geisteskrank
Grammatik Adjektiv · Komparativ: geisteskranker · Superlativ: am geisteskrankesten, Steigerung selten
Aussprache [ˈgaɪ̯stəsˌkʀaŋk]
Worttrennung geis-tes-krank
Wortbildung
mit ›geisteskrank‹ als Grundform:
Geisteskranke
Bedeutungsübersicht
- 1. [umgangssprachlich] an einer psychischen Erkrankung leidend
- 2. [salopp] (vermeintlich) unvernünftig handelnd
- ● [metonymisch] unvernünftig, abwegig, unsinnig
eWDG und ZDL
Bedeutungen
1.
umgangssprachlich an einer psychischen Erkrankung leidend
Grammatik: ohne Steigerung
entsprechend der Bedeutung von GeisteskrankheitWDG
Das Wort wird im heutigen Sprachgebrauch als diskriminierend empfunden.
Kollokationen:
als Adjektivattribut: geisteskranke Kriminelle, Mörder, Verbrecher, Straftäter; ein geisteskranker Patient, König
in Präpositionalgruppe/-objekt: jmdn. für geisteskrank erklären
mit Adverbialbestimmung: gemeingefährlich, unheilbar geisteskrank
in Koordination: geisteskrank und alkoholsüchtig, geistesschwach, regierungsunfähig
Beispiele:
geisteskrank sein, werdenWDG
Der sogenannte Märchenkönig [Ludwig II.]
durfte verraten, erschossen, ertränkt oder
geisteskrank, aber kein Mensch sein und schon gar
nicht schwul. [Süddeutsche Zeitung, 20.05.2023]
Als »geisteskrank« gebrandmarkt starb sie am
1. Juni 1944 in Hadamar, offiziell an Herzschwäche. [Allgemeine Zeitung, 15.05.2023]
Für die Generation meiner Eltern waren Menschen, die zum Psychiater
oder Therapeuten gehen, geisteskrank. [Der Tagesspiegel, 23.03.2023]
Die zumeist tödlich endenden Attacken, oft von
geisteskranken Tätern verübt, scheinen sich zu
häufen. [Neue Zürcher Zeitung, 18.01.2022]
Dänemark
wird im kommenden Jahr die offizielle Einstufung von Transgender‑Personen
als geisteskrank abschaffen. [Der Standard, 01.06.2016]
Als abends der aus der städt. Irrenanstalt Dalldorf entflohene
geisteskranke Schmied August Mellinat in seiner
Wohnung im vierten Stocke des Hauses Lübecker Straße 7 zur
Wiedereinlieferung in die Anstalt abgeholt werden sollte, stürzte er sich
aus dem Fenster in den Hof hinab und starb auf der Stelle. [Vossische Zeitung (Abend-Ausgabe), 04.03.1903]
2.
salopp (vermeintlich) unvernünftig handelnd
Beispiele:
Er quengelt und kreischt, er grunzt und tritt
geisteskrank das Gaspedal. [Der Standard, 03.04.2014]
Sie [mutige Menschen am 31. Januar 1933 im Steinlachtal] haben zu einem Generalstreik gegen die
Machtergreifung der Nazis und der Ernennung des
geisteskranken böhmischen Obergefreiten
(= Adolf Hitler) zum Reichskanzler aufgerufen. [Reutlinger General-Anzeiger, 19.04.2023]
Sie habe [Bundesgesundheitsminister]
Lauterbach als »geisteskrank« bezeichnet und seinen
Tod gefordert. [Berliner Morgenpost, 18.03.2023]
Die Grünen sind seiner Meinung nach
geisteskrank, und sie lassen »uns« fürs Klima
hungern. [Neue Zürcher Zeitung, 05.09.2022]
Ich hielt ihn für geisteskrank, denn ein
vernünftiger Mensch quält doch unmöglich ein Tier derartig zu seinem
Vergnügen. [Berliner Tageblatt (Morgen-Ausgabe), 04.03.1904]
Diese Menschen und ihre Kunden greift Frau
S[…] an, als seien sie die dümmsten,
geisteskrankesten und unmoralischsten
Kapitalverbrecher. [Das Elend der Sieverschen Stigmatisierung, 28.12.2013, aufgerufen am 01.09.2020] ungewöhnl.
