scheinbar
Grammatik Adjektiv · Komparativ: scheinbarer · Superlativ: am scheinbarsten
Aussprache
Worttrennung schein-bar
Wortbildung
mit ›scheinbar‹ als Erstglied:
Scheinbarkeit
·
mit ›scheinbar‹ als Letztglied:
unscheinbar
Bedeutungsübersicht
- 1. nicht wirklich, nur dem Scheine nach
- 2. [umgangssprachlich] dem Anschein nach, wie es scheint, anscheinend
eWDG
Bedeutungen
1.
nicht wirklich, nur dem Scheine nach
Beispiele:
deine scheinbaren Gründe, Einwände sind nicht stichhaltig
sein Eifer war nur scheinbar (= geheuchelt), er hat uns getäuscht
nur scheinbar gesund und munter sein
er sprach mit scheinbarer (= vorgetäuschter) unbekümmerter Sicherheit, aber er konnte uns nicht täuschen
2.
umgangssprachlich dem Anschein nach, wie es scheint, anscheinend
Grammatik: adverbiell
Beispiele:
der Redner wurde scheinbar nicht verstanden
scheinbar kommt unser Besuch heute nicht mehr
er ist scheinbar so widerstandsfähig, dass er sogar im Eiswasser baden kann, ohne sich zu erkälten
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
scheinen · erscheinen · Erscheinung · wahrscheinlich · anscheinend · anscheinen · Schein · bescheinigen · Bescheinigung · scheinbar · unscheinbar · scheinheilig · scheintot · Scheintod · Scheinwerfer
scheinen Vb. ‘leuchten, glänzen’, übertragen ‘aussehen als ob, zu Vermutungen Anlaß geben’. Das mit Nasalformans gebildete gemeingerm. Verb ahd. skīnan (8. Jh.), mhd. schīnen ‘strahlen, glänzen, leuchten, erscheinen, sichtbar werden, dem Schein nach (aber nicht in Wirklichkeit) sein’, asächs. skīnan, mnd. schīnen, mnl. scīnen, nl. schijnen, afries. skīna, aengl. scīnan, engl. to shine, anord. skīna, schwed. skina, got. skeinan (verwandt mit Schemen, schier2, schimmern, s. d.) führen auf germ. *skīnan und stellen sich (wie Schein, s. unten) mit aind. chāyā́ ‘Schatten, Widerschein’, griech. skiá (σκιά) ‘Schatten’, aslaw. sěnь, russ. sen’ (сень) ‘Schatten’, aslaw. sịjati, russ. siját’ (сиять) ‘strahlen, glänzen’ zu einer Wurzel ie. *sk̑āi-, *sk̑i- ‘gedämpft schimmern, Schatten’. scheinen bezeichnet anfangs vor allem das Leuchten der Himmelskörper, steht dann (bereits ahd.) für ‘zum Vorschein kommen, sichtbar werden’ (im Nhd. dafür erscheinen, s. unten). Aus der Wendung mir scheint, mhd. eʒ schīnet mir ‘mich dünkt’ und aus Vergleichen ‘aussehen wie etw. (ohne Übereinstimmung mit der Wirklichkeit)’ entwickelt sich der moderne Gebrauch ‘den Eindruck erwecken, zur Vermutung Anlaß geben’. – erscheinen Vb. ‘zum Vorschein kommen, sichtbar werden, hervortreten, veröffentlicht werden’, ahd. irskīnan ‘offenbar werden, sich zeigen, leuchten’ (um 800), mhd. (stark) erschīnen, daneben (schwach und kausativ) erscheinen ‘leuchten lassen, deutlich machen, zeigen’; Erscheinung f. ‘Aussehen, Aufmachung, Vision, Gespenst, Veröffentlichung, Wahrnehmung’, spätmhd. erschīnunge. wahrscheinlich Adj. ‘vermutlich’ (17. Jh.), nach nl. waarschijnlijk, einer Übersetzung von frz. vraisemblable, das seinerseits dem lat. vērī similis nachgebildet ist, wofür im Dt. zuvor der Wahrheit gleich, wahrähnlich (16. Jh.), der Wahrheit ähnlich (17. Jh.). anscheinend Adv. ‘offenbar, offensichtlich’ (18. Jh.), eigentlich Part. Präs. zu anscheinen Vb. ‘beleuchten, -strahlen’, älter ‘sichtbar werden, sich zeigen’, ahd. anaskīnan (um 1000), mhd. aneschīnen ‘bescheinen, beleuchten, sichtbar sein bzw. werden’. Schein m. ‘Lichtstrahl, Glanz, Schimmer, äußeres