Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

schäbig

Grammatik Adjektiv
Aussprache 
Worttrennung schä-big
Wortbildung  mit ›schäbig‹ als Erstglied: Schäbigkeit

Bedeutungsübersicht+

  1. 1. unansehnlich, abgenutzt, ärmlich
    1. [umgangssprachlich] ⟨der schäbige Rest⟩ der sehr kleine Rest
  2. 2. [umgangssprachlich, abwertend] moralisch anfechtbar, unehrenhaft, unredlich, gemein
  3. 3. [umgangssprachlich, abwertend] kleinlich, geizig, schofel
eWDG

Bedeutungen

1.
unansehnlich, abgenutzt, ärmlich
Beispiele:
ein schäbiger Anzug, Mantel
eine schäbige Hose
schäbige Kleidung
ein schäbiger Teppich, Koffer
eine schäbige Einrichtung
schäbige Möbel
das Haus sieht schäbig aus
schäbig (= schlecht, dürftig) angezogen, gekleidet sein
umgangssprachlich der schäbige Restder sehr kleine Rest
Beispiele:
es sind nur noch schäbige Reste übrig
in der Flasche ist nur noch ein schäbiger Rest
2.
umgangssprachlich, abwertend moralisch anfechtbar, unehrenhaft, unredlich, gemein
Beispiele:
sich jmdm. gegenüber schäbig benehmen
jmdn. schäbig behandeln
ein schäbiges Verhalten, ein schäbiger Verrat
ein schäbiger Vorwand
dabei bin ich mir richtig schäbig vorgekommen
spüren Sie nicht selbst, wie schäbig das ist, unter Freunden so miserabel zu lügen? [ St. ZweigUngeduld95]
Wahrscheinlich war dieser Vorgesetzte ein schäbiger Leuteschinder gewesen [ BredelHeerstraßen491]
3.
umgangssprachlich, abwertend kleinlich, geizig, schofel
Beispiele:
sich schäbig zeigen
ein schäbiges (= sehr kleines, von Geiz zeugendes) Trinkgeld
Die kannten guten Wein. Denen gegenüber konnte er sich nicht schäbig erweisen [ TravenGeneral137]
Sie finden's natürlich schäbig, daß ich so eine Läpperei [ein paar hundert Kronen] überhaupt erwähne? Nicht wahr, schäbig, kleinlich, knickerig? [ St. ZweigUngeduld244]
»Keine vier Mark«, sagte der Mann. »Schäbige Kanaillen« [ H. MannUnrat1,451]
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

schaben · Schabe1 · Schabe2 · schäbig · Schabe3 · Schabsel
schaben Vb. ‘reiben, abkratzen, radieren’. Das gemeingerm., ursprünglich starke Verb ahd. scaban (9. Jh.; giscaban, 8. Jh.), mhd. schaben ‘kratzen, radieren, scharren’, reflexiv ‘schäbig werden, glatt werden, polieren’, intransitiv ‘schnell weggehen’, asächs. skaƀan, mnd. schāven, mnl. scāven, nl. schaven, aengl. sc(e)afan, engl. to shave, anord. skafa, schwed. skava, got. skaban ‘die Haare scheren’ (germ. *skaban) läßt sich mit lat. scabere ‘kratzen, reiben’, scaber ‘rauh, krätzig’, scabiēs ‘Rauhigkeit, Räude’, lit. skõbti ‘mit dem Beitel, Schaber aushöhlen, (in Holz) schneiden’, russ.-kslaw. skoblь, russ. skóbel’ (скобель) ‘Schabmesser’ auf ie. *skā̌b(h)- zurückführen, eine durch Labialwechsel unterschiedene Variante der Wurzel ie. *(s)kē̌p-, *(s)kō̌p-, *(s)kā̌p- ‘mit scharfem Werkzeug schneiden, spalten’, wozu auch schaffen, Schaff, Schaft, schöpfen (s. d.) gehören. Übertritt zur schwachen Flexion erfolgt etwa im 16. Jh., zunächst im Prät. (schabte), zögernd im Part. Prät. (geschabt; doch geschaben vereinzelt noch im 19. Jh.). Vom Verb abgeleitet Schabe1 f. ‘Schabeisen (zum Glätten), Hobel’, ahd. scabo m. (9./10. Jh.), scaba f. (11. Jh.) ‘Schabeisen’, mhd. schabe f. ‘Schabeisen, Hobel’, asächs. skaƀo m., mnd. mnl. schave, nl. schaaf, aengl. sceafa m., anord. skafi m. ‘Schabeisen’. Schabe2 f. Name für ein abgeflachtes, käferähnliches, lichtscheues Insekt, das vornehmlich in Küchen, Backstuben und Speichern lebt, ‘Kakerlak’. Als Tiername zuerst mhd. schabe zur Bezeichnung (13. Jh.) der ‘Kleidermotte’ (so noch heute gebietsweise in Süddeutschland), danach steht Schabe als Gemeinschaftsname für ‘Holzwurm, Assel’ (16. Jh.) und anderes Kleingetier, dessen schädliche Wirksamkeit sich als schabendes, raspelndes Fressen darstellt. In diesem Sinne, also gleichsam als ‘Mehl, Staub machendes (oder fressendes?) Tierchen’, ist auch (trotz Ebbinghaus in: General Linguistics 17 (1977) 92 f.) das lat. ērūca glossierende aengl. mǣlsceafa (10. Jh.) aufzufassen. Erst im 18. Jh. wird Schabe (auch in den Zusammensetzungen Bäcker-, Mehl-, Küchenschabe als literatursprachlicher Name im oben genannten Sinne üblich. Vgl. Pfeifer Tiernamen Beiheft 2 (1965). S. auch Schwabe. schäbig Adj. ‘räudig, krätzig, abgeschabt, abgenutzt, kleinlich, geizig’, mhd. schebic ‘räudig, von schlechtem Aussehen’, mit affektiver Geminierung mnd. mnl. schabbich ‘krätzig, schorfig’, nl. schabbig ‘abgenutzt, abgeschabt’, engl. shabby (vgl. aengl. sceabbede ‘krätzig, schorfig’) sind Ableitungen von Substantiven, die zu dem unter schaben (s. oben ) behandelten Verb gebildet sind, wie ahd. scabado, skebido m. (9. Jh.), asächs. skaƀaðo m., aengl. sceabb, anord. skabb n. ‘Räude, Krätze’ (woraus engl. scab), schwed. skabb und (erst seit dem 18. Jh. bezeugtes) nhd. Schabe3 f. ‘Räude, Krätze’, vereinzelt auch Schäbe (18. Jh.), nd. Schabbe. Die als Tierkrankheit verbreitete Räude verursacht Juckreiz, so daß sich die erkrankten Tiere reiben und abgeschabte Stellen im Fell entstehen. Vom Aussehen (‘abgeschabt, abgenutzt’ von der Kleidung) wird schäbig auf das Verhalten (‘kleinlich, geizig, erbärmlich’) übertragen. Schabsel n. ‘abgeschabtes Teilchen’ (17. Jh.); zum Suffix s. -sal, -sel.

