack m. ‘Vielfraß’ (19. Jh.), zuvor ‘Speise-, Futtersack’ (Adelung).

Thesaurus

Synonymgruppe
(sich) einverleiben · (sich) gütlich tun (an) · (sich) zu Gemüte führen · Nahrung aufnehmen · essen · speisen · verkosten · verschmausen · verspeisen · zu Munde führen  ●  (etwas) zwischen die Kiemen bekommen  ugs. · Essen fassen  ugs. · einnehmen (Mahlzeit)  geh. · fressen  derb · futtern  ugs. · in sich hineinschaufeln  ugs. · mampfen  ugs. · spachteln  ugs. · verdrücken  ugs. · vernaschen  ugs. · verputzen  ugs. · verspachteln  ugs. · weghauen  ugs. · wegputzen  ugs. · wegspachteln  ugs.
Oberbegriffe
Unterbegriffe
Assoziationen
Synonymgruppe
aufessen · auffressen · fressen · hinunterschlingen · verschlingen · verspeisen · vertilgen  ●  (sich) reinschieben  ugs. · (sich) reinziehen  ugs., salopp · in sich hineinschaufeln  ugs. · runterschlingen  ugs., norddeutsch · verputzen  ugs. · wegputzen  ugs.
Oberbegriffe
Assoziationen
  • Nahrungsvakuole  ●  Gastriole griechisch
Synonymgruppe
(Kraftstoff) verbrauchen  ●  fressen  ugs. · saufen  ugs. · schlucken  ugs.

Typische Verbindungen zu ›fressen‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›fressen‹.

Verwendungsbeispiele für ›fressen‹

maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora

Wo ich sie gerade noch gesehen hatte, fraßen sich schwarze Löcher in die Tasten. [Kerner, Charlotte: Blueprint Blaupause, Weinheim: Beltz & Gelberg 1999, S. 115]
Und miteinander verzahnt, fraßen sie einander bis zum zuckenden Verenden. [Grass, Günter: Die Rättin, Darmstadt: Luchterhand 1986, S. 345]
Seine Bewohner kenne ich nicht, aber muß nicht Neid an ihnen fressen? [Die Zeit, 23.01.1998, Nr. 5]
Innerhalb von knapp 17 Minuten frißt sich der brodelnde Brei durch »mehr als einen Meter Beton«. [Der Spiegel, 16.06.1986]
Was der eine zuviel säuft, hat der andere zu wenig zu fressen. [Ossowski, Leonie: Die große Flatter, Weinheim: Beltz & Gelberg 1986 [1977], S. 72]
Zitationshilfe
„fressen“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/fressen>.

Weitere Informationen …

Diesen Artikel teilen:

alphabetisch vorangehend alphabetisch nachfolgend
fress-süchtig
frequenzmoduliert
frequentieren
frequent
frenetisch
fressgierig
fressig
fresslustig
fresssüchtig
fretten