Aussehen, Trugbild, schriftlicher Nachweis, Bestätigung, Banknote’, ahd. skīn (9. Jh.), mhd. schīn ‘Strahl, Glanz, Helligkeit, Sichtbarkeit, sichtbarer Beweis’, woraus ‘schriftlicher Beweis, Urkunde, Dokument, schriftliche Bestätigung’ (15. Jh.), asächs. skīn ‘Licht, Glanz’, mnd. schīn, mnl. scijn, nl. schijn, aengl. scīn, engl. shine, (ablautend) anord. skin, schwed. sken. bescheinigen Vb. ‘(durch eine schriftliche Bestätigung) bezeugen’ (18. Jh.), ‘(mit Hilfe von Schriftstücken) beweisen’, mnd. beschēnigen (14. Jh.), niederrhein. bescheinigen (15. Jh.), seit dem 16. Jh. geläufig; Bescheinigung f. ‘Nachweis, Beweis’ (16. Jh.), ‘schriftliche Bestätigung’ (18. Jh.). scheinbar Adj. ‘nicht wirklich, nur vorgetäuscht’, ahd. skīnbāri ‘glänzend, leuchtend, offenbar, sichtbar’ (um 1000), mhd. schīnbære. unscheinbar Adj. ‘unauffällig’, eigentlich ‘nicht glänzend’ (15. Jh.). scheinheilig Adj. ‘sich heilig stellend, Aufrichtigkeit oder Frömmigkeit vortäuschend, heuchlerisch’ (um 1580), nl. schijnheilig (1557), nach die scheynenden heilgen (Luther 1518). scheintot Adj. ‘nur dem Schein nach, nicht wirklich tot’, Scheintod m. ‘Zustand, in dem alle Lebensäußerungen aufgehört zu haben scheinen’ (beide 19. Jh.). Scheinwerfer m. ‘einen gebündelten Lichtstrahl aussendende Lichtquelle’ (Campe 1791 für frz. réverbère ‘Reflektor, Hohlspiegel’).
Thesaurus
Synonymgruppe
leicht durchschaubar ·
oberflächlich ·
ohne tiefere Bedeutung ·
scheinbar ·
vordergründig
Synonymgruppe
Assoziationen |
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Synonymgruppe
(der/die) sich (selbst) ... nennt ·
angeblich ·
behauptet ·
den man ... nennt ·
der falsche (...) ·
der/die als ... Bezeichnete ·
die falsche (...) ·
pseudo... ·
schein... ·
scheinbar ·
so genannt ·
sogenannt ·
vorgeblich ·
vorgeschoben ●
vermeintlich ugs.
Assoziationen |
|
Synonymgruppe
(nur) auf den ersten Blick (... scheinend) ·
(nur) zum Schein ·
Schein... ·
in Wirklichkeit nicht ·
vermeintlich ●
scheinbar ugs.
Assoziationen |
|
Synonymgruppe
gefühlt ·
nicht real ·
scheinbar ·
virtuell
Assoziationen |
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Typische Verbindungen zu ›scheinbar‹ (berechnet)
Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›scheinbar‹.
Verwendungsbeispiele für ›scheinbar‹
maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora
Gerade das kritische Element geht dem scheinbar unabhängigen Denken verloren.
[Adorno, Theodor W.: Minima Moralia, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1971 [1951], S. 74]
Der Bauer sieht sich gelassen, scheinbar unberührt von aller Schönheit der Welt, sein Feld an.
[Hahn, Christian Diederich: Bauernweisheit unterm Mikroskop, Oldenburg i.O.: Stalling 1943 [1939], S. 176]
Freilich steht diese These nur scheinbar am Ende der Überlegung.
[Heuß, Alfred: Hellas. In: Propyläen Weltgeschichte, Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1962], S. 4045]
Die scheinbar so genaue Definition erklärt doch nur den landläufigen Begriff.
[Mauthner, Fritz: Wörterbuch der Philosophie. In: Bertram, Mathias (Hg.) Geschichte der Philosophie, Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1910], S. 31633]
Die scheinbare Nähe zu den alten Wörtern erschwert das Verstehen.
[Die Zeit, 13.04.2000, Nr. 16]
Zitationshilfe
„scheinbar“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/scheinbar>.
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