scheinen
Vb.
‘leuchten, glänzen’,
übertragen
‘aussehen als ob, zu Vermutungen Anlaß geben’.
Das mit Nasalformans gebildete
gemeingerm. Verb
ahd.
skīnan
(8. Jh.),
mhd.
schīnen
‘strahlen, glänzen, leuchten, erscheinen, sichtbar werden, dem Schein nach (aber nicht in Wirklichkeit) sein’,
asächs.
skīnan,
mnd.
schīnen,
mnl.
scīnen,
nl.
schijnen,
afries.
skīna,
aengl.
scīnan,
engl.
to shine,
anord.
skīna,
schwed.
skina,
got.
skeinan
(verwandt mit
Schemen,
schier2,
schimmern,
s. d.)
führen auf
germ.
*skīnan
und stellen sich
(wie
Schein,
s. unten)
mit
aind.
chāyā́
‘Schatten, Widerschein’,
griech.
skiá
(
σκιά)
‘Schatten’,
aslaw.
sěnь,
russ.
sen’
(
сень)
‘Schatten’,
aslaw.
sịjati,
russ.
siját’
(
сиять)
‘strahlen, glänzen’
zu einer Wurzel
ie.
*sk̑āi-,
*sk̑i-
‘gedämpft schimmern, Schatten’.
scheinen
bezeichnet anfangs vor allem
das Leuchten der Himmelskörper,
steht dann
(bereits
ahd.)
für
‘zum Vorschein kommen, sichtbar werden’
(im
Nhd. dafür
erscheinen,
s. unten).
Aus der Wendung
mir scheint,
mhd.
eʒ schīnet mir
‘mich dünkt’
und aus Vergleichen
‘aussehen wie etw. (ohne Übereinstimmung mit der Wirklichkeit)’
entwickelt sich der moderne Gebrauch
‘den Eindruck erwecken, zur Vermutung Anlaß geben’.
–
erscheinen
Vb.
‘zum Vorschein kommen, sichtbar werden, hervortreten, veröffentlicht werden’,
ahd.
irskīnan
‘offenbar werden, sich zeigen, leuchten’
(um 800),
mhd.
(stark)
erschīnen,
daneben
(schwach und kausativ)
erscheinen
‘leuchten lassen, deutlich machen, zeigen’;
Erscheinung
f.
‘Aussehen, Aufmachung, Vision, Gespenst, Veröffentlichung, Wahrnehmung’,
spätmhd.
erschīnunge.
wahrscheinlich
Adj.
‘vermutlich’
(17. Jh.),
nach
nl.
waarschijnlijk,
einer Übersetzung von
frz.
vraisemblable,
das seinerseits dem
lat.
vērī similis
nachgebildet ist,
wofür im
Dt. zuvor
der Wahrheit gleich,
wahrähnlich
(16. Jh.),
der Wahrheit ähnlich
(17. Jh.).
anscheinend
Adv.
‘offenbar, offensichtlich’
(18. Jh.),
eigentlich Part. Präs. zu
anscheinen
Vb.
‘beleuchten, -strahlen’,
älter
‘sichtbar werden, sich zeigen’,
ahd.
anaskīnan
(um 1000),
mhd.
aneschīnen
‘bescheinen, beleuchten, sichtbar sein bzw. werden’.
Schein
m.
‘Lichtstrahl, Glanz, Schimmer, äußeres Aussehen, Trugbild, schriftlicher Nachweis, Bestätigung, Banknote’,
ahd.
skīn
(9. Jh.),
mhd.
schīn
‘Strahl, Glanz, Helligkeit, Sichtbarkeit, sichtbarer Beweis’,
woraus
‘schriftlicher Beweis, Urkunde, Dokument, schriftliche Bestätigung’
(15. Jh.),
asächs.
skīn
‘Licht, Glanz’,
mnd.
schīn,
mnl.
scijn,
nl.
schijn,
aengl.
scīn,
engl.
shine,
(ablautend)
anord.
skin,
schwed.
sken.
bescheinigen
Vb.
‘(durch eine schriftliche Bestätigung) bezeugen’
(18. Jh.),
‘(mit Hilfe von Schriftstücken) beweisen’,
mnd.
beschēnigen
(14. Jh.),
niederrhein.
bescheinigen
(15. Jh.),
seit dem 16. Jh. geläufig;
Bescheinigung
f.
‘Nachweis, Beweis’
(16. Jh.),
‘schriftliche Bestätigung’
(18. Jh.).
scheinbar
Adj.
‘nicht wirklich, nur vorgetäuscht’,
ahd.
skīnbāri
‘glänzend, leuchtend, offenbar, sichtbar’
(um 1000),
mhd.
schīnbære.
unscheinbar
Adj.
‘unauffällig’,
eigentlich
‘nicht glänzend’
(15. Jh.).
scheinheilig
Adj.
‘sich heilig stellend, Aufrichtigkeit oder Frömmigkeit vortäuschend, heuchlerisch’
(um 1580),
nl.
schijnheilig
(1557),
nach
die scheynenden heilgen
(
Luther
1518).
scheintot
Adj.
‘nur dem Schein nach, nicht wirklich tot’,
Scheintod
m.
‘Zustand, in dem alle Lebensäußerungen aufgehört zu haben scheinen’
(beide 19. Jh.).
Scheinwerfer
m.
‘einen gebündelten Lichtstrahl aussendende Lichtquelle’
(
Campe
1791 für
frz.
réverbère
‘Reflektor, Hohlspiegel’).