stehen
Vb.
‘auf die Füße gestellt sein, auf einer Stelle verharren’
geht zurück auf
ahd.
(8. Jh.),
mhd.
stēn,
woraus
(bei Überführung in die regelmäßige Konjugation mit zur Silbentrennung
und wohl auch als Dehnungszeichen nach dem Muster von
sehen,
s. d.,
eingefügtem
h)
stehen
(zuerst
md. 14. Jh.)
wird.
Ahd.
mhd.
stēn
ist eine
(wohl unter dem Einfluß von
ahd.
mhd.
gēn
neben
gān,
s.
gehen,
entstandene)
Nebenform zu
ahd.
(8. Jh.),
mhd.
asächs.
mnd.
stān,
mnl.
staen,
nl.
staan,
schwed.
stå.
Daneben besteht ein nasalierter
und Dentalerweiterung aufweisender Stamm
germ.
*stand-
in
ahd.
stantan
(8. Jh.),
mhd.
standen,
asächs.
standan,
mnl.
standen,
afries.
stonda,
aengl.
standan,
engl.
to stand,
anord.
standa,
got.
standan
(wozu auch
Stand
und mit sekundärem Ablaut
Stunde,
s. d.,
gehören).
Wie Präteritalformen ohne
n
(
got.
stōþ,
stōþum,
aengl.
stōd,
stōdon,
engl.
stood
‘stand, standen’)
zeigen,
war der Nasal in
germ.
*stand-
ursprünglich nur präsensbildend.
Verwandt sind
aind.
sthā-
‘stehen’,
tíṣṭhati
‘steht’,
griech.
histánai,
Aorist
stḗnai
(
ἱστάναι,
στῆναι)
‘stellen’,
lat.
stāre
‘stehen’,
air.
tair(ṡ)issiur
‘stehe, bleibe stehen’,
lit.
stóti
‘sich (hin)stellen, treten’,
aslaw.
stojati,
russ.
stoját’
(
стоять)
‘stehen’,
aslaw.
stati
‘sich stellen’,
russ.
stat’
(
стать)
‘werden, anfangen, sich stellen’.
Man vereinigt alle Formen unter einem Wurzelansatz
ie.
*stā,
*stə-
‘stehen, stellen’
und betrachtet die aspirierte Tenuis
(th)
des
Aind. als Neuerung gegenüber der
ie. Ausgangsform.
Das
ā
in den Kurzformen des
germ. Verbs
(statt eines lautgesetzlich zu erwartenden
germ.
ō)
geht auf eine frühe Angleichung an das unter
gehen
(s. d.)
behandelte,
zur Wurzel
ie.
*g̑hē-,
*g̑hēi-
gehörende Gegenwort zurück
(vgl.
ahd.
mhd.
gān,
s. oben).
An die Wurzel
ie.
*stā-
bzw. deren unterschiedliche Erweiterungen
schließen sich eine Vielzahl von Wörtern an
(s. z. B.
Stadel,
Stadt,
Statt,
Staude,
stauen,
staunen,
stet,
Steuer1
f.
Steuer2
n.,
stieren,
Stuhl,
stur,
Stute,
stützen).
gestanden
Part.adj.
‘erfahren, gesetzt’
(
ein gestandener Mann),
spätmhd.
gestanden
‘groß, erwachsen’,
also wohl
‘zum Stehen gekommen’.
abstehen
Vb.
‘von etw. ablassen, abgehen, von etw. entfernt sein’,
seit dem 16. Jh. auch
‘durch langes Stehen an Qualität verlieren, verderben’,
mhd.
abestān,
abestēn,
auch
‘absteigen’
(vom Pferd);
Abstand
m.
‘Distanz, Entfernung’
(17. Jh.),
‘das Ablassen, Aufgeben von etw.’
(15. Jh.),
Abstand nehmen von etw.
‘auf etw. verzichten’
(19. Jh.).
auferstehen
Vb.
‘vom Tode wieder erstehen’,
ahd.
ūfirstantan,
-stān,
-stēn
(9. Jh.),
mhd.
