umgangssprachlich unsinnig, verrückt
hirnverbrannt
eWDG
Bedeutung
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
Hirn · Gehirn · Hirngespinst · hirnverbrannt
Hirn
n.
im Kopf befindlicher Teil des Zentralnervensystems,
auf dessen mehr oder weniger ausgebildeter Funktionsfähigkeit
die Einteilung in höher und niedriger entwickelte Lebewesen beruht;
heute seltener neben üblicherem
Gehirn
(s. unten),
doch bewahrt in Zusammensetzungen
(vgl.
Hirnhaut,
-masse,
Groß-,
Kleinhirn);
übertragen
‘Verstand, Kopf’.
Im Unterschied zu
anord.
hjarsi
‘Scheitel’,
das
(wie wohl auch
nl.
hersenen)
auf
germ.
*hersan-
zurückgeht,
setzen
ahd.
hirni
(8. Jh.),
mhd.
hirn(e),
herne,
mnd.
hē̌rne,
harne,
anord.
hjarni,
norw.
dän.
hjerne,
schwed.
hjärna
germ.
*herzn-
‘Hirn’
voraus.
Die genannten Formen gehören wie
↗Hornisse
(s. d.)
und dessen unmittelbare Entsprechungen zu einer
s-(e)n-Erweiterung
der Wurzel
ie.
*k̑er(ə)-
‘das Oberste am Körper, Kopf, Horn’
(dazu s. auch
↗Horn
und
vgl.
).
Zur gleichen Wurzel bzw. ihren vielfachen Erweiterungen
stellen sich
aind.
Head and Horn
(1986)śíraḥ
(Genitiv
śīrṣṇáḥ)
‘Haupt, Kopf, Spitze’,
awest.
sarah-
‘Kopf’,
griech.
kárā
(κάρα)
‘Haupt, Kopf’
(s.
↗Karotte),
krāníon
(κρανίον)
‘Schädel’
(s.
↗Migräne),
lat.
cerebrum
(wohl aus
ie.
*k̑erəsrom;
unsicher ist der Vokal der zweiten Silbe)
‘Gehirn’
(vgl. fachsprachliches
zerebral
‘das Großhirn betreffend’;
s. auch
↗Zervelatwurst),
lat.
cervīx
(aus
*cersvīc-)
‘Nacken’
(eigentlich wohl
‘Kopfhalter’,
wenn zu
lat.
vincīre
‘binden, fesseln’),
ferner innerhalb und außerhalb des Germ.
zahlreiche Benennungen gehörnter Tiere (s.
↗Hirsch).
Im Nhd. dafür häufiger die bereits in
mhd.
gehirne,
mnd.
gehērne
begegnende Kollektivbildung
Gehirn
n.
Hirngespinst
n.
‘Phantasiegebilde, krankhafte Einbildung, Traum-, Wahnvorstellung’
(1. Hälfte 18. Jh.),
aus der Redensart
das Hirn (er)spinnt
(17. Jh.).
hirnverbrannt
Adj.
‘unsinnig, verrückt’
(Mitte 19. Jh.),
nach dem Vorbild von
frz.
cerveau brûlé
‘überspannter Kopf, verrückte Person’
(eigentlich
‘verbranntes Gehirn’).
Thesaurus
Synonymgruppe
↗aberwitzig
·
↗absurd
·
↗bescheuert (Sache)
·
↗irrsinnig
·
↗irrwitzig
·
nicht rational
·
reiner Blödsinn
·
sinnbefreit
·
↗sinnfrei
·
↗vernunftwidrig
·
↗wahnwitzig
·
↗widersinnig
●
↗töricht
abwertend
·
↗unsinnig
Hauptform
·
↗(ein) Irrsinn
ugs.
·
↗(eine) Idiotie
ugs.
·
↗(totaler) Quatsch
ugs.
·
↗blöd (Sache)
ugs.
·
↗blödsinnig
ugs.
·
↗dämlich (Sache)
ugs.
·
↗hirnrissig
ugs.
·
hirnverbrannt
ugs., abwertend
·
↗idiotisch
ugs., abwertend
·
↗irre
ugs.
·
↗ohne Sinn und Verstand
ugs.
·
↗schwachsinnig
ugs., abwertend
·
selten dämlich (Idee, Aktion, Behauptung ...)
ugs.
·
↗verrückt
ugs.
Assoziationen |
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Typische Verbindungen zu ›hirnverbrannt‹
maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora
Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›hirnverbrannt‹.
Verwendungsbeispiele für ›hirnverbrannt‹
maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora
Und dann kam irgendein hirnverbrannter Idiot auf die Idee zu klatschen.
Brussig, Thomas: Wasserfarben, Berlin: Aufbau-Taschenbuch-Verl. 2001 [1991], S. 144
Das Verlangen, daß ein Satz zweimal gelesen werde, weil erst dann Sinn und Schönheit aufgehen, gilt für anmaßend oder hirnverbrannt.
Die Fackel [Elektronische Ressource], 2002 [1909]
Es war ein hirnverbranntes Konzept, speziell für eine so kleine Stadt.
Der Spiegel, 22.03.1982
Erscheinen dagegen die Kommunisten, die immer noch an eine Revolution mit diesen Menschen glauben, nicht geradezu als hirnverbrannte Phantasten?
Neue deutsche Literatur, 1954, Nr. 1, Bd. 2
Andere wurden von Nachbarn, "Freunden" und Verwandten denunziert und waren dann hirnverbrannt genug, ihr persönliches Elend öffentlich machen zu lassen.
Die Welt, 22.10.2003
Zitationshilfe
„hirnverbrannt“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/hirnverbrannt>, abgerufen am 19.01.2021.
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