Thesaurus

Assoziationen
Synonymgruppe
abgehalftert · abgerissen · abgetakelt · abgewirtschaftet · am Ende · desolat · in einem schlechten Zustand · marode · mies · ruiniert · schäbig · ungepflegt · verdorben · verkommen · verlottert · verludert · verlumpt · verschlissen · verwahrlost · verwildert · zerfasert · zerfleddert · zerlumpt · zerschlissen  ●  (äußerlich) heruntergekommen Hauptform · schleißig österr. · (herumlaufen) wie ein Penner derb, abwertend · abgefuckt derb, jugendsprachlich · abgeranzt ugs. · abgerockt ugs., salopp · abgewrackt ugs. · auf den Hund gekommen ugs. · gammelig ugs. · muchtig ugs., berlinerisch · vergammelt ugs.
Assoziationen
Synonymgruppe
armselig · erbärmlich · schofel · schofelig · schäbig
Assoziationen
Synonymgruppe
boshaft · bösartig · böse · fies · garstig · gehässig · gemein · hinterfotzig · hundsgemein · niederträchtig · perfid · perfide · ruchlos · schuftig · schurkisch · schäbig · schändlich · verabscheuenswert · verabscheuungswürdig · übel  ●  hundig österr. · verrucht veraltend · infam geh. · mies ugs. · schofel ugs. · über Leichen gehend ugs.
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›schäbig‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›schäbig‹.

Verwendungsbeispiele für ›schäbig‹

maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora

Sie kam sich schäbig vor, ihr Geld, für das sie nicht gearbeitet hatte, vor ihm zu verstecken. [Jentzsch, Kerstin: Ankunft der Pandora, München: Heyne 1997 [1996], S. 156]
Es war eine Welt, so dunkel, so schäbig, so dreckig, so von Gott aufgegeben wie die Welt hier. [Koeppen, Wolfgang: Tauben im Gras. In: ders., Drei Romane, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1972 [1951], S. 112]
Sie schafft Handhaben, dem politischen Gegner in der schäbigsten Weise, also wahlkampfwirksam am Zeug zu flicken. [o. A.: DIE GEMEINNÜTZLICHEN LEISTUNGEN UND GESCHÄFTLICHEN NÖTE EINER STAATSTRAGENDEN GEWERKSCHAFT. In: Marxistische Zeit- und Streitschrift 1980-1991, München: Gegenstandpunkt Verl. 1998 [1986]]
Nach wenigen Treffen in schäbigen Hotels rief Monsieur nicht mehr an. [Die Zeit, 27.06.2013, Nr. 27]
Auf meinen schäbigen Brief, ich bitte Dich, ärgere Dich doch nicht mehr darüber, weil ich Weihnachten nicht mit Dir darüber gesprochen habe. [Brief von Ernst G. an Irene G. vom 03.03.1944, Feldpost-Archive mkb-fp-0270]
Zitationshilfe
„schäbig“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/sch%C3%A4big>.

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Worthäufigkeit

selten häufig

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Wortverlaufskurve 1600−1999
Wortverlaufskurve ab 1946

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