●
metonymisch unvernünftig, abwegig, unsinnig
Synonym zu wahnsinnig (2 a)
Beispiele:
Die Äußerungen wurden parteiübergreifend scharf kritisiert, die
Urteile reichten von »geisteskrank« über
»menschenverachtend« bis »verroht«. [Der Standard, 31.01.2016]
Noch vor nicht allzu langer Zeit habe es zum gesellschaftlichen
Konsens gezählt, die Idealisierung von Folter als
geisteskrank zu erklären. [Neue Zürcher Zeitung, 18.04.2023]
Kürzlich hatte
[…]
[Uli]
Hoeneß das Foul von Übeltäter [Karim]
Bellarabi als »geisteskrank« bezeichnet,
[Mesut] Özils
Leistung in den letzten zwei Jahren als »Dreck« bewertet. [Bild, 20.10.2018]
Aufzuschreiben, wie oft man jede einzelne Handlung begangen hat;
es ist ja – geisteskrank ist das, das ist ja …
das übersteigt denn doch alles an Greisenhaftigkeit, was je … [Tucholsky, Kurt: Nachher. In: [ders.]: Kurt Tucholsky, Werke – Briefe – Materialien. Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1925], S. 8979]
anerkennendIch glaube, wenn am Ende der Saison die zehn
besten Spiele für die neutralen Zuschauer gesucht würden, dann ist
dieses geisteskranke Spiel dabei. [Neue Westfälische, 21.03.2023]
Nach dieser spektakulären Action, im Dunkeln, in Zeitlupe und
mit teils verschwommenem Bild, zu
geisteskrankeren Orgelklängen, als es ein
Phantom jemals hinkriegen würde, ist der Quatsch auch schon vorbei. [Sporttaktische Kriegsführung, 08.04.2015, aufgerufen am 31.08.2020] ungewöhnl.
letzte Änderung:
Zum Originalartikel des WDG gelangen Sie hier.
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
Geist · geistern · geistig · durchgeistigt · geistlich · Geistlicher · Geistlichkeit · geisterhaft · geistesabwesend · Geistesabwesenheit · Geistesgegenwart · geistesgegenwärtig · geisteskrank · Geisteswissenschaften · geistlos · geistreich · entgeistern · entgeistert
Geist m. ‘Hauch, Atem, menschliches Denk- und Erkenntnisvermögen, Esprit, idealistisches schöpferisches Prinzip, Gespenst’, ahd. geist (8. Jh.; nur in der Übersetzung für lat. spīritus), mhd. geist, asächs. mnd. gēst, mnl. gheest, nl. geest, afries. gāst, aengl. gāst, engl. ghost (westgerm. *gaista-) sind Bildungen mit Dentalsuffix zu einer s-Erweiterung ie. *g̑heis- ‘aufgebracht, bestürzt, erschreckt (sein)’. Germ. Verwandte sind aengl. gǣstan ‘in Schrecken versetzen’, engl. ghastly ‘gräßlich, entsetzlich, furchtbar’ und (ohne Dentalsuffix) got. usgeisnan ‘erschrecken’ (intransitiv), usgaisjan ‘erschrecken’ (transitiv) sowie vielleicht anord. geiskafullr ‘voll Schrecken’, geiski ‘Schrecken’; außergerm. sind aind. hīḍ- ‘zürnen’, hḗḍa-, hḗḍas- ‘(Götter)zorn’ und (ohne Dental) awest. zaēša- ‘schauderhaft’ vergleichbar. Im Germ. bedeutet Geist danach ursprünglich soviel wie ‘Ekstase’ und (wenn auch nur noch aengl., nicht aber ahd. und asächs. bezeugt) ‘Gespenst, Geist, übersinnliches Wesen’ (in dieser Verwendung erst wieder mhd.). Als Übersetzung von lat. spīritus ‘Hauch, Atem, Geist, Seele’, das seinerseits von griech. pné͞uma (πνεῦμα) ‘Hauch, Atem, Leben, Geist’ beeinflußt ist, wird ahd. geist mit christlichen Vorstellungen erfüllt und durch die angelsächsische Mission von Fulda aus in der dt. Kirchensprache verbreitet, vgl. aengl. sē hālga gāst (engl. the Holy Ghost), danach ahd. (frk.) ther heilago geist (9. Jh.), nhd. der Heilige Geist, für lat. spīritus sānctus, griech. hágion pné͞uma (ἅγιον πνεῦμα) der Kirchensprache. Die auf obd. Gebiet durch die gotische Mission entstandene Übersetzung ahd. ther wīho ātum vermag sich nicht durchzusetzen. Erst im 18. Jh. wird Geist unter dem Einfluß von frz. esprit zum Ausdruck einer besonderen Fähigkeit, der Gewandtheit, Leichtigkeit des