ūferstān
‘aufstehen, sich erheben, vom Tode auferstehen’;
Auferstehung
f.
‘Wiedererwecktwerden vom Tode’
(15. Jh.);
vgl.
mhd.
ūferstandunge.
aufstehen
Vb.
‘sich erheben’,
ahd.
ūfstantan,
-stān,
-stēn
(9. Jh.),
mhd.
ūfstān,
auch
‘jmdm. aufkündigen, aus dem Dienst treten’;
Aufstand
m.
‘Erhebung, Empörung, Aufruhr’,
spätmhd.
ūfstant;
aufständisch
Adj.
‘aufrührerisch, sich erhebend, empörend’
(19. Jh.).
ausstehen
Vb.
‘fällig, zu zahlen sein’
(14. Jh.),
‘weggehen, seinen Dienst verlassen, eine Verpflichtung erfüllen’
(15. Jh.),
‘etw. bis zum Ende durchstehen, ertragen, aushalten’
(16. Jh.),
mhd.
ūʒstān,
-stēn
‘aus-, wegbleiben, ausruhen (vom Pferd)’;
Ausstand
m.
‘Arbeitsniederlegung, Streik’;
seit dem 17. Jh. im
Obd.
(zunächst im
Bair.)
in der speziellen Bedeutung
‘Ausscheiden aus einem Dienst, einer Stellung’
(Gegensatz
Einstand,
s. unten);
seit den 80er Jahren des 19. Jhs.
auf Arbeitsniederlegungen bezogen;
in dieser Bedeutung seit etwa 1890 allgemein verbreitet
neben dem aus dem
Engl. entlehnten Konkurrenzwort
Streik
(s. d.).
Außenstände
Plur.
‘fälliges, noch nicht (zurück)gezahltes Geld’
(19. Jh.);
älter
Ausstände
Plur.,
Ausstand
m.,
mhd.
ūʒstant
‘ausstehendes Geld’.
beistehen
Vb.
‘unterstützen, helfen’,
ahd.
bīstantan,
-stān,
-stēn
(9. Jh.),
mhd.
bīstān
‘dabeistehen, Hilfe leisten’;
Beistand
m.
‘Hilfe, Unterstützung’,
spätmhd.
bīstant.
bestehen
Vb.
‘(auf längere Zeit) existieren, vorhanden sein, erfolgreich zum Ende führen’,
ahd.
bistantan,
-stān,
-stēn
‘bleiben, verharren’
(9. Jh.),
mhd.
bestān,
bestēn
‘stehenbleiben, standhalten, umstehen, entgegentreten, feindlich angreifen, etw. unternehmen’;
Bestand
m.
‘Dauer, Existenz, Vorrat’,
frühnhd.
bestant
(Anfang 15. Jh.),
auch
‘Waffenstillstand, Pacht’;
vgl.
ahd.
bistentida
f.
(10. Jh.);
beständig
Adj.
‘dauerhaft, immer wiederkehrend, festbleibend’,
mhd.
bestendec;
Bestandteil
m.
‘Teil eines Ganzen, einer größeren Einheit’
(18. Jh.).
einstehen
Vb.
‘für etw. eintreten, bürgen, etw. verantworten’
(18. Jh.),
frühnhd.
‘in eine Gemeinschaft eintreten, einen Dienst antreten’,
spätmhd.
īnstān
(substantiviert)
‘das In-sich-selbst-Sein’;
Einstand
m.
‘Amts-, Dienstantritt, Eintrittsleistung, -geld, Eintrittsschmaus’,
spätmhd.
īnstant
‘Vorkaufsrecht, Einstellung der Gerichtsverhandlung’.
entstehen
Vb.
‘sich entwickeln, hervorgehen’,
ahd.
intstantan,
-stān,
-stēn
‘verstehen’
(8. Jh.),
mhd.
entstān,
-stēn
‘verstehen, wahrnehmen, merken’,
vom
Mhd. an auch
(gemäß den unterschiedlichen Verwendungen von
ent-,
s. d.)
