⟨etw. gilt⟩rechtlich, sittlich, wissenschaftlich o. ä. anerkannt, verbindlich sein; als Regel bzw. Gesetzmäßigkeit (unter bestimmten Voraussetzungen) zutreffend, wirksam, anwendbar sein
speziell mit Bezug auf rechtliche Normen oder Vereinbarungen in Kraft sein, rechtskräftig sein
speziell mit Bezug auf rechtliche Normen oder Vereinbarungen in Kraft sein, rechtskräftig sein
Kollokationen:
mit Aktiv-/Passivsubjekt: die Regel, der Grundsatz, das Prinzip, die Ausnahme gilt [für jmdn., etw.]; das Gesetz, die Regelung, der Vertrag gilt [für jmdn., etw.]; die Preise gelten [für etw.]; es gilt die Unschuldsvermutung
hat Präpositionalgruppe/-objekt: in diesem Fall gilt [etw.]
mit Adverbialbestimmung: derzeit, weiterhin, weltweit gelten
Beispiele:
Die Regelung [ein Abkommen zwischen Staaten] tritt ab
Januar in Kraft und gilt für
sechs Monate. [Neue Zürcher Zeitung, 30.11.2016]
Mein alter Personalausweis
gilt noch bis 2017. [Die Zeit, 28.10.2010]
Topp, die Wette
gilt! [Welt am Sonntag, 03.04.2016]
Welche unausgesprochenen Spielregeln
[Verhaltensregeln]
gelten für Gäste, die zu uns
nach Hause kommen? [Zeit Wissen, 14.10.2014]
Die Initiative wollte erreichen, dass im
Kanton Solothurn [statt des strengeren kantonalen Gesetzes]
nur noch das Bundesgesetz zum Nichtraucherschutz
gilt, das seit Mai in
Kraft ist. [Neue Zürcher Zeitung, 13.06.2010]
Von Sonntag an gilt
der Sommerfahrplan. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.05.2006]
Die Thermodynamik und ihre Gesetzmäßigkeiten
gelten uneingeschränkt
für große, aus unzähligen Teilchen bestehende
physikalische Systeme wie ausgedehnte Festkörper,
Gase oder Flüssigkeiten. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.07.2002]
[…]
auch oder gerade auf dem Kapitalmarkt
gilt das Gesetz, daß
Angebot und Nachfrage den Preis
bestimmen. [Süddeutsche Zeitung, 01.02.1992]
scherzhaftBange machen gilt
nicht (= widerspricht den anerkannten Verhaltensregeln, wird nicht akzeptiert)! [Berliner Zeitung, 04.06.1967]
a)
⟨geltend⟩
Grammatik: häufig als partizipiales Adjektiv
(aus Partizip I) verwendet
Kollokationen:
als Adjektivattribut: geltendes Recht, Gesetz, Völkerrecht, Steuerrecht; die geltenden Vorschriften, Bestimmungen, Regeln, Normen, Verträge, Tarifverträge, Grenzwerte, Standards; der geltende Ausnahmezustand, Waffenstillstand, Mindestlohn; die geltende Regelung, Verfassung, Vereinbarung, Rechtsprechung
Beispiele:
Nach geltendem
Gesetz müssen derzeit nur wenige Produkte als
»gentechnisch verändert« gekennzeichnet
werden[…]. [Süddeutsche Zeitung, 16.05.2015]
Laut Bundesamt für Strahlenschutz
können bei Einhaltung der
geltenden Grenzwerte
nach dem heutigen Stand der Wissenschaft
gesundheitliche Gefahren durch Mobilfunk
ausgeschlossen werden. [Der Tagesspiegel, 29.04.2002]
Nach geltendem
Recht haben EU‑Bürger, die nach Deutschland
einwandern und Arbeit suchen, kein Recht auf
Fürsorgeleistungen. [Die Zeit, 12.12.2013 (online)]
Die Angriffe [der Rebellen], die von der Armee
als offener Bruch des seit März 1988
geltenden
Waffenstillstandes bezeichnet wurden,
ereigneten sich […] am vergangenen
Wochenende[…]. [die tageszeitung, 11.08.1989]
b)
⟨etw. gelten lassen (= etw. (ausnahmsweise, großzügigerweise) anerkennen, zulassen)⟩
Beispiele:
Sie ließ keine Entschuldigung
gelten. [Schulze, Ingo: Neue Leben, Berlin: Berlin Verlag 2005, S. 516]
Teuer ist er [der neu erworbene PKW], das lasse
ich gelten
(= das erkenne ich als einziges Argument an). [nandalya, 06.02.2014, aufgerufen am 28.04.2016]
Ihr waren Watteau und Fragonard lieber,
allenfalls ließ sie noch Corot
[als Maler von Rang]
gelten, und Renoir. [Widmer, Urs: Das Buch des Vaters, Zürich: Diogenes 2004, S. 49]
[Der Publizist]
Harpprecht läßt nur eine Freiheit
gelten: die
Freiheit, sein
[…]
Geschichtsbild […]
ohne Wenn und Aber zu übernehmen. [Die Zeit, 01.10.1998]
Zweifel und Kritik läßt Ulbricht nicht
gelten. [Barthel, Henner (Hg.), Politische Reden in der DDR, St. Ingbert: Röhrig 1998, S. 64]
[…] da haben die
Stadtoberen […] gesagt, wir
brauchen ein größeres Orchester. Unfug!