Denkens, des Scharfsinns, des Einfallsreichtums und bezeichnet schließlich das denkende, erkennende Bewußtsein des Menschen. Nach dem Vorbild von lat. spīritus und frz. esprit wird Geist auch im Sinne von ‘flüchtige Essenz, Alkohol’ gebraucht (18. Jh.). – geistern Vb. ‘als Geist, wie ein Geist herumgehen, spuken’ (19. Jh.), älter ‘begeistern’ (17. Jh.). geistig Adj. ‘auf das Denkvermögen, die Verstandeskräfte bezogen, Verstand besitzend, klug’. Vereinzeltes spätmhd. geistec ‘von Geist beseelt’ wird bald von geistlich (s. unten) verdrängt. Erst im 17. Jh. ist geistig wieder bezeugt im Sinne von ‘witzig, erfinderisch, geistreich’, steht dann im Gegensatz zu körperlich, stofflich und nimmt im 18. Jh. die oben genannte Bedeutung an; daneben auch ‘alkoholisch’ (ebenfalls 18. Jh.). durchgeistigt Part.adj. ‘geistvoll, von Geist durchdrungen’ (19. Jh.). geistlich Adj. ‘religiöse Dinge betreffend’, ahd. geistlīh, Übersetzung von lat. spīrituālis (8. Jh.), mhd. geistlich, auch ‘fromm’, asächs. gēstlīk, nl. geestelijk, aengl. gāstlic, engl. ghostly (auch ‘geisterhaft’). Ursprünglich vereint dieses Adjektiv sowohl die Bedeutung des erst im 18. Jh. geläufigen geistig (s. oben) ‘den Geist betreffend, immateriell’ (im Gegensatz zu natürlich, körperlich, stofflich) als auch die des heutigen geistlich ‘die Religion betreffend’ (Gegensatz zu weltlich); vgl. geistliche und weltliche Lieder, geistlicher Stand ‘Priesterschaft’ (15. Jh.) sowie Geistlicher m. ‘Kleriker, Priester’ (15. Jh.), mhd. meist noch geistlīche liute. Eine deutliche Scheidung zwischen beiden Wörtern vollzieht sich erst nach dem 18. Jh. Geistlichkeit f. ‘Klerus, Priesterschaft’ (15. Jh.), spätmhd. geistlīcheit ‘die Immaterialität mystischen Versenkens’, auch Gegensatz zu Weltlichkeit; in den Vokabularen des 15. Jhs. Übersetzungswort für lat. religio. geisterhaft Adj. ‘gespenstisch’ (18. Jh.). geistesabwesend Part.adj. ‘zerstreut, mit den Gedanken nicht bei der Sache’ (19. Jh.), Rückbildung aus dem Substantiv Geistesabwesenheit f. ‘Zerstreutheit’ (19. Jh.), Übersetzung von frz. absence d’esprit; Gegensatz Geistesgegenwart f. ‘schnelle Reaktionsfähigkeit, Schlagfertigkeit’ (18. Jh.), nach frz. présence d’esprit; geistesgegenwärtig Adj. (19. Jh.). geisteskrank Adj. ‘geistigseelisch krank, verwirrt’ (19. Jh.). Geisteswissenschaften Plur. sich mit Kultur und dem geistigen Leben befassende Wissenschaften (19. Jh.). geistlos Adj. ‘geistig anspruchslos, dumm’ (18. Jh.); vgl. mhd. geist(e)lōs ‘leblos’. geistreich Adj. ‘gescheit, spritzig, niveauvoll’ (16. Jh.), spätmhd. geist(e)rīch (14. Jh., Mystiker) ‘vom heiligen Geist erfüllt’ (noch bei Luther). Der heutige Gebrauch verbreitet sich seit dem 17. Jh. unter Einfluß von frz. spirituel. entgeistern Vb. ‘des Lebens berauben’ (17. Jh.), meist entgeistert Part.adj. ‘fassungslos, überrascht’ (17. Jh.).
Thesaurus
Synonymgruppe
(total) von der Rolle ·
geistesgestört ·
geisteskrank ·
geistig umnachtet ·
psychotisch ·
unter Wahnvorstellungen leidend ·
unzurechnungsfähig ·
verrückt (geworden) ·
wahnsinnig ●
(total) durchgeknallt ugs. ·
ballaballa ugs. ·
bekloppt ugs. ·
durch den Wind ugs. ·
durchgedreht ugs. ·
gaga ugs. ·
irre ugs. ·
irrsinnig ugs. ·
jeck ugs., kölsch ·
narrisch ugs., bayr. ·
nasch ugs., bayr. ·
von Sinnen geh., veraltet, literarisch
Assoziationen |
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Typische Verbindungen zu ›geisteskrank‹ (berechnet)
Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›geisteskrank‹.
Zitationshilfe
„geisteskrank“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/geisteskrank>.
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