kein Indef.pron. das Vorhandensein einer Person oder Sache vollständig ausschließend, ‘nicht ein, nichts von’ in substantivischer Verwendung
keiner ‘nicht einer, niemand’. Die älteste Zeit kennt ein verneinendes Pronomen
ahd. nih(h)ein (9. Jh.),
noh(h)ein (bereits 8. Jh.), dann auch
neh(h)ein (um 1000),
mhd. nehein und (mit verschobener Silbengrenze)
nechein,
nekein, schließlich (durch Austausch gegen die proklitische Form der vermeintlichen Negationspartikel)
enhein,
enkein. Dieses
ahd. nihein, dessen Entsprechungen
asächs. nigēn (neben seltenerem
niēn,
nēn),
mnd. gēn,
negēn,
engēn (neben häufigerem
nēn),
mnl. gheen,
negheen,
engheen,
nl. geen ein g aufweisen, das mit grammatischem Wechsel erklärt wird, setzt sich aus dem Zahlwort
ahd. mhd. ein (s.
ein1 Num.) und einer im
Ahd. nicht mehr sicher nachzuweisenden (s. aber
noch2 Konj.), jedoch in
got. nih ‘und nicht, auch nicht’ (
got. ni ‘nicht’, verbunden mit enklitischem -uh, -h ‘und’) erhaltenen
germ. Konjunktion zusammen, die mit
lat. neque,
osk. nep übereinstimmt (
ie. *neku̯e ‘und nicht’). Außerdem kann die Bedeutung ‘nicht ein’ durch verneinten Gebrauch von
ahd. theh(h)ein,
thoh(h)ein, auch
thih(h)ein (alle 9. Jh.),
mhd. dehein,
dechein,
dekein ‘irgendein’ umschrieben werden, dessen erstes Glied wahrscheinlich aus einer Kasusform (Lokativ oder Genitiv) vom Pronominalstamm
ie. *te-,
*to- (s.
der) und (hier nur verstärkendem?) enklitischem
germ. -h (vgl.
got. -(u)h, s. oben) besteht (
Grienberger in: ZfdWf. 9 (1907) 74 ff.;
Bech in: Studia Neophilologica 35 (1963) 211 ff.). Schwund der Negationspartikel (wie vielfach im
Mhd. bei Sätzen mit doppelter Verneinung) läßt
mhd. dehein selbst den Sinn ‘nicht ein, kein’ annehmen. Damit wird um 1200 der Untergang von
mhd. nehein eingeleitet (letzte Zeugnisse für die Variante
enkein im 16. Jh., ein landschaftlicher Rest ist
schweiz. nekein),
dehein (oft synkopiert
dhein) kommt von nun an bis ins
Frühnhd. in den beiden gegensätzlichen Gebrauchsweisen vor, ohne daß die Verständigung ernsthaft beeinträchtigt scheint. Die auf Verkürzung beruhende, mit dem Guttural anlautende moderne Form
kein,
mhd. kein, zuerst an der Wende zum
Mhd. belegt (
chein ‘irgendein’, 2. Hälfte 11. Jh.), wird Ende des 12. Jhs. üblich; sie zeigt im
Mhd. (und noch bis ins 16. Jh.) dieselbe semantische Doppelheit ‘kein, irgendein’, was für ihre Herleitung teils aus
mhd. nehein, teils aus
mhd. dehein (über die vereinzelt bezeugte Zwischenstufe
mhd. ichein?) sprechen könnte.
Behaghel lehnt aber wegen der frühen Zurückdrängung von
mhd. nehein sowie aus lautlichen Gründen Zusammenfall der beiden Pronomen ab und führt
kein ausschließlich auf
mhd. dehein zurück; vgl.
Beihefte zur Zs. d. Allg. Dt. Sprachvereins 5. Reihe (1913) 180. Auf adverbiell gebrauchten Genitiven beruhen die Zusammenrückungen
keinerlei Adv. ‘keine Art von, in keiner Weise’ (schon
mhd.?; nachweisbar ist erst
spätmhd. keinerleie, 14. Jh.,
frühnhd. keinerlei,
deheinerlei, auch noch in der Bedeutung ‘irgendwelcher Art’), meist bei einem Substantiv und dann wie ein flexionsloses Adjektiv aufgefaßt (zur Bildung s.
-lei);
keinesfalls Adv. ‘auf keinen Fall’ (1. Hälfte 19. Jh.), anfangs auch
keinenfalls, vielleicht nach älterem
allenfalls;
keineswegs Adv. ‘durchaus nicht’,
spätmhd. deheins wegs,
deheinswegs,
keins wägs (14. Jh.),
frühnhd. kein(e)s wegs, vom 16. Jh. an
kein(e)swegs (daneben noch bis ins 18. Jh. Getrenntschreibung); vgl. ferner gleichbed.
frühnhd. in kein(en) weg.