Separate Orchester für Oper und Konzert, das
ließe ich gelten
(= das würde ich einsehen, damit wäre ich einverstanden). [Der Spiegel, 18.01.1988]
c)
⟨etw. geltend machen (= etw. zur allgemeinen Anerkennung oder Wirkung bringen, einen Anspruch auf etw. durchsetzen)⟩, selten ⟨etw. gelten machen⟩
Nach
gleichbedeutend faire
valoirfrz, zunächst deshalb mit
dem Infinitiv, heute in der Regel mit dem Partizip I
gebildet.
Beispiele:
Beide Parteien [Indien und Pakistan] kämpften
[…]
[in zwei Kriegen]
gegeneinander, in den Jahren 1947 und 1965, um
ihre Forderungen geltend
zu machen. [Der Spiegel, 01.10.2016 (online)]
König Artus […] tritt ein in die
Weltliteratur […] als
Jüngling von solcher Kraft, dass es ihm als
Einzigem gelingt, das Schwert Excalibur aus dem
Stein zu ziehen und damit den Anspruch auf die
Herrschaft Britanniens
geltend zu machen. [Die Welt, 18.09.2004]
Der Vatikan machte seinen ganzen Einfluß
geltend, um die
kommunistische Partei von der Macht in Rom
fernzuhalten. [Süddeutsche Zeitung, 09.01.1999]
Wer damals ein Eigenheim baute oder
kaufte, konnte acht Jahre lang jeweils fünf
Prozent der Herstellungskosten steuerlich
geltend machen
[…]. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.11.1998]
[…] als
[…]
herausragender Parlamentarier seiner Partei,
deren Bundestagsfraktion er seit dem Jahre 1969
führt, und als Zuchtmeister der
Sozialdemokratie, deren stellvertretender
Vorsitzender er fünfzehn Jahre lang gewesen
ist, verfügte er [Herbert Wehner] jeweils über ein
Podest, von dem aus er seine bedeutsamste
Stärke geltend machen
konnte: die Kraft seines Willens. [Die Zeit, 09.07.1976]
Die [Sender einer Mediengruppe] können als
Konzern einen Einfluss
gelten machen, wie
das einem einzelnen Sender wie dem ZDF nie
möglich sein wird. [Der Tagesspiegel, 16.02.2003] ungewöhnl.
d)
⟨etw. geltend machen (= etw. behaupten, vorbringen, zur allgemeinen Anerkennung oder Wirkung zu bringen versuchen) (= einen Anspruch auf etw. anmelden, eine Forderung auf etw. erheben)⟩, selten ⟨etw. gelten machen⟩
Beispiele:
Vor Gericht machte er
geltend, er könne
die Alimente nicht mehr bezahlen[…]. [Neue Zürcher Zeitung, 02.06.2017]
Im Fall einer Insolvenz müssen
Gutscheininhaber […] ihre Forderungen
geltend machen wie
jeder andere Gläubiger auch. [Die Welt, 05.12.2016]
Der Staat muss gute Gründe
geltend machen
können, damit die Menschen sich mit seiner
Herrschaft einverstanden erklären. [Der Standard, 15.08.2008]
[…] Karadzic machte
erneut serbische Ansprüche auf Sarajewo
geltend – für die
Muslime eine unakzeptable Forderung. [Süddeutsche Zeitung, 11.09.1995]
Die Wissenschafts‑ und
Forschungsorganisationen machen seit langem
geltend, daß in
ihrem Bereich der Zeitvertrag keine Ausnahme,
sondern »unentbehrliches Regelungsinstrument
zur Sicherung der Funktions‑ und
Innovationsfähigkeit der Forschung«
sei. [Zeitverträge im Wissenschaftsbereich. In: Aktuelles Lexikon 1974–2000, München: DIZ 2000 [1984]]
Die Versicherte machte im Klagewege
zunächst Ersatzansprüche in Höhe von 24000 M.
geltend und
ermässigte ihre Forderung später um 1900
M.[…]. [Berliner Tageblatt (Abend-Ausgabe), 08.03.1921]
Der Mieter kann
[…] keine
Mietminderung gelten
machen, wenn er den Schädlingsbefall etwa durch
befallene Nahrungsmittel im Haus selbst
verschuldet hat. [Süddeutsche Zeitung, 13.05.2011] ungewöhnl.
e)
⟨sich geltend machen (= sich bemerkbar machen, sich zeigen, in Erscheinung treten)⟩
Beispiele:
Auch auf dem Gebiet der
Architekturmalerei machte sich der Einfluß der
flämischen Malerei
geltend. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.03.2001]
Sie [die PKWs Austin Mini] waren Stars einer
neuen Jugendkultur, die sich in den fünfziger
Jahren erstmals geltend
gemacht hatte. [Neue Zürcher Zeitung, 04.03.2017]
Doch geht es auf Bermuda nicht nur
britisch oder amerikanisch zu, überall macht
sich auch der karibische Einfluß
geltend. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.06.2001]
Hier macht sich tatsächlich eine
Tragödie von Hamletschem Ausmaß
geltend. [Die Zeit, 23.04.1976]
Ein starker Lokalgeist[…] zeichnet
viele spanische Provinzen aus; aber nirgends
macht er sich stärker
geltend als in
Katalonien[…]. [Enzensberger, Hans Magnus: Der kurze Sommer der Anarchie, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1972, S. 32]