‘sich von etw. wegstellen, entgehen, mangeln’
(so bis ins 19. Jh.)
und
‘zu sein beginnen, werden’.
gestehen
Vb.
‘bekennen, nicht leugnen’,
ahd.
gistantan,
-stān,
-stēn
‘(be)stehen, fest-, stillstehen, beruhen, aufhören, anfangen, standhalten’
(9. Jh.),
mhd.
gestān,
-stēn,
auch
‘sich stellen, treten, beistehen, zugestehen, wozu stehen, bekennen (vor Gericht), kosten’;
eingestehen
Vb.
‘bekennen’
(18. Jh.);
zugestehen
Vb.
‘gewähren, einräumen’
(17. Jh.);
vgl.
mhd.
zuogestēn
‘mit jmdm. einmütig sein, zur Seite stehen’;
geständig
Adj.
‘seine Schuld bekennend’
(16. Jh.),
mhd.
gestendec
‘beständig, unveränderlich, einwilligend, zustimmend, hilfreich’;
Geständnis
n.
‘Bekenntnis der Schuld, das Eingestehen’
und
‘das Eingestandene’
(17. Jh.).
Umstand
m.
‘besondere Lage, Sachverhalt’
(15. Jh.),
in (gesegneten, anderen) Umständen sein
‘schwanger sein’
(17. Jh.),
‘Umschweif, Umständlichkeit’
(15. Jh.),
(keine) Umstände (‘Umständlichkeiten’)
machen
(16. Jh.),
‘(keine) Mühe, Förmlichkeit machen’
(18. Jh.);
vgl.
mhd.
umbestant
‘was, wer herumsteht’
(kollektiver Sing.).
unterstehen1
Vb.
‘unter einem Schutzdach stehen, sich unterstellen’,
spätmhd.
understān,
-stēn;
Unterstand
m.
‘Unterkunft, wo man sich unterstellt, Schutz’
(16. Jh.),
militärisch
‘abgedeckter Schutzraum’
(19. Jh.),
spätmhd.
understant
‘Stütze, Hilfe’.
unterstehen2
Vb.
‘untergeordnet, unterstellt sein’
(17. Jh.),
reflexiv
‘wagen, sich erlauben, erdreisten’
(16. Jh.),
ahd.
untarstantan,
-stān,
-stēn
‘haltmachen, zukommen’
(8. Jh.),
mhd.
understān,
-stēn
‘zustande bringen, bewirken, bestehen, bekämpfen’,
reflexiv
‘etw. unternehmen, sich einer Sache unterziehen’.
verstehen
s. d.
vorstehen
Vb.
‘hervorragen, an der Spitze stehen, leiten’,
ahd.
forastantan,
-stān,
-stēn
‘voranstehen, sich auszeichnen, vorhanden sein’
(9. Jh.),
mhd.
vorestān,
-stēn
‘bevorstehen, sorgen für, regieren’;
Vorsteher
m.
‘Leiter’
(16. Jh.);
Vorstand
m.
‘Leitungsgremium, Leiter’
(Anfang 19. Jh.),
älter
‘Verteidiger, Bürge’
(15. Jh.),
ursprünglich auch
‘Zustand des Stehens vor einem anderen oder etw. anderem, Bürgschaft, erste Stelle’
(16. Jh.).
Widerstand,
widerstehen
s.
wider.
zustehen
Vb.
‘von Rechts wegen gebühren, Anspruch auf etw. haben’
(15. Jh.),
mhd.
zuostān,
-stēn
‘verschlossen sein, zu einem treten, ihm beistehen, zukommen, angehören, zuständig sein’;
Zustand
m.
‘Art und Weise, Verhältnisse, worin sich Personen und Dinge befinden’
(17. Jh.),
älter
‘Hinzugehöriges, Dabeistehendes’
(15. Jh.);
zuständig
Adj.
‘zur Sache gehörig, kompetent’,
auch
‘dazugehörig’
(16. Jh.),
‘zeitlich bevorstehend’
(17. Jh.).